[ => Original lesen: 1866 Nr. 11 Seite 1] - Die preußischen Abgeordneten glaubten bisher, in den Kammern könne man reden, was man wolle, ohne deshalb zur Verantwortung gezogen zu werden. Das Plenum des Obertribunals hat sie jedoch eines Besseren belehrt und erklärt, die Abgeordneten Twesten und Frentzel könnten sehr wohl wegen ihrer vorigjährigen Kammerreden vor die Gerichte gestellt werden. Dieser Ausspruch des höchsten Gerichtshofes macht in Preußen und anderswo das größte Aufsehen.
- Die Politiker sehen mit Spannung auf die bedenkliche Lage Napoleons. Sie sind sehr besorgt, ob er wohl in Amerika rechtzeitig einlenken werde. ehe ein tückischer Zufall drüben ihn zum Kriege zwingen wird. Die Volkswogen gehen in Amerika und in Frankreich ziemlich hoch. Freilich ist Napoleon ein guter Reiter und hat seinen Franzosen Zaum und Gebiß angelegt, aber sie reißen ungeduldig an dem Zügel. In Amerika losschlagen und nachgeben, Jedes hat seine Gefahr.
- An der Spitze derer, die Krieg mit Frankreich und Mexiko wollen, steht General Grant. Der sonst so schweigsame Feldherr wird Feuer und Flamme, wenn die Rede auf Mexiko kommt, und macht nicht den mindesten Hehl aus seinen Ansichten. Einmal müsse es da unten doch zum Kriege kommen, meint er, und je eher, desto besser! Es seien noch über 150,000 Mann unter den Waffen, altgediente und erpropte Truppen, die all gern einen Spaziergang nach Mexiko machten und schnell alles reinfegen würden. Er, der General, mache sich anheischig, den ganzen "Job" in 6 Monaten zu besorgen. Jetzt sei er halb so theuer, als er später zu stehen komme. Ehe nur ein französisches Corps nach Mexiko kommen würde, sei die ganze Arbeit gethan, und "an eine Landung französischer Regimenter sei bei dem ausgezeichneten Stande der Flotte gar nicht zu denken." Diese Grant'schen Aeußerungen sind im Ganzen der Ausdruck der Massen, die jetzt an verschiedenen Orten der Union große Meetings zur Aufrechthaltung der Monroe=Doctrin halten.
- Der König von Preußen hat zu dem Kaiser Napoleon durch die Blume gesprochen. Als vor ein paar Tagen sein Botschafter in Paris einen Ball gab, telegraphirte er ihm um Mitternacht den Befehl, der Kaiserin Eugenie in seinem Namen einen Blumenstrauß zu überreichen. Der Kaiser, der vorher sehr abgespannt und finster aussah, nahm diese Artigkeit sehr freundlich auf.
- In der jüngsten und wahrscheinlich letzten Revolution in Polen haben alle Parteien, namentlich aber der polnische Adel und die katholische Geistlichkeit an Geld, Ansehen und Einfluß ungeheuer verloren; die Einzigen, die an allem gewonnen haben sind die Juden, die übrigens nie zu kurz kommen.
- Rußland hat bedeutende Lieferungen von Maschinen bei einer Maschinenfabrik in Wien abgeschlossen. Die Maschinenfabriken in England, Frankreich, Belgien und Deutschland sind nämlich so vollauf beschäftigt, daß sie keine Bestellungen mehr übernehmen können, und sah sich die russische Regierung genöthigt, sich nach Wien zu wenden. Es handelt sich um die Lieferung von nicht weniger als 92 Locomotiven, nebst Tendern, Kohlenwagen und dergleichen, die zusammen eine Summe von Millionen repräsentiren.
- In dem Tagebuche eines verstorbenen Mecklenburgischen Bauern steht aufgeschrieben, daß der Winter 1796 ein ebenso milder gewesen sei. Die Wärme wäre so bedeutend gewesen, daß der betreffende Bauersmann am 6. Februar auf einer von ihm bewässerten Wiese einen Schiebkarren voll frischen Grases abgemäht und gefüttert habe. Derselbe bemerkt jedoch, daß das Vieh es nicht so gerne hätte fressen mögen, wie im Frühling oder Sommer gemähtes. Ein paar Tage darauf wäre es jedoch zugewintert und nicht wieder aufgetaut bis Ende April.
