No. 30
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 24. Juli
1835
fünfter Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1835 Nr. 30 Seite 1]

Vorladungen.

         Alle diejenigen, welche an den pro prodigo erklärten und dem gemäß der eigenen Verwaltung seines Vermögens entsetzten Hauswirth Hinrich Murjahn zu Ziethen und sein Vermögen Ansprüche und Forderungen, aus welchem Rechtsgrunde es sein möge, zu haben vermeinen, werden, zwecks Erforschung des Schulden=Zustandes desselben, auf Antrag der ihm zugeordneten Curatoren, hiermit peremtorisch aufgefordert, solche ihre An= und Zusprüche in dem auf

den 31sten August dieses Jahres,
Morgens 10 Uhr angesetzten Liquidations=Termine, bei Vermeidung des Ausschlusses und der Abweisung für immer, anzumelden und zu bescheinigen.
    Decretum Schönberg den 24. Juni 1835.

             Justiz=Amt der Landvogtei des Für=
(L. S.)                                              stenthums Ratzeburg.
        Karsten.         Reinhold.


         In Folge Antrages des Haupt=Erben der, hieselbst am 18ten Mai d. J. mit Hinterlassung eines Testamentes verstorbenen Madame Sophia Maria, verwittwete Hoyer, gebornen Rossau, - Herr Cämmerarius J. M. Lübcke hieselbst, werden hiemittelst alle diejenigen, welche Forderungen und Ansprüche an den Nachlaß Defunctae zu haben glauben, geladen, ihre etwanigen Ansprüche in dem, auf

den 29. August 1835, Morgens 11 Uhr,
angesetzten Termine, auf dem Stadthause vor uns, sub poena praeclusionis pro omni, anzumelden und gehörig zu bescheinigen.
    Rehna den 29. Mai 1835.

Bürgermeister, Gericht und Rath.      


         Da zur Anmeldung und sofortigen Rechtfertigung aller etwanigen Ansprüche und Forderungen an die Person und das Vermögen des hiesigen Ackermannes Rasch ein peremtorischer Termin auf

den 9ten September d. J.
Morgens 11 Uhr vor dem hiesigen Großherzoglichen

[ => Original lesen: 1835 Nr. 30 Seite 2]

Stadt=Gerichte sub praejudicio pro omni praeclusionis anberahmt ist, so wird solches mit Bezug auf das den Landes=Intelligenzblättern in extenso inserirte proclama hiedurch noch weiter bekannt gemacht.
    Grevesmühlen den 30sten Mai 1835.

Großherzogliches Stadt=Gericht.      


Verkaufs=Anzeigen.

Extract.

         Das Wohnhaus nebst Garten des hiesigen Tischlers und Leimsieders Bassel soll in vim executionis

am 24sten Juli d. J.
öffentlich meistbietend verkauft werden.
    Auch ist zur Liquidation und Justification aller Real=Ansprüche an jenes Haus c. pert. Terminum auf
den 24sten August d. J.
sub poena praeclusionis praefigirt.
    Rehna den 26sten Mai 1835.

Großherzogliches Stadt=Gericht.      


Gemälde von London.

