[ => Original lesen: 1866 Nr. 61 Seite 1] - Neustrelitz, d. 25. Juli. Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog, welcher einige Tage hier verweilte, um den Geburtstag Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin, sowie auch den eigenen im hohen Familienkreise zu feiern, ist zur Fortsetzung der begonnenen Studien gestern Abend nach Dresden wieder zurückgekehrt.
- Am 26. d. wurden im Schlosse zu Nikolsburg die Friedens=Präliminarien unterzeichnet und die Waffenstillstands=Bedingungen festgesetzt, welche in der fortdauernden Besetzung Böhmens, Mährens und anderer österreichischer Landestheile, die gegenwärtig im Besitze Preußens sind, durch die preußische Armee bestehen. Der Waffenstillstand gilt auf unbestimmte Zeit bis zur Aufkündigung von der einen oder anderen Seite.
-Amtlich wird aus Berlin gemeldet: Im Hauptquartier der Preußen zu Nicolsburg wurde am 28. Juli ein am 2. August beginnender Waffenstillstand mit Baiern unterzeichnet. - Die Main=Armee steht vor Würzburg und beherrscht mit ihren Batterien die Stadt. Der Feind wünscht zu parlamentiren. - Die Stadt Bayreuth ist am 28. d. M. von der Avantgarde des 2. Reserve=Corps besetzt worden. Der Großherzog von Mecklenburg beabsichtigte am 29. d. daselbst einzurücken. Beim Vormarsche wurden nur schwache feindliche Truppen=Abtheilungen bemerkt.
- Die Friedens=Präliminarien sollen etwa in Folgendem bestehen: Oesterreich scheidet für immer aus dem deutschen Bunde und heißt im Voraus alle diejenigen Anordnungen gut, welche Preußen innerhalb des neu zu gründenden Bundes treffen wird, sowie es auch schon seinerseits die Gebiets=Veränderungen in Deutschland genehmigt, die in dem gegenwärtigen Vertrage festgesetzt werden. Die Herzogthümer Schleswig und Holstein werden für immer in Preußen einverleibt, ebenso fällt das gesammte Kurfürstenthum Hessen an Preußen, sowie derjenige Theil von Hannover, welcher südlich vom Herzogthum Braunschweig liegt, und von dem nördlich gelegenen Theile noch so viel, daß Hameln und Hildesheim noch innerhalb des abzutretenden Stückes zu liegen kommen. Auch die Erbrechte Hannovers auf das Herzogthum Braunschweig gehen vollständig auf Preußen über. Ferner fällt derjenige nördliche Theil des Herzogthums Nassau, welcher sich als Keil in das Großherzogthum Hessen und die Provinz Westphalen hineinerstreckt, mit den Städten Dillenburg, Herborn und Haiger an Preußen. Das Königreich Sachsen wird in seiner Gesammtheit dem bisherigen Könige zurückerstattet und entschädigt Preußen nur durch Geld. Die sämmtlichen Kriegskosten werden von Oesterreich getragen und es bleiben bis zum vollständigen Friedensschluß und bis zur Bezahlung der Kosten das Königreich Böhmen und die Markgrafschaft Mähren von den preußischen Truppen besetzt, die sich aus ihren gegenwärtigen Stellungen dahin zurückziehen. Diese Friedens=Vereinbarungen sind zwischen Oesterreich, Preußen und Italien geschlossen und werden die süddeutschen Staaten, welche das 7. und 8. Bundes=Armeekorps bilden, von diesen Abmachungen in keiner Weise berührt. Ihnen gegenüber bleibt vielmehr der volle Kriegszustand noch bestehen und wird jeder Friedensschluß von einem besonderen Abkommen mit diesen Staaten abhängen. Vorläufig scheint der im preußischen Hauptquartier erschienene bayerische Minister v. d. Pfordten die Sachlage noch so wenig zu begreifen, daß seine Ansprüche die preußischen Siege vollständig ignoriren und es wohl noch einer gründlichen Demüthigung für diese Staaten bedürfen wird, bis sie die entsprechenden Zugeständnisse an Preußen machen. Die Einverleibung Frankfurts und der Provinz Oberhessen vom Großherzogthum Hessen in Preußen soll in sehr bestimmte Aussicht genommen sein, ebenso der Rückfall der alten preußischen Erblande Ansbach und Bayreuth, und soll dem Herrn v. d. Pfordten kein Zweifel über die deßfallsigen preußischen Absichten geblieben sein. Mit Genehmigung Napoleons tritt der Kaiser von Oesterreich Venetien nunmehr direkt an Italien ab, während Italien seine Ansprüche auf das südliche Tyrol aufgibt. Es wird dies in den allgemeinen Grundzügen als die Basis der getroffenen Vereinbarungen bezeichnet. - (So schrieb die Berliner Börsen=Ztg. am 26. Juli.)
