No. 78
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 05. Oktober
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 78 Seite 1]

- Der Kaiser wird noch bis gegen Ende dieser Woche in Rominten verweilen und sich dann nach Hubertusstock begeben. Am 12. oder 13. Oct. wird der Kaiser wieder im Neuen Palais bei Potsdam eintreffen.
- Am Sonntag früh wurde eine größere Anzahl von Unterofficieren, welche zum Besuch der Oberfeuerwerkerschule nach Berlin kommandirt waren, in Untersuchungshaft nach der Festung Magdeburg abgeführt. Diese Thatsache ist von verschiedenen Seiten durchaus falsch ausgelegt worden. Es handelt sich bei dem Vorgang in keiner Weise um hochverräterische Umtriebe oder politische, insbesondere sozialdemokratische oder anarchistische Dinge. Die ganze Sache liegt vielmehr lediglich auf disziplinarem Gebiet. Aeltere Unterofficiere, welche wieder Schulunterricht erhielten, haben zu Ausschreitungen gegen die militärische Disziplin geneigt. Ihre Lebensführung ließ die Anwendung schärferer Controllmaßregeln notwendig erscheinen. Gegen die zu diesem Zweck eingeführten Revisionen fand vor einigen Tagen eine lärmende Demonstration statt, die anscheinend planmäßig vorbereitet war. Es hat den Anschein, als ob die Betheiligten sich dabei weniger in dem Bewußtsein befunden hätten, in grober Weise gegen die Gesetze der militärischen Unterordnung zu verstoßen; vielmehr scheint ein zeitweiliges Vergessen ihres militärischen Charakters, eine Art Aeußerung studentischen Freiheitsgefühls vorzuliegen. Von den beiden Jahrgängen der Oberfeuerwerkerschule war nur der ältere in Stärke von 180 Unterofficieren an der Sache betheiligt. Voraussichtlich sind von der Gesammtheit eine mehr oder minder große Zahl unschuldig. Die Rädelsführer und Teilnehmer der Ausschreitungen zu ermitteln, würde schwer gefallen sein, wenn man den ganzen Jahrgang auf freiem Fuß und in Berlin gelassen hätte. Es erscheint deshalb als eine ebenso energische wie richtige Maßregel, daß man, um die Wahrheit möglichst schnell und ganz zu ermitteln, vorläufig den ganzen Jahrgang in Untersuchungshaft abgeführt hat. Wie weiteren Berichten Berliner Blätter zu entnehmen ist, hat die Untersuchung noch am Sonntag in Magdeburg begonnen. Ihr Ergebniß wird voraussichtlich zu einer Reform der Schule führen, vielleicht auch zu einer Verlegung der Schule von Berlin an einen Ort, wo eine bessere außerdienstliche Ueberwachung möglich ist. Schon in wenigen Tagen hofft die Militärbehörde in der Lage zu sein, einen großen Theil der Verhafteten wieder auf freien Fuß zu setzen.
- "Schade!" werden die Franzosen sagen. Die dieser Tage bei Marseille festgenommenen "beiden deutschen Spione" haben sich als harmlose reisende Holländer entpuppt und sind deshalb freigelassen worden. Die eifrig gesuchten "deutschen Spione" sind also auch diesmal nicht erwischt worden!
- Der Kaiser von Rußland ist mit der kaiserlichen Familie Sonntag abend von Spala nach der Krim abgereist.
- Es darf nun leider nicht mehr bezweifelt werden, daß Kaiser Alexander III. von Rußland schwer krank ist, und daß die noch soeben verbreitete Behauptung, der Zustand des Zaren sei nicht besorgniserregend, eine Fälschung der Wahrheit war. Man schreibt aus St. Petersburg vom 29. v. M.:
Mit gerechtem Staunen las man hier die ins Ausland gesandten Dementis, wonach der Zar vollkommen gesund und sein Aufbruch nach dem Süden nur durch den Zustand seines krankes Sohnes Georg bedingt sei, denn trotz bisherigen offiziellen Schweigens oder Leugnens weiß man in der Residenz, daß an einer besorgnißerregenden Wendung der Nierenkrankheit des Kaisers leider nicht mehr zu zweifeln ist. Nachträglich kommt ans Tageslicht, daß der Kaiser in Bjelowesch bereits einen leichten Schlaganfall zu überstehen hatte, der sich gleich nach seiner Ankunft in Spala wiederholte. Damit zerfällt auch die geschickt verbreitete Behauptung, während der ersten Tage in Spala sei eine Besserung eingetreten und der hohe Kranke habe sogar eine kurze Jagdfahrt, auf den Anstand, unternehmen können. In Wirklichkeit war bereits Professor Leyden aus Berlin nach Spala gerufen worden, der den Kaiser sehr krank vorfand. Die bekanntlich ungemein kräftige Körperverfassung des letzteren wurde durch die schmerzliche Krankheit, verbunden mit bedeutender Atemnoth arg erschüttert; seine seelische Stimmung wird desgleichen als sehr niedergedrückt geschildert, wozu auch nicht wenig der Gram über die Verschlechterung in dem Befinden seines kranken Sohnes beitrug. Das ganze Bestreben der Aerzte geht dahin, die Ueberführung des Kaisers nach dem Süden, und zwar nach Livadia zu ermöglichen.
Wie sehr bestimmt verlautet, erklärte auch Professor Leyden, ebenso wie Professor Sacharjin, das Leiden des Zaren für die Brightsche Krankheit. Von Petersburger ärztlicher Seite wurde bereits vor einiger Zeit der Verwunderung Worte geliehen, daß diese gefährliche Krankheit, deren Anfänge sich jedenfalls schon längst einem aufmerksam beobachtenden ärztlichen Auge gezeigt haben müßten, so lange ohne das thatkräftigste Eingreifen der Aerzte bleiben konnte, allerdings wird hinzugefügt, es habe von jeher ungemein schwer gehalten, den Kaiser zu einer seine Gewohnheiten und vor allem seine Arbeitszeit beschränkenden Kur zu bewegen. Die allmählich immer weiteren Kreisen bekannt werdende Wahrheit über das Befinden des Kaisers zeitigt das aufrichtigste Mitgefühl und die innigsten Wünsche für eine Wendung zum Besseren.
- Eine Diphtheritisepidemie sucht zur Zeit London heim. In den Hospitälern liegen bereits 419 Diphteritiskranke.
- Die geschlossenen Schiffswerften am Clyde werden erst in der nächsten Woche die Arbeit wieder aufnehmen. Es sind augenblicklich 400 Mann am Clyde außer Arbeit, überhaupt arbeitslos 5000 Mann mit einem wöchentlichen Lohnausfall von 7500 Pfund Sterling (150 000 Mark).

