No. 101
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 25. Dezember
1894
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1894 Nr. 101 Seite 1]

        In Gemäßheit des § 13 der Verordnung vom 9. December 1876, betr. die Musterung und Aushebung der Mobilmachungspferde, wird hierdurch bekannt gemacht, daß im Aushebungsbezirke des hiesigen Fürstenthums auf den Zeitraum der Jahre 1895 bis 1900 incl. zu Mitgliedern der Districtsvorstände resp. deren Stellvertretern bestellt sind:

1. im Musterungsdistrict der Stadt Schönberg.
Dirigent.            Stellvertreter.
Bezirksthierarzt Reimer=Schönberg.            Thierarzt Schmidt=Schönberg.
Vorstandsmitglieder.           
Ackerbürger Peter Burmeister=Schönberg.            Ackerbürger J. Boye=Schönberg.
Pferdehändler J. Kniep=Schönberg.            Ackerbürger Böckmann=Schönberg.
2. im Musterungsdistrict der Vogtei Schönberg.
Dirigent.            Stellvertreter.
Kaufmann Lundwall=Schönberg.            Pächter Hildebrandt=Hof Menzendorf.
Vorstandsmitglieder.           
Hauswirth Siebenmark=Falkenhagen.            Schulze Siebenmark=Schwanbeck.
Schulze Kähler=Kl. Siemz.            Hauswirth Burmeister=Rodenberg.
3. im Musterungsdistrict der Vogtei Rupensdorf.
Dirigent.            Stellvertreter.
Pächter Dierking=Hof Lockwisch.            Erbpächter Prüß=Lauen.
Vorstandsmitglieder.           
Schulze Ollrogge=Niendorf.            Hauswirth H. Lühr=Kl. Mist.
Schulze Hagendorf=Boit. Resdorf.            Hauswirthsanerbe Oldörp=Boit. Resdorf.
4. im Musterungsdistrict der Vogtei Stove.
Dirigent.            Stellvertreter.
Pächter Rusch=Kl. Rünz.            Schulze Rieckhof=Gr. Rünz.
Vorstandsmitglieder.           
Pfarrackerpächter Pumplün=Carlow.            Halbhufner Seeler=Samkow.
Schulzenanerbe Hartmann=Demern.            Hauswirth Stein=Cronscamp.
5. im Musterungsdistrict der Vogtei Schlagsdorf.
Dirigent.            Stellvertreter.
Pächter Stamer=Mechow.            Pächter Ledeboer=Hof Schlagsdorf.
Vorstandsmitglieder.           
Schulze Oldenburg=Schlagbrügge.            Schulze Stein=Rieps.
Hauswirth Retelsdorf jun.=Gr. Mist.            Schulze Meier=Schl. Sülsdorf.
6. im Musterungsdistrict der Vogtei Mannhagen.
Dirigent.            Stellvertreter.
Viceschulze Brüggemann=Mannhagen.            Hauswirth Heinr. Nehls=Mannhagen.
Vorstandsmitglieder.           
Schulze Brüggmann=Walksfelde.            Hauswirth Schmidt=Walksfelde.
Viceschulze Ehlers=Panten.            Hauswirth Hr. Stamer=Panten.

            Schönberg, den 18. December 1894.

Der Großherzogliche Bezirkscommissarius.
Cl. v. Oertzen.


        Es wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß an Stelle des von Selmsdorf verzogenen bisherigen Fleischbeschauers Bohnhof der Barbier Wilhelm Arndt in Selmsdorf von der unterzeichneten Behörde als Fleischbeschauer für die Ortschaft Selmsdorf und Umgegend angenommen und heute als solcher beeidigt worden ist.
            Die Taxe für den Fleischbeschauer beträgt

[ => Original lesen: 1894 Nr. 101 Seite 2]

     a) für die Untersuchung eines Schweine jedesmal . . . . . . . . . 75 Pfennig (Mecklenburg).
     b) für diejenige eines einzelnen Fleischtheiles, also auch einer Seite Specks . 50 Pfennig (Mecklenburg).
Schönberg, den 18. December 1894.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


