No. 55
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 09. Juli
1869
neununddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1869 Nr. 55 Seite 1]

Mit der heutigen Nummer wird Nr. 26 und 27 des Bundesgesetzblatts versandt.


- Malchin, 4. Juli. Heute mit dem Mittagszuge kamen Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Mecklenburg=Strelitz von Neustrelitz hier an und wurden von Sr. Hoheit dem Herzog Georg auf dem hiesigen Bahnhofe empfangen; beide hohe Herren fuhren sogleich zu Wagen nach Remplin, wo Se. Königliche Hoheit der Großherzog kurze Zeit zum Besuche sein werden. (M. A.)
- Berlin, 3. Juli. Se. Majestät der König hat dem 1. Ostpreußischen Grenadier=Regiment Nr. 1, dessen Chef Se. Königliche Hoheit der Kronprinz ist, zu seinem 250jährigen Stiftungsfeste das Bildniß des Herzogs Karl von Mecklenburg=Strelitz, der einst Chef des Regiments war, bewilligt. Gleichzeitig ist zur Erinnerung an den Ehrentag des Regiments ein Schlachtenbild von Rechlin: 'Gefecht bei Goldberg am 23. August 1813', in welchem der damalige Chef, General=Major Herzog Karl von Mecklenburg=Strelitz, die Fahne des Regiments ergreifend, dasselbe gegen das feindliche 5. Corps zum Angriff und Siege führte, nach Königsberg gesandt, um bei der Jubelfeier eine angemessene Aufstellung zu finden. (K. Z.)
- Im Königreich Preußen, das sich den Hort des Protestantismus nennt, sind in aller Stille in den letzten Jahrzehnten 700 Klöster mit 6000 Ordensleuten theils neu entstanden, theils restaurirt. Sie sind wie die Pilze über Nacht gewachsen. Unter diesen sind 13 Jesuitenklöster, 5 in Cöln, 2 in Breslau, 2 in Trier, 2 in Münster, 1 in Paderborn und 1 in Gnesen. Die Jesuiten spannen wie die Kreuzspinnen ihre Netze aus und fangen darin, was zu fangen ist. In der Diözes Breslau bestehen 142 Ordensanstalten. In der von Cöln 159 und im Bisthum Münster sogar 168 Klöster. Daß ein den Evangelischen feindseliger Geist diese Ordensleute durchdringt, wer kann das leugnen?
- Die Stadt Oldenburg prangte am 1. Juli im Festschmuck, Alt und Jung war auf den Beinen, um die geliebte Fürstentochter zu empfangen, die nach 14jähriger Trennung in ihre alte Heimath zurückkehrt. Prinzessin Friederike, die Wohlthäterin der Armen, folgte dem Zuge ihres Herzens und heirathete vor 14 Jahren den Prinzenerzieher Baron v. Washington. Sie zog mit ihm in die weite Ferne, nach Pöls in Steiermark, wo der Baron begütert ist. Nun ist sie mit ihrem Gatten und ihren Kindern nach Oldenburg zurückgekehrt und die Freude des Wiedersehens war groß. Die Stadt glich einem Blumengarten, jedes Haus war bekränzt und aus allen Gesichtern strahlte dem Paar ein fröhliches Willkommen zu. Die Fürstentochter hielt ihren Einzug. Sie saß im ersten Wagen neben dem Großherzog, ihrem Bruder, mit ihren 2 Kindern. Im folgenden Wagen kommt an der Seite der Großherzogin Baron v. Washington.
- Die Gerüchte vom gänzlichen Rücktritte des Grafen Bismarck, die seit einiger Zeit circulirten, werden bereits allseitig widerlegt. Der Graf wird nach seiner Rückkehr von Varzin die früheren Functionen sowohl für Preußen wie für den Norddeutschen Bund in ihrem ganzen Umfange wieder aufnehmen, und sein zeitweiliger Rückzug gilt nur der nothwendigen Kräftigung seiner Gesundheit.