- Man glaubt, Preußen werde mit den süddeutschen Staaten nur dann unterhandeln, wenn dieselben unter Verzicht auf die österreichische Allianz um Frieden nachsuchen und sich verpflichten, den auf sie fallenden Kriegskosten=Antheil zu bezahlen, sowie die preußischen, aus dem früheren Bundes=Verhältnisse entspringenden Ansprüche anzuerkennen.
- Pariser Briefe melden: Hannover, Kurhessen und Schleswig=Holstein sollen Bestandtheile von Preußen werden, Sachsen wird als unabhängiges Königreich fortbestehen. Es ist das ein Zugeständniß, welches Preußen Napoleon gemacht hat, der darauf unwandelbar bestand. Jeder Tag bringt und ändert solche Gerüchte.
- Der König von Preußen gedenkt sein Hauptquartier von Nikolsburg nach Brünn oder Prag zu verlegen. Man spricht auch von einer bevorstehenden Zusammenkunft des Königs mit dem Kaiser von Oesterreich.
- Das 2. preuß. Reservecorps ist gegen Baiern im Vorgehen begriffen, bereits am 24. Juli war das Hauptquartier Sr. K. H. des Großherzogs von Mecklenburg in Hof, von wo Derselbe folgende Proclamation an die Bewohner von Oberfranken gerichtet: Das Königlich preuß. 2. Reserve=Armeecorps unter Meinem Befehl hat euer Land besetzt. Unser bewaffnetes Einschreiten gilt eurer Regierung, nicht den Behörden und friedlichen Bewohnern, wenn diese des Krieges Lasten sich dadurch erleichtern,
[ => Original lesen: 1866 Nr. 61 Seite 2]daß sie Meinen Befehlen sofort entsprechen, und die Mühen des Soldaten durch freundliche Aufnahme erleichtern. Der Name Bayreuth hat bei uns durch alte Erinnerungen den schönsten Klang bewahrt, und ihr werdet sehr bald die Mannszucht, gute Haltung und Humanität Meiner Truppen ebenso anerkennen und rühmen, wie dies in Sachsen der Fall gewesen ist. Hauptquartier Hof, den 24. Juli 1866. Der commandirende General Friedrich Franz, Großherzog von Mecklenburg.
- Wie man hört verläßt das Mecklenburg=Strelitz'sche Militair am 5. August Neustrelitz, um den Schwerin'schen Truppen zugetheilt zu werden.
- In Holstein für Rechnung der Großherzoglich Mecklenburg=Strelitz'schen Regierung gekaufte Pferde wurden am 27. Juli pr. Eisenbahn nach Neubrandenburg befördert. - Die von Ratzeburger Gutspächtern der Regierung zu Kriegszwecken gelieferten Pferde wurden am 29. Juli von Schönberg nach Neustrelitz transportirt.
- Der Kurfürst von Hessen ist vom König von Preußen per Telegraph nach Brünn eingeladen worden und hat Stettin am 26. d. Abends verlassen.
- Der Großherzog von Baden ist gegenwärtig bemüht, zwischen Preußen und den süddeutschen Bundesstaaten einen Waffenstillstand zu vermitteln.
- Der preuß. Landtag wird nicht am 30. d. eröffnet, sondern an einem später zu bestimmenden Tage, da der König den Wunsch hegt, denselben in Person zu eröffnen und Aussicht vorhanden ist, daß dies in nächster Zeit geschehen kann.
