No. 3
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 08. Januar
1889
neunundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
[ => Original lesen: 1889 Nr. 3 Seite 1]

Eine Kaiserdotation vom deutschen Reich, von welcher vor Kurzem so viel die Rede war, wird nicht erfolgen. Der Kaiser selbst will nicht, daß diese Sache im Reichstag von den Regierungen oder von Abgeordnetem angeregt und verhandelt werde, Er betrachtet sein Kaiseramt als Ehrenamt. Andere sagen, Preußen wolle es sich nicht nehmen lassen, seinen König selber reichlicher auszustatten, wenn es nöthig werde.
Ueber den Empfang der kommandirenden Generale am Neujahrstage durch den Kaiser berichten die Berliner Blätter noch, daß Graf Moltke dem Kaiser die Glückwünsche der Armee in einfachen warmen Worten dargebracht habe. Der Kaiser hat darauf wörtlich erwidert: "Es wird mir eine besondere Erinnerung sein, daß ich Sie zum ersten male um mich versammelt habe. Ich hoffe, Sie werden mir bei den Arbeiten, die uns noch bevorstehen, mit gleicher Treue und Gewissenhaftigkeit dienen, wie meinem Großvater."
Zum Neujahrstage gingen dem Fürst Bismarck aus allen Theilen der Erde mehr als 5000 Glückwunschtelegramme zu.
Eine große Ueberraschung ist die Verleihung des Schwarzen Adlerordens an den von Kaiser Friedrich entlassenen Minister des Innern v. Puttkammer. Die Verleihung bestätigt sich, obgleich sie noch nicht im "Reichsanzeiger" veröffentlicht worden ist.
Mit der Pickelhaube hat das erste Infanterie=Regiment in München am Mittwoch zum ersten mal die Garnisonwache bezogen.
Die deutsche Artillerie wird vorläufig nicht vermehrt werden, obgleich es geplant war. Das ist ein Zeichen, daß wir gut genug gerüstet sind, daß eine dringende Veranlassung dazu in der jetzigen Lage nicht nöthig ist und daß eine Summe von 40 bis 50 Millionen erspart wird. Das neue Exercier=Regiment für die Feldartillerie soll vom 1. April d. Js. an in Anwendung kommen. Bei der Infanterie soll, wie es heißt, das Bajonettfechten abgeschafft werden, weil es bei der ungeheuren Vervollkommnung der Feuerwaffen nicht mehr nöthig sei und viel Zeit in Anspruch nehme.
Der Jahreswechsel ist für die Reichslande nach mehr als einer Seite hin von besonderer Bedeutung. Zunächst ist mit dem 1. Januar 1889 die Gewerbeordnung eingeführt und damit ein erklecklicher Wust französischer Bestimmungen für immer beseitigt worden. Nur bezüglich der Bestimmungen über die Herstellung und die Verbreitung von Schriften, über Theaterpolizei, die Schließung von Wirthschaften und die Abhaltung von öffentlichen Versteigerungen glaubte man die erheblich strengere französische (Gesetzgebung noch nicht entbehren zu können. Voraussichtlich wird noch mancher Tropfen den Rhein herunterfließen, bis auch nach dieser Richtung die so wünschenswerthe Einheit mit dem übrigen Reich hergestellt werden kann. Außerdem sind mit dem ersten Januar zwei weitere, die Ausdehnung der amtlichen deutschen Geschäftssprache anordnende Bestimmungen in Kraft getreten. Durch dieselben tritt die Nothwendigkeit immer gebieterischer an die Bevölkerung heran, sich die Erlernung des Deutschen angelegen sein zu lassen. Auch im geschäftlichen Verkehr, der sich schon in Folge der Zollgrenze und der Paßmaßregeln immer mehr von dem französischen Hinterland ab= und Deutschland zu wendet, macht sich die Thatsache bemerklich, daß ohne Kenntniß der deutschen Sprache kaum mehr durchzukommen ist.
Aus Petersburger Hofkreisen verlautet, daß die Nachwehen des Eisenbahnunfalles bei Borki bei der Zarin ein nicht unbedenkliches Gemüthsleiden hervorgerufen haben. Der Leibarzt Botkin habe die Berufung des Professors Leidesdorf aus Wien beantragt, des Arztes, der die Herzogin von Cumberland, die Schwester der Zarin, behandelt hat. Aus St. Petersburg wird übrigens ferner gemeldet, daß in Folge einer neuen Untersuchung des Eisenbahnunglücks bei Borki viele Verhaftungen unter dem entlassenen Bahnpersonal vorgenommen seien, da der Verdacht vorliege, daß mehrere von den früheren Beamten mit den Nihilisten in Verbindung gestanden hätten.


