No. 77
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 02. Oktober
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 77 Seite 1]

- Nach Abschluß der Marinemanöver sprach der Kaiser in einer Ordre an den kommandierenden Admiral seine besondere Anerkennung über die taktischen und strategischen Fortschritte der Marine, deren Grundlagen eine gute Basis für den Ernstfall abgeben, aus. Als Zeichen besonderer Anerkennung ist dem Admiral Frhrn. v. d. Goltz das Großkreuz des Rothen Adlerordens verliehen worden und auch sonst zahlreiche Ordensverleihungen erfolgt. Den Mannschaften ist die volle Zufriedenheit des Kaisers mit ihren Leistungen ausgesprochen worden.
- Nach einer Meldung aus Kiel gewann das Panzerschiff "Sachsen" durch beste Leistungen im Schießen der Schiffsartillerie den vom Kaiser gestifteten silbernen Aufsatz. - Die Schulschiffe Stosch" und "Moltke" fahren nach Westindien.
- Die Pürschfahrten des Kaisers in der Rominter Haide sind, wie die "Königsb. Hart.=Ztg." aus Theerbude meldet, bisher von guten Erfolgen gekrönt worden. Am 25. v. M. brachte er in der Szittkehmer Oberförsterei einen Vierzehnender zur Strecke und am nächsten Morgen einen Zwölfender. Das Geweih des erlegten Riesenhirsches besitzt eine ganz bedeutende Breite und Höhe, sowie auffallend schöne Enden. Am Abend darauf wurde noch im Nassawer Revier ein Zehnender vom Kaiser zur Strecke gebracht.
- Zur Renovation der Kilianskirche in Corbach hat der Kaiser der Gemeinde 40 000 Mark gespendet.
- Wie der deutsche "Reichsanzeiger" mittheilt, ist durch Allerhöchsten Erlaß vom 27. August d. J. genehmigt worden, daß in Verbindung mit dem Hauptgottesdienst am Sonntag, den 9. Dez. d. J., in den evangelischen Kirchen Preußens eine Feier zur Erinnerung an die dreihundertjährige Wiederkehr des Geburtstags Gustav Adolfs veranstaltet und daß in den von evangelischen Schülern besuchten höheren und niederen Schulen sowie Lehrer= und Lehrerinnen=Bildungsanstalten auf die Bedeutung dieses Gedenktages hingewiesen wird.
- König Alexander von Serbien wird seine Reise nach Pest und Berlin endgiltig am 13. Oktober antreten.
- Als Ergebniß der Untersuchung gegen den Kanzler Leist theilt der "Hamb. Corr." mit, daß dessen Verhalten sich "durchaus nicht als tadellos herausgestellt habe, andererseits seien die Hauptpunkte der Beschuldigungen erfunden oder stark übertrieben. Das schlimmste sei die Verwendung von "Pfandweibern" während ihrer Haft zu Belustigungen und Tänzen. Trotzdem sei an eine Weiterverwendung Leists nicht zu denken. Die Frage, ob die Verhandlung in Potsdam geheim gehalten werden soll, ist noch offen.
- Erkundigungen an wohlunterrichteter Stelle bestätigen, daß der Kaiser von Rußland in Bjelowesh einen Schlaganfall gehabt hat. Der Kaiser erkrankte darauf ernstlich. Professor Sacharjin wollte die alsbaldige Uebersiedelung nach Livadia, aber der Kaiser, der sich wohler fühlte, wollte sich den Anordnungen des Arztes nicht fügen und bestand auf den Aufenthalt in Spala. Bei der Ankunft dort fühlte er sich aber so schwach, daß man ihn ins Stationsgebäude tragen mußte. Wenige Tage nach der Ankunft hatte der Kaiser einen leichteren Nervenzufall. Die Hofärzte behaupten, alle Symptome der Zuckerkrankheit festgestellt zu haben, was Sacharjin entschieden bestreitet. Die Reise des Großfürsten=Thronfolgers nach Darmstadt wurde, da momentan eine Gefahr nicht vorhanden ist, andererseits aber die Gesammtlage eine Beschleunigung der Hochzeit erwünscht erscheinen läßt, um vierzehn Tage früher gelegt. Der Thronfolger soll, wie bis jetzt bestimmt ist, seinen Eltern nach Livadia nachreisen. Ob die Hochzeit bereits in nächster Zeit stattfinden kann, erscheint zweifelhaft. Jedenfalls findet sie nicht vor der Rückkehr des russischen Kaiserpaares nach Petersburg statt.
- Nachdem die großen Manöver in Frankreich beendet sind, steht dort noch eine interessante militärische Probe bevor: Die vollständige Mobilisirung zweier Regimenter der Reservekavallerie für die Zeit vom 1. bis zum 15. Oktober. Dieser Versuch ist bisher noch niemals gemacht worden und ist daher von ganz besonderem Interesse. Während der 6 Tage, die der Mobilisierung vorangehen, sowie der 6 Tage, die der Entlassung der Soldaten folgen, wird die Militärbehörde in dem Gebiet der beiden Armeecorps, denen die in Betracht kommenden Regimenter angehören, mit dem unbedingten Recht der Requisition von Pferden ausgestattet sein. Der französische Kriegsminister hat soeben die beiden Regimenter bestimmt, die mobilisirt werden sollen, und zwar sind dies das 45. Dragonerregiment in Compiègne und das 61. reitende Jägerregiment in Limoges. Alle Officiere, Militärärzte u. s. w., die bei den beiden Regimentern functioniren sollen, sind für den 30. September einberufen, die Mannschaften und Unterofficiere werden den in den Jahren 1884, 1888 und 1889 ausgehobenen Classen angehören, mithin ausschließlich aus Reservisten bestehen. Das Commando übernehmen Oberstlieutenants der entsprechenden Regimenter der activen Armee. Für die Kosten dieser "Generalprobe" hat die Kammer einen Credit von 500 000 Franken bewilligt, der aber voraussichtlich nicht ausreichen wird.
- In der Bank von Frankreich in Paris ist am Montag gegen 5 Uhr nachmittags ein kühner Diebstahl verübt worden. Ein Angestellter des Hauses Hesse et fils, 70 Rue des Archives, wurde von seinen Chefs mit 10 500 Frks., bestehend aus verschiedenen Banknoten, zur Bank geschickt, um das Geld dort zu deponieren. Der Angestellte schloß das Geld in eine Brieftasche, die mit einer Feder und einem Schloß versehen war, und war im Bureau der Bank eben damit beschäftigt, seine Liste zu machen, während er die Brieftasche neben sich auf eine Holzbank niedergelegt hatte, als sich von einer Gruppe von 3 Herren, anscheinend Engländern, einer trennte, um ihn um eine Auskunft zu bitten. Während der Angestellte mit diesem Herrn sprach, schienen die beiden anderen ihre Unterhaltung fortzusetzen und sich um den ersteren nicht zu kümmern. Nach erteilter Auskunft entfernten sich die drei