- Kaiser Nikolaus von Rußland hat dem Petersburger Grenadier=Regiment "König Friedrich Wilhelm III. von Preußen", dessen Chef der deutsche Kaiser ist, die Vorrechte der alten Gardem verliehen und Kaiser Wilhelm davon in Kenntniß gesetzt.
- Einem Berliner Blatte wird aus Magdeburg gemeldet daß 120 Mann von den verhafteten Oberfeuerwerkerschülern zu ihren Regimentern entlassen worden sind; weitere 15 sollen noch entlassen werden. Die über die Feuerwerker verhängten Strafen dürften bei den betreffenden Regimentern verbüßt werden.
- Der dem Bundesrath zugegangene Gesetzentwurf über die Regelung des Reichs=Finanzwesens zeigt das Bestreben, die sogen. Franckensteinsche Klausel in ihrem Rechtsbestand unangetastet zu lassen. Die Grundlage des Entwurfs geht dahin, in einem fünfjährigen Zeitraum die Matrikularbeiträge in Ueberweisungen umzugestalten.
- Der preußische Landtag soll, wie die "Kreuz=Ztg." jetzt meldet, erst am 15. Januar zusammentreten, wahrscheinlich um dem Reichstag Zeit zu gewähren, zunächst die Umsturzvorlage zu erledigen.
- Den Höfen von Darmstadt, Karlsruhe, Weimar und Altenburg muß es himmelangst werden: der Kaiser von Rußland schickt ihnen, um seine Thronbesteigung zu notifiziren, den Generaladjutanten Mörder.
- Dem Reichstag ist nunmehr die Uebersicht über die Ergebnisse des Heeresergänzungsgeschäfts für das Jahr 1893 zugegangen. Nach derselben wurden im Jahre 1893 in den alphabetischen und Restantenlisten 1 522 076 Mann geführt, davon waren 664 846 20jährige, 469 414 21jährige, 312 509 22jährige und 75 307 noch ältere. Als unermittelt wurden in den Restantenliste geführt 45 522, als ohne Entschuldigung ausgeblieben 117 483, anderwärts wurden gestellungspflichtig 375 390, zurückgestellt wurden 517 186, ausgeschlossen 1431, ausgemustert 30 496, dem Landsturm ersten Aufgebots überwiesen 90 217, der Ersatzreserve überwiesen 84 394, der Marine=Ersatzreserve überwiesen 334, ausgehoben 234 685, überzählig blieben 8350, freiwillig sind in das Heer eingetreten 15 814, in die Marine 774. Von den zur Aushebung gelangten 234 685 Mann kommen auf das Heer zum Dienst mit der Waffe 226 519, zum Dienst ohne Waffe 4065. Für die Marine wurden ausgehoben aus der Landbevölkerung 1898 Mann, aus der seemännischen und halbseemännischen Bevölkerung 2203. Ferner sind vor Beginn des militärischen Alters freiwillig in das Heer eingetreten 15 922 Mann, in die Marine 978. Wegen unerlaubter Auswanderung wurden von der Landbevölkerung 25 471 Mann, von der seemännischen 380 verurtheilt; noch in Untersuchung befinden sich von ersterer 14 279 Mann, von letzterer 243.
- Die erste Berathung der sog. Umsturzvorlage nach den Weihnachtsfeiertagen ist auf die Dauer von drei Tagen veranschlagt. Ob der Staatssekretär des Justizamts Nieberding dabei noch einmal sprechen wird, ist noch unbestimmt. Für die Konservativen wird Graf Limburg=Stirum sprechen, für das Zentrum der Abg. Gröber. Die Freisinnigen und Sozialdemokraten bekämpfen die Vorlage natürlich grundsätzlich und lehnen sie auch ab. Ist es bei dieser Stellung der Parteien auch zweifellos, daß die Vorlage einer Kommission überwiesen werden wird, so wird das Schicksal des Entwurf doch wieder einmal vom Zentrum abhängen, wie ja diese Partei auch entschieden die Schuld daran trägt, daß die erste Berathung nicht vor dem Fest noch erledigt worden ist. Wie das Zentrum sich schließlich zu der Vorlage stellen wird, darüber ist eine genaue Mittheilung noch nicht zu machen, die kleine Zentrumspresse bekämpft die Vorlage jetzt in der gehässigsten Weise, während die großen Zentrumsblätter vorsichtiger sind oder auch ganz schweigen.
