No. 100
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 22. Dezember
1893
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1893 Nr. 100 Seite 1]

Des heiligen Weihnachtsfestes wegen erscheint die nächste Nummer der "Wöchentlichen Anzeigen" am Freitag, den 29. Dezember.


        Auf Antrag der Inhaber offener Geschäfte in Schönberg ist für Sonntag den 24. huj. und für Sonntag den 31. huj. die Ausdehnung der Beschäftigungszeit im Handelsgewerbe auf 10 Stunden in Schönberg genehmigt.
            Die Beschäftigungszeit für beide genannten Sonntage wird hiermit festgesetzt auf die Stunden von 8-10 Uhr Vormittags und 12-8 Uhr Nachmittags.
        Schönberg, den 18. Dezember 1893.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


Ueber das Vermögen des Schusters und Pächters Heinrich Klenow in Lindow ist am 19. Dez. 1893, Vormittags 11 Uhr, das Konkursverfahren eröffnet.

Verwalter: Senator Wilhelm Heincke in Schönberg.
Offener Arrest mit Anzeigefrist bis 9. Januar 1894 einschließlich.

Schriftlichen Anmeldungen ist Abschrift beizufügen, der Wahl= und Prüfungstermin ist auf

Freitag, den 19. Januar 1894
Vormittags 11 Uhr

angesetzt worden.

Schönberg, den 19. Dezember 1893.

Großherzogliches Amtsgericht.
                                                    Veröffentlicht:
                                                    W. Wetzel,
                                                    Gerichtsschreiber.


Holz=Auction Nr. 4.

Am Mittwoch, den 27. Decbr. Morg. 10 Uhr sollen beim Krüger Schmidt zu Ziethen folgende Holzsortimente bei beschränkter Concurrenz öffentlich meistbietend verkauft werden:

a. Aus dem Bahlen.

  1 Fuder eichen Durchforstholz I. Cl.
  6 Fuder buchen " III. Cl.
35 Fuder buchen Pollholz.
  1 Fuder ellern Wadelholz III. Cl.
20 Stück tannen Kiepenhölzer.

b. Aus dem Garnseerholze.

  1 Fuder eichen Durchforstholz I. Cl.
23 Fuder buchen Durchforstholz II. Cl.
  6 Fuder buchen Durchforstholz III. Cl.
32 Fuder buchen Pollholz.
  1 kiefern Block.
Schönberg, den 15. Decbr. 1893.

                                                    Der Oberförster.
                                                        C. Hottelet.


Holz=Auction Nr. 5.

Am Freitag den 29. Decbr. Morgens 10 Uhr sollen beim Krüger Thies zu Ziethen folgende Holzsortimente bei freier Concurrenz öffentlich meistbietend verkauft werden:

a. Aus dem Garnseerholze.

  81 Rmtr. buchen Kluft II. Cl. und Olm.
  19 Rmtr. buchen Knüppel.
  16 Rmtr. Nadelholz Rodestämme.

b. Aus dem Bahlen.

    4 Rmtr. eichen Knüppel.
  94 Rmtr. buchen Kluft I., II. Cl. und Olm.
  33 Rmtr. buchen Knüppel.
    7 Rmtr. ellern Knüppel.
  16 Rmtr. Nadelholz Stangen I., II. und III. Cl.
  27 Rmtr. kiefern Kluft.
    6 Rmtr. fichten Kluft und Olm.
150 Rmtr. Nadelholz Knüppel.
Schönberg, den 15. Decbr 1893.

                                                    Der Oberförster.
                                                        C. Hottelet.


Ersparniß= und Vorschuß=Anstalt.

      Zwecks Auszahlung der zu Antoni k. Js. fällig werdenden Zinsen ist die Anstalt

vom
Mittwoch, den 27. Dezember
bis
Sonnabend, den 30. Dezember d. J.,
Vormittags, von 8-12 Uhr,

sowie am

Sonntag, den 31. Dezember d. J.,
Morgens von 8-10 Uhr,

geöffnet.
      Schönberg, den 19. Dezember 1893.

                                                    Das Directorium.


Die Verloosung der Pflüge

findet nicht am 27. Dezember 1893 sondern am 27. Januar 1894 bei Gastwirth Herrn Staack statt.

Gr. Siemz.                                                     Ferd. Reebs.


Glühweinextrakt
Rum und Arrakpunsch, Bischofextrakt
Erdbeersaft zur Bowle
Rum, Arrak und Cognac
empfiehlt zu billigen Preisen                                                    
                                                    Aug. Spehr.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 100 Seite 2]

Reisekoffer
in verschiedenen Größen,                                                    
Tornister
für Mädchen und Knaben,                                                    
Pläidriemen, Hosenträger, Jagdtaschen,
in solider Ausführung empfiehlt                                                    
                                                    H. Bockwoldt,
                                                    Sattler.


Cigarren

zu Weihnachtsgeschenken passend empfehle ich mein wohl assortirtes Lager gut abgelagerter

Hamburger & Bremer Cigarren,
von den billigsten bis zu den feinsten Qualitäten. Besonders mache ich auf meine "Präsent Cigarren" in hübsch ausgestatteten Kistchen von 25 und 50 Stück aufmerksam. Ferner offerire ich zu Fabrikpreisen meine Spezialität

"Gloria Bremensis"
vorzüglichste Bremer Fabrikate in Kisten von 100 Stück Nr. 1 M. 6-., Nr. 2 M. 7-., Nr. 3 M. 8-., Nr. 4 M. 10-, Nr. 5 in Kisten von 50 Stück zu M. 6-., und Nr. 6 in Kisten von 50 Stück zu M. 7,50-.

                                                    Friedr. Eckmann,
                                                    Siemzerstraße 199.


Lavatus
ist das beste Fleckenreinigungsmittel.


Zu Weihnachtseinkäufen halte ich mein Lager von gut gelagerten

Bremer, Hamburger und importirten Havanna Cigarren

in großer Auswahl von 28 M. per Mille bis 600 M. per Mille bestens empfohlen

                                                    Aug. Spehr.


