No. 59
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 02. August
1887
siebenundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1887 Nr. 59 Seite 1]

Der Kaiser wird seine Kur mit dem 21. Bad beenden und sich dann direkt nach Schloß Babelsberg begeben, wo die Kaiserin, von Homburg kommend, einige Tage vorher eintreffen wird, um ihren Gemahl zu empfangen. Das Befinden des Kaisers ist ein sehr gutes, so daß er täglich längere Spaziergänge unternehmen kann. Wann der Kaiser von Oesterreich in Gastein eintreffen wird, ist noch immer nicht bestimmt, doch dürften die endgültigen Bestimmungen über die Zusammenkunft der beiden Monarchen in diesen Tagen getroffen werden.
Der Kaiser hat durch Herrn v. Schlözer dem Papst zu seiner Priester=Jubelfeier ein Glückwunschschreiben nebst einer reich und kunstvoll in Gold gestickten, mit kostbaren Steinen geschmückten Mitra überreichen lassen.
Am 25. September d. J. sind es übrigens 25 Jahre, daß Fürst Bismarck zum provisorischen Leiter der preußischen Regierung berufen wurde. Am 8. Oktober 1862 folgte dann die definitive Ernennung zum Ministerpräsidenten und Minister des Auswärtigen. Vorher war Bismarck bekanntlich Botschafter in Paris gewesen.
Die Verbreitung russischer Papiere in Deutschland soll außerordentlich sein, auch unter den pensionirten Offizieren. Einer versicherte, daß unter vierzig seiner Bekannten mehr als dreißig russische Papiere hätten und in den höheren Klassen soll dies allgemein sein. Diese Papiere waren lange begünstigt und trugen höhere Zinsen als deutsche gewähren.
Die Berliner "Kreuzztg." bespricht die Lage Frankreichs ziemlich ungünstig, indem sie bei der unsicheren Haltung des Kabinets Rouvier auch ohne russische Einflüsse ein baldiges Kabinet Clemenceau= oder Rochefort=Boulanger voraussieht, was das Signal zur sozialen Revolution oder zu einem Ueberfallkrieg gegen Deutschland wäre; doch sei es auch möglich, daß Deutschland angesichts der Deutschenhetze in Frankreich die von diesem beabsichtigte Ueberrumpelung durch eine Beschleunigung der Katastrophe vereitele.
Die Tage des 72jährigen Königs von Holland sollen gezählt sein; er leidet an großer nervöser Erregung und Schwäche, das Bad Wildungen hat ihm diesmal nicht Hülfe in einem alten Leiden gebracht und er hat sich ganz in die Einsamkeit zurückgezogen.
Nahezu über ganz Irland hat die Londoner Regierung den Ausnahmezustand verhängt, und die Unterdrückung der Nationalliga steht binnen Kurzem bevor. Die Irländer sind aber keineswegs gewillt, ohne Weiteres die Flinte ins Korn zu werfen, sie rüsten sich vielmehr zu entschlossenem Widerstande, und wir werden bald von neuen Ruhestörungen und Ausschreitungen hören.
Der kluge Papst Leo XIII. macht die Zurückgabe Rom's und des Kirchenstaates an das Papstthum den Italienern sehr plausibel. Er sagt ihnen, die Einheit Italiens würde dadurch nicht gefährdet, sondern verstärkt werden; der Papst würde als weltlicher Herrscher immer ein guter Italiener bleiben und die ganze Armee von Missionären in der ganzen Welt für Italiens Einfluß und Macht arbeiten lassen. Trotzdem scheinen die Italiener nicht an den Köder anbeißen zu wollen.
Mit der Cholera breitet sich auch die Anarchie in Sicilien aus; in Catania wurden mehrere Aerzte als Vergifter vom Volk erschossen.
Ueber den Haß der Russen gegen die Deutschen und dessen Gründe spricht Björnstjerne Björnson seine Ansicht so aus: "Der Haß der Russen gegen die Deutschen ist althergebracht; derselbe ist auch von viel allgemeinerer und tieferer Art als der der Franzosen, wiewohl er das Glück hat, daß man sich selten seiner erinnert; auch in Deutschland spricht man allgemein nur von dem Haß der Franzosen, Wenige sprechen von dem der Russen. Aber in Rußland geht dieser Haß durch alle Klassen und hat aller Art Ursachen je nach Stellung, Bildung und Alter: es ist der Haß des Wilden gegen hundertjährige Unterdrückung, der Haß des Nationalen gegen die Fremdlinge; der Haß des Strebers gegen den, der auf seinem Platz sitzt, des Größeren gegen den Kleineren, der die Macht hat; des Temperamentsmenschen gegen den pedantischen Sieg der Ordnung und des Fleißes: des Eleven gegen den pedantischen Lehrer; der Zahl von Unternehmungslustigen gegen die zähe, siegende Konkurrenz. Rußland haßt Deutschland sowohl für das, was es giebt, als für das, was es nimmt."
Auf die furchtbare Hitze und Dürre in Nord=Amerika ist ein eben so fürchterliches Regenwetter gefolgt. Andauernde heftige Regengüsse haben bereits der Ernte im Staate Newyork, Pennsylvanien und den Neu=England=Staaten großen Schaden zugefügt. Viele Brücken wurden weggeschwemmt und Fahrstraßen unwegsam gemacht. Der Regen am 23. v. Mts. in Massachusetts war der heftigste seit Menschengedenken. In Great Barrington und Umgegend wurden 25 Brücken, viele Dämme und Fabriken zerstört.