[ => Original lesen: 1894 Nr. 78 Seite 2]

- In Bezug auf den Fleisch= und Viehexport nach Deutschland sind die russischen Ministerien des Innern, der Finanzen und der Landwirtschaft gegenwärtig beschäftigt, Material zu sammeln, um für den Export günstigere Bedingungen zu schaffen. Die russische Regierung empfindet es als besonders hinderlich, daß das Verbot der Fleisch= und Vieheinfuhr aus Rußland von dem Belieben der örtlichen Regierungsbehörden und nicht von der Zentrale in Berlin abhängt.
- Auf dem Genfer See sind infolge Sturmes viele kleine Fahrzeuge untergegangen. Sämmtliche Dampfbootfahrten sind eingestellt.
- Schon wiederholt ist gemeldet worden, daß die Japaner große Truppenmassen eingeschifft hätten, über deren Bestimmung nichts bekannt sei. Jetzt scheint es, als ob dieselben in China selbst gelandet worden seien, um eine umfassende Unternehmung gegen Tientsin und Peking in's Werk zu setzen. In Shanghei läuft nämlich das Gerücht um, daß die Japaner nördlich von Chefoo große Truppenmengen gelandet hätten und die Landung noch weiter fortsetzten. In der Fremdenkolonie von Peking und Tientsin herrscht in Folge dessen große Besorgniß. In Tientsin werden Maßregeln zur Vertheidigung der Stadt getroffen.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Neschow sub Nr. II belegene Vollstelle c. p. des minorennen Rudolph Baars daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstück zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, hiermit aufgefordert, ihre dinglichen Rechte in dem auf

Sonnabend, den 3. November 1894,
Vormittags 10 Uhr

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte anstehenden Liquidationstermin anzumelden, widrigenfalls sie, soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, mit denselben sowohl gegen den jetzigen als auch gegen die zukünftigen Besitzer des Grundstücks präcludiert sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 15. August 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Antragsmäßig soll über das zu Schönberg vor der Siemzer Straße sub Nr. 150 belegene Wohnhaus c. p. der Wittwe Törber, Marie geb. Alten, von hier ein Hypothekenbuch niedergelegt werden und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, hierdurch aufgefordert, ihre dinglichen Rechte und Ansprüche in dem auf

Montag, den 15. Oktober d. Js.
Vormittags 10 Uhr

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte anstehenden Liquidationstermin anzumelden, widrigenfalls sie, soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, mit denselben sowohl gegen den jetzigen als auch gegen die zukünftigen Besitzer des Grundstücks präcludirt sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 25. Juli 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über die zu Rieps sub Nr. II belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths Joachim Heinrich Wilhelm Böttcher daselbst wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidationsprotokoll sofort im Termin der Praeclusiv=Abschied erlassen und verkündet ist.
Schönberg, den 1. October 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Ersparniss- und Vorschuss-Anstalt.

Der Geschäftsbericht nebst Bilanz und Gewinn= und Verlust=Conto für das 25. Rechnungsjahr, sowie der Revisionsbericht etc. liegen vom 6. October d. J. ab in unserem Geschäftslokale zur gefl. Einsicht der Herren Actionäre aus.
Schönberg, den 3. October 1894.

                                                    Das Directorium.


Bekanntmachung.

Zur Bestreitung der Verwaltungskosten, Unterhaltung der Spritzen und Deckung der Brandschäden ist für das laufende Jahr ein Beitrag von Cl. Ia 20 Pfg., Cl. Ib 24 Pfg., Cl. II 32 Pfg., Cl. III 40 Pfg. für 100 M. der Versicherungssumme erforderlich.
Schönberg, den 1. Oktober 1894.

Direktion der Feuer=Versicherungsgesellschaft für das Fürstenthum Ratzeburg.
C. J. W. Burmeister.


Kriegerverein f. d. Fürstenth. Ratzeburg.
IV. Allgemeine Versammlung
am Sonntag den 7. Oktober cr. Nachmittags Uhr
im Vereinslocal.

                          Tagesordnung:
1) Besprechung wegen der Feier des Geburtstags Sr. K. H. des Großherzogs.
2) Bericht über die Sedanfeier.
3) Beschlußfassung über eine im Verein abzuhaltende diesjährige Weihnachtsfeier.
4) Wahl der Cassenrevisoren.
5) Sonstige Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


Kriegerverein Carlow.
Allgemeine Versammlung
am Sonntag, den 7. October Nachm. um 3 Uhr
im Vereinslokal.
Tagesordnung:

1) Einführung der neu aufgenommenen Mitglieder.
2) Beschlußfassung über die Feier des Geburtstages Sr. K. H. des Großherzogs.
3) Bericht über die Sedanfeier.
4) Verschiedene Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


Wegen meines bevorstehenden Fortzuges von hier bitte ich mir bis zum 12. October meine Rechnungen einzusenden, sowie meine Forderungen aus den Jahren 1891, 1892 u. 1893 bis zum gleichen Termin zu berichtigen.

                                                    Dr. Marung.


Dr. Dethloff
ist zurückgekehrt.


Dr. Roth,
Lübeck, Königstr. 7.
Specialarzt für Chirurgie u. Orthopädie
verreist.


Gesucht zum 24. October                          
ein Mädchen,
das Hausarbeit versteht.                                                    
                                                    Frau Melanie Pleines.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 78 Seite 3]

Privatschule.

Das Wintersemester beginnt am Mittwoch, d. 10. Okt. morgens 8 Uhr. Anmeldungen nimmt täglich entgegen

                                                    D. Latendorf.


Diäten-Verein für Geschworene beider Mecklenburg.

Beiträge und Anmeldungen zum Eintritt nimmt entgegen

                                                    L. Spehr, Schönberg.


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Hinterstraße Nr. 74.                                                    Schuhmacher.


Wohnungsveränderung.

Meine Wohnung befindet sich seit Michaelis d. J. bei Schlächtermeister E. Stockfisch, Siemzerstraße Nr. 132a.