- Der preußische Staatsanzeiger mißbilligt die Agitation der Blätter, die bundesstaatliche Einigung auf Süddeutschland auszudehnen; dieselbe beeinflusse die Friedensverhandlungen in nachtheiliger Weise. Vorerst sei die schwer erkaufte Territorial=Einheit Nord= und Mitteldeutschlands sicherzustellen und, was 1815 unerreichbar geblieben sei, demnächst mit dem verbündeten Nord= und Mitteldeutschland ein Bundesstaat zu gründen. Die Regelung der Verhältnisse der Staaten südlich vom Main, mit welchen Preußen im Kriege begriffen sei, könne ohne Gefahr der Folgezeit vorbehalten bleiben.
- Der preußische General v. Steinmetz, Commandirender des 5. Armeecorps, hat vom Könige die höchste Auszeichnung, den Schwarzen Adlerorden erhalten.
- Benedek äußerte: "Ich habe es dem Kaiser anheim gegeben, mich an die Spitze einer Compagnie, eines Regiments oder eines Corps zu stellen, und ich hoffe jedenfalls in die Lage zu kommen, noch einmal voll und ganz meine Pflicht zu thun." - Er hat ein Corps bekommen.
- Die Wiener haben 80 preußische Spione gefangen, d. h. solche Leute, die sie dafür halten.
- Den preußischen Heeren in Böhmen und Mähren werden große Heerden Ochsen zugetrieben. Das Vieh wird von Bauern getrieben und diese wieder von Soldaten mit Zündnadelgewehren und von Husaren mit dem Säbel. Den Ochsen werden die Mäntel um den starken Hals und den stärksten die Tornister zwischen die Hörner gehängt. Für einzelne Wanderer oder kleinere Züge ist's jetzt geradezu in Böhmen lebensgefährlich, denn die Czechen sind furchtbar erbittert und schlagen die Einzelnen auf der Landstraße todt.
- Die schleswig=holsteinische Ritterschaft tritt am 7. August zusammen zum Behuf der Berathung einer Adresse an den König von Preußen.
- Berliner Häuser (M. Schlesinger) machen große Geschäfte mit gefütterten Panzerhemden zu 12 Thlr. Der Panzer besteht aus 12,000 einzelnen kleinen Ringen von galvanisch=verkupfertem Eisen. Sie sollen sehr leicht und bequem zu tragen sein.
- Prinz Friedrich Carl hat nicht nur die Oesterreicher, sondern sogar die Schriftgelehrten aus dem Felde geschlagen. In einem Armeebefehle citirte er die Bibelstelle: "Lasset unsere Herzen zu Gott schlagen und unsere Fäuste auf den Feind." Das steht nicht in der Bibel, sagten die Schriftgelehrten, aber es steht doch d'rin, nämlich 2. Maccabäer 15, 26, 27, wo von Judas dem Maccabäer und den Seinigen gesagt wird: "Mit den Händen schlugen sie, mit dem Herzen aber schrieen sie zu Gott."
- Auch die Darmstädter erfahren jetzt, was Requiriren heißt. Sie müssen den Preußen liefern: 60 Ochsen, 16 Centner Leder, 150 Ellen Tuch, 60,000 Pfund Brod, 60 Centner Reis, 150 Ctr. Hülsenfrüchte, 15 Ctr. Salz, 10 Ctr. gebrannten Kaffee, 30,000 Quart Bier, 2000 Flaschen feinen Wein, 1000 Ctr. Hafer, 400 Ctr. Heu; außerdem eine Contribution von 6 1/2 Millionen Gulden. Die Offenbacher haben 8000 Maß Wein, 25 Ctr. Caffee, 35 Ochsen und mehrere 1000 Ctr. Hafer und Heu zu liefern.
- Ein preußischer Soldat schreibt aus Böhmen: "Vor der sächsischen Armee, namentlich der Artillerie, muß man den Hut abziehen. Sie haben ganz prachtvoll geschossen und den Preußen mehr als die Oesterreicher geschadet. Die Infanterie hat an einer Stelle so wüthend gefochten, daß das 35. Regiment dem 48. zu Hülfe kommen mußte." So die Sachen! Und wie haben die Bayern, die Hannoveraner, die Därmstädter etc. gefochten, aber Deutsche gegen Deutsche! - Und wenn die Welt voll Teufel wär' - wir brauchten uns nicht zu fürchten, wenn wir einig wären und gut geführt.