- Der zum ersten Vizepräsidenten des Reichstags, dem Zentrumsabg. v. Boul=Berenberg, in Beziehungen stehende "Badische Beobachter" erklärt jetzt die Meldung, daß das Zentrum wegen der sog. Umsturzvorlage gespalten sei, für unzutreffend. Die Zentrumspartei ist vielmehr einhellig der Ansicht, daß die Vorlage nicht unbedingt abgelehnt werden solle, sondern daß eine genauere Fassung und eine Ermäßigung der Strafbestimmungen angeregt werden müsse.
- Die Socialdemokraten wollen die Weihnachtsferien des Reichstages dazu benutzen, wie die "Köln. Volksztg." zu melden weiß, um im ganzen Reich Protestversammlungen gegen die Umsturz=Vorlage zu veranstalten.
- Die Nothlage der Landwirthschaft, die in ihrer Allgemeinheit von freisinniger Seite noch immer zu leugnen versucht wird, ist im Militäretat in drastischer Weise illustrirt worden. Aus diesem geht hervor, daß an dem Einkauf von landwirthschaftlichen Erzeugnissen für das Heer gegen den Voranschlag in diesem Jahr 15 1/4 Mill. Mk. eingespart worden sind. Diese Ersparniß belastet natürlich die Landwirthschaft. Nun beträgt aber, wie Frhr. v. Manteuffel in seiner Etatsrede hervorhob, die Gesammtheit des Consums der deutschen Armee im Verhältniß zum Gesammtconsum in Deutschland nur 1,4 % bei der Brodfrucht, nur 5 1/2 % beim Hafer. Wenn aber dieser kleine Procentsatz bereits 15 1/4 Millionen ausmacht, wie groß muß da der Preisrückgang für den Gesammtconsum in Deutschland sein und wie groß die Schädigung der deutschen Landwirthschaft durch den Rückgang der Preise. Diesem folgewichtigen Schlusse aus der unscheinbaren Etatsposition, die die demokratischen Redner ganz "übersehen" hatten, setzte die Linke ein begreifliches Schweigen entgegen.
- Der Staatssekretär des Reichs=Marineamts, Admiral Hollmann, hat am 15. d. M., wie die amtliche "Berl. Korr." mittheilt, auf dem Kruppschen Schießplatz bei Meppen einem Versuchsschießen auf Nickelstahl=Panzerplatten beigewohnt, welche von Krupp nach einem besonderen Verfahren hergestellt waren. Die Ergebnisse waren außerordentlich günstige. Die nur 142 und 146 mm dicken Platten zeigten einen Widerstand gegen 21 cm Stahlgeschosse, der demjenigen von 240 mm dicken Stahlplatten der bisher angewandten Herstellungsweise entsprach, und wiesen nach Belegung mit je 5 Schüssen aus 15 cm= und 21 cm=Kanonen nicht die mindesten Sprünge auf. Bei den Schüssen aus 15 cm=Kanonen wurden sogar Auftreffgeschwindigkeiten angewandt, mit denen 270 mm bisherigen Stahls glatt durchschlagen wurden, während hier die Geschosse sitzen blieben.
- Die Krönung des russischen Kaiserpaares soll nach den bisher getroffenen Bestimmungen im April 1896 stattfinden. Die Majestäten werden sich nach der Krönung nach Nishni=Novgorod begeben, um die für 1896 in Aussicht genommene National=Ausstellung zu eröffnen.
- Durch Kaiserlichen Ukas sind sämmtliche Verwaltungschefs Rußlands angewiesen worden, die Versetzungen von Beamten aus konfessionellen und nationalen Gründen künftighin zu unterlassen.
- General Gurko wurde für wichtige Dienste, welche er dem Throne und Vaterlande, insbesondere während des letzten Türkenkrieges leistete, zum Generalfeldmarschall befördert und auf sein Ansuchen wegen zerrütteter Gesundheit von den Aemtern eines Generalgouverneurs von Warschau und Commandirenden der Truppen des Warschauer Militärbezirks entlassen.
- Präsident Cleveland erklärte, entgegen dem Drängen seiner Rathgeber, daß er, statt für die deutschen Maßregeln gegen die Einführung amerikanischer Producte Gleiches mit Gleichem zu vergelten, es vorzöge, Deutschland Zeit zu geben, das Ungerechte seiner Behandlung Amerikas einzusehen. Sobald er die Ueberzeugung gewonnen, daß Wieder=