                                                    H. Köster, Schuhmacher.


Gesucht zum 24. Oktober d. J.
ev. zu Ostern 1895 ein Mädchen.                                                    
Schönberg.                                                    G. Breuel.


Suche zum 24. Oct. noch einige junge Mädchen, zur Erlernung der Schneiderei.

                                                    C. Rickert.


Zu Ostern 1895 ist eine Wohnung zu vermiethen, bestehend aus 3 Stuben, Küche, Keller= und Stallplatz. Siemzerstraße 192.


Pferd Am Dienstag, d. 9. d. Mts. steht ein Transport 1 1/2jähriger Füllen beim Gastwirth J. Boye in Schönberg zum Verkauf.

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[ => Original lesen: 1894 Nr. 78 Seite 4]

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Berlin, Neue Königstr. 19.


Schützenhaus.
Am Markttage, den 9. Oktober von 4-7 Uhr
Musikunterhaltung.
Von 7 Uhr an - Tanzkränzchen - für die Nacht.
Tanzschleife für Herren 50 Pfg.
Eintritt frei.

NB. Ausschank von ff. Hansa- u. Münchener-Bier à Seidel 15 Pf. Warme und kalte Küche, Wein, Kaffee, Gulasch, Thüringer Bierwurst und Eisbein.

Hierzu ladet ergebenst ein                          
                                                    W. Hagen, Schützenwirth.


Am Sonnabend, d. 6. d. von Abends 7 Uhr an
Gulaschessen
wozu freundlichst einladet                          
                                                    N. Nehls.


Gefunden ein Spazierstock mit weißer Krücke. Der Eigenthümer kann denselben auf der "Herberge zur Heimath" gegen die Insertionskosten abholen.

                                                    W. Hagen, Hausvater.


Gefunden am Montag in der Nähe des Schützenplatzes ein paar

neue Hosenträger.

Abzuholen gegen Erstattung der Insertionskosten beim Böttcherm. Möller, Lübeckerstraße.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 7. Oktober.
(Collecte für den Gustav=Adolf=Verein.)

Vormittagskirche: Consistorialrath Kaempffer.
Abendkirche (6 Uhr): Pastor Krüger.
   Amtswoche: Constorialrath Kaempffer.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
9,59 Vorm. 12,18 Mitt. 3,12 Nachm. 7,32 Abends 11,57 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,25 Vorm. 12,44 Nchm. 5,43 Nachm. 8,54 Abends.


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 50-53 M., große Schweine 53-55 M., Sauen 38-47 M., Kälber 65-75 M. per 100 Pfund.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 39.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 78 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 78 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 5. Oktober 1894.


- Schönberg. Vor der Strafkammer des hiesigen Amtsgerichts wurden am Dienstag die folgenden Strafsachen verhandelt.
1) In der Nacht vom 27./28. Juli d. Js. statteten 2 ungebetene Gäste dem hiesigen Schützenhause, in welches sie durch Zertrümmerung einer Fensterscheibe und durch Einsteigen eindrangen, einen Besuch ab, stärkten sich in der Speisekammer durch Essen und Trinken und entfernten sich unter Mitnahme einer größeren Menge Nahrungsmittel, namentlich einer Anzahl Flaschen mit Getränken im Werthe von circa 50 M. Als der Schützenwirth am Morgen des 31. Juli das Schützenhaus betrat, entdeckte er, daß in der verflossenen Nacht wiederum ein Einbruch dort verübt war. Bei näherem Nachsuchen fand er in der Speisekammer liegend einen total betrunkenen Menschen, in welchem er den Gärtner C. aus Wetzlar erkannte, der einige Wochen zuvor bei ihm in Arbeit gestanden hatte, aber wegen Trunkfälligkeit entlassen worden war.
Der C. wurde festgenommen und in das amtsgerichtliche Gefängniß abgeliefert. Er gestand zu, daß er auch den ersten Einbruch in das Schützenhaus verübt habe, jedoch dabei einen ihm unbekannten Genossen gehabt habe, mit welchem er die mitgenommenen Getränke gemeinsam verzehrt habe. Als er aus seiner lange andauernden Trunkenheit erwacht, sei sein Genosse fortgewesen und habe er sich von Neuem Lebensmittel aus dem Schützenhause holen wollen. Wegen dieser Begangenschaften wurde der C. von der Strafkammer zu einer fünfmonatlichen Gefängnißstrafe und zu 3 Wochen Haft, welche Letztere als durch die Untersuchungshaft verbüßt angenommen wurde, verurteilt.
2) Wie unsern Lesern bekannt, wurde der beim Abbruch der alten Torfscheune beschäftigte Maurergeselle Lenz von hier von der einstürzenden Giebelmauer am 16. Juli d. J. getötet.
Dem Maurermeister Sch., welcher die Torfscheune gekauft und den Abbruch leitete, war zur Last gelegt, daß er bei dem Abbruch nicht die durch die Baukunst gebotene Vorsicht geübt und deshalb den Tod des Lenz durch Fahrlässigkeit verursacht habe, indem er die freistehende Giebelmauer von beträchtlicher Länge und Höhe nicht zuvor abgesteift habe, ehe er von dem Lenz und Arbeiter Drews Löcher zum Einsetzen der Wuchtbäume in die Mauer einstemmen ließ. Ueber die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit des Absteifens der umzustürzenden Mauer waren die beiden von der Strafkammer vernommenen Sachverständigen verschiedener Ansicht und hob der Sachverständige Burmeister noch besonders hervor, daß der Angeklagte Sch. das unerwartete Einstürzen der Mauer nach Innen gar nicht habe vorhersehen können, weil er sich noch 2 Tage zuvor davon überzeugt habe, daß die vereinten Kräfte von 8 Arbeitsleuten nicht im Stande waren, die Mauer zum Wanken zu bringen und die Mauer um 4 - 5 cmtr nach Außen ausgebaucht war. Das trotzdem erfolgte Einstürzen der Mauer nach Innen könne seinen Grund nur in dem am Tage zuvor gefallenen reichlichen Regen gehabt haben.
Da nun weiter festgestellt wurde, daß der Angeklagte das Einstemmen der Löcher gar nicht angeordnet habe und erst dazugekommen sei, als die beiden Arbeiter beim Einstemmen der beiden letzten Löcher beschäftigt waren und da beide Sachverständige der übereinstimmenden Ansicht waren, daß in diesem Augenblick das Absteifen der Mauer mit noch erheblicher Gefahr verbunden und daher nicht geboten gewesen sei, so erfolgte auf Antrag der Staatsanwaltschaft die kostenlose Freisprechung des Angeschuldigten.
3) Ebenso wurde antragsmäßig der Pferdeknecht O. aus M., gegen welchen in nichtöffentlicher Sitzung wegen Sittlichkeitsverbrechen verhandelt worden war, freigesprochen, weil seine Behauptung, er habe die Person, mit welcher er die Unsittlichkeit vorgenommen, für über 14 Jahre alt gehalten, nach den obwaltenden Umständen nicht unglaubwürdig und jedenfalls nicht zu widerlegen war.
4) Der Viehhändler G. aus R. hatte am 12. April Vormittags 10 Uhr durch 2 Leute 7 Zuchtochsen und 1 Stier, welcher letzterer an einem Fuß und einem Horn mit einem Strick gefesselt war, durch Schönberg nach dem Bahnhof treiben lassen und war dieser Transport ohne irgend welche Gefährdung von Sachen und Menschen ausgeführt worden.
Auf dem hiesigen Markte waren die beiden Treiber von einem Herrn darauf angeredet worden, daß auch die Ochsen zur Vermeidung von Unglücksfällen hätten gefesselt werden müssen, hatten aber sofort erwidert, daß solches weder nöthig noch gebräuchlich sei.
Durch polizeiliche Strafverfügung war der G. wegen Vernachlässigung der erforderlichen Versicherungsregeln beim Viehtransporte in eine Geldstrafe genommen, hatte aber dagegen auf gerichtliche Entscheidung angetragen. Das hiesige Schöffengericht hatte eine Geldstrafe von 10 M. für geboten erachtet, weil nach dem Gutachten eines vernommenen Sachverständigen zwar das Treiben von Zuchtochsen ohne jede Gefahr sei, aber die concrete Fesselung des Stiers nicht ausreichend gewesen sei.
In der auf Berufung des Verurtheilten am Dienstag stattgehabten Strafkammersitzung wurden 2 weitere Sachverständige vernommen, deren Erachten dahin ging, daß das Treiben von Zuchtochsen ganz ungefährlich sei und daß die Fesselung des Stiers, wie geschehen, die alte zweckmäßigste Maßregel zur Verhütung von Unglücksfällen gewesen sei, weil der Stier eben mit den Zuchtochsen zusammen von 2 Treibern getrieben worden sei und es in solchem Falle die Gewohnheit solcher Thiere sei, ruhig und ungefährlich den Ochsen zu folgen. Danach hob die Strafkammer das Schöffenurtheil auf und sprach den G. kostenlos frei.