- Die Franzosen geben den Preußen durch die Blume zu verstehen, sie möchten sich eilen, mit ihrem Zündnadelgewehr so viel zu erreichen als möglich; denn bald werden die Zündnadel von einem französischen Gewehr abgelöst werden, das viel mächtiger sei. Das sei das elektrische Gewehr eines Franzosen Bazain. Das Ding sei nur mit elektrischer Luft geladen und habe weder Hahn noch Drücker, weder Wind noch Regen schadeten ihm. Mit diesem Gewehr werde Frankreich seinen Beruf erfüllen, an der Spitze der Bildung einherzuschreiten durch alle Länder. Gesehen aber hat's noch Niemand, daher sagen die Berliner: bange machen gilt nicht!
- "Die Welt geht unter!" rief Antonelli, des Papstes Minister, als er Oesterreichs Niederlagen und die Abtretung Venetiens erfuhr.
- Damit nicht ungeladene Gäste seinen Johannisberger trinken, hat Fürst Metternich den Johannisberg an die Kaiserin Eugenie abgetreten, aber nur für ein Jahr oder so etwas, sagt man.
- In Wien kam jüngst ein Brief an mit der Adresse: "An Se. Majestät den Kaiser von Oesterreich" und mit dem Poststempel "Manchester". Er enthielt ein Pergamentblatt, auf welchem in hebräischer Sprache die Worte standen: "Verzage nicht! Denn dich schützt Gott und dein ist das Recht."
- Die Verwundeten von Kissingen, die über Meiningen nach Coburg und Bochum in Westphalen befördert wurden, haben in Meiningen warme Theilnahme und Unterstützung gefunden. Es waren meist Preußen, da die Bayern in's eigene Land gebracht wurden. Ein Comite von Frauen und Männern, das sich rasch gebildet hatte, vertheilte geeignete Erfrischungen an Wein, Limonade, Obst und namentlich warme Suppe, die Wartsäle des Bahnhofes waren durch Matratzen und Decken der Militärverwaltung zu bequemen Lagern hergerichtet, auf welchen die Ermatteten bald in erquickenden Schlummer fielen. Der Herzog von Meiningen hatte Getränke, Cigarren und Erfrischungen aller Art in Fülle gesendet.
- Auch einige Engländer, die in Kissingen als Badegäste wohnten, fanden den Kampf sehr ungemüthlich. Bayerische Soldaten hatten sich in das Erdgeschoß ihres Gasthofes geworfen und vertheidigten sich mit Säbel und Kolben gegen die eindringenden Preußen; es gab einen Höllenlärm und ein furchtbares Handgemeng. Die Engländer im oberen Gang fürchteten jeden Augenblick, die Bayern würden die Treppen hinauf flüchten; sie fielen aber unten alle tapfer kämpfend und die heraufstürmenden Preußen benahmen sich gegen die Engländer sehr schonend.
- Seit dem Auftreten der Cholera erhalten die Soldaten in Königsberg täglich 11 Pfennige Tabaks=Zulage.
[ => Original lesen: 1866 Nr. 61 Seite 3]- Zweimal wurde es vergeblich versucht, Amerika mit Europa telegraphisch zu verbinden; der dritte Versuch, das schwierige Werk zu vollenden, ist jetzt gelungen. Seit dem 27. Abends 9 Uhr ist die telegraphische Verbindung beider Erdtheile durch den Great Eastern hergestellt. Die Leitung arbeitet sicher und gut und wird wahrscheinlich am 31. Juli dem Verkehr übergeben. Eine Depesche zwischen London und Newyork wird 35 Thlr. kosten.
- In Drammen in Norwegen hat eine Feuersbrunst den Geschäftstheil der Stadt und die öffentlichen Gebäude in Asche gelegt.
