No. 58
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 28. Juli
1893
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1893 Nr. 58 Seite 1]

        - Nr. 15 des "Officiellen Anzeigers für das Fürstenthum Ratzeburg" pro 1893 enthält
    II. Abtheilung.

(1.) Bekanntmachung, betr. Aenderungen der deutschen Wehrordnung.
(2.) Bekanntmachung, betr. die für Leistungen an das Militär zu vergütenden Durchschnittspreise von Naturalien pro Monat Juni 1893.
  III. Abtheilung. Dienst= etc. Nachrichten.


Eine Wehrsteuer.

Auch die "Grenzboten" sprechen sich jetzt, wie es in d. Bl. schon während der Wahlbewegung geschehen ist, für die Einführung einer Wehrsteuer aus.
Es ist eine große Ungerechtigkeit, heißt es in den "Grenzboten", die militär= und kriegspflichtigen Staatsbürger ebenso hoch zu besteuern wie die militärfreien. Es wäre nur eine ausgleichende Gerechtigkeit, wenn man die militärfreien, steuerpflichtigen Personen höher besteuerte, als die zum Heeresdienst und Kriegsdienst verpflichteten. Wer zum Waffenhandwerk untauglich ist, der ist es in den meisten Fällen noch lange nicht zu anderer Arbeit. Er hat sogar von dieser Untauglichkeit oft Vortheile. Der Dienstpflichtige verläßt zwei oder drei Jahre seinen Beruf, erwirbt nicht nur nichts in dieser Zeit, sondern setzt gewöhnlich noch seine Ersparnisse oder die Ersparnisse der Eltern zu. Nach der Dienstzeit ist er nicht frei und unabhängig wie der militärfreie Mann, sondern fortwährend in seiner Berufsthätigkeit gestört durch An= und Abmeldungen, Kontrollversammlungen, Einberufungen u. s. w. Bricht ein Krieg aus, so hat er Gesundheit und Leben aufs Spiel zu setzen. Von all diesen Opfern bleibt der Militärfreie verschont; er ist seinen Jugendgenossen nicht nur um 2 oder 3 Jahre zuvorgekommen, sondern wird auch in allen Berufsarten vorgezogen, weil militärische Störungen bei ihm nicht vorkommen. Es giebt in Deutschland etwa zwei und eine halbe Million junger Leute im Alter von zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren. Jeder Jahrgang enthält also durchschnittlich 500 000 junge Leute; von diesen werden gebraucht und zum Militärdienst einberufen, nachdem die Militärvorlage durchgegangen ist: 240 000 Mann. Es bleiben also von jedem Jahrgang 260 000 junge Leute übrig, die als Ueberzählige oder Untaugliche nicht zu dienen brauchen. Rechnen wir von dieser Zahl 100 000 Leute ab, die durch Auswanderung oder Tod abgehen oder als arbeitsunfähige Krüppel überhaupt nicht in Anrechnung kommen, so bleiben jedes Jahr noch 160 000 arbeitsfähige und steuerpflichtige Leute übrig, die von allen Opfern der allgemeinen Wehrpflicht verschont sind, während jene 240 000 militärpflichtigen Leute die doppelte Last der Wehrpflicht und der Steuer zu tragen haben. Hier muß unbedingt eine Wehrsteuer ausgleichend eintreten. Wer nicht selbst zur Waffe zu greifen braucht, wer sich und sein Eigenthum von Anderen vertheidigen läßt, muß dafür eine besondere Leistung übernehmen. Der Militärpflichtige bleibt jetzt achtzehn Jahre in der Linie, Reserve und Landwehr. Achtzehn Jahre hindurch hätte also jeder militärfreie, steuerpflichtige Mann die Wehrsteuer zu entrichten, die theilweise zur Entlastung der steuerzahlenden militärpflichtigen Personen verwendet werden müßte. Das würde sehr segensreich wirken. Der "gediente" Mann würde von seiner Dienstpflicht nicht nur Nachtheile, sondern auch einmal Vortheile sehen und dem Militarismus gegenüber nicht mehr eine so drohende Haltung einnehmen, wie es jetzt so oft geschieht. Rechnen wir an Wehrsteuer für den Kopf durchschnittlich nur zehn Mark, so würde das schon eine Summe von mehr als zwanzig Millionen jährlich ergeben.


