[ => Original lesen: 1891 Nr. 55 Seite 1] Die öffentliche Meinung der englischen Hauptstadt ist darin einig, daß niemals einem auswärtigen Monarchen ein ähnlich großartiger Empfang geworden ist, wie dem deutschen Kaiser. Ueberall im Publikum entwickelt sich eine förmliche Begeisterung für den Kaiser und die Kaiserin, "jeder Zoll ein Kaiser!", "eine entzückende Frau!" das war das allgemeine Urtheil. Vergebens suchte beim Einzuge in die City ein Haufen deutscher Sozialisten, welcher sich unter die Menge vertheilt hatte, alle britischen Uniformen auszuzischen. Das Gezisch ging unter den tosenden Hurrarufen verloren. Die englische Regierung hatte in vermeinlich übergroßer Vorsicht 8000 Mann Militär, darunter 4 Regimenter Reiterei, zur Wahrung der Ordnung in den Straßen aufgeboten, wozu dann noch Tausende von Polizisten kamen; diese Vorsicht war auch gegenüber der nach Hunderttausenden zählenden Menschenmenge durchaus nicht ganz überflüssig. Auch leisteten zwei Feldlazarett=Abtheilungen mit einem Tragbett, einem Wundarzt, einem Officier und acht Gehilfen vortreffliche Dienste, besonders bei Ludgate Circus, wo nicht weniger als 28 Ohnmachtsfälle vorkamen. Die Ausschmückung der Straßen war eine glänzende, es wimmelte nur so von Fahnen und Bannern. Zwischen ungeheuren mit Laub verbundenen Masten wogte eine enorme Menschenmasse, welche das stattliche und jugendschöne Kaiserpaar begrüßten. Der Empfang in Guildhall war ebenso vornehm wie imposant. Bei dem folgenden Frühstück hielt der Kaiser eine kurze, aber kernige Friedensrede. Am Abend fand im Buckinghampalast ein großer Hofball zu Ehren des Kaiserpaares statt. Der Ballsaal und die Zugänge zu demselben waren mit Blumen, Palmen und seltenen Pflanzen auf das Reichste geschmückt. Die Festlichkeit, welche sich bis zum frühen Morgen ausdehnte, wurde vom Kaiser mit der Prinzessin von Wales und von der Kaiserin mit dem Prinzen von Wales eröffnet. Trotz aller Anstrengung machte der Kaiser schon am frühen Sonnabend wieder einen Spazierritt und besichtigte dabei die aus Veteranen bestehende Yeomen=Leibgarde, sich mit vielen der alten Krieger unterhaltend. Mittags wohnte der Kaiser einem Frühstück beim deutschen Botschafter Grafen Hatzfeld bei und empfing dort auch eine Deputation von Deutschen. Nachmittags war dann große Parade. 23 000 Mann, darunter 16 500 Mann Londoner Freiwillige, standen in der Parade, welche vom Herzog von Cambridge befehligt wurde. Man darf Paraden der englischen Freiwilligen nicht nach deutschem Maßstab messen, manche Officiere verbargen nur mühsam ihre Heiterkeit, aber die Leute gaben sich wenigstens ersichtlich Mühe, und das erkannte auch der Kaiser lobend an. Als der Kaiser, welcher Kürassier=Uniform mit schwarzem Harnisch trug, auf dem Paradeplatze eintraf, feuerte die Artillerie Salut. Nach der Besichtigung der Front, die bei den regulären Truppen ziemlich flott von Statten ging, bei den Freiwilligen aber viel zu wünschen übrig ließ, kehrte der Kaiser wieder zurück. Mindestens eine Million Menschen war zur Theilnahme des militärischen Schauspieles hinausgeströmt und begrüßte den Kaiser auf das Lebhafteste. Abends verweilten die Fürstlichkeiten im Krystall=Palast, wo dem Kaiserpaare ein glänzendes Feuerwerk gegeben wurde. Sonntag vormittag besuchten beide Majestäten den Gottesdienst in der Pauls=Kathedrale. In den Straßen waren abermals Tausende von Menschen versammelt. Nach der Kirche fand ein gemeinsames Frühstück der fürstlichen Herrschaften statt. Am Nachmittage fuhr der Kaiser nach dem Landsitz des Ministerpräsidenten Lord Salisbury, Hetfield in der Grafschaft York, und wurde dort von der ländlichen Bevölkerung auf das Wärmste willkommen geheißen.