[ => Original lesen: 1894 Nr. 101 Seite 3]

vergeltung der einzige Weg sei, die Interessen der Vereinigten Staaten zu wahren, werde er seine diesbezüglichen Maßregeln proklamiren.
- Zwischen China und Japan sind nun thatsächlich Friedensverhandlungen eingeleitet. Londoner Blätter veröffentlichen eine Depesche aus Washington, wonach der amerikanische Gesandte in Tokio, Dun, telegraphisch berichtete, daß die japanische Regierung versprochen habe, einen Gesandten Chinas mit allen seinem Range gebührenden Ehren sowie dem aufrichtigen Wunsche zu empfangen, zum Gelingen seiner Mission beizutragen.
- Die Reise der Kaiserin=Wittwe von Rußland und des kranken Großfürsten=Thronfolgers nach Aegypten ist nach einer Meldung der "Pol. Korrespondenz" für Ende Januar in Aussicht genommen. Die Reisenden gedenken sich ohne längeren Aufenthalt in Alexandrien und Kairo nach Oberägypten zu begeben und dort während der Monate Februar und März zu verweilen.


Anzeigen.

Konkursverfahren.

Ueber das Vermögen des Gastwirths Adolf Eduard Creutzfeldt in Carlow ist am 22. December 1894 Nachmittags 12 3/4 Uhr das Konkursverfahren eröffnet.
Der Bankbeamte Böckmann in Schönberg ist zum Konkursverwalter ernannt.
Offener Arrest, Anzeige= und Anmeldefrist bis 12. Februar 1895.
Erste Gläubigerversammlung zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und eintretenden Falls über die im § 120 der K. O. bezeichneten Gegenstände

Dienstag den 22. Januar 1895
Vormittags 11 Uhr.
Allgemeiner Prüfungstermin                                                    
Dienstag den 26. Februar 1895
Vormittags 11 Uhr

vor dem unterzeichneten Gerichte.
         Schönberg, den 22. December 1894.

Großherzogliches Amtsgericht.
(gez.) Dr. jur E. Hahn.
                                                    Veröffentlicht
                                                    H. Diederich,
                                                    Amtsgerichtsactuar.


Antragsmäßig soll über die zu Raddingsdorf sub Nr. II belegene Vollstelle c. p. der Ehefrau des Zimmergesellen Jochen Blohm, Elisabeth geb. Oldenburg daselbst, ein Hypothekenbuch niedergelegt werden und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, hierdurch aufgefordert, ihre dinglichen Rechte und Ansprüche in dem auf

Sonnabend, den 16. März 1895
Vormittags 10 Uhr

vor dem unterzeichneten Amtsgerichte anstehenden Liquidations=Termin anzumelden, widrigenfalls sie, soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, mit denselben sowohl gegen die jetzige Besitzerin als auch gegen die zukünftigen Besitzer des Grundstücks präcludirt sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 21. December 1894.

Großherzogl. Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Oeffentliche Versteigerung.

Sonnabend, den 29. December d. J. Mittags 12 Uhr sollen in Ziethen:

3 Schweine u. 1 Bollen

öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung versteigert werden.
Versammlung der Käufer beim Gastwirth Schmidt in Ziethen.
Schönberg, den 22. December 1894.

C. Staffeldt,
                                                    Gerichtsvollzieher.


Ersparniß- und Vorschuß-Anstalt.
Zwecks Auszahlung der zu Antoni k. J. fälligen Zinsen ist die Anstalt
vom Donnerstag, den 27 December d. J.
bis Montag, den 31. December d. J.
an den Werktagen
von 8-12 Uhr Vormittags
und
am Sonntag, den 30. December d. J.,
von 8-9 1/2 Uhr Morgens
geöffnet.                          
Schönberg, den 15. December 1894.
                                                    Das Directorium.


Gesucht zum Februar für Lübeck ein tüchtiges Mädchen für ein feines Haus.

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[ => Original lesen: 1894 Nr. 101 Seite 4]

Ratzeburger Actien-Brauerei.
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Sonnabend den 22. December 1894.


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Schützenhaus.
Am 2. Weihnachtstage d. 26. Dec. 94
großes Tanzkränzchen
für die Nacht.
Tanzschleife für Herren 50 Pf.
Eintritt frei.

Zu recht zahlreichem Besuch von Stadt und Land ladet ergebenst ein

                                                    W. Hagen, Schützenwirth.

NB. Für Schützenmitglieder Tanzschleife 30. Pfg.
          Der Saal ist geheizt.

                                                    D. O.


Zur musikalischen Abendunterhaltung und
Tanzmusik

am 2. Weihnachtsabend und Sylvester ladet so freundlichst wie ergebenst ein

                                                    J. Wiencke.
Sülsdorf, im Decbr. 1894.                                                    


Am Sylvester
TANZMUSIK
für die Nacht
                                                    Michaelsen, Gastwirth,
                                                    Selmsdorf.


Tanzmusik.
am Sonntag, d. 30. d. M.
                                                    H. Rebbin. Menzendorf.


Am 2. Weihnachtstage:                          
Großer Ball,
nebst humoristischen und musikalischen Gesangsvorträgen einer brillanten Gesellschaft,
ausgezeichnete Komiker,

wozu ich ein hochgeehrtes Publikum freundlichst und ergebenst einlade

                                                    Joh. Krüger.


Statt besonderer Meldung.

Die Verlobung unserer Tochter Hermine mit dem Postassistenten Herrn Eduard Steinhagen in Lübeck, beehren wir uns hierdurch ergebenst anzuzeigen

                                                    C. Schmöcker u. Frau.

Schönberg, Weihnachten 1894.