          Das unermeßliche London mit seinen ungeheuern Hülfsquellen und Mitteln, ist die Hauptstadt der Handelswelt, der Mittelpunkt der europäischen Industrie und aller Verbindung zwischen den verschiedenen und entlegensten Theilen der Erde; sie übertrifft an Einwohnerzahl einige europäische Königreiche, und ist der Sitz unermeßlicher Reichthümer und der tiefsten Armuth, der üppigsten Schwelgerei und des grellsten menschlichen Elends, welches von Verworfenheit lebt; mit einem Wort London ist eine Welt im Kleinen, wo Alles angetroffen wird, was die Welt überhaupt nur darbietet.
          Der Ursprung und das Alter Londons ist in Dunkel gehüllt. Cäsar gedenkt der Stadt bereits als eines alten Sitzes der Briten. Zuerst erwähnt der römische Geschichtschreiber Tacitus ihrer im Jahre 61, und ihr Umfang unter den Römern scheint sich etwa eine Viertelstunde längs dem nördlichen Ufer der Themse ausgedehnt zu haben. Konstantin oder Theodosius umgab sie mit Mauern, 22 Fuß hoch, und mit 15 Thürmen, von denen noch Reste zu sehen sind. Unter dem angelsächsischen Könige Egbert war London so emporgewachsen, daß im Jahre 833 hier eine Volksversammlung gehalten ward; 884 begründete König Alfred die Gemeindeverfassung der Stadt; 1066 besetzte sie Wilhelm der Eroberer, und seitdem erst kann London als die Hauptstadt Englands angesehen werden. Im J. 1258 starben schon in London 20,000 Menschen Hungers, 1348 aber 30,000 an der Pest; 1542 begann man die Straßen zu pflastern, aber noch unter der Königin Elisabeth beschränkte sich jedoch ihr Umfang auf die Altstadt (City) und diese bestand zum Theil noch aus Gärten. Im Kriege mit Spanien stellte London ein Heer von 20,000 Mann und 38 Kriegsschiffe. Während des Bürgerkriegs im 17. Jahrhundert umgab man die Stadt mit Festungswerken, die seitdem aber gänzlich verschwunden sind. Der große Brand von 1666 verheerte 400 Straßen mit 13,200 Häusern der City, die seit dieser Zeit gesünder und regelmäßiger wieder aufgebaut wurde; zugleich verschwand die Pest auf immer, welcher noch ein Jahr vorher 68,000 Menschen als Opfer gefallen waren. Seit dieser Zeit wuchs London nach allen Richtungen hin. Zu Ende des 17. Jahrhunderts zählte London kaum die Hälfte der jetzigen Einwohnerzahl und nahm etwa den dritten Theil seines heutigen Umfangs ein; 1801 hatte es 900,000 1812 aber 1,050,000 Einwohner und gegenwärtig 1,500,000, worunter stets an 50,000 Fremde. Die schönsten Ansichtspunkte für die Stadt gewähren an den wenigen ganz heitern Tagen, welche London zählt, die Hampstead=Haide im Westen, Greenwich und Puttney im Osten, vor allen aber der Primrose=Hügel im Norden der Stadt. Von hier aus gesehen, steigen die Thurmspitzen der 500 Kirchen und des Tower, vermischt mit den Masten von mehr als 1000 Seeschiffen, welche in ihren Häfen und Docks liegen, malerisch über die Nebelflut empor, welche die Häusermassen fast immer bedeckt und die das Auge selbst am heitersten Sonnentage nie ganz durchdringt, und der ungeheure Park, welcher London südwärts und westwärts umschließt, begrenzt das Bild mit seinen dichten, grünen Schatten. Nicht minder großartig erscheint London von dem Mittelpunkte seiner Brücken betrachtet. Zwar fehlen hier die gewühlvollen Quais, welche die Flußansichten von Paris so reizend machen; aber das Bild ersetzt durch Größe,

[ => Original lesen: 1835 Nr. 30 Seite 3]