Ueber die Ankunft des Kaisers in Port Victoria werden jetzt nachstehende recht pikante Einzelheiten bekannt: "Unter dem malitiösen Einfluß eines außergewöhnlich günstigen Windes landete der "Hohenzollern" in Port Victoria eine Stunde vor der Zeit, die das officielle Programm festgesetzt hatte. Infolgedessen traf es sich, daß der Prinz von Wales, der zur Begrüßung seines kaiserlichen Neffen mit dem Expreßzug von Charing=Croß herbeikam, eine Stunde zu spät anlangte. Der Kaiser mußte also eine volle Stunde warten und seine vorzeitige Ankunft hat eine heillose Verwirrung hervorgerufen. Die Kanonen vergaßen loszugehen. Die hohen Functionäre der Marine versuchten ihre Bestürzung vergeblich unter dem obligaten Willkommenslächeln zu verbergen. Hofmarschälle suchten furchtlos die Ehrengarde, die nirgends zu finden war und die endlich in vollständiger Unordnung herbeigerannt kam, wobei es sich zeigte, daß mehrere Soldaten in der Eile vergessen hatten, ihre Säbel umzuschnallen. Nach zehn Minuten hatten die officiellen Persönlichkeiten, welche mit der Leitung der Empfangsfeierlichkeiten betraut waren, den Strom ihrer Beredsamkeit erschöpft, und es entstanden die längsten Verlegenheitspausen, da Niemand auf ein einstündiges Tête-à-Tête mit Kaiser Wilhelm II. vorbereitet war. Endlich erschien der Prinz von Wales und begann sich in Entschuldigungen zu erschöpfen. Der Kaiser aber fiel ihm ins Wort und bemerkte: "Sie sehen wohl, lieber Onkel, daß man keinen Tunnel braucht, um England zu überrumpeln," worauf er mit einer Anspielung auf die Uniform, die er trug, angeblich hinzugefügt haben soll: "Glücklicherweise war ich heute ein englischer Admiral."
Die Kaisertage in England sind vorüber, Kaiser Wilhelm ist, nachdem er, hocherfreut über den ihm bereiteten Empfang, noch einen Tag zugegeben hat, am Montag Abend von London nach Edinburg abgereist. Die Kaiserin hat sich nach Felixstown, wo die kaiserlichen Prinzen seit 8 Tagen schon weilen, begeben, um dort mit ihren Kindern noch längere Zeit die stärkende Seeluft zu genießen, während der Kaiser von Leith aus seine neue Nordlandfahrt angetreten hat.
Der Londoner "Standard" bespricht den Besuch des Kaisers Wilhelm in Hatfield und meint, daß die Leitung der Geschäfte durch Lord Salisbury, mögen sie nun nach dem Schluß des gegenwärtigen Parlaments verlängert werden oder nicht, einen ehrenvollen Platz erhalten werde in der Geschichte, in
[ => Original lesen: 1891 Nr. 55 Seite 2]welcher auch der gut vorbereitete und in jeder Hinsicht so glücklich ausgeführte Kaiserbesuch verzeichnet sein werde. Die "Times" macht abermals darauf aufmerksam, das bei augenblicklicher politischer Lage kein Staat, ob groß oder klein, bedroht sei. Die großen Staaten, welche sich unter einander verbunden hätten, wahrten nicht nur die Interessen des Friedens, sondern sie schützten auch die kleineren Staaten.
Im "Reichsanzeiger" ist soeben das Sperrgelder=Gesetz veröffentlicht worden; dasselbe trägt das Datum vom 24. Juni.
Bebel hat in einer in der vorigen Woche in Berlin abgehaltenen Versammlung den "Jungen" die Aussicht auf ein neues Sozialistengesetz für den Fall eröffnet, daß die Sozialdemokratie wiederum in das Fahrwasser der radikalen Opposition hineingeraten sollte. Hierzu bemerkt die "Nationalliberale Korrespondenz", was folgt: Es ist bezeichnend, daß von sozialdemokratischer Seite zum ersten Mal das Wort von einem neuen Sozialistengesetz fällt. Es hat seit dem Erlöschen des Sozialistengesetzes auch von den früheren Anhängern desselben niemand wieder von einer Erneuerung dieses Gesetzes gesprochen; man will ruhig abwarten, welche Entwickelung die Dinge ohne besondere Abwehrmaßregeln nehmen werden. Bisher ist auch nichts vorgefallen, was die Ueberzeugung einflößen müßte, das es ohne Ausnahmegesetze nicht gehe. Herr Bebel aber ist es, der uns eine solche Entwickelung, und zwar binnen kürzester Zeit prophezeit.
Das ungarische Amtsblatt veröffentlicht jetzt das Gesetz betr. die Verstaatlichung der ungarischen Linien der österreichisch=ungarischen Staatsbahn=Gesellschaft.