- Das Kaiserpaar wird dem Vernehmen nach bei Gelegenheit der diesjährigen Kaisermanöver auch der Stadt Köln einen Besuch abstatten; der Kaiser wird nur kurze Zeit, die Kaiserin hingegen einige Tage daselbst verweilen.
- Kaiser Wilhelm trifft am Sonntag nachmittag in Cowes in England an Bord der "Hohenzollern" ein und wird dort 6 Tage verweilen. Wie aus Pest gemeldet wird, wird Kaiser Wilhelm vom 15. bis 18. September an der Jagd auf Wasservögel bei Battina theilnehmen. Es werden drei Dampfer für die Fahrt auf der Donau vorbereitet.
- Dem "Reichsanzeiger" zufolge sind die ermäßigten Ausnahmetarife für Futter= und Streumittel nunmehr auf die Eisenbahnen des ganzen Reichsgebietes ausgedehnt worden.
- Die deutsche Manöverflotte soll wegen des Ausbruchs der schwarzen Blattern in Bergen nicht nach Norwegen gehen, sondern in der Ostsee verbleiben.
- Auch der deutsche Bundesrath ist nunmehr in die Ferien gegangen. Am vorigen Sonnabend hat noch eine Sitzung stattgefunden; wie verlautet, wird die nächste Sitzung erst Ende September abgehalten werden.
- Aus Posen kommt die Meldung, daß in den nächsten Tagen voraussichtlich auch ein russisches Ausfuhrverbot für Stroh und Heu zu gewärtigen sei.
- Auch aus Belgrad kommt die Nachricht, das die serbische Regierung ein Futterausfuhr=Verbot zu erlassen gedenke.
- Von der preußischen Staatsbahn=Verwaltung war in Anregung gebracht worden, die zunächst auf den preußischen und oldenburgischen Staatseisenbahnen sowie den Reichseisenbahnen in Elsaß=Lothringen im Binnen= und Wechselverkehr eingeführten weit ermäßigten Ausnahmetarife für Futter= und Streumittel auf alle direkten Verkehre innerhalb Deutschlands auszudehnen. Dieser, vom Reichs=Eisenbahnamt unterstützte, namentlich auch zur Erleichterung des Austausches zwischen den verschiedenen Bezirken geeignete Vorschlag hat nun, wie der Reichsanzeiger meldet, bei sämmtlichen deutschen Staatsbahn=Verwaltungen wie auch mit verschwindenden Ausnahmen bei den Privat=Eisenbahnen Annahme gefunden, sodaß jene Ausnahmetarife sich nunmehr über das ganze Gebiet des Reichs erstrecken.

[ => Original lesen: 1893 Nr. 58 Seite 2]