- Der unglückliche Ausgang eines Pistolen=Duells, welches am 1. Juli Morgens 5 Uhr in einem Walde bei Leipzig stattgefunden, erregt peinliches Aufsehen. An einem Abende vorher kam es in einem Hause, welches unter dem Deckmantel einer Weinwirthschaft ein Asyl der Demimonde ist, zwischen dem Stud. camer. v. Gablenz aus Dresden und dem Stud. jur. Großmann aus Wiesbaden wegen einer geringfügigen Ursache zu einem Wortwechsel, in Folge dessen der Erstere dem Letzteren ins Gesicht schlug. Es erfolgte von Student v. Gablenz die Ladung auf Pistolen und nachdem Tags darauf die Sühneversuche an dem Starrsinne des Großmann, der die schwere Realinjurie begangen, scheiterten, wurde am nächsten Morgen zu dem Duell geschritten, und man nimmt an, daß es nach amerikanischem Gebrauch in der Weise beschlossen war, daß einer der Duellanten fallen mußte. Beim zweiten Kugelwechsel erhielt v. Gablenz in der Gegend des Schläfenbeines die Kugel in das Hirn, stürzte bewußtlos nieder und lebte in diesem Zustande bis den andern Vormittag um 11 Uhr, wo er im Jacobshospital verschied. In diese Anstalt war der Unglückliche von unbekannten Herren abgeliefert worden, und letztere hatten auch dem Vater desselben, Rittmeister v. Gablenz a. D. in Dresden, telegraphisch von der Katastrophe Nachricht gegeben, der sofort hierher eilte und seinen Sohn verscheiden sah. Die beiden Secundanten (ein Officier und ein Student der Medicin) und die Aerzte haben sich freiwillig gestellt. Dieselben sind nach dem Gesetze straflos. Studiosus Großmann, der früher in Heidelberg studirte, reiste sofort nach dem unglücklichen Ausgang des Duells ab. Beide Duellanten gehörten keiner Verbindung an. Nach dem Sächsischen Strafgesetzbuch trifft den, der einen Menschen im Duell tödtet, 3-6 Jahre Gefängnißstrafe.
- Ein Sohn Albions, mit vortrefflichem rothblonden Backenbart, tadellos gekleidet und behandschuht, tritt in einen Juwelierladen in Palermo und drückt in sehr schlechtem Italienisch den Wunsch aus, einen Halsschmuck von Diamanten kaufen zu wollen, resp. nach seinem Geschmack fassen zu lassen. Es werden ihm die mannigfaltigsten Sachen vorgelegt, die reinsten Edelsteine, edelste Perlen, aber Alles ist ihm nicht kostbar genug. Endlich nach anderthalb Stunden, trifft der Engländer seine Wahl. Während der Juwelier plaudernd seine Waaren wieder ordnet, bemerkt er, daß ihm eine schwarze Perle von hohem Werthe fehlt. 'Mylord,' sagt er bestürzt zu dem Engländer, 'vor wenigen Minuten habe ich Ihnen noch eine kostbare schwarze Perle gezeigt, und nun ist sie mit einemmale nicht mehr da.' - 'Was geht denn das mich an?' sagt Mylord. - 'Es geht Sie so viel an, daß Sie hier nicht aus dem Laden herauskommen werden, bis ich die Perle gefunden habe.' - Nach der Perle suchend gab der Juwelier einem seiner Commis einen Wink, und dieser holte einen Polizei=Inspector sammt zwei Polizeigarden. Der Juwelier erzählte den Vorfall und wie er nur den Engländer in Verdacht haben könne. Mylord erbietet sich, sich aufs Genaueste visitiren zu lassen. Das läßt sich der Inspector nicht zweimal sagen. Aber wunderbar, als der Engländer sich etwas hastig des Ueberziehers entledigte, fällt ihm der eine Backenbart ab. - 'Halt, mein Herr!' sagt der Inspector, 'jetzt bin ich meiner Sache