- Aus dem bayerischen Hauptquartier wird ein hübsches Soldatenstücklein des Hauptmanns Fleschütz mitgetheilt. Er wurde am 11. Juli mit einem Chevauxlegers=Unteroffizier, zwei Trompetern und einem Gemeinen von Würzburg zum Recognosciren ausgeschickt. Bei Sömmersdorf erfuhr er, daß ein preußisches Regiment den Ort so eben verlasse, um nach Hammelburg zu marschiren; er verbarg sich, bis ihm der Ort ganz geräumt schien und zog dann in denselben ein. Plötzlich sieht er, daß noch etwa 16 Preußen zurückgeblieben waren, ließ diese sogleich umringen, die beiden Trompeter von verschiedenen Seiten zum Angriff blasen, während er selbst und die beiden übrigen Chevauxlegers ihre Pistolen abfeuerten. Die Preußen glaubten überfallen zu sein, flohen zum Theil, während sieben die Waffen streckten.
- In Brünn interessirte die Preußen vor Allem der berüchtigte Spielberg, in dessen düsteren Kerkermauern so viele politische Gefangene gesessen haben, bis er vor einigen Jahren in eine Kaserne und seine dicken Wälle und Bastionen in Promenaden umgewandelt wurden. Auch Prinz Friedrich Carl hielt den Spielberg eines Besuches werth. Im tiefsten Dunkel saßen hier die Gefangenen an die Wand geschmiedet und erhielten Speise und Trank von oben herab durch eine Fallthür. Nie soll, wer einmal dort unten war, wieder das Tageslicht erblickt haben; die längste Zeit waren achtzehn Monate, die einmal ein Gefangener darin aushielt. In den oberen Räumen befindet sich die Zelle, in welcher der preußische Oberst v. Trenck saß. Ein preußischer Offizier wollte sich gar nicht beruhigen, daß man hier jemals Menschen gefangen gehalten habe. "Mag es gewesen sein, wann es will," rief er mehrmals aus, "an dieses Gebäude müßten 1000 Centner preußisches Pulver verwandt werden, um es in die Luft zu sprengen."
- Zehn ungarische Husaren kamen bei einem der letzten Gefechte so in's Gedränge, daß sie umringt wurden und sich unmöglich durchhauen konnten. Sie stiegen daher von ihren Pferden, küßten sie noch einmal mit großer Zärtlichkeit und erstachen sie mit den Worten: "Preuß soll nit ungarisches Pferd reiten!" Dann gaben sie sich gefangen.
- Eine in der Grimma'schen Straße zu Leipzig wohnhafte arme Wittwe mit vier unerzogenen Kindern hatte sich seither durch Vermiethungen genährt und deßhalb ein größeres Logis um 100 Thlr. gemiethet. Auch sie bekam einen Mann Einquartierung auf einen Tag. Sie bereitete ihrem Soldaten zum Mittagbrod einen Leckerbissen, bestehend aus Kartoffelmus und Bratwurst, während sie und ihre Kinder das Kartoffelmus ohne Wurst aßen. Der Soldat bemerkte dies und benutzte eine augenblickliche Abwesenheit der Mutter, um seine Wurst unter die vier Kinder zu vertheilen, welchen sie vortrefflich schmeckte. Die zurückkehrende Mutter sah das und ward im höchsten Grade unwillig. Allein der biedere Landwehrmann beruhigte sie mit der Bemerkung, daß er eine gleiche Anzahl Kinder habe. Nach dem Abmarsche des Soldaten erschien bei der Wittwe ein Packträger und brachte ihr verschiedene Paquete mit Caffee, Zucker etc. und einen Gruß von ihrer Einquartierung.
- Ein Patriot in Wien, dem die vom Zündnadelgewehr angedichteten Verheerungen sehr viel Studium verursacht zu haben scheinen, richtete an den Bürgermeister eine Zuschrift, in welcher er ein radikales Mittel gegen die Wirkung des Zündnadel=Gewehres empfiehlt und in vollem Ernste bittet, diesen seinen Vorschlag höheren Orts zur Genehmigung vorzulegen. Das wirksamste Mittel, so meint der Patriot, wären Säcke, die mit Stroh, Heu oder Hadern gefüllt, von Civilisten oder auch Weibern gewissermaßen als Kugelfänger einer anstürmenden Truppe vorgetragen werden sollen, bis der Angriff mit dem Bajonnet stattfinden könne. Wie und wohin sich aber diese modernsten Kugelfänger retiriren sollen, wenn der Bajonnetangriff wirklich erfolgt, das hat der Erfinder dieser ganz neuen Art von Kriegführung vergessen in Vorschlag zu bringen, ebenso erwähnt er nicht, ob sie auch Kanonenkugeln und Shrapnels aufzufangen hätten. Auch die Cavallerie, meint der Antragsteller, könnte in ähnlicher Weise gedeckt werden, wenn die Säcke auf Lanzen von den ersten Gliedern getragen würden. Wirklich ein heiteres Bild in tiefernster Zeit!