Unterzeichnete hält ihre diesjährige

Weihnachts=Ausstellung

einem geehrten hiesigen und auswärtigen Publikum bestens empfohlen.

                                                    Ww. Greiff, Conditorei.


Traubrosinen und Krachmandeln
Wallnüsse und Haselnüsse
Smyrna und Sevilla=Feigen
Datteln und Confitüren
Chokolade
empfiehlt zu billigen Preisen                                                     Aug. Spehr.


Prima
Hamburger-
Rauchfleisch
empfiehlt                                                    
H. W. Ladendorf.


Wall- & Haselnüsse
sowie
Tannenbaumlichte
empfiehlt                                                    
                                                    A. Wigger Nachfolger.


Zwanzig Harzer Kanarienhähne,

Tag= und Lichtsänger, passend für Weihnachtsgeschenke a St. 3-4 Mark.

                                                    Johannes Drenkhahn.


Cigarren
im Preise von 3 Mark bis 10 Mark pro 100 Stück
gut gelagerte, sehr beliebte Sorten,
empfiehlt                                                     A. Zander.


          Tannenbaumlichte
          Tannenbaumleuchter
          Tannenbaumschmuck
          Tannenbaumkakes

empfiehlt                                                     Aug. Spehr.


Einem geehrten Publikum von Schönberg und Umgegend hiermit zur Anzeige, daß ich meine

Weihnachts=Ausstellung

eröffnet habe.
Um geneigten Zuspruch bittet

Hochachtend                          
                                                    L. Jähnig, Conditor.


Grobes Schönebecker Salz
zum Einsalzen empfiehlt                                                     Aug. Spehr.


Spethmann's Hôtel und Restaurant.
Schüsselbuden Lübeck. gegenüber der Post.
Warme u. kalte Speisen nach der Karte zu jeder Tageszeit
Reichhaltige Weinkarte. Electrische Beleuchtung. Gute Hamburger Küche.
Dem geehrtem Publikum bestens empfohlen.


Reichhaltiges Lager in Gold-, Silber-,
Corall- und Granat-Schmucksachen.
-------------------
Trauringe in allen Stärken und Preisen.
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Passendste Weihnachts-Geschenke!
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Alfenide- und Neusilber versilberte Waaren
garantirt stark versilberte Löffel und Gabel empfiehlt zu billigsten Preisen
C. Roepstorff, Goldschmied.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 100 Seite 3]

Verlag von J. F. Schreiber in Esslingen bei Stuttgart.

Dr. C. H. v. Schuberts
Naturgeschichte der drei Reiche
mit der Anatomie des Menschen.

2500 Abbildungen auf 205 Farbdrucktafeln und 375 Folio-Seiten Text.

I. Abteilung.
Das Tierreich.
91 Tafeln mit 850 farbigen Abbildungen.
-----------------------------------
II. Abteilung.
Das Pflanzenreich.
54 Tafeln mit 650 farbigen Abbildungen.
     Löwenkopf      III. Abteilung.
Das Mineralreich.
42 Tafeln mit 683 farbigen Abbildungen.
-------------------------------------
IV. Abteilung.
Der Bau des menschlichen Körpers.
10 Tafeln mit 100 Abbildungen.

Unübertroffenes Werk für Schule und Familie.
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Besondere Vorzüge dieser Naturgeschichte sind die naturgetreuen farbigen Illustrationen. Bilder und Texte stehen auf der Höhe der Zeit. Autoren ersten Ranges haben daran mitgearbeitet.

Zu beziehen durch alle Buchhandlungen.
Jede Buchhandlung ist im Stande das Werk zur Ansicht vorzulegen.

Vollständig in 96 Lieferungen à 50 Pfennig.


Besten
Engl. Syrup, grosse Citronen,
Mandeln, Succade, Orangenschalen
sowie
ganze und gem. Gewürze
empfiehlt                                                    
                                                    A. Wigger Nachfolger.


Conditorei und Marzipan-Fabrik
von

Breitestraße
Ecke der Hüxstr. 89.
   J. G. Niederegger,    Breitestraße
Ecke der Hüxstr. 89.
empfiehlt einem geehrten Lübecker wie auswärtigem Publikum seine diesjährige
reichhaltige
Weihnachts-Ausstellung
in großer Auswahl von
Marzipan und Tannenbaum-Confecten.
NB. Die Ausstellung befindet sich in der ganzen ersten Etage.
Eingang zur Ausstellung durch den Laden.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 100 Seite 4]

Kriegerverein f. d. Fürstenth. Ratzeburg.

Zu der am 29. d. Mts., Abends 7 Uhr im Boye'schen Saale stattfindenden

Weihnachtsfeier

werden hierdurch alle Kameraden mit ihren Familien eingeladen.

                                                    Das Committé.


Schützenhaus.
Am 2. Weihnachtstage
Tanzkränzchen
im geheizten Lokal.
Anfang 7 Uhr.
Tanzschleife für Herrn 50 Pf.
Damen frei.
Hierzu ladet ergebenst ein                          
                                                    W. Hagen,
                                                    Schützenwirth.


Zu dem am 2. Weihnachtstage
stattfindenden
großen Ball
mit Cotillon

lade ich alle meine Freunde und Gönner von Stadt und Land freundlichst und ergebenst ein.

                                                    Joh. Krüger.


Stadt Lübeck.
Am 2. Weihnachtstage                          
Tanzmusik
über Mitternacht hinaus.


Zur Tanzmusik
am Sylvester
ladet freundlichst ein                                                    
                                                    J. Wienck,
                                                    Sülsdorf.


Am 2 Weihnachtstag und folgende Tage
große musikalische Unterhaltung der
Concert=Gesellschaft
Stolbring,

wozu ich ein hochgeehrtes Publikum von Stadt und Land freundlichst und ergebenst einlade.

