No. 63
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 14. August
1874
vierundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1874 Nr. 63 Seite 1]

- Schönberg. Wir sind in der Lage unsern Lesern schon jetzt über die in Schönberg in der Zeit vom 11.-17. Sept. zu erwartenden Einquartierungen Näheres mittheilen zu können. Es werden nämlich einquartiert

1) in Schönberg:
am 11. Sept. der Stab der 18. Division, 8 Stabs=Offiziere, 25 M. und 23 Pferde. Regimentsstab und 3. Compagnie des Schlesw. Infanterie=Regim. 84.
am 12. Sept. vom Stabe der 18. Division 3 Stabs=Offiziere 12 M. und 16 Pferde. Regimentsstab des Thüringschen Infanterie=Regiments Nr. 31. Regimentsstab des Schlesw.=Holstein. Dragoner=Regiments Nr. 13. die 1. Batterie des Schlesw. Feld=Artillirie=Regiments Nr. 9.
am 13. Sept. die 1. Compagnie des Thüringschen Infanterie=Regiments Nr. 13.
am 16. Sept. das 2. Bataillon des Mecklb. Grenadier=Regiments Nr. 89 (Neustrelitz) 22 Off., 407 M. u. 7. Pf.
am 16. u. 17. Sept. der Abtheil.=Stab und drei Batterien des Holst. Feld=Artillerie=Regiments Nr. 9, 12 Off., 296 M. u. 123 Pferde.

2) Bauhof=Schönberg: am 11. Sept. der Bataillonsstab und eine halbe Compagnie des Schlesw. Infanterie=Regiments Nr. 84.
am 16. u. 17. Sept. der Regimentsstab des Holst.=Feld=Artillerie=Regiments Nr. 24.