Hermine Schmöcker.
Eduard Steinhagen. Postassistent.
Verlobte.
Schönberg i. M.                                                     Lübeck.


Marie Niehus.
Georg Licht.
Verlobte.
Schönberg, Weihnachten 1894.


Nach kurzer Krankheit endete heute ein sanfter Tod das thätige Leben meines guten Vater, des Sattlermeisters

Peter Bohnhoff

im 83sten Lebensjahre, welches ich Verwandten und Freunden hierdurch anzeige.

                                                    Die trauernde Tochter
                                                         Marie Sievers,
                                                    geb. Bohnhhoff.

Schönberg, den 22. Decbr. 1894.
Die Beerdigung ist Donnerstag d. 27. Decbr. Nachmittags 3 Uhr.


Kirchliche Nachrichten.

Dienstag, den 25. December.

Frühkirche (7 Uhr): Pastor Krüger.
Vormittagskirche: Consistorialrath Kaempffer.
Abendkirche (6 Uhr): Pastor Krüger.

Mittwoch, den 26. December.

Frühkirche (7 Uhr): Consistorialrath Kaempffer.
Vormittagskirche: Pastor Krüger.
Abendkirche: fällt aus.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck:
9,59 Vorm. 12,18 Mitt. 3,12 Nachm. 7,32 Abends 11,57 Nachts.
nach Kleinen:
8,1, Morg. 10,25 Vorm. 12,44 Nchm. 5,43 Nachm. 8,54 Abends.


Viehmarkt in Hamburg.

Es kosten: kleine Schweine 49-51 M., große Schweine 48-50 M., Sauen 36-42 M., Kälber 50-80 M. per 100 Pfund.


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1894 Nr. 101 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 101 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 25. Dezember 1894.


Zu Weihnachten 1894.
Nun künden von den Sternen her
Des Himmels Engelchöre:
Christ ist geboren, zagt nicht mehr!
Gott in der Höh' sei Ehre!
Und habt Ihr lang gehofft, geklagt,
Heute soll Euch Freude werden;
Der Liebe gold'ner Morgen tagt,
Und Friede kommt auf Erden!
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Sie schimmerten mit ihrem Glanz
Schon in des Kindes Traume,
Nun steht es froh und selig ganz
Vor seinem Weihnachtsbaume,
Und seine Lieben sucht es dann
Mit wonnevollen Blicken,
Sie, weil's nicht anders danken kann,
An's junge Herz zu drücken.
Du Fest von Luft und Seligkeit
Tritt über jede Schwelle;
Du Licht in dunkler Winterzeit
Mach' alle Herzen helle!
Des Friedens und der Treue Band
Muß fester uns umschließen,
Versöhnt sich legen Hand in Hand,
Wo Deine Kerzen grüßen.
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Und ob Du noch so elend bist,
Auch Du sollst Weihnacht haben;
Die Liebe kommt als heil'ger Christ
Und spendet ihre Gaben,
Sie tritt mit holdem Angesicht
Auch durch die ärmsten Pforten
Und sucht umher und rastet nicht,
Bis Alle froh geworden.

Auch Du, dem Schmerz die Brust durchwühlt,
Deß Glück nun ruht bei Todten;
Seid nur getrost, auf Euch auch zielt
Der Gruß der Weihnachtsboten;
Und habt Ihr lang geweint, geklagt,
Heut' soll Euch Freude werden;
Der Liebe heil'ger Morgen tagt
Und Friede kommt auf Erden !

