No. 44
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 02. November
1860
dreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1860 Nr. 44 Seite 1]

                Auf Befehl hoher Großherzoglicher Landesregierung werden hierdurch sowohl die Zünfte in Schönberg, als alle sonstigen privilegirten und concessionirten Gesellschaften, Vereine und Einwohner des Fürstenthums Ratzeburg, welche unter der Regierung des Hochseligen Großherzogs Georg Königlichen Hoheit mit Privilegien oder Concessionen begnadigt worden sind, angewiesen, diese Urkunden, wes Inhalts und von welcher Art sie sein mögen, bei Verlust ihrer Privilegien und Concessionen, binnen 6 Wochen bei der Großherzoglichen Landvogtei einzureichen, welche dieselben sodann Zwecks ihrer Bestätigung an die Großherzogliche Landesregierung zu Neustrelitz einsenden wird.
                Schönberg, den 22. October 1860.

                          Großherzogl. Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
                          C. L. v. Oertzen.         F. Boccius.


Schönberg 1. Novbr. Nachdem die Deputirten Der hiesigen Hauswirthe, welche gewählt waren, Seiner Königlichen Hoheit dem allerdurchlauchtigsten Großherzog beim Regierungsantritt die Ergebenheit der Ratzeburger Hauswirthe ehrfurchtsvoll zu bezeugen, von Neustrelitz zurückgekehrt waren, hatten dieselben am vergangenen Sonntag hieselbst eine allgemeine Versammlung ihrer Standesgenossen veranlaßt, um denselben im Auftrage Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs die freundlichen Grüße ihres neuen Landesherrn persönlich zu überbringen. Die Hauswirthe waren aus allen Dörfern zahlreich gekommen und gaben durch ungeheuchelten Ausdruck ihrer Freude über die freundliche und gnädige Aufnahme, welche ihre Deputation bei dem geliebten Landesherrn gefunden hatte, einen neuen Beweis der Treue und Anhänglichkeit des Ratzeburgers an das angestammte Fürstenhaus.
Neustrelitz. Das "Correspondenzblatt für die Aerzte im Großherzogthum Mecklenburg=Strelitz" enthält den offiziellen Bericht über die Section unsers hochseligen Großherzogs Georg, so wie die bezügliche Stelle einer am 24. August 1840 niedergeschriebenen letztwilligen Verfügung des nunmehr in Gott ruhenden Allergnädigsten Herrn. Dieselbe lautet: "Ich will geöffnet werden. Ich halte dies aus zwei Gründen für Pflicht; einmal gegen die Lebenden, weil man durch die Section oft Entdeckungen macht, welche zu Fortschritten in der Heilkunde führen, zweitens gegen sich selbst, als das sicherste Mittel nicht lebendig begraben zu werden. Es versteht sich jedoch von selbst, daß die Section nur erfolgen darf, wenn die Kennzeichen des Todes unzweifelhaft erscheinen. Dagegen verlange ich ausdrücklich, daß man nur die Eingeweide und was dazu gerechnet wird, herausnehmen, mein Herz aber und ebenso mein Haupt unberührt lassen soll" etc.- Die Section wurde in Gegenwart des Medicinalraths Dr. W. v. Zehender, von dem Geh. Medicinalrath und Leibarzt Dr. C. L. Köppel. Ober=Medicinalrath Dr. C. Peters und dem Medicinalrath Dr. A. Rudolphi vorgenommen, während Se. Hoheit der Herzog Georg und der Hausmarschall von Dachröden den Act vom Nebenzimmer aus überwacht haben.
- Der 20. October ist eines neuen Oesterreichs Geburtstag. An dem Tage hat Kaiser Franz Joseph, der trotz seiner jungen Jahre schon vieles erlebt hat, ein Manifest an seine Völker erlassen des kurzen Inhalts: es geht so nicht weiter, es muß anders werden! Er gab zugleich ein "Diplom zur Regelung der innern staatsrechtlichen Verhältnisse der Monarchie." Durch dieses Diplom wird der unumschränkte Kaiser ein constitutioneller Fürst. Der Kaiser setzt in ihm als unwiderrufliches Staatsgrundgesetz für sich und seine Nachkommen fest 1) das Recht, Gesetze zu geben, wird künftig vom Kaiser nur unter Mitwirkung der gesetzlichen Landtage, bezüglich des Reichsrathes ausgeübt. 2) Alle dem ganzen Reiche gemeinsamen Gegenstände der Gesetzgebung sollen in und mit dem Reichsrathe verhandelt und erledigt werden. Dahin gehört alles, was Münz=, Geld= und Creditwesen, Zölle, Handel, Post=, Telegraphen=, Eisenbahn= und Militairsachen betrifft, sowie die Einführung neuer Steuern oder Erhöhung alter, Anlehen, Veräußerung von Staatsgütern, Prüfung und Feststellung der Staatsfinanzen. 3) Alle andern Gegenstände der Gesetzgebung werden in und mit den Landtagen der Einzelländer verhandelt; in Ungarn im Sinne der früheren Verfassung, in den andern Provinzen nach den zu gebenden Landesordnungen. Diese Landesordnungen sollen mit thunlichster Beschleunigung veröffentlicht werden. 4) Das kaiserliche Diplom, dieses wichtige Stück Papier, wird in dem Landesarchiv niedergelegt und in die Landesgesetze eingetragen. Jeder Nachfolger des Kaisers hat es bei seiner Thronbesteigung zu unterschreiben und als Landesgesetz neu auszufertigen. - Ungarn wird zufrieden sein, es hat fast alles, was es gewünscht hat, sein Landtag tritt zuerst zusammen und der Kaiser läßt sich als König von Ungarn krönen. - Der gemeinsame Reichsrath wird auf 100 Köpfe verstärkt und die Landtage beschicken ihn. Zum Staatsminister ist Graf Goluchovsky ernannt worden. Der Kaiser unterschrieb Manifest und Diplom und reiste nach Warschau.