- S. K. H. der Großherzog Friedrich Franz von Mecklenburg=Schwerin ist mit seiner Mutter und seiner Tochter, der Prinzessin Marie, nach Petersburg abgereist, wo die Vermählung der letzteren mit dem Großfürsten Wladimir, zweitem Sohn des Kaisers Alexander von Rußland, in der nächsten Zeit vollzogen werden soll. Da die Prinzessin Marie auf das Bestimmteste erklärt hatte, unter allen Umständen der protestantischen Confession treu bleiben zu wollen und niemals zu der griechisch=katholischen Kirche überzutreten, was bisher alle fremden Prinzessinnen, welche russische Großfürsten heiratheten, gethan hatten, so müssen auch in diesem Heirathscontracte besondere Clauseln und Ausnahmsfälle gemacht werden. So hat z. B. die Prinzessin Marie förmlich darauf verzichten müssen, jemals den russischen Kaiserthron zu besteigen, wenn auch durch Todesfälle ihr Gemahl wirklich zur Thronfolge gelangen sollte, da nach dem russischen Krongesetz eine Kaiserin nur der griechisch=katholischen Confession angehören darf. Die etwaigen Söhne dieser Ehe sollen in der griechisch=katholischen Kirche erzogen werden, den Töchtern jedoch soll die Wahl freigelassen werden, ob sie sich zur griechisch=katholischen oder protestantischen Kirche bekennen wollen; doch müssen sie in letzterem Falle auf gewisse Rechte verzichten.
- Es ist eine allgemeine Thatsache, daß die ultramontanischen Streiter für den Papst und die Kirche nicht leicht ein noch so bedenkliches Mittel verschmähen, wenn es nur zum Ziele zu führen scheint. Vielleicht ist es die beklagenswertheste Seite an der ultramontanischen Entstellung der christlichen Religion, daß sie das sittliche Gefühl abstumpft und die Gewissen irreführt, bis Recht und Unrechte Sittlichkeit und Unsittlichkeit nicht mehr unterschieden werden können. Aber am weitesten, bis zu einem entsetzlichen Extrem ist doch dahin der Carlismus gegangen. Die Verübung der schändlichsten Grausamkeiten an Gefangenen, Verwundeten, Wehrlosen aller Art, die Aeußerungen der rohesten Mordlust und Zerstörungswuth ohne Sinn und Zweck und ohne allen Vortheil für die eigene Sache, ist nur der äußerste Grad von jener Abstumpfung alles Gefühls für Recht und Unrecht, die man den Kämpfern für die päpstlichen Ansprüche so oft zur Last legen muß. Die Ultramontanen Frankreich's und Deutschland's haben denn auch für dies Uebermaaß von Greueln kaum ein Wort des Tadels, geschweige denn den Ausdruck des Abscheus. Wie die Sozialdemokraten aller Länder die Schändlichkeiten der Commune ganz in Ordnung finden. So haben die "Univers" und "Bayrisches Vaterland" eher Lob als Tadel für die Grausamkeiten, die doch nur an den Feinden der Kirche und des "legitimen Königs" begangen werden.
- Deutschland hat bei den übrigen Großmächten die Anerkennung der Republik Spanien angeregt. Diese Anregung wurde in mündlicher Form durch die deutschen Vertreter im Auslande gemacht. Man nimmt an, daß Fürst Bismarck diese Anerkennung nicht angeregt haben würde, wenn Deutschland nicht fest entschlossen wäre, die Republik Spanien anzuerkennen und nicht gewiß wäre, daß andere Mächte gleichfalls dazu bereit sind.
- Die beiden Panzerschiffe Arbitros und Nautilus sind von Kiel abgesegelt, um an der Spanischen Küste die Deutschen und ihr Eigenthum zu beschützen.
- Der Kaiser hat die Freisprechung des Capitän z. See Werner bestätigt.
- Am 10. August ist die Commission für einheitliche Ordnung des Apothekerwesens in Berlin zusammengetreten. Dieselbe besteht aus 28 Fachmännern (darunter 2 Mitglieder des Apothekergehülfenvereins) und 2 Ministerialbeamten.
- Der zu 20jähriger Haft verurtheilte franz. Marschall Bazaine ist in der Nacht vom Sonntag zum Montag aus dem Fort der Insel Sainte Marguerite entflohen, mit einem Seil, an dem Blutspuren, woraus man schließt, daß Bazaine sich bei der Flucht verwundete. Die Nacht war dunkel und Sturm und Unwetter unterstützte die Flucht. Am Ufer wartete seiner ein Boot, das von einem Dampfer aufgenommen wurde, der zwischen Ventimiglia und Genua fährt. Der frühere Adjutant des Marschalls Bazaine, Oberst Vilette, der die Gefangenschaft Bazaines freiwillig theilte, ist in Marseille verhaftet, ebenso der Commandant des Fort. Die franz. Regierung will diese Angelegenheit ernstlich untersuchen lassen.
- Auf Anordnung des Untersuchungsgerichts wurde Kullmanns Waffe durch zwei Sachverständige genau untersucht und Schießproben damit angestellt. Hierdurch wurde festgestellte daß dieselbe eine ganz vorzügliche Schußwaffe, ein starkes Terzerol mit weiter Mündung ist und beim letzten Gebrauche scharf geladen war.

[ => Original lesen: 1874 Nr. 63 Seite 2]