- Schönberg. Am 28. Juli, Nachmittags gegen 1/2 2 Uhr etwa, wurden das sogenannte alte Holländerhaus zu Römnitz, in welchem sich vier Tagelöhnerwohnungen befanden, sowie ein daneben stehender Schweinestall durch Feuer zerstört; das erstbezeichnete Gebäude, von Fachwerk mit Strohdach, ist gänzlich niedergebrannt, während von dem letztbezeichneten Gebäude, massiv mit Strohdach, das Dach, sowie das Innere verbrannte. Die Habe der Insassen ist bis auf Weniges mitverbrannt, drei derselben waren versichert, einer davon jedoch nicht. Die Entstehungsursache soll zwar, wie uns mitgetheilt worden, nicht mit Sicherheit ermittelt sein, jedoch ist mit Bestimmtheit anzunehmen, daß das Feuer durch kleine Kinder veranlaßt sein wird.
- Schönberg. Die vielfach in den Zeitungen auch besprochene Angelegenheit über Differenzen zwischen unserer hohen Landesregierung und der

[ => Original lesen: 1887 Nr. 59 Seite 2]

Königl. preußischen Staatsregierung wegen Senkung resp. Stauung des Klocksdorfer=Sees, (auch Röggeliner= und Dechower=See genannt) hat nunmehr auch ihre Erledigung gefunden, indem zwischen beiden hohen Regierungen eine Vereinbarung dahin getroffen ist, daß diesseits ein bestimmtes Staumaaß, welches den Bewohnern von Dechow nicht mehr, wie bisher behauptet worden, Nachtheile zufügen kann, angenommen ist, während von preußischer Seite eine Entschädigung dafür geleistet wird.
- Schönberg. Ende Juni d. J. wiesen wir darauf hin, daß die Intendantur des Großherzoglichen Hoftheaters zu Schwerin beabsichtige, im Laufe der Saison 1887/88 - 6 Vorstellungen im Abonnement für Auswärtige zu veranstalten, um diesen die Gelegenheit zu geben, auf billige und bequeme Weise das neue Theater besuchen zu können. Die Preise für die 6 Vorstellungen des Abonnements sind festgestellt: für einen Platz in der Fremdenloge auf 18 Mk., im ersten Range auf 12 Mk., im Parquet, in den Parquetlogen und in den Prosceniumslogen des zweiten Ranges auf 10 Mk., im zweiten Range auf 6 Mk. Die Direktion der Mecklenburg. Friedrich=Franz=Eisenbahn bewilligt den einfachen Fahrpreis für Hin= und Rückfahrt zu diesen Vorstellungen, gestattet auch die Benutzung jedes fahrplanmäßigen Zuges an dem Tage der Vorstellung. - Eine Aufforderung zum Abonnement in den an der genannten Bahn gelegenen Städten hat, wie uns mitgetheilt wird, eine so rege Betheiligung ergeben, daß sich die Intendantur des Großherzoglichen Hoftheaters entschlossen hat, das Abonnement zu theilen und eine zweite Serie von 6 Abonnements=Vorstellungen zu veranstalten. Da die Vorstellungen so zeitig beginnen sollen, daß die letzten Abendzüge von Schwerin zur Rückfahrt benutzt werden können, so ist durch eine solche Theilung des Abonnements in 2 Serien die Möglichkeit gegeben, mit dem Beginne und Ende der Vorstellungen mehr Rücksicht auf die Abfahrtszeit der Züge von Schwerin zu nehmen und dadurch die Theilnahme und den Besuch zu erleichtern. - Für Diejenigen, welche an der Eisenbahnstrecke Wismar=Doberan wohnen, ist die Betheiligung ebenfalls ermöglicht, da sich die Betriebs=Verwaltung dieser Bahn freundlichst bereit erklärt hat, bei genügender Betheiligung Abends 10 Uhr zum Anschluß an den Zug von Schwerin nach Wismar einen Extrazug einzulegen. Ebenso steht zu erwarten, daß die Königliche Eisenbahn=Direktion in Altona Fahrpreisermäßigung gewährt, so daß auch den Städten Ludwigslust und Grabow der Besuch der Vorstellungen erleichtert wird. Für die Bewohner der nicht durch Eisenbahn mit Schwerin verbundenen Städte und Ortschaften werden sich jedenfalls Fahrunternehmer bereit finden, etwaige Theaterfreunde zu ermäßigtem Preise zu befördern, und darf deshalb wohl angenommen werden, daß sich zu den beiden Serien des Abonnements eine große Zahl Theilnehmer meldet. - Zum Schlusse wollen wir nochmals erwähnen, daß 4 größere Opern und 2 größere Schauspiele zur Aufführung gelangen, daß der Abonnementspreis und der Preis für die 6 Eisenbahnfahrten im September pränumerando gegen Aushändigung der Billets gezahlt werden müssen, daß jeden Monat eine Vorstellung stattfindet und daß die Billets nicht auf Namen ausgestellt werden, also übertragbar und die Abonnements teilbar sind.
- Infolge des Zollanschlusses von Hamburg an das Reichszollgebiet wird zum 1. Oktober 1888 eine Personalvermehrung von mindestens 300 Zollbeamten nothwendig werden.