- Die Finanzminister=Conferenz in Frankfurt a. M. soll am 8. August beginnen.
- Die Finanzminister=Konferenz. Der bevorstehenden Konferenz der deutschen Finanzminister in Frankfurt a. M. widmet die "Norddeutsche Allgemeine Ztg." eine bemerkenswerthe Besprechung, in der sie darauf hinweist, daß der Zustand unhaltbar sei, im Reiche Bedürfnisse anzuerkennen, für deren Deckung die Einzelstaaten in Anspruch genommen werden müssen. An Stelle der daraus entstehenden Unsicherheit in der Finanzgebahrung des Reiches und der Einzelstaaten müsse eine gewisse Stabilität treten. Würden die Matrikularbeiträge auf eine Reihe von Jahren fixiert werden, so wüßten die Einzelstaaten schon in ganz anderem Sinne als bisher, woran sie in finanzieller Beziehung seien, und wie sie sich am besten einzurichten hätten. Andererseits aber befände sich auch der Reichsschatzsekretär in einer günstigeren Lage, als es zur Zeit der Fall ist, denn er könnte dem Reichstag gegenüber auf seinem Schein bestehen, daß dieser ihm helfen und sich mit ihm über die betreffende Deckung neu entstehende Lasten verständigen müsse und nicht, wie bisher, sich damit getrösten könne, daß die Einzelstaaten ja schließlich doch einspringen müßten. Der preußische Finanzminister Dr. Miquel habe schon vor Jahr und Tag seine Meinung dahin abgegeben, daß ebenso, wie ganz bestimmte Arten von Steuern dem Reiche, andere am besten den Einzelstaaten und wiederum andere den Kommunen zuzuweisen. Die soeben im preußischen Landtag beendete große Aktion, durch die ermöglicht wird, daß der Staat die direkten und die Kommunen die Ertragssteuern ihrer Eigenart und den Anforderungen der Zeit entsprechend ausbauen können, scheine nicht geringe Bürgschaft dafür zu bieten, daß es mit der Zeit auch gelingen dürfte, den besten Weg einer schiedlichen und friedlichen Auseinandersetzung zwischen Reich und Einzelstaaten in finanzieller Beziehung zu beschreiten und damit einen Zustand herbeizuführen, bei dem sich alle Betheiligten wohler fühlen dürften, als dies unter den obwaltenden Verhältnissen möglich sei.
- Die Einführung des russischen Maximaltarifs gegen Deutschland und die eventuell darauf folgender Gegenmaßregeln der betr. Staaten, werden auf den deutschen Getreidehandel voraussichtlich von nur geringem Einfluß bleiben. Seit nahezu 3 Jahren hat Deutschland seinen Bedarf an Brodkorn ohne Beihilfe von Rußland gedeckt und der hauptsächlich für die Preisbildung bestimmende Faktor war die Größe der Ueberschüsse, welche Nordamerika, Argentinien, Ostindien und Australien für den Bedarf Westeuropas liefern konnten. Rußland hat in Folge davon seine frühere Bedeutung im Weltmarkt für Getreide fast ganz eingebüßt. Schon im Jahre 1892 hat sich Rußlands Getreideexport nach Deutschland um 60 Millionen Rubel vermindert, und in diesem Jahre ist derselbe noch unbedeutender geworden. In den ersten vier Monaten sind in Deutschland aus Rußland in Doppelcentnern à 100 kg. eingeführt: 60,327 Weizen, 155,922 Roggen, 4348 Hafer, 533,531 Gerste und 38,261 Mais. Dabei betrug die Gesammteinfuhr Deutschlands in den ersten vier Monaten d. J. in Doppelzentnern: 2,581,776 Weizen (gegen 5,978,995 in den ersten vier Monaten 1892) 657,890 Roggen (3,487,430), 347,163 Hafer (344,161), 2,401,031 Gerste (252,517) und 1,674,954 Mais (4,158,621). Die Einfuhr aus Rußland betrug in allen Getreidesorten nur einen geringen Theil des Gesammtimports Deutschlands. Der einzige Artikel, in welchem Rußland die Hauptbezugsquelle war, ist Roggen, während Deutschland der Hauptkäufer dafür war. Wie leicht aber auch in Deutschland der Konsum von Roggen eingeschränkt resp. durch andere Getreidesorten ersetzt werden kann, haben wir in dem Erntejahre 1891/92 gesehen, und es ist mit Zuversicht darauf zu rechnen, daß Deutschland auch in diesem Jahre für seinen Bedarf Abgeber finden wird. Namentlich werden uns die nicht mit Getreidezöllen belasteten Staaten ihren Roggen liefern und den eigenen Bedarf in russischer Waare decken. Diesen Ländern wird aus der Maßregel Rußlands gegen Deutschland ein Vortheil erwachsen. Im Ganzen hat Rußland über seine europäische Grenze Waaren im Werthe von rund 400 Millionen Mark ausgeführt. Eine wesentliche Minderung dieser Ausfuhr durch Zollerhöhungen seitens der von dem Maximaltarif betroffenen Staaten würde von Rußland schwer empfunden werden. Bezeichnend ist, daß sich diese Besorgniß deswegen bereits Ausdruck verschaffte, daß, wie bestimmt verlautete, für Rechnung der russischen Regierung an der gestrigen Börse enorme Summen von russischen Noten gekauft wurden, um den Kurs derselben zu halten.
- Dem Vernehmen nach sollen bei den Garde=Infanterie=Regimentern die vierten Bataillone schon am ersten October ds. Js. formirt werden. Die Stämme werden dazu, wie bei allen Neuformationen, aus den bestehenden Truppentheilen entnommen. Um die Zahl der Unteroffiziere gleich annähernd voll zu machen, sollen die auf Kommandos befindlichen Unteroffiziere durch Gefreite abgelöst und in die Front wieder eingereiht werden.
- Seit einiger Zeit werden aus Südafrika über Hamburg Rinder eingeführt, die zur Aufzucht in Schleswig=Holstein bestimmt sind.
- Auf der Elbe bei Hamburg wurde am Sonntag ein Boot, in dem sich neun Personen befanden, von einem Dampfer angerannt und kenterte. Drei der Insassen ertranken, die übrigen wurden gerettet.
- In welchem Umfang dem Hamburger Staat aus der Choleraepidemie des vorigen Jahres die öffentliche Waisenpflege erwachsen ist, ergiebt sich aus einem Nachtragsetats des Waisenhauses. Danach sind im Waisenhause selbst 600 Kinder statt bisher 400 zu verpflegen. Die Zahl der außerhalb Hamburgs untergebrachten Waisen wird auf rund 1000 angegeben und die der sogenannten Kostkinder auf 2600, so daß dem Staat etwa 4200 Kinder zur Last fallen. Im Vorjahr hat die Zahl der Waisen etc. kaum die Hälfte betragen. Ein eingehender Bericht über die Waisenpflege ist demnächst zu erwarten.
- In Gera sind die schwarzen Pocken ausgebrochen. In einem Hause allein sind 8 Fälle konstatiert, Die Epidemie herrscht schon geraume Zeit; ihr Vorhandensein ist aber jetzt erst zur öffentlichen Kenntniß gelangt.
- Die diesjährig Hauptversammlung des deutschen Apothekervereins findet am 6. und 7. September in Frankfurt a. M. statt.
- Gegen 9 Reservisten eines Berliner Regiments, die in einer Schenkwirthschaft sozialistische Lieder gesungen haben, ist auf Anzeige eines Gensdarmen die militärgerichtliche Untersuchung eingeleitet worden.
- In Alessandria in Oberitalien sind am Sonnabend vierzehn Choleratodesfälle vorgekommen.
- Der Direktor der Papierfabrik Kasakow in Astrachan hat nach mehrmonatlichen Versuchen die Herstellung einer neuen Papiermasse aus Schilfrohr erfunden. Man neigt zu der Annahme, daß diese Erfindung eine völlige Umwälzung in der Papier=Fabrikation hervorrufen wird.
- Nach den Berichten aus Ost=Steiermark ist der Hopfen fast vollständig mißraten, man befürchtet einen Ausfall der Produktion um 1/2 Million.
- Von einem heftigen Unwetter sind die Grafschaften Cumberland und Westmoreland in Neuschottland heimgesucht worden. Es zerstörte die Ernte, zertrümmerte die Fenster in zahlreichen Häusern und verursachte außerdem noch großen Schaden. Die Hagelkörner waren 7/8 Zoll im Durchmesser und bedeckten den Erdboden in einer Höhe von 3 Zoll.
- Der "Times" wird aus Bangkok gemeldet, daß das von Frankreich geforderte Territorium 95 000 englische []Meilen umfaßt. Thatsächlich verlange Frankreich die Zerstückelung und den Ruin Siams. Frankreichs Handel mit Siam habe sich im Jahre 1892 auf 8000 Pfund belaufen, während der Werth der britischen Waaren, die sämmtlich in britischen Schiffen eingeführt wurden, 2 1/2 Million Pfund betragen habe. In Siam befänden sich 13 500 britische Unterthanen und nur 250 französische. Frankreichs Angriff auf Siam sei in Wirklichkeit nur gegen England gerichtet. Die Situation sei zweifellos eine sehr ernste.
- Präsident Carnot ist noch immer krank und leidet an Darmverstopfung und schwerer Verdauungsstörung; die Aerzte befürchten eine Darmverletzung.
- Die französische Regierung hat der englischen auf mündlichem Wege mittheilen lassen, daß sie die Absicht habe, die siamesische Küste zu blokiren.

