No. 58
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 27. Juli
1880
fünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1880 Nr. 58 Seite 1]

Die belgische Jubelfeier.

Unsere belgischen Nachbarn feiern in diesen Tagen das Fest des 50jährigen Bestehens ihres Staatsverbandes. Ohne die Würde desselben im Mindesten herabsetzen zu wollen, wird man sich doch gestehen müssen, daß ein hoher Grad von Festfieber dazu gehört, um den halbhundertjährigen Bestand eines Reiches zu feiern. Wenn die Vereinigten=Staaten von Nordamerika ihre Säcularfeier veranstalten, so hat das in sofern einen Sinn, als sie die Erinnerung an ihren großen Unabhängigkeitskampf gegen England, das Gedächtniß an die großen Begründer der Union, Franklin und Washington, feierten und als die Vereinigten=Staaten sich seit den hundert Jahren ihres Bestandes aus kleinen Anfängen zu einem Staaten=Coloß entwickelt haben. Und wenn fernerhin beispielweise Bayern das 700jährigen Jubelfest seines Herrscherhauses feiert, so knüpfen sich an diesen respektablen Zeitraum Tausende von ehrenvollen Erinnerungen aus der deutschen Geschichte.
Aber die 50 Jahre, welche die Belgier feiern, sind für dieses Völkchen doch verhältnißmäßig recht arm an Ereignissen, und die Neutralität, unter welche dieses Land von den Großmächten gestellt worden ist, schützt hinlänglich davor, sich kriegerische Lorbeeren zu erwerben. Auch die Begründung des Staatswesens selbst ging ohne nennenswerthe Kämpfe vor sich, erfolgte so zu sagen aus einer inneren Naturnothwendigkeit heraus, daß sich an dieselben keine besonderen Erinnerungen knüpfen.
Es dürfte aber anläßlich der großartig geplanten Festlichkeilen nicht uninteressant sein, die Ereignisse, welche der Gründung des belgischen Staates voraufgingen, und dieselbe veranlaßten, Revue passiren zu lassen. Die "Niederlande", unter welchem heute nur noch geographischen Namen man die Königreiche Holland und Belgien begreift, haben eine sehr bewegte Geschichte. Seit 1715 bis zur französischen Revolution gehörte das Land zur habsburgischen Krone. Indessen die Funken, die von Frankreich aus umhersprühten, fielen auch bei den Niederländern wie in ein Pulverfaß; sie verweigerten die Steuern und warfen endlich die österreichische Herrschaft gänzlich ab. Zwar gelang es den Oesterreichern, nochmals für kurze Dauer Herren im Lande zu werden, aber die französische Revolutionsarmee kam den Niederländern zur Hülfe und das heutige Belgien blieb bis zum Pariser Frieden im Staatsverbande mit Frankreich. Nach diesem Frieden kamen Holland und Belgien unter die Herrschaft des Prinzen von Oranien=Nassau, der im März 1815 den Titel eines Königs der Niederlande annahm.
Aber es zeigte sich sehr bald, daß der Norden und Süden dieses neuen Königreichs zu grundverschieden war, als daß beide Theile mit einander hätten auskommen können. In Holland herrscht das niederdeutsche, in Belgien dagegen das vlämische und französische Element vor. Die Gegensätze erstrecken sich selbst bis auf die Sprache und Religion; im Norden war die reformirte Lehre vertreten, im Süden die katholische. Ebenso überwog im Süden die französische Sprache (neben welcher nur in einzelnen Landstrichen die vlämische besteht), im Norden ausschließlich die holländische.
So konnte es denn nicht ausbleiben, daß sich sehr bald Trennungsversuche der beiden so grundverschiedenen Staatshälften geltend machten, welche allerdings von der Regierung anfangs strenge unterdrückt wurden. Am 24. August fanden in Brüssel die ersten Volksaufläufe statt, welche das Signal zu einer bald über ganz Belgien verbreiteten Revolution gaben. Die Regierung ließ ein Armeekorps nach Süden anrücken und Brüssel besetzen; aber nach viertägigem Kampfe wurde Prinz Friederich gezwungen, die Stadt zu räumen. Eine provisorische Regierung hatte sich gebildet und diese proklamirte am 4. Oktober 1830 die Unabhängigkeit Belgiens, berief eine Versammlung zur Aufstellung der Verfassung und zur Wahl eines Regenten ein. Der zusammentretende Congreß Schloß die holländische Königsfamilie "auf ewig" von dem Throne Belgiens aus und wählte auf diesen den Prinzen Leopold von Sachsen=Coburg, dessen Sohn heute unter den Namen Leopold II. regiert.
Der Erinnerung an diese Vorgänge gelten die mit so vielen Pomp in Scene gesetzten gegenwärtigen Festlichkeiten in Belgien.


