No. 32
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 09. August
1839
neunter Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1839 Nr. 32 Seite 1]
Zum Geburtstage
Sr. Königlichen Hoheit
des Allerdurchlauchtigsten Großherzogs und Herrn,
Herrn Georg,
von Mecklenburg=Strelitz.
Den 12. August.
Schwebe freundlich herauf, lieblichen Glanzes, und
Schmücke, Helios! auch, heute den großen Tag.
        Voll der innigen Freude
                Athmet höher das Menschenherz.
Kehrt doch wieder der Tag himmlischer Tage Zahl,
Hebend stolzer die Brust jedes Getreuen beim
        Hinblick auf die erhab'ne,
                Beste Zierde der Wenden=Kron'
Trugen Engelein doch heute Ihn einst ans Licht,
Ihn, den nennet der Mund: Fürsten, Regierer, Herrn!
        Ihn den Vater, Beschützer
                Nennt, und Freund, die erglüh'nde Brust!
Was uns Klio, Euterp' Harmonisches verlieh'n,
Ehrfurchtsvoll sey's gebracht, des Innern Wiederhall,
        Dir, dem Theuren, Geliebten,
                Auf der Wenden ergrau'tem Thron'!
Nimm entgegen mit Huld, unseres Herzens Wunsch,
Und genieße noch viel ächter Freuden, noch viel,
        Die der Seele Adel, und
                Ruhm, der Tugend Begleiter, gewährt!
Lange weile bei uns! dann dringt die Botschaft von
Unserm Glück' in die Fern'. Dankend wird preisen noch
        Auf den heimischen Fluren
                Später Enkel Gedächtniß Dein Lob!!
L. H.


[ => Original lesen: 1839 Nr. 32 Seite 2]

Vermischte Anzeigen.

        200 Taler (Mecklenburg) N 2/3. Kirchengeld, sind zum nächsten Michaelis=Termin gegen sichere Hypothek zu 4 p.C. jährl. Zinse zu verleihen.
    Selmsdorf den 31. Juli 1839.

Rußwurm, Pastor.        


        Eine bedeutende Anzahl hellbraune, so wie mehrere schwarze Hannoversche Race=Füllen, von vorzüglichen Hengsten und Stuten gefallen, sind von mir in der Gegend bey Winsen a. d. Luhe gekauft, und treffen am 12. Septbr. d. J. bey mir ein, wozu ich Käufer gehorsamst einlade.
  Stove den 1. August 1839.

Fock.        


        Ein sehr guter Stuhlwagen mit Korb und 2 Stühlen nebst Chaise, soll wegen Mangel an Platz billig verkauft werden. Bei wem? dieses erfährt man in der Expedition dieses Blattes. Auf Verlangen wird der Wagen auch ohne Chaise verkauft.


        Um Unordnungen zu verhüten, sehen wir uns zu der Anzeige veranlaßt, daß auf dem Kamp, von welchem das Korn eingefahren wird, nicht früher Aehren gesammelt werden dürfen, bis derselbe leer ist.
        Schönberg, den 1. August 1839.

Die Bauleute hieselbst.      


Die Branntweinspest.

[Erzählung.]

(Beschluß.)

[ => Original lesen: 1839 Nr. 32 Seite 3]

Die Branntweinspest.

[Erzählung.]


Vermischtes.