[ => Original lesen: 1893 Nr. 58 Seite 3]

- Ein Verbrechen wie es entsetzlicher in den Annalen der Kriminalgeschichte wohl kaum dagewesen sein dürfte, wird aus Brüssel gemeldet. In Waterloo hat der Fleischhauer Grimoprezs sein eigenes Kind getödtet; der Mörder zerlegte die Leiche und verkaufte die einzelnen Theile als Fleischwaare in seinem Laden. Grimoprezs Knecht erstattete die Anzeige. Der Mörder wurde verhaftet, und die Bevölkerung konnte nur mit Mühe davon abgehalten werden, das Ungeheuer in Menschengestalt zu lynchen. Geistesgestört? So kann man nur fragen und - wünschen!
- In Paris hat sich in den letzten Tagen ein gräßlicher Vorfall ereignet. Ein Schuster namens Ancelin in der Rue Tournefort wurde in der Nacht von seiner wüthend gewordenen Zimmerkatze im Schlafe überfallen und fürchterlich zugerichtet. Schlaftrunken, vor Schmerz fast von Sinnen und nicht wissend, wie ihm geschah, verteidigte sich Ancelin nur unwirksam, so daß das tolle Thier Zeit hatte, ihm die Nase und ein großes Stück der rechten Wange wegzubeißen. Auf Ancelin's fürchterliches Geschrei eilten die Nachbarn herbei, befreiten ihn endlich und schlugen die Katze todt. Ancelin wurde in Pasteur's Anstalt geschafft. Dieses Vorkommniß möge Katzenliebhabern, welche dieses Hausthier auch Nachts in ihrem Schlafzimmer dulden, zur Warnung dienen!
- Oesterreichischer Hafer wird gegenwärtig in Oberschlesien zu billigen Preisen stark angeboten. Die Offerten sollen indirekt von den österreichischen Proviantämtern herrühren, welche mit den alten Vorräthen geringer Qualität räumen wollen, um neue Waare einzulagern.
- Von Frankreich aus ist an mehrere Hamburger Geschäftsleute das Ersuchen gerichtet worden, für jeden Preis Futterstoffe aufzukaufen und dieselben an näher bezeichnete Adressen in Frankreich zu senden. Dem Ansuchen ist von keinem der Betreffenden Folge gegeben worden.


Anzeigen.

Der Matrose Peter Joachim Heinrich Carl Stegmann, geb. am 18. November 1870 zu Rottendorf zuletzt daselbst

wird beschuldigt,
- als Wehrpflichtiger in der Absicht, sich dem Eintritte in den Dienst des stehenden Heeres oder der Flotte zu entziehen, ohne Erlaubniß das Bundesgebiet verlassen oder nach erreichtem militärpflichtigen Alter sich außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten zu haben,
- Vergehen gegen § 140 Abs. 1 Nr. 1 St.=G.=B.
Derselbe wird auf

Dienstag den 3. October 1893
Vormittags 9 Uhr

vor die Strafkammer bei dem Großherzoglichen Amtsgerichte zu Schönberg i. Meckl. zur Hauptverhandlung geladen.
Bei unentschuldigtem Ausbleiben wird derselbe auf Grund der nach § 472 der Strafprozeßordnung von dem Herrn Civilvorsitzenden der Ersatz=Commission des Aushebungsbezirks für das Fürstenthum Ratzeburg zu Schönberg über die der Anklage zu Grunde liegenden Thatsachen ausgestellten Erklärung verurtheilt werden.
Neustrelitz, den 4. Juli 1893.

Der erste Staatsanwalt.
Beglaubigt Blank
L. G. Protokollführer.


Oeffentliche Versteigerung.
Mittwoch, den 2. August d. J.
Vormittags 11 Uhr,

sollen auf der Feldmark Palingen:

circa 30 Scheffel Aussaat Hafer
und 10 Scheffel Aussaat Gerste
auf dem Halme, in kleineren Caveln öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung verkauft werden. Sammelplatz der Käufer beim Krüger Oldenburg in Palingen.
Schönberg, den 26. Juli 1893.

                                                    Staffeldt, Gerichtsvollzieher.


Oeffentliche Versteigerung.
Mittwoch, den 2. August d. J.
Nachmittags 2 Uhr,

sollen in Herrnburg:

1 Stuhlwagen,
50 Mille Torf und
1 Partie Hafer auf dem Halme,
öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung verkauft werden. Versammlung der Käufer im Kruge der Frau Lohse in Herrnburg.
Schönberg, den 27. Juli 1893.

                                                    Staffeldt, Gerichtsvollzieher.


Torf=Auction
im Vitenser Forste
auf dem Woitendorfer Moore

am Montag den 31. Juli 1893 unter den an Ort und Stelle zu verlesenden Verkaufsbedingungen, über

450 mille Baggertorf.
Versammlung Morgens 9 Uhr bei der Torfhütte.
Vitense den 24. Juli 1893.