- In Berlin hielt kürzlich Professor Virchow in einer überaus zahlreich besuchten Sitzung der Berliner medizinischen Gesellschaft einen streng wissenschaftlichen Vortrag über die pachydermia caryrgis, bekanntlich das Leiden des Kronprinzen. Es zeigte sich dabei, daß Virchow schon ältere Erfahrungen über diese Krankheitsform besitzt, auch schon früher darüber geschrieben hat. Obwohl der spezielle Fall des Kronprinzen nur andeutungsweise genannt wurde, ergab sich doch aus dem Vortrage, daß Virchow das Leiden des Kronprinzen mit Sicherheit als gutartig und heilbar ansieht.
- Der deutschen Industrie sind neuerdings große und ehrenvolle ausländische Aufträge zugegangen: der Hartmannschen Maschinenfabrik in Chemnitz zahlreiche Tuchwebestühle für Rumänien, der Grusonschen Hartgußfabrik in Magdeburg auf Geschütze und Geschützmaterial im Werth von 7 Mill. Franks für Rumänien und Maschinen zur Befestigung des Gotthard=Tunnels für die Schweiz; Krupp und Gruson die vollständige Ausrüstung mit Kanonen, Panzerthürmen und Panzerplatten für die Maßbefestigung in Belgien; Siemens und Halske in Berlin die Herstellung einer elektrischen Straßenbahn in Pest.
- In Berlin ist der Andrang nach kombinierbaren Rundreisebillets so groß, daß im Anhalter Bahnhofe ein zweites Büreau hat eröffnet werden müssen.
- Kolossale Grundstückspreise werden in Berlin angelegt. So ist z. B. neulich die Eckbaustelle der Borsig'schen Fabrik am Oranienburger Thor mit 9000 Mark pro Quadratruthe bezahlt worden.
- Bei einem Feuerwerk im "Sternecker" in Berlin explodierte ein sogen. Kanonenschlag. Eine Eisenplatte flog einem 40jährigen Herrn an den Kopf und zerschmetterte diesem die Kinnbacken vollständig.
- Die Fundgeschichte des Trompeter Angermann in Potsdam ist erlogen, denn in dem geheimen Fache des Glückstisches befanden sich gar keine Werthpapiere, sondern es wurde nur eine Quittung über bei der Reichsbank deponierte Werthpapiere gefunden. Die Reichsbank soll längst diese Werthpapiere wieder abgegeben haben, so daß die Quittung keine Bedeutung mehr hat.
- In dem Fremdenverkehr der Reichshauptstadt macht sich in diesem Jahre ein auffallender Rückgang in der Zahl der russischen Reisenden bemerkbar, während andererseits die Zahl der amerikanischen Gäste sich fast verdreifacht hat.
- Bei der diesmaligen Ziehung des preußischen Klassenlotterie sind fast alle Loose abgesetzt, während bei der vorigen über 9000 unverkauft blieben. Der Mehrabsatz ist namentlich im Ausland erzielt worden.
- Fürst und Fürstin Bismarck haben am 28. Juli d. J. ihren 40. Hochzeitstag gefeiert. Ihre Vermählung fand im Jahr 1847 statt, nachdem die Eltern der Braut manche Bedenken überwunden hatten, ihre Tochter Johanna v. Puttkamer dem "tollen Bismark" anzuvertrauen. Er hat sie aber gut und hoch hinauf durch's Leben geführt. Der Fürst steht im 73., die Fürstin im 64. Lebensjahr.
- Mit den Arbeiten für das neue Reichsgerichtsgebäude in Leipzig ist es seit einigen Wochen voller Ernst geworden. Mächtige Planken umziehen in weitem Umfange den Bauplatz der in einem herrlichen, nur für palastartige öffentliche Gebäude bestimmten Stadtviertel Leipzigs gelegen ist. Ein Haus für das bauleitende Bureau wird soeben errichtet. Die Bauzeit wird auf mindestens 6 Jahre veranschlagt. - Die Grundsteinlegung wird vom Kaiser und dem König von Sachsen vollzogen werden. Der Tag dieses feierlichen Aktes soll aber erst nach der Rückkehr Kaiser Wilhelms aus Gastein nach Berlin bestimmt werden.
- In den Reparaturwerkstätten der Reichseisenbahnen ist eine Bekanntmachung der Direktion angeschlagen, laut welcher Betheiligung an deutschfeindlichen oder solchen Bestrebungen, welche gegen die bestehende Staatsordnung gerichtet sind, sofortige Entlassung zur Folge hat. Motivirt wird diese Bestimmung mit dem jedem unbefangenen, denkenden Mann einleuchtenden Hinweis, daß eine kaiserliche Behörde nicht dulden darf, daß die von ihr beschäftigten und gelohnten Arbeiter sich an Bestrebungen betheiligten, welche gegen Kaiser und Reich gerichtet sind.
- Unsere deutsche Nordostseefischerei beschäftigt 402 Fahrzeuge und eine Besatzung von 1429 Mann.
- Bei der Jubelfeier der Göttinger Universität wird muthmaßlich der jetzt daselbst wohnende, früher in Einbeck amtirende Superintendent a. D. Hollmann derjenige "alte Herr" sein, welcher die höchste Semesterzahl aufzuweisen hat. Derselbe Zählt deren 148.
- Ein jüngst in Heilbronn versammelte Verband württ. Wirthe beschloß eine Eingabe an den Reichstag behufs Besteuerung der Flaschenbiergeschäfte und alljährliche obligatorische Aichung der Bierfässer.

