No. 62
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 09. August
1892
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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Kaiser Wilhelm hat am Sonntag die Insel Wight wieder verlassen und die Heimreise nach Potsdam angetreten. Der Aufenthalt auf dem schönen Wight ist dem Monarchen in der angenehmsten Weise verlaufen, wenn der Kaiser auch mit seiner Yacht "Meteor" bei den Regatten keine direkten Lorbeeren, sondern nur Ehrenerfolge errungen hat. Die britischen Regattavorschriften sind Schuld daran, daß der "Meteor" nicht Sieger wurde, trotzdem er wiederholt zuerst am Ziele war. Mit der Königin Viktoria und den Mitgliedern der englischen Königsfamilie verkehrte der Kaiser in herzlichster Weise. Besonders freundlichen Empfanges durch den Monarchen erfreute sich der Ministerpräsident Lord Salisbury.
Bei Cowes auf der Insel Wight fand am Dienstag die große Segelregatta statt, an welcher auch Kaiser Wilhelm theilnahm. An der Wettfahrt um den goldenen Pokal der Königin betheiligten sich 7 Yachten. Während des ganzen Tages herrschte große Windstille, welche den großen Dampfyachten die Fahrt sehr erschwerte. Gegen 6 Uhr kam die kaiserliche Dampfyacht "Meteor mit Kaiser Wilhelm und Prinz Heinrich, seinem Bruder, an Bord, zuerst in Sicht und wurde, als dieselbe beim "Moltke" vorbeifuhr, von den Mannschaften mit brausenden Hurras begrüßt. Um 6 Uhr 32 Min. lief der "Meteor" unter Kanonendonner in die Bucht ein. Der Sieg schien der Kaiseryacht gesichert, da keine andere der sieben Yachten in Sicht war. Nach den Regattaregeln hatte der "Meteor", als die zuerst angekommene Yacht, der zunächst folgenden Yacht eine Zeitfrist von 27 1/2 Minuten zugewähren. Plötzlich kam der "Corsair", Eigenthum von Viktor Montague, in Sicht. Gleichzeitig machte die bisherige Windstille, welche dem "Meteor" das Einlaufen in die Bucht sehr erschwert hatte, einer lebhaften Brise Platz, infolge dessen der "Corsair" innerhalb 23 Minuten am Gewinnposten eintreffen konnte und mithin den Sieg davon trug. Zwei Minuten vor Ankunft des "Corsair" traf die Königin Viktoria mit Prinzessin Christian von Schleswig=Holstein in vierspännigem Hofwagen, von Osborne kommend, im Yachtgeschwaderklub ein, um sich nach dem Ergebniß der Wettfahrt zu erkundigen. Zu ihrem großen Leidwesen erfuhr sie, daß ihrem Enkel die Siegespalme im letzten Augenblick entrissen worden sei. Die Enttäuschung darüber im Publikum ist groß; man hätte dem deutschen Kaiser den Sieg von Herzen gewünscht. Der Kaiser landete zunächst, um am Jahresessen des Yachtgeschwaderklubs, dessen Mitglied er ist, theilzunehmen. Der Prinz von Wales führte als Kommodore des königl. Yachtgeschwaders bei dem Essen den Vorsitz, Prinz Heinrich von Preußen und der Herzog von Connaught wohnten demselben ebenfalls bei.
Papst Leo XIII. hat die Gelegenheit ergriffen, sich mit Entschiedenheit gegen den Antisemitismus auszusprechen. Die bekannte Tages=Schriftstellerin Severine hat den Papst über den Antisemitismus interviewt und von Leo XIII., nach dem Figaro, wir entnehmen dies der Vossischen Zeitung, folgende Antworten erhalten: "Christus hat sein Blut für alle Menschen ohne Ausnahme vergossen, sogar vorzugsweise für die, welche der Erlösung am meisten bedürfen, weil sie an ihn nicht glauben. Diesen gegenüber hat er der Kirche eine Aufgabe hinterlassen, sie zur Wahrheit zurückzuführen." Durch Ueberredung oder Verfolgung? fragte Severine. - "Durch Ueberredung", antwortete der Papst lebhaft. "Die Aufgabe der Kirche ist ganz Güte und Brüderlichkeit; sie muß den Irrthum überwinden, aber alle Gewalt gegen die Personen ist dem Willen Gottes, seinen Lehren, meinem Amte und meinem Gewalten zuwider. Glaubenskrieg sind zwei Wortstämme, die nicht zusammenpassen." - Severine: Aber der Racenkrieg? - Der Papst: "Was heißt das Race? Alle sind Söhne Adams, den Gott geschaffen hat. Was liegt daran, daß die Menschen unter verschiedenen Breitegraden verschiedene Hautfarbe und Gesichtszüge haben, da ihre Seele aus demselben Geistesstrahl gebildet ist? Wir schicken Sendboten zu Ungläubigen, Ketzern und Wilden, weil alle Menschen Geschöpfe Gottes sind. Selbst als in Rom das Ghetto bestand, gingen unsere Priester hinein, sprachen zu den Israeliten, suchten ihre Bedürfnisse zu kennen, pflegten ihre Kranken, bemühten sich, ihnen Vertrauen einzuflößen, um mit ihnen über die Schrift streiten und sie belehren zu können. Und wenn der Pöbel die Juden bedrohte, flüchteten sie sich unter dem Schutz des Papstes, der ihnen seinen Schutz gewährte. Freilich, wenn die Kirche die Aufgabe hat, die Schwachen zu vertheidigen, so hat sie auch die, sich selbst gegen jeden Bedrückungsversuch zu wehren, und jetzt ist nach so vielen anderen Heimsuchungen die Herrschaft des Geldes gekommen; man will mit Geld die Kirche besiegen und das Volk beherrschen; aber weder die Kirche noch das Volk werden dies zulassen." - Severine: Also die großen Juden? - Der Papst: "Ich bin mit den kleinen, den demüthigen, den enterbten, die der Heiland liebte."
Furchtlos und stark hat die bulgarische Regierung angesichts der russischen Feindseligkeiten beschlossen, die Preßzensur vom 1. August d. Js. ab aufzuheben. Nachträglich erfährt man, daß die Vertreter Rumäniens, Italiens und Belgiens Schritte gethan hätten, um für die zum Tode verurtheilten Hochverräter zu vermitteln. Ein gemeinsames Vorgehen der Vertreter aller Mächte hat nicht stattgefunden.
Der von Baron Hirsch angeregten jüdischen Kolonisationsgesellschaft ist jetzt von der russischen Regierung gestattet worden, ihre Thätigkeit in Rußland zu eröffnen. Die Gesellschaft bezweckt eine planmäßige Heranziehung der russischen Juden zum Ackerbau und eine regelrechte Besiedelung verödeter Landstriche.
Der Noth gehorchend, nicht dem eigenen Trieb hat Rußland eine Anregung zu zollpolitischen Verhandlungen mit Deutschland gegeben. Schon finden in verschiedenen deutschen Abtheilungen Berathungen darüber statt, welche zollpolitischen Zugeständnisse von Rußland zu verlangen seien. Rußland selbst verlangt von Deutschland die Beseitigung des höheren Zolls auf die Einfuhr von russischem Getreide. Dem gegenüber nimmt die deutsche Reichsregierung den grundsätzlichen Standpunkt ein, daß eine Herab=