                                                    J. Krüger.


Am Sonntag, den 24. d. Mts.
Ausspielen von
lebenden Karpfen
auf meinem Billard, wozu freundlichst einladet                          
                                                    J. Böckmann, Gastwirth.


        Heute Mittag 11 1/2 Uhr starb nach kurzer schwerer Krankheit meine liebe unvergeßliche Frau und meiner Kinder sorgsame Mutter

Marie geb. Tews.

    Tiefbetrauert von mir, den Eltern und den Geschwistern.

        Wahlsdorf, den 21. Decbr. 1893.

                                                    H. Voss.

    Beerdigung am Mittwoch Mittag 12 Uhr vom Boyeschen Gasthause aus.


Wer hilft, auch den Gästen der Verpflegungsstation eine Weihnachtsfreude zu bereiten?

                                                    Krüger.


Indem wir für die zu einer Weihnachtsbescheerung armer Kinder (aus der Gemeinde) uns zugegangenen - und noch zugehenden - Liebesgaben unsern herzlichen Dank hierdurch aussprechen, verfehlen mir nicht, alle gütigen Geberinnen und Geber zu der

am 23. Decbr. Nachm. 6 Uhr

im Realschulhause stattfindenden Bescheerung freundlichst einzuladen.

Kaempffer.                           Krüger.


Es hat Gott dem Herrn gefallen, unsern lieben Bruder und Onkel

Mathias Reiher

am Montag, den 18. December Abends 10 1/4 Uhr nach kurzer schwerer Krankheit im 70. Lebensjahre von dieser Welt abzurufen.
Tief betrauert von den

                                                    Hinterbliebenen.

Beerdigung : Freitag Nachmittag 3 Uhr.


Es hat Gott dem Herrn gefallen, meinen treuen

Mathias Heinrich Reiher

in seinem 70. Lebensjahre am 18. Dezember Abends 10 Uhr nach kurzer schwerer Krankheit aus diesem Leben abzurufen.

Fast 30 Jahre lang hat derselbe mir und meinem Hause mit größter Treue gedient und in der Treue des Dienstes wuchs die Kraft zum Dienst und der Segen des Dienstes.

Wie groß unser Verlust und wie tief unsere Trauer ist, ermisset Jeder, der ihn gekannt hat. Für ihn aber getrösten wir uns dessen, was der Herr spricht:

Matth. 25, 21:
Ei  du frommer und getreuer Knecht,
du bist über Wenigem getreu gewesen;
ich will dich über Viel setzen, gehe
ein zu deines Herrn Freude."

Schönberg, den 21. Dezember 1893.

                                                    Consistorialrath Kaempffer.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, 24. Dezember.

Vormittagskirche: Pastor Krüger.
Abendkirche (5 Uhr): Pastor Krüger.
   Amtswoche: Pastor Krüger.

Erster Weihnachtstag.

Frühkirche fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Krüger.
Abendkirche (6 Uhr): Pastor Krüger.

Zweiter Weihnachtstag.

Frühkirche fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Krüger.
Abendkirche: (6 Uhr): Candidat Will.


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 52-54 M., große Schweine 51-53 M., Sauen 40-48 M., Kälber 50-80 M. per 100 Pfund.


Marktpreise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und illustrirtes Beiblatt Nr. 51.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 100 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 100 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 22. December 1893.


        Am Weihnachtsmorgen.
                      -------------
O heil'ge Nacht, Du nahtest wieder
Mit Kerzenglanz und Glockenklang!
Andächtig sinkt die Menge nieder
Und beugt das Herz im heißen Drang.
Es jubeln laut der Hirten Lieder
Und stimmen in der Englein Sang.
    Dem Herrn sei Ehr' in aller Welt!
    Des Himmels Friede wohn' auf Erden!
    Christkindlein kam vom Himmelszelt:
    Die Menschen sollen selig werden.

Die frommen Glockenklänge tönen
So friedlich durch die stille Nacht;
Es zieht ein himmliches Versöhnen
In jedes Herz mit Zaubermacht -
Wer möchte Erdenlüsten fröhnen
Wenn Seligkeit vom Himmel lacht?
    Dem Herrn sei Ehr' in aller Welt!
    Des Himmels Friede wohn' auf Erden!
    Christkindlein kam vom Himmelszelt:
    Die Menschen sollen selig werden.

Vergiß, o Herz, all Deine Schmerzen,
Gieb heute nur der Freude Raum!
Denn strahlt nicht hell mit tausend Kerzen
Voll Himmelsglanz der Weihnachtsbaum?
Schau' in die frohen Kinderherzen
Und träume sel'gen Kindheitstraum.
    Dem Herrn sei Ehr' in aller Welt!
    Des Himmels Friede wohn' auf Erden!
    Christkindlein kam vom Himmelszelt:
    Die Menschen sollen selig werden.


Die Handelsverträge.