was ihm in Vergleichung mit der Ansicht vom Pont des arts in Paris an Reiz und Abwechselung fehlen mag, und die kühne Ueberwölbung eines Flußspiegels von 1250 Fuß Breite durch sechs Brücken schließt selbst jede Vergleichung dieser verschiedenen Gemälde unter sich aus.
          London liegt etwa 14 M. von der Seeküste an der Themse, welche noch weiter hinauf Ebbe und Flut hat, auf einer sanften Anhöhe an der Nordseite des Flusses und mit dem kleinern Theile an dessen Südseite, auf einem lehmigen Sandboden, der, überall an Ziegelerde reich, den schnellen Anwuchs der Stadt sehr begünstigt hat. Das Klima ist mild und gesund. Die Themse, im Durchschnitt 1250 Fuß breit und etwa 12 Fuß tief, gewährt der Stadt nicht nur alle Hülfsmittel einer Seestadt, da sie die größten Seeschiffe zu ihr hinaufführt, sondern sie hat im Ganzen genommen auch ihre Gestalt und ihre Bauart bestimmt. Am nördlichen Ufer (Midlesex) folgen die Straßen der Stadt der Biegung des Flusses amphithetralisch von Osten nach Westen. Das südliche Ufer (Surrey), ursprünglich ein Sumpf, ist flach und stellt eine Häusermasse von etwa 1 1/2 M. in der Länge , von Devtford bis Vauxhall, dar. Da London weder Mauern noch Thore, noch irgend ein anderes Begrenzungszeichen hat und nur nach Kirchspielen sich eintheilt, so ist es schwer, seine Ausdehnung und seine Bevölkerung genau anzugeben. Die drei Städte, welche London bilden, und die Vorstädte, sonst Dörfer, die man jetzt dazu rechnet, nehmen jedoch von Knightsbridge bis Poplar eine Ausdehnung von mehr als anderthalb Meilen in der Länge und von Newington=butts bis Islington eine Breite von einer Meile ein; der Umfang nach diesen Durchschnittslinien beträgt fast sieben Meilen. Streng genommen besteht London aus einer Stadt (London), einem Marktflecken, Westminster, einem Burgflecken, Southwark, und 45 Dörfern, die nach und nach darin aufgingen.
          Unabhängig von dieser politischen Eintheilung zerfällt London in sittlicher und gesellschaftlicher Beziehung gleichsam in fünf verschiedene Städte. Das Westende der Stadt, aus den schönsten Plätzen und Straßen bestehend, ist die Residenz des Hofes, des Adels, der Sitz der gesellschaftlichen Verfeinerung, der Pracht, des Reichthums, der elegantesten Läden, kurz die Hauptstadt der Mode und des Glanzes. Die City (eigentliche Stadt London) ist der Mittelpunkt der Handelswelt, der Geschäfte aller Art, der Geldmarkt, die Residenz der großen Kaufherren, der städtischen Behörden und der Magazine. Das Ostende der Stadt und seine Bewohner widmen ihr Leben dem Handel. Hier sind die Schiffswerfte, die ungeheuern Docks und Waarenlager jeder Art; hier ist die Residenz der Matrosen und der Gauner, das Nachtlager der Sünde in unerleuchteten Gassen. Southwark, am Südufer der Themse, gleicht einigermaßen dem östlichen Stadttheile, vorzüglich aber ist es der Sitz der Manufacturen und Fabriken. Auch minder zarten Nerven sind der üble Geruch, der Rauch und das Getöse dieses Stadttheils nichts weniger als angenehm. In Westminster sind die Sitze der gesetzgebenden Behörden, die hohen Gerichtshöfe, die Wohnungen der Hofleute, der Gelehrten und Beamten. Zu diesen tritt in neuester Zeit eine sechste Stadt, im Norden von Holborn und im Süden von Summerstown, hinzu, die Viertel von Paddington und Mary=le=Bone, eine Stadt, fast ganz aus Palästen bestehend, auf Speculation erbaut und zum Theil noch unbewohnt, nebst Sommersitzen reicherer Bürger, die in der schönen Jahreszeit die Stadt verlassen. Staunenswerth ist das schnelle Anwachsen der Stadt seit dem Frieden von 1815, und noch jetzt erinnern sich Viele der glänzenden Stadttheile von Vincent=Square, Russel= und Brunswick=Square als eines Sumpfes oder als Kornfelder. Der heutige Mittelpunkt der Stadt, Charing=Cross, war vor hundert Jahren ein Dorf, Charing.
          London zählt jetzt 8191 Straßen, zum Theil von sehr bedeutender Länge, 75 große Plätze, 34 Märkte, 500 Kirchen (deren unter Georg I. 50 auf einmal gebaut wurden), 95 Armenhäuser, 24 Hospitäler, 4100 Erziehungsanstalten, 1000 Buch= und Musikhandlungen, 180 Druckereien, 9000 Kaffee= und Gasthäuser, 5210 Bierbrauereien 250,000 Häuser. Auf der Nordseite theilt sich diese Häusermasse in drei große Gruppen. Die erste derselben schließt, von St.=James' Palast an, Pallmall, den Strand, Fleetstreet, St.=Paul, Watting, Cannonstreet, Eastcheap und den Tower ein. Alle Querstraßen, die von dieser langen Häuserreihe zum Flusse hinabführen, sind kurz. Nördlich von dieser Linie bildet die große Oxfordstraße. Holborn, Skinnerstreet, Newgate, Cheapside, Cornhill, Leadenhall und Whitechapel eine zweite äußere Linie, fast schnurgrade, anderthalb Meilen lang und in keinem Theile von der innern Linie weit entlegen, da alle Querstraßen zwischen beiden

[ => Original lesen: 1835 Nr. 30 Seite 4]