- An der Berliner Börse haben mehrere Tage hindurch wüste Auftritte stattgefunden, weil die Börsenleute über einen Artikel des "Berl. Börsenkouriers" erbost waren, in dem Vorschläge gemacht wurden, um das Börsengeschäft solider zu gestalten und den Ausschreitungen der Spekulation entgegentreten zu können. Die "Börsenjobber" haben den Mann, von dem bekannt wurde, daß die Verbesserungsvorschläge von ihm ausgegangen waren, in der rohesten Weise behandelt. Sie wollen sich eben in ihrem "Geschäft" durchaus nicht stören lassen.
- Als Aushilfskräfte sind bei den Postanstalten in Berlin für den Weihnachts= und Neujahrsverkehr insgesammt 2000 Personen eingestellt worden. Darnach haben zwei Drittel der eingelaufenen Bewerbungsschreiben Berücksichtigung gefunden, ein Prozentsatz, der im Vergleich zu den Vorjahren als ein sehr hoher zu bezeichnen ist. Zur Beförderung der Pakete von und nach den Bahnhöfen, sowie zur Auslieferung der Weihnachtssendungen an das Publikum sind 320 Kremser und Möbelwagen gemietet, und als Postschaffner 400 Unteroffiziere und Gefreite Berliner Regimenter in Dienst gestellt worden. Schließlich sei noch bemerkt, daß zur Erleichterung des Neujahrsverkehrs in diesem Jahr wieder in Berlin Neujahrsgratulationen, die zusammengeschnürt und mit der Aufschrift "Neujahrsbriefe" versehen sind, bereits am 28. d. aufgegeben werden können.
- Die Revision in der Prozeßsache Leist ist nunmehr dem Reichsgericht in Leipzig zugegangen; die Verhandlung wird wahrscheinlich Mitte Januar stattfinden.
- Das Berliner Schwurgericht hat die anarchistischen Falschmünzer Püschel und Lorenz zu je 5 Jahren Zuchthaus verurtheilt. Der mit Verausgabung des falschen Geldes betraut gewesene Arbeitsbursche Schettler hat ein Jahr Gefängniß erhalten.
- Der Drehorgelspieler Sch. wurde aus dem sozialdemokratischen Wahlverein in Berlin ausgeschlossen, weil er die Lieder "Ich bin ein Preuße" und "Die Wacht am Rhein" auf seiner Walze hatte. Er theilte das Schicksal mit 22 Gastwirthen und einem Grünwaarenhändler, die boykottirtes Bier verkauft hatten.
- Nach einer Meldung aus Apia vom 8. d. starb der bekannte englische Romanschriftsteller Robert Louis Stevenson am Schlaganfall und wurde auf dem Gipfel des Berges Pala in 1300 Fuß Höhe begraben.
- Im kommenden Frühjahr geht der Kaufmann Hoffmann, der vor kurzem die durch ihr heldenmütiges Verhalten im Kameruner Aufstande bekannte Schwester Margarethe Leue heimgeführt hat, mit seiner jungen Frau nach Kamerun zurück, um dort das erste Gasthaus zu begründen. Für die im Troppenklima so wichtige Ernährung der Beamten und ansässigen Kaufleute ist das Unternehmen von nicht geringer Bedeutung.
- Anfang December sandten die Deutschen in Santiago (Süd=Amerika) nachstehendes Huldigungs=Telegramm an den Kaiser ab: "Des Kaisers und Königs Majestät, Neues Palais. Tausende deutscher Landsleute aus ganz Chile, zum Nationalfest in Santiago vereinigt, feierten diesen Ehrentag mit nie dagewesener Begeisterung, und eingedenk der theuren Heimath, senden sie Eurer Majestät ihren ehrfurchtsvollen Gruß. Treskow, Loeur, Schumacher, Fischer, Koerner." Wie die "Post" hört, hat der Kaiser durch den kaiserlichen Gesandten in Chile den dortigen Deutschen seinen Dank aussprechen lassen.
- Frau von Pfuel, die Gemahlin des Oberst und Commandeurs des Königs=Ulanen=Regiments (1. Hannoversches) Nr. 13, erhielt vom Kaiser ein prachtvolles goldenes Armband zur Erinnerung an die Kaisertage in Hannover zum Geschenk.
- "Eugen Richter hat sich erschossen!" So schrieb die "Post". Es handelt sich aber weder um den Abgeordneten, noch um den gleichnamigen Chefredacteur des "Berliner Intelligenzblattes", sondern um einen 19 Jahre alten Dreher Eugen Richter aus Leipzig, der von Hamburg zum Besuch eines Verwandten in Berlin eingetroffen war. Am Kreuzberg wurde er mit einer Kugel in der rechten Schläfe gefunden.
- Chile bestellte bei der Firma Ludwig Loewe und Compagnie in Berlin 100 000 Mausergewehre argentinischen Modells.
- Ein junger Actuar in Berlin, der seine Prüfungen für den juristischen Subalterndienst mit Auszeichnung bestanden hatte und bereits diätarisch angestellt war, auch seiner Dienstpflicht als Einjährig=Freiwilliger bei der Garde genügte, gab soeben seine Stellung auf, um in Rom katholische Theologie zu studiren und in den Priesterstand einzutreten.
- Auf Grund einer Vereinbarung mit den übrigen süddeutschen Staaten wird in Württemberg vom 1. Mai 1895 ab im Eisenbahnfrachtverkehr vollständige Sonntagsruhe eingeführt werden. Nur die allerdringlichsten Güterstücke werden am Sonntag noch befördert.