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setzung nur bei entsprechender Gegenleistung erfolgen dürfte. Jedenfalls kann eine gewisse Sprödigkeit deutscherseits der russischen Ueberhebung gegenüber, die uns seit Jahren wirthschaftlich und politisch schädigt, nicht schaden, damit wir bei den bevorstehenden Unterhandlungen nicht abermals den Kürzeren ziehen.
Fürst Bismarck reiste Sonnabend morgen 9 Uhr mittelst Sonderzuges von Schönhaufen ab, traf um 12 Uhr in Berlin ein und verweilte dort 1 1/2 Stunden am Stettiner Bahnhof, von wo er um 1 3/4 Uhr die Reise nach Varzin fortsetzt. In Berlin wurden dem Fürsten große Ovationen zutheil.


- Sturmangriff auf Mainz. Die gegenwärtig in Mainz stattfindenden großen Pionierübungen führten in einer der letzten Nächte zum ersten Sturmangriff auf die Festung Mainz. Dem hochinteressanten militärischen Schauspiele wohnte die gesamte Generalität von Mainz bei. Generalmajor von Wittenburg leitete die Erstürmung. Gleich nach Einbruch der Dunkelheit rückten fünf Pionierbataillone, darunter das sächsische und württembergische Pionierbataillon, in ihre Positionen und begannen sofort mit der Aushebung von Parallelen und Mienengängen. Gleichzeitig wurde eine Nothbrücke über den Floßhafen geschlagen. Der Vertheidiger ließ von Fort Rheinthor elektrische Scheinwerfer spielen und Feuerkugeln steigen, welche die ganze Angriffslinie ins hellste Licht setzten. Doch die Angreifer hatten sich so gut hinter allen Bodenerhöhungen, Straßen etc. gedeckt, daß trotz der stärksten Lichteffekte nichts von ihnen zu sehen war. Rüstig hackten und schaufelten die unermüdlichen Pioniere weiter und immer uneinnehmbarer wurden ihre Stellungen. Kurz nach 2 Uhr meldete der Feldtelegraph: "Minen fertig zur Sprengung, Fort gedeckt" und kurze Zeit darauf erfolgte eine furchtbare Detonation, begleitet vom grellen Feuerschein, hervorgebracht durch das Entzünden der ersten Mine. Eine Viertelstunde später sprang die zweite Mine in die Luft und der Weg war für die Stürmenden geebnet. Das anbrechende Tageslicht setzte den weiteren Operationen ein Ziel.
- Ueber die Pflichten der Gastwirthe ihren Gästen gegenüber hat das Reichsgerichts eine interressante Entscheidung gefällt. Nach derselben ist der Gastwirth zwar nicht gesetzlich, jedoch durch seine gewerbliche Stellung verpflichtet, allen Gästen, die sich anständig betragen, Speisen und Getränke zu verabfolgen. Es stehe durchaus nicht in dem Belieben eines Gastwirths, irgend welchem anständigen Gaste die Verabreichung zu verweigern. Denn dadurch, daß der Gastwirth sein Lokal dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung stelle, erwirke jeder anständige Mensch das Recht, als Gast in dasselbe einzutreten und das Verlangte zu verzehren. Die grundlose Zurückweisung würde eine Beleidigung sein. Habe aber der Gast das Bestellte erhalten und verzehrt, oder habe er verständigen Ermessen nach Zeit genug gehabt, dasselbe zu verzehren, dann brauche ihn der Wirth nicht länger zu dulden. Mache aber der Gast eine neue Bestellung, dann müsse sie der Wirth auch ausführen.
- Fast hat es den Anschein, als solle ein zweiter unheimlicher Gast aus Persien Europa heimsuchen! die Pest. Wenigstens hat sich die persische Regierung soeben veranlaßt gesehen, dem diplomatischen Korps in Teheran beruhigende Zusicherungen in Betreff dieser neuen Seuche zu geben, welche in Sebsewar aufgetreten ist, aber keinen bösartigen Charakter offenbart. Zudem soll die Stadt vollständig isoliert sein.
- Es wär' so schön gewesen, es hat nicht sollen sein! Bei der Generaldirektion der österreichischen Staatsbahnen werden gegenwärtig Studien über eine Reform des Personentarifs gemacht, da sich der von Czedik eingeführte Zonentarif nicht bewährt hat.
- In den Gebäuden des Proviantamtes in der Magazin=Straße in Berlin brach am Sonntag eine große Feuersbrunst aus, die erst nach längerer Zeit mit 7 Druck= und 2 Dampfspritzen zu isolieren gelang; von den dort lagernden 7000 Zentnern Hafer ist nur ein Teil gerettet.