Politische Rundschau.

Deutschland. Kaiser Wilhelm braucht im besten Wohlsein die Gasteiner Kur.
Der Kronprinz wird sich mit seinem Schwiegersohne, dem Erbprinzen von Sachsen=Meiningen, zur Inspection der Flotte nach Kiel begeben.
Gleich nach Eröffnung des Reichstages sollen demselben die Vorschläge in Betreff der Errichtung eines Reichstags=Gebäudes vorgelegt werden.
Durch ein Schreiben des Reichskanzlers sind die betreffenden Persönlichkeiten eingeladen worden, der zu Berlin im September zusammentretenden Commission für die Herausgabe einer neuen Pharmakopöa Germanica (deutsches Arznei=Vorschriftsbuch) beizuwohnen. Die Commission wird unter dem Vorsitze des Direktors im Reichs=Gesundheitsamt, Dr. Struck, tagen.
Die seit langer Zeit angestrebte Centralisirung der im deutschen Reiche bestehenden Kriegervereine unter einer Oberleitung ist mißglückt, trotz der Mühe, welche sich der dazu berufene General gegeben hat. Jener Mißerfolg hatte auch den Rücktritt des genannten Generals zur Folge.
In nächster Zeit werden die deutschen Finanzminister nach Coburg kommen und die Steuer= und Zollfragen vertraulich besprechen.
In Weimar tagen vom 25.-27. September die deutschen Schriftsteller und fahren am 27. Sept. als Gäste des Großherzogs auf die Wartburg.
Die Marine=Verwaltung beabsichtigt, zum Schutz der deutschen Seefischerei gegen die englische Freibeuter=Fischer einen regelmäßigen Wachtdienst in der Nordsee eintreten zu lassen. Dieser Wachtdienst soll in der Weise hergerichtet werden, daß ein nach Bedürfniß auch zwei Kanonenboote, so lange der Betrieb der Seefischerei dauert an der deutschen Nordsee=Küste kreuzen werden, um so wenn erforderlich sofort zum Schutze der Interessen unserer deutschen Fischer bei der Hand zu sein.
Der König von Bayern wurde in der Nacht vom 20. zum 21. auf der Rückkehr nach Hohenschwangau von dem Unfall betroffen, daß das Hin=

[ => Original lesen: 1880 Nr. 58 Seite 2]

