No. 62
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 03. August
1866
sechsunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1866 Nr. 62 Seite 1]

- Die neuesten amtlichen Nachrichten vom Kriegsschauplatze lauten: Nach einer Meldung des commandirenden Generals des zweiten preußischen Reserve=Corps, Großherzog von Mecklenburg=Schwerin, war Se. K. Hoheit, nachdem die Avantgarde des Corps bereits am 28. Juli Bayreuth besetzt hatte, am 29. mit dem Gros daselbst eingerückt und hat den Regierungs=Bezirk Oberfranken im Namen des Königs von Preußen in Besitz genommen. - Am 28. Juli wurde von der Avantgarde ein Bataillon des bayerischen Leibregiments gesprengt, wobei eine Compagnie des mecklenburgischen Jäger=Bataillons, das Füsilier=Bataillon des vierten preußischen Garde=Regiments und die erste Escadron des mecklenburgischen Dragoner=Regiments sich auszeichneten. Der Rittmeister v. Boddien ist der Erste im feindlichen Carré gewesen. Der Verlust der Bayern bestand in mehreren Todten, Verwundeten und 209 Gefangenen, worunter auch vier Offiziere.
- Am 27. Juli wurde lebhaft vor Würzburg gekämpft und die Festung von 11 Uhr Vormittags ab drei Stunden lang von den Preußen beschossen; die Besatzung antwortete kräftig. Genaueres wird noch nicht gemeldet.
- Mecklenburger Dragoner sind am 27. Juli in Culmbach eingerückt.
- Da seit dem 14. Juni der deutsche Bund zu existiren aufgehört hat, so schließt Preußen mit jedem einzelnen der gegen ihn in's Feld gezogenen Staaten einen Waffenstillstand ab. Mit Bayern beginnt ein solcher am 2. August; Württemberg und Baden schickten gleichfalls Abgeordnete in's preußische Hauptquartier behufs Unterhandlung wegen Einstellung der Feindseligkeiten; dieselben sind jedoch an den General v. Manteuffel gewiesen, der die Verhandlungen mit ihnen in Berlin führen soll.
- Es ist nunmehr bestimmt, daß der König von Preußen am nächsten Sonnabend nach Berlin zurückkehrt und daß am Tage darauf der Landtag eröffnet wird. Die Minister v. Roon und Bismarck sind bis dahin natürlich auch wieder in Berlin und wahrscheinlich kehrt sogar der Kronprinz auf kurze Zeit vom Kriegsschauplatz zurück. Am Montag wird die Kammer ihre erste Sitzung halten.
- Wie es heißt, wird die Finanzfrage keinesfalls den Hauptgegenstand der Landtags=Debatten in Preußen bilden. Von einer eigentlichen Anleihe dürfte überhaupt kaum die Rede sein, vielmehr nur von einer vorübergehenden schwebenden Schuld. Die Lage der preußischen Finanzen soll eine so günstige sein, daß der ursprüngliche Plan eines Zuschlages zu den bestehenden Steuern gänzlich aufgegeben werden konnte. Nach der Absicht der Regierung soll der Krieg das Land möglichst wenig belasten und Alles daran gesetzt werden, um Handel und Wandel neu zu beleben und zu erhöhtem Aufschwung zu bringen Die Hauptaufgabe der Session wird in den gesetzlichen Vorbereitungen zur Einberufung des deutschen Parlaments liegen.
- Die Kronprinzessin von Preußen hat angeordnet, daß im Berliner Palais auch die Festräume zur Aufnahme Verwundeter eingerichtet werden.
- In Preußen sind bedeutende Entlassungen bei den Landwehr= und Ersatz=Bataillonen angeordnet worden.
- Die Bahn von Dresden nach Böhmen ist wieder hergestellt und mit dem Commandanten vom Königstein eine Verabredung getroffen, nach welcher die Fahrt auf der Elbe und der Eisenbahn freigegeben wird.
- Die Württemberger haben die Besetzung des preußischen Fürstenthums Hohenzollern aufgehoben; die dort mit Beschlag belegten Requisiten werden jetzt wieder freigegeben.
- Eine in Pesth erschienene Flugschrift: "Was kann Oesterreich retten?" wurde von der Polizei sofort verboten, von der Kaiserin Elisabeth aber wieder freigegeben; sie wird überall offen verkauft. Dieselbe weist die gänzliche Hohlheit und Schwäche des österreichischen Regimentes nach. Dreimal sei das herrschende politische System auf die Probe gestellt worden und dreimal sei es durchgefallen; erst 1848 und 1849 im Kampfe mit Ungarn, dann 1859 im Kampfe mit Frankreich und Italien und jetzt im Kampfe mit Preußen. Immer habe sich die Regierung nur auf die Bajonnette gestützt und die Volker als unnütze Schwätzer bei Seite geschoben und immer habe sich die kostbare gehätschelte Armee dem Feinde gegenüber als unthätig erwiesen. Im Jahre 1848 habe nur Rußland Oesterreich vor der Vernichtung durch die ungeschulten ungarischen Heere gerettet. Jetzt sei Dynastie und Reich verloren, wenn man nicht das Regierungs=System mit Allem, was daran hange, umändere. Ungarn könne und wolle Oesterreich retten, aber nur unter der Bedingung, daß den Ungarn ihr Recht und die Regierung eine andere werde. (Da die Kaiserin diese Schrift wieder freigegeben hat, so scheint sie ihr also Recht zu geben.)
- Von großem Interesse ist das Urtheil des englischen Parlaments über die letzten Ereignisse in Deutschland. Mit einer einzigen Ausnahmen sprach sich die Meinung dahin aus, daß Preußens Siege über Oesterreich und die Bundes=Armee Deutschland zum Segen gereichen würden. Horsman, einer der Hauptredner, gab in seiner Rede der öffentlichen Meinung in England einen unverfälschten Ausdruck. Er gestand, daß beim Ausbruch des Krieges seine Sympathien, wie die aller Engländer, für Oesterreich gegen das Bismarck'sche Preußen waren; aber der Verlauf des Krieges habe seine Ansichten geändert und er sei jetzt mit der großen Mehrheit der Engländer überzeugt, daß Preußen ein Werk begonnen habe, welches die größten Vortheile für Europa und namentlich für Deutschland verspreche.