- Als gutes Mittel gegen Erhitzung, wenn man einen langen Marsch in der Sonnenhitze gemacht hat und erhitzt und durstig ist, überhaupt für jedermann, der von der Hitze zu leiden hat, wird folgendes Mittel empfohlen: Man halte beide Handgelenke etwa 5 Minuten lang unter oder in fließendes Wasser, denn dadurch kühlt sich der ganze Körper auf eine gefahrlose Weise ab, der Durst nimmt ebenfalls ab, und man fühlt sich mehr als durch ein Bad gestärkt. Dieses Mittel wird in ganz Indien angewendet und es sind dort Sonnenstiche und Hitzschläge seltener als anderswo.
- Betreffs der diesjährigen Ernteaussichten treffen von allen Seiten recht erfreulich lautende Mittheilungen ein. Wenn auch kein Ereignis allerersten Ranges zu erwarten ist, so dürfte die Ernte ihre letzten Vorgängerinnen doch in jeder Weise ganz erheblich übertreffen. Das gilt für Brodkorn, wie für Kartoffeln.
- Die Landwirthe in Schlesien, von wo in diesem Jahre 75 000 Sachsengänger fortgezogen sind, klagen in hohem Maße über Arbeitermangel, da auch die Militärbehörden sich der Ueberlassung von Soldaten zu Feldarbeiten recht abgeneigt zeigen.
- Aus Barmen wird gemeldet, daß Rudolf Ibach, Chef der 1794 gegründeten Weltfirma Rud. Ibach Sohn, Pianoforte Fabriken in Barmen, Schwelm und Köln, in Herrenhalb (Schwarzwald) gestorben ist.
- Die in Preußen begonnenen Versuche, die Metallbeschläge an der Ausrüstung der Truppen möglichst durch Aluminium zu ersetzen, werden auch in Bayern angestellt. Münchener Blättern zufolge exerzieren einzelne bayrische Truppentheile zur Zeit auch in schilfgrünen Blusen. Bei den Manövern erhalten alle Truppentheile gleichfalls schilfgrüne Ueberzüge über die Metallbeschläge.
- Interessante Angaben über die Zahl der Schankstätten in Berlin giebt der Verwaltungsbericht des Polizeipräsidiums. Nach demselben besaß Berlin im Jahre 1890:
          291 Gastwirtschaften,
          253 Lokale für Wein,
        6143 Lokale für Bier,
            35 Lokale für Kaffee, Thee, Chokolade,
          719 Lokale für Bier, Kaffee, Thee,
          823 Lokale für Branntwein,
          142 Konditoreien,
also 8406 Schanklokalitäten, deren Zahl sich auf 10 913 gesteigert, wenn man noch die 103 Selterwasserbuden und die 2304 Kleinhandlungen mit Branntwein dazu rechnet.
- Das Aluminium, das leichteste Metall, wird auch zu Stiefelfohlen und Absätzen verarbeitet. Die von den meisten Staaten patentierte Erfindung weist noch bessere Eigenschaften als das Leder auf, denn ebenso biegsam wie dieses, ist es leichter und vor Allem infolge seiner großen Haltbarkeit viel billiger als Leder. Von großer Wichtigkeit sind die Vortheile für die Gesundheit, welche die Aluminiumsohle bietet, denn der Fuß bleibt stets trocken und warm und auch die Gefahren bei Schnee und Glatteis sind gering. Die Sohlen und Absätze werden in jeder Größe zum Auflegen fertig geliefert. Die Befestigung geschieht durch Anschrauben und stellt sich der Einfachheit wegen wohlfeiler als die Lederbesohlung.
- Berliner Leben. Die Tochter eines Rentiers in Berlin hatte die Bekanntschaft eines jungen Mannes gemacht und ohne Wissen ihrer Eltern mit ihm Briefe gewechselt. Die Familie wollte nun in einigen Tagen ins Bad reisen und dem jungen Mädchen lag daran, vorher noch ihren Liebhaber den Eltern vorzustellen. Hierzu wurde ein Besuch des zoologischen Gartens bestimmt, und der junge Mann schlug vor, sie solle unversehens ihre Uhr verlieren, er werde sie ihr überbringen und das weitere werde sich dann von selbst ergeben. So geschah es denn auch, das junge Mädchen ließ die Uhr fallen, ihr Liebhaber hob sie auf und -verschwand damit auf Nimmerwiedersehen. Erst lange darnach vermochte sich das Mädchen zu überzeugen, daß sie einem Gauner in die Hände gefallen war.
- Ein Billard für den Zaren Alexander von Rußland ist gegenwärtig in der bekannten Berliner Billardfabrik von I. Neuhusen, Kommandantenstraße 77/79, ausgestellt. Es ist das größte Billard, welches die Firma bisher fertiggestellt hat und dürfte selbst in Rußland, wo die Billards im Allgemeinen größer gebaut werden, als bei uns in