- Schönberg. Auf der Treibjagd, die am Sonnabend auf der Gr. Siemzer, Lindower und Torisdorfer Feldmark abgehalten wurde, sind 24 Hasen geschossen.
- Schönberg. Dem Vernehmen nach wird die aus 18 Personen bestehende Theatergesellschaft des Direktors H. Gürcke aus Cöln a. Rh., welche zur Zeit in Eutin Vorstellungen giebt, hier von Mitte Januar ab, ebenfalls einen Cyclus theatralischer Vorstellungen veranstalten. Der Gesellschaft geht ein guter Ruf voraus, was auch schon dadurch bestätigt wird, daß bei den Vorstellungen derselben ein höheres Interesse der Kunst obwaltet.
- Schönberg. In der am 6. d. Mts. im Boye'schen Lokale abgehaltenen Versammlung des Kriegervereins wurde der Tagesordnung gemäß zunächst die Rechnung für das abgewichene Jahr abgelegt. Sodann fand die Wahl zur Ergänzung des Vorstandes statt, welche dahin ausfiel, daß die ausgeschiedenen 5 Mitglieder wiedergewählt wurden. Den Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers (27. Januar) beschloß man durch ein Ball zu feiern, die Feier aber damit einzuleiten, daß das von dem früheren Kameraden von Langen (von 1883 bis 1884 hier als Referendar beschäftigt,) geschenkte Fahnenband vor versammeltem Vereine nach gehaltener Ansprache an die Vereinsfahne geheftet werde. Hierbei gestatten wir uns die Bemerkung, daß auf Beschluß des deutschen Kriegerbundes nämlich allen denjenigen Kriegervereinen, welche an der Beisetzung Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm I. mit ihrer Fahne theilgenommen haben, gestattet worden ist, zur Erinnerung an diese Trauerfeierlichkeit an ihrer Vereinsfahne ein Band mit der Inschrift: "vale senex imperator." zu tragen und ein solches Band hat Herr von Langen dem Kriegervereine geschenkt.

[ => Original lesen: 1889 Nr. 3 Seite 2]