- Man schreibt aus Süddeutschland: Die vielseitig auftauchende Befürchtung, die anhaltende gelinde Witterung könne den Saaten in ihrer späteren Entwickelung nachtheilig werden, scheint nach früheren Erfahrungen kaum gerechtfertigt zu sein; den gelinden Wintern folgen meistens gute Ernten. In hiesigen Gegenden ist der Feldstand vielversprechend und eine Ueberholung im Wachsthum nicht zu bemerken.
- Es fehlt leider nicht an Beispielen, daß Kinder jede Pflicht der Dankbarkeit gegen ihre Eltern unterlassen, sobald sie deren Vermögen erst in ihrer Gewalt haben. Zur Beachtung für solche Gutsübergeber hat die Stadt Güterbogk ein sogenanntes Wahrzeichen. An jedem der drei hölzernen Thore hängt eine große hölzerne Keule nebst einer Tafel, worauf geschrieben steht:
Wer seinen Kindern giebt das Brod
Und leidet darnach selbsten Noth,
Den schlag man mit der Keule todt.
Dieser Mahnruf dürfte für Manchen, wenn so etwas schwarz auf weiß in der Anzeige steht, von praktischem Nutzen sein.
- Im stürmischen Januar dieses Jahres sind an der englischen Küste 400 Schiffbrüche vorgekommen, eine so große Anzahl, wie sie seit 1838 nicht wieder erlebt worden ist.
- In Harburg ist der jüdische Buchhändler Elkan zum Christenthum übergetreten und hat in einer evangelischen Kirche zu Hamburg die heilige Taufe empfangen.
- In Paris bildet eine große Landsknechtpartie, die in einem Klub gespielt wurde, das Tagesgespräch. Sie begann Sonntags um 11 Uhr und endete Montags Abends um 7 Uhr. Ungeheuere
[ => Original lesen: 1866 Nr. 11 Seite 2]Summen wurden verloren und gewonnen. Ein Russe soll 170,000, ein Engländer 75,000 und ein Franzose 50,000 Fr. verloren haben. Mehrere gewannen 40-80,000 Fr.
- Am 31. Januar starb auf seinem Gute Neuses bei Coburg der Dichter Friedrich Rückert, von dessen Gedichten jeder Schulknabe zu erzählen weiß. Rückert wurde am 16. Mai 1780 zu Schweinfurt geboren.
- Auf den Bauernhöfen bei Elberfeld hat man bereits Staare bemerkt.
- Auf den Postämtern in Zürich und Bern in der Schweiz hat man Briefmarder entdeckt, die wie die Hamster Werthbriefe etc. massenhaft in ihre Diebshöhlen "absentirt" haben.
- In Hannover ist in diesen Tagen eine höchst interessante Entdeckung zur Trichinenfrage auf folgende Weise gemacht worden: Die acht trichinösen Schweine, welche durch die Polizeidirection daselbst entdeckt worden sind, kommen je drei auf dieselben Schlächter, und außerdem hat man bei zwei anderen Schlächtern je eins entdeckt. Diese Erscheinung begründete die Vermuthung, daß die Infection der daselbst vorgekommenen Schweine in den von den Trichinen inficirten Stallungen der betreffenden Schlächter erfolgt sei, und die Polizeidirection ließ auf Anrathen des Professors Gerlach aus dem Stalle des Schlächters, bei welchem man das kürzlich entdeckte, stark inficirte trichinöse Schwein gefunden hatte, einige Ratten in der Vermuthung einfangen, daß durch diese ab und zu vom Schwein gefressenen Thiere die Trichineninfection auf das Schwein in dem sonst sorgfältig gereinigten Stalle übertragen sein könne. Die gefangenen Ratten wurden sodann dem Professor Gerlach zur Untersuchung übersandt und dieser hat sein Gutachten dahin abgegeben, daß die Ratten ganz voll von alten Muskeltrichinen sitzen, daß das zuletzt bei dem fraglichen Schlächter entdeckte trichinöse Schwein mit jüngeren Muskeltrichinen von etwa 6 bis 8 Wochen behaftet gewesen sei, und daß, wenn zu constatiren wäre, daß jenes Schwein eine Zeit von 6 bis 8 Wochen in dem Stalle gefüttert worden, in welchem man die Ratten eingefangen hat, die Inficirung des Schweines durch die Ratten im Stalle des betreffenden Schlächters als nachgewiesen zu betrachten sei. Da nun das fragliche Schwein, wie der betreffende Schlächter nach längerem Läugnen auf wiederholtes Andringen des Polizeidirectoren bereits kurz nach der Entdeckung des trichinösen Schweines dem betreffenden Polizeibeamten eingestanden hat, etwa 10 Wochen lang vor dem Abschlachten in dem Stalle gefüttert worden ist, aus welchem die als trichinös erkannten Ratten eingefangen sind, so ist es nach dem Gutachten des Professors Gerlach nicht mehr zweifelhaft, daß die Infection des Schweines durch Ratten im Stalle erfolgt ist. In Folge dieser Entdeckung wird die K. Polizei=Direction dafür Sorge tragen, daß aus den Ställen aller der Schlächter, bei welchen ein trichinöses Schwein entdeckt ist, die Ratten und Mäuse weggefangen und verbrannt oder auf sonstige sichere Weise vernichtet werden.