[ => Original lesen: 1860 Nr. 44 Seite 2]

- Die O. P. schreibt aus Wien: Oestreich hat auf das Bestimmteste erklärt, daß es sich in keine Verhandlungen mit Piemont, wegen Aufgeben Venetiens einlassen werde; wenn nun gleichfalls vom Cabinet in Turin erklärt wird, daß seine Aufgabe nicht eher erfüllt wird, bis auch Venetien erobert sei, so ist es nur die nothwendigste Vorsicht, wenn Oestreich sich auf einen Angriff von Seiten der Revolution vorbereitet, zumal die Piemontesen nicht gewohnt sind, nur eine Stunde Zeit mit einer Kriegserklärung zu verlieren. Solche Vorsicht liegt aber dem östreichischen Cabinet um so mehr ob, als es sich vorbehalten hat, den Kampf allein ohne alle fremde Unterstützung zu führen, so lange derselbe mit Piemont und mit der Revolution allein geführt wird. Die Behauptung des östreichischen Cabinets, daß es Venetien im Interesse Deutschlands halte, ist vollständig gerechtfertigt; auch das preußische Cabinet erkennt an, daß Venetien bei Oestreich verbleiben muß zum Schutze des südlichen Deutschlands. Welche Stellung Louis Napoleon bei dieser Frage einnehmen wird, ist nachdem bisherigen Verfahren des Pariser Cabinets kaum zu errathen.
- Zwei Namen nennt die östreichische Armee mit hoher Begeisterung. Das sind die Namen Benedek und Erzherzog Albrecht. Die Armee rief nach Benedek, daß er Commandirender in Italien werde, statt seiner wurde Erzherzog Albrecht ernannt. Was that der Erzherzog? Er gab seine Ernennung zurück und bat den Kaiser, Benedek das Oberkommando anzuvertrauen, er selber werde gern unter ihm kommandiren, wenn es zum Kriege komme. Der Kaiser gab nach.
- Die Zusammenkunft der drei Monarchen von Rußland, Oestreich und Preußen in Warschau ist wegen der Nachricht von einer plötzlichen Erkrankung der Kaiserin=Mutter von Rußland und wegen der dadurch veranlaßten schnellen Abreise des Kaisers Alexander nach Petersburg früher beendet, als ursprünglich beabsichtigt war. - Aus Warschau kommt zunächst nichts an die Oeffentlichkeit, als die äußerlichen Dinge. Ueber die Conferenzen der Fürsten und Minister wird grundsätzlich noch Stillschweigen beobachtet.
- Zeit und Wetter begünstigten im südlichen Deutschland die Feier des 18. October. Von den vielen Bergen leuchteten die Freudenfeuer, schallten Lieder und weckten die Erinnerung an eine ernste große Zeit. In Coburg feierten Turnverein und Sängerbund den Gedenktag durch Freudenfeuer, Rede, Gesang, Fackelzug mit Musik durch die Stadt.
- Es circulirt am Rhein eine Carricatur, auf der Napoleon abgebildet ist, wie er mit einem Fernrohr über den Rhein sieht und besorgt über die ungewöhnliche Helligkeit in der Nacht des 18. October ausruft: "O weh, in Deutschland brennts!"
- Vorläufig giebts noch was zu thun für die Piemontesen. König Franz von Neapel gebietet noch über 30,000 Soldaten und die Festungen Capua und Gaeta und wehrt sich seiner Haut. Seine Stellungen sind so stark, daß Victor Emanuel 50,000 Mann zur Belagerung abschicken wird. Bereits ist er mit einem Heere ins Neapolitanische eingezogen und wird nächstens in die Residenz einziehen. - Eine Blokade von Gaeta hat bisjetzt nicht zur Ausführung gebracht werden können, da sie von den Seemächten nicht anerkannt ist. - Louis Napoleon hat auf's neue einen außerordentlichen Gesandten beim König von Neapel beglaubigt.
- Victor Emanuel soll am 28. October in Neapel eingezogen sein; er wird also jetzt seine billigen Siegesfeste feiern und sich dann mit der ganzen Wucht seiner Armee und der italienischen Revolution auf den König von Neapel werfen.
- Hart am Mincio stehen bereits 50,000 Piemontesen, die von Zeit zu Zeit eine Kugel hinüber in das östreichische Gebiet schicken, um die Oestreicher immer wach zu halten. Man meint, daß Piemont seine Streitkräfte an der Minciolinie auf mehrere hunderttausend Mann bringen werde.
