No. 56
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 19. Juli
1892
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1892 Nr. 56 Seite 1]

Nach Meldungen aus London wird der Kaiser am 1. Oktober in Cowes erwartet, um der dortigen Regatta des königlichen Yacht=Geschwaders beizuwohnen. Bei der Wettfahrt um den Pokal der Königin wird der Kaiser seine Yacht "Meteor" selbst befehligen.
In Reichenau verlobte sich am Dienstag die älteste Tochter des Erzherzogs Karl Ludwig, Erzherzogin Margarethe Sophie mit Herzog Albrecht von Württemberg, dem präsumtiven Thronfolger des Königreichs.
Bei Cuxhafen werden, wie amtlich bekannt wird, vom 5. bis 15. August Flotten=Manöver stattfinden, denen der Kaiser beiwohnen wird. Der Kaiser wird in Cuxhafen wohnen.
Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung bestätigt, daß die Meldung, der Reichstag werde schon in seiner nächsten Session sich mit dem Entwurf einer neuen Militär=Strafproceßordnung zu beschäftigen haben, unbegründet sei und fügt hinzu, daß die Vorstadien des Entwurfs noch nicht abgeschlossen seien.
Die neuen tragbaren Zelte dürften demnächst in der deutschen Armee in großem Umfange zur Einführung gelangen. Wie berichtet wird, haben mehrere elsässische und eine süddeutsche Fabrik den Auftrag erhalten, den für 70 000 Zelte notwendigen Stoff bis Ende des Jahres abzuliefern. Auch Brotbeutelstoff, in der neuen Art, ist vor Kurzem einer Weberei in Cassel in großen Massen und zur baldigen Lieferung in Bestellung gegeben worden. An der Garnlieferung für diese Gewebe nehmen in der Hauptsache rheinische Spinnereien theil, welche auch die Färberei in Westfalen besorgen lassen.
Der socialdemokratische Parteitag wird am 16. October und an den folgenden Tagen in Berlin stattfinden. Als Local sind die Concardiasäle in der Andreasstraße gewählt worden, die neugebaut sind und im September eröffnet werden sollen.
Maßregeln zur Abwehr der Cholera werden bereits von einzelnen städtischen Verwaltungen, namentlich der Grenzprovinzen, getroffen. Dieselben bezwecken vornehmlich die Durchführung einer scharfen ortspolizeilichen Controle über den sanitären Zustand der öffentlichen Straßen und Plätze, der Wasserläufe, Brunnen, ferner der Bahnhöfe und anderer gegebener Verkehrscentren; des weiteren erstreckt sich aber die polizeibehördliche Ueberwachung auch auf sämmtliche städtische Privatgrundstücke; betreffs letzterer sind die Beamten angewiesen worden, sie auf ihre ordnungsmäßige sanitäre Beschaffenheit unausgesetzt zu prüfen und im Auge zu behalten, besonders auf die regelmäßige Entleerung und Desinficirung der Abortanlagen, Rinnsteine, Müllgruben und Grundstückshöfe zu achten. Die Maßregeln werden mit aller Strenge durchgeführt werden. Augenscheinlich unter analoge sanitäre Gesichtspunkte fallen die von den schwedisch=norwegischen Consulaten in den Ostseehäfen jetzt ergehenden Bekanntmachungen, wonach die Einfuhr von Lumpen nach Schweden aus sämmtlichen Ländern mit Ausnahme von Norwegen und Dänemark, verboten ist.
Der Newyorker Gesangverein Arion feiert gegenwärtig in Berlin wahre Triumphe. Alle Kenner deutschen Männersanges sind von der Reinheit und der Ausgeglichenheit der Stimmen des aus 70 Sängern zusammengesetzten Vereins überrascht und preisen die klassische, an die besten Vorbilder erinnernde Schulung und Vortragsweise. Bei dem Montagskommers zu Ehren der amerikanischen Gäste, der sich an das von diesen in der Philharmonie gegebene Konzert reiht, zogen die Mitglieder des Arion, von ihren Damen begleitet, in den Saal ein, während sämtliche Berliner Sänger "Gott grüße Dich" vortrugen. Bürgermeister Zelle feierte den "Arion" als einen deutschen Verein. Für die Berliner Sänger hieß Herr Cornelius den "Arion" willkommen als "treue Söhne unserer großen Mutter Germania". Im Namen des Arion antwortete Herr Katzenmeyer. Er schildere, wie der Deutsche in den Weinländern Ohio, Missouri und Kalifornien aus der Wüste Gefilde geschaffen, die die Erinnerung an den Rhein heraufbeschwören, er erzählte von dem Antheil der Deutschen an der politischen Erhaltung der Union während des Bürgerkrieges und an der Ausgestaltung des amerikanischen Volkskarakters. Er erinnerte daran, wie sich mehr und mehr in demselben Züge des deutschen Wesens ausprägten. Aber gleichzeitig habe der Verein es sich zur Aufgabe gemacht, treuer Hüter des ganz besonders dem Deutschen eigenen Zuge des echten Gemütslebens zu sein. In seiner stolzen schönen Halle in Newyork gelte das Wort: "Hier wird deutsch gesprochen". Mächtig ergriffen seien sie gewesen, als Deutschland um die jetzt errungenen Güter kämpfte. Und das eben erfülle sie heute mit besonderen Stolz, daß sie in der Stadt ständen, in welcher die Geister thätig wirken, die das Wunderbare geschaffen. Es gingen die Namen der Helden von damals hinaus. Und als er an den Namen Bismarck kam, gab es einen gewaltigen, völlig spontanen Beifallsausbruch. Das Hochrufen und Beifallsklatschen nahm einen stürmischen Charakter an und währte sehr lange. Er schloß: "Gott schütze, Gott erhalte in Frieden unser liebes altes Vaterland".
In Kissingen ist der Fremdenandrang andauernd ein gewaltiger, viele Gäste kommen nur zu dem Zweck, den Fürsten Bismarck zu sehen. Es vergeht kaum ein Tag ohne enthusiastische Ovation für den Altreichskanzler. Der Fürst ist recht munter.
Eine Reform des Unterrichts an den Mittelschulen und höheren Töchterschulen in Preußen ist, wie verlautet, in Vorbereitung begriffen.
Das französische Nationalfest, das alljährlich am 14. Juli, dem Gedenktag des Bastillensturms, mit recht banalen Belustigungen gefeiert wird, scheint diesmal einen höheren Zweck gehabt zu haben: die Verherrlichung des französisch=russischen Bündnisses. Ueberall sah man die russischen Farben, an vielen Häusern waren sogar die Zipfel der russischen und französischen Fahnen zusammengebunden oder die Farben beider Länder an einer Flaggenstange vereinigt. Auch Pferde und Wagen waren vielfach mit russischen und französischen Fähnchen geschmückt.