[ => Original lesen: 1894 Nr. 77 Seite 2]

Herren, indes der Angestellte sich mit seiner Tasche zur Kasse begab. Wie groß war sein Erstaunen, als er aus dieser die Banknoten hervorziehen wollte, die Tasche aber leer vorfand! Um kein Aufsehen zu erregen, hatten die geriebenen Gauner die Billette herausgenommen, die Brieftasche aber liegen lassen.


Anzeigen.

Gestohlen aus einem Wohnhause zu Schlagsdorf ein Buch (neues Testament mit silberbeschlagenem Deckel) und ein Handtuch. Ich ersuche um Vigilanz und Benachrichtigung zu den Akten 133/94.
Schönberg i. Meckl., 29. September 1894.

Der Amtsanwalt.
A. Dufft.


Antragsmäßig soll über die zu Gr. Rünz sub Nr. III belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths Joachim Lüttjohann daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte au diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, hiermit aufgefordert, ihre dinglichen Rechte und Ansprüche in dem auf

Donnerstag, den 1. November 1894,
Vormittags 10 Uhr,

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte anstehenden Liquidations=Termin anzumelden, widrigenfalls sie, soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, mit ihren dinglichen Rechten und Ansprüchen sowohl gegen den jetzigen als auch gegen die zukünftigen Besitzer des Grundstücks präcludirt sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 13. August 1894.

Großherzogliches Amtsgericht
G. Horn.
                                                    W. Freitag.


Antragsmäßig soll über die zu Falkenhagen sub Nr. 1 belegene Büdnerei c. p. des Schmiedemeisters Heinrich Stenz daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Dienstag, den 27. November d. Js.,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Schönberg, den 11. September 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Nachdem der Müller F. Koch zu Redefin bei Hagenow, welcher durch den in beglaubigter Abschrift eingereichten Bestätigungsbrief des Großherzoglich Mecklenb. Kammer und Forst=Collegii zu Neustrelitz vom 1. Juli 1891 nachgewiesen, daß er die zur Baeck belegene Pfaffenmühle c. p. von dem Mühlenbesitzer Johannes Möller käuflich erworben habe, den Antrag auf Umschreibung des Besitztitels im Hypothekenbuch über das in Frage stehende Mühlengrundstück auf seinen Namen eingebracht hat, die nach § 27 sub 1 der Hypothekenordnung erforderliche Erklärung des bisherigen Besitzers aber nicht beigebracht werden kann, indem dieser inzwischen verstorben ist und seine Erben die Erbschaft ausgeschlagen haben, so werden antragsmäßig Alle und Jede, welche der in Frage stehenden Umschreibung widersprechen könnten und wollten, hiermit aufgefordert, ihren bezüglichen Widerspruch spätestens in dem auf

Montag, den 12. November d. Js.
Vormittags 10 Uhr

anstehenden Liquidationstermin mündlich oder schriftlich einzureichen unter dem Nachtheil, daß widrigenfalls dem Antrage des Müllers F. Koch auf Umschreibung des Besitztitels in dem Hypothekenbuch über die zur Baek belegene Pfaffenmühle c. p. stattgegeben und demselben das Besitztitel=Attest ausgefertigt werden soll
Schönberg, den 23. August 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Die Anweisung des Torfes zur ermäßigten Taxe an die zum Empfange berechtigten Einwohner der Stadt Schönberg findet am Donnerstag, den 4. October Morgens 10 Uhr auf dem Kuhlrader Moore statt.
Carlow, 23. Sept. 1894.

A. v. Linstow.


Die Anweisung des Torfes zur ermäßigten Taxe an die zum Empfange berechtigten Einwohner des Schlagsdorfer Bezirkes findet, soweit der Vorrath reicht, am Donnerstag, den 4. October Morgens 10 Uhr auf dem Kuhlrader Moore statt.
Carlow, 23. Sept. 1894.

A. v. Linstow.


Landes=Lehrer=Verein.