- Am 21. October hat die Abstimmung der Neapolitaner stattgefunden. Fast ohne Ausnahme hatten sie auf ihre Stimmzettel geschrieben: Victor Emanuel wollen wir zum König haben, zum König von Italien. Das ist das Ergebniß nicht nur der eintägigen Abstimmung, sondern der jahrelangen geheimen und offenen Kämpfe.
- Ohne Degen und ohne Heer ist General Lamoriciere auf Umwegen nach Rom zurückgekehrt.
- König Franz von Neapel protestirt gegen die widerrechtliche Confiscation des königlichen Vermögens in Neapel. Das Haus Bourbon, heißt es in dem Proteste, hat keine Schätze mit sich genommen, als es die Hauptstadt verließ. Die Mitgift der Mutter des Königs, die Privat=Hinterlassenschaft seines Vaters, die Majorate, die Ersparnisse der Prinzen, alles, woraus das Privatvermögen der königlichen Familie besteht, was ihr die bürgerlichen Gesetze zusichern, ist von der revolutionairen Regierung weggenommen worden.
- Das großherzogliche Stadtgericht zu Warin macht im N. C. bekannt, daß von einem dortigen Briefträger aus Reisetaschen, welche mit der Post dort angekommen sind, 90 verschiedene namentlich aufgeführte Gegenstände entwandt sind, welche die Eigenthümer nach vorgängiger Bescheinigung des Anrechts von obigem Stadtgericht ausgeliefert erhalten können.
- Bei Berlin ist wieder der schreckliche Fall vorgekommen, daß ein Mensch sich auf die Schienen warf, um sich von dem Zuge tödten zu lassen. Es war auf der Berlin=Hamburger Bahn.
- Der Fürsten=Congreß in Warschau setzte auch die Industriellen in Thätigkeit. Für die kaiserlich russische Haushaltung wurde in einer Berliner Porcellan=Handlung ein reich vergoldetes Tafelservice zu 250 Couverts, bestehend aus ungefähr 1300 Stück Tellern, 250 Paar Tassen, 150 diversen Schüsseln, 150 Compotieren und Saladieren etc. bestellt und wurde als Eilgut nach Warschau abgesandt. Der Preis des Service's soll an 3000 Th. betragen.
- Aus Warschau ist eine Anzahl schöner Französinnen ausgewiesen worden, weil sie nebenbei Politik trieben und Berichte über die Stimmung im Lande nach Hause sandten.
- Das Amt des Landes Wursten hat eine Vertilgung der Sperlinge beschlossen. Jeder Hausmann hat zwanzig Sperlingsköpfe oder eben soviele halbe Neugroschen einzuliefern. - Die Verfolgung des zutraulichen Spatzes wird sich bald genug durch vermehrtes Gewürm, Raupen u. dgl. fühlbar machen. In Australien hat man bekanntlich den lebhaften Wunsch, unsern Hausspatz als Insectenvertilger einzubürgern, und hat 70 Thaler für das erste eingeführte Paar ausgelobt.
- Bei der mit Ueberwachung des Ausloosungs=Geschäfts der deutschen National=Lotterie beauftragten kön. Polizei=Direction in Dresden ist ein Gewinn=Gegenstands=Verzeichniß niedergelegt, in welchem alle Gewinnste von Nr. 1-660,000 verzeichnet sind. Die Ausloosung erfolgt dergestalt, daß nur eine einzige Loosnummer gezogen wird. Die gezogene Loosnummer erhält denjenigen Gegenstand, welcher in dem Gewinn=Verzeichnisse unter Nr. 1 aufgeführt ist und bestimmt zugleich die Gewinnste für alle übrigen Loose. Die nach der gezogenen Nummer folgende Loosnummer erhält nämlich den unter Nr. 2 des Verzeichnisses aufgeführten Gewinn und sofort, bis zuletzt der letzte Gewinn unter Nr. 660,000 derjenigen Loosnummer zufällt, welche der gezogenen Einen vorhergeht. Die Gewinnloose sind demnächst in recommandirten Briefen, jedenfalls frankirt, an das Haupt=Büreau der National=Lotterie in Dresden einzusenden, worauf den Gewinnern auf ihre Gefahr und Rechnung die Gewinne übermittelt werden.
- In Frankreich sind die Dorfschulen noch so schlecht, daß die meisten Bauern weder lesen noch schreiben können. Man zählt daselbst gegen viermalhunderttausend Häuser, die keine andere Oeffnung haben, als die Eingangsthür, und an zwei Millionen Häuser, die nur ein einziges Fenster haben.
- Beim Einmarsch in Hessen hatte sich ein junger Offizier vorsichtigerweise mit einigen Bouil=