[ => Original lesen: 1887 Nr. 59 Seite 3]

- In Mannheim fand am 30. Juli das erste internationale Preisfechten in Deutschland statt. Nicht nur Fechter aus allen Gauen Deutschlands, sondern auch Oesterreich, Italien, Belgien, Schweden und Norwegen sind anwesend. Dieses Preisfechten wurde nur mit der Stoßwaffe ausgefochten.
- In Regensburg kam im Vorjahre ein Bierkonsum von 557 Litern auf den Kopf, in dem benachbarten Stadtamhof sogar 612 Liter, also 1530 norddeutsche Seidel, alles in einem Jahre!
- Ein unternehmender Schneider aus Sachsen hat zwei Frauen geheirathet, eine daheim und eine in Mainz. Dieser Tage kam es heraus, und er wurde verhaftet. Als ihn der Richter fragte: Sie sind Bigamist? antwortete er entrüstet: Nein, Schneidermeister!
- Hebt eure Familienpapiere auf. Ein armes Bäuerlein in Schwaben oder Baden that's, obgleich er nie wußte wozu. So ward er alt und grau. Da traf ihn die Kunde, ein Vetter sei ihm in Paris gestorben und die Behörden suchten seit Jahren nach den Erben für die vielen Millionen Francs. Bald stellte sich nach seinen Papieren heraus, daß er der berechtigte Erbe sei und er machte sich nach Paris auf, nahm aber sogleich einen Advokaten mit.
- Ein Metzger in Dürkheim wurde, welcher gesundheitsschädliches Fleisch und ebensolche Wurst in den Handel gebracht, zu 6 Monaten Gefängniß, 3 Jahren Ehrverlust und zu den bedeutenden Kosten verurtheilt.
- Der Geheimrath von Nußbaum hat dieser Tage die schwierige Operation der Laparotomie (wohl dem, der das Wort und die Sache nicht aus eigener Erfahrung kennt) zum 500. Mal gemacht. Diese Operation besteht in der Eröffnung des Bauches zum Zweck der Entfernung krankhafter Bildungen in demselben. Seine Schüler und Kollegen hatten an diesem Tag ihm eine Ehrenpforte in der Klinik errichtet, in welcher die Zahl 500 prangte.
- In der Kirche in Wien hat sich ein sehr ungleiches Paar trauen lassen: Die Braut, eine junge bildschöne Blondine, der Bräutigam ein weißhaariger, gebrechlicher 80jähriger Greis. Der Handlung wohnten zwei Trauzeugen bei und zahllose Bettler jeden Geschlechts und Alters; denn der Bräutigam war auch ein bekannter Bettler. Die Erklärung ist folgende. Der Blondine war eine große Erbschaft zugefallen, die ihr aber nur dann ausgezahlt werden sollte, wenn sie verheirathet sei. Viele Vettern, Neffen waren bereit, sie aber wollte Niemand heirathen, der ihr gleichgültig sei, sie wollte aber auch die Erbschaft heben. Da nahm sie einen Bettler an der Kirchenthür unter der Bedingung, daß er sich nach der Trauung nie mehr um sie kümmere. Er ging die Bedingung gegen einen neuen Anzug und baare 500 Gulden ein. Sofort nach der Trauung gingen ihre Wege auseinander, die Wege der jungen Frau ins Ausland.
- Der Prinz von Wales ist unter die Erfinder gegangen oder unter die Componisten. Er hat ein sogenanntes kurzes Getränk componirt und im Schloß und in der Gesellschaft eingeführt, dessen Rezept lautet: Roggenbrantwein, Zucker, Eis, ein Stück Ananas, Augostura=Bitter und Citronenschale, einige Tropfen Maratchino und ein Zusatz von Champagner.
- Boulanger hat dem Maschinisten und dem Heizer, die mit ihm am 12. Juli auf der Lokomotive aus Paris geritten sind, goldene Uhren "zum Andenken" geschenkt.
- Den König Humbert von Italien zu interpelliren, muß unter Umständen eine Freude sein. Seine wunderliebliche Gemahlin Margherita bat ihn neulich ängstlich, ihr aufrichtig zu sagen, ob sie noch jung genug sei, um ihre Lieblingstracht, weiße Mousselinkleider, zu tragen. Er antwortete sehr nachdenklich, "das muß ich nur noch überlegen." Nach einer Woche brachten die Diener eine große Kiste zur Königin mit der Aufschrift: "Die Antwort des Königs." Die Kiste enthielt sechs duftige weiße Kleider, welche der König aus Paris verschrieben hatte.
- Immer wieder die alte Geschichte! Als die ersten Cholerafälle in einer Kaserne des Kastell Orsini in Katania bekannt wurden, reichte die Stadtverwaltung, anstatt energisch einzugreifen, sofort ihre Entlassung ein, und viele Beamte der Stadt verließen in kopfloser Flucht ihre Posten. Ebenso schlossen die reichen Privatleute ihre Häuser und flohen mit ihren Familien aus Katania nach allen Richtungen auseinander. Die ärmere Klasse der Einwohner ist nun ohne Verdienst, ohne Unterstützung, ohne Führung, kein Wunder, daß sich die Leute auf's Stehlen und Rauben legen und völlige Anarchie auszubrechen droht! Es fehlt an einer geordneten Krankenpflege der Armen, es fehlt an Sauberkeit in den Straßen. Die meisten Häuser der Armen erhalten ihr Wasser noch aus Brunnen, welche mit dem im Winter gefallenen Regenwasser gefüllt sind und die Ansteckungsherde bilden. An eine Feststellung der Zahl der Erkrankungen wie der Todesfälle ist unter solchen Umständen natürlich nicht zu denken, man kann jedoch auf den Tag 40 Todte rechnen. So berichten Privatnachrichten aus Katania.
- Muttersprache. Lehrer zum Schüler: "Du hast gestern die Schule versäumt. Wo hast Du das Entschuldigungsschreiben deines Vaters?" Schüler: "Herr Lehrer, ich hab's em xagt (gesagt), mei'm Vater, er sollt' mer e Zeugniß schreiwe, aber er hat xagt, er könnt' nit schreiwe, hot er xagt." Lehrer: "Ich hab' g'sagt, hot er g'sagt, ist das Deutsch? Ist das Deine Muttersprache?" Schüler: "Nee, so säggt mei Vater. Mei Mutter, die säggt: "Ich hunn's em gesacht", die isch dohinne aus'm Weschterich dahäm, wo se widder annersch sage."