Zu der XII. Hauptversammlung des Meckl. Strel. Landes=Lehrer=Vereins, die hier am Dienstag den 2. Okt. im Boye'schen Saale stattfindet, werden alle Lehrer und Freunde der Schule hiermit ganz ergebenst eingeladen. Vorversammlung am 1. Okt. abends 8 Uhr.
Schönberg, Sept. 94.

                                                    Der Festausschuß.


Kriegerverein f. d. Fürstenth. Ratzeburg.
IV. Allgemeine Versammlung
am Sonntag den 7. Oktober cr. Nachmittags Uhr
im Vereinslocal.

                          Tagesordnung:
1) Besprechung wegen der Feier des Geburtstags Sr. K. H. des Großherzogs.
2) Bericht über die Sedanfeier.
3) Beschlußfassung über eine im Verein abzuhaltende diesjährige Weihnachtsfeier.
4) Wahl der Cassenrevisoren.
5) Sonstige Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


Möbelversicherungs-Verein im Fürstenthum Ratzeburg.

Anmeldungen zum Eintritt in den Verein nehmen entgegen die Kreisvorsteher:

Vorsitzender H. J. Ollrogge=Schlag Resdorf,
Behnke=Gr. Siemz, Freitag=Gr. Rünz,
Breest=Grieben, Fischer=Schönberg,
Bohnhoff=Selmsdorf, Rieck=Wahlsdorf,
Eggert=Herrnburg, Saß=Schlagsdorf,
Städing=Lankow.


Allein denen, die mir bei meinem Bau mit Stein= und Sandfahren behülflich waren, sage meinen herzlichsten Dank.

                                                    W. Lenschow, Schulze,
                                                    Menzendorf.


Dr. Dethloff
ist zurückgekehrt.


Den geehrten Bewohnern von Schönberg und Umgegend die Anzeige, daß ich mich hier als

Schuhmacher

niedergelassen habe. Anfertigung nach Maaß.

Reparatur prompt und billig.
                                                                              G. Klatschow,
Hinterstraße Nr. 74.                                                    Schuhmacher.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 77 Seite 3]

Aufruf
zur Errichtung
eines Landes=Krieger=Denkmals in Neustrelitz.
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Die im nächsten Jahre bevorstehende Jubelfeier des Siegestages von Sedan mahnt uns dringend an eine noch immer uneingelöste Ehrenschuld gegen diejenigen unserer Landeskinder, die die neugeschaffene Herrlichkeit, die Macht und die Freiheit des deutschen Vaterlandes im todesmuthigen Kampfe mit ihrem Leben bezahlt haben. Wohl sind hier und da in unserem Lande Denkmäler für die Gefallenen des einzelnen Ortes errichtet, aber ein würdiges Krieger=Denkmal für alle aus Mecklenburg=Strelitz in dem blutigen Streit Gebliebenen harrt noch immer seiner Entstehung. Auf Anregung des Krieger=Vereins in Neustrelitz sind die Unterzeichneten mit der schönen Aufgabe betraut worden, für die Errichtung eines solchen Denkmals in Neustrelitz thätig zu sein und zunächst die patriotische Opferwilligkeit für diesen edlen Zweck zu beleben. Sie wenden sich nun in erster Reihe mit der Bitte um Geldbeiträge an die Bewohner von Neustrelitz. Ihre Stadt soll das neue Denkmal schmücken, da die Residenz des Landesvaters und die Garnisonstadt unserer Truppentheile der geeignetste Ort dafür zu sein scheint.
Sie wenden sich aber mit ebenso zuversichtlichem Vertrauen an alle patriotischen Herzen unseres Landes, und bitten um zahlreiche Spenden, je nach Vermögen und Kraft des Einzelnen. So hoffen sie, daß am 2. September 1895 ein Krieger=Denkmal in Neustrelitz enthüllt werden kann, das in ausdrucksvoller Schönheit den ruhmvollen Heldentod unserer theuren Gefallenen dem Gedächtniß der dankbaren Nachwelt überliefert und uns und den Kameraden eine unvergängliche Mahnung bleibt an die oberste Tugend eines großes und freien Volkes:

"Die Liebe zum Vaterlande."
Der Denkmals-Ausschuß.
von Heynitz, Oberstlieutenant a. D., Ehrenvorsitzender.
Dr. O. Zander, Apotheker u. Pr.=Lt. d. Landw., Vorsitzender. J. Hinrichs, Gymnasiallehrer, Kassier.
H. Prütz, Regierungscopiist, Schriftführer.
B. Ambrosius, Mäntelfabrikant. C. Barkow, Tapezier. F. Bartelt, Zimmermann.
W. Bartold, Rektor u. Rath. W. Becker, Tischlerm. H. Berg, Hofschlosser. U. Beyer, Realschullehrer.
H. Bossart, Landgerichtsrath und Hauptmann der Landwehr. H. Brunswig, Rechtsanwalt.
H. Bohl, Buchdruckereibesitzer. C. Fröbrodt, Schmiedemeister. W. Funk, Steinhauer.
H. Grobbecker, Kupferschmiedemeister. F. Gundlach, Rechtsanwalt. W. Hansen, Arbeiter.
J. Kohrt, Senator und Amtmann. E. Krämer, Zimmerpolier. O. Kreienbrinck, Lehrer.
Fr. Krüger, Senator u. Commerzienrath. L. Krüger, Kammerpedell.
F. W. Lazarus, Kammersecretair und Rechtsanwalt. H. Lütcke, Kaufmann und Lieut. a. D.
G. Michael, Polizeimstr. H. Meyer, Geh. Hofrath. A. Nöbe, Landrentmstr. D. Piepkorn, Corrector.
Dr. C. Rieck, Gymnasiallehrer. A. Röwer, Hoftapezier. F. Ruscheweyh, Stationsvorsteher.
W. Rust, Hoflieferant. Th. Scheibel, Rentier. E. Schmutzler, Amtsmaurermeister.
H. Schwartz, Klempnermeister. R. Seyberlich, Zimmermeister. G. Schuster, Kammeringenieur.
A. Tiedt, Regierungscanzlist. H. Warncke, Commerzienrath. M. Weißenborn, Hofmusicus.
Dr. O. Wetzstein, Professor.