[ => Original lesen: 1892 Nr. 56 Seite 2]

Das autokratische Rußland an der Seite der phrygischen Mütze - wer kann sich da des Lachens erwehren. Die patriotischen Vereine haben sich wie gewöhnlich an der Statue von Straßburg versammelt und Kränze niedergelegt. Es sind jedoch diesmal keine Reden gehalten worden und es hat sich auch sonst kein Zwischenfall ereignet. Trotz aller Russenherrlichkeit ist der "Figaro" nicht zufrieden. Er beklagt sich über die Unklarheit der russisch=französischen Beziehungen und namentlich die Frage einer Zusammenkunft des Zaren mit dem Kaiser von Oesterreich scheint ihm viel Kopfzerbrechen zu verursachen. Der "Figaro" meint, der Zar selbst sei zwar ein Anhänger der russisch=französischen Allianz, aber die Verfechter der wirthschaftlichen Annäherung Rußlands an Deutschland gewännen täglich Terrain am russischen Hof. Eine weitere Fortsetzung des Koquettierens zwischen Rußland und Frankreich sei unvorsichtig. Die französischen Diplomaten sollten endlich einen formellen Abschluß der Allianz herbeiführen.
Wie aus Wien berichtet wird, ist die Einfuhr und Durchfuhr von Hadern, alten Kleidern, altem Tauwerk sowie gebrauchter Leibwäsche und Bettzeuge aus Rußland durch Ministerialverordnung im Einvernehmen mit der ungarischen Regierung verboten worden.
Das Zustandekommen der Valutareform in Oesterreich=Ungarn ist nunmehr gesichert. Die Abgeordnetenkammern beider Reichshälften haben den betr. Vorlagen mit großer Mehrheit gleichzeitig am Donnerstag zugestimmt.
Die spanische Regierung nahm soeben für ihre Armee das neue deutsche Mausergewehr an, nachdem eine Schießübung ein ganz ausgezeichnetes Resultat ergeben hat. Die betreffenden Mannschaften hatten noch nicht drei Wochen das neue Gewehr in Händen gehabt und erzielten selbst beim Schnellfeuer auffallend viele Treffer. Die Franzosen, welche sich in hervorragendem Maße bemüht hatten, den Spaniern Waffen ihres Landes aufzuhalsen, sind von Madrid aus abgewiesen worden.