[ => Original lesen: 1860 Nr. 44 Seite 3]

lontafeln versehen. Er kam eines Tages mit einigen Kameraden auf einem Dorfe in Quartier, wo ihm die Hausbewohner mit der traurigsten Miene versicherten, ihre Vorräthe seien ganz aufgezehrt, sie hätten weder für ihre Gäste, noch für sich selbst ein Bissen zu essen. Thut nichts! tröstete der joviale Officier, so koch ich euch eine Steinsuppe! Er läßt Wasser ans Feuer setzen und sucht vor dem Hause am Bache einen glatten Kieselstein, den er rein abwaschen und in das siedende Wasser werfen läßt. Er selbst rührt fleißig um und läßt unbemerkt eine Bouillontafel in den Topf fallen. Die Suppe wird über Commißbrodschnitte gegossen und zum großen Erstaunen der Soldaten wie der Bauernfamilie trefflich gefunden. Die Hausfrau hatte nach dem Abmarsch der Gäste nichts eiliger zu thun, als den Versuch zu wiederholen; aber die Kieselsuppe will nicht wieder gerathen. Der Kieselstein hatte seine Kraft verloren.


Blondin, der Seiltänzer.

Seinen berühmten Namen hat er erreicht durch oft Ueberschreiten des Niagara=Falles in Amerika. Es wird ihm kein Zweiter nachthun, den gewöhnlich organisirten Menschen schwindelt's schon, wenn er das Stürzen der Wogen sieht und ihren donnernden Fall hört. In Gegenwart des Prinzen von Wales wiederholte Blondin am 15. September d. J. sein Bravourstück. Das Seil streckt sich zwischen zwei der steilsten Klippen ungefähr 230 Fuß über der Tiefe, in welcher die Wasser kochen und brausen und in ungeheurer Schnelligkeit dahinschießen. Zu sehen, wie er sich auf das dünne Seil wagt, in der Mitte Burzelbäume schlägt, auf dem Kopf steht, sich an den Händen hinabhängen läßt oder sich rückwärts überstürzt, ist schon arg genug für nervöse Zuschauer, aber am letzten Sonnabend erbot er sich, einen Mann auf seinem Rücken hinüber zu tragen. Schon die bloße Kraftanstrengung, einen Mann eine halbe englische Meile weit zu tragen, ist nichts geringes, aber nun denke man sich das auf einem straffen dünnen Seil, über einen wirbelnden breiten Strom unter den Füßen, wo eine einzige falsche Bewegung, ein einziges Nervenbeben, ein augenblicklicher Windstoß ihn in einen grausigen Tod hinunterstürzt, so begreift sich's, daß viele Menschen ein solches Wagstück nicht einmal anzusehen vermögen.
Blondin nahm die Sache kühl genug; als der Prinz von Wales, dem er vorgestellt ward, ihm von dem Versuch abrieth, antwortete er, es sei lange nicht so gefährlich, als es aussehe und er könne von dem angekündigten Wagstück nicht mehr zurücktreten. Demgemäß legte er den Kopfschmuck eines Indianerhäuptlings und seine Jacke ab und zog zwei starke Achselbänder über seine breiten muskulösen Schultern, die mit eisernen Haken über seinen Hüften befestigt waren; denn da sollte sein waghalsiger Gefährte die