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Bezugnehmend auf den obigen Aufruf bringen wir hierdurch zur Kenntniß, daß hierorts aus Mitgliedern des Kampfgenossenvereins von 1870/71 und des Kriegervereins für das Fürstenthum Ratzeburg ein Local=Comité zur Förderung der Sache gebildet ist, welches demnächst Sammellisten in den hiesigen Hôtels und Gastwirtschaften, sowie bei den Unterzeichneten auslegen und auch Zusendungen von Geldbeträgen durch die Post oder auf privaten Wegen entgegen nehmen wird.
Indem wir an die Bewohner von Stadt und Land hiermit die Bitte richten, je nach Vermögen und Kraft zum Gelingen des obigen Werkes durch Geldspenden beitragen zu wollen, bemerken wir, daß die Zeit der Sammlung für den Monat Oktober cr. in Aussicht genommen ist.

Das Local-Comité des Denkmals-Ausschusses.
Ed. Gierloff,                                                     F. Richter,
                Vorsitzender,                                         stellvertretender Vorsitzender.


Wegen meines bevorstehenden Fortzuges von hier bitte ich mir bis zum 12. October meine Rechnungen einzusenden, sowie meine Forderungen aus den Jahren 1891, 1892 u. 1893 bis zum gleichen Termin zu berichtigen.

                                                    Dr. Marung.


Ich habe mich in Schönberg niedergelassen und wohne im Hause des Herrn Schlächtermeister Soltmann.

                                                    Sprechstunde von 8-10 Uhr Vorm.
                                                    Dr. med. R. Müller.
                                                    pract. Arzt.


Suche zum 24. Oct. noch einige junge Mädchen, zur Erlernung der Schneiderei.

                                                    C. Rickert.


Gesucht zum 24. Oktober d. J.
ev. zu Ostern 1895 ein Mädchen.                                                    
Schönberg.                                                    G. Breuel.


Zu Ostern 1895 ist eine Wohnung zu vermiethen, bestehend aus 3 Stuben, Küche, Keller= und Stallplatz. Siemzerstraße 192.


Wegen Wegzuges von hier hat noch zu Ostern
eine Unter=Wohnung
zu vermiethen                                                    
                                                    J. Voss, Tuchmachermeister.


Zu Ostern ist die                          
erste Etage

ganz oder getheilt nebst Werkstelle, Holzschuppen und Rauchboden zu vermiethen.

                                                    H. Badstein.


Wohnungsveränderung.

Meine Wohnung befindet sich seit Michaelis d. J. bei Schlächtermeister E. Stockfisch, Siemzerstraße Nr. 132a.

                                                    H. Köster, Schuhmacher.


Ein Ziegenbock zum decken zu verkaufen, 2 1/2 Jahre alt, ohne Hörner. Wo? zu erfragen in der Exp. dieses Blattes.


P. Michael, Photograph in Schönberg.

Mit heutigem empfehle ich mich zu allen photographischen Aufnahmen in allen Größen zu soliden Preisen, auch werden Vergrößerungen nach jedem Bilde angefertigt.
Es wird mein eifrigstes Bestreben sein, mir das Wohlwollen eines geschätzten Publikums durch meine sorglich auszuführenden Arbeiten zu erwerben und bitte gehorsamst, mich mit Aufträgen beeren zu wollen.

Hochachtungsvoll                          
                                                    D. O.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 77 Seite 4]

Herbergsverein.

In der Generalversammlung vom 27. Septbr. wurde nach eingehender Besprechung festgestellt, daß ohne außerordentliche Hülfe die hiesige Verpflegungsstation eingehen muß.
Es wurde ferner, und zwar einhellig anerkannt und festgestellt, daß diese Einrichtung sich während der 4 Jahre ihres Bestehens als eine so segensreiche für das ganze Land bewährt hat, trotzdem sie bisher wegen des Mangels an eigenem Hause nicht ihre ganzen Kräfte hat entfalten können, daß jeder das Aufhören auf das tiefste beklagen müßte.
Es wurde ferner festgestellt, und zwar wieder unter Uebereinstimmung sämmtlicher Anwesenden, daß mit allen Kräften, sei's auch mit außerordentlichen Opfern die Aufrechterhaltung des Instituts zu erstreben sei, wenigstens bis zum Ablauf dieses Jahres, nach welchem Zeitpunkt hohe Landesregierung ihre weitere Hülfe in Aussicht gestellt hat.
Es wurde ferner festgestellt, daß durch Schaffung eines eigenen Hauses das Institut in die Lage versetzt werden müsse, seine Zwecke voll zu erfüllen und so die jetzt schon so deutlich empfundenen Segnungen noch zu steigern.
Es wird daher im Auftrag der Generalversammlung an alle Mitglieder und Freunde des Herbergsvereins die dringende Bitte gerichtet, die Gefahr des Untergangs des mit so vieler Liebe gegründeten und fortgeführten Instituts durch einen außerordentlichen Beitrag abzuwehren.
Der Beitrag ist an den Herrn Stadtsekretär Schrep resp. den Stadtdiener Stree zu entrichten und zwar möglichst bis zum 20. October. Zugleich werden die Mitglieder des Vereins hierdurch schon vorläufig benachrichtigt, daß am 31. October nachmittags 3 Uhr eine Generalversammlung des Herbergsvereins im Boye'schen Lokale hies. stattfindet zur Mittheilung über den Erfolg unserer Bestrebungen und zur Fassung weiterer Beschlüsse.
Es ist durchaus nothwendig, daß diese Versammlung von jedem Mitgliede besucht wird, das es irgend ermöglichen kann.
Schönberg i/M., 29. September 1894.