                                                    L. Wiegandt,
                                                    Großherzoglicher Revierförster.


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[ => Original lesen: 1893 Nr. 58 Seite 4]

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Kiel.                                                      J. H. F. Tiedemann, Direktor.
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Von den Hauswirthen des Fürstenthums wurden wir beauftragt, S. K. H. dem Großherzoge Friedrich Wilhelm und I. K. H. der Frau Großherzogin Augusta Caroline zu AllerhöchstIhrer goldenen Hochzeitsfeier die Glückwünsche der Ratzeburger Hauswirthe persönlich auszusprechen. Wir haben uns dieses Auftrages am 20. Juli cr. entledigt, II. KK. HH. der Großherzog und die Frau Großherzogin haben unsere Glückwünsche huldvollst entgegen zu nehmen geruht und uns beauftragt, den Hauswirthen des Fürstenthums Allerhöchst Ihren innigen Dank für die gesandten Glückwünsche auszusprechen.
Schönberg, den 25. Juli 1893.

                                                    Hauswirth Retelsdorf, Gr. Mist.
                                                    Hauswirth Damm, Schl.-Sülsdorf.


Zu sogleich oder Michaelis stehen                          
Parterre Wohnungen
zu vermiethen.                                                    
                                                    Johanna Creutzfeld.


Am Freitag dieser Woche werden auf der Feldmark Hof Lockwisch Rübsenschoten verbrannt.

                                                    Dierking.


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                                                    C. Krapp.
                                                    Butterhandlung, Lübeck.


Neuen
Sommerfang=Hering
empfiehlt                          
                                                    C. Schwedt.


Dr. Roth
Specialarzt für Chirurgie & Orthopädie
Lübeck, Königstraße 7.
von der Reise zurück.


Briefmarken-Sammlungen,

sowie alle Marken und Briefschaften von 1850-1870 werden theuer gekauft. Off. sub

Fr. Birnbaum      an die Expedition dieses Blattes.


Am Sonntag, den 30. Juli
Tanzmusik
bei                                                    J. Boye.


Allen Verwandten und Bekannten die traurige Nachricht, daß meine innigst geliebte Frau

Caroline geb. Sager

diese Nacht 3 Uhr nach langer, schwerer Krankheit im Alter von fast 45 Jahren sanft entschlafen ist.
Um stille Theilnahme bitten

                                                    der tiefbetrübte Gatte
                                                    Johs. Kummerow und Sohn.

Schönberg, d. 26. Juli 1893.
Die Beerdigung findet Sonnabend Nachmittags 3 Uhr statt.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, 30. Juli.

Frühkirche fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Krüger.
        Einführung des Kirchenjuraten Schrep: Consistorialrath Kaempffer.
    Amtswoche: Pastor Krüger.


Marktpreise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 52-54 M., große Schweine 51-53 M., Sauen 38-46 M., Kälber 75-85 M. per 100 Pfund.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,04 Vorm. 12,21 Mitt. 3,10 Nachm. 7,27 Abends
11,55 Nachts.
nach Kleinen:
8,1 Morg. 10,29 Vorm. 12,46 Nchm. 5,40 Nachm.
8,54 Abends.


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 30.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1893 Nr. 58 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 58 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 28. Juli 1893.