Hiernächst hielt der Diätar Pustier einen längeren Vortrag über Lebensversicherung und wurde sodann der Jahresrapport zur Kenntniß der Anwesenden gebracht. Nach dem hat der Verein im Jahre 1888 an 27 Kameraden einen Gesamtbetrag von 471,25 M. Unterstützungsgeldern gezahlt, besitzt ein Baarvermögen von 2034,68 M., hat einen Inventarienbestand von 12 Gewehren u. s. w. und zählte am 1. Januar 1889 233 Mitglieder.
- Schönberg. In der am 5. d. M. abgehaltenen Statutenmäßigen Generalversammlung der Genossenschaftsmeierei kam die Bilanz des Monats December 1888 zur Vorlage, woraus sich ergab, daß während desselben von den Genossenschaftern 40969 1/2 Ltr. und von den Liferanten 2647 Ltr. Milch, zusammen also 43644 Ltr. zur Verarbeitung eingeliefert wurden. Die Genossenschafter erhielten pro Liter 9 1/2 Pf., die Liferanten 9 5/12 Pf., während zur Deckung der Unkosten pro Liter 2 Pf., also 872,88 M. abgeschrieben wurden. An Butter wurden 3128 Pfund produzirt und waren zu 1 Pfund Butter 12 1/2 Liter Milch erforderlich.
- Die neuen Hamburger Hafenanlagen reichen bereits nicht mehr aus. Der Präsident der dortigen Handelskammer hat in der Hamburger Kaufmannschaft noch am letzten Tag des alten Jahres diese Mittheilung gemacht. Bereits ist mit der Erbauung zweier weiterer Schuppen für 16 Schiffe begonnen worden und auch von der dortigen Packetfahrt=Actien=Gesellschaft wird der Bau eines bedeckten Quais von 350 Meter Länge beantragt, so daß der Präsident den Vorschlag gemacht hat, mit der Erweiterung sofort zu beginnen. Dafür, fügte er hinzu, gebühre der Reichsregierung der Dank des Handelsstandes.
- Ein ernster Gedenktag ist der Neujahrstag für den Fürsten Bismarck, denn am 1. Januar 1839 starb seine Mutter, Frau Louise Wilhelmine von Bismarck, geborene Menken. Die Ruhestätte derselben in der Dorfkirche zu Schönhausen ist mit einer großen Steintafel gekennzeichnet, auf welcher folgende Inschrift deutlich zu lesen ist: "Louise Wilhelmine von Bismarck, geborene Menken, geboren den 24. Februar 1789, gestorben den 1. Januar 1830. Schwer prüfte sie Gott durch körperliche Leiden, sie ertrug selbige mit großer Geduld und Sanftmuth. Der trauernde Gatte der zu früh geschiedenen Gattin."
- Am Sylvesterabend entstand in Berlin in der Markuskirche während des Abendgottesdienstes ein entsetzlicher Schrecken infolge blinden Feuerlärms; selbst der Prediger verließ eine Zeitlang die Kanzel. Nur der Umsicht des Heizers und des Küsters ist es zu danken, daß nicht eine große Anzahl Menschenleben verloren gegangen sind.
- Beträchtliches Aufsehen erregt in Harburg eine großartige Zollhinterziehung. Gutem Vernehmen nach beträgt der hinterzogene Zollbetrag mit Strafe u. s. w. nicht weniger als 128 000 Mk. -Es waren große Posten Roggenmehl als Reisgrund, der steuerfrei ist, eingeführt worden.
- Der Gemeinderath von Metz hat beschlossen, zu dem dort zu errichtenden Kaiser=Wilhelm=Denkmal 40 000 M. beizusteuern. Der Denkmalfonds hat damit nahezu 100 000 M. erreicht.
- Der hundertjährige Geburtstag des Erfinders der deutschen Stenographie, Franz Xaver Gabelsberger, wird kommenden 9. Februar in Frankfurt in größerem Maßstab gefeiert werden.
- Aus Augsburg wird berichtet, daß sich in der Gegend von Königsbrunn, Bucheloe und Schwabmünchen das Steppenhuhn jetzt in Flügen von 6 bis 8 Stück zeigt. Der schneefreie Winter kommt diesen Hühnern recht zu statten.
- In Passau ließ der Regimentskommandeur Oberst Holl die Garnison im Kasernenhof aufmarschieren und stellte ihr den Gemeinen Bieringer als Spitzbuben vor. "Seht ihn Euch genau an. So sieht ein Spitzbube aus," sagte er, "es ist schade, daß man ihn nicht prügeln darf, sonst ließe ich ihm 25 vor der Front herunterhauen. Jeden Dieb im Regiment werde ich Euch ebenso vorstellen.