Der Reichstag ist in die Weihnachtsferien gegangen, nachdem er leider vor seinem Schluß dem deutschen Volke, oder doch wenigstens der ganzen deutschen Landwirthschaft ein verhängnißvolles Geschenk gemacht: es ist außer dem serbischen und spanischen auch der rumänische Handelsvertrag angenommen, trotzdem Rumänien zu den Ländern gehört, die viel Korn ausführen, und nun bei ihren sehr viel geringeren Produktionskosten dem deutschen Kornbau empfindliche neue Concurrenz machen werden.
Das Stimmenverhältniß der Freunde und Gegner war 189 zu 165.
Gegen den Vertrag stimmten geschlossen die Conservativen, die Reichspartei mit einigen Ausnahmen, 14 Nationalliberale und 41 Centrumsmitglieder. Dafür stimmten geschlossen die Socialdemokraten, die Freisinnige Volkspartei, die Süddeutsche Volkspartei, die Freisinnige Vereinigung, die Polen, die Mehrzahl der Nationalliberalen und des Centrums.
Die Reichsregierung verdankt ihren Sieg also in erster Linie den Democraten aller Schattirungen und den Polen - eine Erscheinung die früher, wo die Leitung der Geschicke unseres deutschen Vaterlandes noch in anderen Händen war, kaum möglich gewesen wäre. Für den wahren Vaterlandsfreund ist es betrübend, ein solches Wort aussprechen zu müssen, aber es muß gesagt werden: das Schicksal des Deutschen Reiches hängt heute, dank einer verkehrten Versöhnungspolitik, von der Gnade oder Ungnade eines Häufleins Polen ab, also jener Elemente, die, mögen sie es auch nicht offen eingestehen, doch im Grunde ihres Herzens entschiedene Gegner unseres Vaterlandes sind.
Die letzte Mehrheit im Reichstage ist also, politisch wie volkswirthschaftlich angesehen, eine entschiedene Calamität, und es kann kaum ein Zweifel sein, daß der überstürzte Bruch mit dem bewährten System eines nachdrücklichen Schutzes der nationalen Arbeit unserer heimischen Production schwere Wunden schlagen wird. Der Bund der Landwirthe hatte bei den letzten Reichstagswahlen, dank seiner zielbewußten Agitation, dem Manchesterthum einen so wuchtigen Schlag versetzt, daß man die Hoffnung hegen durfte, von den Freihandeltheorien nun auf immer befreit zu sein. Und nun muß man das unerfreuliche Schauspiel erleben, daß die Regierung, zu der sonst gerade der deutsche Bauer mit Vertrauen aufzublicken gewohnt war, daran geht, zu Gunsten der Industrie und auf Kosten der Landwirthschaft Verträge zu schließen.
So sehr aber das Resultat der Abstimmung über den Handelsvertrag mit Rumänien zu bedauern ist, so tröstet ein wenig die Thatsache, daß gegen den Vertrag eine beträchtliche Minderheit sich zusammengefunden hat, welche zu den schönsten Hoffnungen für die Zukunft berechtigt. Mit nur 24 Stimmen ist der von der Regierung eingebrachte Handelsvertrag mit Rumänien gutgeheißen worden. Wie ganz anders stand es noch 1891: da wurden die Handelsverträge mit Oesterreich=Ungarn, Italien u. s. w. mit 243 gegen 48 Stimmen angenommen! Die Gegner gegen die jetzige Handelspolitik sind von 48 auf 165 gestiegen!
Vielleicht darf man hoffen, daß die Minderheit sich in eine Mehrheit verwandelt, wenn es sich demnächst um den russischen Vertrag handelt. Denn dieser würde allerdings der weitaus verderblichste für die deutsche Landwirthschaft werden.
Die Handelsvertrags=Verhandlungen mit Rußland, die eine Zeit lang geruht haben, kommen, wie aus Berlin gemeldet wird, wieder in Fluß. Die russischen Unterhändler werden nicht einmal über die Weihnachtsfeiertage Berlin verlassen.


- Neustrelitz, 18. Dec. Se. K. H. der Großherzog ist an einer Erkältung erkrankt und demzufolge seit einigen Tagen bettlägerig. J. K. H. die Großherzogin, die vor einigen Tagen leicht erkrankt war, ist bereits wieder hergestellt. S. K. H. der Großherzog hat wegen seiner Erkrankung die öffentlichen Weihnachtsbescherungen abbestellt.
- Aus Klütz schreibt man: Als eine große Seltenheit ist es wohl anzusehen, wenn man einige zwanzig lebende Maikäfer acht Tage vor Weihnacht zu sehen bekommt. Dies war hier der Fall. Ein Schulkind zeigte seinem Lehrer über 20 lebende Maikäfer. Es hatte dieselben hinter dem Pflug gesammelt und schon eine große Portion den Hühnern vorgeworfen. Sie befinden sich dicht unter der Oberfläche, denn es ist ein Kleeschlag gewesen, welcher nur flach umgeschält ist. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, so ist auch dies ein sicherer Beweis, daß wir einen gelinden Winter zu erwarten haben. Bekommen wir aber doch große Kälte, so sind wir von einer großen Maikäferplage für das Jahr 1894 befreit.
- Am 13. d. M. wurde im Revier Gnewitz der Oberförsterei Lüttenhagen bei Feldberg eine starke Rotte Sauen mit Netzen eingestellt, um das Ueberhandnehmen des Schwarzwildes zu verhindern. Es kamen 20 Sauen und 7 Stück Dammwild zur Strecke.
- Viele Viehbesitzer in Mirow, die der Güstrower Viehversicherung als Mitglieder angehörten, sind durch den Bankerott der Gesellschaft in die unangenehme Lage versetzt, zu der Passiva der Casse 10 pCt. der Versicherungssumme beitragen zu müssen, was in einem Fall 1700 Mark betragen soll.
- Am letzten Sonntag trat ein katholischer Arbeiter in der Kirche zu Neese bei Grabow zur evangelisch=lutherischen Kirche über.
- Die Pachtung des Hofes Strohkirchen bei Rehna soll zu sofort eventuell zu Johannis 1894 abgestanden werden. Die Pachtzeit läuft bis Johannis 1897 und beträgt die jährliche Pachtsumme 21 500 M. Die Größe des Hofes beläuft sich auf ca. 383 ha oder 176 700 Quadratruthen. Meldungen sind an den Concursverwalter Tretow zu Hof Parber zu richten.