[ => Original lesen: 1869 Nr. 55 Seite 2]

gewiß. Wo haben Sie die gestohlenen Sachen versteckt? Denn daß Sie sich blos mit der Einen Perle begnügt haben sollten, ist nicht sehr wahrscheinlich.' - 'Ich habe nicht gestohlen,' erwidert Mylord, 'und wenn es mir beliebt, einen falschen Bart zu tragen, so ist das meine Sache.' - Die sorgsamsten Nachsuchungen ergaben kein Resultat, aber der Inspector beschloß dennoch, den Engländer nach der Polizei=Präfectur zu bringen. Unterwegs, als sie bei einer Apotheke vorbeikamen, hatte der Inspector einen glücklichen Einfall, er bestellte eine Purganz. Mylord hatte die schwarze Perle, drei weiße, vier schöne Diamanten und einen Türkis - einen Werth von einigen zwanzigtausend Franken - verschluckt.


Die Kleinkinderbewahranstalt in Schönberg.
(Fortsetzung.)
IV.

Ueber den Sinn, die Art und Weise, in welchem die Leitung der kleinen Zöglinge zu handhaben sei, ist der Aufseherin, Frau Buschow, eine Instruction in die Hand gegeben, aber Anweisungen dieser Art, das weiß man ja, sind an und für sich nicht mehr und nicht weniger als Buchstaben, und soll der Buchstabe zur rechten Erfüllung, das heißt zum Leben kommen, so muß die Erfahrung hinzutreten. Erfahrung aber, das gestehen wir zu, hat unsere Aufseherin noch nicht. Darum wird ihr das Regiment über die oft recht zahlreiche Schaar der Kleinen sichtlich schwer. Es sollen ja die Kinder geübt werden in der Ordnung, im Gehorsam, in der Friedfertigkeit; das sind Vorübungen, ohne welche ein gleichmäßiger Zug, ohne welche ein Unterrichten im besondern Sinne des Wortes gar nicht stattfinden kann. Dagegen müssen andererseits Zügel und Sporen in so leichter Weise angewandt werden, daß den Kindern die Freudigkeit und Fröhlichkeit und das Zutrauen bewahrt bleibt. In all diesen Richtungen hat unsere Aufseherin noch zu lernen; aber wir haben die gute Zuversicht, daß die Treue einer Frau, welche den Ernst des Lebens in mancherlei Weise erfahren hat, sich auch noch in diesem Wirkungskreise ganz hineinarbeiten werde.
Die Anstalt soll den Kindern Vormittags bis 11 1/2, Nachmittags in den längsten Tagen bis nach 5 Uhr geöffnet sein, und während dieser Zeit soll ein Wechsel eintreten zwischen Spiel, Unterricht und Uebungen. Während die Aufseherin womöglich die Spiele anzugeben, den Kindern bei denselben ihren Platz anzuweisen, den Gang derselben im Auge zu behalten hat, so müssen bestimmte Thätigkeiten zur Einübung der Ordnung von ihr förmlich geübt werden. Die Kinder müssen ganz bestimmt wissen, wohin sie Mützen und Hüte beim Eintritt in das Local zu legen haben; wohin das von ihnen gebrauchte Geräthe und Spielzeug von ihnen zu setzen sei; wo sie selbst, im Falle alle Kinder sich setzen sollen, ihren bestimmten Platz haben; und solches Alles muß mit den Kleinen täglich eine Zeit lang geübt werden. Wird diese Grundbedingung nicht erfüllt, so ist überall eine Ordnung nicht mehr herzustellen, und es steigert sich natürlich mit der Unordnung auch die Last und Arbeit für die Aufseherin bis zur Unerträglichkeit; ein