- Neustrelitz. Am 23. Juli Mittags nahm Se. K. H. der Großherzog in Begleitung S. K. H. des Erbgroßherzogs die Parade über die 7. und 8. Compagnie des hiesigen 2. Bataillons ab. Nachdem Se. K. H. die Front abgeschritten hatte, fand der dreimalige Vorbeimarsch statt, der sehr gut ausgeführt wurde, worüber Se. Königl. Hoheit dem Bataillons=Commandeur Grafen Kirchbach seine Anerkennung aussprach. Während Se. K. H. der Großherzog an die einzelnen Officiere einige huldvolle Worte richtete und sich dann die Einjährig=Freiwilligen der 7. und 8. Compagnie vorstellen ließ, concertirte das Hautboistencorps.
- Neustrelitz. Sonnabend, Sonntag und Montag Nachmittag waren die Geschenke, die II. KK. HH. dem Großherzog und der Großherzogin zur goldenen Hochzeit gewidmet worden sind, im Großherzoglichen Schlosse ausgestellt. Die Ausstellung war insbesondere von Damen stark besucht. Wir beschränken uns darauf, nur die hervorragendsten Stücke zu erwähnen. Von Damen viel bewundert sind zwei Atlaskissen: das eine mit dem Namenszuge und der Krone in Gold gestickt, das andere mit goldenem und Silbernem Kranze, und eine rothseidene Decke mit Perlstickerei, das mecklenburgische Wappen darstellend. Das Schloß Montbrillant, ein Gemälde, das des Beschauers Auge fesselt, erinnert uns an die Geburtsstätte I. K. H. der Großherzogin. Unter den verschiedenen Festschriften, Albums etc. möchten wir den festlichen Marsch für großes Orchester von unserem Hofcapellmeister Alban Förster hervorheben. Die Zahl der goldenen Geschenke ist sehr groß. Hier seien nur folgende erwähnt: eine mit hübschen Verzierungen versehene Zuckerschale von den früheren in Diensten der verstorbenen Herzogin von Cambridge, Mutter unserer Großherzogin, gewesenen Hofdamen, eine Schale mit dem englischen Wappen, dazu eine Kanne mit dem mecklenburgischen Wappen, beides von der Königin von England und ihren Kindern. Nicht minder schön in der Ausführung als auch in seinem Genre sind ein Tafelaufsatz für einen Blumentopf von dem Könige und der Königin von Dänemark, eine Kaffeekanne von dem Herzog und der Herzogin von Teck, zwei Brotkörbe, ein Doppelbilderrahmen von der Königin Marie von Hannover, ein fein ciselirtes Tintenfaß von der Prinzessin Friederike von Hannover, eine Sandwichdose und eine goldene Klingel vom Colonel Fraser, dem Herrn, der öfters hier in Neustrelitz geweilt hat, eine Dose von der Herzogin von Bradford, der einzigen noch lebenden Dame, die 1843 bei der Trauung unserer Allerhöchsten Herrschaften in London als Brautjungfer fungirte, ein großes Präsentirbrett, wohl zwanzig Pfund schwer, Geschenk des Herzogs v. Cambridge, der es 1827 von seinen hohen Eltern geerbt hatte, der Brautkranz und das Brautbouquet, das unsere Allerhöchsten Herrschaften an ihrem Jubeltage getragen haben, ein herrliches Kaffeeservice (die Tassen aus reich verziertem Porcellan) in Etui von der Großfürstin Katharina und deren Kindern, und viele andere kleinere goldene Sachen. Unter den silbernen Gefäßen, die sich den goldenen anreihen, treten die beiden Pilgerkannen, Geschenk S. K. H. des Großherzogs an I. K. H. die Großherzogin, und der silberne Tafelaufsatz von den Erbgroßherzoglichen Herrschaften besonders in den Vordergrund. Nicht minder schön in der Ausführung ist eine Schale von den anhaltischen Herrschaften. Prachtvoll und gediegen in ihrer Art sind zwei Wandleuchter und ein Teller aus Porcellan, Geschenk II. Majestäten des Kaisers und der Kaiserin. Unter den Adressen, die durchweg mit künstlerischem Geschmack ausgeführt worden sind, zeichnen sich die des hiesigen Magistrats, der auswärts wohnenden Mecklenburg=Strelitzer, die der Strelitzer Bauschule, der hiesigen Hofdamen etc. aus. Schließlich heben wir noch das von den Pächterfrauen geschenkte Gedeck mit Wappen, in Seide gestickt, mit eingewebten farbigen Monogrammen und Krone etc., ein Notenpulte eine Bank etc. mit Blumenmalereien der Herzoginnen Marie und Jutta, und einen von vierunddreißig adligen Damen I. K. H. der Großherzogin gewidmeten Bettschirm mit vergoldetem Rahmen und Glasmalereien hervor.
- Neustrelitz. Bei der am 20. Juli stattgehabten Feier überreichte der Landrath v. Oertzen=Lübberstorff Sr. K. H. dem Großherzoge die im Lande aus Anlaß der goldenen Hochzeit des Großherzogs und der Großherzogin gesammelte Jubiläumsspende im Betrage von 47 707 M. 45 Mark (Lübeck). zur beliebigen Verwendung zu einer Stiftung. Der hohe Herr dankte und meinte scherzend, daß die drei Sieben in der Zahl wohl keine Bedeutung hätten. Er versprach dem Wunsche der Spender gemäß mit der Sammlung zu verfahren.
- Neustrelitz. S. K. H. der Erbgroßherzog reiste am 25. d. nachmittags nach Mirow zu den in den dortigen Forsten in Aussicht genommenen Jagden ab. Der hohe Herr wird in dem Schlosse daselbst Wohnung nehmen.
- Neustrelitz. Dem Vernehmen nach hat I. K. H. die Großherzogin der Staatsdame Frau v. Heyden=Linden, der Staatsdame Frau v. Borck und der Hofdame Frl. v. Melière Höchstihre Chiffre in Gold verliehen. Der Namenszug besteht aus A. C. mit Krone, befindet sich an einem blauen Bande und wird an der Schulter getragen.
- Schönberg. Der Schuhmacherlehrling Heinr. Retelstorff (Lehrmeister Eckmann) hierselbst errang auf der Ausstellung von Lehrlingsarbeiten in Berlin für ein unter Controle der Innung angefertigtes Paar Kniestiefel den vierten Preis.
- Nachdem nunmehr für alle Mannschaften, mit Ausnahme der Cavalleristen, die zweijährige Dienstzeit eingeführt ist, wird, jedoch noch nicht in diesem Uebungsjahr, sondern erst vom 1. Oct. 1893 ab, die bisherige Rekrutenvacanz fortfallen. Die Mannschaften werden demnach volle zwei Jahre unter der Fahne gehalten und immer erst wenige Tage vor dem 1. October entlassen werden.


- Ein überaus heftiger wolkenbruchartiger Gewitterregen ging am Sonnabend nachmittag über Berlin nieder. So ungeheuere Wassermassen, wie da herniederströmten, hat Berlin in diesem Jahre noch nie gesehen. In den niedrig gelegenen Stadttheilen traten mehrfache Ueberschwemmungen ein. In der französischen=, Mohren=, Leipziger=, Jerusalemer= und anderen Straßen überflutete das Wasser fußhoch den Straßendamm und drang vielfach in die Kellerräume ein. Die Pferdebahnwagen, Omnibusse und Droschken gingen bis zu den Achsen im Wasser. Das Wasser stand an manchen Stellen 2 m hoch in den Kellern. In einem Schanklokal flüchteten sich ein Mann, ein Kind und ein Dienstmädchen auf das Billard und mußten durch die Feuerwehr gerettet werden. Mehrere Kellerfenster wurden von den Wassermassen eingedrückt, auch rissen die einströmenden Fluten in der Niederwallstraße eine Mauer ein. Das Gewitter hat einen Blitzstrahl in den Thurm der Zionskirche gesandt. Das Kreuz und ein Theil der Galerie wurden beschädigt und große Steinstücke flogen aus der Höhe herunter. Verletzt wurde dadurch niemand.
- Aus Leipzig wird schon jetzt gemeldet, daß auch Major von Oër, der militärische Erzieher des Prinzen Max von Sachsen, vor einigen Jahren ins Kloster gegangen ist. Major von Oër ist kurze Zeit nach seinem Austritt aus der Armee in das Kloster Beuron als Mönch eingetreten. Das "Staatshandbuch für das Königreich Sachsen" zählt Frhr. von Oër unter den Rittern des Verdienstordens auf und bezeichnet ihn dabei als "Major a. D. zu Beuron". Inzwischen ist Prinz Max, wie mitgeteilt, in Eichstätt eingetroffen. Er widmet sich dort, der ultramontanen "Eichstätter Volkszeitung" zufolge, dem geistlichen Berufe und hört am dortigen Kleriker=Lyceum theologische Vorlesungen.