[ => Original lesen: 1893 Nr. 100 Seite 6]

- Die auf den 16. Decbr. in Grevesmühlen im Hotel "Zum Großherzog" angesetzte Versammlung von Interessenten behufs der Gründung einer Zuckerfabrik Grevesmühlen war sehr zahlreich besucht. 65-70 Herren, größtentheils aus der Umgegend, aber auch aus der Nähe Wismars hatten sich eingefunden. Es wurde ein Anschlag auf 5000 Morgen Rübenacker gemacht, wovon 3800 Morgen sogleich gezeichnet wurden. Die Ausführung des Projects scheint gesichert, da man die fehlenden 1200 Morgen ohne Schwierigkeit zu erlangen hofft. Von der Constituirung einer Vereinigung hat man indeß vorläufig noch abgesehen, da man erst abwarten will, wie sich die Aussichten auf Verwirklichung des Bahnprojects Grevesmühlen-Klütz-Wismar gestalten.
- Eine elektrische Wasserreinigung hat der Chemiker Oppermann in Schwerin erfunden, wodurch es möglich ist, die Truppen im Felde mit reinstem Trinkwasser zu versorgen. Der Reinigungseffect wird ausschließlich durch electrolytische Zersetzungsprodukte bewirkt, welche wiederum ebenfalls durch den Einfluß der Electricität aus dem Wasser entfernt werden, worauf eine Filtration alle ausgeschiedenen Stoffe beseitigt. Die Reinigung völlig unbrauchbaren Wassers erfordert eine Stunde, und weniger schlechten 50 Minuten, alsdann es bei vollster Klarheit und Geruchslosigkeit einen reinen Geschmack hat. Auf Anordnung des Kriegsministers nahm Herr Opperman mit dem Oberstabsarzt Dr. Winckler=Schwerin Versuche vor, und die Proben nebst rohem Wasser wurden zur Untersuchung an das königl. Sanitätsamt in Altona gesandt, welches alsdann an das Kriegsministerium darüber günstig berichtet hat.
- Hauseinsturz zu Schwerin. Die Bewohner der unteren Fritz Reuterstraße wurden am 20. d. bald nach Mittag durch ein plötzliches starkes Geräusch nicht wenig erschreckt. Es war nämlich das von dem Bauunternehmer aufgeführte und im Rohbau fast vollendete neue vier Stockwerke zählende Haus an der genannten Straße zum großen Theil in sich zusammengebrochen. Von den daran arbeitenden Maurern und Arbeitsleuten wurde glücklicher Weise niemand verletzt. Dieselben waren nämlich auf dem Hintertheil des Hauses beschäftigt, der stehen geblieben ist. Das Gerüst des Hauses war quer über die Straße gestürzt und hatte im Fallen die Fenster des gegenüberliegenden Hauses zerschlagen. Von den vielen Passanten der Straße wurde auch niemand verletzt.
- Aus Wietzow. Wie das "Demm. Tagebl." erfährt, ist die Gräfin Blücher in Wietzow vor Kurzem nach Italien abgereist. Ihr gegenwärtiger Zustand soll eine Entfernung aus den Räumen, in denen sie von einem so schweren Unglück (die Ermordung ihres Gemahls und ihre eigenen schwere Verwundung durch den Gutsgärtner) betroffen wurde, notwendig gemacht haben.
- In der Besoldung der Postagenten tritt Zeitungsnachrichten zufolge vom 1. April nächsten Jahres ab eine Aenderung ein. Vom genannten Zeitpunkte ab bekommen die Postagenten eine bestimmte Summe an Gehalt, alle bisherigen Einnahmen an Ortsbestellgeldern, Zeitungsbestellgeld etc. fließen dagegen in die Postcasse. Im Reichspostamt ist man auch bereits der Frage der Pensionsberechtigung der Postagenten näher getreten.


- In Stuttgart wird General v. Falkenstein z. Zt. Flügel=Adjutant des Königs von Württemberg, als Träger der Idee bezeichnet, aus dem württembergischen Kriegsministerium ein bloßes Militärkabinett zu gestalten. General von Falkenstein soll auch an den mehrerwähnten Besprechungen zwischen dem Kaiser und dem König von Württemberg in Bebenhausen teilgenommen haben.
- Auch unter den Offizieren der Frankfurter Garnison tauchen bereits, wenn auch vorläufig nur vereinzelt, Träger der neuen hechtgrauen Offiziersmäntel auf. Es giebt Sachverständige, die das Tragen so auffälliger und von der Ausrüstung der Mannschaften abstechender Kleidungsstücke für sehr bedenklich im Kriegsfall erachten, weil es den feindlichen Schützen besseres Ziel giebt und das Erschießen der Offiziere erleichtert.
- Im Interesse der militärischen Ausbildung wird bei der nunmehrigen zweijährigen Dienstzeit sowohl der sogenannte Ernte=Urlaub, als auch der übliche Urlaub an Weihnachten, Ostern und Pfingsten in Wegfall kommen bezw. bedeutend eingeschränkt werden.
- Die "Ulmer Nachrichten" zufolge werden 120 württembergische Offiziere nach Preußen versetzt, ebenso dieselbe Anzahl preußischer Offiziere nach Württemberg.
- Aus Hannover wird folgendes gemeldet: In dem Kommers des Männergesangvereins erzählte der Liedervater Lachner, Se. Majestät der Kaiser habe beim Hofkonzert geäußert, er könne nur wünschen, daß die Kraft altniederländischer Volkslieder auf größere Volkskreise wirke. Sie seien außerordentlich begeisternd. Er wünsche ihre Verbreitung in den Schulen und habe darum auch eine Anzahl Gymnasialdirektoren eingeladen, die Lieder anzuhören und für ihre Schulen zu verwerthen.
- In Parlamentskreisen verlautet, die Tabaksteuer werde am 11. Januar zur Berathung kommen.
- Verlobung im österreichischen Kaiserhaus. Schon seit einiger Zeit sprach man in Wien davon, daß eine Verbindung zwischen der Wittwe des verstorbenen Kronprinzen Rudolf und dem präsumtiven Erben der Kronen Oesterreichs und Ungarns geplant werde, und daß die Verwirklichung dieses Gedankens namentlich ein Herzenswunsch des Kaisers Franz Joseph sei. Die wiener Blätter hatten bis jetzt discret vermieden, mehr als Andeutungen zu veröffentlichen. Nun aber glaubt die "Deutsche Ztg." die ihr gerüchtweise zugegangene Nachricht nicht verschweigen zu können, daß sich am Sonnabend Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich=Este mit der Kronprinzessin "Wittwe Stephanie verlobt habe. Der Erzherzog ist heute 30 Jahre alt geworden, die Kronprinzessin, wie man weiß, eine geborene Prinzeß von Belgien, vollendet im Mai das dreißigste Lebensjahr, ihr einziges Töchterchen, Erzherzogin Elisabeth, ist jetzt 10 Jahre alt. Man wird jetzt von beglaubigterer Seite eine Aeußerung zu erwarten haben, ob die Meldung der Deutschen Zeitung auf etwas Tatsächlichem fußt.
- Die französische Kammer macht jetzt rasche Arbeit; sie hat am Freitag in sehr bewegter Sitzung die drei noch übrigen Gesetzentwürfe zur Bekämpfung des Anarchismus: über die Explosivstoffe, über die Vereinigungen, welche verbrecherische Zwecke verfolgen, und über die Verstärkung der Polizei mit bedeutenden Majoritäten angenommen.
- Auf Grund der Reklamationen seitens des bisherigen Ministers des Auswärtigen, Brin, theilte die französische Regierung mit, sie stellte der italienischen Regierung 420 000 Franks als Entschädigung für die in Aignes Portes erschlagenen 12 Italiener zur Verfügung.
- Eine neue Ausschreitung, begangen von Franzosen an deutschen Reisenden, ist in Straßburg amtlich zur Anzeige gekommen. Drei Süddeutsche, die von Paris über Chalons nach Deutschland zurückfuhren, wurden unterwegs von einigen im Wagen mitfahrenden Franzosen, unter denen sich auch Soldaten befanden, aufs Gröblichste mißhandelt. Dem einen warfen sie den Hut zum Fenster hinaus, dem andern zerrissen sie den Schirm, dem dritten hielten sie ein brennendes Streichholz an Haupt= und Barthaar. Die drei Deutschen mußten in Chalons in einen anderen Wagen flüchten. Derjenige, dessen Hut entrissen worden war, machte in Saarburg, wo er von dem Bahnhofswirth einen anderen erhielt, bei der Polizei Anzeige von dem Vorfalle.
- Der berüchtigte afrikanische Sklavenhändler Tippu Tipp beabsichtigt dem König von Belgien einen Besuch abzustatten. Er ist, wie dem Depeschen=Bureau "Herald" aus Paris gemeldet wird, bereits auf dem Weg nach Europa und wird in den nächsten Tagen in Bordeaux erwartet.
- Die Witwe des verstorbenen holländischen Gesandten am Englischen Hof, des Grafen von Bylandt, ist vor kurzem mit ihrem Sohn in Rom zur katholischen Kirche übergetreten. Es erregt dies um so mehr Aufregung, als man wissen will, daß andere vornehme niederländische Familien mit derselben Absicht umgehen sollen.