Anzeigen.

In Sachen betr. die Zwangsversteigerung der dem Hauswirth H. H. Oldörp zu Thandorf früher gehörigen und daselbst belegenen Vollstelle c. p. wird hierdurch bekannt gemacht,

daß alle Diejenigen, welche dingliche Rechte und Ansprüche an die zu verkaufende Vollstelle c. p. zu haben vermeinen, diese aber bisher nicht angemeldet haben und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommen sind, mit ihren Rechten und Ansprüchen ausgeschlossen sein sollen.
Gleichzeitig wird der auf

Freitag, den 26. August 1887,
Vormittags 11 Uhr,

angesetzte Ueberbotstermin mit dem Bemerken in Erinnerung gebracht, daß in dem ersten Verkaufstermine ein Gebot auf die Vollstelle c. p. nicht abgegeben ist.
Schönberg, den 28. Juli 1887.

Großherzogl. Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.

H. Diederich.         


Der von mir hinter den Bürstenmacher Theodor Büsing aus Essen unterm 22. Juni d. Js. erlassene Steckbrief ist durch dessen Ergreifung erledigt.
Schönberg i./M., den 28. Juli 1887.

Der Amtsanwalt.


Da sich das Gerücht verbreitet hat, daß der Torf auf den hiesigen Mooren bereits sämmtlich verkauft sei, mache ich hierdurch bekannt, daß sowohl auf dem Kuhlrader= als auch Born=Moor noch reichlich guter Torf zum Verkauf ist.

                                                    von Wenkstern.


Kampf=
genossen-
     Ehrenkreuz      Verein
1870/71.

in Schönberg.

Am Sonntag, den 7. August d. J., Nachmittags 3 1/2 Uhr

ordentliche Versammlung

im Vereinslokale.
                          Tagesordnung:
1) Bericht über die Verhandlungen des Delegirtentages in Ludwigslust.
2) Sedanfeier,
3) Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


[ => Original lesen: 1887 Nr. 59 Seite 4]

Travemünder Rennen
den 5. und 7. August.
Anfang 3 1/2 Uhr Nachmittags.


Diedrich Teschau, Lübeck,
Messerfabrikant,
Reparatur-, Schleif- u. Polir-Werk,
- 24 - Breitestrasse - 24 -
empfiehlt:
Messer und Scheeren,
Löffeln und Forken. Gärtner- und Schlachter-Artikel
sowie alle andern
Handwerker-Messer u. - Scheeren
in grossartigster Auswahl und vorzüglichster Güte zu mässigen Preisen. Bei Entnahme
Ganzer Aussteuern
in meinen Artikeln bewillige ich
10% Rabatt.
Anfertigung künstlicher Glieder
und Bandagen
in eigner Werkstatt, genau nach Mass, schnell und zu sehr mässigen Preisen.
Waffen und Munition.
Barometer und Thermometer.
Zirkelbestecke.