Das französische Geschwader ist am Freitag bei Sandhamm eingetroffen und dort von einem kleinen schwedischen Geschwader empfangen worden. Später ankerte das Geschwader bei Vaxholm. Der Admiral Gervais kam mittags nach Stockholm und abends hat bei dem Minister des Auswärtigen ein Diner zu Ehren der französischen Gäste stattgefunden.
Ueber Getreideaufkauf seitens der Militärverwaltung in Rußland wird aus Petersburg vom 13. Juli gemeldet: Die Haupt=Intendanturverwaltung hat den Bezirks=Intendanturverwaltungen vorgeschrieben, gegenwärtig, wo das Getreide noch verhältnißmäßig billig ist, für Ergänzung der Getreidevorräthe zur Verpflegung der Truppen zu sorgen.
Der bekannte Araber=Häuptling Tippo Tip ist mit einer gewaltigen Elfenbein Karawane in Bagamoyo in Deutsch=Ostafrika angekommen. Mit den Deutschen steht er sich jetzt sehr gut, um so schlechter aber mit den Engländern, da Stanley ihm einen Prozeß an den Hals gehängt hat. Infolge der großen Elfenbeineinfuhr in Deutsch=Ostafrika tritt übrigens Hamburg als scharfer Concurrent von London auf, das bisher den Haupt=Elfenbeinmarkt der Welt hatte.
Telegramme aus Cairo bestätigen das Auftreten der Cholera in Mekka.
- Schönberg. Dem Kaufmann W. Maaß hieselbst wurde auf der vom Hamburg=Altonaer Geflügelzucht=Verein vom 11.-14. d. M. veranstalteten Geflügel=Ausstellung für einen Stamm schwarzer Minorka der 1. Preis und der Ehrenpreis zu theil.
- Schönberg. Beim Spielen auf einer Mauer fiel am Sonntag der 7jährige Knabe des Arbeitsmanns V. in Lindow in den neben der Mauer befindlichen Teich und mußte, da Niemand den Fall bemerkt hatte, ertrinken.
- Neustrelitz, 11. Juli. Heute stand vor dem Landgerichte eine Verhandlung an, die ein allgemeines Interesse haben dürfte, zumal Vorfälle, wie die in Rede stehenden, fast täglich vorkommen, ohne daß sich die Betheiligten dabei ihrer strafbaren Handlungsweise bewußt sind, oder sie glauben, daß alles glatt ablaufen werde. Ein Schlachter und zwei Arbeiter hatten im Dolgener See Krebse gefangen und aus einem dem Oberförster G. gehörigen und verschlossenen Behälter Krebse und Fische gestohlen und diese an den Handelsmann H. verkauft. Sie wurden mit 2-4 Monaten Gefängniß bestraft, während dem Handelsmann H., der mehrmals gestohlene Krebse und Fische gekauft hatte, eine Zuchthausstrafe von einem Jahre zuerkannt wurde. Dieses Urtheil soll zur Vorsicht gemahnen, gestohlene Waaren nicht zu kaufen.
- Stargard, 12. Juli. Ueber den Verlauf der Einweihungsfeier der neurestaurirten Kirche zu Alt=Käbelich, an welcher II. KK. HH. der Großherzog und die Großherzogin Theil nahmen, ist Folgendes zu berichten: Superintendent Langbein hielt die Weiherede der Kirche, die vor 600 Jahren, im Jahre 1291, zum ersten Mal geweiht wurde. Jetzt ist die Kirche gründlich restaurirt worden. Sie hat neues Gestühl, neue Fenster, eine neue Orgel erhalten; der Altar ist verrückt worden und ist mit einer neuen Bekleidung versehen. Aus diesen Gründen vernothwendigte sich eine neue Weihe. Diese Kirche ist die 21. Kirche des Landes, die während der 31 Regierungsjahre des Großherzogs geweiht wird und die 15. landesherrlichen Patronats. Der Orts=Pastor Beckström ging in seiner Festpredigt auf die Geschichte der Käbelicher Kirche ein und schilderte die Stürme, die im Laufe der Jahrhunderte über dieselbe hinweggerauscht sind. U. a. erzählte er, daß zur Zeit, als Pastor Horn der ältere in Käbelich eingeführt wurde, Napoleon mit seiner Schreckensherrschaft das deutsche Land bedrückte. Zwei Mal hatte derselbe vergebens versucht, seine Antrittspredigt zu halten. Das erste Mal trafen gerade die Reste der Geschlagenen von Jena ein, den Sonntag darauf aber kamen die siegreichen Franzosen. Bei Oeffnung des Altars fand man eine Urne, welche die Stiftungsurkunde enthielt, kraft welcher die Kirche der Jungfrau Maria und dem Bischof Nikolaus geweiht ist. Außerdem lagen darin einige in seidene Läppchen gewickelte Knochen (wohl Ueberbleibsel von Heiligen). Eine Abschrift der aufgefundenen Urkunden, sowie der neu anzufertigenden Urkunde wird auf Allerhöchsten Befehl im Archiv zu Neustrelitz niedergelegt werden. Die Feier wurde noch verschönert durch den Vortrag eines Männerchors (Tedeum von Silcher) und eines gemischten Chors (Herr, ich habe lieb die Stätte etc. von Spieckermann). Nach Schluß der Feier nahmen die Allerhöchsten Herrschaften ein Diner bei S. Exc. dem Staatsminister von Dewitz in Kölpin ein und reisten alsdann wieder über Stargard in die Residenz zurück.