[ => Original lesen: 1866 Nr. 62 Seite 2]

Deutschland sei seit Jahren eine Quelle der Schwäche für Europa gewesen; die Kämpfe zwischen Oesterreich und Preußen um die Oberherrschaft in Deutschland seien nicht nur für dieses, sondern für ganz Europa verderblich gewesen und die Erhebung einer dieser Mächte zur Herrschaft, zur Verfügung über die Gesammtmacht der großen und gebildeten deutschen Nation werde ein unbedingter Vortheil selbst für den verlierenden Theil sein.
- Die "Köln. Ztg." will wissen, daß im Falle der Nichtbezahlung der Contribution, welche der Stadt Frankfurt auferlegt wurde, vom General Röder folgende Zwangsmaßregeln angewandt werden sollen: Zunächst gänzliche Einstellung des Post=, Telegraphen= und Eisenbahn=Verkehrs; dann, wenn diese erste Maßregel in zwei bis drei Tagen nicht fruchten würde, Schließung aller Schenkwirthschaften; endlich, nach abermaligem fruchtlosem Verlauf von zwei bis drei Tagen, Einschließung der Stadt, derart, daß der Personen= und Waaren=Verkehr mit der Umgebung gänzlich aufhören würde, was dann auch die Absperrung aller Lebensmittel=Zufuhren zur Folge hätte. - Der gesetzgebende Körper erklärte die Contribution wiederholt für unerschwinglich.
- Aus Hamburg wird geschrieben: Da die Stadt Frankfurt wahrscheinlich preußisch werden dürfte, so soll der König von Preußen ihr den Rest der Contribution erlassen haben.
- Der Zollverein hat aufgehört und werden jetzt an den von Preußen besetzten norddeutschen Staaten Zollgrenzen gezogen, wo alle aus dem Süden kommenden Waaren besteuert werden.
- Feldmarschall Graf Wrangel hat jedem Offizier, sowie den Wachtmeistern seines Regiments, des dritten Kürassir=Regiments, eine Photographie mit dem Bildnisse des Königs in Visitenkartenform zum Geschenk gemacht. Auf den Rückseiten hat der Feldmarschall eigenhändig Folgendes geschrieben: "Mit Roß und Schwert kommt man im Flug am Ziele. Der Regiments=Kamerad G. v. Wrangel."
- Vom Verleger des "Kladderadatsch" werden von jeder Nummer 600 Exemplare an die preußischen Feld=Lazarethe zur Erheiterung der Verwundeten gratis geschickt. Die Dankschreiben dieser Krieger bilden eine interessante und originelle Lectüre.
- Dem Briefe eines mecklenburgischen Soldaten aus einer Feldwache bei Hof vom 26. Juli entnimmt die "M. Ztg." Folgendes: "Seit dem 24. d. sind wir in Bayern und bin ich bisher sehr gesund und munter. Vom Feinde hat unser Bataillon bis jetzt noch nichts gesehen, unser drittes und viertes Bataillon und zwei Geschütze haben jedoch schon ein kleines Gefecht mit den Bayern gehabt bei Münchberg, wo sie ungefähr 60 Mann gefangen genommen haben, haben jedoch noch keine Verluste gehabt, da die Bayern auf zu große Distanzen geschossen haben und nachher zurückgezogen sind. Wir stehen jedoch dem Feinde unmittelbar gegenüber, denn ungefähr drei Meilen von hier steht ein größeres bayerisches Corps und erwarten wir stündlich Befehl zum Vorrücken. Die Aufnahme hier in Bayern wird schon ziemlich schlecht, in Hof, wo wir nur eine Nacht waren, ging es noch, aber als wir hier ankamen, waren die meisten Dorfbewohner ausgekniffen, hatten Alles verschlossen und die Lebensmittel versteckt. Natürlich wurde sich ein Quartier gesucht und da dieses Dorf nur sehr klein ist, so lagen wir immer 50 Mann beisammen, denn es liegt unser ganzes Bataillon und eine Schwadron Dragoner hier. Ich quartierte mich zuerst beim Müller ein, da derselbe noch am meisten zu leben haben sollte. Wir waren nämlich sehr ausgehungert bei unserer Ankunft, hatten von 7 bis 12 Uhr auf der Eisenbahn gefahren und bis Abends 9 Uhr marschirt. Aber der Wirth ließ sich nicht sehen, seine Frau und Kinder weinten und Eßbares war nichts zu finden, alles Bitten half aber nichts, zuletzt kam der Müller selbst, er weigerte sich aber, uns Essen zu geben, wir meldeten uns also beim Hauptmann und