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Deutschland und auch in Frankreich, an Größe nicht übertroffen werden. Während unsere gewöhnlichen Billards meistens nur eine Spielfläche von 2.20 m Länge und 1.16 m Breite haben, ist die Spielfläche dieses Riesenbillards 3.20 m lang und 1.68 m breit. Es soll in dem kaiserlichen Schlosse Bialostock seinen Platz finden, und der vornehmen Umgebung angemessen ist das Gestell in vornehm geschmackvoller Eichenholzschnitzerei ausgeführt. Die Füße des Gestells sind für unseren Geschmack vielleicht etwas zu schwer und wuchtig gearbeitet, sie sind aber nach Modellen gefertigt, die in Rußland ausgewählt worden sind. Durch eine höchst sinnreiche Schieberkonstruktion ist es möglich, die Fläche des Billards sowohl für Carambollage, wie auch für jede Lochparthie einzurichten; durch sechs an den vier Ecken und der Mitte jeder Längsseite angebrachte Schieber können die Lochfänger geöffnet und wieder geschlossen werden. Außerdem sind an dem Billard vier Apparate zum Zählen der Points angebracht, das Erscheinen der Nummern wird durch den Druck auf eine Feder bewirkt und von dem Ertönen einer Glocke begleitet. Wie der Verfertiger erklärt, ist durch diese Einrichtung jedes "Mogeln" ausgeschlossen. Ob der Zar ausdrücklich die Glocken=Vorrichtung an den Zählapparaten verlangt hat, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Bei der enormen Größe der Spielfläche macht sich die Benutzung einer Queue=Harke nothwendig. Diese Harke ist ein bei uns wenig bekanntes Instrument, sie besteht aus einem an einem Stiele befestigten Querholz mit vier oder fünf halbkreisförmigen der Stärke der Queues angepaßten Oeffnungen und dient als Auflage an Stelle der Hand, wenn die Bälle in der Mitte der großen Spielfläche, d. h. zu weit ab vom Spieler, stehen. - Doch nicht nur spielen kann der Zar auf diesem "Brette"; er kann mit seiner ganzen Hofgesellschaft auch daran tafeln. Das Billard ist mit einer Coulisseneinrichtung versehen und kann zu einer Tafeleinrichtung von 9 1/2 Meter Länge ausgezogen werden. Etwa 50 Personen könnten dann daran bequem Platz nehmen. Mittelst einer Welle mit Curbelvorrichtung wird die Spielfläche des Billards von der 89 Centimeter betragenden Spielhöhe auf die nur 76 Centimeter betragende Tischhöhe herabgelassen. Der prächtigen Ausstattung der Billards entsprechend sind auch die Queus prachtvoll mit Perlmutter=Einlagen und Holzmosaik gearbeitet. Auch der Queuesschrank ist in vornehmer Eichenholzschnitzerei ausgeführt. Für den Transport wird das Billard in einzelne Theile zerlegt. Die große Marmor=Spielfläche ist noch nicht überzogen, weil die Marmorplatte offen versandt wird, die Banden sind aber bereits mit grünem Tuch versehen, sie werden die weite Reise, sorgfältig in Kisten verpackt, antreten.
- Was er denkt. "Aber Herr Müller, das Angeln muß doch recht langweilig sein! Was denken Sie denn eigentlich, wenn Sie so den lieben langen Tag am Wasser sitzen?" - "Ich denk' mir: Wenn nur einer anbeißen thät!" - "So, und wenn nun einer angebissen hat - was denken sie denn?" - "Aha!"


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Anzeigen.

Die Großherzogliche Hauptkasse hieselbst ist bis zum 5. k. Mts. geschlossen.
      Schönberg, d. 8. August 1892.

                                                    G. Grapow.


Bekanntmachung.

Auf Grund §§ 23, 24 des Genossenschaftsstatuts und der bezüglichen Wahlergebnisse aus der Genossenschaftsversammlung vom 1. Juni d. J. macht der Vorstand bekannt:

1. Das bisherige Mitglied des Vorstandes, Herr Gutsbesitzer von Michael auf Gantzkow, und dessen Ersatzmann, Herr Graf von Schwerin auf Mildenitz, deren Amtszeit mit dem 31. Dec. d. J. abläuft, sind für eine weitere fünfjährige Periode in ihre Aemter wiedergewählt.
2. Für die Zeit vom 1. Januar 1893 bis 31. December 1896 werden fungiren als zweiter genossenschaftlicher Beisitzer im Schiedsgericht Herr Gutsbesitzer von Warburg auf Stolpe (für den ausscheidenden Herrn Gutsbesitzer von Lücken auf Godenswege) und als Stellvertreter des Erstgenannten: (erster) Herr Oberförster Hahn in Neustrelitz - (zweiter) Herr Domänenpächter Wendland in Usadel.
Neubrandenburg, den 30. Juli 1892.

Der Vorstand der Mecklenburg=Strelitz'schen Landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft.
A. Pries.


Dr. med. Dotzauer.
Specialarzt für Hautkrankheiten. Sprechstunde:
8 1/2-9 1/2 und 3-5 Uhr.
An Sonn= und Festtagen 8 1/2-9 1/2 Uhr.
Lübeck, Schüsselbuden 32. I Etage
von der Reise zurück.


Dr. Ahrens,
Spezialarzt für Augenkrankheiten
Lübeck, Fleischhauerstraße 27.
Sprechstunden: 10-1 Uhr vorm., 3-4 Uhr nachm.
Sonntags 11-1 Uhr.


