No. 39
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 20. Mai
1887
siebenundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1887 Nr. 39 Seite 1]

Bei der letzten Truppeninspektion in Potsdam wünschte der Kaiser auch die Wirkung des Repetiergewehres zu sehen, weshalb das Gardehusaren=Regiment unter dem Kommando des Prinzen Wilhelm zu Attacken gegen das erste Garderegiment vorging. Es entfaltete sich ein lebendiges Gefechtsbild, welches der Kaiser in seinem Wagen mit lebhaftem Interesse verfolgte. Das Schnellfeuer war furchtbar.
Der "Reichsanzeiger" veröffentlicht eine Bekanntmachung des Reichskanzlers, nach welchem eine Erweiterung der Festungs=Anlagen von Straßburg, Metz und Posen bevorsteht.
Die Pfingstferien des Reichstages werden am Mittwoch vor Pfingsten (25. Mai) beginnen. Die Wiederaufnahme der Sitzungen würde am 8. Juni erfolgen.
Im diplomatischen Personal des Reiches sind jetzt die erwarteten Veränderungen eingetreten. Graf Solms=Sonnenwalde, bisher Gesandter in Madrid, ist als Botschafter an v. Keudells Stelle nach Rom versetzt. An seine Stelle nach Madrid kommt der bisherige Gesandte in Kopenhagen Stumm und an dessen Stelle wieder der Gesandte in Athen, v. d. Brinken. Athen wird dann neu zu besetzen sein.
Die Probemobilmachung eines Armeekorps in Frankreich wird von der deutschen Reichsregierung nicht leicht genommen. Es ist noch sorgfältig gehütetes Geheimniß, welches Armeekorps mobil gemacht wird, ob eines im Süden oder Westen oder sogar im Norden näher der deutschen Grenze. Und da kein Armeecorps weiß, ob es die Probe treffen wird, müssen sich alle fertig machen und bereit halten. Es ist ein großer Unterschied zwischen dem herausfordernden Kriegsspiel in Frankreich und den deutschen Vorsichtsmaßregeln, den Verstärkungen der Festungen und der Anlage strategischer Bahnen, die eine längere Reihe von Jahren zu ihrer Durchführung brauchen. Die Hauptfrage aller Franzosen bei der jetzigen Ministerkrisis in Paris ist: wird Boulanger bleiben oder gehen? Der Laternenmann Rochefort antwortet in seiner Zeitung: "Er muß bleiben am Vorabend eines Bruches mit Deutschland."
In der freien Schweiz besteht die verfassungsmäßige Einrichtung, daß über die wichtigsten und tief in das Volksleben eingreifenden Gesetzentwürfe das ganze Volk durch Abstimmung entscheidet. Ein solches Gesetz ist das Alkoholgesetz mit dem Bundesmonopol für den Verkauf gebrannter Wasser. Am 15. Mai hat die Volksabstimmung dasselbe mit 252 000 gegen 127 000 Stimmen angenommen. Es soll der Branntweinpest, die in manchen Kantonen große Uebel anrichtet, entgegenwirken. Bis zum Vorabend war die Entscheidung sehr zweifelhaft.
Das russische Kaiserpaar hat am Sonntag mit seinen beiden Söhnen Nikolaus, dem Thronfolger, und Georg die schon seit Jahr und Tag geplante Reise nach Südrußland angetreten. Zunächst wird das Gebiet der Don'schen Kosaken besucht. Die ganze Bahnline ist dicht mit Soldaten besetzt.