terrad seiner Equipage einen Schlagbaum streifte, welcher in Folge dessen herunterfiel und die Pferde so erschreckte, daß dieselben in rascher Gangart durchgingen. Doch gelang es, dieselben ohne weiteres Unglück alsbald wieder zu beruhigen.
In Berlin tagt gegenwärtig eine Commission zur Herstellung einer neuen Militairstrafproceßordnung, durch welche die deutsche Militairjustizgesetzgebung mit den Reichsjustizgesetzen in Einklang gebracht werden soll. Ein Versuch hierzu wurde schon vor 2 Jahren gemacht; der betreffende Entwurf erlangte aber die Genehmigung des Kaisers nicht. Der neue Entwurf rührt von dem jetzigen Generalauditeur der Armee, dem Wirklichen Geh. Oberjustizrath Oehlschläger her, an der Spitze der zu seiner Durchberathung berufenen Kommission steht wie früher der General v. Groß, gen. v. Schwarzhoff; die Mitglieder derselben sind sämmtlich hohe Militairs, als Referent dient ihr der Geh. Justizrath Hootz, Mitglied des Generalauditoriats.
Vom 1. August an wird im Verkehr zwischen Deutschland einer= und Frankreich (mit Einschluß von Algerien) anderseits die Einziehung von Geldern durch Postauftrag bis zum Betrage von 400 Mark oder 500 Francs unter Anwendung des bisherigen deutschen Postauftragsformulars und unter Frankirung der Sendungen eingeführt werden.
Frankreich. So reich Frankreich auch ist, so gibt's doch immer wieder allerlei zu denken, daß dort viel mehr Steuern eingehen, als die kundigsten Finanzmänner vorher berechnet und in den Staatshaushalt eingestellt haben. Allein in den ersten 6 Monaten d. J. sind 76 1/2 Millionen mehr eingegangen und 43 1/2 Millionen sogar pränumerando bezahlt worden. - Auch die Flotte muß ihr Nationalfest haben; denn bei der Feier vom 14. d. M. war sie nicht vertreten, da ihr eben keine Fahnen zugetheilt werden konnten. Sie soll aber doch wissen, daß die Republik auch für die Flotte Sympathie hat, und der Präsident Grévy wird, diesem Gedanken nachgebend, sich nun doch entschließen, anfangs nächsten Monats eine Revue über die Kanalflotte abzuhalten. - Trotz des Nationalfestes herrscht in Paris eine unverkennbare Mißstimmung. "Wohin treiben wir?" fragten die Gemäßigten. "Wir tanzen auf einem Vulkan!" sagen die Bonapartisten und Legitimisten. "Krieg dem Senat und den Gambettisten!" rufen die Radikalen; deren "Mot d'ordre" erklärt ganz unverfroren: "Zum Straßenkampf sind wir noch nicht ganz vorbereitet!" Der "Citoyen" dringt energisch auf Wiederherstellung der Nationalgarde; das ist vom Standpunkte dieses Blattes aus, ganz folgerichtig, denn ist erst die Nationalgarde wieder hergestellt, so ist eine Kommune nicht fern. - Die Legitimsten hatten, gewissermaßen um eine Gegendemonstration zu machen, zum Namenstage des Grafen Chambord eine Geldsammlung veranstaltet, um ihren Prätendenten ein Präsent anzubieten. Diese Sammlung hat aber nur die winzige Summe von 16,000 Francs ergeben, die auf Veranlassung Chambords einem armen geistlichen Orden übermacht wurden. - Rochefort setzt seine Angriffe gegen Gambetta fort, indem er versichert, daß dieser das Gelüst habe, Kaiser zu werden. Herr Gambetta sei zwar sehr beredt, aber noch gefährlicher als beredt; sein Ziel sei offenbar nicht die Republik, sondern den "Gambettismus" zu organisiren. - In Lyon tagt ein socialistischer Congreß. - Der Wiederzusammentritt der Kammer ist auf den 10. October festgesetzt.
Dänemark. Der König hat den Commandeur der deutschen Kriegskorvette "Nymphe", Capitän Schröder, welcher seit einigen Tagen auf der Kopenhagener Rhede vor Anker liegt, nebst den übrigen Offizieren des Kriegsschiffes im Schlosse Christiansborg in Audienz empfangen. In der dänischen Hauptstadt hat dies großes Aufsehen erregt, weil es seit den 1864er Kriegsjahren das erste Mal ist, daß der König deutsche Marineoffiziere empfing. Nachmittags waren die deutschen Offiziere zur Tafel nach Schloß Bernstorf geladen, wo zur Zeit auch der König von Griechenland weilt, dessen Gemahlin von Petersburg aus ebenfalls nach Copenhagen gekommen ist.
Oesterreich. Das Wiener Schützenfest hat eine weit größere politische Bedeutung gewonnen, als man ihm Anfangs zuerkennen wollte und alle österreichischen Blätter beschäftigten sich mit ihm. Anläßlich des festes hat sich auch eine Anzahl Berliner Hoflieferanten bewogen gefunden, dem Kaiser von Oesterreich eine überaus schlecht stylisirte Adresse "im Namen Deutschlands" zu übersenden. Wenn man "im Namen Deutschlands" sprechen will, sollte man wenigstens der deutschen Sprache vollkommen mächtig sein. Glücklicher Weise hat dieses traurige Machwerk die Wiener Festfreude nicht gestört und wenn die Zahl der beim Feste geleerten Seidel nur in einigem Verhältnisse zum Wohle Oesterreichs steht, so ist dieses Land ein recht glückliches.