- Eine junge Dame in Iserlohn, die ihre Freundin beklatschte, wurde von dem Schöffengericht zu 14 Tagen Gefängniß verurtheilt.
- Schon der 1. Januar d. J. ist nach den Rudolf Falbschen Aufstellungen für das Jahr 1889 ein "kritischer Tag" gewesen. Er hat jedoch der zweiten Ordnung dieser bösen Tage angehört und findet nach Falb am 31. Januar, 15. Februar, 1. und 31. März, 13. Juli, 12. Juni, 25. September, 9. Oktober und 22. December Nacheiferer seines schlechten Beispiels. Schlimmer als diese Tage drohen uns der 17. März, 15. April, 15. Mai, 11. August, 9. September, 24. Oktober und 23. December als "kritische Tage erster Ordnung" d. h. solche, an denen mit "sehr großer Wahrscheinlichkeit" ungewöhnliche atmosphärische Erscheinungen zu gewärtigen sind. Als "kritische Tage dritter Ordnung", also als die zahmsten, bezeichnet Falb endlich nach seiner Zusammenstellung den 17. Januar, 30. April 29. Mai, 28. Juni, 28. Juli, 26. August, 7. November und 7. December. Die Wissenschaft steht der Falbschen Theorie noch immer ebenfalls kritisch gegenüber, leugnen läßt sich aber durchaus nicht, daß die Berechnungen Falbs schon recht oft nur all zu genau gestimmt und seine "kritischen Tage" schon häufig großes Unheil gebracht haben.
- Aus dem Süden Frankreichs kommen Nachrichten über fürchterliche Stürme und Regengüsse; der Eisenbahn und Telegraphen-Verkehr war vielfach unterbrochen; in Toulon und Arles stürzten sogar mehrere Häuser ein. Das Dorf Tivoli bei Nande mußte von seinen Bewohnern verlassen werden, da es vollständig überschwemmt wurde. Der Schade ist sehr erheblich.
- Der vornehme Verwalter der Peterspfennige in Rom hat 3 Millionen Lire davon im Börsenspiel verloren und ist abgesetzt. Welche Summe diese Pfennige ausmachen, sieht man daraus, daß immer noch 20 Millionen übrig und gerettet sind. 50 000 Franken hat der Papst, wie bereits gemeldet, für die Armen Roms und für Priesterseminare geschenkt und ebenso viel an Windthorst geschickt zum Besten der Marienkirche in Hannover.
Sämtliche Eisenbahnen in südwestlichen Rußland sind eingeschneit. Die Personenzüge verkehren nur noch mit großen Schwierigkeiten; die Einstellung des Gesamtverkehrs ist bevorstehend.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Schlagsdorf sub Nr. XIV belegene Käthnerstelle c. p. des Käthners Joachim Saß daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen welche Realrechte au diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Mittwoch, den 16. Januar 1889,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Meldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 3. November 1888.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.       


Bekanntmachung.

Die unterzeichnete Prüfungs=Commission macht die im Jahre 1869 geborenen Wehrpflichtigen, welche die Berechtigung zum einjährig=freiwilligen Militairdienste nachsuchen wollen, darauf aufmerksam, daß sie sich spätestens bis zum 1. Februar 1889 bei der unterzeichneten Commission schriftlich zu melden und bei dieser Meldung die Vorschriften in § 89 der Wehrordnung vom 22. November d. J. zu beachten haben.

[ => Original lesen: 1889 Nr. 3 Seite 3]

Bis zu demselben Zeitpunkte sind auch die Meldungen zu den im März 1889 stattfindenden Prüfungen für den einjährig=freiwilligen Dienst einzureichen.
Schwerin, den 21. December 1888.

Großherzoglich Mecklenb. Prüfungs=Commission für Einjährig=Freiwillige.


Steckbrief.

Gegen den unten beschriebenen Schlosser - Hofgänger - Franz Oscar Alexander Hafft, geb. am 29. October 1857 zu Friedberg i. d. Neumark, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen Unterschlagung und Betrugs verhängt.
Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Amtsgerichts=Gefängniß zu Schönberg in Meckl. abzuliefern.