- Neustrelitz. Se. K. H. der Großherzog reist im nächsten Monat nach Homburg und darnach nach Ostende, I. K. H. die Großherzogin gedenkt den Spätsommer über auf ihrer Besitzung Keppschloß bei Pillnitz in Sachsen Aufenthalt zu nehmen.
- Neustrelitz. II. KK. HH. der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin weilen gegenwärtig auf ihrem Pachtgute Prillwitz. Prillwitz ist ein Großherzogliches Kabinetsgut. Dazu gehört auch noch das Nebengut Ehrenhof. In Prillwitz befindet sich eine Kirche, die bisher keine Orgel besaß. I. K. H. die Erbgroßherzogin hat der Kirche dieser Tage ein schönes Orgelwerk geschenkt. Es wird demnächst in der Kirche aufgestellt werden.
- Neustrelitz. An den nächsten Sonntagen werden das hiesige Battaillon und die von den Schießübungen im Lockstedter Lager zurückkehrende Batterie Vorstellung vor S. K. H. dem Großherzog haben.
- Die Benutzung der Exerzierplätze durch Spielgesellschaften ist seitens des preußischen Kriegsministeriums auf eine Eingabe des Centralausschusses zur Förderung der Jugend= und Volksspiele gestattet worden. In einem an den Vorsitzenden gerichteten Schreiben antwortete der Kriegsminister, daß eine Benutzung von Exerzierhäusern und Reitbahnen aus dienstlichen Rücksichten nicht gestattet werden kann, dagegen sei gegen die Benutzung von Exerzierplätzen an Sonn= und Feiertagen zu dem in Rede stehenden Zweck unter der Voraussetzung nichts einzuwenden, daß das betreffende Generalkommando seine Zustimmung ertheilt, und daß die betreffende Spielgesellschaft sich verpflichtet, keinerlei Veränderung, wie Löcher u. s. w. an der Oberfläche des Exerzierplatzes vorzunehmen und für jeden etwa dennoch entstehenden Schaden aufzukommen.
- In Berlin wurde der Referendar Siebert, welcher am 9. Januar den Referendar Malß im Duell so schwer verwundete, daß derselbe bald darauf starb, vom Schwurgericht zu zehn Monaten Festung verurtheilt.
- Die Fahrten nach Kissingen zum Altreichskanzlers kommen immer mehr in Aufnahme. So hat die in Heidelberg stattgehabte Versammlung von Delegierten der badischen nationalliberalen Partei beschlossen, am 24. Juli für das Großherzogthum Baden einen Extrazug nach Kissingen zu veranstalten, um dem Fürsten Bismarck eine Ovation zu bringen.
- Vor der Abfahrt des Zaaren aus Kopenhagen wollte der dänische Kammerherr Lindholm, der sich gerade mit dem Zaren in einem Gespräch befand, einen Schritt zurücktreten, dabei beachtete er nicht eine hinter ihm befindliche Oeffnung und stürzte kopfüber in die Kajüte hinab; er erlitt eine schwere Verletzung des Hinterkopfes und eine Gehirnerschütterung. Eine Schaluppe brachte den Bewußtlosen ans Land, wo er an demselben Abend verschied.
- Die Heeresverwaltung hat verfügt, daß fortan nur noch hunderttheilige Thermometer für Militairkrankenhäuser angeschafft werden sollen.
- Nach dem Petersburger amtlichen Cholera=Bericht starben am 13. d. Mts. in Astrachan 264, in Ssaratow 25, in Zarycin 46, in Samara 11, in Baku 57, im Dagestangebiete 25 und in Tiflis 3 Personen.
- Die Nachricht vom Tode Emin Paschas stellt sich jetzt als unrichtig heraus. Unser Landsmann ist in Bukumbi am Südufer des Viktoria=Sees. Sein Augenleiden ist in völlige Erblindung übergegangen.
- Die Hitze ist in Spanien ganz ungeheuer. In Madrid stieg das Thermometer auf 40 Grad im Schatten. An manchen Tagen zeigt es um 10 Uhr abends noch 34 Grad. Seit vielen Jahren ist ein so heißer Sommer nicht mehr gewesen. Von Cordova, Barcelona, Valencia, Pamplonia u. s. werden ähnliche Temperaturen gemeldet. In Sevilla betrug die Hitze 46 Grad im Schatten und 55 Grad in der Sonne. Mehrere Menschen starben dort am Hitzschlag.
- Die Generalkommandos, namentlich in den östlichen Provinzen Preußens, forderten auf höhere Weisung die ihnen unterstellten Truppentheile auf, angesichts des Mangels an ländlichen Arbeitskräften während der Getreideernte möglichst zahlreiche Mannschaften zu beurlauben.
- Zur Aussteuer der Prinzessin Margarethe sind von der Kaiserin Friedrich Spitzen aus den schlesischen Spitzenschulen der Frauen Marie Hoppe und Bertha Weinhold in Schmiedeberg im Riesengebirge nach eingereichten Proben zur Anfertigung bestellt worden. Die fertigen Spitzen werden in der Gewerbe und Industrie=Ausstellung in Schweidnitz einige Zeit ausgestellt werden.
- Ein Gewitter, welches sich am Mittwoch nachmittag mehrere Stunden lang über Berlin entlud, hat einen derartigen Wasserschaden angerichtet, wie er in Berlin wohl noch niemals vorgekommen ist. Die Feuerwehr wurde innerhalb zweier Stunden 32 Mal gerufen, nicht um gegen Feuers=, sondern um gegen Wassersnoth zu helfen. Ein Berichterstatter meldet, daß der Aufenthalt in der Nähe des Telephons sich als sehr gefährlich gezeigt habe, er habe in einzelnen Fällen eine fast meterlange Stichflamme von den Drähten ins Zimmer schlagen sehen.
- In Hamburg wurde eine weitverzweigte Diebesbande entdeckt, welche aus den Hafenspeichern sehr bedeutende Menge Kaffees gestohlen hat. Verschiedene oberländische Schiffer und Hamburger Händler, welche das gestohlene Gut beförderten, respective aufkauften, sind in die Angelegenheit verwickelt.
- Der Ausbruch des Aetna dauert fort, die Rauchbildung hat zugenommen, der Auswurf von Steinen hält an. Der Lavaerguß gegen Nicolosi ist drohender geworden und vernichtet fortgesetzt die Kulturen. Ortschaften sind bisher nicht gefährdet; die Besorgniß der Bevölkerung nimmt zu.
- In New=York starb 73 Jahre alt der Millionär Field, der das erste transatlantische Kabel legte.


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[ => Original lesen: 1892 Nr. 56 Seite 3]

Anzeigen.

Die zum Nachlasse der Ehefrau des verstorbenen Schneidermeisters Burmeister, Marie geb. Stuth, zur Baeck gehörige, daselbst sub Nr. 9 belegene Büdnerei c. p. soll auf Antrag der Erben zwecks Erbregulirung öffentlich meistbietend verkauft werden und wird zu diesem Zweck, nachdem von einem der Miterben ein Gebot von 4800 M. abgegeben ist, ein Ueberbotstermin auf

Montag, den 15. August 1892.
Vormittags 10 Uhr

vor dem unterzeichneten Amtsgericht angesetzt, zu welchem Termin Kaufliebhaber hierdurch mit dem Bemerken eingeladen werden, daß die Verkaufsbedingungen 8 Tage vor dem Termin auf der Registratur II des unterzeichneten Amtsgerichts eingesehen werden können und die Besichtigung des Grundstücks nach zuvoriger Meldung bei dem Arbeitsmann Friedrich Heitmann zur Baeck gestattet ist.
Schönberg, d. 12. Juli 1892.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    W. Freitag.


