No. 4
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Dienstags und Freitags

Schönberg, den 23. Januar
1865
fünfunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1865 Nr. 4 Seite 1]

- Hat die französische Regierung einen politischen Fehler begangen, indem sie verboten hat, die päpstliche Encyklika in ihrem ganzen Umfange bekannt zu machen? Hat die römische Curie darauf gerechnet, daß man in Paris das päpstliche Verbot erlassen und daß daraus allerlei ihr erwünschte Verwickelungen entstehen würden. Man hat sich wohl in ganz Deutschland über das kühne Unterfangen des päpstlichen Stuhles verwundert, alle religiösen, wissenschaftlichen und politischen Errungenschaften der neuern Zeit mit Bann und Acht zu belegen, aber die Vorgänge in Frankreich zeigen, daß die Encyklika nicht ganz ohne Folgen bleibt und daß, was wohl zumeist von Rom beabsichtigt war, bereits zum Theil erreicht ist, nämlich einen Zankapfel nach Frankreich hineinzuwerfen, die Kirche aufzuregen gegen den Staat und der Regierung Napoleons Schwierigkeiten zu bereiten. Eine Anzahl Bischöfe hat bereits dem Verbote des Ministeriums getrotzt und das päpstliche Rundschreiben vollständig den Gläubigen bekannt gemacht, und wenn auch die Regierung einschreitet, so ist es doch fraglich, ob sie so leicht über die ihr bereiteten Schwierigkeiten, die am Ende noch wachsen, Herr werden wird. Die Bischöfe haben durch ihre Geistlichen noch sehr viel Einfluß in Frankreich und werden zu gelegener Zeit wohl nicht säumen, denselben gegen Napoleons Regierung zu verwerthen. In dieser Beziehung hat man mit Recht gesagt, daß die Encyklika die Antwort Roms auf die letzte Convention der französischen Regierung mit dem Könige von Italien sei.
- Berliner Blättern wässert der Mund, welch reiches Land die Herzogthümer Schleswig=Holstein sind. Sie sagen, auf dem jüngsten Kieler Umschlag (Markte) habe man das gesehen. Trotz der großen Lasten, welche Stadt und Land ein Jahr hindurch zu tragen hatten, hat sich von den dortigen Gutsbesitzern und Pächtern auch nicht einer außer Stande gesehen, seinen Verbindlichkeiten nachzukommen. Ja, es soll diesmal beträchtlich mehr Capital zur Unterbringung am Markte sein, als unterzubringen sein wird.
Die erledigte Pfarrstelle zu Lübsee, Präpositum Rehna, ist von Se. Königl. Hoheit dem Großherzog von Mecklenburg=Schwerin dem Volksschul=Director Schmidt in Schwerin verliehen worden.
- Die Skrophulösen werden künftig freiwillig nach Sibirien wandern; denn es ist dort und zwar im Gouvernement Tomsk ein See entdeckt worden, dessen schwefelhaltiges Wasser eine vollständige Heilung selbst der veraltetsten Skropheln (Drüsenkrankheiten) bewirken soll.
- Ein Dr. Decaisne in Antwerpen will die Entdeckung gemacht haben, daß Mineraloel oder Petroleum auf der Stelle jenes Parasit=Insekt, welches die Krätze erzeugt, zerstört und diese Hautkrankheit sofort heilt.
- Der englische Punsch ist für die Pariser ein verbotenes Getränk. Den Buchhändlern ist zum Neujahr bei Verlust ihrer Concession verboten worden, diesen Punsch einzuschmuggeln. Der Punsch ist bekanntlich das Londoner Witz= und Carrikaturenblatt.
- Das Interessanteste, was die Pariser von der Kaiserin Eugenie zu erzählen wissen, ist, daß sie seit der Geburt des Kindes von Frankreich nie wieder so interessant gewesen sei, wie nach ihrer diesjährigen Schwalbacher Badekur.
- Als der Prinz von Wales nach Dänemark und Schweden reiste, wurde für den Sohn des prinzlichen Paares, der die Reise mitmachte, auch eine Kuh mitgenommen, von deren Milch der kleine Schreihals, den die Engländer "Royal Baby" nennen, genährt wurde. Bei der Rückkunft des Prinzen kam auch die Kuh wieder in England an, und wurde von dem Alderman Abbey in Hull für schweres Geld gekauft, weil sich dieser um alles in der Welt in den Besitz einer "historischen Kuh" setzen wollte.
Der Räuber Scholz, welcher vor einigen Wochen den Raubanfall gegen den greisen Grafen Pückler verübt hat und gegenwärtig in Brieg gefangen sitzt, um bei der nächsten Schwurgerichtssitzung abgeurtheilt zu werden, hat in der Nacht vom 4. Januar einen Fluchtversuch gemacht, welcher ihm übel bekam. Er hatte mit seinem Zellengenossen mittelst einer Thürklinke und eines Drathes eine Oeffnung in den Fußboden seines Gefängnisses gemacht und dann das Deckgewölbe des darunter liegenden Kellers durchbrochen. Als das Loch groß genug schien, suchte zuerst Scholz durch dasselbe in den Keller zu gelangen. Allein die Oeffnung war zu klein; mit Gewalt hatte sich Scholz bis in die Mitte des Leibes durchgezwängt und hing nun so fest, daß er selbst mit Hülfe seines Gefährten weder hinauf noch hinunter konnte. Nachdem er in dieser Lage von 12 Uhr Nachts bis 4 Uhr früh zugebracht, rief sein Genosse durch Klingeln den Aufseher herbei. Erst nach den größten Anstrengungen gelang es, den Gefangenen mit mehrfach zerschundenen Körperstellen aus seiner unliebsamen Lage zu befreien.
- Bei einem Zahnarzte in Wien trat eine schöne Dame mit Thränen im Auge ein: "Ich bitte um Ihre Hülfe, ich bin in Verzweiflung. Mein Gemahl leidet seit Wochen an furchtbarem Zahnweh und ich fürchte, sein Geist leidet unter dem wüthenden Schmerze." - Dann lassen Sie den Zahn ausreißen, Gnädigste! - Aber er will nicht, um keinen Preis, das ist's eben; es giebt nur ein Mittel, ihm zu helfen und das liegt in Ihrer Hand. Morgen Mittags werde ich ihn unter einem Vorwande hierher führen; Sie lassen ihn durch Ihre Leute festhalten und - mag er sich wehren, wie er will, den Zahn ausreißen; es ist der vierte in der obern Reihe! Wollen Sie? - Gern, gnädige