            Beschreibung:
Alter: 31 Jahre. Statur: mittel. Haar: blond. Blonder Schnurrbart. Gesicht: länglich. Gesichtsfarbe: blaß. Kleidung: bläulicher, gestreifter Tuchrock, graue englischlederne Hose, helle englischlederne Weste, grauer Filzhut, Halbstiefel. Besondere Kennzeichen: Blatternarben im Gesicht; auf der linken Wange z. Zt. eine Hautabschürfung.

Neustrelitz, den 26. December 1888.                                                                              
Großherzogliche Staatsanwaltschaft.
H. Götze.


Bekanntmachung.

Nachdem von heute ab die Armencassenbeiträge auch im Schönberger Armendistrict nach den in der Anlage A des Publikandums vom 7. Dezember 1848 bezw. in dem Publikandum vom 17. Januar 1855 aufgestellten Ansätzen (vide Offic. Anzeiger 1888 Nr. 20 und 21) erhoben werden sollen, werden diejenigen Zahlungspflichtigen, deren Beiträge in der Anlage A des qu. Publikandums nicht genau bestimmt sind, hiermit aufgefordert, nach Nr. 15, b dieser Anlage A, sich in eine der für sie zutreffenden Classen einzuschätzen und die bezügliche Erklärung innerhalb drei Wochen beim Stadtsecretär Wilhelm Schrep hieselbst abzugeben, widrigenfalls die Einschätzung von der Armenbehörde vorgenommen, bezw. bei Großherzoglicher Landvogtei beantragt werden soll.
Schönberg, den 1. Januar 1889.

Die Armenbehörde.
Kaempffer.


Holz=Auction Nr. 6.

Am Mittwoch, den 16. Januar, Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Freitag hieselbst nachstehende Holzsortimente aus dem Niendorfer Zuschlage meistbietend verkauft werden.

  33 Stück eichen Enden.
    5 Rmet. eichen Knüppel.
    5 Fuder eichen Reiser.
  96 Stück fichten Bauhölzer (in einem Loose).
100 Stück fichten Klassenbäume u. Stangen.
200 Rmet. Nadelholz Knüppel.
Schönberg, den 6. Januar 1889.

Der Oberförster:       
C. Hottelet.            


Holz=Auction Nr. 7.

Am Donnerstag den 17. Januar, Morgens 10 Uhr, sollen beim Gastwirth Spolert auf der Bäck nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden, davon das Fadenholz I., II. Cl. u. Olm bei freier, das übrige bei beschränkter Concurrenz.

1. Aus dem Hasselholz.

59 Rmet. buchen Kluft I. Cl.,
76 Rmet. buchen Kluft II. Cl. und Olm,
23 Fuder buchen Durchforstholz und Reiser.

2. Aus dem Steinort.

  2 buchen Nutzholzblöcke,
24 Rmet. buchen Kluft I. Cl.,
75 Rmet. buchen Kluft II. Cl. und Olm,
  3 Fuder buchen Reiser,
  2 Rmet. Nadelholz=Knüppel.

3. Aus dem Seebruch.

4 Rmet. eschen Knüppel,
52 Rmet. buchen Kluft II, und Olm,
  8 Fuder buchen Reiser.

4. Aus dem Bodenteich.

24 Rmet. buchen Kluft I., II. Cl. und Olm,
  2 Fuder buchen Reiser.
Schönberg i. M., den 7. Januar 1889.

Der Oberförster:       
C. Hottelet.            


Holz=Auction.

Am Freitag, den 11. Januar, Morgens 10 Uhr, sollen im Selmsdorfer Kirchenholze an Ort und Stelle bei freier Concurrenz meistbietend gegen Baarzahlung nachstehende Holzsortimente verkauft werden :

1 Raummeter eichen Knüppel,
  3 Fuder eichen Durchforstholz I. Cl.,   1 Raummeter buchen Olm,
28 desgl. buchen Knüppel,
15,5 Fuder buchen Pollholz,
  7 Fuder aspen buchen Durchforstholz III. Cl.
Hohemeile, den 31. December 1888.

                                                    Der Förster.
                                                    W. Polle.


Auctions=Anzeige.

Am Sonnabend, den 12. d. Mts. von Mittags 12 Uhr an, werde ich auftragsmäßig an Ort und Stelle (Markt Nr. 218) die der bisherigen Beschälstation gehörigen Utensilien pp. als
ein guter Futterkasten,
      4 Stall=Eimer,
      eine Dungkarre,
      6 Halfterzügel,
      ein Sieb,
      ein Futtermaß,
      eine Stall=Lampe und
ca. 3 Rmtr. tannen Brennholz

in öffentlicher Auction gegen gleich baare Bezahlung verkaufen. Im Anschluß hieran werde ich im Landvogteigebäude verschiedene Draht=, Bürstenbinder=, Kurzwaaren, Scheeren u. s. w. öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung versteigern.
Schönberg, den 5. Januar 1889.

Wienck,               
Landvogtei=Pedell.       


Bekanntmachung.

Unterzeichnete machen hierdurch bekannt, daß der Herr Forstaufseher Radloff in den Schutz ihrer und Hegen übernommen hat und von jetzt ab, jeder abgefaßte Frevler zur schärfsten Bestrafung angezeigt werden wird.

Sämmtliche Hauswirthe in Lüdersdorf.