[ => Original lesen: 1893 Nr. 100 Seite 7]

- Im Hamburger Fahrkartenprozeß sind gegen 22 Schaffner Gefängnißstrafen von 3 Monat bis 2 Jahr 3 Monat verhängt, gegen 2 Viehhändler ist auf Geldstrafe, gegen 19 auf Gefängniß und Geldstrafe erkannt; 5 Schaffner und 2 Viehhändler sind freigesprochen.
- Von den auf der Weltausstellung in Chicago verteilten Prämien sind 63 pCt. Ausländern zugefallen, während die Amerikaner nur 37 pCt. erhalten haben.
- Der in Frankreich gezogene Fuchs=Hengst "Programme" ist für das Mecklenburgische Gestüt Redefin zum Preis von 45 000 Francs angekauft worden.
- In Hamburg starb Adolf Godeffroy, Mitbegründer und langjähriger Vorsitzender des Aufsichtsraths der Hamburg=Amerikanischen Packetfahrt=Gesellschaft nach kurzer Krankheit im 80. Lebensjahre.
- Bei der Anlegung eines Saatkampes im Görlitzer Stadtwald haben einige Kulturarbeiterinnen 138 Thalerstücke aus den Jahren 1790, 1800 und 1815 gefunden.
- In Freiburg i. Br. ist am Freitag ein Corpsstudent (Rhenane) plötzlich gestorben. Es geht das Gerücht, daß eine bei einer Mensur erhaltene Verwundung die mittelbare Ursache des Todes sei.
- Die Leiche des vor 14 Tagen in so geheimnißvoller Weise verschwundenen Zadock Oudrum, des Leibkammerdieners Gladstones, hat man jetzt in der Themse aufgefunden. Die Leiche war in den Ketten einer Barke verwickelt; ein Bein war gebrochen und auch sonst verstümmelt, doch scheinen die Verstümmelungen erst erfolgt zu sein, nachdem der Tod bereits eingetreten war.
- Der bisher noch immer unverkaufte "größte Diamant der Welt," der in den Minen von Jagersfontein gefundene "Excelsior" ist jetzt in der Bank von England hinterlegt worden. Nach der Meinung des Bergwerksinspektors Jorganson ist es ein Stein vom reinsten Wasser und sein Werth ist eine Million Sterling. Außergewöhnliche Vorsichtsmaßregeln wurden getroffen, um ihn von der Mine nach der Küste zu transportieren. Der Stein wurde an Bord des Kanonenbootes "Antilope" nach London gebracht.
- Der größte Hund der Erde. "Lord Bute", dies der Name des interessanten Vierfüßlers, macht Anspruch darauf, der größte Hund der Welt zu sein und ist auch auf der letzten Londoner Hundeausstellung als solcher anerkannt worden. Bernhardiner von Rasse, hat Lord Bute eine Höhe von 1,10 Meter und wiegt 247 Pfund; auf 26 Ausstellungen hat dieser "Elephant unter den Hunden" erste Preise und zahlreiche Medaillen davongetragen. Vor kurzem ging das prächtige Thier um den Preis von etwa 80 000 M. in den Besitz eines reichen Amerikaners über.
- Ein spezifisches Heilmittel gegen Influenza soll mit dem Salipyrin nach Mitteilungen des Prof. Dr. v. Mosengeil in Bonn gefunden sein. Dasselbe wirke absolut sicher, sei unschädlich, Nerven beruhigend und Schlaf bringend. Weiter ist Prof. v. Rosengeil zu dem Resultat gelangt, daß das Salipyrin sich auch bei Erkältungen, Schnupfen u. katarrhalischen Halsaffektionen ganz vorzüglich bewährt und eine überraschende Wirkung zeigt. Um das Salypyrin auch als ein Hausmittel den weitesten Kreisen zugänglich zu machen, ist dasselbe in Tabletten à 1 Gramm, die sehr bequem einzunehmen sind, seit kurzem in sämtlichen Apotheken zu erhalten.
- Ueber das Verhalten von Thieren bei sehr tiefer Temperatur veröffentlicht soeben in den "Archives des Sciences physiques et naturelles" Prof. Raoul Pictet, bekannt durch die von ihm zuerst ausgeführte Verflüssigung des Wasserstoffs, Sauerstoffs, eine Reihe von Versuchen. Die Gegenstände wurden in einen doppelwandigen Kälteschacht gebracht, dessen Wände durch Verdampfen von flüchtigen Flüssigkeiten, einschließlich der flüssigen Luft, auf einer niedrigen Temperatur (bis zu - 200 Grad. C.) erhalten wurden Bei den Beobachtungen machte Pictet auch an sich selbst einen unfreiwilligen Versuch über Verbrennung durch Kälte. Er berührte nämlich die Metallwände des Kälteschachtes, als sie eine Temperatur unter 80- Gr. besaßen, zufällig mit der Hand; sofort empfand er einen lebhaften Schmerz, der mit dem Stich