                                                    Der Vorstand des Herbergsvereins.


Thüringisches Technikum Ilmenau.

1. Höhere Fachschule für: Maschinen-Ingenieure und Elektrotechniker.
2. Mittlere Fachschule für: Maschinen- und Mühlen-Techniker.
Werkmeister und Müller. Weitere Auskunft erteilt Direktor Jentzen.
Staatsaufsicht durch Staatskommissar.


Am Dienstag werden große schöne, billige                          
pommersche Gänse
beim Gastwirt Böckmann am Markt zum Verkauf stehen.          


J. Ludw. D. Petersen
empfiehlt:
Kuh=, Pferde=, Ziegen=, Wagen=, Aufhalt und Fußketten
in großer Auswahl.


Delikatessen.

Sardellen 1890er i. Gläsern u. ausgewogen, Sardinen i. Oel, i. Dosen, Appetit Sild i. Dos., Kronen=Hummer, Kaviar, Cappern in Gläsern u. auch ausgewogen, Krachmandeln, süße u. bittere Mandeln, Champignons franz. i. Dos., inländische getrocknet, Liebigs Fleischextract und Corned=Beaf i. Dos., Parmesankäse und Cocosnüße, Anchovis i. Gläsern u. ausgewogen, Rollmops u. marinirte Hering.

Conserven.

Stangenspargel, Brechspargel u. Suppenspargel, junge Erbsen, Erbsen und Carotten, Schnitt= und Brechbohnen - Mixed Pickles (Engl. Fabrikat) Erdbeer= Kirsch= Johannisbeer=Marmeladen, Johannisbeer= Apfel= u. Aprikosen=Gelees - Erdbeeren, Kronsbeeren, Rhabarber, Ananas in Gläsern, Kirsch=, Apfel= Johannisbeer=, Himbeer=, u. Erdbeersaft in Flaschen.
Außerdem: Knorr'sche Inlienne, (getr. Suppenkräuter), Erbswurst mit u. ohne Speck, Panirmehl, Gries, Hafermehl, Stern= u. Fadennudeln, Macaroni, geschnitten, Maizena, Vanille, Mock= Turtle= Gries = Grimbern, Erbsen= und Gerstensuppen a Paket 25 Pf. sowie alle feineren Colonialwaaren empfiehlt in nur feinsten Lieferungen

Max C. Sass,
Siemzerstr. u. Schlauentrift.


Bekanntmachung.

Zur Bestreitung der Verwaltungskosten, Unterhaltung der Spritzen und Deckung der Brandschäden ist für das laufende Jahr ein Beitrag von Cl. Ia 20 Pfg., Cl. Ib 24 Pfg., Cl. II 32 Pfg., Cl. III 40 Pfg. für 100 M. der Versicherungssumme erforderlich.
Schönberg, den 1. Oktober 1894.

Direktion der Feuer=Versicherungsgesellschaft für das Fürstenthum Ratzeburg.
C. J. W. Burmeister.


Gardinen
empfiehlt billigstens
Hugo Heincke.


Verloren Sonntag Abend gegen 10 Uhr vor Landbaumeister Rickmanns Hause - 1 kleiner schwarzer Atlas=Sonnenschirm (Knicker) - der Finder desselben wird gebeten, denselben abzugeben bei Frau Cons.=Rath Kaempffer.

Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
9,59 Vorm. 12,18 Mitt. 3,12 Nachm. 7,32 Abends 11,57 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,25 Vorm. 12,44 Nchm. 5,43 Nachm. 8,54 Abends.


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 50-53 M., große Schweine 53-55 M., Sauen 38-47 M., Kälber 65-75 M. per 100 Pfund.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 77 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 77 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 2. Oktober 1894.