- Die zu Aachen gegenwärtig stattfindende Reliquienverehrung hat zu einer Zählung der überhaupt existirenden Reliquien Anlaß gegeben. Von der Jungfrau Maria, der Mutter Gottes, giebt es 300 angeblich ächte Kleider und 530 Haarkämme. Zur Abwartung des Christuskindes hätte sie, wenn man den katholischen Reliquiensammlern Glauben schenken wollte, nicht weniger als 400 Windeln zu verwenden gehabt. An Leichentüchern Christi finden sich mehr als 50 vor. Dem Kreuze aber, an welches Christus angenagelt gewesen sein soll und welches man im 4. Jahrhundert aufgefunden haben will, schiebt die fromme Sage die Kraft des Nachwachsens unter. Jeder gläubige Wallfahrer läßt sich ein Stückchen davon absplittern. Die Dummheit der Menschen ist wirklich groß!
- Thiers wohnt nun seit einiger Zeit in seinem neuen Palais am Georgsplatz, das ihm die Stadt Paris für 1,035,000 Fr. hat wieder aufbauen lassen. Er fühlt sich ganz behaglich in diesen herrlichen Räumen. Sein Arbeitszimmer ist sehr groß, die Bibliothek stößt unmittelbar daran und die Empfangszimmer sind sehr reichlich ausmöblirt und mit den schönsten Gemälden versehen.
- Es dürfte für viele Leser nicht ohne Interesse sein, zu erfahren, welche Forschritte eigentlich der Sohn des Kaisers Louis Napoleon an der Mililär=Akademie in Woolwich macht, da darüber in letzter Zeit vielfach widersprechende Gerüchte umliefen. Der junge Bonaparte nimmt auf Grund der letzten ganz kürzlich stattgefundenen Prüfung in einer Klasse von 32 Schülern den 11. Klassenplatz ein. In Artillerie ist er vierte in Fortifications= und geometrischen Zeichnungen achter, in Mathematik und Mechanik zehnter, in Militärzeichnen vierzehnter, in Militärgeschichte elfter, in Landschaftszeichnen zwölfter und in Chemie und Naturgeschichte einundzwanzigster. "Post" hebt hervor, daß diese ohnehin schon günstigen Resultate noch günstiger für die Begabung des jungen Menschen sprechen, wenn man bedenkt, daß er zu den fünf jüngsten in der Klasse gehört, daß die Vorlesungen in einer dem Schüler fremde Sprachen gehalten werden, daß während der Studien mannigfache Familien=Ereignisse vorfielen, welche nothwendig die Aufmerksamkeit des Prinzen in Anspruch nehmen mußten.
- (Weizenernte.) Der Ertrag der diesjähr. englischen Weizenernte wird von einer bekannten englischen Autorität in landwirthschaftlichen Angelegenheiten auf 14,000,000 oder höchstens 15,000,000 Qr. abgeschätzt. Um die Bevölkerung von 32,000,000 zu nähren, wird Großbritannien 8,000,000, höchstens 9,000,000 Qr. kaufen müssen von Californien, den atlantischen Staaten Amerikas, Rußland, Ungarn, Deutschland, Frankreich und der Türkei. Da nur Pächter und Spekulanten auf dem Getreidemarkte mit England im Kaufen concurriren werden, so wird voraussichtlich der Quarter guten Weizens 50s kosten und Brot in den ersten drei Monaten billig, später aber noch billiger sein. Der diesjähr. englische Weizenertrag zu 50s das Qr. muß 100,000,000 Lstr. mehr werth sein, als der vorjährige zu 60s. Im ganzen wird wohl für nur 22,000,000 Lstr. Getreide, gegen 35,000,000 Lstr. in dem eben zu Ende gehenden Jahre importirt werden müssen.
- Die 19. Wanderversammlung deutscher und österr. Bienenwirthe soll am 16., 17. und 18. Sept. zu Halle stattfinden. Mit der Ausstellung ist eine Verloosung verbunden.
- Eine beträchtliche Anzahl falscher preußischer Kassenanweisungen zu 5 Thlr. von der bekannten blaugeränderten Sorte vom Jahre 1856 soll im Umlauf sein.
- Graf Moltke war am 10. August in Lübeck und machte in mehreren Läden in Begleitung seiner Schwester, Frau von Bülow, Einkäufe. Diese Läden waren von Neugierigen, die den berühmten Mann sehen wollten, so dicht umstellt, daß die Passage dadurch gehemmt wurde.
- In Vietlübbe bei Gadebusch brannte in der Nacht zum 6. d. das Viehhaus mit 400 Fuder Heu nieder. Das Vieh war auf der Weide.