- Schönberg. Schon vielfach tauchte die Frage auf, ob die Thalerstücke im Verkehr unserer Goldmünzen gleich zu achten sind. Zur Lösung dieser Frage theile ich Ihnen mit: "Auf Grund der Artikel 15 I. des Reichsmünzgesetzes vom 9. Juli 1873 und des Gesetzes vom 20. April 1874 sind im gesammten Reichsgebiet an Stelle aller Reichsmünzen die Thalerstücke deutschen Gepräges und die in Oesterreich bis zum Schluß des Jahres 1867 geprägten Vereinsthaler unter Berechnung des Thalers zu 3 Mark als Zahlung in Beträgen jeder Höhe bis zur Außerkourssetzung anzunehmen. Die Thalerstücke gehören zwar zu den Silbermünzen, sind aber keine Reichssilbermünzen und mit ihnen konnte schon vor Erlaß des Reichsmünzgesetzes Zahlung in jeder Höhe geleistet werden. Nach Artikel 9 des Münzgesetzes ist zwar Niemand verpflichtet, Reichssilbermünzen im Betrag von mehr als 20 Mark in Zahlung zu nehmen, diese Beschränkung ist aber nach Artikel 15 erwähnten Gesetzes nicht auf die Zahlung in Thalern ausgedehnt worden, was sich daraus deutlich ergiebt, daß dieser letztere Artikel die Thalerstücke als zulässiges Zahlmittel an Stelle aller Reichsmünzen, mithin auch der Reichsgoldmünzen, setzt und damit die Zulässigkeit von Zahlungen in Thalerstücken in gleiche Höhe, wie in Goldmünzen, also in unbeschränkter Höhe festsetzt."
- Die seit 1760 bestehende Ritterschaftliche Brand=Versicherungs=Gesellschaft in Rostock hat sich seit Herbst v. J. reorganisirt und übernimmt jetzt Feuerversicherungen auf Mo= und Immobilien nach ihren Statuten. Die Gesellschaft beruht auf Gegenseitigkeit und ist jeder Gewinn oder Erwerb aus den Prämien ausgeschlossen. Die Bedingungen sind von hervorragenden, praktischen und erprobten Leuten festgestellt und sie entsprechen allen Bedürfnissen des Landes und der Landwirthschaft. Die Prämien sind auf Grund alter Erfahrungen berechnet und gute Rückversicherung durch Gesellschaften 1. Ranges nehmen der Ritterschaftlichen=Societät die größten Risiken gerne zum Theil ab. Bei Blitzableiter=Anlagen und für gute fahrbare Spritzen werden hohe Rabatten gewährt. Beim Beginn im October v. J. war ein Bestand von 35 Millionen Mark, der aus den besten Kreisen des Landes derartigen Zugang erhalten hat, daß binnen Jahresfrist wohl 100 Millionen Mark überschritten sein werden. Den guten Ruf der Gesellschaft zu erhalten, ist die Verwaltung eifrigst bestrebt und kann man dieses gemeinnützige, patriotische Institut nur warm empfehlen.
- Einige Meilen von Berlin liegt in dem weiten Wassergebiet des Havelstroms die überaus starke Festung Spandau. Sie gilt als eine der stärksten des Reiches; denn einige Dammdurchstiche genügen, um einen meilenweiten Sumpf= und Wassergürtel um die Festungswerke zu ziehen, in deren Mauern bei Ausbruch eines Krieges die wichtigsten Archive aus den benachbarten Residenzen Berlin und Potsdam ihren Aufenthaltsort finden. Innerhalb der Wälle von Spandau erhebt sich ein dicker Thurm von rothen Backsteinen; riesige Schlösser und eiserne Panzerplatten verwahren den Eingang. Nur einmal im Jahr rasseln die schweren Thüren auf, die jahraus jahrein von einem militärischen

[ => Original lesen: 1887 Nr. 39 Seite 2]