Die diesjährigen Truppenübungen im Großherzogthume Mecklenburg=Schwerin fallen in die Zeit vom 19. August bis 15. September. Den Anfang macht das Regiments=Exerciren der beiden Regimenter 89. und 90., welches vom 19. bis 26. August, und das Brigarde=Exerciren der 34. Infanterie=Brigarde, welches vom 27. August bis zum 1. September in der Rostocker Gegend bei Roggentin stattfindet. Gleichzeitig, nämlich vom 26. August bis zum 1. September, hält die 33. Infanterie=Brigarde ihr Brigarde=Exerciren bei Teterow; einige Tage früher, nämlich vom 22. bis zum 29. August, findet das Brigarde=Exerciren der 17. Cavallerie=Brigarde bei Suckow im Amt Güstrow statt. In der ersten Septemberwoche folgen sodann die Detachements=Uebungen der beiden genannten Infanterie=Brigaden, und zwar die der 34. in dem Terrain=Abschnitte nördlich und nordwestlich der Recknitz in der Gegend von Laage, Schwaan und Rostock, die der 33. in der Malchin=Teterower Gegend. Den Beschluß machen die Manöver der 17. Division, welche in der Zeit vom 9. bis 15. September in dem zwischen der Recknitz, den Chausseen Güstrow=Teterow und Teterow=Gnoien und dem Flusse Tebel belegenen Terrain.
- Die zahlreichen Inhaber von deutschen Patenten sind daran zu erinnern, daß §. 11 des Patentgesetzes am 1. Juli in Wirksamkeit getreten ist. Danach ist das kaiserliche Patentamt auf Antrag befugt nach 3 Jahren die Zurücknahme eines Patents auszusprechen, falls der Erfinder nicht nachweist, daß er die Ausführung seiner Erfindung in "angemessenen Umfang" vorbereitet hat. Ebenso kann ein Patent im öffentlichen Interesse für null und nichtig erklärt werden, wenn der Inhaber sich weigert, Anderen die Benutzung gegen eine entsprechende Entschädigung zu gestatten. Die Patentinhaber werden daher wohlthun, das Erforderliche zur Führung des gesetzlichen Nachweises zu veranstalten.
- Aus Berlin wird offiziös gemeldet: In den Kreisen der Ersatzreservisten ist vielfach über die Wirkung des Gesetzes vom 6. Mai d. J. Unklarheit verbreitet und die Ungewißheit ob sie noch zur Uebung herangezogen werden können, veranlaßt Viele, von der militärischen Central=Behörde Auskunft zu erbitten. Zur Beruhigung der betreffenden dürfte Folgendes Verbreitung verdienen. Das Gesetz vom 6. Mai, welches den Ersatzreservisten erster Klasse vier Uebungen (von 10, 4 und je 2 Wochen) während des Friedens auferlegt, hat keine rückwirkende Kraft, findet vielmehr nur Anwendung auf diejenigen Militärpflichtigen, welche nach Erlaß dieses Gesetzes wegen hoher Loosnummern und - erst in zweiter Reihe - wegen geringer körperlicher Fehler der Ersatzreserve erster Klasse überwiesen sind. Da die endgültige Entscheidung bei dem Oberersatzgeschäft gefällt wird, so kommt es darauf an, ob dasselbe vor oder nach dem 10. Mai d. J., mit welchem Tage die Militairnovelle Gesetzeskraft erlangt hat, stattgefunden. Die Uebungen werden übrigens erst im künftigen Jahre zum erstenmale abgehalten werden. Zur Ersatzreserve wird man im 22. Lebensjahre überwiesen und die Verpflichtung zu derselben dauert bis zum vollendeten 31. Lebensjahre. Denjenigen, welche das Recht zum Dienst als Einjährig=Freiwillige erworben haben, steht für die erste Uebung unter denjenigen Truppentheilen die Wahl frei, welchen für das betreffende Jahr die Ausbildung von Ersatzreservisten übertragen ist.
- Am Rhein etc. will man beobachtet haben, daß in diesem Sommer zum erstenmal wieder seit 1870 viele Franzosen sich in Deutschland als Reisende oder Badegäste eingefunden haben.
- In Bamberg wurde dem Seiltänzer Knie das Tragen einer lebenden Person beim Gehen auf dem Thurmseil verboten.