- Moskau. Am 6. April 1874 traf im irkutskischen Auferstehungskloster ein Pilger aus Tomsk (Rußland) zu Fuß ein, der nicht weniger als 124 Jahre alt war. 1750 geboren, wurde dieser Mann, Sachari Alexejew Gladyschew, im Jahre 1827, wie es in der Quelle für diese Notiz, der häuslichen Unterhaltung, heißt: "auf Antrieb seiner Feinde" verbannt. Schon sein Vater hat ein hohes Alter erreicht, derselbe starb 149 Jahre alt, die Mutter war nicht minder hoch betagt: sie erreiche ein Alter von 138 Jahren. Vor zehn Jahren machte Sachari Alexejew bereits eine beträchtliche Pilgerfahrt; er wanderte von Tomsk und Kjachta und Nertschinsk. Auch heute ist er noch gut zu Fuße und im vollen Besitz seines Gesichts und Gehörs; nur in den Händen besitzt er eine Schwäche.
- Dombo (Ungarn). Daß der Glaube an Hexen auch in Europa noch keineswegs ausgerottet ist, beweisen Hexentaufen, die in Ungarn kürzlich vollzogen wurden. Es hatte in Dombo schon seit lange nicht geregnet. Die abergläubischen Bewohner des Dorfes beschuldigten nun vier arme Frauen, das Unglück über das Dorf heraufbeschworen zu haben, und wollten sie von einer hohen Stelle des Ufers in die Fluthen werfen; die Frauen jammerten und klagten aber und erklärten sich bereit, selbst in das Wasser zu gehen, man möge ihnen nur kein Leid anthun. Und so geschah es. Die Frauen placirten sich im Flusse neben einander - und Wunder über Wunder! Nachmittags regnete es in Strömen. Die Weiber werden nun erst recht für Hexen gehalten; eines derselben ist in Folge dessen bereits wahnsinnig geworden, das zweite ist durchgebrannt und die dritte der Frauen hat sich, um einer neuerlichen Taufe vorzubeugen, versteckt. An demselben Tage wurden die Kirchenglocken in das Wasser getaucht damit der Regen ja nicht ausbleibe. - Nicht minder scandalös war die Hexenprobe in Krasznisora. Unter Glockengeläute mußten sich sämmtliche Frauen und Mädchen (von der ältesten bis zur jüngsten) zum Fluß begeben und in das Wasser gehen, damit man die Hexen unter ihnen, die gewiß ertrinken würden, erkenne.
- Der Arbeiter Riemann ist kein Freund von langen Explicationen; er nimmt die Sachen, wie sie sind, und dabei zuweilen auch Dasjenige, was einem Anderen gehört. Des Diebstahls angeklagt stand er am 11. d. vor dem Gerichtshof der Feriendeputation. Die Verhandlung war nach der "Ger.=Ztg." folgende: Präs.: Sie heißen Riemann? Angekl.: Ja. Präs.: Sie sind im Jahre 1870 wegen einfachen Diebstahls bestraft? Angekl.: Ja. Präs.: Dann wurden Sie kurz darauf wieder wegen desselben Vergehens bestraft? Angekl.: Ja. Präs.: Später noch einmal? Angekl.: Ja. Präs.: Sodann traf Sie von Neuem eine Verurtheilung wegen einfachen Diebstahls? Angekl.: Ja. Präs.: Und endlich zusätzlich wegen schweren Diebstahls eine Gefängnißstrafe von einem Jahre, die Sie im Juni d. J. verbüßt hatten? Angekl.: Ja. Präs.: Und jetzt stehen Sie wieder unter der Anklage des Diebstahls? Angekl.: Ja. Präs.: Sie gingen am 20. v. M. durch die Hasenhaide und nahmen einem daselbst schlafenden Manne das Portemonnaie ab? Angekl.: Ja. Präs.: Das Portemonnaie enthielt sieben und einen halben Silbergroschen? Angekl.: Ja. Das Geständniß wird für qualificirt erachtet, und die Staatsanwaltschaft beantragt eine Gefängnißstrafe von einem Jahr und ein Jahr Ehrverlust. Präs.: Haben Sie den Antrag gehört? Angekl.: Ja. Präs.: Sie schweigen dazu? Angekl.: Ja. Der hohe Gerichtshof verurtheilte den Mann mit dem unerschöpflichen Ja zu 9 Monaten Gefängniß und einem Jahr Ehrverlust. Präs.: Beruhigen Sie sich dabei? Angekl.: Ja.
- Kapitän Jameson von der Bark "Minstrel King" aus Swansea, in Valparaiso angekommen, hat vor dem dortigen Consul folgendes von der ganzen Schiffsmannschaft beglaubigte merkwürdige Ereigniß zu Protokoll gegeben. Am 19. Mai befand das Schiff sich auf 54 Grad S. und 85 Grad W. Es herrschte ein starker Wind, doch war das Wetter schön und das Schiff lief etwa 7-7 1/2 Knoten durch das Wasser. Von 2 1/4 bis 6 Uhr Morgens wurden wir von einem ungeheuren Wallfische verfolgt, der mehrmals an den Boden des Schiffes stieß und das Hinterende desselben thatsächlich zwölf bis achtzehn Zoll aus dem Wasser hob. Die Stöße waren so stark, daß der Steuerapparat, der durch doppelte von je zwei Mann gehandhabte Taljen versichert war, zerbrach, zwei der Matrosen von demselben fortgeschlagen wurden und wir jeden Augenblick fürchten mußten, daß das Ruder zerschlagen oder doch wenigstens aushackt werden