Lehren und ein Lernen würde zur Unmöglichkeit. Gelernt soll aber von den Kindern doch auch werden. Lernen sollen sie, namentlich die älteren, einige Gebete, einige Lieder, sie sollen hochdeutsch sprechen, Zahlen und Buchstaben kennen lernen. Während einerseits nie aus dem Auge gelassen werden muß, daß kleine Kinder beim Lernen bald ermüden, und daß daher nicht zu viel Buchstaben auf einmal einzuüben, nicht eine lange Reihe von Zahlen auf einmal herzusagen sei: so ist andererseits das Kind zur Wiederholung so gerne bereit und jede Wiederholung bringe womöglich etwas Neues zu dem Schatze des schon Gewußten!
Wir haben gewünscht und es der Aufseherin ausdrücklich zur Pflicht gemacht, daß der Anfang und Schluß der täglichen Unterweisungen durch Gebet und Gesang geschehe. Ob das nun streng durchzuführen sei, soweit es sich auf den Anfang bezieht, erscheint sehr zweifelhaft, da die Kleinen nicht immer in strenger Weise zur festgesetzten Zeit in der Anstalt eintreffen. Umso mehr legen wir es der Aufseherin ans Herz und aufs Gewissen, den Schluß in der geforderten Weise zu machen. Gebetswort soll alle Zeit eines Volkes erstes und letztes Wort sein.
Was unter den Lehrgegenständen, namentlich Lesen, Schreiben und Rechnen angeht, so sind die Grenzen, welche man in dieser Hinsicht in verschiedenen Anstalten steckt, durchaus verschieden. Wir unseres Theils haben ganz bestimmt die Ueberzeugung, daß mancher Unterricht viel besser gedeihet, wenn er später begonnen und dann treuer durchgeführt wird, als wenn früh gelernt, aber unter Spiel gelernt wird; namentlich glauben wir, daß ein früher Schreibunterricht einerseits nicht viel fruchtet, andererseits der Entwicklung des kindlichen Körpers sehr schadet. Es ist gewiß ein Unrecht gegen die Gesundheit kleiner Schüler, wenn bisher in allen Schulen, die wir kennen, kleinere Kinder immer je eine ganze Stunde Schönschreibübungen machen müssen; der Erfolg ist auch stets der, daß die letzten Zeilen oder Seiten nachlässiger geschrieben sind, als die ersten; das Kind läßt nach, denn es fehlt ihm die Kraft der Ausdauer. Aus diesen Bemerkungen geht hervor, daß wir es nicht als eine besondere Aufgabe unserer Spielschule ansehen, die Anfangsgründe im Schreiben mit den Kindern vorzunehmen. Dagegen sind wir der Meinung, daß Buchstabenkenntniß, möglicherweise sogar der Anfang des Lesens zu erreichen sei. Höher aber, als alle diese Uebungen schlagen wie an die Bildung des kindlichen Gemüthes und Verstandes, welche durch Erzählung, Bild und Gesang erreicht wird. Es fehlt uns leider nur in allen diesen Beziehungen bisher an den nöthigen Hülfsmitteln. Wir haben bisher immer noch reichlich zu rechnen und zu sparen gehabt, um Bauschulden in Folge der ersten Einrichtung abzutragen, und es ist daher für die Beschaffung von Lehr= und Hülfsmitteln, auch von Spielzeug eigentlich nichts geschehen. Was namentlich von letzterem vorhanden ist, verdanken wir mehreren Freunden der jungen Anstalt und sprechen wir denselben hiemit unsern herzlichsten Dank aus.

V.