[ => Original lesen: 1893 Nr. 58 Seite 6]

- Die schwimmende Kaiserresidenz. Da der Kaiser wieder auf dem Meere weilt, dürfte es von Interesse sein zu hören, wie die neue Yacht "Hohenzollern" ausgestattet ist, deren Räume für das Kaiserpaar zugleich Schloß und Wohnung bedeuten. der Kaiser bewohnt die mittschiffs auf Steuerbordseite befindlichen Gemächer, ein Vortrags=, ein Arbeits=, ein Schlaf=, ein Ankleide= und ein Badezimmer. Das Arbeitszimmer ist mit Telephon versehen, damit er jederzeit mit dem wachhabenden Offizier verkehren kann. Die Gemächer der Kaiserin, ein Wohn=, ein Schlaf=, ein Ankleide= und ein Badezimmer, liegen der Wohnung des Kaisers gegenüber auf Backbordseite. Vollständig eingerichtet sind für das Kaiserpaar außerdem der gemeinsame Wohnsalon, der fast das ganze Oberdeck einnehmende Speissalon und der Rauchsalon. Das Gefolge, die vortragenden Räte etc., bewohnen die Messen und Kabinen im Achterschiff hinter den Kaisergemächern, die Bedienung wohnt im Zwischendeck. Hier befindet sich auch die kaiserliche Küche, die für die Hofstaathaltung an Bord äußerst praktisch eingerichtet ist. Da findet sich zum Beispiel eine Pantry mit mehreren Aufzügen und Buffets, mit Speisen= und Tellerwärmschrank, 4 Beckersche Dampfkochapparate, eine vernickelte Kochmaschine, eine feine Kältekammer, eine Geflügelkammer, ein Spießröstapparat mit automatischer Regulierung. Damit es auf der Fahrt nicht an frischer Milch mangele, ist unter dem Back, wie auf den Auswandererschiffen, sogar ein kleiner Kuhstall eingerichtet.
- Ein lustiger Husarenstreich amüsiert noch heute die Herren vom Civil und ärgert die schönen Damen der Garnisonsstadt Maria=Theresiopel in Ungarn., ein Scherz, der den Zweck hatte, einer absonderlichen Mode ein Ende zu machen, und der denselben auch erreichte. In der genannten Stadt wuchs sich während der letzten Wochen der Brauch heraus, daß die das Theater besuchenden Damen nicht allzu kleine und nicht allzu niedliche Säckchen aus Peluche mit sich führten, in denen sie ihr ganzes Rüstzeug, als Theaterglas, Bonbons, Taschentücher, Flacons und noch Anderes bewahrten. Diese besackte Weiblichkeit bot einen drolligen Anblick dar; besonders reizend sah es aus, wie diese verschiedenfarbigen, dickbäuchigen Dinger aus den Logen herabbaumelten und der Brüstung eine nichts weniger als geschmackvolle Dekoration gaben; das ewige Hantiren mit den Dingern, in denen immer mehr oder minder kleine Händchen steckten, war auch nicht geeignet, die Aufmerksamkeit für die Vorgänge auf der Bühne zu erhöhen. Die Damen trieben ihr Spiel so lange, bis der Wellenschlag dieser etwas absurden Mode seine Kreise durch die ganze weibliche Bevölkerung gezogen hatte, bis auch "die Hand, die Sonnabend ihren Besen führt", am Sonntag mit ihrem Säckchen neben dem Soldaten ihres Herzens im Olymp saß. Heute ist in Maria=Theresiopel die Beutelmode todt. Und das kam so: Die dortigen Husarenoffiziere mietheten durch mehrere Tage der letzten Woche sämmtliche Logen des Theaters und erschienen in denselben, am Arme einen ganz gewöhnlichen Futtersack en miniature, den sie gleich den Damen über die Logenbrüstung baumeln ließen. Der Spaß erregte große Heiterkeit und wahre Lachstürme tönten durch das Haus, wenn die Offiziere Lorgnon, Monokle, Bonbons und Taschentuch, manche gar eine Schnupftabakdose ihrem Säckchen entnahmen. Seither sind die Peluche=Säckchen der Maria=Theresiopoler Damenwelt von der Bildfläche verschwunden.
- Zu den für Berlin neuen Erscheinungen im Tiergarten gehört seit kurzem eine Dame, die im Herrensitz reitet. Vor einiger Zeit haben wir mitgebt, daß die Londoner Gesellschaft sich in diesem Jahr dieser Art des Reitens der Damen sehr sympatisch gegenübergestellt hat und daß es sich anscheinend nicht um eine vorübergehende Laune der Mode, sondern um einen dauernden Entschluß handelt. Die Hauptschwierigkeit bietet natürlich die Toilettenfrage, möglich ist es auch, daß die Aerzte ein Wort mitzusprechen haben werden. In Berlin hat es bisher nur eine Dame über sich gewonnen, von der Ueberlieferung abzuweichen, und es ist anzunehmen, daß sie ebenfalls eine Engländerin ist. Trotzdem sie schon seit einer Woche allgemeine Aufmerksamkeit erregt, hat sie noch keine Nachfolgerin gefunden. Daß der Herrensitz für Damen schöner oder eleganter aussieht, kann übrigens nicht behauptet werden.