erhielten Befehl zum Nachsuchen, fanden auch alle Lebensmittel auf dem Hausboden versteckt, namentlich viel Speck und Butter; nun ist aber im Dorfe Alles aufgezehrt und wird in Nachbardörfern fouragirt und kochen wir uns selber unser Essen, welches uns auch besser schmeckt, denn wir kochen uns immer Kartoffeln und Rindfleisch. Ich habe mich jetzt aber ausquartiert beim Müller und wohne bei einem Tagelöhner, woselbst ich es sehr gut habe, die Leute thun wenigstens, was in ihren Kräften steht, und jammert es mich immer, wenn die Leute so gedrückt werden. Da wir hier dicht vor'm Feinde stehen, so muß man immer auf Feldwache liegen und patrouilliren; jeder Civilmann wird angehalten und, wenn er keine Papiere hat, arretirt, denn wir sind nicht sicher vor Spionen."
- Ein königlich italienisches Decret publicirte am 30. Juli für Venetien die italienische Verfassung, das Aufhören des österreichischen Concordats und die Anwendung des Gesetzes, betreffend die Aufhebung der religiösen Körperschaften.
- Die preußische Avantgarde vor Wien kommt sich vor wie Moses, der von den Bergen nur hineinsah in das gelobte Land. Von den Höhen bei Wolkersdorf sehen die Preußen die stolze Kaiserstadt mit dem hohen Stephansthurm zu ihren Füßen liegen. Jubelnd wurde dieser Anblick von den Preußen begrüßt, das Häusermeer Wiens lag in der Abendsonne klar vor ihnen, dahinter in einer dunklen Masse der Wiener Wald, vorn die Ebene des Marchfeldes, im Osten die Karpathenberge.
- König Ludwig von Bayern hat aus seiner Cabinets=Casse 10,000 Gulden zur Linderung der Noth der Kriegsbeschädigten in Unterfranken angewiesen.
- Aus Basel in der Schweiz gehen große Sendungen Gletscher=Eis für die Verwundeten in Böhmen und Bayern ab; auch Geldsammlungen.
- In Berlin sind bis jetzt 2244 Personen an der Cholera gestorben.
- In der Bundesfestung Ulm wurde der Kriegszustand verkündet. - Der württembergische Staatsschatz ist in die Schweiz gebracht worden.
- Die österreichische Regierung hat es für nöthig gehalten, Wien und ganz Niederösterreich in Kriegzustand zu versetzen, "der vielen auswärtigen Elemente halber."
- Der Papst ist der einzige Bewohner des Vaticans, der sich nicht über die Niederlage der Oesterreicher grämt.
- Aus Frankfurt wird die Herstellung eines einheitlicheren deutschen Postwesens unter Ablösung des Taxis'schen Privilegiums in Aussicht gestellt.
- Der Kaiser von Frankreich ist am 27. Juli nach Vichy gereist und dort mit Jubel empfangen worden.
- Im berühmten Hyde=Park in London ist es zu anfänglich lebhaften und schließlich blutigen Auftritten gekommen. Die Arbeiter wollten in dem ungeheueren Parke Versammlungen halten und sind von der Polizei, die mehrere Tausend Mann stark war, zuruckgewiesen worden. Polizei und Militär gaben mehrmals Feuer.
- Des Dichters Carl Heine angenommene Tochter hat sich in Paris mit dem Herzog von Elchingen, einem Enkel des Marschalls Ney, verlobt. Diese falsche Nachritt macht die Runde in vielen Zeitungen, während der Dichter "Heinrich" Heine heißt und dieser Carl Heine ein reicher Bankier ist, der keine poetische Ader, vielmehr, Geldmann vom Kopf bis zur Zehe, seine ganze Poesie in seinen Millionen sitzen hat.
- (Kriegsbilder) Im Wiener Prater lagen die Sachsen im Bivouak, unter ihnen ein Soldat mit dem rechten Arm in der Binde. König Johann von Sachsen besuchte sie und fragte den mit der Binde: "Fehlt Dir was?" - "Nein!" - "Gar nichts?" - "Ja Eins, ich möchte meiner Mutter schreiben, daß ich noch lebe, aber ich kann nicht schreiben." - "So will ich's thun, verlaß Dich d'rauf," sagte der König und schrieb die Adresse des Soldaten in sein Taschenbuch. - In Mainz fragte ein Mann einen bayerischen Soldaten, wie stark ein bayerisches Regiment sei. Der Bayer hielt ihn für einen Spion, hieb ihn mit einem Faustschlag zu Boden und sagte: "Siehst, so stork