Wie der Aufruf vom 11. September 1866 ausdrücklich ausspricht, sollte die hiesige Kleinkinderbewahranstalt namentlich den Kindern solcher Eltern zu Gute kommen, welche durch Tagearbeit behindert, auch bei dem besten Willen nicht im Stande sind, ihren Kindern überall die gehörige Aufsicht und Wartung zu widmen. Diese Erwartung ist nicht in dem Maße erfüllt worden, wie von vornherein gehofft wurde. Es soll hier unentschieden bleiben, ob der Grund für diese Erscheinung in der Theilnahmlosigkeit des hiesigen Arbeiterstandes oder in den Fehlern der Leiter der Anstalt zu suchen sei. Dagegen hat der Bürger dieser Stadt der jungen Anstalt sein Vertrauen bewiesen, indem er sein Kind derselben übergab. Es ist erfreulich zu sehen, wie auch für solche Kreise ein Nutzen gestiftet wurde, an welche Anfangs gar nicht gedacht, auf welche wenig gerechnet wurde; aber wir stehen damit doch nur am Anfang der Wirksamkeit durch unsere Anstalt, und ihr Wirkungskreis wird sicher weiter, ihr Segen umfassender werden.
Die Anstalt nimmt Kinder aus allen Ständen auf. Die Bedingungen, an welche durch die Statuten der Besuch gebunden ist, sind folgende:
Es sollen die Kinder in dem Alter von 2 bis 3 Jahren sein, daß sie einerseits selbstständig sich bewegen und besonderer Wartung nicht mehr bedürftig sind; andererseits aber das Alter der Schulpflichtigkeit noch nicht erreicht haben. Ferner: die Kinder müssen rein, gesund und fügsam sein. Es fällt in die Augen, daß diese Bedingungen unumgänglich sind, um einmal den Wirkungskreis der Anstalt abzugrenzen, andererseits in ihr eine gleichmäßige Leitung zu ermöglichen. Eine andere durchaus nothwendige Bedingung für die Erlaubniß zur Theilnahme an unserer Anstalt ist bisher nicht ausgesprochen. Die Anstalt ist leider zwar durch die Noth gezwungen, von solchen Eltern , welche das vermögen, für den Besuch eines Kindes ein kleines Wochengeld zu erheben, allein als eine durchaus nothwendige Bedingung für alle Eltern und für alle Kinder hat das niemals gelten sollen, und wenn eine solche Forderung von irgend einer Seite ausgesprochen worden wäre, so wäre das gegen den Willen und die Absicht des Vorstandes, wie gegen den Zweck der ganzen Anstalt geschehen. Wir glauben, daß mancher Vater und manche Mutter vor der Nothwendigkeit, für ihr Kind Wochengeld bezahlen zu müssen, zurückgeschreckt sei, und daher das Kind der Anstalt nicht zugeführt habe. Diesem