Doppelposten bewacht werden. Eine Anzahl schwarzgekleideter Männer steigt in den Thurm und untersucht seinen Inhalt, der dort wie der goldene Nibelungenhort in dunkler Tiefe ruht. Wehe, wenn er ans Tageslicht gehoben wird, dann schreitet der Krieg durch die Welt. Denn der rothe Riese ist der weltbekannte Juliusthurm und der Schatz, den er bewacht, der deutsche Reichskriegsschatz, baare 120 Millionen Mark in goldenen Zehn= und Zwanzig=Markstücken. Die goldenen Rollen sind reihenweise aufgestapelt und wie ein schlagfertiges Heer in Bataillonen, Regimentern und Armeekorps an einander gereiht; sie füllen den mächtigen Thurm von der Sohle bis zum Dach. Die schwarzen Männer sind die Revisions=Kommissäre, welche nachsehen, ob der Thurm noch fest und der Schatz noch sicher ist. Auf dem Umgang wird hier und da ein Röllchen aufs Gerathewohl herausgezogen und der Inhalt nachgezählt. Dann verläßt die Kommission den Thurm und der Wachtposten droht von neuem, jeden niederzuschießen, der sich dem Spandauer Nibelungenhort nähert. Wie gewaltig erscheint dieser dicke rothe Thurm, wenn man bedenkt, daß er nur die steinerne Schlafmütze für einen goldenen Berg ist, der ihn von oben bis unten so dicht ausfüllt, wie das gelbe Dotter das Ei.
- Der harte Kampf des Lebens war es, der das Schwesternpaar v. Guttenberg in den Tod im Starnberger See getrieben hat. Die beiden jungen, hübschen und fröhlichen Mädchen waren, nachdem Vater und Mutter gestorben waren, im Kloster Nymphenburg erzogen worden und traten ohne Erfahrung und Hülfe in die Welt hinaus und lernten sie von der trüben Seite kennen. Ohne Vermögen kämpften sie mit bitteren Nahrungssorgen und fanden nirgends sichern und reinlichen Erwerb, der Gerichtsvollzieher hatte wiederholt bei ihnen angeklopft. Das trieb sie in den Tod; Hand in Hand wanderten sie an den See, Hand in Hand sprangen sie in den See, nachdem sie ein Betäubungsmittel genommen. So fanden sie Schiffer und brachten sie an das Ufer; drei Pfennige fand man in ihren Taschen.
- Eine neue Krankheit unseres Jahrhunderts ist das Abfallen der Fingernägel. Sie kommt nur bei Telegraphisten vor und entsteht durch das anhaltende Klopfen und Drücken der Finger, namentlich der Fingerspitzen auf den Telegraphenapparat. In Berlin sind zwei Fälle dieser Art bei sonst ganz gesunden Personen rasch nach einander vorgekommen und haben das Interesse der Aerzte erregt.
- Die Grundsteinlegung zum Reichsgerichtsbau in Leipzig ist auf den Herbst verschoben.
- In Bellheim (Pfalz) wurde eine Schwalbe eingefangen, welche am Halse ein kleines Röllchen trug. Daran befand sich ein winziges Papierstreifchen mit der Aufschrift "Westafrika - Frau Lehr."
- Für sämmtliche Feuerwehren des Reichslandes Elsaß=Lothringen hat soeben die Regierung einheitliche Signale eingeführt, welche selbstredend von den französischen Weisen abweichen.
- Die je 20 französischen Baracken an den Bahnhöfen Gérartiner und Corieux (18 Kilometer von der Reichsgrenze) sind soeben fertiggestellt worden, aber noch nicht belegt; jede Baracke ist mindestens 10 m breit und 110 m lang.
- In der Umgebung von Metz gehören Wölfe bekanntlich noch immer nicht zu den Seltenheiten. So wird von dort jetzt wieder berichtet: Ein Landmann aus Besons, welcher dieser Tage in der Nähe eines größeren Waldes auf dem Felde arbeitete, hörte plötzlich, daß sein Hund in dem den Wald umsäumenden dichten Dorngebüsch in ungewöhnlicher Weise Laute gab. Neugierig geworden trat der Bauer näher und befand sich mit einem Mal nicht weniger als Sieben jungen Wölfen gegenüber, welche etwa fünf bis sechs Wochen alt sein mochten. Zwei der kleinen Bestien hatte der Hund bereits getötet; die übrigen fünf, welche sich bis dahin gegen ihren weitaus stärkeren Feind gewehrt hatten, nahmen beim Erscheinen des Bauern Reißaus, wurden jedoch sämmtlich mit Hülfe des Hundes eingeholt und mittels der Hacke von dem Bauer erschlagen. Die alten Wölfe, welche wahrscheinlich auf Raub ausgegangen waren, bekam der Bauer nicht zu Gesicht. Am andern Tag brachte das schmunzelnde Bäuerlein die erschlagenen Thiere nach Metz, um die übliche Fangprämie, 10 Mk für das Stück, in Empfang zu nehmen.
- In Paris erstand bei der fortgesetzten Versteigerung der Krondiamanten Friedländer=Berlin mit noch zwei anderen Juwelieren das Loos 28 für 181 600 Franks. Der Gesammterlös der Auktion beträgt bis jetzt 1 605 500 Franks.
- Ueber das Befinden der unglücklichen Kaiserin Charlotte von Mexiko, welche in dem einsamen Schlosse von Bouchout bei Brüssel wohnt, kommen seit einiger Zeit sehr erfreuliche Nachrichten. Seit ungefähr sechs Monaten hat sich das Allgemeinbefinden der Geisteskranken nicht allein gebessert, sondern, was weit günstiger ist, die Besserung scheint eine anhaltende zu sein.
- In Petersburg schoß am Mittwoch ein Student der Juristenschule einen Revolver auf den Gouverneur von Astrachan ab, als dieser das Gebäude des Kriegsministeriums verließ, und verwundete ihn an der linken Brustseite tödtlich. Nach der That ließ sich der Student widerstandslos verhaften.
- Eine Depesche aus Chicago meldet, eine Genossenschaft habe 40 Millionen Bushels Weizen daselbst angekauft und besitze außerdem den Weizen von St. Louis, Toledo, San Francisco und New=York und wahrscheinlich auch die Hälfte des in Liverpool befindlichen Weizens. Natürlich werde man nun den Preis nach Gutdünken regeln können, wobei die Unternehmer jedenfalls keinen Schaden haben dürften.
- Allgemeine Gewitterregeln, zu beachten beim Ausbruch eines Gewitters. 1) Im Freien vermeide man einzeln stehende Bäume, Getreidehaufen, die Nähe der Gewässer und Thiere. (Der Physiker Lichtenberg schlug vor, man solle an jedem einzelnstehenden Baum eine Warnungstafel anbringen mit den Worten: "Hier wird der Mensch vom Blitze erschlagen!") 2) Man hüte sich, in einem Umkreise der höchste Gegenstand zu sein, weil man als solcher den Gewitterwolken am nächsten ist. 3) In den Straßen einer Stadt gehe man lieber in die Mitte, als an die Seiten der Häuser; besonders ist die Nähe solcher Stellen, wo das Wasser in starken Güssen von den Dächern niederstürzt, zu vermeiden. 4) In den Gebäuden hüte man sich, mit seinem Körper die vorhandenen Lücken einer unterbrochenen Leitung auszufüllen. Solche Stellen sind z. B. unter Kronleuchtern, welche an metallenen Ketten hängen, unter Drahtzügen, in der Küche unter dem Schornstein, weil der Ruß ein guter Leiter für den Blitz ist. Der beste Platz ist in der Mitte des Zimmers. Die Nähe des Ofens, Spiegels, Klaviers, eiserner Fensterstangen ist zu vermeiden. Im allgemeinen ist man im Erdgeschosse sicherer als in der Höhe der Gebäude. Die Fenster während des Gewitters verschlossen zu halten, ist nicht nöthig; eher dürfte vom Schließen eines mit Menschen angefüllten Raumes abzurathen sein, weil dadurch die Beklommenheit und Schwüle nur vergrößert wird und die Gefahr des Erstickens in dem Falle, daß wirklich ein Blitzstrahl ins Zimmer dringen sollte, vermehrt wird. Es ist rathsam, während eines starken Gewitters das Feuer im Ofen auszulöschen, weil der aufsteigende Rauch ein guter Elektrizitätsleiter ist. 5) Metallische Gegenstände trage man während eines nahen Gewitters nicht ohne Noth bei sich. 6) Für Gebäude gewährt der von Franklin erfundene Blitzableiter den besten Schutz; die Leistungsfähigkeit desselben muß aber öfters geprüft werden.
- Nur nicht ängstlich. "Also Sie meinen, Sie geben täglich 25 Stunden Klavierunterricht! Wie fangen Sie das an, der ganze Tag hat doch nur 24 Stunden!" ""O, ich beginne schon eine Stunde vor Tagesanbruch mit meinem Unterrichte!""