[ => Original lesen: 1874 Nr. 63 Seite 3]

würde. Glücklicher Weise hat das Schiff jedoch weiter keinen Schaden gelitten. Die Länge des kolossalen Thieres betrug nach unserer Schätzung ca. 130 bis 140 Fuß, da der Kopf desselben sich vor unserem Krahnbalken befand, während der Schwanz des Wallfisches das Schiff unter dem Brassenbaum peitschte, und die ganze Länge des Schiffes 150 Fuß beträgt. Erst als wir mit der Schiffsglocke, dem Nebelhorn und auf Blechkesseln einen ungeheuren Lärm machten, verließ uns der Fisch, so daß wir der festen Überzeugung sind, daß wir nur dadurch vor weiterem Unheil bewahrt blieben.
- Versehen und ver-hauen! Die Unverschämtheit mancher Berliner Pflastertreter ist bekannt, seltener findet ihre Unmanier eine so drastische Aufnahme, wie kürzlich abends in der Königsstraße. Zwei Herren fuhren gegen Abend - aber es war noch hell - in eine Droschke erster Klasse die Königsstraße entlang und erregten durch ihr hochnässiges und kindisches Benehmen die Aufmerksamkeit der Passanten. An einer Ecke stand eine einfach gekleidete Dame, augenscheinlich auf Jemand wartend. Die Herren fuhren langsam vorüber und der Eine von ihnen hatte die unerhörte Dreistigkeit, die Dame ganz familiär zu grüßen und ihr Kußfinger zuzuwerfen. Während dieselbe sich hochroth vor Entrüstung zu fassen suchte, war der Wagen etwa 10 Schritte weiter gefahren und der Betreffende ließ halten, drehte sich um und setzte seiner Flegelei die Krone auf, indem er winkte und zum Einsteigen einlud. In diesem Augenblicke deutete plötzlich die Dame unter Thränen mit der erhobenen Hand nach dem Gefährte - es war dies aber kein Gruß für den Dandy - vielmehr stürzte in demselben Augenblick der Mann der Dame, ein Kaufmann aus der Provinz, auf den Herrn, der bereits in den Wagen gesprungen war, zu und ohrfeigte ihn in einigen Secunden wie einen Schulbuben ab. Der Gezüchtigte hatte kein gutes Gewissen, denn er fuhr mit seinem Gefährten und hochgeschwollenen Backen im sausenden Galopp davon.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Schlagsdorf belegene Büdnerstelle c. p. des Büdners und Arbeitsmanns Asmus Möller daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an dem bezeichneten Grundstücke zu haben vermeinen, und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf Dienstag, den 8. September d. Js., Vormittags 11 Uhr, peremtorisch und unter dem Nachtheile hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidations=Termine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 20. Juni 1874.

Großherzogliches Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.
(L. S.)               A. Dufft.


Torfanweisung.
zum abgeminderten Taxpreise.

Diejenigen Einwohner in Schönberg und in den Dörfern der Vogtei Schönberg, welche Torf zum abgeminderten Taxpreise erhalten, solchen aber noch nicht oder nur theilweise empfangen haben, denselben aber noch verlangen, haben sich, da der Torf auf den Hohenmeiler Möören verwiesen, zur Entgegennahme der Anweisezettel auf Torf vom Rünzer Torfmoor von Montag den 17. Aug. bis Mittwoch den 20. Aug., Morgens von 6 bis 9 Uhr zu melden und können spätere Anmeldungen nicht berücksichtigt werden.
Schönberg, den 13. August 1874.