[ => Original lesen: 1894 Nr. 101 Seite 6]

- In München wurden in die k. Augenklinik binnen acht Tagen drei Kinder eingebracht, von denen jedes infolge unvorsichtiger Spielereien ein Auge eingebüßt hatte.
- Nachdem durch die Brunnenlotterie in Schneidemühl ein Betrag von 303 950 Mk. erzielt worden ist, außerdem durch milde Spenden 127 776 Mk. eingegangen sind, haben am Montag in der Stadtverordnetensitzung die Entschädigungsansprüche endgiltig geregelt werden können. Die dreizehn Hausbesitzer, deren Grundstücke vollständig zerstört sind, erhalten Beträge von 10 000 bis 43 000 Mk.
- Das Schwurgericht in Braunsberg hat am Dienstag die zum Tod verurtheilte Arbeiterfrau Elisabeth Kleebeck aus Reichswalde im Wiederaufnahmeverfahren unter Aufhebung des Todesurtheils freigesprochen. Die Todesstrafe war im vorigen Jahr verhängt worden, weil die Angeklagte gestanden hatte, ihr eheliches Kind gleich nach der Geburt in einem Eimer Wasser ertränkt und die Leiche darin unter dem Bett zehn Wochen stehen gelassen zu haben. Dem Rechtsanwalt der Verurtheilten ist es gelungen, ein Wiederaufnahmeverfahren durchzusetzen, in dessen Verlauf es sich ergeben hat, daß die Frau in unzurechnungsfähigem Zustand unzutreffende Geständnisse zu ihrem Schaden gemacht hatte, weshalb die Freisprechung jetzt erfolgt ist.
- Die Geburtsstadt des Baumeisters des Reichstagsgebäudes Wallot, Oppenheim, ernannte Wallot zum Ehrenbürger.
- Ein heftiges Gewitter entlud sich in dieser winterlichen Zeit Sonntag nachts über den oberschlesischen Industriebezirk. Grelle Blitze und heftige Donnerschläge setzten die Bewohner Beuthens in Schrecken. In manchen Gegenden wüthete das Gewitter unter Sturm und Schneetreiben aufs Heftigste und stundenlang.
- Bei einer Häuslersfrau in Heisingen in Westfalen sprachen zwei Bettler um ein Almosen an, worauf jedem ein Butterbrot angeboten wurde, dessen Annahme sie verweigerten, da sie nur Geld brauchen konnten. Als die Frau die freche Forderung abwies, entfernten sich die Kerle, wobei der eine, ein junger Bursche von 18 Jahren, äußerte: "Das werden Sie bereuen!" Eine halbe Stunde später stand das Haus in Flammen und brannte zum Theil nieder!
- In Harthau bei Bad Salzbrunn in Schlesien wurde in einer Gesellschaft ein Mineral herumgezeigt, das als Arsenik bezeichnet wurde. Der Ortslehrer bestritt das und verschluckte zur Erhärtung seiner Ansicht ein Theilchen davon. In der Nacht wurde er von heftigen Schmerzen befallen, verschmähte aber, da er hartnäckig daran festhielt, das Genossene sei kein Arsenik gewesen, jede ärztliche Hülfe, starb aber am Nachmittage des folgenden Tages unter entsetzlichen Qualen.
- Einer Meldung des "Neuen Wiener Journ." zufolge sind kürzlich durch Versehen in der Staatsdruckerei 20 000 Zweikreuzer=Postkarten mit der Werthbezeichnung "Fünf Kreuzer" gedruckt und verbreitet worden. 17 000 Stück wurden mit Mühe wieder eingebracht, der Rest blieb in Zirkulation. Für die Fehldrucke bezahlen Sammler bis zu fünf Gulden.
- In einem Spital in Budapest ist dieser Tage einem jungen Mann eine 14 cm lange Schieberpincette aus der Bauchhöhle entfernt worden, die bei einer früheren Operation herauszunehmen vergessen und mit eingenäht worden war.
- Von der Züricher Hochschule ist Fräulein Anna Makenroth aus Danzig dieser Tage zum Doktor der Rechte promovirt worden. Die Dissertation behandelt die Geschichte der Handels= und Gewerbefreiheit.
- Mit dem Dampfer "Elbe" gelangten 750 000 Dollar Gold nach Europa zur Verschiffung. Dem Unterschatzamte sind 2 Millionen Doll. Gold entnommen; die Entnahme der vorigen Woche betrug 7 Millionen; die Goldreserve des Schatzes ist gegenwärtig auf 95 Millionen Gold gesunken.
- In Bern beschloß der Ständerath mit 21 gegen 4 Stimmen, Guyer=Zeller in Zürich die Conzession für den Bau einer Eisenbahn von der kleinen Scheidegg über Eiger und Mönch auf den Gipfel der Jungfrau zu ertheilen.


Aus der See-Chronik.