Farbige Seidenstoffe v. Mk. 1,55 bis 12,55 p. Met. (ca. 2000 versch. Farb. u. Dess.) - Atlasse, Faille Française, "Monopol", Foulards, Grenadines, Surah, Sat. merv., Damaste, Brocatelle, Steppdecken- u. Fahnenstoffe, Ripse, Taffete etc. - vers. roben und stückweise zollfrei in's Haus das Seidenf.=Dépôt G. Henneberg (K. u. K. Hoflief.) Zürich. Muster umgehend. Briefe kosten 20 Pf. Porto.


[ => Original lesen: 1887 Nr. 39 Seite 3]

Anzeigen.

Auf Befehl Großherzoglicher hoher Landesregierung wird nachfolgende

Bekanntmachung,
den Ankauf von Remonten pro 1887 betr.

Zum Ankaufe von Remonten im Alter von drei und ausnahmsweise vier Jahren sind im Bereiche des Großherzogthums Mecklenburg=Strelitz für dieses Jahr nachstehende, Morgens 8 Uhr beginnende Märkte anberaumt worden und zwar am
                          25. Juni in Schönberg,
                          ------------------------------
Die von der Remonte=Ankaufs=Commission erkauften Pferde werden zur Stelle abgenommen und sofort gegen Quittung baar bezahlt.
Pferde mit solchen Fehlern, welche nach den Landesgesetzen den Kauf rückgängig machen, sind vom Verkäufer gegen Erstattung des Kaufpreises und der Unkosten zurückzunehmen, ebenso Krippensetzer, welche sich in den ersten acht und zwanzig Tagen nach Einlieferung in den Depots als solche erweisen. Pferde, welche den Verkäufern nicht eigenthümlich gehören, oder durch einen nicht legitimirten Bevollmächtigten der Kommission vorgestellt werden, sind vom Kauf ausgeschlossen.
Die Verkäufer sind verpflichtet, jedem verkauften Pferde eine neue, starke rindlederne Trense mit starkem Gebiß und einen Kopfhalter von Leder oder Hanf mit 2 mindestens zwei Meter langen Stricken ohne besondere Vergütung mitzugeben.
Um die Abstammung der vorgeführten Pferde feststellen zu können, ist es erwünscht, daß die Deckscheine möglichst mitgebracht werden, auch werden die Verkäufer ersucht, die Schweife der Pferde nicht zu coupiren oder übermäßig zu verkürzen.
Berlin, den 5. März 1887.