- Neustrelitz, 1. Oct. II. KK. HH. der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin sind am Sonnabend vom Schweizerhaus nach Prillwitz zurückgekehrt. - S. K. H. der Großherzog wird in nächster Zeit aus Paris hierher zurückkehren.
- Am 1. Oktober kamen im Großherzoglich Mecklenb. Füsilier-Regiment Nr. 90 insgesammt 54 Einjährig=Freiwillige zur Einstellung.
- Dem Vernehmen nach ist der Mecklenb. Landwirthschaftsrath zum 9. d. nach Schwerin einberufen zwecks Berathung über eine ihm vom hohen Ministerium gemachte Vorlage betr. die Vermehrung des kleineren ländlichen Grundbesitzes in Mecklenburg. Zu der Sitzung sind die Herren Professor Dr. Seering=Berlin, Prof. Dr. Stieda=Rostock und der Geh. Finanzrath Balck hieselbst geladen.
- Die Johannis 1895 aus der Pacht fallenden Haushaltsgüter Schlutow und Lehnenhof, Amt Dargun sind an die bisherigen Pächter wieder verpachtet worden.
- In der Artilleriekaserne zu Schwerin wurden am Montag 7 ausrangirte Militärdienstpferde in öffentlicher Auction verkauft. Der Gesammterlös ist 1404 M. oder 200 M. 50 Pf. pro Pferd.
- Das Kriegsgericht zu Dessau hat den Hilfsbüchsenmacher Fried, der seiner Zeit, wie gemeldet, aus Unvorsichtigkeit den Musketier Rönicke erschossen hatte, zu zwei Jahren Festung verurtheilt.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 78 Seite 6]

Die Lage der Landwirthschaft.