auch nur kurz sind. Ueber diesen beiden Parallellinien dehnen sich gegen Norden längere Querstraßen ins Freie hinaus. Weniger regelmäßig zeigen sich die Surreyseite und das Ostende. Die längste Straße Londons ist Commercial Road, 5280 Ellen lang. Dann folgt die schöne und schnurgrade, mit Trottoirs eingefaßte Oxfordstraße von 2304 Ellen. Eine der schönsten ist Regent'sstreet. Das Pflaster Londons, zum größten Theil aus Quadern bestehend und fast durchgängig mit erhöhten Fußsteigen von schottischem Granit, ist ungemein schön. Diese Sonderung der Pfade für Fußgänger von den Fahrwegen erscheint als ein dringendes Bedürfniß in den Stadtvierteln, welche, wie der Strand, Bondstreet und die City, einem stets gewühlvollen Markte gleichen und wo die Fußgänger ohne Zwischenraum sich Fuß an Fuß folgen, sodaß man von einem Fremden erzählt, der einen ganzen Tag an der Ecke von Bondstreet stillstand, um das Ende des Auflaufs abzuwarten. Fast alle Straßen sind jetzt mit Gas erleuchtet, und zwar in sehr freigebigem Maße. Bei allen diesen Vorzügen jedoch wird der an stille Pracht der schönen Städte Italiens, Florenz, Pisa, Rom, Venedig, gewohnte Geist sich schwer entschließen, London eine schöne Stadt zu nennen. Die vorherrschende Einförmigkeit unabsehbarer Reihen von Häusern, aus Ziegeln erbaut, nach einem Plan angelegt, ohne Abputz und Verzierung, und jedes dem andern ziemlich gleich, kann den Eindruck der Schönheit nicht geben. Die Mehrzahl dieser Häuser, dreistöckig, unten in Läden sich öffnend, schmal, nur drei, höchstens vier Fenster breit, mit verstecktem Dach, zuweilen mit einem schmalen Balcon, zur Gewinnung eines hier stets kargen Lichtes fast ganz aus Fensterscheiben bestehend, wie sie die City, der Strand und die Themsestraßen darstellen, hat keinen Anspruch auf Schönheit oder Dauer; ja sie scheint wie absichtlich nur für ein Menschenalter gebaut. Nicht das Ganze, sondern nur das Einzelne unter den Gebäuden Londons kann daher schön sein, und solche einzelne, anziehende, von Quadern und im großen Styl erbaute Paläste, Kirchen u.s.w. finden sich allerdings viele in London. Bequemlichkeit ist überhaupt nicht eben Schönheit, der Zielpunkt der englischen Bauherren und bequemer als in einem römischen Palaste, oder selbst in einem französischen Staatsgebäude, wohnt es sich allerdings in einem londoner Bürgerhause. An äußerm Glanze sind die Läden Londons unvergleichlich und die in Paris dagegen nur ärmlich und klein. Am glänzendsten zeigt sich London dem erstaunten Auge Abends, wenn alle Läden glänzend, fast feenhaft erleuchtet sind, prachtvolle Wagen ihre Besitzer zu den eröffneten Gesellschaftssälen bringen, mehre hundert Wagen aller Art aus den innern Theilen der Stadt nach geschlossenen Geschäften, meist mit vier schönen Rossen bespannt, dahinjagen und auf den Trottoirs des Strandes die schöne Welt auf= und abwogt. Eine unabsehbare Kette schwebender Feuer erleuchtet dann die langen und gewühlvollen Straßen; hier stellen von Licht strahlende Kaufläden ihre Pracht aus; dort spiegelt der in große Flaschen gefüllte, purpurfarbig, violett und blau gefärbte Spiritus vor den Fenstern der Apothekerläden seinen Wiederschein weithin auf dem Pflaster ab, und in der Luft erheben sich, gleich ebenso vielen Leuchtthürmen, die erleuchteten Kuppeln und Zifferblätter der Kirchen. Das Gewühl, das Rufen, der Lärm der Volksmenge, das Geräusch so vieler Kutschen und Carossen, die gellende Stimme der Ausrufer, der Balladensänger, der Ton ihrer Instrumente, ein nie endendes Glockengeläute dazwischen und diese wogende Bewegung durch diese nächtliche Pracht: all dies betäubt und entzückt uns wie eine Erscheinung aus der Märchenwelt. Verlassen wir London plötzlich mit diesem Eindruck in der Seele, so erscheint uns Alles, wohin wir auch versetzt würden, klein, ärmlich und gering.

(Der Beschluß folgt.)


Getraide=Preise in Lübeck
vom 21. Juli.
Taler (Mecklenburg)
Waitzen, Mecklenburger und Holsteiner 74
Roggen, Mecklenburger und Holsteiner 68
              Petersburger 66
Gerste, Mecklenburger und Holsteiner 48
Hafer,   Mecklenburger und Holsteiner 46
Erbsen, Brecherbsen 64
             Futtererbsen -
Wicken -
Buchweitzen -
Winter=Rapsaat die Tonne - Mark (Lübeck)
Sommer=Rapsaat -
Schlagleinsaat 16


Gedruckt und verlegt von L. Bicker.


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