Königl. Preußisches Kriegsministerium, Remontirungs=Abtheilung.
(gez.) Frhr. von Troschke.

hiedurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht.

Schönberg, den 25. April 1887.

Der Magistrat.


Am 2. und 3. Pfingsttage d. J. findet bei mir ein

Scheibenschießen

nach guten Mobilien=Gewinnen statt, wozu ich meine Freunde und Gönner ganz ergebenst hierdurch einlade.

Duvennest.                                                     H. Wittfoth.
Am letzten Tage große Tanzmusik.


Scheibenschießen Scheibenschießen.

Zu dem am 30. u. 31. Mai d. J. stattfindenden Scheibenschießen nach guten Gewinnen ladet ergebenst ein

Schlagsdorf.                                                     A. Reimers.
Am 31. Nachmittags:                                                    
Concert im Garten,   Abends:   Ball.
                                                    D. O.


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Vom 15. Januar d. J. bis heute sind nachstehende Verluste bei unserem Verein angemeldet:
  1. Vom Hauswirth Bollow in Klocksdorf 1 Pferd 300 M.
  2. Vom Hauswirth Timm in Blüssen 1 Kuh 135 M.
  3. Vom Lehrer Meincke in Lockwisch 1 Kuh 135 M.
  4. Vom Kaufmann Kleinfeldt in Herrnburg 1 Pferd 200 M.
  5. Vom Vogt Kämpf zu Selmsdorf 1 Kuh 135 M.
  6. Vom Schulzen Dräger in Lauen 1 Kuh 120 M.
  7. Vom Schuhmacher Kleinfeldt hier 1 Kuh 135 M.
  8. Vom Arbeitsmann Kelling zu Selmsdorf. 1 Kuh 135 M.
  9. Vom Hauswirth Oldörp=Petersberg 1 Pferd 500 M.
10. Vom Hauswirth Klatt in Sülsdorf 1 Pferd 250 M.
11. Vom Büdner Faasch=Selmsdorf 1 Kuh 135 M.
12. Vom Schmiedemeister Bremer hier 1 Kuh 135 M.
13. Vom Hauswirth Oldenburg=Utecht. 1 Füllen 150 M.
14. Vom Schäfer Schütt=Mechow 1 Kuh 135 M.
15. Vom Hauswirth Bade=Ollndorf 1 Bolle 100 M.
16. Vom Ackerbürger Wulf=Ratzeburg 1 Kuh 135 M.
17. Vom Hauswirth Freitag=Lübseerhagen 1 Pferd 450 M.
zu deren Deckung ein Beitrag von 80 Pfennig pr. 100 Mark Versicherung erforderlich ist, welcher am

Sonnabend, den 21. Mai d. J. Morgens 10 Uhr

im Boye'schen Gasthofe hieselbst einzuzahlen ist.
Schönberg, den 11. Mai 1887.

Direction des Viehversicherungs=Vereins im Fürstenthum Ratzeburg.
As. Ahrendt.       Wilh. Heincke.


Kräftiger und nachhaltig wirksamer als alle bekannten Stahlquellen ist unser

Nervenstärkendes Eisenwasser
(Phosphorsaurer Kalk. Eisenoxydul)

gegen Bleichsucht, Blutarmuth, Unregelmäßigkeit im Frauenleben, Nervenleiden und Schwächezustände blutarmer Personen; ohne besondere Kurdiät in jeder Jahreszeit anwendbar. 25 Fl. = Mk. 6,50 incl. Fl. frei Haus, Bahnhof.

Anstalt für künstliche Mineralwässer aus destillirtem Wasser.
Wolff & Calmberg, Berlin, 22 Tempelhofer Ufer 22.
Niederlage für Schönberg.: Apotheker A. Montag.                                                    


[ => Original lesen: 1887 Nr. 39 Seite 4]

Ritterschaftliche Brand-Versicherungs-Gesellschaft
zu Rostock.

Obige Gesellschaft hat ihren Geschäftsbetrieb auch auf das Fürstenthum Ratzeburg ausgedehnt und übernimmt nach Maßgabe ihrer Statuten Versicherung gegen Feuer= und Blitzgefahr auf Gebäude. Mobilien, Vieh, Ernte u. s. w.
Die Herren Districts=Directoren, die auch im Brandfalle der Regulirung der Schäden vorstehen, sind gerne zu jeder Auskunft bereit. Statuten, Tarif und jede gewünschte Information wird bereitwilligst vom Secretariat in Rostock (im Rathhause) gegeben. Als Districts=Directoren fungiren:

Herr Kammerherr von Plessen auf Damshagen für Grevesmühlen und Fürstenthum Ratzeburg.
Herr Graf von Schwerin auf Mildenitz für Mecklenburg=Strelitz.
Herr Hamel auf Wessin für Mil. Aush. Bez. Schwerin.
Herr Graf von Bassewitz auf Perlin für Mil. Aush. Bez. Hagenow.
Herr Rittmeister a. D. von Plötz auf Balow für Mil. Aush. Bez. Ludwigslust.
Herr von Flatow auf Kogel für Mil. Aush. Bez. Parchim.
Herr Freiherr von Langermann auf Zaschendorf für Mil. Aush. Bez. Wismar.
Herr Burmeister auf Kl. Gintow für Mil. Aush. Bez. Doberan.
Herr Schütt-Kassow für Mil. Ansh. Bez. Rostock.
Herr von Oertzen auf Vorwerk für Mil. Aush. Bez. Ribnitz.
Herr Dr. jur. E. Wien auf Friedrichshagen für Mil. Aush. Bez. Güstrow.
Herr Harms-Lehnenhof für Mil. Aush. Bez. Malchin.
Herr von Lücken auf Massow für Mil. Aush. Bez. Waren.

                                                    Das Directorium.


Spethman's Hôtel & Restaurant
Mitte der Stadt.    Lübeck.    Nähe des Bahnhofes.
Gute Küche.         Civile Preise.
Hausdiener am Bahnhofe.


Rennen
zu Ratzeburg
am 2. Pfingsttage, Nachmittags 2 1/2 Uhr.
Concert auf der Rennkoppel. Eintrittsgeld für Fußgänger 30 Pfennig.
Programm und Bedingungen gefälligst einzufordern von dem
                                                    Renn-Comité.


Am 1. Pfingsttage:
Großes Conzert
im Garten des Herrn Gastwirth Boye
wozu ergebenst einladen                                                    
                                                    die Vereinsmusiker.
Anfang: Nachmittags 4 Uhr.
Entree à Person 30 Pfg.

Schönberg den 20. Mai 1887.
NB. Bei ungünstiger Witterung findet das Conzert im großen Saale statt.


Eimer-Bier
jeden Mittwoch.
                                                    C. Schwedt.


Alte, noch recht brauchbare                                                    
Bienenwohnungen
verkauft billig                                                    
                                                    D. Hempel.


Gesucht:
eine Frau zum Flaschenspülen. Stunde 12 Pfennig.                                                    
C. Schwedt.


Gartenbänke,
Stuhl= und Tischfüße
in schöner Auswahl, empfiehlt                                                    
                                                    C. Schwedt.


Weideketten u. Zaumketten,
sowie
Ketten aller Art
empfiehlt                                                    C. Schwedt.


Kirchliche Nachrichten
Sonntag, den 22. Mai.

Frühkirche fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Langbein.
Amtswoche: Pastor Langbein.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1887 Nr. 39 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 39 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 20. Mai 1887.