Soviel in den letzten Jahren auch schon über die Lage der Landwirtschaft gesprochen und geschrieben ist, so bietet doch die Rede, die der Landtagsabgeordnete Freiherr von Erffa=Wernburg auf einem Parteitage der Conservativen für Thüringen gehalten hat, soviel neue Gesichtspunkte und sie faßt die ganze Materie so kurz und treffend zusammen, daß sie die weiteste Verbreitung verdient. Der Redner ging von der Feststellung aus, daß jetzt nur doch sehr übelwollende Kreise das Vorhandensein eines landwirthschaftlichen Nothstandes überhaupt bestreiten. Man behauptet allenfalls noch, der Nothstand werde von betheiligter Seite übertrieben. Doch die Erkenntniß, daß der Landwirthschaft geholfen werden müsse, beginnt auch schon in allen Kreisen sich Bahn zu brechen.
Die Haupterscheinungsformen dieser schwierigen Lage der Landwirthschaft sind die folgenden: 1) Zunehmende Ueberschuldung des Grundbesitzes. Aus der Aufstellung der letzten preußischen Einkommensteuer ergiebt sich, daß in den östlichen Provinzen 60 bis 70 Prozent des Reineinkommens durch Schuldenzinsen verschlungen werden; aber selbst in der gesegneten Provinz Sachsen betragen die Schuldenzinsen schon 22 Prozent des Einkommens. 2) Die gerichtlichen Zwangsverkäufe. Allein in Westpreußen sind in den Jahren 1886 bis 1892 16 000 Hektar der Subhastation verfallen, in Sachsen 10 000 Hektar. 3) Rückgang der Bevölkerung und des Wohlstandes auf dem platten Lande. In den Städten befinden sich weit mehr Leute im Alter von 20-30 Jahren und von 30-40 Jahren als auf dem flachen Lande, wo die Personen von 10-20 und von 60-70 Jahren überwiegen. So entvölkert sich das Land und vermehrt sich die Armee der Arbeitslosen und Radaumacher in den Städten.
Als Hauptursachen der landwirtschaftlichen Krisis, die stärker oder schwieriger auftritt, je nach Boden, Klima, technischen Nebengewerben, Intelligenz und Schulden, bezeichnete Herr von Erffa die folgenden: 1) Sinken der Reinerträge; Niedergang der Preise für Getreide, Wolle, Flachs, Spiritus, Vieh u. s. w. veranlaßt durch die vermöge kolossaler Ausbildung der Transportmittel entwickelte und erdrückende Concurrenz der Ausländer. In den Jahren 1851 bis 1880 betrug der Durchschnittspreis des Weizens für die Tonne 213 Mk., des Roggens 164 Mk., heute kostet Weizen 128, Roggen 105. Die Zahlen sprechen für sich selbst. 2) Höhere Arbeitslöhne, die wir ja von Herzen gern bezahlen würden, wenn wir die Mittel dazu hätten. 3) Arbeitermangel. 4) Gestiegene Steuern und Abgaben; namentlich die Unfall= und Arbeiterversicherungen, die besonders drückend sind bei dem hohen Prozentsatze, die die Arbeitslöhne im Bruttoertrage der Landwirthschaft repräsentiren. 5) Starke Inanspruchnahme des Wirthschaftsleiters durch Ehrenämter auf Kosten des Hauptberufs. 6) Eine die großen Städte, den Handel und die Industrie begünstigende Gesetzgebung zu Lasten der Landwirthschaft. 7) Kaufgeldrückstände, zu hohe Kaufpreise, Verschuldungsfreiheit, zu starke Benutzung fremden Credits, und endlich 8) zu hohe Belastung mit Erbantheilen.
Soweit in knapper Skizzirung das Wesentlichste aus den Ausführungen des Herrn von Erffa. Zu den Mitteln der Abhülfe übergehend, verwies der Redner zunächst auf Selbsthülfe. Es müsse je nach der Lage entweder ganz extensiv oder ganz intensiv gewirthschaftet, u. a. müßten größere Aufforstungen vorgenommen werden. Ferner müsse man darnach trachten, an Ausgaben zu sparen. So sei vor allem der Ankauf von Futtermitteln zu vermeiden; man soll dafür das im Preise schlecht stehende Getreide verfüttern und nicht durch Ankauf fragwürdiger Futtermittel sich selbst Concurrenz machen. Auch auf das Genossenschaftswesen verwies Herr von Erffa, doch gelangte er dann zu dem Schlusse: Durch Selbsthülfe allein, ohne Staatshilfe durch Gesetzgebung, sei der Krisis nicht beizukommen.
Auf dem Gebiete der Schutzzölle seien uns durch die Handelsverträge leider die Hände gebunden. Retrospective Betrachtungen über diesen Gegenstand lehnte aber der Redner als zwecklos ab. Wir sollen nicht rückwärts, sondern vorwärts schauen. Redner machte folgende Vorschläge: Die Beseitigung der vorhandenen Ueberschuldung sei durch allmälige Ersetzung der kündbaren Hypothek durch billige Amortisationsurkunden anzustreben. Der Berechtigte erhalte ein verkäufliches Werthpapier (Rentenbrief), der Staat (Corporation, Landschaft u. s. w.) gebe es aus. Der Verpflichtete willige in die gesetzliche Verschuldungsgrenze zur Vermeidung der Ueberschuldung. Ferner sei eine Aenderung des Erbrechts (Intestaterbrecht, Eintragung von amtswegen in die Höferolle) nothwendig. Der Eigenthümer könne der Eintragung widersprechen oder die Löschung herbeiführen, für Miterben sei eine Amortisationsrente einzuführen. Schließlich aber sei auf dem Gebiete der Währungsfrage die schleunige Fortführung der Verhandlungen behufs Klärung der Währungsverhältnisse und die energische Initiative seitens des Reichs behufs Aenderung derselben herbeizuführen.
Mit einer Betrachtung über die Stellung der einzelnen Parteien zur Landwirtschaft schloß Herr von Erffa unter allgemeinen, anhaltendem Beifall seine gehaltvollen und bedeutsamen Ausführungen.


- Der Beendigung des Bierboykotts galt eine Konferenz die am Sonnabend in Berlin stattfand. Sie nahm um 10 Uhr vormittags ihren Anfang und dauerte bis in die Nachmittagsstunden hinein. Die boykottierten Brauereien, die Gastwirths=Vereinigungen, die Saal=Kommission die sozialdemokratische Partei und die Boykott=Kommission hatten zu derselben ihre Vertreter gesandt. Der Grundton der durch alle Reden durchklang war der Wunsch nach einem ehrlichen Frieden. Alle - die Vertreter der Brauereien und die Abgesandten der sozialdemokratischen Partei - versicherten, daß sie des erbitterten Kampfes, der nun seit beinahe 5 Monaten geführt worden ist, herzlich müde seien. Wenn nun auch der heißersehnte Frieden durch diese Versammlungen noch nicht herbeigeführt wurde, so sind doch wenigstens die Wege gebahnt worden die hoffentlich recht bald zum Frieden führen.
- Die Ostseeschleusen des Nordostseekanals sind am vergangenen Sonnabend unter größeren Festlichkeiten dem Betrieb übergeben worden. Holtenau war reich geschmückt. In der Maschinenhalle, in der das Modell der Schleusen aufgestellt war, hielt Bauinspector Sympher eine Ansprache, dann wurden von der Canalcommission, den Baubeamten und der Festgesellschaft die Dampfer "Berlin", "München", "Dresden" und "Stuttgart" bestiegen. "Berlin " passirte zuerst die Schleuse und zerschnitt ein über die Schleusengrube gespanntes schwarz=weiß=rothes Band. Mit Hochrufen auf den Kaiser ging es durch die Schleuse bis zur Hochbücke bei Levensau. Unterwegs wurde die Gesellschaft durch Böllerschüsse begrüßt.
- Der am 28. August im Kieler Hafen bei Voßbrook verloren gegangene geladene Torpedo ist am Sonnabend aufgefunden und entfernt worden. Die ausgelegten Warnungszeichen sind eingezogen und das betreffende Hafengebiet ist für den Verkehr nun wieder freigegeben worden.
- Der Geheimrath Krupp in Essen hat die Zinsen aus den gelegentlich der Aussöhnung zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Bismarck gestifteten Capital von 100 000 M. einer zu begründenden Fachschule für Handwerker überwiesen.
- Ueber eine einheitliche Strafvollstreckung im Deutschen Reich und zwar auf dem Wege einer Verordnung sollen zwischen dem Reichsjustizamt und den preußischen Ministerien der Justiz und des Innern Verhandlungen stattfinden.
- Vom ersten Berliner Reichstagswahlkreis wird dem sozialdemokratischen Parteitage u. a. auch ein Antrag zugehen, wonach die Gehälter der Parteibeamten 3000 Mark nicht übersteigen sollen.