Es wird hiermit gemeinkundig gemacht, daß auf Grund des Rescripts Hoher Großherzoglicher Landes=Regierung vom 24. Juni d. J. der Aktuar Breuel hier ermächtigt ist, bis auf Weiteres Wechselproteste im hiesigen Gerichtsbezirke aufzunehmen.
Schönberg, den 2. Juli 1892.

Großherzogl. Amtsgericht.
G. Horn.


Bekanntmachung.

Die unterzeichnete Kommission macht hiedurch auf die Bestimmungen in den §§ 89 und 91 der Wehrordnung vom 22. November 1888, betreffend die Nachsuchung der Berechtigung zum einjährig freiwilligen Militairdienste und den Nachweis der dazu erforderlichen wissenschaftlichen Befähigung, mit dem Bemerken aufmerksam, daß die Herbstprüfungen in der zweiten Hälfte des Monats September stattfinden werden, und daß Gesuche um Zulassung zu dieser Prüfung bis zum 1. August d. J. angebracht werden müssen.
Schwerin, 8. Juli 1892.

Großherzogl. Mecklb. Prüfungs=Kommission für Einjährig=Freiwillige.


Wegesprre.

Wegen Erneuerung der Brücke in der Nähe des Schulhauses ist der Weg von Gr. Rünz nach Bülow für Fuhrwerke vom 10. d. Mts. bis auf weiteres gesperrt.

Die Dorfschaft Gr. Rünz.
H. Rieckhoff, Schulze.


Auctions=Anzeige.

Am Sonnabend, den 30. d. M., Vormittags 10 Uhr, sollen in dem Locale der Gastwirthin Frau Krellenberg hieselbst meistbietend gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:

1 Stuhlwagen, 4 Sophas, 1 Uhr, 1 Klapptisch und 4 Schweine 10 bis 30 Wochen alt.
Carlow, den 16. Juli 1892.

                                                    Struck.
                                                    Landreiter.


Kriegerverein für das Fürstent. Ratzeburg.
Allgemeine Versammlung

am Sonntag, den 24. Juli d. Js. Nachmittags 4 Uhr im Vereinslocal.
                          Tagesordnung:
        1. Antrag auf Abänderung des § 28 der Vereinsstatuten.
        2. Berathung über die Feier des diesjährigen Sedanfestes.
        3. Beschlußfassung über die Feier des Geburtstags S. K. H. des Großherzogs.
        4. Sonstige Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


Denaturirtes Viehsalz
empfiehlt                                                    Aug. Spehr.


Eine mir am 28. v. Mts. an Kolik verendete werthvolle Stute, versichert bei der

Norddeutschen Vieh=Versicherungs=Gesellschaft zu Schwerin

ist mir von dieser Gesellschaft in kürzester Frist und in coulantester Weise entschädigt worden, was ich hiermit dankend anerkenne und aus welchem Grunde ich genannte Gesellschaft allen Viehbesitzern aufs Angelegentlichste empfehlen kann.
Heiligenhagen, den 3. Juli 1892.

                                                    H. Hallier,
                                                    Erbpächter.


Wer gut schlafen will entferne die lästigen Federbetten bei eintretender Hitze und kaufe sich von den berühmten Normal=Schlafdecken à 3 1/2 Mk. (sonst 8-9 M.) ein oder zwei Decken, dann schläft man gut.

                          Deckenniederlage von Herrmann
                          Stettin, Breitestr. 61.


Pferd Sommer-Pferdedecken
aus leinenem Drill, vorn zum Zuschnallen à 5 M., leichtere à 4 M. Fliegen-Netzdecken f. Pferde à 6 M. Kopf u. Hals bedeckend.

Fertige Ernte=Pläne 15 Fuß, 20 Fuß, 25 Fuß lang.
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10-12 Fuß breit         à 10 M.   15 M.   21 M.,

2 Ctr.=Getreide=Säcke a 90 Pfg.
                                                    H. Herrmann, Deckenfabrik, Stettin.


Birkenbalsam-Seife
von der Parfümerie Union, Berlin ist wegen ihres vegetabilischen Gehaltes die einzige Seife, die zur Erhaltung eines wunderbar zarten Teints unerlässlich ist.

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                                                    C. Schwedt.


Zum Einkochen empfehle ganzen sowie gemahlenen

Hut-Zucker.

hermetrisch geschlossene Glashäfen, sowie gewöhnliche mit Krempen in allen Größen billigst

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Sicher schießende Jagdpatronen,
Calliber 16. Lef. und Lanc.
100 Stück 7,00 M.
in allen Nummern fertig zu kaufen bei                          
                                                    C. Schwedt.


Gusstahl-Sensen,

ganz aus feinstem engl. Gußstahl gearbeitet, empfehlen sich am besten dadurch, daß der Absatz davon von Jahr zu Jahr größer wird.
Halte auch in diesem Jahre große Auswahl davon auf Lager und leiste für jede Sense vollständig

Garantie.
Schönberg i/M.                                                     J. Oldenburg.


Wer durch einen Anstrich mit
Carbolineum
sicheren u. dauernden Schutz d. Holzes erzielen will, wähle nur die echte, seit 16 Jahren bewährte Originalmarke
Avenarius
D. R.-Patent No. 46021.
Prospekte durch die Fabrikniederlage
Aug. Spehr, Schönberg.


Suche zum 24. Oktober ein ordentliches Mädchen.
                                                    Frau Lehrer Richter.


Frische Sendung von hochfeinem                          
Matjes Hering
empfing und empfiehlt                                                    
                                                    W. Wieschendorf.