[ => Original lesen: 1865 Nr. 4 Seite 2]

Frau, es bleibt dabei! - Zur verabredeten Stunde andern Tages sieht der Arzt die schöne Dame mit einem jungen Herrn ins Haus treten, sie kommen in's Vorzimmer, in's zweite Zimmer, die Dame nimmt dem Herrn ein Kästchen ab, und nun stürzen drei Männer auf den Herrn los, drücken ihn auf einen Stuhl und wie er auch jammert, schreit, flucht - die Operation geht vor sich. Der Zahn ist 'raus, wüthend springt der Mann auf: "Wo ist die Dame? wo sind meine Juwelen? Ich mache Sie verantwortlich!" Die Dame war fort, der kostbare Schmuck - mehrere tausend Gulden werth - mit ihr. Sie war im Juwelierladen gewesen, hatte den kostbaren Schmuck ausgesucht und gebeten, daß ein Buchhalter sie in ihr Haus begleite, um das Geld in Empfang zu nehmen; im Vorsaal hatte sie ihm den Schmuck abgenommen und er war überfallen worden u. s. w. - Die Polizei ist Tag und Nacht nach ihr aus.


Gott hat gerichtet.
[Erzählung]

[ => Original lesen: 1865 Nr. 4 Seite 3]

Gott hat gerichtet.
[Erzählung]
[Fortsetzung.]


Vorladungen.

In der Nachlaßsache des allhier verstorbenen Cantors Lentzkow wird hierdurch zum Bescheide gegeben:
daß diejenigen nicht präcludirten Lentzkow'schen Gläubiger, welche sich auf den von der Wittwe Lentzkow proponirten Vergleich betreffs ihrer Illatenforderung noch nicht erklärt haben, unter Vollstreckung des angedroheten Nachtheils, mit der ihnen aufgegebenen Erklärung zu präcludiren und als den Vergleich annehmend anzusehen sind.
Schönberg, den 17. Januar 1865.
Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
C. L. v. Oertzen.
(L. S.) A. Dufft.


Holzverkauf.
Unter den bekannten Bedingungen sollen am Mittwoch, den 25. Januar, gegen baare Zahlung im Rupensdorfer Holze meistbietend verkauft werden:

70 Faden Buchen=, Kluft=, Knüppel= und Olmholz,

[ => Original lesen: 1865 Nr. 4 Seite 4]

2 do. eichen Holz,
3 do. birken und ellern Holz
und 8 do. tannen Kluft= und Knüppelholz,

und wollen Käufer sich Morgens 1/2 10 Uhr bei der Schönberger Ziegelei versammeln.
Schönberg, den 19. Januar 1865.
Danckwarth.


Mittwoch, den 25. d. M., Morgens 10 Uhr sollen an der Lübecker Chaussee von der Selmsdorfer Scheide bis zum Ihlenberge mehrere Haufen Pappelbuschholz meistbietend gegen gleich baare Zahlung verkauft werden.
Schönberg, den 19. Januar 1865.
Die Administration der Schönberg=Lübecker Chaussee.


Vom 2. Februar c. werden die Großherzoglichen Landbeschäler

Y. Defensiv, br. Hgst., v. Defensiv aus der Minka.
Orinoco, schw. Hgst., v. Rococo, Mutter v. Spohr,
Mandariin, Sch. Hgst., v. Quinze a. e. mecklenb. Stute
auf der Station Schönberg zur Benutzung des pferdezüchtenden Publicums aufgestellt sein.
Neustrelitz, den 19. Januar 1865.
Großherzogliches Marstall=Amt. von Bernstorff.