[ => Original lesen: 1894 Nr. 78 Seite 7]

- Der wegen Landesverrat verhaftete Sekundaner Schultz in Thorn wurde wegen zweifacher Majestätsbeleidigung und Diebstahls zu fünf Monaten Gefängniß verurtheilt.
- Vor etwa 14 Tagen zeigte sich in der Kgl. Forst bei Berschkallen in Ostpreußen ein prächtiges Elentier, das sich jedenfalls aus der Ibenhorster Forst nach dort verirrt hatte. Vor einigen Tagen nun fand man das Thier im Walde verendet vor. Es war über einen Zaun gesprungen und hatte sich den Bauch aufgeschlitzt. Geweih und Haut wurden meistbietend verkauft. Wie mitgetheilt wird, sollen sich noch einige Elche in der Padroier Forst aufhalten.
- Um einen Hochzeitszug besser beobachten zu können, lehnte sich die erwachsene Tochter des kgl. Oberamtmanns Fritsch in Görlitz zu weit über die Balkonbrüstung der elterlichen Wohnung, und stürze herab, und war auf der Stelle tot.
- Bei dem Fällen eines alten hohlen Baumes wurde in Dittersbach ein Domanialarbeiter von Hornissen überfallen und derartig zerstochen, daß er nach der Stadt gefahren und ärztlicher Behandlung übergeben werden mußte.
- Auf dem im Hafen von Kiel liegenden Kadettenschulschiff "Stein" stürzte ein Matrose aus dem Mast herab und blieb fast unverletzt auf dem Verdeck liegen. Der glückliche Unglückliche schlug bei dem gewaltigen Absturz mehrfach auf die Takelage und entging dadurch der drohenden Gefahr.
- In der Engelapotheke zu Augsburg waren zwei Bedienstete mit Abfüllen von Aether im Keller beschäftigt. Der Aether entzündete sich an der vor dem Keller in eine Nische gestellten Lampe. Die Bediensteten erlitten erhebliche Brandwunden, und es gelang nur mit Mühe sie aus dem Keller zu schaffen, da das Feuer sehr schnell um sich griff, genährt durch zahlreich vorhandene brennbare Stoffe. Die ganze Apotheke mit allen Arzeneivorräten brannte aus.
- Aus dem Gerichtsgebäude in Beuten (Oberschlesien) stahlen Diebe den Kassenschrank mit 22 000 Mark, welchen sie aber wegen einer Störung auf der Straße liegen lassen mußten.
- Der Turnlehrer des Wiener Männer=Turnvereins Hans Hoeftberger, der wie gemeldet im August eine Ferienreise ins Gebirge antrat, und seither vermißt wurde, ist im Pitzthale in Tirol tot aufgefunden worden. Hoeftberger durfte nach den Eintragungen in den Fremdenbüchern bereits am 20. August abgestürzt sein.
- Seit einiger Zeit sind auch an der Bank von England Damen angestellt. Dieselben hatten sich einer Prüfung zu unterwerfen, erhielten jedoch nach dem Bestehen derselben einträgliche Posten. Die Direktoren sind von dem Ergebniß der Neuerung so befriedigt, daß sie beschlossen haben, eine Reihe anderer Stellen mit weiblichen Beamten zu besetzen, Die männlichen Kollegen der Damen sind nicht sehr erbaut von der Sache und haben mehrere Protest=Versammlungen abgehalten.
- Die kleinen silbernen Zwanzigpfennigstücke die sich nicht eben der Gunst des Publikums erfreuen, sollen nunmehr thatsächlich aus dem Verkehr verschwinden. Die öffentlichen Cassen haben Anweisung erhalten, bei Vereinnahmung dieser Geldstücke dieselben anzuhalten und an die Berliner Münze zu senden.
- Das 25jährige Jubiläum beging am Montag unsere Postkarte. Am 1. Oktober 1869 wurden die ersten Postkarten ausgegeben und zwar an den Postschaltern in Oesterreich. Generalpostsekretär Dr. v. Stephan hatte die erste Anregung für die Einführung der Postkarte gegeben und der im Jahre 1865 in Karlsruhe tagenden Postkonferenz seine Idee mitgetheilt. Nach den letzten statistischen Zusammenstellungen sind im Jahre 1893 im Gesammtumfang des Weltpostverkehrs 1 583 000 000 Postkarten befördert worden. Davon entfallen auf Europa über 900 Millionen.
- Die Königin von Dänemark ist eine ebenso gute Pianistin als vorzügliche Harfenvirtuosin. Nebenbei ist sie auch Componistin und hat mehrere Piécen für Harfe allein, Harfe und Klavier und ein originelles Stück für Harfe und Flügelhorn geschrieben, in welch' letzterem seiner Zeit der Zar, der ein vorzüglicher Cornet à piston=Bläser ist, den Flügelhornpart übernommen hat.
- Der Kaiser als Komponist. Wie die "Deutsche Warte" zu melden weiß, beschäftigt sich der Kaiser neuerdings mit der Komposition einer einaktigen Oper im Wagnerschen Stil; die Grundlage der Handlung bildet eine altdeutsche Legende.
- "Violinde", das ist die letzte Neuheit auf dem Gebiet der Mädchen=Vornamen und Solingen darf den Ruhm der Erfindung davon in Anspruch nehmen. Violindchens Vater soll ein einfacher Violinspieler sein, und damit erklärt sich auch der ungewöhnliche Vorname, dem vielleicht noch andere, wie "Trompetrine", "Flöttiuda", "Klarinettchen", "Pianinchen" u. s. w. folgen werden.
- Eine Erfindung auf artilleristischem Gebiet hat der "Voss. Ztg." zufolge ein Feuerwerker in Metz gemacht. Derselbe hat eine Vorrichtung hergestellt, durch die das Laden der Geschütze bedeutend geschwinder und unter Ersparung von einem oder zwei Mann der Bedienung erfolgen kann. Dem Wesen nach soll die Erfindung darin bestehen, daß das Einsetzen des Geschosses mit einer selbstthätigen Vorrichtung geschieht. Die bisher angestellten Versuche sollen ein günstiges Ergebniß gehabt haben, und die Angelegenheit wird dem Ministerium unterbreitet werden.
- Das deutsche Eisenbahnnetz umfaßt 43 424 Kilometer, wovon auf das Königreich Bayern etwa 5000 entfallen. Trotzdem ergiebt die statistische Berechnung auf 100 Millionen Personen=Kilometer noch keine Tötung, sondern erst eine Verletzung. Auf eine Million Reisende treffen 0,06 Tötungen und etwa 0.5 Verletzungen. Die Wahrscheinlichkeit der Tötung während der Eisenbahnfahrt beträgt 1 : 17 000 000. Für England wurde berechnet, daß jährlich weit mehr Selbstmorde aus Melancholie vorkommen als Tötungen bei Eisenbahnkatastrophen.
- Das Einkommen eines Scharfrichters. Sehr lohnend scheint unter Umständen das Henkershandwerk zu sein. Ein in der Wohnung des vor wenigen Tagen in Vincennes gestorbenen Ex=Henkers Demorest gefundener Brief giebt einige Aufschlüsse über das Vermögen Deibler's, des gegenwärtigen Henkers von Paris und von ganz Frankreich. Er besitzt 400 000 Franks. An Gehalt und Kosten zahlt ihm die Regierung 18 000 Franks jährlich und sein Sohn verdient 3000 Franks als Gehilfe des Vaters. Deibler hat aber außer dem Gehalt und den Kosten noch weitere 20 000 Franks Einkommen, denn er versteht es, sein Geld gut anzubringen. Er verdient also 38 000 Franks (gleich 30 000 Mk.) jährlich.
- Trauungen auf Helgoland. Als Helgoland in deutschen Besitz überging, nahm man an, daß auf der Insel auch ein Standesamt eingeführt werde, wodurch die bisherige Art der Trauung unmöglich gemacht werden würde. Diese Annahme hat aber bis jetzt durch die Thatsachen noch keine Bestätigung erfahren. Bis jetzt ist auf Helgoland noch kein Standesamt errichtet. Es wurden deshalb auch dort keine standesamtlichen Trauungen vollzogen, vielmehr besteht dort nach wie vor nur die kirchliche Trauung zu Recht, die unter denselben Bedingungen und Formen vollzogen wird wie zur englischen Zeit, und überall als rechtsverbindliche Kraft gilt.
- Nur Wenigen ist es bekannt, daß der Erfinder der Stahlfedern kein Engländer, sondern ein Deutscher gewesen ist, nämlich ein Lehrer mit Namen Bürgers in Königsberg, der 1808 schon seine "Federschnäbel" aus Metall gefertigt hat. Der Engländer Perry in Birmigham bekam Kunde davon und nahm 1830 ein Patent auf "Stahlfedern". Er wurde Millionär, der eigentliche Erfinder Bürger aber ist in Königsberg im Armenhaus gestorben!