          Am ersten Weihnachtsfeiertage wurde in Koblenz eine acht und achtzigjährige Frau verhaftet, weil sie an der Kirchthüre einen Skandal gemacht, einem, jungen Springinsfeld eine Ohrfeige gegeben und ihm nachgerufen hatte: "Undankbarer Schlingel hätte ich Dich doch umkommen lassen!" Vor dem Gerichtskommissair gebracht, fragte er sie: wer sie sei? Die Alte: Amme. Commissair (lachend): Wie alt? Die Alte: 88 Jahre! Commissair: Und Amme? Die Alte: Allerdings, und Säugamme noch dazu! Commissair: Ihr seid toll' Die Alte: Keinesweges! Ich pflege die Kinder besser als alle junge Ammen. Mittels dieses Glases flöße ich den kleinsten Kindern gesunde nahrhafte Milch ein: Nie wird mein Zorn ihnen schädlich, nie, wenn ich krank und leidend werde, meine Milch verderblich. So bin ich Amme in Koblenz, seit 68 Jahren und Ihr selbst, Herr Commissair, waret mein Säugling. Commissair: Da muß ich ja recht dankbar sein. Die Alte: das wäre gut, darum entlaßt mich. Der Commissair: Vorerst eine Frage: Warum beschimpftet Ihr einen jungen Menschen, der, wie ich weiß, aus einem guten Hause ist? Die Alte. Ich war seine Amme bis in sein 17. Jahr. Seine fortwährende Kränklichkeit und noch mehr die Aengstlichkeit seiner Mutter erlaubten nicht, ihn früher zu entwöhnen. Nun ist die Mutter todt, der Bursche sich selbst überlassen. Seit zwei Jahren ist seine Amme der Sonnenwirth. Statt meiner Milch säuft er Rheinwein und geht zu Grunde. Ich warnte ihn längst, da kam er mir heute, an dem heiligen Tage, vor Tische, und betrunken vor die Augen; nie hat er bei mir einen Rausch bekommen: da gab ich ihm eine Ohrfeige, seine seelige Mutter hatte dies auch gethan. Das Uebrige wißt Ihr ohnehin, Herr Commissair. Der Commissair konnte die alte Amme nicht bestrafen, er beschenkte sie noch und entließ sie. Die Geschichte ist buchstäblich wahr.


          Neulich wurden zwei Männer an einer der Barieren von Paris angehalten, die ein köstliches Mittel zum Tabacksschmuggeln ausgesonnen hatten. Sie hatten nämlich aus einer bedeutenden Anzahl von Carotten die Figur einer menschlichen Gestalt gemacht, dieselbe von Kopf bis zu den Füßen mit Schuhen, Pantalons, Weste und Rock bekleidet, und einen weiten Mantel darüber geworfen. Gesicht und Hände waren aus Wachs naturgetreu nachgemacht; eine Perücke und ein Hut machten den Anzug vollständig. Sie trugen diese Figur, als wollten sie einen Epileptischen, der eben einen Anfall bekommen hatte, zu Hause bringen.


          Ein merkwürdiger Fall hat sich kürzlich in Ungarn zugetragen. Man war auf einer Bärenjagd begriffen, und mit großer Mühe war es den Jägern gelungen, eine alte wüthende Bärenmutter zu erlegen. Kaum lag sie auf der Erde ausgestreckt, als ein junges Mädchen von ungefähr zwölf Jahren hinter einem Busche hervorgesprungen kam, und sich auf das sterbende Thier mit jämmerlichen Geheul stürzte. - Nach vielen Anstrengungen gelang es endlich, vermittelst Seilen und Schlingen, auch dieser wilden Kleinen habhaft zu werden. Die angestellten Nachforschungen ergaben, daß vor ungefähr zwölf Jahren einer Bäuerin ein kleines Kind abhanden gekommen wäre, ohne jemals erfahren zu können, was aus ihm geworden sei. Eine gewisse Comtesse Erdoldi nahm sich des Mädchens an und giebt ihm vor der Hand Wurzeln, Honig und rohes Fleisch zur Nahrung, und man ist sehr neugierig zu erfahren, ob dieses Kind, wenn es einige Erziehung genossen und sein Verstand sich entwickelt hat, sich von seiner ersten Lage erinnern, und was es davon erzählen wird.


          In Presburg lebt ein armer Handelsmann, Namens Joseph Rothschild. Sein Weib war der Entbindung nahe, und in der armen Wirthschaft fehlte es überall. Der Mann, so fleißig und un=

[ => Original lesen: 1839 Nr. 32 Seite 4]