Feinsten
Sommerfang=Hering
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                                                    A. Zander.


Allerfeinsten
Sommerfang=Hering
empfing und empfiehlt                                                    
                                                    W. Wieschendorf.


Neuen
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                                                    J. A. Siebenmark.


Sehr schönen
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10-12 Fuß breit         à 10 M.   15 M.   21 M.,

2 Ctr.=Getreide=Säcke a 90 Pfg.
                                                    H. Herrmann, Deckenfabrik, Stettin.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 62 Seite 4]
Zweite Münsterbau
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zur Wiederherstellung des Münsters zu Freiburg i. B.
Ziehung am 6. u. 7. September 1892.

Die Loose à 3 M. sind in dem Bankhaus

Carl Heintze, Berlin W.,
Unter den Linden 3.

übernommen und von derselben gegen Einsendung des Betrages auf Postanweisung zu beziehen.
        Jeder Bestellung sind für Porto und Gewinnliste 30 Pfg. beizufügen.

Der Münsterbauverein zu Freiburg i. B.
Looseversandt auf Wunsch auch unter Nachnahme.

Baar ohne Abzug.
1 Gew. a 50000 = 50000 M.
1 " a 20000 = 20000 "
1 " a 10000 = 10000 "
1 " a 5000 = 5000 "
10 " a 1000 = 10000 "
20 " a 500 = 10000 "
100 " a 200 = 20000 "
200 " a 100 = 20000 "
400 " a 50 = 20000 "
2500 " a 20 = 50000 "
50 Ausserdem mindestens
Kunstwerthe von
= 45000 "
-----------------------------------------------
3284 Gewinne = 260000 M.


Wer gut schlafen will entferne die lästigen Federbetten bei eintretender Hitze und kaufe sich von den berühmten Normal=Schlafdecken à 3 1/2 Mk. (sonst 8-9 M.) ein oder zwei Decken, dann schläft man gut.

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welche auch etwas kochen kann. Gehalt 270 Mark.

Hof=Rabensdorf
bei Schönberg.
                                                     W. Rehfeldt.


Boye's Garten.
Am 9. August d. J.                          
Gr. Cavallerie-Concert,

ausgeführt von dem auf der Kunstreise befindlichen Trompeterchor des Königl. Sächs.

Königs-Husaren-Regiments N. 18
aus Grossenhain
unter Leitung des Königl Musikdirigenten Herrn
Alwin Müller.
Nach dem Concert Ball.