- Ein Schornsteinfegergeselle befand sich in Malchin kürzlich in großer Gefahr. Derselbe war an dem starken Ruß eines Schornsteins völlig festgeklebt, so daß er weder vor= noch rückwärts kommen konnte. Etwa zwei Stunden mußte er in dieser gefahrvollen Lage verharren, als der Hauswirth ihn gewahrte und ihn mittelst eines Strickes aus dem Schornstein zog.
- Die nächstjährige Versammlung deutscher Naturforscher soll in Lübeck abgehalten werden.
- Bei dem 4. Feld=Artillerie=Regiment in Friedrichstadt=Magdeburg ist dieser Tage ein sehr intelligenter und hübscher Negerjüngling bei der Untersuchung einzustellender Einjahrig=Freiwilliger als diensttauglich befunden und auch schon als Einjähriger eingekleidet worden. Er spricht sehr gut deutsch und hat einen eigenen Burschen mitgebracht.
- Der deutsche Dampfer "Kronprinz Wilhelm" ist bei der Einfahrt in den Hafen von Palermo an eine Klippe gestoßen und hat schwere Havarie und ein Leck davongetragen. Die an Bord befindlichen 246 Auswanderer haben ausgeschifft werden müssen.
- Ein bemerkenswerther Vergiftungsfall hat sich in Aurich zugetragen. Ein Gastwirth hatte aus seinem Garten einen Goldregen=Baum ausrotten und beiseite schaffen lassen; am andern Morgen fand er nicht nur einige Hühner, welche Fruchtkerne verschluckt hatten, krepirt, sondern auch fünf werthvolle Kühe, welche die Blätter von den Zweigen gefressen, auf der Weide im Starrkrampf liegend vor. Dieser Fall beweist wiederum, wie gefährlich der Goldregen unter Umständen auch für das Vieh werden kann.
- In München will man eine besondere nächtliche Sicherheitswache für Comptoirs und Verkaufsläden einrichten. Der Anregung der "Vereinigung Münchener Bankfirmen," eine private, jedoch unter Leitung der Polizeidirection stehende Wache zu bilden, sind nahezu 250 Firmen beigetreten.
- Adele Spitzeder, genannt Vio, die berüchtigte Hochstaplerin, wurde wieder einmal und zwar in Pasing bei München verhaftet. Die Abenteurerin war wegen wiederholter Betrügereien steckbrieflich verfolgt.
- Von einer Lanze durchbohrt und doch geheilt ist der Cürassier, der gelegentlich des Brigadeexercierens im August bei Pasewalk von einer Lanze durchbohrt wurde. Der Mann ist von seinen schweren Verletzungen bereits soweit wieder hergestellt, daß er Spaziergänge im Lazarettgarten unternehmen und voraussichtlich bald als ganz geheilt entlassen werden kann.
- "Es lebe der Reservemann!" Bei einem am 25. September früh von Frankfurt a. M. abgelassenen Personenzug der Main=Weser=Bahn stürzte während der Fahrt zwischen den Stationen Butzbach und Langgöns ein Reservist der 81er vom Zug. Ein Zugbeamter hatte den Vorfall bemerkt, der Zug wurde alsbald durch die Carpenterbremse gestellt, da kam auch schon der wunderbarer Weise völlig unverletzt gebliebene Reservemann herbei und die Fahrt mit der Parole "Heimath" konnte fortgesetzt werden.
- Das reizende Mittelgebirge oberhalb des Schlosses Ambras bei Innsbruck war am letzten Freitag nacht die Stätte eines abscheulichen Verbrechens, das sogar die Erinnerung an "Jack den Aufschlitzer" wachruft. Am Sonnabend früh fand man nämlich an der Straße Ambras=Aldrans unter Erlengebüsch die Leiche eines Mädchens, welches alsbald als die 22jährige Philoma Würtenberger aus Ambras, die in dem unweit davon im Mittelgebirge gelegenen Orte Lans als Kellnerin bedienstet war, erkannt wurde. Das Mädchen war am Freitag abend gegen 7 Uhr von Ambras, wo man das Kirchenfest gefeiert hatte, nach ihrem Dienstort zurückgekehrt und fiel unterwegs dem bisher noch nicht ermittelten Mörder in die Hände. Es mußte einen harten Kampf abgegeben haben; das Mädchen hielt noch einen Büschel Kopfhaare krampfhaft in der Faust, während von ihr Haare unweit des Thatortes gefunden wurden. Das Opfer hatte 4 Stiche am Halse. Tragkörbchen und ein Sparkassenbuch (sie hatte erst am Freitag mittag in Innsbruck eine Einlage gemacht) fehlten. Am Sonntag früh machte man unweit der Ambraser Schloßmauer einen anderen grausigen Fund, in einem Graben lag die gräßlich verstümmelte Leiche einer etwa 30 Jahre alten Frauensperson; die Kleider waren herabgerissen und der Unterleib bis zur Brust aufgerissen. Bisher konnte man die Identität der Unglücklichen, deren Leiche, ebenso wie die erste Leiche in das pathologische Institut zu Innsbruck gebracht wurde, noch nicht feststellen. Den Thäter hat man noch nicht, doch glaubt die Behörde, eine ziemlich genaue Beschreibung desselben zu besitzen. Zwei Bataillone Kaiserjäger, die Gendarmen von Innsbruck, Wilten und Igels, sowie die Bauern der Mittelgebirgsdörfer durchstreifen die Gegend, leider ohne Erfolg. Die Wuth der Bauern ist ungeheuer. Der Mörder würde, wenn er in ihre Hände gekommen wäre, gelyncht worden sein. Die weiblichen Bewohner des Mittelgebirges anderseits sind in großer Angst; sie getrauen sich kaum mehr, die Milch in die Stadt herabzubringen. Man vermuthet übrigens der beiden Morde bezüglich, daß der letzterwähnte zuerst verübt wurde, daß das Ambraser Mädchen dazu kam und von dem Mörder, damit auch die Zeugin aus dem Wege geräumt würde, nachher getötet wurde.
- Die möglichst schnelle Mobilmachung und der rasche Aufmarsch der Feldarmee sind die ersten Erfordernisse, die die Schlagfertigkeit bedingen. Der rasche Truppen= und Materialtransport hängt wieder direkt von der Anzahl der verfügbaren Transportmittel ab. Eine Zusammenstellung ergiebt rund: Deutschland 15 000 Lokomotiven, Oesterreich 5000, Italien 4000, zusammen 24 000 Lokomotiven. Rußland 3500, Frankreich 10 000, also 13 500 Lokomotiven. Es ist demnach leicht ersichtlich, welch' großen Vorteil die Mächte des Dreibundes hierdurch beim Aufmarsch ihrer Heere haben wurden.
- Ueber die Ausdehnung der deutschen Colonien und Schutzgebiete werden folgende Angaben gemacht: Das (indessen noch nicht abgegrenzte) Schutzgebiet Togo umfaßt 60 000 Quadratkilometer, Kamerun 495 000, Südwestafrika 835 000, Deutschostafrika 995 000, das Kaiser Wilhelmsland in Neu=Guinea 181 500, Bismarck=Archipel 52 200, der nordöstliche Theil der Salomon=Inselgruppe 22 200, das Schutzgebiet der Marschallinseln 400 Quadratkilometer. In Togo haben sich niedergelassen 72 Europäer, darunter 63 Deutsche, in Kamerun 204 Europäer (128 Deutsche), in Südwestafrika 969 Europäer (614 Deutsche), in Deutschostafrika rund 750 Europäer (rund 500 Deutsche im Schutzgebiet der Neu=Guineakompagnie 178 Europäer (99 Deutsche) und in den Marschallinseln 67 Europäer (32 Deutsche).
- Im Interesse weiterer Kreise theilt der Thüringer Hausfreund seinen Lesern mit: Ein Landwirth ließ durch seine Leute Stroh von der Tenne auf den Boden seiner Scheune schaffen. Das Stroh wurde von Hand zu Hand hinaufgereicht. Eine hierbei mitwirkende Dienstmagd stand etwa in halber Höhe auf einer Bühne in der Nähe der Lücke, welche zum Hinaufziehen und Herabwerfen des Viehfutters etc. dient und durch welche die senkrechte Leiter nach oben führt. Die Lucke war