- Die Wiedereröffnung der durch das neue preußische Kirchengesetz gestatteten Klöster ist im Gange. Aus Bauron in Hohenzollern wird berichtet, daß die Wiedereröffnung des dortigen Benediktinerklosters wahrscheinlich Ende Juni erfolgen werde. Der Erzabt Maurus Wolter werde jetzt wieder im Kloster seine Wohnung nehmen.
- Die Austernbänke an der schleswigschen Westküste werden nach Ablauf der Schonzeit im nächsten Jahre wieder in Betrieb genommen. In früheren Jahren hatte der Staat jährlich eine Einnahme von 80 000 Mark aus den Bänken.
- Der Prinz Karl von Schweden besuchte am Sonnabend das Schweden=Denkmal bei Lützen und legte daselbst einen Kranz nieder.
- In Spaa in Belgien ist am 15. Mai eine neue Spielhölle aufgethan, obgleich sie vor Jahren gesetzlich aufgehoben wurde. Die Regierung drückt beide Augen zu.
- Trinkens halber braucht Niemand nach Nordamerika auszuwandern; denn die Klagen drüben über die Fälschung des Bieres sind allgemein. Mehr als je, sagen selbst die Fachblätter, sei das Bierbrauen eine freie Kunst geworden, bei welcher Hopfen und Malz nicht mehr benöthige. Die Zahl der Brauereien wächst gewaltig, ebenso auch die Fälschung.
- Die Obst= und auch theilweise die Getreideernte in der ganzen Umgegend von Aschaffenburg ist durch das furchtbare Gewitter am 3. Mai vernichtet worden, der Hagel lag fußhoch.
- Dreimal ziehen ist so gut wie einmal abbrennen, sagt ein Sprichwort. Das paßt aber nicht für Gesandte des deutschen Reichs - wenn sie nicht weit zu ziehen brauchen und ein gutes Gehalt haben. Für die Gesandten ist nämlich die sonderbare Bestimmung getroffen, daß sie beim Umzug ohne Rücksicht auf die Entfernung die Hälfte ihres Jahresgehaltes als Umzugskosten bekommen. So erhielt, wie der "Reichsfreund" mittheilt, der Ministerresident, der von Rio de Janeiro nach Darmstadt versetzt wurde, 5099 Mk. Umzugskosten; der Herr v. Kusserow aber, der zum Ministerresidenten in Hamburg ernannt wurde, für den Umzug von Berlin nach Hamburg 18 933 Mk.! Solchen Umzug läßt man sich gern gefallen.
- Eine niedliche Jagdgeschichte wird aus Goslar berichtet. Der dortige Wildaufseher Fl. gewahrte Ende December v. J., als die Noth des Wildes sehr groß war, in der Stadtforst einen ganz lahmen Hirsch, ein einjähriges Mutterthier. Das Thier hatte vom Durchtreten der harten Schneekruste allmählich wunde Läufe erhalten, so daß dasselbe, zum Nahrungssuchen nicht mehr fähig, bald vor Hunger und Entbehrung "eingehen" mußte. Fl., ein sehr sorgsamer Hüter seiner Pflegebefohlenen, ließ den kranken Hirsch nach Haus fahren und pflegte sein drei Monate im warmen Stall. Der Frühling kehrte mittlerweile auf die Berge zurück, die Bergwiesen fingen an zu sprossen, die Knospen der Laubhölzer zu schwellen, da öffnete Herr Fl. dem genesenen Gast die Thür der Freiheit, und bald war dieser über Berg und Thal. Kürzlich waltete der Aufseher wieder seines Amtes in den waldigen Harzbergen und bekam bald ein Rudel Hirsche, etwa 20 Stück, in mäßiger Entfernung zu Gesicht. Unter diesen frischen Gesellen mußte auch seine "Liese" sein. "Lieschen, komm!" rief Fl. seinem ehemaligen Pflegling zu, worauf das Thier augenblicklich in großen Sätzen, die Genossen verlassend, zu seinem Wohlthäter sprang, um dessen Liebkosungen und Streicheln mit sichtbarem Wohlbehagen entgegen zu nehmen. "Lieschen" machte alle Anstalt, seinem gütigen Pfleger zu folgen; erst dessen Hund brachte auf Geheiß das dankbare Thier zu den fernen Seinen zurück.
- Folgendes hübsche Geschichtchen wird aus Berlin erzählt: Dieser Tage wurde die Hochzeit eines jungen Malers mit der reichen, bildschönen Wittwe eines vor mehreren Jahren verstorbenen dortigen Großindustriellen gefeiert. Dieses Fest erregt in den Künstlerkreisen unserer Hauptstadt ein ganz besonderes Aufsehen, weil es durch eine komische Verwechslung auf einem der dortigen Postämter herbeigeführt wurde. Dem "Deutschen Tageblatt" schreibt man darüber: Der junge talentvolle Maler H. kam vor einigen Monaten reich an Hoffnungen, arm an Geld, von einer Studienreise aus Italien zurück und suchte unter der Chiffre H. 40 eine Wohnung mit Atelier. Die bereits erwähnte Wittwe Hermine V. unterstützte seit längerer Zeit einen armen Verwandten ihres verstorbenen Gemahls, dem sie, um ihn nicht zu beschämen, unter der Chiffre H. 40 anonym schrieb und kleine Geldunterstützungen zukommen ließ. Der Maler erhielt unter den zahlreichen Offerten ein Briefchen von zarter Frauenhand folgenden Inhalts: "Geehrter Herr! Um dauernd helfend in Ihre Lebenslage einzugreifen, bitte ich Sie, mich morgen Nachmittag zwischen 2 und 5 Uhr in meiner Wohnung, Potsdamerstraße Nr. . . zu besuchen." Der junge abenteuerliche Mann machte sich zu der angegebenen Zeit auf den Weg nach der Potsdamerstraße. Die Chiffreverwechslung erregte beiderseits Staunen und Heiterkeit, man lachte, man unterhielt sich, die auf so drollige Weise angeknüpfte Bekanntschaft wurde fortgesetzt und das Resultat der Chiffreverwechslung war die Hochzeit.
- Wenn im Mittelalter deutsche Frauen vor Gericht einen Eid abzulegen hatten, so mußten sie auf ihren Zopf schwören. Einen solchen Eid leistete, wie der Historiker Sakler im dritten Band seiner Geschichte des Herzogthums Württemberg berichtet, noch im Jahr 1403 die Gräfin Verena von Zollern. Sie mußte ihren langen, schönen Haarzopf, nachdem untersucht worden war, ob derselbe echt sei, um die linke Hand wickeln und dieselbe dann auf die Brust legen, die rechte Hand aber legte sie auf den Amtsstab des Richters, der ihr den Eid abnahm. Auch im Oesterreichischen war diese sonderbare Art der Eidesleistung gebräuchlich; nur mußten dort die Frauen nicht auf einen, sondern sogar auf zwei Zöpfe schwören, wie das Wiener Stadtrecht vom Jahr 1351 vorschreibt. Wahrscheinlich rührte dieser Unterschied nur von der abweichenden Mode her, daß die Schwäbischen Frauen im Mittelalter sich mit einem Zopf begnügten, während die österreichischen Edeldamen sich mit zwei Zöpfen zu schmücken liebten. Wenn jetzt unsere Damen auf ihren eigenen Haarzopf, oder gar auf zwei derselben schwören sollten, wir fürchten, nicht alle würden im Stand sein, einen Eid zu leisten.
- Es giebt Leute, die sogar im Testament Scherz treiben. Eine Wienerin setzte ihre junge Nichte zur Erbin ihres hübschen Vermögens unter der Bedingung ein, daß diese die ihr hinterlassenen altmodischen Kleider ihr Leben lang trage. Die Nichte trat richtig das Testament cum beneficio inventarii an. Ein Wiener Schuster ordnete an, daß 20 Schustergesellen seinen Sarg tragen und zum Dank außer der Gebühr jeder 4 Liter Bier und 2 Liter Wein erhalten sollten. Sie trugen ihn, aber mit Bier und Wein war's nichts; denn der fidele Erblasser hatte sein ganzes Bischen Hab und Gut schon selbst vertrunken.
- Die Skatpflanze. Naturgeschichtliche Ferienarbeit des Sextaners Fritz Dintenklex. Die Skatpflanze (scata decifolia) gehört zu den netten Pflänzchen. Vor 20 Jahren noch ziemlich unbekannt, verbreitet sie sich jetzt fast rapider als die Wasserpest. Die ersten Exemplare soll man im Altenburgischen beobachtet haben. Die Skatpflanze akklimatisiert sich überall sehr schnell. Sie würde nach der Ansicht berühmter Autoritäten noch auf dem Gipfel des Popokatepetl fortkommen. Gewöhnlich findet man drei Exemplare (kleeblattförmig) beisammen, seltener vier. Jede Skatpflanze hat zehn Blätter von länglich viereckiger Form, die fächerförmig an