Beine einhängen. Calcourt heißt dieser Mann, welcher, außer seiner Geistesgegenwart und seinem Vertrauen zu Blondin, auch selbst akrobatische Uebung genug besaß, um allein auf dem Seil stehen zu können, so oft Blondin sich ausruhen mußte. Alle Vorbereitungen waren bald getroffen. Blondin stand fest auf dem Seil, und Calcourt, ihn um den Hals fassend, hob sachte erst das eine, dann das andere Bein in die Schlinge, ließ hierauf seine Glieder so frei als möglich schwingen, und der Marsch begann. Bei einer Länge des Seils von fast einer englischen Meile läßt sich dasselbe nicht ganz grade strecken, sondern an beiden Seiten der Klippen, an denen es befestigt ist, senkt es sich schräg herunter und dieser Umstand ließ den Versuch doppelt gefährlich erscheinen; denn während Blondin die Steile des Seiles mit langsamen, vorsichtigen, zitternden Füßen, mit sorgsam zurückgeneigtem Leib, um sich im Gleichgewicht zu halten, hinabging, hielt man sein Nichtausgleiten kaum für möglich. Indessen es gelang, und in ungefähr fünf Minuten erreichte Blondin die Mitte des Seils, wo Calcourt seine Beine sachte aus seinen Schlingen losmachte, sich herunterließ und auf dem Seile stand, während Blondin sich ausruhte. Das Wiederaufsteigen war ein ängstlicher Anblick. Zweimal verfehlte Calcourt die Schlingen und Blondin schwankte beträchtlich unter den auf seinem Rücken stattfindenden Anstrengungen. Endlich jedoch saß der Mann, der Gang wurde fortgesetzt und nach drei weiteren Ruhepausen war das andere Ufer erreicht. Der ganze Uebergang dauerte etwa eine Viertelstunde, Blondin unternahm dann das gleich gefährliche Wagstück, auf drei Fuß hohen Stelzen den Rückweg über das Seil zu machen, und vollführte es schnell und scheinbar leicht.


Anzeigen.


Verkaufsanzeigen.

Holzverkauf.

Am Montag den 5. Nov. sollen unter den bekannten Bedingungen gegen baare Zahlung Morgens 9 Uhr im Samkower Zuschlage:

20 1/2 Faden eichen Kluftholz
meistbietend verkauft werden und wollen sich Käufer am Schlagbaum des Holzes auf dem Lindow=Pogetzer Wege einfinden.
Ferner kommen am selbigen Tage, Nachmittags 1 Uhr im Rünzer Zuschlage zum Aufgebot:
8 1/2 Faden eichen Kluftholz,
8 Faden eichen Knüppelholz und
1 Faden tannen Holz,
wozu sich Käufer am Schlagbaum des Zuschlages zur festgesetzten Zeit versammeln wollen.
Schönberg den 31. October 1860.

                                                    Danckwarth.


Vermischte Anzeigen.

Die zwischen dem 1. April und dem 30. September 1860 versichert gewesenen Mitglieder des Lübecker Feuerversicherungs=Vereins der Landbewohner haben im November d. Js. die Hälfte ihres einfachen Ansatzes (1/2 Simplum) als Beitrag zu bezahlen. - Es contribuiren versichert gewesene 96.108.890 Mark (Lübeck) Courant.
Lübeck, den 15. October 1860.