Am 10. Juli ereignete sich in Roggendorf bei Gadebusch ein großes Unglück. Beim Gutspächter Militz waren die Leute mit Heueinfahren beschäftigt und beim Einfahren des letzten Fuders brach an einer Seite des Wagens die Lünzenstange. Der Weg läuft gerade an einem ziemlich hohen Berg entlang, als das Fuder umschlug und dreimal um sich drehend die darauf sitzenden 5 Leute unter sich begrub. Die Leute wurden schrecklich zugerichtet. Dem einen Arbeiter Namens Wienck, war der Kopf vollständig gequetscht, auch erlitt W. Rippen=, Arm= und Beinbruch; der Bedauernswerthe starb auf der Stelle. Auch die übrigen erlitten verschiedene Verletzungen, als Rippenbrüche und starke Quetschungen.
- Ein Blitz entzündete in Adamsdorf bei Penzlin (Mecklenburg) das Viehhaus des Freiherrn von Kapherr. 1000 Schafe verbrannten.
- Lübeck. Dem Vernehmen nach haben die Landleute in Palingen dem hiesigen Bataillon, das bekanntlich häufig Uebungen auf der Palinger Haide abhielt, erklärt, sie würde künftig das Betreten ihrer Haide=Ländereien nur noch gestatten, wenn sie für jeden Tag mit 200 M. entschädigt würden. Wenn sich diese Meldung bestätigt, dürfte die Folge sein, daß das Bataillon seine Uebungen jetzt mehr auf dem der Stadt näher gelegenen Wesloer Platz abhalten wird. Im August findet das Regiments=Exerzieren der 76er und 75er, und dann das Exerzieren der 33. Infanterie=Brigade auf der Palinger Haide statt. Hatte man früher von den Forderungen der Palinger Kenntniß gehabt, so würde man sich vielleicht für einen anderen Platz entschieden haben und unsere Stadt wäre von der bevorstehenden Einquartierung verschont worden. Jetzt ist es wohl zu spät. (E. Z.)
- Die Abtheilung Berlin der deutschen Kolonialgesellschaft hat für die besten Arbeiten über das Thema: "Welche Aussichten bietet Deutsch=Südwestafrika deutschen Ansiedlern?" ein Preisausschreiben erlassen. Der erste Preis wird 1000 Mark, der
[ => Original lesen: 1891 Nr. 55 Seite 3]zweite Preis 500 Mark betragen. Die Arbeit soll enthalten: unsere gegenwärtigen Kenntnisse der natürlichen Verhältnisse d. h. des Bodens, des Klimas, der Flora und Fauna Südwestafrikas, einen Vergleich derselben mit denjenigen des übrigen Südafrika und die Folgerungen, welche sich hieraus mit Rücksicht auf Bebauung des Landes und auf Viehzucht ergeben. Die Arbeiten müssen bis zum 1. Februar 1892 eingeliefert werden.
- In der Woche vom 1. bis 7. d. M. wurden in Berlin 30 Selbstmorde festgestellt, die höchste bis jetzt dagewesene Ziffer.
- Die Gesammtbaukosten der Berliner Stadtbahn belaufen sich auf 60 538 000 M., d. i. bei etwas über 12 Kilometer Länge auf rund 5 Millionen Mark für einen Kilometer.
- Die Kosten der Volkszählung für Berlin pr. 1890 betrugen 47 479,11 Mk. Für die Kosten der Zählpapiere erstattete das königl. statistische Bureau 6213,93 Mk.