"Verlassen auf hoher See!" Ein ganzes Trauerspiel bergen diese Worte. Vor dem geistigen Auge des Seemanns entrollt sich ein grausiges Bild - das starke Schiff hin= und hergeworfen, ein Spielzeug der rasenden Elemente, das Krachen der berstenden Masten, der Todesschrei, wenn die herabstürzende Takelage einen Unglücklichen mit sich reißt - - und dann der Sturm vorüber, die hoffnungslose Arbeit an den Pumpen, das eilige Zusammenraffen der nöthigsten Lebensmittel, und im kleinen Boot den Gefahren des Meeres ausgesetzt, blickt der Matrose schmerzvoll zurück auf das traurige Wrack, das einst seine Heimstätte und sein Stolz. Manchmal sieht er noch, wie das Schiff, im letzten verzweifelten Kampf wie ein lebendes Wesen sich bäumend, in die Tiefe sinkt, öfter aber sieht er das masten= und steuerlose Wrack planlos weiter treiben, bis es seinen Blicken entschwindet. Monatelang irrt es umher als stiller Zeuge eines der vielen Trauerspiele des Meeres und eine stete Gefahr für die Schiffe, die seinen Pfad kreuzen. So gefährlich sind diese treibenden Wracks, daß von den großen Häfen Torpedoboote ausgeschickt werden, um das traurige Kapitel der Seegeschichte mit einer Dynamitbombe zu beschießen.
Es hat einen unheimlichen Reiz, vom bequemen sicheren Deck eines großen überseeischen Dampfers aus ein solches verwahrlostes Wrack zu erblicken. Bei Sonnenschein und ruhiger See hebt sich der unförmliche Rumpf drohend von den lachenden Wellen ab, bei Sturm und Nebel rast er lautlos, gespensterhaft vorbei. Und manche Seelegende, manche Sage vom Geisterschiff hat einen solchen Ursprung. Das Schiff, vielleicht zu früh verlassen, die Masten noch stehend, treibt in der Stille der Nacht, gejagt vom heulenden Sturm, an dem einsamen Fahrer vorbei, ohne Antwort auf seinen Gruß, ohne Licht oder Lebenszeichen. Der Nebel verschlingt es wieder, der Steuermann bekreuzigt sich, und zu Hause am gemüthlichen Herd erzählt er der lauschenden Kinderschaar die schaurige Mär vom "Fliegenden Holländer", den er mit seinen leiblichen Augen gesehen.
So war vor einigen Jahren im nördlichen Polarmeer der sagenhafte van der Decken besonders berühmt. Beinahe ein Jahr lang kamen die Berichte von Walfischfängern, an denen während der langen Polarnächte das Gespensterschiff lautlos vorbei geeilt war: eine Barke mit abgebrochenem Besanmast, bedeckt mit Eis vom Bugspriet bis zum Heck, ohne Licht, ohne Signal, unsicher, aber rasch vor dem Winde hertreibend, ins offene unerforschte Polarmeer hinaus. Die braven Seeleute beteten rasch und still, wenn das Gespenst in der Ferne auftauchte, und änderten ihren Kurs, um eine nähere Begegnung zu vermeiden. Endlich, an einem Sommermorgen, lag das Geisterschiff gestrandet an einer bewohnten Insel, und - die schöne Mär war aus!
Es war der Walfischfänger "Phönix", welcher ein Jahr zuvor von seiner Mannschaft verlassen, trotz gebrochenem Mast und Leck monatelang umhergeirrt war durch die unerforschte Wasserwildniß des Nordens, "ohne Ziel, ohne Rast, ohne Ruh!" Schade um die schöne Sage des van der Decken!
Aber in den Berichten der Kauffahrteischiffe liest man in trockenen Worten Erzählungen von anderen noch nicht aufgeklärten Geheimnissen des großen Meeres, die alle Phantasien des Romandichters übertreffen und deren Lösung der Ocean noch festhält in seiner ewigschweigenden und doch ewigrastlosen Brust. So wird Folgender berichtet:
Im Jahre 1857 wurde ein nach Rio de Janeiro fahrendes Handelsschiff derartig vom Sturm überrascht, daß die Besatzung ihre Zuflucht zu den Booten nehmen mußte. Nach einer grauenvollen Nacht kam ein klarer Morgen, und zu ihrer großen Freude sahen sich die Insassen des einen Bootes dicht in der Nähe eines großen Schiffes. Die Schiffbrüchigen riefen ihren Rettern zu, bekamen aber keine Antwort. Trotzdem beeilten sie sich, an Bord zu gelangen, und befanden sich zu ihrem großen Erstaunen allein auf dem stattlichen Schiffe. Die Segel waren fest aufgerollt, alles befand sich an Bord in Ordnung.

(Schluß folgt.)


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