                          Namens der Direction
                                                    Bruhn,
                                                    Secretair des Vereins.


Da nach dem jetzt angeordneten Verloosungsplan der National=Lotterie keine Gewinnlisten ausgegeben werden können, werde ich Mitte dieses Monats selbst nach Dresden gehen, um die Gewinne in Empfang zu nehmen und mich von deren Richtigkeit zu überzeugen. Ich ersuche deshalb die Inhaber von Schillerloosen, mir solche bald gefälligst gegen Quittung einliefern zu wollen und werde ich denselben demnächst mit den Gewinngegenständen eine in Dresden angefertigte beglaubigte Liste der resp. Nummern präsentiren.
Schönberg den 1. Novbr. 1860.

                                                    Wilh. Heineke.


Deutsche National=Lotterie.

In den letzten Tagen dieses Monats werde ich eine bis dahin bei mir eingegangene Anzahl Loose der deutschen National=Lotterie zur Erhebung der Gewinne nach Dresden senden, und ersuche ich diejenigen meiner Interessenten, sowie Alle, welche diese Gelegenheit mitbenutzen wollen, mir ihre Loose gegen Quittung bis zum 28. Novbr. d. J. einzuliefern.
Die Ankunft der Gewinne wird sofort in diesem Blatte angezeigt, und können dieselben dann gegen Erstattung der geringen Unkosten (Verpackungsgebühren) in Empfang genommen werden.
Lübeck d. 1. Nov. 1860.

                          Johs. John, Aegidienstraße Nr. 696.


[ => Original lesen: 1860 Nr. 44 Seite 4]

Johs. Wencker in Lübeck,
247. obere Glockengießerstraße. 247.
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Die Schlesische Feuer-Versicherungs-Gesellschaft in Breslau,

garantirt mit einem Grundcapital von pr. Ct. Taler (Mecklenburg) 3,000,000.
Prämien=Einnahme für im Jahre 1858 geschlossene Versicherungen in Höhe von 231,386,133 Taler (Mecklenburg), ausschließlich 18,950 Taler (Mecklenburg) für vorausbezahlte mehrjährige Versicherungen pr. Ct. Taler (Mecklenburg) 618,276.
Zinsen=Einnahme Pr. Ct. Taler (Mecklenburg) 26,666.
Gesammt=Reserven Pr. Ct. Taler (Mecklenburg) 150,175.
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Die Gesellschaft versichert Gebäude und bewegliche Gegenstände aller Art.
Die Prämien sind fest und billig; Nachzahlungen sind nie zu leisten.
Die Unterzeichneten sind bevollmächtigt, Versicherungen fest abzuschließen und Policen anzufertigen.
Lübeck 1860.

H. J. Damm,
Haupt=Agent.
  F. A. Schilwe,
Agent.
J. Wendt,
Agent für Schönberg und Umgegend.


Die diesjährige ordentliche Herbstversammlung des landwirthschaftlichen Vereins des Herzogthums Lauenburg findet im Hôtel zum Rathskeller in Ratzeburg am

Mittwoch den 21. November,

Morgens 11 Uhr statt.


Einem verehrlichen hiesigen und auswärtigen Publikum halte ich mein durch bedeutende Einkäufe vergrößertes

Manufactur=Waaren=Geschäft,

bestehend in Tuchen, Düffel, Buckskins und Westen, einer großen Auswahl schöner, echter Cattune von 3 Schilling (Mecklenburg) an, schwarzer und couleurter Orleans und Paramattas, wollener und halbwollener Zeuge, Umschlagtücher in aller Art, wie auch großer seidener Umschlagtücher, 8/4 und 6/4 Seidenzeuge und Atlas, schwarzer und bunter seidener Schürzen, Bänder in aller Art, ferner Kragen, Jacken, Hauben etc. bestens empfohlen und gebe ich die billigsten Preise.

Schönberg.                                                      Heinrich Creutzfeldt,
Siemzerstraße.


U. Beermann &. Co.,
Lübeck, Klingberg 927.,
empfehlen außer ihrem reichhaltigen Lager von
Manufactur=Waaren
eine sehr bedeutende Auswahl der neuesten
Herbst= und Wintermäntel.