Bei ungünstiger Witterung findet das Concert im Saale statt.

~~~~~~

Specialität: Benutzung der in der Oper "Aida" vorgeschriebenen Original=Trompeten. Märsche, ausgeführt mit den nur bei der sächsischen Cavallerie geführten Feldtrompeten.


Mein schwarzseidener Regenschirm mit Monogramm M. M. ist Ende v. M. irgendwo stehen geblieben. Bitte freundlichst, mir denselben zuzustellen.

                                                    Dr. Marung.


Familienfestes halber ist die Wirthschaft im Schützenhause am Donnerstag, d. 11. u. Freitag, den 12. August geschlossen.

                                                    Wilh. Hagen, Schützenwirth.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 11,59 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,50 Nachm. 5,26 Nachm. 8,39 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 62 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 62 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 9. August 1892.


- Schönberg. Im 2. freien Orgelkonzert in der St. Marienkirche in Lübeck am Mittwoch, den 10. d. M. kommt Folgendes zum Vortrag:
    1. Fantasie und Fuge in gmoll von J. S. Bach.
    2. Orgelbearbeitung "O Traurigkeit v. G. Merkel.
    3. Cantilene für Orgel von J. Rheinberger.
    4. 2 Gesänge für Sopran:
        a. "Verlaß mich nicht" von Wilm.
        b. "Sei still" von Raff.
            (Vorgetragen von Frau Paula Schmidt.)
    5. Adagio für Orgel von Volkmar.
    6. Sonate in B von Mendelssohn.         C.
- Schönberg. Die Spankorbfabrikation, die im hiesigen Lande schon seit Jahren sehr umfangreich betrieben wird, ist in letzter Zeit in Folge der Anlegung von Spankorbfabriken bedeutend zurückgegangen. Die Fabrikate werden zur Zeit fast um die Hälfte billiger abgegeben.
- Schönberg. Beim Herannahen der militärischen Herbstübungen sei darauf aufmerksam gemacht, daß es sich empfiehlt, Postsendungen für die an den Uebungen theilnehmenden Truppen zur Vermeidung von Verzögerungen nicht nach den in kurzen Zwischenräumen wechselnden Marschquartiren, sondern stets nur nach den ständigen Garnisonsorten zu richten. Für die richtige Leitung dieser Briefe wird dann postseitig besondere Sorge getragen. Ferner ist es dringend nothwendig, in den Briefaufschriften (unter Umständen auch Vornamen oder Ordnungsnummer), den Dienstgrad und den Truppentheil - Regiment, Bataillon, Compagnie, Schwadron, Batterie, Kolonne etc. - genau anzugeben.
- Schönberg. Heute, Dienstag, findet im Boye'schen Etablissement ein Conzert des auf einer Kunstreife nach den Rheinlanden befindlichem Trompeterchor des sächs. 1. Husaren=Regiments statt, das wegen seiner hervorragenden Leistungen sich des allerbesten Rufes erfreut, besonders findet Herr Stabstrompeter Müller mit seinem Cornet a Piston überall gebührende Anerkennung. Aufsehen erregten stets die Defilirmärsche des Regiments auf den nur bei der sächsischen Cavallerie gebräuchlichen Feldtrompeten. Man glaubt das Paradefeld mit den im Parademarsch vorüberziehenden Truppen zu sehen, jetzt zieht ein Cavallerie=Regiment im Schritt vorüber, dann eines im Trabe und schließlich eines im Galopp. Die Trompeter halten mit der linken Hand die Zügel ihrer Pferde, mit der Rechten die Trompeten und blasen schmetternd und rein die munteren Marschweisen. Wir können unseren Lesern den Besuch dieses Conzerts empfehlen.
- Neustrelitz, 4. August. Die Reisedispositionen unserer Allerhöchsten Herrschaften haben einige Abänderungen erfahren. Am Sonnabend reisen II. K. H. die Großherzogin nebst den Prinzessinnen Marie und Jutta, HH., zu längerem Aufenthalte nach Keppschloß bei Pillnitz, I. K. H. die Erbgroßherzogin mit den Prinzen Adolf Friedrich und Carl Borwin auf einige Zeit nach dem Seebade Heringsdorf, wo bereits ein Logis gemiethet worden ist. Se. K. H. der Großherzog begiebt sich am Sonntag nach Homburg v. d. H.
- Neustrelitz. Unser Bataillon wird zu den Herbstübungen die Garnison am 15. d. Mts. verlassen, um mit der Bahn nach Parchim befördert zu werden, wo es mit dem ganzen Regiment während des Regiments= und Brigade=Exercierens vom 15. bis 30. August Quartier bezieht. Für die spätere Zeit wird es folgende Quartiere einnehmen: am 31. August und 1. Sept. das ganze Bataillon in Crivitz, am 2. September im Biwak, am 3., 4. und 5. der Stab und 2 Compagnien in Klefeld mit Brahlstorf und Brahlstorfer Hütte, 2 Compagnien in Langen=Brütz, am 6. und 7. das ganze Bataillon in Schwerin, am 8. der Stab und 1/3 Comp. in Besendorf, 2/3 Comp. in Radelübbe, 1 Comp. in Bandenitz, 1 Comp. in Alt=Zachun, 1 Compagnie in Neu=Zachun; am 8. im Biwak, am 10. und 11. der Stab und 2. Comp. in Hagenow, 1 Comp. in Paetower Stegen, 1. Comp. in Hagenower Heide.
Nach den beiden letzten Biwaks am 12. und 13. Sept. wird das Bataillon am 14. Abends in die Garnison zurückkehren.
- Neustrelitz. Am 22. August rückt unsere Batterie zu den Herbstübungen aus, hat bis zum 27. d. M. Märsche ins Manövergelände und wird nach der "L.=Z." während der ganzen Dauer ihrer Abwesenheit aus der Garnison folgende Quartiere beziehen: 22. August in Mirow, 23. und 24. in Dambeck, 25. Gnevstorf, 26. Gneven, 27. August bis 1. September Radepohl, 2. Wendorf, 3., 4. und 5. Müsselmow mit Holzendorf, 6. und 7. Schwerin, 8. 1/2 Batterie in Alt=Zachun und 1/2 in Neu=Zachun, 9. in Hagenower Heide, 10. und 11. Toddin, 12. und 13. Biwak, vom 14. September ab befindet sich die Batterie auf dem Rückmarsche und nimmt am 14. und 15. in Schwacherow Quartier, sodann am 16. in Kummer, am 17. und 18. in Möllenbeck am 19. in Wilsen, am 20. in Finken, am 21. in Mirow und wird am 22. September hier wieder einrücken.