[ => Original lesen: 1866 Nr. 62 Seite 3]

bin i alloan, itzt koanst's dir's denka, wie stork a ganz's bayerisch's Regiment is."
- Süddeutsche Blätter erzählen folgenden traurigen Vorfall. Einen jungen Chevauxlegers=Offizier traf jüngst das angenehme Loos, in einer der stattlichen Burgen einquartiert zu werden, deren es in Oberfranken genug gibt. Die Annehmlichkeit des Quartiers wurde durch die Liebenswürdigkeit, mit der die Familie des Barons, dem das Schloß gehörte, dem jungen Reiter=Offizier entgegenkam, wesentlich gehoben und besonders faßte die sechzehnjährige Tochter eine rasche, aber um so entschiedenere Neigung zu dem Quartiersmann. Eines Tages erhält der Offizier den Auftrag, eine Recognoscirung über die Landesgrenze hinaus vorzunehmen und spät Abends ritt er auch mit zwanzig Mann aus, diesem Auftrag nachzukommen. Erst als die Sonne schon wieder hoch am Himmel stand, kehrte er in's Schloß zurück, von dessen weitschauenden Fenstern ihm längst die Tücher der Damen Willkommen zuwinkten. Er ritt den Berg hinauf und sprengte in den Schloßhof. Dort angekommen, stieg er ab, begrüßte die Bewohner, welche in den Hof getreten waren, und zog aus der Pistolenhalfter seinen geladenen Revolver. Die Tochter, neugierig, ein solches Mordinstrument in der Nähe zu besehen, nahm es in die Hand und als sie den Revolver zurückgeben wollte, ging der Schuß los (wodurch, ist ein Räthsel geblieben) und traf den Geliebten in den Unterleib. Der Offizier stürzte und das Fräulein fiel in Ohnmacht. Nach achtzehn Stunden schrecklichen Leidens starb der junge Reiter; er war der einzige Sohn hoch betagter Eltern. Das Fräulein liegt an einem Gehirn=Typhus zum Tod darnieder. Vor wenigen Tagen wurde der Offizier in Bayreuth begraben; es war ein großer, trauriger Zug, der ihm das letzte Geleite gab.
- (Ein Berliner Junge.) Man schreibt der "N. Pr. Ztg.": Beim Ausmarsch des Kaiser=Franz=Regiments aus Berlin hatte sich diesem ein Junge angeschlossen in zerlumpten Hosen und Röckchen, barhäuptig und barfüßig. Er begleitete dasselbe nicht etwa, wie so viele andere, nur bis Lichtenberg, sondern rückte nach dessen erstem Marsche mit in Rüdersdorf ein. Anderen Tags erschien er beim Antreten Morgens um 2 Uhr auf dem Allarmplatze der siebenten Compagnie, um mit weiter zu marschiren. Als die Aufmerksamkeit der Offiziere auf ihn gelenkt wurde, ergab sich, daß er Carl Lehmann heiße, sein Vater, Arbeitsmann Becher, Petristraße Nro. 17 und 18 wohnhaft, zum 24. Regiment eingezogen und er selbst 14 Jahre alt sei. Seine Mutter hatte ihn mit den Worten fortgeschickt, er solle seinen Vater aufsuchen, da sie ihn nicht mehr