- Den verschiedenen zwischen Newyork und Europa fahrenden Dampfern, namentlich denen der zwei deutschen Linien, hat der Ausbruch des Krieges einen gewaltigen Strich durch die Rechnung gemacht. Während es im Frühjahr den Anschein hatte, als ob auch während des Sommers die Zahl der Dampfer dem Andrang von Passagieren nicht genügen werde, ist die Reiselust jetzt so stark abgefallen, daß selbst die Kajüten nicht mehr voll werden und da auch Frachtgut gänzlich fehlt, dürften die deutschen Dampfer statt der bisherigen wöchentlichen sehr bald auf vierzehntägige Fahrten zurückgehen.
- Eine seltsame Wette wird aus Portsmouth in Nordamerika berichtet. Ein junger Mensch hat 500 Dollar gewettet, hundert englische Meilen in eben so vielen Stunden abzulaufen, ohne während der Zeit zu schlafen. Zu Ende der ersten 24 Stunden war er sehr müde und verspürte einen größern Hang zum Schlafen, als später; er überwand ihn jedoch um den Preis eines heftigen Kopfschmerzes auch für die drei übrigen Tage. An diesen Tagen war er so aufgeregt (wahrscheinlich durch den starken Thee, der sein einziges Getränk bildete), daß er ohne Gefahr, einzuschlummern, sich niedersetzen konnte. Am dritten Tage stolperte er öfter aus Müdigkeit und Schwäche. Am vierten war er so schwach, daß man ihn unterstützen mußte, wenn er die stündliche Runde ging, und mehrmals fiel er in Ohnmacht. Als er sich zum hundertsten Male durch die Bahn geschleppt hatte, brachte man ihn in's Bett, fand es aber nöthig, ihn jede Stunde zu wecken und mußte ihn - in solcher Aufregung war sein Nervensystem - zu Zeiten im Bette festhalten. Wieder einigermaßen zu sich gekommen, erklärte er, daß keine Summe ihn bewegen könne, das Kunststück noch einmal zu verrichten. In Baltimore ist es von einem Menschen versucht worden, der in der 97. Stunde starb.
Für die verwundeten preußischen Krieger sind zur Verwendung des Central=Comite's in Berlin ferner bei mir eingegangen: Aus einer Versammlung regulirter Hauswirthe des Fürstenthums 27 Thlr. 16 Sch., wozu nachträglich noch hinzugekommen 1 Thlr.; ein vom Herrn Lehrer Warncke übermittelter Rest der im Jahre 1850 veranstalteten Sammlung für die deutsche Flotte im Betrage von 29 Thlr. 6 3/4 Sch.; aus Blüssen 3 Thlr.; aus Schönberg 1 Thlr.; aus Gr. Rünz 2 Thlr.; aus Demern 3 Thlr. 24 Sch.; aus Zarnewenz zwei Bettlaken und ein Paquet alter Leinwand. Von vorstehenden Gaben sind zur speciellen Verwendung durch Fritz Reuter für die Verwundeten in Thüringen bestimmt 6 Thlr. 24 Sch., somit abgeliefert an das Central=Comite 60 Thlr. 22 3/4 Sch.
Schönberg den 30. Juli 1866.
Dr. Marung.
Anzeigen.
Decretum praeclusivum.
Wider alle Diejenigen, welche sich mit ihren Forderungen und Ansprüchen an die Hinterlassenschaft der verstorbenen Zollverwalterin Penicke im gestrigen Professions=Termine nicht gemeldet haben, ist unterm heutigen Tage die Präclusion erkannt.
Ratzeburg, 27. Juli 1866.
Königlich, Herzoglicher Stadtcommissarius, Bürgermeister und Rath.