F. Heitmann, Schönberg,
hält Lager und Alleinverkauf für die Firma                          
A. Schilling & Co. Shanghai

ächt chin. Thee in 1/4 patent. Blechdosen.
Ferner empfehle:                                          
reines hülsenfrei gekocht. Erbsenmehl.

1/4 Kilo genügt, in 10 Min. für 6 Personen auf die einfachste Weise eine nahrhafte, leichtverdauliche und billige Speise herzustellen.
            Präparirte Hafergrütze,
            Buchweizen- und Gerstgrütze.


G. & O. Lüders, Hamburg,
empfehlen                                                    
Hülsenfreies Reisfuttermehl

24% Protein und Fett garantirt bei 52% stickstofffreien Extractstoffen als wirksamstes, gesundestes und billigstes

Kraftfutter
für Milchkühe, Ochsen und Schweine.                          
Alleinverkauf bei
Herrn J. Borchert, Carlow.


[ => Original lesen: 1889 Nr. 3 Seite 4]

Bruch=Heilung.
Die Heilanstalt für Bruchleiden hat uns mit unschädlichen Mitteln ohne Berufsstörung von Leisten=, Hodensack= und Wasserhodenbruch durch briefliche Behandlung vollständig geheilt, so daß wir jetzt ohne Bandage arbeiten können. Joh. Breit, Ehrenfeld b. Cöln; P. Gebhard, Schneiderm., Friedersried b. Neukirchen, 54 J.; Jos. Kast, Handlung, Simmerberg b. Lindau; A. Schwarz, Wagenbauer, Langenpfungen b. Rosenheim (für Kind). "Broschüre: "Die Unterleibsbrüche und ihr Heilung gratis. 3000 Bandagen bester Construktion vorräthig; mit einer Mustersammlung ist unser Bandagist in:

Lübeck "Hotel du Nord",
am 17. jeden Monats von 8 Uhr Vorm. bis 12 1/2 Uhr Nachm.

zur unentgeltlichen Maßnahme und Besprechung zu treffen. Man adressire: An die Heilanstalt für Bruchleiden in Stuttgart, Allenstraße 11.


Gr. Siemzer Schweinegilde.

Am Sonntag, den 13. Januar, findet der diesjährige

Vereinsball

im Freitag'schen Locale statt.
Herren zahlen 50 Pfennige, Damen 10 Pfennige Entree, wofür Letztere einen Gewinn aus dem Tannenbaum erhalten.

Anfang 7 Uhr.

Nichtmitgliedern ist der Zutritt nicht gestattet.

Der Vorstand.       


Am Sonntag, den 13. Januar
Tanz-Musik.
Es ladet ergebenst ein                                                    
Pogetz.                                                     Gastwirth Kaven.


Geschäfts-Eröffnung.

Mache hierdurch die geehrtem Bewohner von Herrnburg darauf aufmerksam, daß ich hieselbst eine Schlachterei eröffnet habe und empfehle täglich frisches Ochsen= und Schweinefleisch.
Um geneigten Zuspruch bittet

                                                    F. Otten, Schlachter, Herrnburg.


Zum Antoni=Termin sind                                                    

6000 Mark

gegen sichere Hypothek und 4% zu belegen.
Reflectanten wollen sich in der Expedition dieses Blattes melden.


Gesucht noch zu diesem Antoni=Termine für 2 städtische Gehöfte hier je 600 Thaler als erste Hypothek und für eine Landstelle hiesigen Fürstenthums 1200 Thaler, nach 1000 Thalern des Hypothekenbuchs. Näheres bei

Senator Wilh. Heincke.       


Um damit zu räumen, verkaufe meinen Vorrath an                          
Schlittschuhen
zu und unter Einkaufspreisen.                                                    
                                                    W. Wieschendorf.


Pferd                          Pferd

In Hof Wahrsow bei Lüdersdorf deckt ein starker dänischer Fuchshengst, 7 Jahre alt, mit weißen Mähnen und Schweif und vorzüglichem Gangwerk fremde Stuten gegen ein Deckgeld von 11 M., welche bei der ersten Zuführung zu entrichten sind. Der Hengst ist 4 mal in Schleswig gekört.

Hof Wahrsow.                                                     G. Hörcher.


Special-Wiesendünger
bei                                                    
                                                    F. Heitmann.


Ein guter Pelz
ist zu verkaufen.                                                    
                                                    Zu erfragen in der Expedition dieses Blattes.


Fabrik-Niederlage
von echten
Normal- Tricot-Unterkleidern
System Prof. Dr. Jaeger
Hugo Heincke.
Verkauf zu Orig. Fabrik Preisen
Garantie für reine Wolle.
Schutzmarke NORMAL-WOLL-SYSTEM


Auf dem Wege von der Marienstraße bis zur Wasserstraße ist am Montag Abend ein

Ueberzieher

verloren worden. Der Finder wird gebeten, denselben zurückzugeben an Fuhrmann Krohn in Schönberg.


Gesucht

mehrere möblirte Wohnungen ab Mitte Januar d. J. für mein Theaterpersonal, sowie für mich 2 Zimmer mit Schlafstube (Betten selbst). Anmeldungen erbitte ich im Theater bei Herrn Boye.