Heilsteiner Mineralbrunnen.
Natürliches doppelt kohlensaures Mineralwasser
Bestes erfrischendes Tafelgetränk.
Grösster Export nach allen Ländern der Erde.
Vergleichende Analyse:

[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]

Vorräthig in allen Hôtels, Restaurants etc.
sowie in den besseren passenden Geschäften.
Die Hauptvertretung ist für hiesige Stadt und Umgegend zu vergeben.
                                                    Die Versandt-Direction des
                                                    Heisteiner Mineralbrunnens
                                                    Max Ritter Coblenz.


Gußstahlsensen, Kornrummeln,
4schaar. Pflüge,
Säemaschinen etc.
sind wieder vorräthig                                                    
Schönberg i. /M.                                                     J. Oldenburg.


Für Selmsdorf und Umgegend empfehle ich mich als practische Hebamme.

                                                    Hochachtungsvoll
                                                    F. Schäper Wwe.

Selmsdorf, den 22. Juli 1887.


Zwei gut melkende Ziegen,

ein Ziehwagen, sind wegzugshalber sofort zu verkaufen Sabowerstraße 21.


Stadt Lübeck.

Am Sonntag, den 7. von Nachmittags 4 Uhr an und am Montag den 8. d. Mts:

Auskegeln von Federvieh.
6 Gewinne. Ein Satz von 3 Würfen 20 Pfg.
Zu demselben ladet ergebenst ein
                                                    J. H. Freitag.


Freitag, den 5. August:
Dreschen mit der Dampfdreschmaschine. -
Korn kann nun schon fortwährend angefahren werden.
                                                    C. Egert.


Mittwoch, den 3. August werden auf dem Mechower Hoffelde Rapppahlen verbrannt.


Am Donnerstag, den 4. Aug. werden auf dem Stover=Hoffelde Rappsschoten verbrannt.


Gesucht zu Michaelis:

ein Hausmädchen und ein junges, wenn auch noch unerfahrenes Stubenmädchen von

                                                    A. Russwurm-Lockwisch.


Zahnschmerzen aller Art werden selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. In Fl. à 50 Pfg. im Alleindepot für Schönberg bei

                                                    Emil Jannicke, Bandagist.


Epilepsie (Fallsucht.) Krampf, Nervenleidende etc. etc. heilt selbst in den veraltesten Fällen, gewöhnlich in 3 Tagen, brieflich. 25jährige Erfahrung.

                                                    D. Mahler, Hannover.


Unsern Freunden und Bekannten die traurige Mittheilung, daß der liebe Gott unsere Schwägerin und Schwester Caroline Schmidt geb. König, nach schwerer Krankheit zu sich genommen hat.

                                                    D. Hempel und Frau.


Allen Denen, die unsere liebe Tochter zu ihrer letzten Ruhestätte begleitet haben und ihren Sarg reich mit Kränzen schmückten, sagen wir unsern herzlichsten Dank.

                                                    J. Mettscher und Frau.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1887 Nr. 59 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 59 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 2. August 1887.