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Irrthum möchten wir hiermit begegnen, damit der Zugang zu der Anstalt auch den Kindern solcher blöden Eltern eröffnet werde. Andererseits soll ein offenes, ernstes Wort an dieser Stelle unverhalten sein, nämlich so: es muß jedermann den sittlichen Ernst, die Ehre solcher Rechtschaffenheit zu gewinnen sich bestreben, daß er nicht Anderen zur Last falle, wo er selbst bei rechter Einschränkung mit eigenen Mitteln durchkommen könnte. Aber so mancher bittet und nimmt an Unterstützung wohlgemuth, Alles, was er nur irgend erlangen kann, und freut sich der Beute, welche er bei günstiger Gelegenheit gemacht hat, um so mehr, je weniger sie ihm nothwendig war und von Gott und Rechtswegen zukam; das ist nicht gerade ehrenvoll und sollte gebessert werden. Nicht daß es Dir unbequem ist, lieber Freund, zu zahlen, was Du zu zahlen schuldig bist - wem wäre in dieser theuern Zeit das Zahlen bequem, wem wäre es überhaupt bequem - die harte Nothwendigkeit allein, welche in wirklicher Armuth lieget, entbindet von solcher Pflicht; und oftmals vermag eine sparsame Wirthschaft und vernünftige Einschränkung Mittel aufzubringen, der wir gar nicht Herr werden zu können gewähnt haben. Nun, liebe Schönberger, wen es angeht, der wolle dieses aufrichtige Wort mit Ernst bedenken.
Es steht also einerseits fest, daß für die Kinder solcher Eltern, die es nicht haben, der Besuch der Kleinkinderbewahranstalt unentgeltlich sein soll; andererseits aber bitten wir nun auch ganz offen, es wollen dagegen alle Eltern, um der guten Sache willen, sich bedenken, ob es ihnen nicht möglich sei, für ihre Kinder die geforderte Kleinigkeit des Wochengeldes aufzubringen. Wir bitten das nicht für uns, wir bitten das theils für die Anstalt, theils für die Aufseherin, welche für ihre große Mühe bei Weitem nicht den Lohn erhält, welchen der geringste Arbeitsmann jetzt verdient.
Für die Folge soll nun die Geldfrage in folgender Weise geordnet sein: sowie ein Vater oder eine Mutter ihr Kind der Anstalt zuzuführen wünschen, wenden sie sich gefälligst an einen der Vorsteher. Diese sind: die beiden Herren Pastoren, die HH. Kürschner W. Gartz, Schmiedemeister Dräger, Tabacksfabrikant Stüve, Kaufmann Christ. Vock, Uhrmacher Meyer, Landvogteicopiist C. Bartold. Bei dieser Meldung wird ihnen die Frage gethan werden, ob es ihnen möglich sei, ein Wochengeld von 1 Schilling pro Kind zu erlegen, und nach dem Ausfall der Erklärung wird dann das Kind die Anstalt besuchen, entweder unentgeltlich oder gegen Zahlung. Die Zahlung soll aber bei demjenigen Vorsteher geschehen, dem das Kind angemeldet ist.
Indem wir unsern Bericht hiemit schließen, hoffen wir nicht zum ersten und letzten Male uns auf diese Weise mit unsern Mitbürgern über eine Stiftung ausgesprochen zu haben, welche schon jetzt nicht ohne gute Früchte ist, aber sicher, wie ein gedeihender Baum, immer reicheren Segen bringen wird. Halten wir fest an der guten Sache! keine Schwierigkeit mache uns verzagt! Es ist noch nie etwas Tüchtiges in der Welt aufgekommen, das nicht Schweiß, Arbeit, Gebet gekostet hätte; das Größeste aber und Edelste, Werke zum Heile der Seelen, ist nicht nur für die zum Segen, denen solche Werke dienen wollen, sondern auch denen, die daran arbeiten. Es wirket Geduld und Demuth, Zuversicht und Glauben. Werdet Mithelfer an unserer Arbeit, die daran helfen können! Werdet Theilnehmer an dem Segen der neuen Stiftung, die des Segens bedürfen, das bittet

der Vorstand der Kleinkinderbewahranstalt zu Schönberg.


Anzeigen.

Vorladung.
Antragsmäßig soll über die dem Tischlermeister Heinrich Fick zu Schlagsdorf gehörige, daselbst belegene Büdnerstelle, wozu an Ländereien a) 24 schffl. Aussaat möllnschen Maaßes, belegen hinter dem Wohnhause; b) 2 1/2 Schffl. Aussaat möllnschen Maaßes, belegen bei den Schlagsdorfer Buschkoppeln und c) eine Wiese, 14 Ruthen breit und 16 Ruthen lang, belegen gleichfalls bei den Schlagsdorfer Buschkoppeln, gehören, ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf Dienstag den 27. Juli d. J., Morgens 10 Uhr, peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel richtig und vollständig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 4. Mai 1869.
Großherzogl. Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
C. L. v. Oertzen.
(L. S.) A. Dufft.

Vermischte Anzeigen.

Todes-Anzeige.
Heute Morgen 3 Uhr entschlief nach schmerzlichem Krankenlager im 77. Lebensjahre die Reiferwittwe Marie Müller, geb. Schwiesow von hier.
Schönberg, den 8. Juli 1869.


Gelder, die mir anvertraut werden, kann ich auch jetzt noch zu fünf pro Cent Zinsen zu den Hypothekenbüchern über Grundstücke in der Stadt Schwerin unter der Hälfte des Taxwerthes unterbringen.
Kindler, Advocat.


Die Flaschenbier-Handlung von Ed. Schwencke in Schwerin hält ihr wohlassortirtes Lager der verschiedensten Biere bester Qualität sowohl auf Flaschen als auch auf Original= und hiesigen Gebinden bei billigster Preisnotirung bestens empfohlen. - Vielfachen Wünschen entsprechend ist jetzt auch Porter auf 1/4=Flaschen vorräthig. Aufträge werden prompt effectuirt.