Aufforderung.

Es hat sich gezeigt, daß von manchen Schülern der hiesigen Schulanstalten gewohnheitsmäßig fremdes Obst nicht mit derjenigen Rücksicht behandelt wird, die ausnahmslos jedem fremden Eigentume gebührt. Alle Gartenbesitzer, welche in dieser Hinsicht Erfahrungen gemacht haben, werden daher gebeten, im voraus irgend einen von uns aufmerksam zu machen, z. B. verdächtiges Stehen von Schülern in der Nähe von Obstbäumen anzuzeigen, damit ausreichende Vorkehrungen getroffen werden können und die gerichtliche Bestrafung, die vom 12. Lebensjahre an eintritt thunlichst vermieden werde. Daß solche vorläufige Anzeige wirksam sein werde, glaubt die Schule verbürgen zu können. Wir benutzen die Gelegenheit darauf hinzuweisen, daß wir Erwachsenen für begründete Anzeigen von öffentlicher ungebührlicher Aufführung der Schüler stets dankbar sind.

Das Lehrerkolleg.


Wir vergüten für bei uns belegte Gelder bis auf Weiteres
4 % bei zwölfmonatl. Kündigung,
3 1/2 bei sechsmonatl. Kündigung,
und 3 % bei dreimonatlicher Kündigung

Die einzuzahlenden Gelder dürfen nicht weniger als Ct. Mark (Lübeck) 300. betragen und kann die Zinse halbjährlich erhoben werden.
Lübeck, den 1. Februar 1874.

Lübecker Bank.     


Hafer, Stroh, Heu und Kartoffel kaufen Wilh. Heincke & Greiff.


Kinder,

welche in Lübeck die Schule besuchen sollen, finden in einer Familie gegen mäßiger Kostgeld freundliche Aufnahme; gewissenhafte Beaufsichtigung und körperliche Pflege wird denselben mit den eigenen Kindern zu Theil. Näheres in der Exped. d. Bl.


Zum 1. September sucht ein jungen

gewandten Hausknecht

für seine Gastwirthschaft

Johs. Frier. Wilms,
Lübeck, Colosseum vor dem Mühlenthor.

H. 01453 b.


Pferd            Pferd
Am 19. dieses Monats

steht bei mir ein Transport

hannöverscher Füllen

zum Verkauf, wozu ich Kaufliebhaber hiedurch freundlichst einlade.

Isaac Mendel Auerbach
in Moisling.


2-3 Knaben,

welche die Schönberger Schule besuchen sollen, finden zu Michaelis freundliche Aufnahme in einer bürgerlichen Familie hieselbst.
Wo? zu erfragen in d. Exped. d. Bl.


Prima Wagenfett

in 1/8, 1/4 und 1/2 Cinder gebinden, sowie

feinstes Knochen=Oel,

ganz vorzüglich zum Schmieren aller Sorten Maschinen empfiehlt billigstens

H. DUVE.     


Erntehandschuhe

in verschiedenen Sorten und in großer Auswahl sind stets zu haben in Schönberg bei

       Emil Jannicke, Handschuhmacher.


Verloren: Verloren vor einigen Tagen ein goldenes Medaillon, man bittet den Finder es gegen Honorar an die Exped. d. Bl. abzugeben.


[ => Original lesen: 1874 Nr. 63 Seite 4]

Sonntag den 16. August

werden im Boye'schen Garten ein

Garten-Concert

veranstalten, wozu wir die Bewohner Schönbergs und Umgegend ergebenst einladen.

Anfang 5 Uhr Nachmittags. Entree 25 Pfennige.

Die Vereins=Musiker.     

Abends Illumination des Gartens.
Bei ungünstiger Witterung findet das Concert im Saale statt.


Bilanz
der
Mecklenburgischen Lebensversicherungs- und Spar-Bank
in Schwerin
pro ultimo Juli 1874.