Eine Parterre=Wohnung
habe ich noch zu Michaelis zu vermiethen.                                                    
                                                    M. H. Ollrogge,
                                                    Klempnermeister.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 56 Seite 4]

Travemünder Rennen
den 29. und 31. Juli 1892.
Anfang 3 1/2 Uhr Nachmittags.


Zweite Münsterbau
Geld-Lotterie
zur Wiederherstellung des Münsters zu Freiburg i. B.
Ziehung am 6. u. 7. September 1892.

Die Loose à 3 M. sind in dem Bankhaus

Carl Heintze, Berlin W.,
Unter den Linden 3.

übernommen und von derselben gegen Einsendung des Betrages auf Postanweisung zu beziehen.
        Jeder Bestellung sind für Porto und Gewinnliste 30 Pfg. beizufügen.

Der Münsterbauverein zu Freiburg i. B.
Looseversandt auf Wunsch auch unter Nachnahme.

Baar ohne Abzug.
1 Gew. a 50000 = 50000 M.
1 " a 20000 = 20000 "
1 " a 10000 = 10000 "
1 " a 5000 = 5000 "
10 " a 1000 = 10000 "
20 " a 500 = 10000 "
100 " a 200 = 20000 "
200 " a 100 = 20000 "
400 " a 50 = 20000 "
2500 " a 20 = 50000 "
50 Ausserdem mindestens
Kunstwerthe von
= 45000 "
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3284 Gewinne = 260000 M.


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                                                    H. Geus,
                                                    Wald, Rheinland.


Zwei freundliche, in hiesiger Stadt zur ebener Erde belegene

Zimmer

sind an einen einzelnen Herrn sogleich oder zu Michaelis d. J. mit Aufwartung und event. auch mit Möbeln zu vermiethen.
Näheres in der Expedition dieses Blattes.
Schönberg den 11. Juli 1892.


Gesucht zum 1. August ein sauberes Mädchen, welches mit der Wäsche Bescheid weiß, für einen kleinen Hausstand in Lübeck.

Frau Hornemann Lübeck, Hansastraße 23a.


Köster's Garten.

Donnerstag, d. 21. Juli 1892: Zur Vorfeier des Geburtstages Sr. K. H. des Erbgroßherzogs

Gr. Militair-Concert,

ausgeführt von der gesammten Kapelle des

Großh. Meckl. Jäger-Bataillons Nr. 14
aus Colmar i. E.
unter persönlicher Leitung ihres Dirigenten Herrn O. Dangel.
Anfang 5 1/2 Uhr.       Eintritt 50 Pfennig (Mecklenburg). à Person.
(Bei ungünstiger Witterung Concert im Saal.)
!! Nach dem Concert Ball !!


Boye's Garten.
Am 9. August d. J.                          
Gr. Cavallerie-Concert,

ausgeführt von dem auf der Kunstreise befindlichen Trompeterchor des Königl. Sächs.

Königs-Husaren-Regiments N. 18
aus Grossenhain
unter Leitung des Königl Musikdirigenten Herrn
Alwin Müller.
Nach dem Concert Ball.