[ => Original lesen: 1887 Nr. 39 Seite 6]

einem langen Blattstiele sitzen. Die Farbe derselben ist theils roth, theils grün, sie fallen gewöhnlich nach einander ab, selten alle zehn auf einmal. Auffällig ist, daß sie nicht wie bei anderen Pflanzen dem Lichte zu, sondern von demselben abgekehrt sind. Nur die Blätter ganz alter Pflanzen machen darin zuweilen eine Ausnahme. Manchmal werden einige dieser Gewächse ganz schwarz, was von dem vielen Pech herrührt, womit sie behaftet sind. Solcher Zustand ist zwar immer verhängnißvoll, führt aber nicht durchaus den Ruin herbei. Die scata decifolia ist eine Zimmerpflanze, gedeiht jedoch auch im Freien, allerdings nur in warmen Sommern. Fleißiges Begießen gehört zu ihren Hauptbelebungsbedingungen. Man verwendet dazu am besten reines Wasser, das aber zuvor mit Hopfen und Malz abgezogen oder stark mit Rum und Zucker versetzt ist. In letzterem Falle kann er bis zu 40 Grad warm sein. Tabakrauch schadet den Pflanzen durchaus nicht. Weibliche Exemplare kommen vor, sind aber ziemlich selten, womit ich diesmal schließe.
- Auf der Terrasse zu Smyrna in Kleinasien sitzt ein Herr und liest eifrig die "Dresdener Nachrichten". Ein anderer Herr, der an demselben Tisch Platz genommen hatte, rückt, als er dies bemerkt, näher heran und sucht mit dem Nachbar ein Gespräch zu beginnen. "Hären Se", sagt er, "es is Se hier doch ä gar hibsches Blätzchen!" "Nu äben!" erwiderte der Angeredete: es sitzt sich hier sehre gemiedlich, fast so gemiedlich wie uf der Brihl'schen Derasse!" "Ei Herrcheses!" ruft der erste aus, dem bei den Lauten seines engern Vaterlandes und bei der Erwähnung der Brühl'schen Terrasse das Herz im Busen schwoll, "ei Herrcheses, da sind Se wohl ooch e Sachse, un wohl gar ä Dräsner?" "Ne!" sagt der andere, "nee, mei' liewer Freind, ich bin Se nämlich ä Schbanier un hawwe in Dräsen Deitsch gelernt!"


Grete.
Von F. Rusteberg.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)


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