Das von mir als Meisterstück angefertigte Mahagony Cylinder=Büreau beabsichtige ich am Sonntag den 9. December, Nachmittags 3 Uhr, im Saale des Herrn Gastwirth Boye zu verloosen und sind Loose daselbst zu haben, die ich einem geehrten Publikum bestens empfohlen halte. - Das Loos kostet 16 Schilling (Mecklenburg).

                                                    J. Grevsmühl, Tischlermeister.

Schönberg November 1860.


Hieselbst als Sattlermeister etablirt, empfehle ich mich den geehrten Bewohnern des Fürstenthums zur Anfertigung aller in mein Fach gehörender Gegenstände bestens, indem ich billige und prompte Bedienung verspreche.
Thandorf den 14. October 1860.

                                                    H. J. Holst, Sattlermeister.


Cementtröge

sind vorräthig und werden auf Verlangen in allen Größen angefertigt von

Grieben.                                                      J. Lenschow,
    Maurergeselle.


Hieselbst als Schneidermeister etablirt, empfehle ich mich dem geehrten hiesigen und auswärtigem Publikum, indem ich gute und billige Arbeit verspreche.

Schönberg.                                                      H. Dähling,
    Schneidermeister.


Am 30. October Morgens ist vor Kl. Siemz auf der Schönberger Chaussee ein Packet Zeug in ein Tuch gebunden, gefunden, das der rechtmäßige Eigenthümer bei mir gegen die Insertionskosten wieder erhalten kann.

                          Maurergeselle Müller in Niendorf.


Bei Strafe gerichtlicher Ahndung verbieten wir hierdurch den Schleichsteig über unsere Ackerstücke, von dem neuen Kirchhof bis zu der Küsterkoppel.

Selmsdorf.                                                      Bäckermeister Lenschow.
Hauswirth Klüßmann.
Wittwe Lohse.


Der Fußsteig über unsere Feldmark bei Ziethen, neben der Ratzeburger Chaussee, soll hiermit bei Strafe gerichtlicher Ahndung aufgehoben sein.

  Schulze Hauschild
Hausw. Lange
Hausw. Murjan
} in Ziethen.


Kirchliche Nachrichten.

Schönberger Gemeinde.

In der Woche vom 25. Oct. bis 1. Nov.

Geboren: D. 28. dem Schustermeister Schmalfeld in Schönberg ein S. - D. 29. dem Arbm. Lüth in Lockwisch eine T. - 2 unehel. Kinder.
Gestorben: D. 25. Else Lenschow, Hauswirthin in Rupensdorf, 57 3/4 J. alt. - D. 31. Heinrich Eckmann, Schustermeister vor Schönberg, 61 J. 2 M. a. - D. 1. Nov. Bernhard Hecht, Nagelschmiedsohn in Schönberg.
Copulirt: D. 26. Johann P. H. Boye, Arbm. hies. und Cath. Marg. Lüth zu Kl. Siemz. - D. 29. Johann H. A. Franck, Arbm. hies. und Cathar. Rentzow, Schulzenwittwe aus Grieben.

Anzeige.

Sonntag, den 22. nach Trinitatis: Reformationsfest. Collekte für die Bibelgesellschaft.


Getreide und Markt=Preise in Lübeck
am 31. October 1860.

Weizen 1 Taler (Mecklenburg) 20-34 Taler (Mecklenburg),     Wicken - Taler (Mecklenburg) - - - Schilling (Mecklenburg),
Roggen 1 Taler (Mecklenburg)   6-12 Schilling (Mecklenburg),     Buchweizen - Taler (Mecklenburg) 40-46 Schilling (Mecklenburg),
Gerste 1 Taler (Mecklenburg)   2-  6 Schilling (Mecklenburg),     Winter=Rapsaat 22-23 Mark (Lübeck)
Hafer - Taler (Mecklenburg) 32-40 Schilling (Mecklenburg),     Rübsen 21-22 Mark (Lübeck)
Erbsen 1 Taler (Mecklenburg)   8-18 Schilling (Mecklenburg)     Schlagleinsaat 17-18 Mark (Lübeck)
Butter 12 Schilling (Mecklenburg) pr. Pfund.     Kartoffeln, d. Faß 6 u. 7 Schilling (Mecklenburg).


Redaktion, Druck und Verlag von L. Bicker.


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