- Immer neue Beweise werden bekannt, wie anspruchslos und sparsam die ganze Kaiserliche Familie der Hohenzollern daheim lebt und wirthschaftet und nur für wohlthätige Zwecke viel Geld und glänzend repräsentirt, wo es die Schicklichkeit und Nothwendigkeit gebietet. Von der Civilliste des preußischen Königs - das Reich trägt nichts dazu bei - werden auch die Hofhaltungen des Kronprinzen, des Prinzen Wilhelm und der anderen Prinzen bestritten. Die Kronprinzessin bezieht freilich aus England ein Nadelgeld von 10 000 Pf. Sterling.
- Der deutsche Durst, von heißer Sonne unterstützt, hat sich beim Schützenfest in Frankfurt wieder glänzend bewährt. Auf dem Festplatz wurden vom 25. Juni bis 12. Juli vertilgt an Bier: vom bürgerlichen Brauhaus in München 1214,66, von Stern's Brauerei 500,28, von Henninger's Brauerei 422,66, von der Brauerei Gräff und Seeger 256,77, von der Henrich'schen Brauerei 256,56, von der Bauer'schen Brauerei 217,50 und von der Binding'schen Brauerei 103,05 Hektoliter. Die Kantine (Brauerei Eurich) verzapfte vom 24. April bis 12. Juli 426,69 Hektoliter. In der Festhalle wurden getrunken: 44,514 Flaschen Weißwein, 6249 Flaschen Rothwein, 2330 Flaschen deutscher und 1070 Flaschen französischer Champagner, 376 Flaschen Liqueure, 2200 Flaschen resp. Krüge Mineralwasser, 4200 Flaschen Bier, 20,919 Flaschen Apfelwein und 425 Flaschen Apfelwein=Champagner. Die Schweizer und Tyroler haben brüderlich geholfen.
- Mitten unter den Riesenbauten der Kruppschen Stahlwerke in Essen steht ein altes, kleines, freundliches Häuschen mit grünen Fensterläden. Das ist die Wiege des Herkules, das Geburtshaus Alfred Krupps.
- Der Sultan, der sich sonst nicht viel um Tod und Leben der Ungläubigen und nicht einmal seiner Gläubiger kümmert, hat doch dem Sohn des Kanonenkönigs Krupp sein Beileid aussprechen lassen. So groß ist der Respekt vor den Kanonen.
- Aus einem etwas lebhaften Zwiegespräch zwischen Berlin und Dresden in den Zeitungen erfährt man allerlei Ueberraschendes und Unglaubliches. Die Damen im Elbflorenz sagen den Berlinerinnen nach, sie wüßten sich nicht geschmackvoll zu kleiden, und die Spree=Athenerinnen antworten, die Dresdenerinnen lebten auf allzugroßem Fuß und ruderten in Elbkähnen durch's Leben.
- Thomas A. Edison der bekannte Erfinder auf dem Gebiet der Elektrotechnik, hat sich in letzter Zeit namentlich mit der Telegraphie auf See beschäftigt, und es ist ihm seiner Angabe zufolge gelungen, mit Hilfe eines Systems von Dampfpfeifen, welche sich im Wasser öffnen und durch Elektrizität geöffnet und geschlossen werden können, deutlich Depeschen durch das Wasser zu vermitteln, wenn auch bis jetzt nur auf eine Meile Entfernung. Er hofft es bis auf 7 Meilen zu bringen, so daß mit den nöthigen Apparaten versehene Schiffe, die sich auf solche Entfernung begegnen, sich auch Nachts alle nöthigen Mittheilungen machen können.
- In der Gewehrfabrik zu Spandau ist ungefähr 300 Arbeitern zum nächsten Zahlungstag gekündigt worden; sie gehören zu den in Beginn der letzten arbeitsreichen Periode eingestellten Leuten. Eine Anzahl derselben ist sofort aus der Arbeit getreten, da sie Aussicht haben, in der Löwe'schen Fabrik in Berlin, welche Gewehre für die Türkei zu liefern hat, Beschäftigung zu finden.
- Aus der Schweiz werden wöchentlich 9000 Stück der Zeitung "Sozialdemokrat in Deutschland eingeschmuggelt. Der Leiter der Versendung ist der frühere Reichstagsabgeordnete Motteler, ein geschworener Sozialist in Zürich. Der Schmuggel findet in allen möglichen Gestalten statt und nimmt nach allen Confiscationen immer neue Gestalten an.
- Aus Anhalt. Von einem freundlichen Zug des Herzogs berichten Harzblätter: Ein Sommerfrischler hatte sich auf dem Weg von Meiseberg nach dem Sternhause verirrt. In Sorge, wie er sich aus dem völlig vereinsamten dichten Wald herausfinden sollte, bemerkte er einen mit edlen Pferden bespannten Jagdwagen daherkommen, in welchem ein Herr im Jagd=Anzug mit Vollbart, die Flinte zwischen den Knien, auf dem Bock ein Leibjäger neben dem Kutscher saß. Auf die bescheidene Anfrage nach dem richtigen Weg wird ihm die wenig tröstende Auskunft, daß er in der Nähe von Ballenstedt und zwei Stunden von seinein Ziel, dem Sternhause, entfernt sei; es blieb ihm also nichts weiter übrig, als sich nach der ertheilten Weisung wieder auf dem Zurückweg zu begeben. Nach wenigen Minuten erreichte ihn ein Ruf, und unmittelbar darauf erscheint der Kutscher mit dem jetzt leeren Pürschwagen, beauftragt, den Reisenden etwa eine Stunde weit durch den sich vielfach kreuzenden Waldweg auf die Hauptstraße zu fahren, von wo er in kurzer Zeit das Sternhaus erreichen konnte. Der Herr im Wagen, der Herzog Friedrich von Anhalt, hatte dem Fremden seinen Wagen nachgeschickt, und mit seinem Jäger die Strecke nach Ballenstedt zu Fuß zurückgelegt.
- Ueber den Transport der Leichen der von der Jungfrau abgestürzten Touristen nach Zürich, wird der "N. Z. Ztg." aus Viesch, wo die Todtenschau stattfand, geschrieben: "Stumm, ernst nähert sich der Zug der 22 Führer, welche die sechs Bahren tragen. In Säcke eingehüllt, werden die Leichen auf den Rasen niedergelegt, und es beginnt die Todtenschau. Man schneidet die Säcke auf. O, jammervoller Anblick! Mit zertrümmerten Schädeln und zerbrochenen Gliedmaßen liegen die sechs jungen in der Blüthe hoffnungsreicher Manneskraft stehenden Männer da. Man nimmt ein Protokoll auf, in gerichtlicher Amtssprache kurz aufgesetzt. Man sucht in den Taschen nach und sucht aus den vorhandenen Gegenständen die Identität nachzuweisen. Es öffnet sich der Nebelschleier, der die Jungfrau verdeckt hat, und sie schaut hinüber, triumphierend, als wollte sie sagen: Armselige Menschlein, wie seid ihr klein. Die gerichtliche Handlung, an welcher Gerichtspräsident, der Gerichtsschreiber, der Gerichtsarzt und ein Abgeordneter der Walliser Regierung, als Ständerath Dr. Klausen theilnahmen, ist beendet, und der Zug setzt sich langsam in Bewegung. Man wollte die Leichen nicht von dem Walliser Boden wegnehmen lassen, ohne den Todten Ehre zu bezeugen. Es senkte sich die Sonne, die Berge strahlten in den letzten Lichtern, als auf der Terrasse vor dem Gasthof Eggischhorn eine einfache religiöse Feier vor sich ging. Auf ihren Bahren in graue Decken gehüllt lagen die sechs Todten neben einander; sie nahmen sich aus wie frisch aufgeworfene Grabhügel. Alpenrosenkränze lagen zu ihren Füßen, und die eidgenössische Fahne ward über einen der Todten ausgebreitet, als Pastor Rosse von Biel eine kurze religiöse Ansprache hielt. Da blieb kein Auge trocken. Die wetterharten Männer, die aller Unbill des Wetters zum Trotz, sechs Tage lang auf dem Gletscher gesucht hatten, standen in Reih und Glied, den Eispickel in der Hand, um die Trauerstätte. Die weißen Berggipfel schauten im Abendglanze hernieder, und eine tiefe Rührung ging durch die Versammlung. Advokat Klausen hielt zum Schluß der Todtenfeier eine Ansprache, welche einen tiefen Eindruck hinterließ. Er sprach im Namen der Walliser Regierung und sagte mit bewegter Stimme, daß der Kanton Wallis es sich zur Pflicht mache, den Todten alle Ehre zu erweisen. Er dankte den muthigen Männern, die mit Lebensgefahr die Leichen aus schwindelnder Höhe geholt hatten und flößte in schlichten Worten den Schwergeprüften Trost ein. Der Augenblick ist unvergeßlich für jeden, der Zeuge war; die hünen=