- Der Centralbahnhof in Bremen war am Dienstag Nachmittag der Schauplatz einer schrecklichen Blutthat, der leider einer der dortigen ältesten Schutzleute, Herm. Ludw. Kostens, zum Opfer gefallen ist. Ein kaum dem Knabenalter entwachsener Bursche Namens Krebs war es, der das Unheil anrichtete. Derselbe war, so schreibt die "W. Z." als kleiner Kellner einige Tage beim Wirth Doden am Markt beschäftigt, lernte hier Hausgelegenheit kennen und entwendete Montag Nachmittag eine Geld und Sparkassenbücher enthaltende Casette. Der Bestohlene unterrichtete alsbald die Polizei, welche den Dieb auf dem Centralbahnhof, wo er auch kurze Zeit thätig gewesen ist, dingfest machte. Im Polizeibureau wurde er einem kurzen Vorverhör unterworfen, in dessen Verlauf ein zweiter Polizeibeamter sich auf die Nachricht hin fortbegab, daß die Casette auf dem Bahnhof gefunden worden sei. Kostens hat sodann den Dieb, mit dem er sich allein befand und den man, da er nur ein schwächlicher und unbedeutender Bursche war, nicht gefesselt hatte, visitirt, und vermuthlich bei dieser Gelegenheit ist er von Krebs durch einen Revolverschuß niedergestreckt worden. Eine zweite Kugel schoß Krebs auf sich selbst ab, er brach sofort todt zusammen. Kostens, dem die Kugel oberhalb des Auges in den Kopf drang, worauf sie seitlich wieder heraus flog, lebte noch zwei Stunden, vorauf er im Krankenhaus, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben, den Geist aufgab.
Anzeigen.
Konkursverfahren.
Ueber das Vermögen des Tischlermeisters und Büdners Johann Jahns zu Cronscamp ist heute am 15. Juli 1891, Vormittags 11 3/4 Uhr, das Konkursverfahren eröffnet.
Der Rechtsanwalt Fölsch hierselbst ist zum Konkursverwalter ernannt.
Offener Arrest, Anzeige und Meldefrist bis 1. September 1891.
Erste Gläubigerversammlung zur Beschlußfassung eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und eintretenden Falls über die in § 120 der K.=O. bezeichneten Gegenstände
Sonnabend, den 15. August 1891,
Vormittags 11 Uhr.
Allgemeiner Prüfungstermin
Dienstag, den 22. September 1891,
Vormittags 11 Uhr
vor dem unterzeichneten Gerichte.
Schönberg i/M., den 15. Juli 1891.
Großherzogl. Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
Veröffentlicht
H. Diederich,
Amtsgerichtsactuar.
Bekanntmachung.
Die unterzeichnete Kommission macht hierdurch auf die Bestimmungen in den §&ect; 89 und 91 der Wehrordnung vom 22. November 1888, betreffend die Nachsuchung der Berechtigung zum einjährig=freiwilligen Militärdienste und den Nachweis der dazu erforderlichen wissenschaftlichen Befähigung mit dem Bemerken aufmerksam, daß die Herbstprüfungen in der zweiten Hälfte des Monats September stattfinden werden, und daß Gesuche um Zulassung zu dieser Prüfung bis zum 1. August d. J. angebracht werden müssen.
Schwerin, den 10. Juli 1891.
Großherzogl. Mecklenb. Prüfungs=Kommission für Einjährig=Freiwillige.
Bekanntmachung.
In der diesseitigen Genossenschafts=Versammlung am 18. Juni d. J. sind
1. wiedergewählt als Mitglied bezw. Ersatzmann zum Vorstande die Herren Pächter Kaiser=Stove und Pächter Hesse=Römnitz.
2. gewählt als Ersatzmann zum Beschwerde=Ausschuß Herr Administrator Hampe=Badresch.
Neubrandenburg, den 6. Juli 1891.
Der Vorstand der Meckl.=Strelitz'schen Landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft.
Großherzoglich Mecklenburgische Friedrich=Franz=Eisenbahn.
Sonderfahrt
nach Lübeck
zu ermäßigten Fahrpreisen.
In Veranlassung des Lübecker Volksfestes werden am
Sonntag, den 19. Juli d. J.
folgende Sonderzüge abgefertigt:
A. Vorm. 6.50 ab Schwerin an 11.40 Abds.
Vorm. 7.20 ab Kleinen 11.10 Abds.
Vorm. 7.34 ab Bobitz 10.43 Abds.
Vorm. 7.42 ab Plüschow 10.31 Abds.
Vorm. 8.00 ab Grevesmühlen 10.14 Abds.
Vorm. 8.13 ab Grieben 10.01 Abds.
Vorm. 8.30 ab Schönberg 9.40 Abds.
Vorm. 8.46 ab Lüdersdorf an 9.26 Abds.
Vorm. 9.00 an Lübeck ab 9.10 Abds.
B. Vorm. 6.35 ab Wismar an 11.41 Abds.
Vorm. 6.57 an Kleinen ab 11.22 Abds.
Von Kleinen bis Lübeck und umgekehrt benutzen die Reisenden aus Wismar die Sonderzüge unter A.