Vom 1. Februar an bis auf Weiteres verkaufe ich Branntwein, wenn derselbe geholt und baar bezahlt wird;

a) wenn zur Zeit 120 Kannen oder mehr genommen werden, die Kanne zu 5 Schilling (Mecklenburg);
b) wenn 10 bis 119 Kannen genommen werden, die Kanne zu 6 Schilling (Mecklenburg).
Stove, Januar 1865.
Kaiser.


Auszug eines Briefes des Herrn Apothekers C. J. Grill in Laibach im Herzogthum Krain vom 30. Juli 1864 an den Fabrikanten des weißen B.=Syrups Herrn G. A. W. Mayer in Breslau:
- - - Beiliegend übersende ich Ihnen ein belobendes Schreiben aus Trifail und kann Sie versichern, daß Ihr weißer B.=Syrup täglich mehr Anerkennung findet und hoffe in Zukunft mit Ihnen u. s. w.
Herrn Apotheker C. J. Grill in Laibach!
Trifail, am 13. Juni 1864.
Hiermit bemerke ich, daß mir Ihr weißer B.=Syrup von G. A. W. Mayer in Breslau bei einer Brustentzündung vortreffliche Dienste geleistet hat. Um mehreren Freunden damit zu dienen, ersuche ich Sie, mir 4 Flaschen vom nämlichen weißen B.=Syrup per Bahn gegen Nachnahme übermachen lassen zu wollen.
Mit aller Hochachtung
Anton Diviak, Handelsmann.
Dieser weiße B.=Syrup aus der Fabrik von H. A. W. Mayer in Breslau ist stets ächt und frisch zu beziehen durch die alleinige Niederlage für Schönberg beim Buchbinder C. Sievers.


300,000 Gulden Hauptgewinn
der am 1. Februar 1865 stattfinden Ziehung der neuen großen Staats=Lotterie.

Jedes gezogene Loos erhält unfehlbar einen Treffer und beträgt die Total=Summe, die in bevorstehender einen Ziehung effektiv gewonnen werden nur

Eine Million 130 Tausend Gulden
eingeteilt in Treffer von
fl. 30,000, fl. 50,000, fl. 25,000, 2 à fl. 10,000, 15 á fl. 5000, 30 á fl. 1000,1050 á fl. 600.
Es ist dieses unstreitig die großartigste aller bestehenden Geld=Verloosungen und kostet
Ein Antheilschein nur fl. 1 45 kr. oder Taler (Mecklenburg) 1 Pr.Crt.
Sieben Antheilscheine nur fl. 10 3 kr. oder Taler (Mecklenburg) 6 Pr. Crt.
Gefällige Auftrage werden gegen Baarsendung oder Nachnahme des Betrags prompt ausgeführt und erfolgen die Ziehungslisten gratis und franco durch
Em. Deltour in Frankfurt a. M., Staats=Effecten=Handlung.
P.S.

Wie bereits oben bemerkt, muß die Summe von Einer Million 130 Tausend Gulden in einer einzigen Ziehung gewonnen werden.


Landwirthschaftlicher Verein für das Herzogthum Lauenburg.
Nächste Versammlung, Dienstag, 31. Januar, in Ratzeburg.


Verlobungs-Anzeige.
Doris Wagner,
Fritz Oldenburg.
Schönberg.

Hiedurch erlaube ich mir die ergebene Anzeige, daß ich das Schlosserhandwerk meines verstorbenen Mannes durch einen tüchtigen Werkführer fortsetze und bitte ich um geneigte Aufträge aller in diesem Fache vorkommenden Arbeiten, welche unter Zusicherung reellster Bedienung ausgeführt werden.
Hochachtungsvoll J. H. Abels Wwe.
Schlossermeister.
Schönberg, den 23. Januar 1865.


Zu Ostern wird ein Bursche in die Schneiderlehre verlangt von Gebrüder Otto in Schönberg.


Vor dem Siemzerthore ist ein Hausplatz mit 2 Scheffel Gartenland sofort zu verkaufen. Näheres in der Expedition der Anzeigen.


Zwei hellbraune starke Hengste stehen bei mir zum Decken bereit. Deckgeld 2 Taler (Mecklenburg).
Hauswirth Holst, Sahmkow.


Getreide= und Markt=Preise in Lübeck
Weitzen-Taler (Mecklenburg)36 - 50Schilling (Mecklenburg)
Roggen-Taler (Mecklenburg)36 - 38Schilling (Mecklenburg)
Gerste-Taler (Mecklenburg)32 - 34Schilling (Mecklenburg)
HaferTaler (Mecklenburg)26 - 29Schilling (Mecklenburg)
ErbsenTaler (Mecklenburg)36 - 48Schilling (Mecklenburg)
WickenTaler (Mecklenburg)40 - 60Schilling (Mecklenburg)
BuchweizenTaler (Mecklenburg)32 - 40Schilling (Mecklenburg)
Winter=RapsaatTaler (Mecklenburg)19 20Mark (Lübeck)
RübsenTaler (Mecklenburg)19 20Mark (Lübeck)
SchlagleinsaatTaler (Mecklenburg)18 - 19
Butter13Schilling (Mecklenburg)pr.Pfund
Kartoffeln pr. Faß6Schilling (Mecklenburg).


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.


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