ernähren könne. So trabte er mit. Sein erstes Marschquartier hatte ihn ein Schlafplätzchen bei der siebenten Compagnie finden lassen und deßhalb rechnete er sich von da ab speciell zu dieser. Doch nicht etwa als müßiger Danebenläufer! Nein, man sah ihn in glühender Sonnenhitze unzählige Male hin und her laufen, um den marschirenden Soldaten Wasser in ihre Feldflaschen zu füllen; an einem Tage lief er sogar weit zurück, weil einer seiner Quartier=Kameraden etwas vergessen hatte. Im dritten Marschquartiere legten die Offiziere zusammen und es wurde ihm ein ganz respektabler Anzug geschafft, Hose, Rock und Hemde, zu Mütze und Schuhen wollte er sich als echtes Berliner Kind nicht verstehen. So begleitete er das Regiment, von Allen gern gesehen, von Vielen mit Lebensmitteln und auch Geld versehen, nach der Lausitz, fuhr mit als blinder Passagier über Breslau nach Brieg und überschritt, eine Stange mit schwarz und weißer Fahne tragend, die Grenze Oesterreichs, Allen zum Vergnügen, Vielen zum Nutzen, Niemand zur Last! Doch jetzt kam die Zeit, wo dieses Kind sich als heldenmüthiger junger Preuße bewähren sollte! Am 28. Juni begleitete er seine siebente Compagnie treu in den Kugelregen von Alt=Rognitz und, wie er auf dem Friedensmarsche seinen Kameraden Wasser geholt, so that er dies auch jetzt mit wahrhaftem Heldenmuthe. Aus einem Brunnen, dem Zielpunkte vieler Büchsen des österreichischen 16. Jäger=Bataillons, holte er unaufhörlich den Labetrunk für viele Verwundete; der brave Junge scheute die Kugeln nicht, es traf ihn auch zum Glücke keine. Nun sah man ihn seit jenem Tage in einem gefundenen weisen österreichischen Rocke über seiner Jacke; so machte er den langen schweren Tag von Königsgrätz wacker mit, so marschirt er noch heute unermüdlich mit seiner Truppe. Von vielen Offiziren mit Geld beschenkt, hatte er seine Baarschaft, der Vorschrift gemäß, an seinen Corporalschafts=Unteroffizier abgegeben als dieser in's Lazareth kam, war er tief betrübt und, ohne daß er irgend eine Sorge hatte, es könne ihm dadurch sein Vermögen verloren gehen, jammerte er nur um seinen Unteroffizier. Auf die Bemerkung eines Kameraden, er solle sich doch die langen Aermel seines Rockes kürzer machen lassen, so umgekrempelt müsse ihm ja zu heiß darin sein, erwiederte er ohne die geringste Frechheit oder Großthuerei in strammster militärischer Haltung: "Ja, ich habe mir och schon jedacht, ich werde mir des nächste Mal enen klenern Rock nehmen, bald kommen wir doch wohl wieder in ene Schlacht, da werde ich diesen vertauschen, er ist so schon sehr dreckicht!" Das ist doch ein richtiger Berliner Junge!