(L. S.) In fidem
Richter, Stadtsecretair.
[ => Original lesen: 1866 Nr. 61 Seite 4]Auf Antrag Dris. W. Brehmer für den Bauervogt Hans Hinrich Jochim Ehlers zu Behlendorf, den Schmied Johann Christian Gottlieb Kammerhoff zu Behlendorf, den Erbpächter Johann Friedrich Thomas Klempau zu Cronsforde, den Vollhufner Johann Heinrich Friedrich Wegner zu Giesensdorf, den Vollhufner Friedrich Wulff zu Giesensdorf, den Viertelhufner Hans Heinrich Langhans zu Giesensdorf, den Insten Johann Hinrich Christian Burmester zu Giesensdorf, den Schuhmacher Johann Heinrich Friedrich Schütt zu Giesensdorf, Anna Magdalena Elisabeth geb. Wulff, verwittwete Prösch, jetzt des Bauernvogts Johann Hinrich Christoph Stooss zu Harmsdorf Ehefrau cum cur. mar., den Vollhufner Johann August Heinrich Koop zu Harmsdorf, den Vollhufner Johann Hinrich Kahl zu Harmsdorf, den Vollhufner Johann Heinrich Franz Mahncke zu Harmsdorf, den Vollhufner Johann Heinrich Hans Meyer zu Harmsdorf, den Vollhufner Johann Heinrich August Wulff zu Harmsdorf, den Halbhufner Hans Heinrich Franz Mahncke, zu Harmsdorf, den Dreiviertelhufner Franz Jochim Heinrich Kemp zu Hollenbeck, Maria Elise Sophia Mahncke, per tut. partrem Vollhufner Johann Heinrich Franz Mahncke zu Harmsdorf und den Insten Nicolaus Hinrich Thomas Lessau zu Hollenbeck, werden hiedurch alle diejenigen, welche an die den genannten Imploranten gehörigen Stellen oder an eine derselben, oder an die auf denselben befindlichen Gebäude dingliche Ansprüche zu haben und der Eintragung der auf dem Hypothekenbuchfolium der ganzen Stellen, einschließlich der Gebäude, als erste Schuld zu protocollirenden gutsherrlichen Abgaben, der Forderung des Senator Dr. Heinrich Brehmer von 200 , Michaeli mit 5 % an die Halbhufe der Maria Elise Sophia, Mahncke in Hollenbeck, sowie der Forderungen des Bauervogts Diestel in Schmielau von 600 N 2/3, Michaelis à 3 %, 300 Ct. Michaelis à 3 % und 100 Ct., Michaelis à 3 % an die Vollhufe des Johann Heinrich Hans Meyer in Harmsdorf, widersprechen zu können vermeinen, aufgefordert und schuldig erkannt, solche Ansprüche und resp. Widersprüche binnen doppelter Sächsischer Frist vom Tage des erlassenen Proclams an, also spätestens bis zum 30. August d. Js. im hiesigen Gerichte ordnungsmäßig geltend zu machen (Auswärtige unter Bestellung eines Bevollmächtigten) und zwar unter dem Rechtsnachtheile, daß sie widrigenfalls damit ausgeschlossen werden sollen und auf die für die gedachten einzelnen Stellen zu eröffnenden Hypothekenbuchfolien der Imploranten die gutsherrlichen Abgaben als erste Schuld und nach derselben auf der Halbhufe der Maria Elise Sophia Mahncke zu Hollenbeck die Forderung des Senator Dr. Heinrich Brehmer von 200 , Michaelis mit 5 % und auf der Vollhufe des Johann Heinrich Hans Meyer in Harmsdorf die Forderungen des Bauervogts Diestel in Schmielau von 600 N 2/3, Michaelis à 3 %, 300 Ct., Michaelis à 3 %, und 100 Ct., Michaelis à 3 %, eingetragen werden sollen.
Lübeck den 1. Juni 1866.
Das Stadt= und Landgericht.
Zur Beglaubigung W. Gädeke Dr.
Gegen die Leiden der Harnorgane.
Telegraphen=Station. Eis.=B.=Stat. Wabern bei Cassel.