Mein Lager von Tapeten und Borden, sowie von Rouleaux in vielen geschmackvollen Mustern empfehle ich dem geehrten Publikum zur Abnahme bestens.
Maler Wolgast.


100,000 Soden guten Torf à 1 Thlr. 4 ßl. pr. Tausend hat noch zu verkaufen Heinr. Schreep.


Erntehandschuhe in großer Auswahl und in verschiedenen Sorten sind stets zu haben bei Emil Jannicke, Handschuhmacher in Schönberg.


Ich suche zu Michaelis d. J. ein tüchtiges Hausmädchen und wünsche baldigst, spätestens bis zum 15. Juli d. J., Meldungen entgegenzunehmen, da ich später auf längere Zeit verreise.
Schönberg, den 8. Juli 1869.
W. Saur, Justiz=Amts=Assessor.


Einem geehrten Publikum von Schlagsdorf und Umgegend empfehle ich mich zu allen Sattler- und Tapezier-Arbeiten, indem ich prompte und reelle Bedienung verspreche. Bis Michaelis wohne ich zu Campow und von da an in Schlagsdorf.
Joachim Stuth, Sattlermeister.


[ => Original lesen: 1869 Nr. 55 Seite 4]

Unser diesjähriger Königschuß findet am 12. und das Schießen nach Silbergewinnen am 12. und 13. Juli statt, und erlauben wir uns, zu diesem allgemeinen Volksfeste ganz ergebenst einzuladen.
Den Schützen, welche sich ihrer eigenen Büchse bedienen wollen, wird noch bemerkt, daß ihnen an beiden Tagen das Schießen nach Silbergewinnen frei steht.
Noch bemerken wir, daß der Schützen=Ball im Saale des Hrn. Köster abgehalten wird, und laden sämmtliche Mitglieder ergebenst zu demselben ein. Achtungsvoll
Schönberg. Capitän und Aelteste.


Da unser hiesiges Schützenfest durch die geringe Betheiligung unserer Bürger immer mehr und mehr seinen Charakter verliert, so haben wir uns entschlossen, zum Wohl des großen Ganzen unter Zuziehung des Ratzeburger Musikchores, uns im Civilanzuge am Ausmarsch zu betheiligen. Wir bitten daher unsere Mitbürger, die sich uns hierin anschließen wollen, am ersten Königschußtage Morgens 7 Uhr sich im Boye'schen Garten einzufinden und fordern zugleich die Hauswirthe des Fürstenthums Ratzeburg auf, sich gleichfalls an diesem Ausmarsch zu betheiligen.
Eine Anzahl älterer Bürger Schönbergs.


Bis zum 6. Juli halten sich die Unterzeichneten mit besten groben Grangemouth=Kohlen aus dem Schiff, bei Entnahme von größeren Pösten zu dem billigen Preise von 24 Lüb. Crt. pr. Tonne contant, bestens empfohlen.
Lübeck, den 22. Juni 1869.
F. Krüger & Co.


Alle Arten Tüll= und Crephüte zu möglichst billigen Preisen, sowie Strohhüte von 6 ßl. an bei F. W. Lemke, obere Aegidienstraße und Klingberg Nr. 923 in Lübeck.


Die höhere landwirthschaftliche Lehranstalt in Worms.
welche gewöhnlich von 60-70 Oeconomen im Alter von 17-30 Jahren aus allen Theilen Deutschlands und des Auslandes besucht ist, beginnt das neue Semester am 15. October; gleichzeitig beginnt auch die damit verbundene Specialschule für Müller. - 12 Fachlehrer. - Pensionen in der Anstalt. - Gesammtkosten pro Semester 125 Thaler. - Am Schluß des Semesters wurden 15 Mann als Volontäre und 21 theils als Verwalter und Inspectoren, theils als landwirthschaftliche Wanderlehrer vom Unterzeichneten, der gern weitere Auskunft ertheilt, placirt.
Worms, 1. Juli 1869.
Dr. Schneider.