[ => Original lesen: 1880 Nr. 58 Seite 3]

- Der Generalstab der preußischen Armee hat einen hohen Ehrenpreis erhalten. Der soeben erschienene neueste Jahrgang der Jahresberichte über die Veränderungen und Fortschritte im Militairwesen erwähnt die "im Allgemeinen wenig bekannte" Thatsache, daß die vom Generalstabe der preußischen Armee bearbeitete Geschichte des deutsch=französischen Krieges 1870-1871 von einer aus Mitgliedern der Akademie der Wissenschaften und aus Universitäts=Professoren gebildeten Commission als das Beste in den letzten fünf Jahren, von 1873-1878, erschienene Werk über deutsche Geschichte erklärt und in Folge dessen dem Generalstabe der Ehrenpreis von 1000 Thalern in Gold und eine goldene Denkmünze aus der von Friedrich Wilhelm IV. durch Patent vom 18. Juni 1841 hierzu errichteten Stiftung zuerkannt worden ist." (Zu den durch diesen Preis früher ausgezeichneten Werken gehört in erster Reihe Giesebrecht's "Geschichte der Deutschen Kaiserzeit.")
- Morphiumsucht. Aus Berlin wird geschrieben: Die furchtbare Krankheit, die Morphiumsucht, nimmt gerade in den besseren und höheren Ständen immer größere Dimensionen an. In einer hiesigen Heilanstalt, deren Dirigent nicht hoch genug zu schätzende Verdienste um die Entdeckung und Heilung dieser entsetzlichen Krankheit hat, befindet sich stets eine große Anzahl Morphiumsüchtiger, darunter nur zu häufig Ehepaare. Die Krankheit entsteht durch den Mißbrauch der Morphium=Injectionen, und die Folgen sind Functions=Störungen des Gesammt=Nervensystems. Die Krankheit wird häufig von den Morphiumsüchtigen selbst verbreitet, welche Propaganda für ein Mittel machen, von dem ihnen die Gefahren gar nicht bekannt sind. Die Morphiumsucht hat dieselben Symptome wie die Trunksucht; die Aehnlichkeit beider Krankheiten erstreckt sich auf das Delirium. Das einzige Mittel der Heilung dieser furchtbaren Krankheit ist die gänzliche Entziehung des Morphiums, jedoch verfallen die Kranken dabei regelmäßig in Tobsucht. Bleiben die Kranken sich selbst überlassen, so tritt in dem höchsten Grade der Krankheit Angst, Unruhe und Verzweiflung, endlich Selbstmord ein. Eine nicht geringe Anzahl der gegenwärtig so häufigen Selbstmorde wird daher auf Rechnung des Mißbrauches des Morphiums geschrieben.
- Ein neuer Kahinoor. In der Diamantschleiferei der Gebrüder Houy in Hanau wird der Hess. Morgen=Ztg. zufolge zur Zeit an zwei Steinen gearbeitet, welche einen enormen Werth repräsentiren. Der eine dieser beiden Diamanten hat ein Bruttogewicht von nicht weniger als 232 Karat. Gebrüder Houy hoffen, mit dem Schliff einen Stein zu erzielen, welcher den weltberühmten "Kohinoor" des englischen Schatzes erreichen, wenn nicht übertreffen wird.
- Dem "Gaulois" hat Isaac Pereire 52 Millionen hinterlassen von denen 32 1/2 Millionen nach seinem letzten Willen seiner Gattin zugefallen, während jedes seiner drei Kinder 6 1/2 Mill. Francs erhält.
- Daß Melonen, Kürbisse, Gurken aus 5-20jährigem Samen besser und reichlicher tragen als aus 1jährigem, ist bekannt. Weniger bekannt dürfte die Dauer der Keimfähigkeit folgender Samen sein. Sie erstreckt sich nämlich bei Weizen bis zu 3000, bei Erbsen bis zu 2500, bei Himbeeren bis zu 1600, bei Mais über 1000, bei Kornblumen bis zu 1000, beim Stechapfel bis zu 25 Jahren.
- Bei den vielen tausend Schützen auf dem Wiener Schützenfeste sieht man fast alle denkbaren Gewehre vom Vorderlader=Scheibenstutzen ältester Construktion bis zum modernsten Hinterlader. Repetirgewehre sind durch die Schießordnung ausgeschlossen. Die Schweizer führen meist Gewehre des Systems Henry=Martini oder Vetterli und schießen die meisten Gewinne heraus. Viele Tyroler führen noch Vorderlader aus der Urväterzeit und schießen auffallend wenig. Der Hinterlader des Systems Werndl hat die Majorität.
- Zu Rothschild kam ein Geldmann und klagte ihm: Ich habe dem Grafen S. 10,000 Gulden geliehen und er ist nach Konstantinopel gereist, ohne mir ein Anerkennungsschreiben seiner Schuld zu hinterlassen. - Rothschild sagte sofort: Schreiben Sie ihm sogleich, er solle Ihnen die 100,000 Gulden bezahlen. - Aber, sagte der Andere, er ist ja nur 10,000 schuldig. - Gerade deswegen, entgegnete Rothschild, wird er Ihnen sogleich zurückschreiben, daß er Ihnen nur 10,000 schuldig ist, und Sie haben, was Sie wollen.
- In Eschwege ist der Sanitätsrath Dr. Eugen Höfling gestorben, bekannt als Dichter des alten Studentenliedes: "O alte Burschenherrlichkeit, wohin bist du geschwunden?" Der Mann war ein vortrefflicher Mensch und Arzt und sein Lied hat ihm bis zuletzt viel Freude eingetragen.