einer Wespe verglichen werden konnte. Derartige Verbrennungswunden heilen viel schwerer, als solche, die durch Hitze hervorgerufen wurden. Wie die Beobachtungen Pictets an sich selbst und seinen Assistenten lehrten, dauert es über 5-6 Wochen, bis der erzeugte rothe Fleck verschwunden ist. Bei stärkerer Verbrennung (infolge längerer Berührung) entstehen bösartige Wunden, die sehr langsam heilen. Ein Tröpfchen flüssiger Luft erzeugte an Pictets Hand eine Wunde, die noch nach einem halben Jahr offen war, während 10-12 Tage genügten, um eine etwa gleichzeitig davongetragene ernstliche Hautabschürfung derselben Hand zu heilen. Bei allen Versuchen mit Thieren wurden diese so in den Apparat gebracht, daß sie die Wände nicht berühren konnten: auch waren sie, abgesehen von den Wasserthieren, immer nur der kalten Luft ausgesetzt; man weiß, daß die Thiere trockene Luft von +100 Gr. bis +110 Gr. einatmen können, ohne zu sterben oder verbrannt zu werden. Ebenso kann in den Kälteschacht Luft von -100 Gr. oder 130 Gr. von den Säugethieren ohne Schaden eingeathmet werden; allerdings starben die in den Schacht gebrachten Thiere nach einiger Zeit infolge der starken Wärmeausströmung in der kalten Umgebung. Die Abkühlung durch Strahlung hat Pictet an sich selber beobachtet, indem er den nackten Arm bis über den Ellenbogen in den auf -105 Gr. gehaltenen Schacht senkte, ohne die Wände zu berühren. Er hatte dabei auf der Haut und in der ganzen Dicke der Muskeln eine eigenthümliche Empfindung, die zuerst nicht unangenehm war, es aber allmählich wurde und deren Sitz die Mitte des Knochens oder die Knochenhaut zu sein schien. Die Redensart "sich bis ins Mark erkälten" scheint damit eine neue und begründete Bedeutung anzunehmen. Die Versuche an Thieren zeigen im allgemeinen, daß die Kälte um so leichter ertragen wird, je niedriger die Organisation des Thieres ist. Fische (Goldfische, Schleie) konnten (in Wasser eingefroren) auf 8-15 Gr. abgekühlt werden und schwammen nach langsamem Aufthauen munter herum. Frösche ertrugen -28 Gr., eine Schlange überlebte die Abkühlung auf -26 Gr., starb aber bei -35 Gr. Tausendfüße konnten, ohne zu sterben, auf -50 Grad abgekühlt werden, ja eine Weinbergschnecke hielt eine Abkühlung auf -110 Gr. bis -120 Gr. aus. Am erstaunlichsten aber ist, daß nach Pictets Versuchen Mikroben, Sporen, Diatomeen, Pflanzensamen mit Hülse der verflüssigten Luft auf -200 Gr. abgekühlt werden können, ohne ihre Lebensfähigkeit einzubüßen. Praktisch wichtig sind Pictets Versuche mit Eiern der Seidenraupe. Werden diese Eier sogleich nach ihrer Ablage in den Abkühlungsraum gebracht, so ertragen sie eine Temperatur von -40 Gr., ohne ihre Entwickelungsfähigkeit zu verlieren. Wenn man die so abgekühlten Eier alsdann den Bedingungen aussetzt, unter denen im Frühling, nachdem sich die Maulbeerbäume belaubt haben, das Auskriechen der Raupen stattfindet, so zeigen sie fast niemals die Krankheiten, die unter andern Umständen so häufig auftreten; die verschiedenen Schmarotzer finden keinen günstigen Boden für ihre Entwicklung, und die Raupe leidet durch deren Angriffe keinen Schaden. Mit Rücksicht auf diese bestimmten Vortheile hat die künstliche Abkühlung der Eier auch in der Seidenindustrie Eingang gefunden.
- Zu dem vielbesprochenen Schneidemühler Unglück hat der kgl. Landesgeologe Dr. Keilhack in der Dezembersitzung der deutschen geologischen Gesellschaft zu Berlin einige interessante Mittheilungen gemacht. Der Redner, der jene Gegend kartographisch aufgenommen hat und zu den besten Kennern der dortigen Bodenverhältnisse gehört, äußerte sich pessimistisch über die Zukunft der ganzen Situation. Er gab zunächst eine Erklärung über die Herkunft der Wasser, wie sie sich aus dem ganzen Aufbau der Gegend ableiten läßt. Die Stadt liegt in einem 1 1/2 Meilen breiten Thal mit steilen Rändern, welches von zahlreichen Bächen durchströmt wird, die sich wiederum zu Rinnen von bedeutender Tiefe ausgewaschen haben. Die größte