Auf den vorgenannten Stationen und Haltestellen werden am 19. d. Mts. Fahrkarten zur Fahrt nach Lübeck und zurück in II. und III. Wagenclasse zum einfachen Fahrpreise ausgegeben.
Diese Fahrkarten berechtigen am 19. d. Mts. sowohl für Hinfahrt, wie für die Rückfahrt nur zur Benutzung der Sonderzüge, am 20. d. M. aber für die Rückfahrt zur Benutzung aller fahrplanmäßigen Züge, soweit solche auf den betreffenden Stationen halten.
Gepäck wird auf diese Fahrkarten zu ermäßigtem Preise nicht befördert.
Schwerin, den 14. Juli 1891.
Großherzogliche General-Direction.
Oeffentl. Zwangsversteigerung.
Sonnabend, den 18. Juli d. J., Vormittags 9 Uhr sollen im Pfandlocal hieselbst
der Kammgarnstoff zu einem Herrenanzug
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Schönberg, den 13. Juli 1891.
C. Staffelt, Gerichtsvollzieher.
Zwangsverkauf.
Vor dem Hause Siemzerstraße Nr. 177 werde ich am Mittwoch, den 22. d. M., Mittags 12 Uhr 1 Eckschrank und 1 Klapptisch öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlung verkaufen.
Schönberg, den 16. Juli 1891.
Wienck,Landvogtei=Pedell.
Pianino prachtvoll, für 400 M. baar sofort zu verkaufen Berlin, Friedrichstr. 37a., I.
[ => Original lesen: 1891 Nr. 55 Seite 4]Travemünder Rennen
den 29. Juli und 1. August 1891.
Anfang 3 1/2 Uhr Nachmittags.
Das Sedanfest
wird auch in diesem Jahre in bekannter, großartiger Weise am 2. September in Ratzeburg gefeiert.
Ratzeburg, im Juli 1891.
Das Sedan-Comité.
Kriegerverein für das Fürstent. Ratzeburg.
Allgemeine Versammlung
am Sonntag, den 26. Juli 1891, Nachmittags 4 Uhr, im Vereinslocal.
Tagesordnung.
1. Abänderung des § 24 der Vereinsstatuten.
2. Feier des diesjähr. Sedanfestes.
3. Sonstige Vereinsangelegenheiten.
Der Vorstand.
Gartenbau=Verein.
Freitag, den 17. Juli, Abends 8 Uhr,
Versammlung bei Gastwirt Holldorff.
1. Beratung über Obstausstellung u. Obstmarkt.
2. Vortrag über die Verwendung der Bordeaubrühe zur Vertilgung der Insekten.
Zur bevorstehenden Ernte empfehle
eiserne Harken mit Sitz
in verschiedenen Größen und Preisen.
C. Köhncke jun.,
Maschinenbauer.
Ratzeburg.
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Schönberg. Handschuhmacher.
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Bandagist.
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1/2, 1 und 1 1/2 Liter Inhalt empfiehlt
C. Schwedt.
Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 19. Juli
Frühkirche: fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Kaempffer.
Amtswoche: Pastor Kaempffer.
Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,37 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,21 Nachm. 8,36 Abends.
Markt=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Getreide=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Viehmarkt in Hamburg. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 29.
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1891 Nr. 55 Seite 5]zu Nr. 55 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 17. Juli 1891.
- Das goldene Kästchen, welches die Bewillkommungs=Adresse der Stadtvertretung von London an das deutsche Kaiserpaar enthält, ist aus purem Gold gefertigt und reich mit Emaille und kostbaren Steinen geschmückt. In der Zeichnung sind die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen England und Deutschland angedeutet. Der Deckel enthält Ansichten aus der City, auf der Spitze erhebt sich eine Gestalt, welche die City darstellt mit dem deutschen Reichsadler, der sich in Zwischenräumen wiederholt. Unter der Erhöhung in der Mitte ist das deutsche kaiserliche Wappen angebracht mit Krone, Motto und den Schildhaltern des deutschen Reichswappens. Die Seitentheile enthalten Darstellungen, die sich auf die ehelichen Verbindungen der Königin mit dem Prinzen Albert und Kaiser Friedrichs mit der Prinzeß Royal beziehen. Das Geschäft von Maple, welches die Kaiserin besucht hat, liegt in Tottenham=Street und ist nicht nur das größte Möbelgeschäft Londons, sondern Englands, wenn nicht der Welt. Schon als Prinzessin Wilhelm hat die Kaiserin von dort vielfach Gegenstände bezogen und Maples sind, wie sie versichern, auch jetzt noch Lieferanten für den kaiserlichen Hof in Berlin.