- Allgemeinstes Interesse erregt unter den Farmern von Kansas ein Experiment, dessen Erfolg eine förmliche Revolution des landwirthschaftlichen Betriebes hervorrufen würde. Geo. Landers, ein deutscher Farmer in Harper, hat nämlich einen Dampfpflug, dessen Model er selbst entworfen hatte, bauen lassen und stellt zur Zeit praktische Versuche mit dem Dampfpfluge an. Dieser hat sechs Schaufeln, je 16 Zoll groß, welche ausschließlich mit Dampf betrieben werden und zusammen zur gleichen Zeit einen 8 Faß breiten Streifen Land beackern. Landers beabsichtigt, im kommenden Herbst 2300 Acker mit Winterweizen zu bestellen und das Land mit diesem Dampfpfluge zu beackern. Der Pflug soll Tag und Nacht betrieben und die Nachtarbeit durch Anbringung eines riesigen Lichtes an der Dampfmaschine ermöglicht werden. Nur zwei Pferde sind zur Hantierung des Pfluges erforderlich, und dieser soll 30 Acker Land in einem Tage verpflügen können. Hoffentlich ist dieser Dampfpflug kein amerikanischer Humbug.
- Man gebe wahrheitsgetreue Zeugnisse. Allen Denen, welche aus Gutmüthigkeit gewohnt sind, Angestellten etc. bei der Entlassung ein besseres Zeugniß auszustellen, als diese verdienen, sei folgender Fall mitgetheilt: In Berlin ist ein Kaufmann, der einem ungetreuen Lehrlinge wider besseres Wissen ein gutes Zeugniß ausgestellt hat, auf Grund dessen der Lehrling bei einem Bankier angestellt wurde, den er bald um 6000 Mark bestahl, zum vollen Ersatz dieser Summe verurtheilt worden.
- Für "Spaßmacher", und deren giebt es ja überall, wird die Mittheilung von Wichtigkeit sein, daß das Reichsgericht ein Urtheil gefällt hat, nach welchem wegen groben Unfugs derjenige bestraft werden kann, der einem ihm bekannten Berichterstatter einer Zeitung eine nachweislich falsche Nachricht unterbreitet, von welcher er voraussetzen kann, daß sie zur Kenntniß der Leser gebracht wird. Ist mit solcher Veröffentlichung noch der Schaden einer oder mehrerer Personen verbunden, so kann der Ausstreuer dieser Nachricht außerdem noch für den entstandenen Schaden haftbar gemacht werden.
- Eine bei der Post aufgegebene und mit den vorgeschriebenen Vermerken der Postbeamten versehene Postanweisung ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV Strafsenats vom 14. April 1893 eine öffentliche Urkunde, deren Verfälschung in rechtswidriger Absicht und Benutzung zum Zwecke einer Täuschung als Urkundenfälschung aus §. 267 Str. =G.=B. zu bestrafen ist.
- Einen Waggon für den Fischtransport hat die kgl. Eisenbahndirektion in Berlin nach einem neuen Patent herstellen lassen, der sich durch Einfachheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit der angewandten Methode auszeichnet. Mit Hülfe desselben ist es möglich, lebende Fische aus weiten Entfernungen zu beziehen, deren Transport bisher mit großen Verlusten verknüpft waren. In Fachkreisen erregt der Wagen allgemeines Interesse und es haben sich bereits angesehene Fischereibesitzer gemeldet, welche den Wagen zum Transport lebender Fische aus den entferntesten Theilen des Reiches benutzen wollen.
- In Gatwick in England ist am vorigen Donnerstag das sog. "Goldene Handicap" gelaufen (2000 Pfd. Sterl., Distanz 1600 Meter) worden. Dieses Rennen hatte für die deutschen Sportsleute insofern ein ganz besonderes Interesse, galt doch als sicherer Starter des königlichen Hauptgestüts Graditz, der 4jährige F.=H. "Geheimrat". Dem Hengst, der in den Wetten 1 : 10 stand, wurden in gewissen Kreisen nicht unbedeutende Aussichten beigemessen; er entsprach jedoch den Erwartungen nicht und konnte es bei dem Rennen auf keinen Platz bringen. Der 4jährige Abin Boy, der ebenfalls in den Wetten 1 : 10 stand, ist als Sieger hervorgegangen.
- Als Anstrich für Eisen ist Steinkohlenteer recht geeignet, aber nur, wenn er zuvor mit etwa 3 pCt. gelöschtem Kalk zusammengemischt und dabei erwärmt worden ist, um die in demselben vorhandene Carbolsäure zu binden, welche sonst durch Bildung von karbolsaurem Eisen das Abblättern des Anstrichs verursachen würde.


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