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

Schwerin, den 8. August 1874.

Mecklenburgische Lebensversicherungs= und Spar=Bank.
C. A. Schwerdtfeger, Director.
C. L. F. Soltau, General=Agent.


Die Mecklenburgische
Lebensversicherungs= und Spar=Bank
in Schwerin

schließt Lebensversicherungen, Leibrenten=Versicherungen, Kapital=Einlage=, Darlehns= und alle sonstigen Geld=, Inkasso= und Commissions=Geschäfte durch das unterzeichnete Bureau zu den vortheilhaftesten Bedingungen ab. Die Geschäfts=Prospekte (Nr. I. für Lebensversicherungen, Nr. II. für Leibrentenversicherungen, Nr. III. für Spar=Bank=Geschäfte) sind bei derselben unentgeltlich zu entnehmen und wird jede gewünschte nähere Auskunft bereitwilligst ertheilt. Die von der Gesellschaft an die Lebensversicherten zur Vertheilung disponirten mittleren Dividenden betragen für die drei letzten Jahre resp. 36, 36 und 32 Procent der eingezahlten Prämie.

Bureau der Mecklenburgischen Lebens=Versicherungs= und Sparbank in Schönberg.
W. Stephan.     W. H. Schacht.


Künstliche Zähne, schön und billig, empfiehlt Ludwig Vogel.


Schwiesow's Garten.
Am 14. August
1. Abonnement-Concert.
Nach dem Concert BALL.
Anfang des Concerts Nachmittags 4 Uhr.
Entree für Nicht=Abonnenten 50 Pf.
Hierzu ladet freundlichst und ergebenst ein
A. Schwiesow.


Mecklenb. Lebensversicherungs- und Spar-Bank in Schwerin

schließt Lebens=Versicherungen, Leibrenten=Versicherungen, Kapital=Einlagen, Dahrlehns und alle sonstigen Geld=Incasso, Bank= und Commissionsgeschäfte durch Vermittelung der unterzeichneten Agentur zu den vortheilhaftesten Bedingungen ab. Die Geschäfts=Prospecte für Lebens=Versicherungen, für Leibrenten=Versicherungen und für Spar=Bank sind bei derselben unentgeltlich zu entnehmen und wird jede gewünschte nähere Auskunft bereitwilligst ertheilt.

Agentur Rehna.
A. Wengler.


Zahnschmerzen jeder Art werden selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitig. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruhm erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke,
Bandagist.


Kirchliche Nachrichten.

Sonntag, den 16. August.
Früh=Kirche: Pastor Fischer.
Nachmittags=Kirche: Pastor Kämpffer.
Amtswoche: Pastor Kämpffer.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. pr. 500 Gr.15 - 16 Schilling (Mecklenburg),
Enten d. St.16 - 20 Schilling (Mecklenburg),
Hühner d. St.14 - 18 Schilling (Mecklenburg),
Kücken d. St.7 - 10 Schilling (Mecklenburg),
Tauben d. St.4 - 5 Schilling (Mecklenburg),
Schinken pr. 500 Gr.11 - 11 1/2 Schilling (Mecklenburg),
Eier 6 - 7 St.4 Schilling (Mecklenburg),
Kartoffeln pr. 10 Lit.5 - 7 Schilling (Mecklenburg),
Hamburger Blumenkohl d. Kopf3 - 4 Schilling (Mecklenburg),
Hamburger Kirschen pr. 500 Gr.2 - 3 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
Weizen18 - 20Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Roggen16 - 16Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Gerste16 - 17Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Hafer15 1/2 - 16 Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Erbsen14 1/2 - 15Mark (Lübeck)12Schilling (Mecklenburg)
Wicken-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Raps20 1/2 - 20 Mark (Lübeck)12Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rübs.19 3/4 - 20 Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleins.18 - 19Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)


(Hiezu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1874 Nr. 63 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 63 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 14. August 1874.


Treue Liebe.
Novelle von R. M.
(Fortsetzung.)

[ => Original lesen: 1874 Nr. 63 Seite 6]

Treue Liebe.
Novelle von R. M.
[Fortsetzung.]


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