Mein Lager von Tapeten und Rouleaux empfehle ich zur geneigten Abnahme bestens, sowie meine Eisenwaarenhandlung in sehr vielen Artikeln, als:
Schneidewerkzeuge, alle Arten Möbelbeschläge, Thürenbeschläge, Baubeschläge, alle Arten Nägel, Schrauben u. s. w. ferner Gußeisenwaaren, als Keller=, Stall=, Haus= und Dachfenster, Ofenthüren, Ofenröhren, Rosten, Platten, Sparherdplatten und =Oefen und =Thüren. Emaillirte Kochgeschirre zu billigen Preisen.
C. Schwedt.


Weißer flüssiger Leim von Ed. Gaudin in Paris zum Leimen von Porcellan, Glas, Marmor, Pappe u. s. w. empfiehlt à Glas 4 und 8 Sgr. J. F. Eckmann.


Consumenten und Kenner einer reinen Chocolade geben dem Fabrikate des Hoflieferanten Franz Stollwerck & Söhne in Köln wegen sorgfältiger Verarbeitung und vorzüglicher Qualität den unbedingten Vorzug.
Ich empfehle mein Lager der beliebtesten Koch= und Eß=Chocoladen dieser bestrenommirten Fabrik zu Originalpreisen, und zwar Gewürz= von 18 Schilling (Mecklenburg), Gesundheits= von 20 Schilling (Mecklenburg) und Vanille=Chocoladen von 24 Schilling (Mecklenburg) per Zollpfund an.
Schönberg: F. Heitmann.


Zum Donnerstag den 8. Juli werden alle Nummern Drainröhren auf meiner Ziegelei zu haben sein.
Ziegler Tretow vor Schönberg.


Ich beabsichtige meine zu Carlow belegenen Ländereien sogleich zu verpachten, und können Pachtliebhaber sich die Grundstücke sowie auch die Bedingungen jederzeit einsehen beim Krämer Joh. Borchert daselbst.
Raddingsdorf.
J. H. Borchert.


Am Sonntag den 11. Juni, Abends von 8-10 Uhr, Harmonie=Musik im großen Krüger'schen Zelte auf dem Schützenplatze.
Um 10 Uhr-Zapfenstreich vom Festplatze durch die Stadt.
Wozu freundlich einladen die Vereins-Musiker.


Meteorologische Beobachtungen.
Juli
1869.
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
6.
7.
8.
35.79
37.29
36.61
12.0
12.7
11.4
20.0
16.6
17.6
SW
W
NW
1
2
1
bedeckt.
heiter.
trübe.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pf.13 - 13 1/2 Schilling (Mecklenburg),
Holst. d. Pf.13 1/2 - 14 Schilling (Mecklenburg),
Hühner d. St.14 - 15 Schilling (Mecklenburg),
Küken d. St.10 - 11 Schilling (Mecklenburg),
Tauben d. St.5 Schilling (Mecklenburg),
Schinken d. Pf.11 Schilling (Mecklenburg),
Wurst d. Pf.11 - 12 Schilling (Mecklenburg),
Eier 8 St.4 Schilling (Mecklenburg),
Kartoffeln d. Faß.6 - 8 Schilling (Mecklenburg),
Hamb. Blumenkohl d. Kopf4 - 8 Schilling (Mecklenburg),
Kirschen d. Pf.3 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
(pro Sack in Lüb. Crt.)
Weizen20 1/4 - 20Mark (Lübeck)12Schilling (Mecklenburg)
Roggen19 - 19Mark (Lübeck)12Schilling (Mecklenburg)
Gerste13 - 14Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Hafer12 - 12Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Erbsen16 - 17Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Wicken-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rapssaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rübsen-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat20 - 21Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
 
WeizenmehlNr.0: 26Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg),
Nr.1: 24Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg),
Nr.2: 18Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg),
pr. 200 Pfund Netto zum Consum.


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit von L. Bicker in Schönberg.


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