Für die Verwundeten sind bei mir eingegangen: Vom Hauswirth Joch. Saß in Schlagsdorf 1 Thlr., vom Arbeitsmann Strohkirch in Sülsdorf 24 Sch., vom Hauswirth Damm daselbst 2 Thlr. und ein Paquet Leinwand, von Frau Städing in Neuhof ein Paquet mit Charpie, Binden, Handtüchern, Strümpfen etc.
Schlagsdorf, 1. August 1866.
Gerling.


Anzeigen.

Vorladung.

Antragsmäßig soll über die dem Rademachermeister Johann Friedrich Hartwig Oldenburg gehörende, zu Gr. Mist belegene Büdnerstelle c. pert. ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das anzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf Dienstag, den 4. September 1866, Morgens 10 Uhr, peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderung auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel richtig und vollständig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 14. Juni 1866.
Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
C. L. von Oertzen.
(L.S.) O. Reinhardt.


Decretum praeclusivum.

Wider alle Diejenigen, welche sich mit ihren Forderungen und Ansprüchen an die Hinterlassenschaft der verstorbenen Zollverwalterin Penicke im gestrigen Professions=Termine nicht gemeldet haben, ist unterm heutigen Tage die Präclusion erkannt.
Ratzeburg, 27. Juli 1866.
Königlich, Herzoglicher Stadtcommissarius, Bürgermeister und Rath.
(L. S.) In fidem
Richter, Stadtsecretair.


Vermischte Anzeigen.

W. Kolls, Juwelen-, Gold- und Silber-Waaren-Handlung
Lübeck, Sandstrasse 1006.
Reparaturen werden prompt und billig ausgeführt.


[ => Original lesen: 1866 Nr. 62 Seite 4]

Vom 1. April bis heute sind nachstehende Schäden bei unserem Verein angemeldet:
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
und werden unsere Mitglieder ersucht, zur Deckung dieser Schäden einen Beitrag von 24 Schillingen pro 100 Thaler Versicherungs=Summe am Sonnabend, den 11. August d. J., Morgens 10 Uhr im Gasthause der Madame Boye hieselbst einzuzahlen.
Schönberg, den 1. August 1866.
Direction des Vieh=Versicherungs=Vereins für das Fürstenthum Ratzeburg.


Nachdem es gelungen , den Landkasten in Rostock dazu zu bestimmen, mir für Einzahlungen aus hiesigem Fürstenthume, statt seiner früheren 3 1/2 pCt., jetzt vier pro Cent zu bewilligen, bin ich soeben bevollmächtigt worden, auch nach Ablauf des jetzigen Johannis=Termins Gelder für den Landkasten in Empfang zu nehmen und dieselben vom Tage der Einzahlung an mit vier pCt. zu verzinsen. Da nun gesetzlich jeder Mecklenburg=Schwerinsche Gutsbesitzer, sowie die Großherzoglichen Domainen und städtischen Besitzungen für Zahlung der Zinsen und Rückzahlung des zu Landeshülfen, für Chaussee=, Canal= und Eisenbahnbauten verwendeten Capitals nach halbjähriger Kündigung mit ihrem gesammten Besitz zur ersten Hypothek haften; so gewähren diese Landkasten=Obligationen die allergrößte Sicherheit und werden deshalb auch vorzugsweise von hiesigen Kirchen, Vormundschaften und selbst auswärtigen Sparcassen benutzt. Landkasten=Obligationen liegen bei mir zur Ansicht bereit und Kosten sind mit den Belegungen, Zinszahlungen und Rückzahlungen überall nicht verbunden, weshalb ich jetzigen Einzahlungen oder auch nur Anmeldungen zu späteren Einzahlungen entgegensehe.
Während der jetzigen Gerichts=Ferien bin ich verreist, jedoch am Montag Nachmittag und Dienstag Früh jeder Woche hier zu sprechen.
Schönberg, den 26. Juli 1866. Kindler, Advokat.