Der Mönch. Aus den Erzählungen eines alten Herrn. [Erzählung] (Fortsetzung.)
[ => Original lesen: 1866 Nr. 11 Seite 3]Der Mönch. Aus den Erzählungen eines alten Herrn. [Erzählung] [Fortsetzung.]
Anzeigen.
Verpachtung von Land zum Kartoffelbau.
Am Sonnabend, den 10. Februar, sollen 38 Parcellen von 50 bis 100 []Ruthen zum zweijährigen Kartoffelbau in den Hohenmeiler Tannen meistbietend verpachtet werden und wollen sich Pachtliebhaber Morgens 10 Uhr beim Hohenmeiler Forstgehöfte einfinden.
Schönberg, den 1. Februar 1866.
Dankwarth.
Der Büdner Wulf zu Vitense beabsichtigt, seine dortige Büdnerei Nr. 3., welche einen Flächeninhalt von 1243 []Ruthen hat, worunter 442 []Ruthen sehr guter Wiesen, sofort unter der Hand zu verkaufen.
Unterschriebener ist bereit, etwanigen Kaufliebhabern nähere Auskunft zu ertheilen.
Rehna, den 31. Januar 1866.
W. Neumann.
Ein Krankenhaus für deutsche Arme in Paris
soll unter Präsidentschaft der Fürstin Metternich daselbst gegründet werden.
Zur Ausführung dieses schönen Werkes ist eine Lotterie von 200,000 Loosen mit 3000 werthvollen Gewinnen ausgeschrieben, worunter
1) ein Flügel von Erard in Paris, 7 Octaven, von Polisanderholz, Werth 4000 Fr.
2) Ein silbernes Theeservice von Odiot.
3) Ein Paar Porzellanvasen, Geschenk I. M. der Königin von Preußen.
4) Ein Damenschreibpult etc.
vorkommen. Die Ziehung ist schon am 16. Februar dieses J.
In Aufforderung einer General=Collecte habe ich übernommen, die Loose dem Publikum zu übermitteln. Das Loos kostet 16 Schillinge.
Schönberg den 1. Februar 1866.
C. Egert, Zimmermeister.
Zu Ostern suche ich einen Burschen in die Schneiderlehre.
Schönberg.
J. Lohse, Schneidermeister.
Die heftigsten Zahnschmerzen
beseitigen augenblicklich unfehlbar die berühmten
Tooth-Ache Drops.
Verkauf in Originalgläsern à 12 od. 7 1/2 Sgr. in Schönberg bei J. P. Bade.
Aehnliche Anzeigen beruhen auf Anmaßung und Fälschung.
Theerseife, wirksamstes Mittel gegen alle Arten Hautunreinigkeiten, empfiehlt à Stück 8 J. F. Eckmann.
[ => Original lesen: 1866 Nr. 11 Seite 4]Am Freitag, den 2. Febr. d. J., schon wiederum die erste Hauptgewinn 3. Classe 60 Braunschw. Lotterie
von 5000 Thlr. auf Nr. 7269 4/4
in meine vom Glücke begünstigte Collecte. Indem ich auf obiges Resultat hinweise, empfehle ich zu der
Am Mittwoch, den 14. Februar
beginnenden Ziehung der 7. und Haupt=Classe der 249sten
Hamburger Lotterie
Größter Gewinn event. 200,000 Mark
folgende Loose
Tabelle s. Originalseite.
Ganze Loose à 34 , Halbe à 17 , Viertel à 8 1/2 , Achtel à 4 1/4 . Mit Rimessen versehene oder durch Postvorschuß zu entnehmende Aufträge werden prompt und verschwiegen ausgeführt und sofort nach Entscheidung das Resultat meinen geehrten Interessenten franco überbracht.