- Was hat die deutsche Kaiserin bei ihrem Besuch in der italienischen Oper in London getragen? Ueber diese brennende Frage gehen die Meinungen der Berichterstatter der londoner Blätter weit auseinander. Nachstehend eine kleine Blütenlese aus denselben: "Die Kaiserin trug ein Goldbrocatkleid." (Times.) "Die Kaiserin erschien in einer prachtvollen weißen Seidenrobe." (Daily News). "Ihre Majestät die Kaiserin von Deutschland war in Weißbrocat gekleidet." (Daily Telegraph). "Uns erschien die Robe Ihrer Majestät seegrün mit einem Schimmer von Crême und Elfenbein." (Daily Chronicle). "Ihre Majestät trug ein Kleid aus weißem Satin." (Daily Graphic). Nun wissen wir's!
- Invaliden und Veteranen aus den Freiheitskriegen 1813/15, welche von der Invaliden= und Veteranen=Unterstützungs=Deputation Unterstützung erhalten haben, sind nicht mehr vorhanden. Einem Veteranen konnte noch im vorigen Jahr eine Weihnachtsgratifikation gewährt werden. In Betreff der Invaliden und Hinterbliebenen der Gefallenen im dänischen Feldzug (1864) ist zu bemerken, daß nur noch eine Wittwe vorhanden ist, welche als einzige Empfängerin übrig geblieben ist, und von genannter Deputation eine monatliche Unterstützung erhält.
- Sind wir schon so weit, daß derartige Vorsichtsmaßregeln, die allerdings nicht überflüssig erscheinen, öffentlich empfohlen werden müssen?! Die "Deutsche volkswirthschaftliche Correspondenz" ermahnt alle Reiseunfallversicherungsgesellschaften, in der Nähe der frequentirten Bahnhöfe Versicherungscomtoirs anzulegen und ermahnt jedermann, der eine Reise antreten will, bei diesen Comptoirs eine Police gegen Unfälle zu lösen.
- Die Gouvernante Rosalie Zipper Bremen, welche seinerzeit ihren ehemaligen Bräutigam Ingenieur Seese in seiner Wohnung überfiel und mit kalter Ueberlegung durch vier Revolverschüsse tötete, wurde, der "K.=Z." zufolge, am Sonnabend morgen in dem Untersuchungsgefängnis in ihrer Zelle an einem aus ihren Unterkleidern gefertigten Strick erhängt vorgefunden.
- Wie mitgetheilt, war wegen des bedauerlichen Vorfalles im Bärenzwinger des Zoologischen Gartens zu Frankfurt a. M. von Seiten der Staatsanwaltschaft eine gerichtliche Untersuchung gegen die Direktion des Gartens, sowie gegen die Wärter eingleitet worden. Wie jetzt gemeldet wird, hat die Untersuchung keine thatsächlichen Belastungspunkte ergeben, weshalb das Verfahren eingestellt worden ist.
- Das sächsische Kultusministerium hat vor Kurzem den Besitzern von Apotheken den Handel mit Wein, Essig und anderen Gegenständen, die die Verkaufsgegenstände der Droguisten oder Materialisten sind, als der Würde des Standes nicht entsprechend, verboten.
- Das Fest der schlesischen Dicken wird jetzt in Reichenbach u. d. E. abgehalten. Der Schwerste erhält am Sonntag ein lebendes Schwein.
- In Heidelberg ist am vorigen Sonnabend das Scheffeldenkmal enthüllt worden. Schon von den frühen Morgenstunden an pilgerten viele Festtheilnehmer zum Schloßhof empor, wo der Festzug sich versammelte. Unter Vorantritt eines Musikcorps, an dessen Spitze das Comité, die Vertreter der Studentenschaft in vollem Wichs, das Professoren=Collegium und Gesangvereine sich befanden, setzte der Zug um 1/2 10 Uhr sich in Bewegung zu der Schloßterrasse, wo Scheffels Standbild mit unbeschreiblich schönem Ausblick auf die Stadt und das Neckarthal errichtet ist. Mit einein Musikstück, beginnend mit dem Gaudeamus, wurde der Festact eingeleitet. Darauf dankte der Vorsitzende des Comités, Geheimrath Mayr, allen die das Zustandekommen des schönen Werkes ermöglicht haben, und übergab das Denkmal der Stadt und ließ die Hülle sinken mit den Worten: "Josef Victor Scheffel! Schau herab auf deine Stadt Heidelberg und deine Verehrer". Ein einhelliger Jubelruf der dichtgeschaarten Menge begrüßte das prächtig im Sonnenglanz leuchtende Denkmal, das den Dichter als Wanderer, in Joppe, Reisetasche und hohen Stiefeln zeigt, wie er es, nach eigener Aussage, liebte, durch Berge und Thäler zu streifen. Bronzereliefs, den