Am Montag den 6. August werden auf dem Stover Felde, zwischen Stove und Kl. Molzahn, Rappsschoten verbrannt.


Am Dienstag den 7. August werde ich auf dem Bauhoffelde bei Schönberg Rappsschoten verbrennen lassen.
Drevs.


Am Mittwoch den 8. August werden auf dem Hoffelde bei Kl. Rünz Rappspahlen verbrannt.


Ich mache hiemit die ergebenste Anzeige, daß ich nun mein Geschäft eröffnet habe und reines Roggen=, feines und grobes, sowie Kaffee= und Thee=Brod fortwährend zu haben ist.
Hausback Dienstags, Donnerstags und Sonnabends.
Indem ich mich einem geehrten Publikum bestens empfehle, bitte ich um geneigten Zuspruch.
Schönberg, den 23. Juli 1866.
Wolgast, Bäckermeister.


Vor ungefähr 14 Tagen ist ein goldener Trauring gefunden, den der Eigenthümer gegen Erstattung der Insertionskosten zurückerhalten kann. Von wem? sagt die Expedition d. Bl.


Gußstahl=Sensen in ganz vorzüglicher Güte bei J. F. Eckmann.


Aromatische Gichtwatte bei allen rheumatischen Leiden unfehlbar wirkend, empfiehlt à Packet 8 u. 12 Schilling (Mecklenburg) J. F. Eckmann.


Erntehandschuhe sind stets zu haben bei Emil Jannicke, Handschuhmacher.
Schönberg.


Am Sonntag den 5. August, von Nachmittags 6 Uhr an
Harmonie-Musik in meinem Garten.
Entrée à Person 4 Schillinge. Kinder die Hälfte.
Hiezu ladet freundlichst ein
Boye, Gastwirthin.


Kirchliche Nachrichten.
Schönberger Gemeinde.

Sonntag, den 5. August.
Frühkirche: Pastor Fischer.
Vormittagskirche: Pastor Kämpffer.
Amtswoche: Pastor Kämpffer.


Meteorologische Beobachtungen.
1866
Juli
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
31.
1.
2.
34.11
34.62
34.91
10.4
10.0
8.0
15.4
17.0
18.0
NNO
N
NNW
0
0
1
trübe.
wolkig.
zieml. heiter.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pfund14 - 14 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Holst. d. Pfund15 - 15 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Enten, d. St. - - Schilling (Mecklenburg).
Hühner, d. St.12 - 16 Schilling (Mecklenburg).
Küken d. St.8 - 10 Schilling (Mecklenburg).
Tauben, d. St.4 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Schinken, d. Pfund7 1/2 - 8 Schilling (Mecklenburg).
Schweinskopf, d. Pfund4 1/2 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Wurst d. Pfund9 - 10 Schilling (Mecklenburg).
Eier 8 St. für4 Schilling (Mecklenburg).
Kartoffeln, d. Faß5 - 6 Schilling (Mecklenburg).
Hambg. Blumenkohl d. Kopf3 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Hambg. Kirschen d. Pfund2 - 3 Schilling (Mecklenburg). -


Getreide=Preise in Lübeck.
(per Sack in Lüb. Crt.)
Weitzen18 - 19Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Roggen13 - 13Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Gerste11 - 12Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Hafer10 1/2 - 11 Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Erbsen14 - 16Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wicken-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen11 - 12Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
W.=Rapsaat20 - 21Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wint.=Rübsen19 - 19Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat18 - 19Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.


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