[ => Original lesen: 1894 Nr. 78 Seite 8]

- In dem Straßenleben Berlins ist seit einigen Tagen eine neue Erscheinung aufgetaucht, die unter Umständen von Bedeutung für die Förderung des Wohlbehagens und der Gesundheit besonders der arbeitenden Classen sein kann. Es ist ein geheizter Speisentransportwagen. Er hat den Zweck, den in Fabriken etc. beschäftigten Personen die Speisen, welche in ihrer Wohnung für sie gekocht werden, in vollkommen warmem Zustande zu übermitteln. Die Speisen werden nämlich in luftdicht verschlossenen, ganz neu nach Art der Spartöpfe construirten Gefäßen, welche den betreffenden Personen leihweise überlassen werden, durch den mit einer zweckmäßigen Heizvorrichtung versehenen Wagen zur Arbeitsstätte gefahren. Die leeren Eßgefäße werden später auf Wunsch wieder zurückgefahren oder auch von den Arbeitern selbst mit nach Hause genommen. Die Abholung der Speisen geschieht in der Weise, daß der Wagen an den betreffenden Häusern zu einer ganz bestimmten Stunde vorfährt und durch ein Klingelzeichen seine Anwesenheit meldet, worauf ihm die gefüllten Gefäße gebracht werden, die er dann wieder zu einer ganz bestimmten Zeit an ihren Bestimmungsort befördert. Die Sache findet in den betheiligten Kreisen großen Anklang. Ein Wagen kann 300 bis 400 Eßgefäße transportiren. - Fraglich erscheint bei der Sache nur, ob die Frauen das Essen immer zur rechten Zeit fertig haben werden und ob die Beförderung für die Arbeiter nicht zu kostspielig ist.
- Das Behring'sche Diphtherie=Heilserum, das jetzt, wie berichtet wird, auf der Naturforscher=Versammlung in Wien den Mittelpunkt der wissenschaftlichen Tagesordnung gebildet hat, ist eine blaßrothgelbliche Flüssigkeit, die in den Apotheken unter Plombenverschluß abgegeben wird. Das Heilmittel wird unter Controlle der Professoren Behring und Ehrlich hergestellt und von beiden Herren auf seinen Heilwerth geprüft. Das Mittel wird in drei Sorten (einfache und conzentrirte Form) abgegeben, Nr. 1 ist die einfache Dosis und besteht aus 600 Antidoxin=Normaleinheiten. Diese Dosis genügt in den Fällen, wo nach dem Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen die Behandlung mit Heilserum begonnen wird. Nr. 2 enthält 1000, Nr. 3 1500 Normaleinheiten. Vorgeschrittenere Diphteriefälle erfordern mehrmalige Anwendung der einfachen Dosis oder Verwendung der conzentrirten Form. Zur Immunisirung, d. h. zum Schutz gegen die Erkrankung an Diphtherie, genügt der zehnte Theil der einfachen Dosis (Nr. 1). Das Diphtherieheilmittel ist vor Licht geschützt und an einem kühlen Ort aufzubewahren und behält unter diesen Kautelen seinen Wirkungswerth mindestens mehrere Monate unverändert. Zum Schutz gegen Mikroorganismen hat man dem Mittel 0,5 Proz. Carbolsäure zugefügt. Seine Darreichung erfolgt durch subkutane Injection (Einspritzung unter die Haut), wozu stets der ganze Inhalt eines Gläschens auf einmal zu verbrauchen ist; hierbei bedient man sich am besten der Koch'schen Ballonspritze á 19 Cbctm. Leider ist dieses Heilmittel noch recht theuer. 10 Cubikcentimeter der einfachen Form kosten fünf Mark und von der conzentrirten Form 15 Mark. Dieser hohe Preis, der die Einführung des Heilserums in die allgemeine Praxis sehr erschwert, erklärt sich daraus, daß zur Darstellung und Prüfung des Mittels auf seinen Heilwerth ganze Heerden von Schafen, Pferden und anderen Versuchsthieren gehalten werden müssen.
- Um Behring's Heilserum gegen die Diphtherie auch armen Kindern zugänglich zu machen, hat ein Herr Mautner am Markthof in Wien 20 000 Gulden gespendet. Im Wiener Gemeinderath ist ebenfalls die Bewilligung eines namhaften Geldbetrags für die Anwendung des Heilserums beantragt worden.