Bei ungünstiger Witterung findet das Concert im Saale statt.

~~~~~~

Specialität: Benutzung der in der Oper "Aida" vorgeschriebenen Original=Trompeten. Märsche, ausgeführt mit den nur bei der sächsischen Cavallerie geführten Feldtrompeten.


Gesucht zu sofort oder 1. Oktober eine kleine

heizbare Wohnung

die auch als Werkstatt mitbenutzt werden kann. Adressen abzugeben unter Nr. 100 i. d. Exp. d. Bl.


Von der Reise zurück.                          
                                                    Dr. Marung.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 11,59 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,50 Nachm. 5,26 Nachm. 8,39 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 56 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 56 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 19. Juli 1892.


- Die Zerstörung von St. Gervais. Noch steht die Bevölkerung der französischen Schweiz unter dem Eindruck der Kesselexplosion von Ouchy und schon kommt eine neue Kunde über ein Ereigniß, daß jenen Vorfall hinsichtlich des Umfangs der mit ihm verbundenen Zerstörungen fast in den Schatten stellt. Am Montag sind nämlich die Bäder von St. Gervais zusammengestürzt. Der Katastrophe sind 200 Personen zum Opfer gefallen. 140 Personen sind tot. St. Gervais les Bains liegt im französischen Arrondissement Bonneville, Dep. Hochsavoyen. Die Katastrophe scheint durch einen Erdstoß hervorgerufen worden zu sein, was auch durch die Lage des Bades leicht zu erklären ist. Dasselbe liegt auf dem Weg von Genf nach Chamounix an dem Fuß des Montblanc, 80 Kilometer von Annecy entfernt, in einer Höhe von 630 Meter und ist wegen seiner 32° warmen Schwefelthermen viel besucht. Das Bad hat eine ähnliche Lage wie Gastein, an einer wilden Schlucht mit einem schönen Wasserfall im Hintergrund. Das Hauptgebäude ist das "Große Kur=Hotel", doch befinden sich daneben noch einige andere Baulichkeiten, welche die ganze Breite des Thales einnehmen. Ueber 100 Zimmer standen zur Verfügung. Mächtige, bewaldete Felswände schließen dasselbe ein. Eine halbe Stunde entfernt befinden sich seltsame Erd=Pyramiden, bedeckt mit mächtigen Steinblöcken. Das Dorf St. Gervais mit den Gasthäusern "Hotel Montblanc", "Hotel de Montjoli" und "Hotel de Genève" liegt 20 Minuten höher als das Bad. Die Katastrophe in St Gervais ist dadurch entstanden, daß der untere Theil des Gletschers von Bionnassay sich vom Dome du Gouté, einer 4331 Meter hohen Spitze der Montblanc=Kette loslöste, in den Bach Bionney stürzte und das Dorf gleichen Namens mit sich riß. Dadurch entstand eine Abdämmung, welche die Gewässer schließlich durchbrachen. Es entstand eine enorme Wassersäule, welche, Massen von Felsstücken und Kies mit sich führend, in den Grand Nant stürzte. Letzterer floß durch das sehr enge Thai von Montjoie, in welchem sich das Bad St. Gervais befindet. Dasselbe besteht aus fünf Gebäuden, welche zwischen steilen Felswänden und dem Fluß eingeschlossen sind. Gegen 2 1/4 Uhr nachts hörten die Badegäste, welche in ihren Betten lagen, ein furchtbares Brausen, welches durch die Verdrückung der Luft herbeigeführt wurde, und um 3 1/2 Uhr stürzte sich die enorme Wassermasse mit den Trümmern auf die 5 Gebäude. Am Abend vorher hatte man an der Table d'hôte 80 Personen gezählte außerdem gab es einige 30 Dienstboten. Ungefähr 25 Personen haben sich gerettet. Die anderen sind unter den Trümmern begraben. Die Wassermasse wälzte sich weiter und gelangte in die Arve, wobei Sie noch die Hälfte des Dorfes Fayet mitriß. Die Brücke über den Grand Nant steht noch, droht aber jeden Augenblick einzustürzen. Es ist im Augenblick noch nicht möglich, zu sagen, wie viele Personen umgekommen sind, allein es können nicht weniger als 200 sein, wenn man bedenkt, daß zwei Dörfer und das Bad zerstört sind. Die Rettungsarbeiten sind schwierig, da die Gebäude vollständig zusammengestürzt sind. Die Namen der Verunglückten kennt man noch nicht. Von den 15 Angestellten des Bades sind nur 9 gerettet. Die telegraphische Verbindung mit Cluses ist unterbrochen, ebenso wie der Wagenverkehr mit Chamounix.
- Der preußische Unterrichtsminister richtete soeben bezüglich des Apothekenwesens an die Regirungspräsidenten einen Erlaß, worin dieselben aufgefordert werden, genau über die Vermehrung und den Besitzwechsel der Apotheken zu berichten. Es sollen thunlichst auch Einkaufs= und Verkaufspreise bei solchen Besitzwechseln angegeben werden. Es scheint das zu beweisen, daß dem allzuhäufigen Besitzwechsel entgegengetreten werden soll.
- Nachrichten aus Moskau bestätigen das zweifellose Auftreten der Cholera daselbst. In den letzten zwei Tagen sind 17 Civilisten und im Innern der Stadt 42 Soldaten von der Garde erkrankt.
- Der Kaiser wird bekanntlich auf seiner Nordlandsreise auch einem Walfischfang beiwohnen. Das hierzu ausersehene Walfischfängerschiff heißt "Duncan Grey", hat neun Mann Besatzung und gehört der "Anglo=Norwegian Fishing Co. Lim." in Tromsö. Bei ungünstigem Wetter soll zunächst auf der in der Nähe von Skaarö belegenen Insel Andammen eine Jagd auf Rennthiere stattfinden, worauf dann bei besserem Wetter zum Walfang in die See gestochen wird. Für diese Jagd sind zusammen etwa vier Tage in Aussicht genommen.