Bad Wildungen.
in gesunder, romantischer Gegend, fern vom Kriegsschauplatze, und jetzt wieder von allen Richtungen ab per Bahn zu erreichen.
Die berühmten Mineralwasser mit specifischen Heilkräften gegen Stein, Gries, Blasencatarrh, Blasenkrampf etc., gegen Krankheiten der Geschlechtsorgane, fehlerhafte Menstruation, Bleichsucht, Impotenz, Sterilität etc., Hämorrhoiden, Melancholie etc., werden zu jeder Jahreszeit in Flaschen versendet. Der erhabene Stempel an der Flasche und das Brandzeichen unter dem Kork - "Wildunger Wasser" - garantiren deren Aechtheit.
Die eisenhaltigen, an Kohlensäure stärksten Bäder sind sehr nervenstärkend. Saison vom 7. Mai bis Ende September. Logis=Preise im Badelogirhause, und in dem am Brunnen gelegenen, mit vollständig neuem Inventar nur als Logirhaus von der Gesellschaft verwalteten "Europäischen Hofe" während Vor= und Nachkur billiger. Hauptkur vom 1. Juli bis 20. August. - Wegen Bestellungen von Wasser und Logis, sowie wegen jeder anderen das Etablissement betreffenden Auskunft wolle man sich wenden an die Brunnen-Inspection Bad Wildungen.
Vermischte Anzeigen.
Erntehandschuhe sind stets zu haben bei Emil Jannicke, Handschuhmacher.
Schönberg.
Am Sonntag den 5. August, von Nachmittags 6 Uhr an
Harmonie-Musik
in meinem Garten.
Entrée à Person 4 Schillinge. Kinder die Hälfte.
Hiezu ladet freundlichst ein
Boye, Gastwirthin.
Eisenwaaren,
als: alle emaill. Kochgeschirre, gußeiserne Ofenthüren, Ofenrohre, Rosten, Dachfenstern, Schornsteinschieber, gläserne Dachpfannen, gewöhnliche Heiz= und Aschthüren. Sämmtliche Waaren sind aus einer größten Fabriken Deutschlands bezogen, daher es mir möglich ist, die Preise billigst zu stellen.
C. Schwedt.
Apotheker Bergmann's Theerseife, wirksames Mittel gegen alle Arten Hautunreinigkeiten, empfiehlt à Stück 8 J. F. Eckmann.
Meteorologische Beobachtungen. |
1866 Juli |
Barometer |
|
Wärme |
|
Wind |
Stärke |
|
Paris. Lin. 300 + |
niedrigste °R. |
höchste °R. |
|
|
|
|
27. 28. 29. 30. |
34.65 33.92 32.70 32.54 |
10.3 7.6 7.2 8.8 |
14.4 16.6 17.3 17.4 |
WNW NW N NO |
1 1 0 1 |
trübe. wolkig. zieml. heiter. heiter. |
Markt=Preise in Lübeck. |
Butter, Meckl. d. | 13 - 13 1/2 . |
Holst. d. | 14 - 14 1/2 . |
Enten, d. St. | - - . |
Hühner, d. St. | 12 - 16 . |
Küken d. St. | 8 - 10 . |
Tauben, d. St. | 4 - 5 . |
Schinken, d. | 7 1/2 - 8 . |
Schweinskopf, d. | 4 1/2 - 5 . |
Wurst d. | 9 - 10 . |
Eier 8 St. für | 4 . |
Kartoffeln, d. Faß | 5 - 6 . |
Hambg. Blumenkohl d. Kopf | 3 - 5 . |
Hambg. Kirschen d. | 2 - 3 - |
Getreide=Preise in Lübeck. (per Sack in Lüb. Crt.) |
Weitzen | 18 - 19 | | 8 | |
Roggen | 13 - 13 | | 8 | |
Gerste | 11 - 12 | | 4 | |
Hafer | 10 1/2 - 11 | | 4 | |
Erbsen | 14 - 16 | | - | |
Wicken | - | | - | |
Buchweizen | 11 - 12 | | - | |
W.=Rapsaat | 19 1/2 - 20 | | 4 | |
Wint.=Rübsen | 18 1/2 - 19 | | 4 | |
Schlagleinsaat | 18 - 19 | | - | |
Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.
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