H. Gürcke Director.       


Gesucht zu sogleich                                                    
ein älteres Mädchen,
das milchen kann, zur Führung eines kleinen Hausstandes auf dem Lande.
Näheres in der Expedition dieser Anzeigen.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
10,8 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 12,7 Nachts.
Nach Kleinen:
4,57 Morg. 10,9 Vorm. 12,46 Nachm. 8,5 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1889 Nr. 3 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 3 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 8. Januar 1889.

Der Dreikönigstag (6. Januar.)
Von F. K.

Unter allen Schicksalstagen des Jahres ragen besonders hervor die in das Gebiet des Wodankultus gehörigen "Zwölfnächte" um die Zeit der Wintersonnenwende, wo nach altgermanischem Volksglauben die Götter ihren Umzug "auf der Erde" halten. Im ganzen Deutschland, mit Ausnahme einiger Gegenden in Oesterreich, wird diese mit mannigfaltigen Sagen und Mythen umwobene Zeit mit einer eigenthümlichen Aengstlichkeit beachtet. Die "zwölf heiligen Nächte" werden heutzutage meistens von Weihnachten bis zum heil. Dreikönigstage gezählt, in Schlesien aber auch als die letzten zwölf Tage vor Weihnachten, in Bayern wiederum vom Thomastage (21. Dezbr.) bis Neujahr, oder auch als die nächsten 12 Tage nach Neujahr (Mecklenburg und Franken). Noch im 13. Jahrhundert begannen überall die Zwölften mit dem Neujahrtage. Jene verschiedenen Termine haben sich erst im Laufe der Zeit infolge der Einführung des unserer Zeitrechnung zugrunde gelegten Gregorianischen Kalenders herausgebildet.
In Thüringen schließen die zwölf heiligen Nächte mit dem Vorabende des heil. Dreikönigstages, welcher deshalb auch die Benennung "Dreizehntag" trägt. Er galt früher als ein geweihter Tag, an welchem die hehren Himmelsgestalten unserer germanischen Altvordern von Hain zu Hain zogen, nachdem sie die vorhergehenden zwölf Tage zu ihrem glückbringenden "Erdenwallen" ausersehen hatten. "Früher mag der Umzug während aller Nächte dieser Zeit stattgefunden haben, mögen alle gleich heilig gewesen sein, später zog sich das zusammen und bezog sich auf die heilige Nacht der Geburt Jesu Christi auf die vor dem Feste seiner Beschneidung," sagt Wolf in seinen Beiträgen zur deutschen Mythol. II. Bd. S. 124.
Aus jenen Götterumzügen hat sich der heutzutage noch an vielen Orten Deutschlands, besonders in Schwaben und Thüringen, aufrecht erhaltene Glaube an den nächtlichen Zug der "wilden Jagd" am Vorabend des Dreikönigstages entwickelt. Am Rhein läßt man deswegen bei offenen Hausthüren das für den Abend bereitete Mahl auf dem gedeckten Tische stehen: gleichsam als eine Opfergabe für die segenbringenden Götter.
Man pflegte sich in früheren Jahrhunderten die alten Göttersagen vorzusingen (cantationes ballationes diaboli), wogegen natürlich die mittelalterliche Bischöfe im heiligen Zorn eiferten. Der "treue Eckard" oder auch "Knecht Ruprecht" gingen deswegen mit ihren scharfen Warnungen gegen diese heidnische Unsitte hausieren. Christlicher Bettelbrauch am Dreikönigstage war die Darstellung der heiligen Dreikönige, indem Männer und Knaben über die ländlichen Gehöfte zogen und mit Vorzeigung eines abgebildeten Sternes, aus einem Kasten herausstrahlend, sowie unter dem Gesange des heiligen Dreikönigsliedes Gaben sammelten! eine überlieferte Erinnerung an die ähnlichen Umzüge der alten heidnischen Sänger.
Auch heutzutage ziehen die drei Könige an dem erwähnten Tage umher, ihren Morgenstern drehend; ein Bruchstück des altherkömmlichen Sterndreherliedes. Im Harze suchen gewisse arme Gebirgsdörfer eine Ehre darin, daß von ihnen aus die heiligen drei Könige - beim Volke auch "Sterngucker" genannt - weit ins Land hinausziehen. Besonders entsendet das Dorf Schiercke am Brocken viele Sterngucker, welche, da sie ohnehin schon bei der Arbeit weißleinene Kittel tragen und obendrein noch mit Perücken auf den Köpfen und Flachsbärten in den geschwärzten Gesichtern ausgestattet sind, sehr gut als mohrenländische Könige sich ausnehmen. Ihr feierlicher Gesang lautet:
          "Wir sind die drei Könige aus Mohrenland,
          Die Sonne hat uns Schwarz gebrannt."
Vor hundert Jahren hatte laut des "Journal von und für Deutschland," 1789, 1.-6. Stück ein bei den Thüringern gleich volksthümlicher und beliebter Aufzug an diesem Tage folgenden Verlauf: Drei junge, zu diesem gemeinsamen Unternehmen und Verdienst vereinigte Burschen, mit weißen Hemden bekleidet, die ein mit Goldpapier überzogener Gürtel zusammenhielt, unternahmen den aufsehenerregenden Umzug. Ueber den Schultern dieser jugendlichen Könige hing ein bereits goldüberzogenes Wehrgehänge, an dem ein wirklicher oder ein hölzerner Säbel "bammelte". Der den Mohrenkönig darstellende Bursche war im Gesicht und an den Händen geschwärzt und trug einen buntgezierten Turban und einen steif herabhängenden Zopf, der auch des Königs Begleitern unter der gezackten Krone hervorragte. Der Stern bestand aus einer Stange und einem darauf befestigten Brette, auf welchem im Hintergrunde noch eine Art Schloß, mit Gold und Buchsbaum reich verziert, sichtbar war. Auf der einen Breitseite war eine Laube von Buchsbaum angebracht, in welchem die drei Könige verborgen saßen und, wenn das gesungene Lied ihre Erscheinung verlangte, sichtbar wurden. Dieser Laube gegenüber befand sich der Stall mit Joseph und Maria und dem Kindlein in der Krippe, in der Nähe weideten ein Ochse und ein Eselein. Im Schlosse selbst saß Herodes mit seinem fürchterlichen braunrothen Gesicht hinter einem großen Fenster; eine schwarze Perücke deckte seinen Kopf. Alle Figuren wurden durch Schnürzüge bewegt. Der große vergoldete Stern aus Pappdeckel auf der Stange wurde von dem Sternhalter herumgedreht. Die ganze Schaustellung wurde durch einige Lichter beleuchtet.
Mit einer ähnlichen Darstellung der geschichtlichen Bethlehemscene ziehen am Vorabende des heil. Dreikönigstages auch die Kinder Suhls singend und gabenerheischend von Haus zu Haus. Nur ein Lied aus den vorgetragenen Gesängen scheint sehr alt zu sein, während die übrigen neuere Schullieder sind. Ersteres hat nachstehenden Wortlaut:
          Die heiligen drei Könige mit ihrem Stern:
          Sie suchen den Herrn,
          Sie hatten ihn gern!
          Da kamen sie vor Herodes sein Haus:
          Da schaute Herodes zum Fenster heraus
          Und sprach in seinem Sinn:
          Wo seid Ihr gewesen ?
          Wo wollt Ihr denn hin ? -
          Er ward geboren in Bethlehem der Stadt,
          Wo Kuh, Ochs und Eselein stand!
                    Halleluja! Halleluja!
Sollten dergl. Lieder noch an anderen Orten üblich sein, so bitte selbige aufgezeichnet an die Redaktion d. Bl. einsenden zu wollen.