- Die köngl. Eisenbahn=Direction zu Altona ließ seit einigen Tagen ganz neue Lokomotiven auf der Strecke Hamburg=Berlin einstellen, wie sie bisher in Deutschland noch nie in Betrieb waren. Die Lokomotiven, welche in einer solchen Länge - 16 Meter Länge - in Nordamerika, u. a. auf der Pacific=Bahn, gebräuchlich sind, ruhen vorn nicht, wie es bisher im Gebrauch war, auf eigener Laufachse, sondern auf einem drehbaren zweiachsigen Gestell, während die beiden Treibachsen von außergewöhnlicher Höhe sind. Die Geschwindigkeit, welche jetzt bei den Kurier= und Schnellzügen der Hamburg=Berliner Bahn eingeführt ist, übertrifft diejenige aller anderen Eisenbahnen in Deutschland; denn sie beträgt auf der 286 Kilometer langen Strecke Berlin=Hamburg fast 79 Kilometer die Stunde, da der schnellste Zug nur 3 Stunden 24 Minuten fährt.
- Gerichtsassessor Clemens, der in Mainz zur Reserveübung eingezogen war, hat sich in Worms erschossen.
- Eine scharfe Verurtheilung des Invaliditäts= und Altersversicherungsgesetzes enthält der Jahresbericht der Handels= und Gewerbekammer für Oberbayern. Es heißt darin: "Es ist eine Verkennung der Thatsachen, wenn man die in weite Kreise gedrungene Agitation zur Aufhebung des Gesetzes einfach als eine künstliche bezeichnet. Die Ausführung des Grundgedankens des Gesetzes legt nicht nur zahlreichen Kreisen über Verhältnis hohe finanzielle Opfer auf, sondern hat allgemein durch seine Kompliziertheit und durch die damit verbundene Arbeit Verstimmung erregt. Die auf Aufhebung des Gesetzes gerichtete Agitation erhält einen nur zu beherzigenswerthen, wahren Kern, indem sie mit Recht eine gründliche Reform des ganzen Gesetzes verlangt."
- In Spandau hat ein Cigarrenhändler, der mit der nach seiner Meinung ungerechten Regelung der Sonntagsruhe nicht zufrieden ist, seinen Handel am letzten Sonntag nicht geschlossen, sondern wie in der Woche vom Morgen bis zum Abend Cigarren und Tabak verkauft. Herr Merker, so heißt der Kaufmann, glaubt das Recht zu haben, so lange noch Bahnhofswirthschaften, Kantinen, sowie Gast= und Schankwirthe jeder Art Cigarren verkaufen dürfen.
- Bei dem kriegsmäßigen Schießen auf dem Artillerie=Schießplatze bei Gurkfeld in Steiermark ereignete sich ein bedauerlicher Unglücksfall. Nachdem aus einem Geschütz der Schuß abgegeben worden war und der Rauch sich verzogen hatte, wankte hinter der Kanone ein Mann hervor und brach mit den Worden: "Herr Leutnant, ich sterbe!" zusammen. Wenige Minuten darauf war er eine Leiche. Bei der Untersuchung zeigte sich, daß die Gase, welche nach rückwärts einen Ausweg suchten, den Verschluß hinausgedrängt hatten. Ein Sprengstück traf den Soldaten in den Bauch.
- Im Walde zwischen Malch und Ettlingen (Baden) wurde Landwirth Mathäus Schneider von Freiolsheim von einem Handwerksburschen erschlagen und seiner Barschaft beraubt.
- Nicht weniger als 53 Mill. Dorsche wurden in diesem Frühling an der norwegischen Küste gefangen. Im Vorjahre belief sich der Fang auf 41 Mill. Fische.
- In Nürnberg fand am Sonntag die Doppel=

[ => Original lesen: 1892 Nr. 56 Seite 6]

feier des 100jährigen Jubelfestes des Nürnberger Gewerbevereins und der Grundsteinlegung zu dem über 1 Mill. kostenden Neubau des bayrischen Gewerbemuseums statt.
- Ein neues Schauspiel ist den Parisern am abend des 14. Juli geboten. Bei Einbruch der Nacht ist auf der Höhe von Montmartre oberhalb der Kuppel der Herz=Jesu=Kirche ein Riesenkreuz von 14 Meter Höhe in hellem Lichterglanze erstrahlt. Nicht weniger als 16 Edison=Bogenlampen kamen bei dieser Riesen=Illumination zur Verwendung, die auch von den großen Boulevards aus sichtbar war.
- In Frankreich scheint die Regierung das Bedürfnis einer Entschuldigung in der Weltausstellungs=Angelegenheit zu empfinden. Im Anschluß an das Dekret bezüglich der Weltausstellung richtete der Handelsminister am Dienstag einen Bericht an Carnot, in welchem er hervorhebt, daß schon beim Schluß der Ausstellung von 1889 eine Ausstellung für 1900 beabsichtigt wurde. Die Regierung glaubte um so mehr der Tradition, alle 11 Jahre eine Ausstellung zu veranstalten, treu bleiben zu müssen, da dieses Mal die Periode mit dem Anfange des zwanzigsten Jahrhunderts zusammen falle, zu welcher die Ausstellung die Einleitung bilden soll. In Deutschland wird man diesen Erklärungen gegenüber nicht vergessen, daß erst vor noch nicht zwei Monaten der französische Minister des Auswärtigen dem deutschen Botschafter Grafen Münster so ziemlich das Gegentheil gesagt und versichert hat, daß Frankreich an keine neue Weltausstellung in Paris denke.
- Für die Pariser Jahrhundertwende=Ausstellung ist die große Anziehungsnummer, die an Stelle des Eiffelturms Einheimische und Fremde anlocken soll, schon gefunden. Deloncle eröffnete dem Parier Industrie= und Handelsverein, daß die Pariser im Jahre 1900 das Vergnügen haben würden, ihren Besuchern den Mond auf einem Meter vor die Augen zu rücken. Die Möglichkeit, sagt er, den Mond, den jetzt die stärksten Fernröhre uns in einer Entfernung von 60 Kilometern zeigen, in die nächste Nähe zu rücken, ist längst dargethan; es handelt sich nur darum, jene Instrumente durch ungleich stärkere zu ersetzen und der technischen Schwierigkeiten ihrer Herstellung Herr zu werden. Man hat berechnet, daß es eines Spiegels von drei Meter Durchmesser und 50 Centimeter Dicke (was ein Gewicht von nahezu 8000 Kilogramm darstellt) bedürfte, um den Mond auf einen Meter nahe zu rücken (zu nahe beinahe für Weitsichtige). Die Werkmeister der berühmten Spiegelfabrik von Saint=Gobian machen sich anheischig, dieses gewaltige Krystallgebilde in vollkommner Reinheit und Fehlerlosigkeit bis zum Jahre 1900 zu liefern, der Astronom Loewy und die Himmelsphotographen Gebr. Henry haben es übernommen, demselben ein geeignetes Instrument anzupassen. Es bleibt somit nur noch die Geldfrage übrig, von der vorläufig nicht gesprochen wird. Die Regierung hat, wie es heißt, zu dem Plan bereits ihre Genehmigung gewährt. Einstweilen dürfte er hauptsächlich zu vielen guten oder schlechten Witzen Anlaß geben.