[ => Original lesen: 1887 Nr. 59 Seite 6]

haften Gestalten der Führer, von denen kaum einer die Thränen der Rührung zurückzuhalten vermochte, die bewegten Gesichter der Angehörigen, die stummen, im Abendglanz strahlenden Berghäupter - wer will es schildern?
- Das Schlachten der Fische. Holland darf mit Recht die hohe Ehre für sich in Anspruch nehmen, daß man die Fische daselbst nicht zu Tode quält und langsam absterben läßt, sondern daß man sie schlachtet und dadurch nicht allein einen Akt der Humanität ausübt, sondern auch die Fleischspeise gesund und ihrem Werte angemessen zu erhalten versteht. Man giebt dort jedem Fische hinter dem Kopfe einen einzigen tiefen Schnitt, der das Gehirn vom Rückenmark trennt und den Fisch sofort tödtet. Hierdurch wird das langsame qualvolle Absterben verhindert, welches den Fisch nothwendig zu einer geringwertigen, ja oft schädlichen Speise macht, und jene große Vorzüglichkeit erreicht, welche nach einstimmigem Urtheil die zubereiteten Fische in Holland stets haben. Das Fleisch ist dort durch das Schlachten viel fester, der Geschmack viel besser, die Haltbarkeit eine erhöhte und die Speise viel gesünder. Nach dem Schlachten pflegt man den Fisch mit mehreren Querschnitten zu versehen, die das Fleisch weit aufklaffen machen und so ein Zeichen der erfolgten Schlachtung geben. Möchten alle Kreise der Bevölkerung auf dieses Schlachten des Fisches hinzuwirken sich geneigt finden.
- Das Vieh in den Ställen wird nach der "A.= und G.=Ztg." vor der Belästigung durch Fliegen in wirksamer Weise dadurch geschützt, daß man es von Zeit zu Zeit mit Wasser wäscht, in welchem eine Anzahl kleingeschnittener Wermuthpflanzen ausgezogen worden sind. Auch der Geruch von Lorbeeröl, sowie von Knoblauchwasser ist den Fliegen unerträglich.


                              Warum man ins Bad reist.
                            Um die Nerven neu zu stählen,
                          Um von Reisen zu erzählen,
                          Um die Berge zu ersteigen,
                          Um sich vor der Welt zu zeigen,
                          Um am Strand sich zu ergehen,
                          Um mal früher aufzustehen,
                          Um den Hausarzt zu erproben,
                          Um die Tochter zu verloben,
                          Um sich gründlich abzukühlen,
                          Um den großen Herrn zu spielen,
                          Um Erholung zu gewinnen,
                          Um der Gattin zu entrinnen,
                          Um an Waldluft sich zu laben,
                          Um Veränderung zu haben,
                          Um am Krankenbett zu wachen,
                          Um die Mode mitzumachen.


Ein Matador.
Erzählung und Sittenbild aus Peru.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)


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