Anzeigen.

Die große Trockenscheune auf der hiesigen Feldziegelei soll auf Abbruch öffentlich meistbietend verkauft werden und steht zu diesem Zwecke ein Termin auf

Sonnabend den 7. August d. J.
Vormittags 11 Uhr

vor dem unterzeichneten Domainen=Amte an, wozu Kaufliebhaber hierdurch mit dem Bemerken geladen werden, daß die Verkaufsbedingungen im Termine bekannt gemacht werden, auch auf der Domänen=Amts=Registratur eingesehen werden können.
Schönberg den 22. Juli 1880.

Großherzogl. Meckl. Domainen=Amt.
F. Graf Eyben.


In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über die auf dem Schönberger Stadtfelde im s. g. Köppenmoor belegene Wiese von ca. 2 1/2 Scheffel Aussaat Größe des Bäckermeisters Johann Peter Hinzelmann allhier wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidations=Protocoll sofort im Termin der Präclusivbescheid erlassen und publicirt worden ist.
Schönberg, den 24. Juli 1880.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.     


In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuches über die zu Hamburg belegene Büdnerei Nr. 27 des Schmieds L. Brockmann daselbst wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidations=Protocoll sofort im Termin der Präclusiv=Bescheid erlassen und publicirt worden ist.
Schönberg, den 24. Juli 1880.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.     


Torfanweisung.

Am Sonnabend den 24. Juli und am Dienstag den 27. Juli Morgens 9 Uhr wird denjenigen Schönberger Einwohnern ohne Weiteres Torf zur ermäßigten Taxe auf dem Rüntzer Moor angewiesen, welche solchen daselbst auch im Sommer 1879 erhalten haben. Die übrigen Schönberger berechtigten kleinen Leute pp. haben jedoch vorher einen Anweisungs=Zettel beim unterzeichneten Oberförster nachzusuchen.
Schönberg den 18. Juli 1880.

Der Oberförster:                    
C. Hottelet.          


Trunksucht, sogar im höchsten Stadium, beseitigt sicher und zwar sofort, auch ohne Vorwissen, und unter Garantie, ohne der Gesundheit zu schaden, Th. Konetzky, Bernauerstraße 84, Berlin, Erfinder dieser Radikalkuren und Spezialist für Trunksucht=Leidende. Die Wirksamkeit der von mir erfundenen Mittel ist von Patienten vor Kgl. Preußischen und Bayerischen Kreisgerichten eidlich bestätigt, und von einem Sanitätsrath geprüft. Nachahmer beachte man nicht, da durch deren Mittel die Trunksucht nicht beseitigt wird, wie dies leider nur zu Viele schon erfahren haben. Mehrere dieser Nachahmer fälschen sogar Namen und Atteste und treiben überhaupt nur Schwindel, während ich für die Heilung eben vollständig garantire. Amtlich beglaubigte, sowie eidlich bestätigte Atteste gratis und franco.


[ => Original lesen: 1880 Nr. 58 Seite 4]

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Demern, den 23. Juli 1880.

G. Fischer,     
Pastor.         


Kampfgenossen-Verein 70/71.
Generalversammlung 1. August.
Nachmittags 3 1/2 Uhr.
Tagesordnung.

1. Wahl von Vorstandsmitgliedern.
2. Unterschrift der revidirten Statuten.
3. Besprechung des vom Fest=Comité festgesetzten Programms der Enthüllungsfeier am Sedantage.
4. Sonstige Vereinsangelegenheiten.

Schönberg d. 26. Juli 1880.
                                                    I. A.
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