- Ein unechter Bismarck. In den Tagen als Fürst Bismarck sich zur Vermählung des Grafen Herbert Bismarck nach Wien begeben hatte, ereignete sich in Berlin folgende heitere Episode: Ein Herr in Civilkleidung ging eines Vormittags durch die Berliner Königstraße über den Schloßplatz nach den "Linden". Wohin er kam, wurde er in der ehrerbietigsten Weise gegrüßt, namentlich von distinguirten Personen und Offizieren. Eine kleine Anzahl folgte seinen Schritten. Offenbar schien es dem Herrn unangenehm, denn seine Anfangs ruhige Gangart wurde allmählich schneller, und weder rechts noch links schauend, vermied er das Danken auf jene Grüße. Dies nutzte ihm jedoch nichts. Als der Herr das Brandenburger Thor durchschritten hatte und in die Allee, die zur Siegessäule führt, hineinbog, kam ihm ein alter Offizier entgegen; auch er stellte sich, trotzdem er etwas Gicht zu haben schien, stramm auf und machte Honneur. An den Herrn herantretend, fragte jetzt der Fremde: "Mein Herr, für wen halten Sie mich?" "Euer Durchlaucht belieben zu scherzen", entgegnete der Gefragte. "Wer sollte Se. Durchlaucht den Fürsten Bismarck nicht kennen?" " Ah, nun begreife ich," entgegnete Jener, "doch überzeugen Sie sich von Ihrem Irrthum." Bei diesen Worten nahm er den Cylinder vom Kopf und ein mächtiger Haarwuchs starrte dem Verblüfften entgegen. Die Neugierigen verliefen sich, der Fremde aber, ein Fabrikant aus Chemnitz, ging von jetzt an mit unbedecktem Haupt, den Hut in der Hand, über die Straße.
- Ein Roman aus dem Storchenleben. Auf einem holsteinischen Gut, so erzählt die "Kiel. Ztg.", hat es sich vor elf Jahren ereignet, daß ein Storch im Kampfe mit einem eifersüchtigen Nebenbuhler dermaßen verletzt wurde, daß er flügellahm vom Nest herabpurzelte. Trotz sorgsamster Pflege, die dem armen Invaliden zu theil wurde, gelang es nicht, ihn soweit wieder herzustellen, daß er seine Schwingen gewohntermaßen gebrauchen konnte. Vielmehr wanderte Meister Rotbein von jetzt ab trübselig auf dem Hofe umher, drückte sich in Scheunen und Ställen herum und schien an seinem Schicksal schwer zu tragen. Gleichviel blieb er am Leben und, als seine Kameraden im Spätsommer sich aufmachten, um ihre Winterheimath am Nilstrom aufzusuchen, sah Peter, so hatte man den Verunglückten getauft, ihnen sehnsüchtig traurig nach, fand sich aber in das Unvermeidliche. Der Winteraufenthalt wurde ihm von dem Hofbesitzer nach Möglichkeit erleichtert; um für Peter die erforderliche Nahrung allezeit bereit zu haben, ließ man Fische von einem benachbarten Küstenort kommen; und so gewöhnte sich der rotbeinige Invalide im Laufe der Jahre so sehr an seine Lage, daß er ganz zahm wurde und seinem Herrn, freilich auch nur diesem, überall hin folgte. Die traurigste Zeit während der 11 Jahre war für Peter immer diejenige, wenn im Frühjahr seine Kameraden aus Afrika heimkehrten und es sich auf den Dächern im behaglichen Nest bequem machten. Dann stand er gewöhnlich auf dem höchsten Punkt des Gehöfts, und blickte traurig und liebeskrank zu den glücklicheren seines Geschlechts empor, die auf dem Dach ihre Zurüstungen zum Ehe= und Familienleben trafen. Vor zwei Jahren nun sollte auch für Peter eine glücklichere Zeit anbrechen: ein freundlicher Sonnenstrahl fiel in das Einerlei seines verkümmerten Daseins. Ein junges Storchenfräulein schwebte an einem schönen Frühlingstag auf die Einsamkeit des Düngerhaufens hernieder und mitleidig, wie gute Mädchen nun einmal sind, fand sie Gefallen an dem Krüppel und kam seinem Liebeswerben freundlich entgegen. Ja, die barmherzige Storchenlady ließ sich sogar bereit finden, entgegen ihrer Gewohnheit, auf der Dachfirst zu nisten, mit einem Bau auf ebenem Boden in der Nähe eines Lusthauses fürlieb zu nehmen. So verlebte denn Peter an der Seite eines geliebten Weibes einen glücklichen Sommer, wurde Vater mehrerer Kinder, und alles wäre in bester Ordnung gewesen, wäre nicht der Herbst gekommen. Als die Zugzeit herankam, siegte auch in Peters Gattin das Heimweh über Liebe und Treue, und eines schönen Tages flog sie samt ihren Kindern davon, ihren Peter in der alten Einsamkeit zurücklassend. Der arme Storchenwittwer war den Winter mehr als je in sich gekehrt und war schier untröstlich, als im nächsten Frühjahr seine junge Frau nicht zu ihm zurückkehrte. Hatte die Ungetreue ihn so schnell vergessen? Eifersucht vergrößere die Qual seines Herzens. Doch was halfs? Er mußte sich in sein Schicksal fügen. Und der Sommer verging, und wieder kam der Winter und nach ihm der neue Frühling. Wie alljährlich, stand Peter vor einigen Wochen auf seinem Düngerhaufen und verfolgte den Flug seiner heimkehrenden Freunde. Da! Wer beschreibt seine Freude? kommts rauschend herabgeflogen, und vor ihm, nach anderthalbjähriger Trennung steht frisch und gesund die verloren geglaubte Gattin. Alles schien wieder in bester Ordnung, nur auf dem flachen Erdboden schien das wiedervereinigte Paar nicht wieder bauen zu wollen. Der Hofbauer merkte das an Peters vergeblichen Versuchen auf das Dach des Lusthauses zu gelangen und ließ sofort eine bequeme Leiter bauen. Diese wurde von Peter auch richtig benutzt, und heute nistet das Paar einträchtiglich auf dem Dache des Pavillons. In der Umgegend gehen aber schon jetzt die Leute Wetten ein, ob die Storchendame ihren Peter auch in diesem Jahre verlassen wird oder nicht.


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