[ => Original lesen: 1894 Nr. 77 Seite 6]

weder verdeckt, noch mit einem Gitter oder einer sonstigen Schutzvorrichtung versehen. Während der Arbeit fiel die Magd plötzlich durch die Lucke auf die Tenne herab und erhielt hierbei schwere Verletzungen, welche nicht nur längere ärztliche Behandlung, sondern auch später die Zubilligung einer namhaften Unfallrente an die Magd erforderlich gemacht haben. Das Reichsgericht hat mit Rücksicht darauf daß ein Landwirt vermöge seines Berufs die Gefährdung der landwirthschaftlichen Arbeiter durch offene, nicht gesicherte Scheunenlucken kennen müsse, in dem Fehlen von Schutzvorrichtungen vorliegend eine Fahrlässigkeit erblickt und den betreffenden Unternehmer deshalb bestraft. Nach den Bestimmungen des landwirtschaftlichen Unfallversicherungsgesetzes hat der betreffende Landwirth in einem solchen Falle nun aber auch für alle Anwendungen, welche die Behandlung der verletzten Person erfordern wird, sowie für die Rente derselben aufzukommen und so sieht jener Landwirth jetzt dem deshalbigen Ersatzanspruch entgegen.
- Zwei Teppiche. Ein bedeutender Auftrag für das neue Reichstagsgebäude ist soeben, wie die "Berl. Börsztg." mittheilt, von einer Smyrna=Teppichfabrik in Schmiedeberg vollendet worden, es sind zwei Teppiche von kolossaler Größe, deren einer, und zwar der größere von beiden, seinen Platz im Lesezimmer des Reichstagsgebäudes erhalten wird. Seine Dimensionen betragen 9,89 u. 23,27 Meter. Da der Teppich nach Plan gearbeitet, nämlich an den Stellen, wo Schränke zu stehen kommen, ausgearbeitet ist, so beträgt sein Flächeninhalt 203,37 Quadratmeter. Sein Gewicht beträgt nicht weniger als 15 1/4 Ztr. An ihm haben 9 Arbeiterinnen 55 1/2 Tage oder 9 Wochen 1 1/2 Tag gearbeitet. Sein Werth beträgt 4500 M. Der kleinere Teppich hat die Form eines Achtecks, seine größten Ausdehnungen betragen 11,27 Meter. Er hat einen Flächeninhalt von 131 Quadratmeter und ein Gewicht von 9 Ztr. 82 Pfund. An ihm haben 12 Arbeiterinnen 35 Tage gearbeitet. Sein Werth ist 3500 M.
- Referendare waren bei den preußischen Justizbehörden beschäftigt am 1. Juli 1884: 3919, 85: 3839, 86: 3724, 87: 3385, 88: 3216, 89: 2981, 90: 2975, 91: 2960, 92: 2973, 93: 3060 und am 1. Juli 1894: 3230.
- Aus Marokko wird der "Köln. Ztg." ein neuer Zwischenfall mitgetheilt. In Rabat wurde der französische Konsul von dem marokkanischen Gouverneur mit Stockschlägen bearbeitet. Es heißt, die französische Regierung habe ein Kriegsschiff nach Rabat gesandt, mit dem Befehl, den Ort zu beschießen, wenn nicht sofort Genugthuung geleistet werden sollte.
- Der Sklavenkauf=Prozeß in Kairo, der so viel von sich reden gemacht hat, wird wieder einmal die Wahrheit des alten Spruches erweisen, daß man die kleinen Spitzbuben hängt, die großen aber laufen läßt. Nach einer Meldung des "Reuterschen Bureaus" wird der vornehmste Angeklagte, Ali Scheriff Pascha, straffrei ausgehen, da die englischen Militärärzte ein Gutachten abgegeben haben, wonach seine Gesundheit nicht gestattet, ihn vor das Kriegsgericht zu stellen. In Anbetracht dessen, daß der Pascha seine Schuld hinsichtlich des Sklavenkaufes eingestanden hat, hat der General Kitchener mit Zustimmung des Khedive entschieden, von der gerichtlichen Verfolgung gegen ihn Abstand zu nehmen. Eine sonderbare Rechtspflege, die das Ansehen der Engländer in Aegypten sicher nicht erhöhen wird.
- Die Beförderung der Briefschaften vom Madrider Centralpostamt nach den Vorstädten und umliegenden Orten erfolgt jetzt durch auf Zweirädern fahrende Briefträger.
- Wie ein Telegram aus Helsingfors meldet, wird jetzt der Versuch gemacht, die Meeresstelle, wo muthmaßlich der russische Küstenpanzer "Russalka" gesunken ist, mit einem electrischen Apparat zu sondiren. Bei den Versuchen dieser Tage sind nun plötzlich die Glocken des Apparates in Thätigkeit getreten, da das Senkblei vermuthlich einen eisernen Gegenstand berührt hatte. An dieser Stelle sollen weitere Untersuchungen nach der "Russalka" angestellt werden.