- Das Schrittmaß der Garde. Wie die preußische Garde marschiert, d. h. mit welchem Schrittmaße, davon haben die wenigsten einen richtigen Begriff. Einen ungefähren Maßstab hierfür bieten nun die bei der letzten Parade mit der Fahnenkompagnie in Berlin gesehenen "langen, blauen Kinder" des Kaisers, die Leibkompagnie des 1. Garderegiments zu Fuß, deren Hauptmann von Plüskow 2,15 m mißt. Diese Riesen schreiten nämlich derart aus, daß sie mit 98 Schritt 100 m zurücklegen. Und dabei ist das ihr gewöhnlicher Marschschritt. Wenn sie dagegen im Geschwindschritt marschieren, durchmessen sie 1000 m in kaum 6-7 Minuten. Zwar können an diese Leistungen selbst die übrigen Garderegimenter nicht ganz heranreichen, sehr weit jedoch bleiben sie nicht hinter ihnen zurück. Und namentlich die Gardejäger und =Schützen kommen ihnen sehr nahe, hauptsächlich durch das schnelle Tempo, in dem sie marschieren. Sie erreichen mit diesem eine Geschwindigkeit von durchschnittlich 1000 m in 8 Min., und das mit vollständig kriegsmäßiger Ausrüstung. Bei den größeren Felddienstübungen, die stets vor dem großen Herbstmanöver stattzufinden pflegen, haben auch die Gardejäger im Verhältniß zu anderen Truppentheilen die weitesten und schnellsten Märsche ausgeführt, derart, daß sie bei stets zwei, drei, ja vier solche Trainiermärsche während einer Woche einen Weg von 30 km, mitunter das km in 7 Min. zurücklegten.
- Ein wirksames Mittel. General v. Wahl, welcher in St. Petersburg die Stelle des Polizeipräsidenten bekleidet, hat ein indiscretes, aber wirksames Mittel gefunden, um Trunkenbolde von der Straße zu verscheuchen: er veröffentlicht ihre Namen in der Zeitung. Diese moderne Art des Prangerstehens wird sehr gefürchtet. An einem der letzten Tage umfaßte die Liste der durch die Polizei aufgegriffenen Betrunkenen nicht weniger als 127 Namen. Es befanden sich Personen aus allen Kreisen der Petersburger Gesellschaft darunter und fast ebensoviel Frauen wie Männer.
- Ein Buch, das wahrscheinlich auch einem "tiefgefühlten Bedürfniß" abhelfen soll, ist in London erschienen. Reichlich illustrirt, handelt es - über die Puppen der Königin Victoria. Die Königin ist eine große Puppenfreundin gewesen und hat bis zum Alter von 14 Jahren gern mit Puppen gespielt. Es giebt noch 132 Puppen, mit welchen die Königin als Kind gespielt hat. Die 12jährige Prinzessin hat zweiunddreißig von diesen die Kleider selbst angefertigt. Jede Puppe hatte ihren Namen und über jede wurde in einem noch erhaltenen Buch Rechenschaft gegeben! Die Puppen der Königin waren allerdings recht einfache Geschöpfe, verglichen mit denen, mit welchen heute jedes Bürgerkind spielt.
- Anläßlich des Todes des Struwelpeter=Hoffmann in Frankfurt a. M. sei an eine Antwort erinnert, die dieser witzige Kopf gab, als er sich als junger unbekannter Arzt um eine Frankfurter Senatorstochter bewarb. Der Frankfurter Patrizier fragte stolz den jungen Arzt, welche Aussichten er für die Zukunft habe. "Die besten", erwiderte Hoffmann, "ich spiele ein Achtel in der Landeslotterie", und er erhielt die Tochter des Senators.
- Der helle Sachse. Ein gemüthlicher Sachse tritt als Vergnügungsreisender in ein Hotel in Berlin ein: "Härnse mal, mei gutester Herr Oberkellner, ich möcht nämlich die Nacht die Ehre haben, in ihrem Hotel zu schlafen." Oberkellner: "Mit Vergnügen, mein Herr; Sie wünschen doch jedenfalls erste oder zweite Etage vorn heraus zu wohnen, die Aussicht ist ganz großartig!" "Na, wissen Sie, mei gutestes Herrchen, wenn's hintenaus billiger ist, da möchte ich nun schon ganz gehorsamst bitten, mich dort einzuquartieren, denn in Sachsen ham se eene recht alberne Angewohnheit." Oberkellner: "So! So! Sie sind doch nicht etwa nervenleidend?" Sachse: "Ach nee, mei Verehrtester, das ist's nu gerade nich; aber wissen Se, mir Sachsen haben nämlich merschenteels alle beim Schlafen de Oogen zu und da nützt uns doch die scheene Aussicht nicht viel."
- Fürst Bismarck hat am Sonntag während des Mahles, das nach der Huldigung der Westpreußen stattfand, zu einem Tischnachbar geäußert: "Was haben Sie aber in Westpreußen für hübsche Mädchen; da hat selbst ein alter Mann noch seine Freude dran."


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