A. Scharlach, Hamburg, Hahntrapp 3.
Concert in der Domkirche zu Ratzeburg
am Sonntag, den 11. Februar, Nachmittags 4 1/2 Uhr.
Das Programm folgt in der nächsten Nummer dieses Blattes.
Ein Gut in freundlicher, fruchtbarer Gegend, guten Boden, schönen u. guten Wiesen, ca. 8 1/2 Last groß, soll mit Aussaat und Inventar rasch und billig für 14,600 Thlr. pr. Crt. verkauft werden.
Näheres in der Exped. d. Bl.
Mein großer starker hellbrauner Hengst 4 Jahr alt, deckt fremde Stuten für 2 Thlr.
Hauswirth Holst in Sahmkow.
Gefunden: Auf der Lübecker Chaussee vor Schönberg ein Hut. Abzuholen beim Landreiter Kutzbach.
Eine Mutter sucht noch einen zweiten Säugling zum Stillen.
Wo? sagt die Exped. d. Bl.
Einen Burschen zur Erlernung der Schuhmacherei sucht zu Ostern Schuhmachermeister Lenschow.
Schönberg, v. d. Siemzerthore.
Englischen Portland Cement aus der Fabrik von Otto Trechmann, Hartlepool, in Originaltonnen und Packung unter Garantie.
Asphaltirte Dachpappe und Papier,
Asphaltröhren für Gas= und Wasserleitungen,
Patent=Dach=, Schiff=, Wand=Filz,
Zinkbleche von der schlesischen Actien=Gesellschaft empfiehlt zu billigen Preisen zur gefälligen Abnahme
Arnold Riesland, Lübeck, obere Johannisstraße Nr. 6., Joh.=Quart.
Brönner's Fleckenwasser
namentlich zum Waschen der Glacé=Handschuhe, in Gläsern à 10 und 4 und in Weinflaschen à . - ächt bei C. Sievers im Sattler Bohnhoff'schen Hause.
Bergmann's Zahnwolle zum augenblicklichen Stillen jeder Zahnschmerzen, empfiehlt à Hülse 4 J. F. Eckmann.
Backtafel für die Stadt Schönberg
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Schönberg, den 3. Februar 1866.
Bürgermeister und Rath.
Meteorologische Beobachtungen. |
1866 Febr. |
Barometer |
|
Wärme |
|
Wind |
Stärke |
|
Paris. Lin. 300 + |
niedrigste °R. |
höchste °R. |
|
|
|
|
2. 3. 4. 5. |
30.78 33.92 34.98 32.34 |
5.6 3.9 2.2 3.4 |
8.7 8.7 5.3 5.5 |
SW WSW W WNW |
1 3 2 2 |
trübe. wolkig. - - |
Am 2. u. 4. fielen 61 u. 62 Kubikz. Reg. auf 1 Qdrt.fuß.
Markt=Preise in Lübeck. (Nach Angabe des Marktvogtes.) |
Butter, Meckl. d. | 12 1/2 - 13 . |
Holst. d. | 13 1/2 - 14 . |
Hasen, d. St. | 32 - 44 . |
Enten, d. St. | 20 - 24 . |
Hühner, d. St. | 10 - 12 . |
Tauben, d. St. | 4 . |
Spickgans d. St. | 24 - 32 . |
Flickgans d. St. | 16 - 20 . |
Schinken, d. | 7 1/2 - 8 . |
Schweinskopf, d. Pf. | 4 1/2 - 5 . |
Wurst d. | 8 - 10 . |
Eier 5-6 St. für | 4 . |
Kartoffeln, d. Faß. | 4 - 5 . |
Karpfen d. | 10 - 12 . |
Getreide=Preise in Lübeck. (per Sack in Lüb. Crt.) |
Weitzen |
18 |
|
8 |
|
- |
20 |
|
4 |
|
Roggen |
14 |
|
4 |
|
- |
14 |
|
12 |
|
Gerste |
12 |
|
8 |
|
- |
13 |
|
4 |
|
Hafer |
11 |
|
- |
|
- |
12 |
|
- |
|
Erbsen |
|
|
15 |
|
- |
17 |
|
- |
|
Wicken |
|
|
16 |
|
- |
18 |
|
- |
|
Buchweizen |
|
|
13 |
|
- |
13 |
|
- |
|
Winter=Rapsaat |
|
|
- |
|
- |
- |
|
- | |
Rübsen. |
|
|
- |
|
- |
- |
|
- |
|
Schlagleinsaat |
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20 |
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- |
21 |
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- |
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Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.
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