- Neustrelitz. In der Nacht zum 4. August hat sich in dem Maschinenschuppen der hiesigen Bahnstation ein Unglücksfall ereignet. Der Eisenbahnarbeiter Köppen war beauftragt worden, zum Anheizen der Lokomotive für den Frühzug Holz von dem auf dem Maschinenschuppen befindlicher Holzboden zu holen. Als er mit seiner Bürde die letzte Sprossen einer nach dem Boden führenden heiter niederstieg, fuhr die für den Güterzug nach Berlin bestimmte Lokomotive, auf die er seine Laterne gestellt hatte, aus dem Maschinenschuppen. Er rief dem Lokomotivführer zu zurückzufahren. Dabei geschah es nun, daß die Puffer der Lokomotive den Arbeiter faßten und an die Wand rückten, wobei er an der Brust eine Quetschung erlitt. Der linke Arm und der linke Kinnbacken sind schwer geschädigt und ausgereckt und das linke Auge völlig umgedreht. Der Hinterkopf, der bei dem Anprall auf einen in der Wand befindlichen Nagel geschlagen war, weist eine klaffende Wunde auf. Als der Lokomotivführer den Angstschrei hörte, fuhr er sogleich die Maschine vor, aber was geschehen war, war nicht mehr zu ändern. Der Lokomotivführer befreite den Verunglückten aus seiner traurigen Lage, schaffte ihn nach dem Bahnhofe, von wo aus ihn zwei Arbeitsleute zunächst in seine Wohnung führten und einen Arzt herbei riefen, der die Wunden verband und die nöthigen Anordnungen traf. Vormittags ist Köppen ins Carolinenstift geschafft worden, weil sich sein Zustand erheblich verschlimmert hat. (L.=Z.)
- Gadebusch, 5. August. Dem gestrigen Markte waren 130 Ferkel und 3 Faselschweine zugeführt, von denen erstere bei nicht sehr lebhaftem Handel einen Preis von 9-12 M. für 5-9 Wochen alte Thiere erzielten. Zwei Faselschweine im Alter von 13-14 Wochen gelten einen Preis von je 33 M. Eins blieb unverkauft.
- Mirow, den 5. August. Eine entsetzliche Blutthat hat sich hier ereignet. Heute Morgen wurde der Schuhmacher Träger von seiner Ehefrau und drei Kindern in seiner Wohnung ermordet aufgefunden. Das vierte und jüngste Kind, ein Knabe von drei Jahren, lebt zwar noch, ist aber ebenfalls schwer verwundet. Die Mordthat muß schon gestern Abend verübt worden sein, da sämtliche ermordete noch angekleidet und die Betten unbenutzt waren. Auch haben einige Nachbarsleute gestern Abend Lärm in der T.schen Wohnung gehört. Als Mörder wird der inzwischen verschwundene Geselle des T. angesehen, der auch einen Zettel hinterlassen haben soll, auf dem er sich als Mörder bekennt; ebenso hat der noch lebende dreijährige Sohn des T. ausgesagt, daß der Geselle ihn geschlagen habe. Zur Feststellung des Thatbestandes sind aus Neustrelitz hier eingetroffen: der Erste Staatsanwalt, der Kreisphysikus Dr. Peters und der Amtsrichter Schumann. Dringend verdächtig der entsetzlichen Blutthat, ist der Schuhmachergeselle Ludwig Draube aus Malchin. Draube ist, wie der Criminalpolizei mitgetheilt wird,

[ => Original lesen: 1892 Nr. 62 Seite 6]

am 21. Februar 1864 geboren, mittelgroß, von schwächlicher Statur, hat blasses Gesicht, hellblonde Haare und hellblonden Schnurrbart. Ursprünglich hatte man angenommen, daß er sich am 5. August mit dem ersten Zuge von Mirow nach Neustrelitz und von dort alsbald auf der Bahn weiter begeben habe; das hat sich aber allem Anschein nach als unrichtig herausgestellt, ebenso die Annahme, daß er mit blauem Jacket und grauem, weichem Filzhut bekleidet gewesen sei. Vermuthlich hat sich Draube den schwarzen, langen Rock und schwarzen, runden Filzhut des ermordeten Träger angeeignet und in dieser Kleidung noch in der Nacht vom 4. zum 5. August Mirow zu Fuß verlassen. An allen Anhaltspunkten, wohin sich Draube gewendet, fehlt es zur Zeit; auf einem von ihm am Thatort zurückgelassenen Zettel bezeichnet er sich selbst als Thäter und erklärt, sich nach Amerika begeben zu wollen. Der erste Staatsanwalt aus Neustrelitz ersucht in einem an die Behörden gerichteten Aufruf Jedermann, etwaige Spuren des Draube unverzüglich zu seiner Kenntniß zu bringen. Zugleich wird Demjenigen, der den Aufenthalt des Mörders derartig nachweist, daß seine Verhaftung erfolgt, eine Belohnung von dreihundert Mark zugesichert.
- Die Kissinger haben, wie süddeutsche Blätter berichten, dem Fürsten Bismarck für ewige Zeiten die Kurtaxe erlassen. Der Fürst hat freundlich erwidert, er hoffe, von dieser Begünstigung noch lange Gebrauch machen zu können.
- Mit dem Bochumer Schienenprozeß, der von dem Landgericht in Essen verhandelt wird, kommt es gerade so, wie mit dem Xantener Knabenmordprozeß. Ueber beide Angelegenheiten sind Ströme von Tinte verschrieben worden, und zum Schluß heißt es beide Male Freisprechung. Auch im Bochumer Prozeß hat nunmehr die Staatsanwaltschaft selbst die Anklage fallen lassen und die Freisprechung beantragt. Nur ein Vorarbeiter soll einen Monat erhalten. Darum also die monatelange Untersuchung und das kostspielige Gerichtsverfahren.
- Die deutsche Ansiedelungskommission hat das 2000 Morgen große Rittergut Mileszin im Kreise Gnesen angekauft.
- Seltene Dankbarkeit ist dem Sohne einer Wittwe zu Frankfurt a. M. zutheil geworden, welcher als Lohn für die Rettung eines älteren Herrn aus der Donau bei Pest im Jahre 1889 von diesem Herrn zum Universalerben seines 236 000 Gulden betragenden Vermögens eingesetzt wurde.