- Vulkan war der Name des Schmiedegottes der alten mythologischen Götterwelt, er thronte hoch oben über den Wolken, stieg aber, wie die andern Götter und Göttinnen nicht selten nieder zu den Töchtern der Menschen, die feuerspeienden Berge aber waren seine Werkstätten und Essen. Nach diesem Vulkan hat sich die große Schiffsbauwerft in Bredow bei Stettin genannt, die Tausenden von Schmieden, Schlossern, Zimmerleuten u. s. w. das Jahr hindurch Lohn und Brod giebt. Der Vulkan war es, welchen der junge thatkräftige Kaiser vorige Woche besuchte und der Jubel, der ihm entgegenbrauste, wird in seiner Bedeutung für den Weltruf der deutschen Schiffsbau=Industrie noch erhöht durch die aus China eintreffenden Nachrichten über den glänzenden Sieg, welchen dieser "Vulkan" mit seinen letzten beiden Panzerschiffen "King Juen" und "Lai

[ => Original lesen: 1889 Nr. 3 Seite 6]

Yuen" errungen hat. Sie sind in China für so trefflich anerkannt worden, daß der Kaiser Quang Su den Erbauern einen großen Dank= und Lobbrief und hohe Orden zugesandt hat. Die Schiffsbaukunst, namentlich für Kriegsschiffe, ist in Deutschland verhältnißmäßig jung; um so mehr dürfen wir Deutsche uns über ihre Erfolge freuen. Auch Krupp in Essen und Fürst Bismarck haben aus Anerkennung den Drachen=Orden vom Kaiser von China erhalten.
- Wieder ist England durch entsetzliche Morde, welche an die Londoner Verbrechen erinnern, deren unheimlicher Thäter sich bis jetzt allen Nachforschungen zu entziehen gewußt hat, in Aufregung versetzt worden. In Bradford wurde am Sonnabend in einem Stalle ein achtjähriger Knabe, der seit drei Tagen vermißt wurde, ermordet und verstümmelt aufgefunden. Die Polizei verhaftete einen Milchmann, der zuletzt in Gesellschaft des ermordeten Knaben gesehen wurde.
- Aus Teheran wird berichtet, daß unlängst ein Haufe wüthender Perser auf der Bahnstrecke zwischen Teheran und Schah=Azim einen Zug mit Passagieren verbrannt hat, weil ein Perser durch einen Bahnzug getödtet worden war. Die Wuth des Volkes war so groß, daß eine allgemeine Empörung befürchtet wurde.
- Schneidig. Vor einigen Tagen versandte die wegen ihrer Extravaganzen bekannte Lady Florence Dixie in London die Einladungskarten für die Feste, die sie in diesem Winter zu veranstalten gedenkt. Zu dem üblichen Texte wurde folgende Nachschrift beigefügt: "In meinen Salons hat der lächerliche Unsinn, welcher darin besteht, daß die Frauen und Mädchen ruhig warten müssen, bis es dem einen oder dem anderen Herren gefällt, sie zum Tanze aufzufordern, ein Ende. Es steht den Damen frei, sich aus der Gruppe der Herren einen Tänzer zu holen; ich dulde nicht, daß in meinem Hause die Herren Paschas auf= und abspazieren, um zu überlegen, welche Dame ihnen als Tänzerin zusagt. Bei mir haben die Frauen das Wahlrecht."
- Uebertrieben! Vor wenigen Tagen war das neue Exercier=Reglement in Kraft getreten. Ueberall, auch in der kleinen westfälischen Garnison L., versuchte man sich daran zu gewöhnen, daß es beim Exerzieren kein drittes Glied mehr gab, daß der schöne Griff "Faßt das Gewehr an" der Vergessenheit anheimzufallen hatte und manches Andere mehr. Lieutenant S., der erst am Abend vorher von längerem Urlaub heimgekehrt ist und noch keine Zeit gefunden hat, sich mit der neuen Vorschrift vertraut zu machen, rückt mit seiner Abtheilung nach einer Felddienstübung wieder in die Stadt. Da sieht er seinen Kommandeur auf sich zukommen. "Nun, Leute, macht 'mal 'nen schneidigen Griff!" Und laut schallt das Kommando: "Faßt das Gewehr an!" Ein festes klirrendes Einsetzen der Gewehre; 2 1/2 Duzend Füsilier=Gesichter, auf denen unterdrückte Heiterkeit leicht erkennbar ist, wenden sich dem Major zu. Dieser bleibt stehen, winkt den Lieutenant zu sich heran und fragt: "Kommandierten Sie denn nicht soeben "Faßt das Gewehr an?" "Zu Befehl, Herr Major!" "Ja, mein Gott, Herr Lieutenant, wir leben doch nicht mehr zur Zeit Albrechts des Bären!"
- Die Wunder des Telephons. Ein alter Mann wollte es noch immer nicht glauben, daß er sein Weib auf eine Distanz von mehreren Meilen per Telephon hören könne. Seine bessere Hälfte befand sich in einem Laden, der einige Meilen entfernt war, wo ebenfalls ein Telephon angebracht war. Nachdem man den Alten gehörig instruiert hatte, wie er mit dem Telephon umgehen müsse, ging er kühn auf dasselbe los und schrie: "Halloh, Sarah!" In diesem Augenblicke traf ein Blitz die schlecht versicherte Telephonleitung und schlug den Manu nieder. Als er sich wieder erholt hatte, rief er ganz erregt: "Das ist wahrhaftig Sarah, wie sie leibt und lebt!"
- Im Boot. "Frau, setz' Dich recht in die Mitte, damit das Boot nicht umkippt. Das Wasser ist tief und wenn Du mit mir hineinfällst -" -"O, hab nur keine Angst! Ich bin einmal mit Dir hineingefallen, nun aber nie wieder."
- Naturgeschichtliches. "Das Kameel kann acht Tage lang arbeiten, ohne zu trinken!" erzählte Herr Proppenschneider seiner sehr zungenfertigen Frau. - "Das ist noch gar nichts," erwiderte, ihn scharf fixierend, Frau Proppenschneider, "ich kenne sogar ein Kameel, das kann acht Tage trinken, ohne zu arbeiten." - Herr Proppenschneider ging still ins Nebenzimmer.
- Rang=Unterschiede. Eine schlichte Bürgersfrau wird in einem Modewaarengeschäft "gnädige Frau" angeredet, und als sie gegen diese Titulatur aus Bescheidenheit protestiert, eröffnete ihr der sie bedienende Kommis Folgendes: Nach Instruktion des Prinzipals wird jedes erwachsene weibliche Wesen, welches mit Hut im Lokal erscheint, "gnädige Frau" tituliert, ohne Hut "Madame", und diejenigen, welche ohne Kopfbedeckung kommen "Frauchen" angeredet.
- Grausam. Lisi: "Nun, was läufst Du denn so ?:" - Pepi (mit dem Essen für ihren Schatz in der Hand), "Jetz' is's neune, und seit sieben Uhr wartet mei' G'freiter auf sei' Abendessen! Net an' Augenblick hat mich mei' Frau über d' Stiegen 'runter g'lassen!" - Lisi: "Nein -, so was! Das ist ja die reinste Soldatenschinderei!"
- Feldwebel (zum Rekruten, der nicht vom Turnreck herunter kann): "Willst mal schnell' runter, daß Ihr Kerls, wenn man Euch was angenehmes bietet, gleich den unverschämtesten Gebrauch davon machen müßt!"


Der Deserteur.
Novelle von Stanislaus Graf Grabowski.
(Nachdruck verboten.)
Fortsetzung.

[ => Original lesen: 1889 Nr. 3 Seite 7]

Der Deserteur.
[Fortsetzung.]

[ => Original lesen: 1889 Nr. 3 Seite 8]

Der Deserteur.
[Fortsetzung.]


<< Ausgabe vorher>> Ausgabe danach
ZVDD