ermüdet er auch war, vermochte mit seinem kleinen Handel doch kaum die allernothwendigsten Bedürfniße herbeizuschaffen. Da die Zeit der Entbindung seiner Frau immer näher und näher rückte, so entschloß er sich, nach Wien zu reisen, um bei einigen Landsleuten, die dort etablirt waren, Waaren auf Credit zu erhalten. - Kaum gingen ein Paar Tage nach der Abreise Joseph's vorüber, so genaß sein Weib eines gesunden Knaben. - Mit diesem Haussegen wuchs die Noth der armen Mutter auf's Aeußerste. In dieser Verzweiflung schrieb sie den kläglichen Zustand, in welchem sie sich befand, ihrem Mann, und bat ihn flehentlich, nach Hause zu kommen; da sie aber die Adresse ihres Mannes nicht kannte, schrieb sie geradezu: "an Joseph Rothschild in Wien," hoffend, ihr Mann werde den Brief erhalten. - Der Zufall der schon so viele Freuden gestört und eben so viele Leiden gehoben hat, erschien auch hier als Vermittler; der Brief kam in das Fach des berühmten Banquiers Herrn von Rothschild. - Dieser las die Klagen des armen Weibes, sandte ungesäumt 100 Fl. C. M. der Wöchnerin und ließ den Mann Namens Joseph Rothschild, in Wien aufsuchen. Bald war er gefunden. Der arme Handelsmann war nicht wenig erschrocken, als man ihn zu dem ihm unbekannten Namensvetter brachte. Der Banquier empfing denselben mit edler Leutseligkeit, indem er ihm zu der Geburt seines Sohnes Glück wünschte. Natürlich mußte der arme Mann immer mehr in Verlegenheit gerathen. - "Da Ihr denn doch einen Gevatter braucht, so nehmt mich als solchen, die Sorge für die Zukunft des kleinen Weltbürgern sei mir überlassen," sprach lächelnd der edle Menschenfreund, und reichte den Brief von Joseph's Frau sammt einem ansehnlichen Geschenke dem überraschten Glücklichen. - Diese einfache buchstäblich wahre Begebenheit soll keine Lobhudelfeier des allgemein geachteten Banquiers sein, denn über solche ist ein Mann erhaben, der seit seinem Aufenthalte in Wien unzählige Beispiele seines edlen Wohlthätigkeitsinnes aufzuweisen hat, und dem Wohlthun ein Bedürfniß ist. Es ist vielmehr der Zufall zu bewundern, der so ungesucht eine arme Familie glücklich gemacht hat."


Neue deutsche Sprüchwörter.

          Tugend. Wenn die Sonne den Schein verliert, verliert sie genug. - Tugend und Schönheit sind Schwestern. - Wer dem Bösen nur einmal die Thür weis't, bei dem klopft es so leicht nicht wieder an. - Wenn man auch die Tugend kreuzigt, sie steht nach dreien Tagen wieder auf.

          Undank. Wo der Undank bläst, fühlt man den Nordwind nicht. - Je besser das Mahl, desto eher ist der Wirth vergessen.

          Ungenügsamkeit. Wem man zweimal giebt, der fordert. - Wer alles will, drückt Nichts an die Brust.

          Unsterblichkeit (vergeltende). Wer nackt absegelt, kommt nackt an.

          Vergnügen. Wer die Freude nicht beim rechten Krämer kauft, bekommt daß Elend als Zugabe.


Brodt=Taxe der Stadt Schönberg

für den Monat August 1839.

Weitzen=Brodt mit dem Aufbrodt auf einen Schilling eines halben Dreilings werth, soll wägen: Pfd. Loth. Qt.
ein zwei Schillings=Strumpf - 28 -
ein Schillings=Strumpf - 14 -
ein Sechslings=Semmel - 7 -
ein Dreilings=Semmel - 3 2
Rogken=Brodt von gebeuteltem Mehl, mit dem Aufbrodt auf einen Schilling eines halben Dreilings werth, soll wägen:
ein 4 Schillings=Brodt 3 26 -
ein 2 Schillings=Brodt 1 29 -
ein Schillings=Brodt - 30 2
ein Sechslings=Brodt - 15 1
Grob Hausbacken=Brodt ohne Aufbrodt:
ein 4 Schilling=Brodt 5 28 -
ein 2 Schillings=Brodt 2 30 -
ein Schillings=Brodt 1 15 -
ein Brodt zu 10   -
          soll kosten 6 3/4 Schillinge.

Bürgermeister und Rath.    


Getraide=Preise in Lübeck
vom 6. August.
Taler (Mecklenburg)
Waitzen, Mecklenburger und Holsteiner 136
Roggen, Mecklenburger und Holsteiner 72
              Petersburger 90
Gerste, Mecklenburger und Holsteiner 62
Hafer,   Mecklenburger und Holsteiner 56
Erbsen, Brecherbsen 70
             Futtererbsen -
Wicken -
Buchweitzen -
Winter=Rapsaat die Tonne 15 Mark (Lübeck)
Sommer=Rapsaat -
Schlagleinsaat 12


Gedruckt und verlegt von L. Bicker.


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