[ => Original lesen: 1893 Nr. 100 Seite 8]

dieser Rinnen ist das Thal der Kübbow, an welcher Schneidemühl in 60 m Meereshöhe liegt; hier ist nun in 72 m Tiefe, d. h. also 12 m unter dem Meeresspiegel, das verwüstende Grundwasser getroffen worden. In der weiteren Umgegend steigt das Terrain und zwar bis es in dem baltischen Höhenrücken etwa 140 m erreicht. Auf dem Scheitel desselben breitet sich die Moräne des letzten Inlandeises aus, welche wegen ihres Reichtums an abflußlosen Seen den Namen der Pommerschen Seenplatte erhalten hat. Diese Seen sind die Reservoire für die zahlreichen Quellen im Nord= und Südabhang des Rückens. Wo das Grundwasser nicht zutage treten kann, wird es noch tiefer sickern und dann unterirdisch nach irgend einer Richtung abfließen, sodaß es dort, wo es sich unter undurchlässigen Erdschichten ansammelt, unter hohem Druck stehen wird. Wird der Druck durch eine Oeffnung aufgehoben, so tritt das Wasser springbrunnenartig hervor. Merkwürdig ist die Gestalt, welche das Senkungsfeld angenommen hat. Es hat die Form einer flachen Ellipse und zwar so, daß der Brunnen in der Längsachse derselben liegt und daß noch 50 Schritt nördlich und 80 Schritt südlich von ihm der Rand der Ellipse erreicht ist; auffällig ist dies deshalb, weil man einen Kreis erwarten sollte. Man muß daher annehmen, daß das Grundwasser ein Gefälle nach Süden hat, und daß es in dieser Richtung zusammenströmt und den Untergrund auswühlt. Wenn die Theorie des Redners sich bestätigen sollte, so müßte man beim weiteren Fließen des Brunnens ein Sinken des Wasserspiegels bei einigen benachbarten Seen konstatiren können, wie ein solches ja bekanntlich bei dem Süßen und Salzigen See durch die Schächte des Mansfelder Bergbaues hervorgerufen worden ist. Endlich brachte der Redner einen Vorschlag zu Sprache, welcher dahin ging, durch Bohrungen oberhalb der Stadt mehrere Entlastungsröhren zu schaffen, in Gegenden, wo die Wasser keinen Schaden anrichten können.
- Der Dezember. Der Monat Dezember bietet dem Landmann vielfach Gelegenheit, genau auf das Wetter zu achten, da gerade die Witterung im letzten Monat des Jahres nach den alten Bauernregeln von großem Einfluß auf das Wetter der nächsten Monate ist. Von der Adventszeit, die ja auch in den Dezember fällt, heißt es:
                    Donnerts im Advent
                    Der Raps danach verbrennt,
                    Der Wind und auch der Regen,
                    wird sich sobald nicht legen.
Und vom ganzen Monat heißt es ferner:
                    Dezember veränderlich und lind,
                    Der ganze Winter ein Kind.
Das Anzeichen eines milden Winters, wird im Dezember auf mannigfache Weise kundgegeben. So heißt es u. a.:
                    Fließt jetzt noch der Birkensaft,
                    Dann kriegt der Winter keine Kraft,
während in wild= und forstreichen Gegenden die Ansicht vertreten ist:
                    Wildgänse auf offenem Wasser,
                    Ist der Winter ein nasser.
- Ein Recept gegen sozialdemokratischen Besuch auf dem Lande, das wohl der Nacheiferung werth ist, finden wir in den "Stimmen vom Rhein". Es heißt dort folgendermaßen: Sehr ergötzlich ist es vor längerer Zeit einem der Herren "Genossen" in einem rheinischen Dorfe ergangen. Der Genosse hatte einen Vortrag angesagt. Feierlicher Empfang an der Bahnstation mit Musik. Der Genosse war gerührt über den unerwarteten herzlichen Empfang. Er wollte der Rührung Ausdruck verleihen. Aber kaum hatte er sich geräuspert, da fiel die Musik ein und spielte einen Marsch, und im Marsche gings ins nahe Dorf. Im Saale angelangt, räusperte sich der Genosse wieder, aber sofort fiel auch die Musik wieder ein. Der Genosse winkte, die Musik aber spielte unermüdlich weiter. Da endlich ging dem Genossen ein "Oellämpchen" auf; er fing an zu schimpfen, aber seine Worte gingen unter in dem Marsche: "Muß i denn, muß i denn zum Städ'le hinaus". Er verstand den Wink und trollte wieder der Eisenbahnstation zu. Abermals feierliche Begleitung mit Musik, und unter den Klängen der Musik, fuhr der Herr Genosse bald darauf wieder von dannen.


Anzeigen.

Die armen Fallsüchtigen

mit ihren vielen Leidens= und Freudesgefährten in der Zionsgemeinde zu Bielefeld, darunter viele Waisen aus allen Theilen Deutschlands und der ganzen Erde, deren sonst Niemand gedenkt, blicken wieder hoffnungsvoll und freudevoll auf das nahe Weihnachtsfest und bitten ihre alten und neuen Freunde: "Vergeßt uns auch diesmal mit Eurer treuen Liebe nicht!" - Es bittet mit ihnen und erbietet sich als Vermittler auch der kleinsten Gabe in Geld oder natura für die ca. 4000 Zugehörigen der Anstalten Bethel, Sarepta, Nazareth, Wilhelmsdorf, die zur Zionsgemeinde in Bielefeld gehören, und denen unsererseits eine Weihnachtsfreude bereitet werden soll.
Bielefeld, 6. Dezember 1893.

                                                    von Bodelschwingh, Pastor.


Hugo Heincke

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