- Ueber künstliche Schutzimpfung gegen asiatische Cholera machen Prof. Dr. Brieger, Abtheilungsvorsteher im Kochschen Institut für Infektionskrankheiten in Berlin, und sein Assistent Dr. Wassermann interessante Mittheilungen in der neuesten Nummer der "Deutschen Medizin. Wochenschr." Schon früher hatten sie gemeinschaftlich mit Prof. Kitasato über ein Verfahren berichtet, Meerschweinchen gegen eine nachfolgende Injektion mit vollgiftigen Kochschen Cholerabazillen widerstandsfähig zu machen. Die damals geübte Methode beruht auf der Züchtung von Cholerabazillen in wässerigen Auszügen zahlreicher Organe, insbesondere der Brustdrüse von Kälbern. Seitdem war Prof. Brieger unablässig bemüht, dieses Verfahren weiter zu prüfen und einfachere Methoden zu finden, und Geheimrath Koch hat diese Versuche stets mit Interesse verfolgt. In verschiedenen Fällen ist es gelungen, Thiere gegen Einimpfung von Choleragift widerstandsfähig zu machen. Daraus ist aber noch nicht zu schließen, ob und wann dieses Verfahren auch bei Menschen angewandt werden kann.
- Eine für Gemeindebehörden wichtige Entscheidung wird aus Straßburg gemeldet. Ein Schüler hatte sich in der Schule infolge mangelhafter Beschaffenheit einer Schulbank eine schwere Verletzung zugezogen. Die Klage der gesetzlichen Vertreter des Knaben hatte den Erfolg, daß die zur Unterhaltung der Schule verpflichtete Gemeinde zur Zahlung einer Entschädigung von 6000 Mark verurtheilt wurde. Das Oberlandesgericht zu Colmar hat das Erkenntniß bestätigt.
- Recht ergreifende Geschichten aus dem Leben Berlins kann das Leichenschauhaus erzählen, welchem jährlich die vielen Opfer der Unglücksfälle, Verbrechen, Selbstmorde, zugewiesen werden. Nach dem Verwaltungsbericht des Polizeipräsidiums sind in den letzten zehn Jahren 10,852 Personen dem Leichenschauhause zugeführt worden und so mancher Lebensroman hat hier seinen düsteren Abschluß gefunden. In der Liste der Todesursachen finden sich 6 "Enthauptete" aufgeführt, 31 Personen sind als "ermordet" bezeichnet, 1650 hatten sich erhängt, 585 erschossen, 651 vergiftet. Die Zahl der Ertrunkenen belief sich auf 940, in 42 Fällen hatte Blutvergiftung den Tod herbeigeführt, 295 Personen waren an Brandwunden gestorben. In 372 Fällen war Ueberfahren die Todesursache, 6 Personen sind durch Blitzschlag getödtet, 27 erfroren, 20 haben sich das Genick gebrochen, 375 starben an Schädelbruch. Sonnenstich ist nur zehn Mal verzeichnet, Hitzschlag dreimal. Todesfälle in Folge von Kohlendunstvergiftung sind trotz der Abschaffung der Ofenklappe noch immer 59 Mal vorgekommen, ihnen reihen sich 14 Fälle der Leuchtgasvergiftung an. Die Zahl der neugeborenen Kinder, welche todt aufgefunden wurden, betrug 267. Sehr zahlreich sind auch die Fälle, in denen der Tod durch "Sturz aus dem Fenster" verursacht worden ist; der Bericht zählt deren 437 auf.
- Für einen Kanal quer durch Irland, um die Gefahren der irischen See zu vermindern, tritt Sir Edward Watkin noch in der "Times" ein.
- Ein deutsch=amerikanischer Poet, Konrad Nies, der mit dem newyorker Gesangverein Arion die Wanderfahrt durch Deutschland gemacht hat, ist durch die Festtage am Rhein, durch die Feier auf dem Niederwald zu nachstehendem Gedichte angeregt worden:
        Wir kamen vom Hudson wohl über das Meer,
    Zum Rheine gefahren, dem alten,
    Vom Stamme Germanias ein sangfrohes Heer,
    Das Deutschland die Treue gehalten.
    Was einst unserer Jugend die Heimath beschied,
    Als Führer in Freuden und Schmerzen:
    Den deutschen Frohsinn, das deutsche Lied,
    Noch tragen wir tief sie im Herzen!

        Und was auch der Hudson uns Holdes gerauscht
    Von mächtigem Werden und Wagen,
    Wir haben doch immer meerüber gelauscht
    Nach heimischen Sängen und Sagen.
    Und was auch an Ehre und Glück und Gewinn
    Die Welt uns gegeben, die neue,
    Es wob uns doch immer ein Traum durch den Sinn
    Von deutscher Liebe und Treue.

        Nun rauschet zu unsern Füßen der Rhein
    Vorüber an Rebe und Aehre,
    Und über uns grüßet auf ragendem Stein
    Germania, die herrliche, hehre!
    Und wir greifen zum Glas, drin golden es quillt
    Vom feurigem rheinischen Weine,
    Und wir jubeln hinauf zu dem erz'nen Bild
    Und hinab zum wogenden Rheine.

        Du Land uns'rer Jugend, du blühendes Land,
    Von Eichen und reben umwoben,
    Dir wollen auf's Neue mit Herz und mit Hand
    Wir Liebe und Treue geloben!
    Laßt klingen die Gläser, laßt perlen den Wein,
    Laßt die Lieder brausen und tönen!
    Hoch lebe Germania! Hoch lebe der Rhein!
    Und dreifaches Hoch seinen Söhnen!

- Kronprinz Friedrich Wilhelm, der spätere Kaiser Friedrich, hatte, wie bekannt, dem Feldzuge von 1864 gegen Dänemark nur als Zuschauer im Hauptquartier des General=Feldmarschalls Grafen Wrangel beigewohnt. Nach seiner Rückkehr von dort - so erzählt der Bär - saß der hohe Herr im Kreise der Seinigen und erzählte ihnen von seinen Kriegserlebnissen. Unermüdlich in seinen Fragen zeigte sich dabei der kleine Prinz Wilhelm, der jetzige Kaiser, dem der Herr Papa nicht genug zu erzählen vermochte. Plötzlich wurde dem Thronfolger ein Hofbeamter gemeldet, der den späteren Sieger von Wörth in einer wichtigem Angelegenheit sprechen wollte. Der Kronprinz hieß seinen Aeltesten vom Schoße heruntersteigen und begab sich in's Nebenzimmer. Kaum aber hatte der Beamte seinen Vortrag begonnen, als Prinz Wilhelm erschien und rief: "Papa, Papa, Du mußt mir erst alles zu Ende erzählen" - "Ach was, Junge, laß mich los," wehrte der Vater dem Sohne, "ich weiß nichts mehr - ich war ja doch blos Schlachtenbummler im Lager Papa Wrangels." Sprach's und schob den wißbegierigen Kleinen zur Thür hinaus.


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