- Im Gouvernement Minsk wütet unter dem Rindvieh die sibirische Pest. Eine Menge Vieh mußte getötet werden. Behördlicherseits sind umfassende Vorsichtsmaßregeln getroffen worden.
- Korea wird - constitutionell! Der König von Korea hat sich, angesichts der japanischen Waffenerfolge, bekanntlich dazu verstehen müssen auf Verlangen der Regierung zu Tokio das Abhängigkeitsverhältniß, in welchem er sich dem Hofe von Peking gegenüber befand, zu lösen und zugleich die Durchführung einer ganzen Reihe mehr oder minder einschneidiger innerer Reformen in Aussicht zu stellen. Von diesen Reformabsichten hat er seinen Unterthanen durch folgende fünfzehn Verfügungen Kenntniß gegeben: "1. An die Stelle der chinesischen Zeitrechnung, die das Reich bisher gehabt, tritt unsere eigene, welche mit der Gründung unseres Staates beginnt. 2. Die Aemter in der Militär= und Civilverwaltung hören auf, erblich zu sein. Nur die Tüchtigkeit soll in Zukunft entscheiden. Deshalb soll auch dem Aermsten unserer Unterthanen das höchste Amt zugänglich sein. 3. Jeder Verbrecher bleibt für seine That lediglich persönlich haftbar, nicht mehr seine ganze Familie, geschweige denn seine Verwandten und Freunde. 4. Die Rangordnung ist nach dem Amte des Einzelnen, nicht mehr nach dem Reichthum und Ansehen seiner Familie überall zu beobachten. 5. Gleich den geschiedenen Männern dürfen von nun an auch deren Frauen eine neue Ehe eingehen. 6. Die Heirathsfähigkeit beginnt für den Mann erst mit dem zwanzigsten und für das Mädchen erst mit dem sechzehnten Lebensjahr. 7. Das Berühren des Erdbodens mit der Stirn bei Begegnung mit einem Höhergestellten fällt fort. Es genügt fortan, zur Seite zu treten. 8. Die buddhistischen Priester dürfen in unserer Hauptstadt von nun an frei ein= und ausgehen. (Die buddhistische Priesterschaft hatte der jetzigen Dynastie anfangs hartnäckigen Widerstand geleistet. Daher war den Pristern Buddha's das Betreten von Söul bei Todesstrafe verboten. Nun, nach 532 Jahren ist dieses Decret aufgehoben worden.) 9. Nach der Beendigung des Krieges werden wir mit China als Oberhaupt eines freien Staates einen neuen Vertrag schließen. Bei den Mächten, mit denen wir bereits Verträge abgeschlossen haben, werden wir ständige Gesandtschaften einrichten. 10. Von nun an ist selbst der letzte unserer Unterthanen berechtigt, Alles, was er über den Staat, seine Einrichtungen und Beamten denkt, auch schriftlich niederzulegen und uns zu überreichen. 11. Die dreijährige Freiheit von allen Regierungsgeschäften bei einem Todesfalle im Elternhause hört auf. Man kann im Herzen trauern und doch seinen Pflichten gegen König und Mitbürger genügen. 12. Der Kauf und Verkauf der Sklaven ist bei Todesstrafe untersagt. 13. Die Beamten dürfen sich keiner Erpressungen mehr schuldig machen und haben sich mit ihrem Gehalt zu begnügen. 14. Wir wünschen das endliche Aufhören der feindseligen Stimmung gegen Japan, die nun schon Jahrhunderte währt. Japan will nichts, als Korea glücklich sehen. 15. Der Geldverkehr soll durch die Prägung von Gold=, Silber= und Kupfermünzen geregelt werden."
- Als König Gustav Adolf von Schweden sein Reich durchreiste, fürchtete ein Pfarrer, der Fürst sei schon so an Empfangsreden gewöhnt, daß er die seinige nicht beachten würde, und zog daher vor, bei dessen Empfang die Anrede abzusingen. Der Monarch wunderte sich, und hörte wirklich genauer zu. Wie der Pfarrer mühsam geendet hatte, und fast heiser war, sagte der König, um ihn mit seinem Beifall ein wenig zu züchtigen: "Bis" (noch einmal). Der Pfarrer sang noch einmal; als er geendet, reichte ihm der König 50 Dukaten, demütig verbeugte sich der Geistliche und erlaubte sich, dem König ebenfalls ein unterthäniges "Bis" zu sagen, und Gustav Adolf folgte ihm ebenso willig und gab ihm noch 50 Stück Dukaten.


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