Trompeter von Säkkingen und den fahrenden Schüler darstellend, schmücken den Granit=Sockel, dessen Vorderseite das einfache Wort "Scheffel" trägt. Bürgermeister Wilkens übernahm im Namen der Stadt das Denkmal. In schwungvoller Ansprache betonte er: Heidelberg erfülle lediglich Pflicht der Dankbarkeit, wenn es das Standbild seines Sängers treu bewahre. Er schloß mit einem Hoch auf das engere und weitere Vaterland und deren Herrscher, Kaiser Wilhelm und Großherzog Friedrich von Baden. Begeistert stimmte die Versammlung ein, die Musik spielte "Heil Dir im Siegerkranz" und die Anwesenden sangen entblößten Hauptes mit. Die eigentliche Festrede hat Kirchenrath Hausrath gehalten. Er grüßte Scheffel als deutschen Dichter und Dichter der deutschen Studenten. Nach dieser von edler Begeisterung getragenen, die Verdienste Scheffels würdigenden Rede, vereinigten sich die Sängerchöre Heidelbergs zu dem Lied: "Alt Heidelberg Du Feine." Mit Niederlegen von Kränzen, gewidmet von Freunden Scheffels in Karlsruhe, von der Universität, von der Heidelberger Burschenschaft, deren Mitbegründer Scheffel war, von dem österreichischen Scheffelverein und von dem Heidelberger Liederkranz, schloß die Feier, der von Scheffels Angehörigen der Sohn, Lieutenant bei den badischen Leibdragonern, beigewohnt hat. Die Theilnehmer verließen nach einem Gruß an das prächtige Denkmal des Dichters die Terrasse in geschlossenem Zug, um zum größten Theil in des Schloßkellers kühlen Räumen bei fröhlicher Musikbegleitung an dem Riesenfaß einen Frühschoppen einzunehmen. Mittags vereinigte ein Bankett die Festtheilnehmer. Für den Abend war ein großer Commers und die Beleuchtung des Schlosses vorgesehen.
- Edelweiß im Riesengebirge. Vor zwei Jahren hat der Riesengebirgs=Verein versucht, das die Alpen schmückende Edelweiß auf das Riesengebirge zu verpflanzen. Wohl sind manche der ausgesetzten Pflanzen eingegangen, und zwar sind dies jüngere Exemplare, die kräftigen älteren Pflanzen dagegen haben sich akklimatisirt und gut entwickelt. Mitunter trifft man dicke Sträuße der weißen Blüten, die sich herrlich von dem grünen Rasen abheben.
- In der Nähe von Oblarn in Obersteiermark ist die Engländerin Pauline Claimned von einem
[ => Original lesen: 1891 Nr. 55 Seite 6]Felsrücken abgestürzt und später als Leiche aufgefunden worden.
- Auf dem Nordbahnhof in Paris sind in der Nacht auf den Montag zwei Expreßzüge zusammengestoßen. Es sind drei Personen schwer und 15 leicht verwundet worden. Von ersteren ist bereits eine Dame gestorben. Der Unfall ist durch die Unaufmerksamkeit eines Beamten verursacht worden, der versäumt hatte, das Haltesignal für den von Boulogne kommenden Zug zu geben.
- An der Beresina geboren. In Paris hat ein 77jähriger Greis, namens Thomas, dieser Tage im Finanzministerium seinen Jahresgehalt von 2500 Franks eingezogen. Er wurde ihm bewilligt, weil er, wie sein Taufschein besagt, an der Beresina geboren ist. Seine Mutter war ihrem Gatten, einem Offizier der kaiserlichen Garde, nach Rußland gefolgt und kam an dem furchtbaren Tage nieder, als die russischen Kugeln das auf dem Rückzug begriffene Heer zerhackten. Vater und Mutter wurden getötet; des Neugebornen nahmen sich die Kosaken an und später sorgte die russische Regierung für ihn. Aber sobald Thomas seine Volljährlichkeit erreicht hatte, trat er die Reise nach der Heimath seiner Eltern an und ließ seine französische Nationalität beglaubigen.
- Vom Vesuv meldet man, daß der Lavaerguß fortwährend im Zunehmen begriffen ist. Am Montag wurde in Frasolone ein heftiges Erdbeben verspürt.
- Wie aus Petersburg gemeldet wird, herrscht dort in den höchsten Kreisen wegen des Besuches des Deutschen Kaisers in London eine gewisse Gereiztheit, die demnächst bei Ankunft des französischen Geschwaders in Kronstadt in entschieden franzosenfreundlichen Manifestationen zum Ausdruck kommen soll.
- Eine Hungersnoth bedroht die russischen Provinzen. Im Gubernium Kostroma brach bereits der Hungerthyphus aus; in Kasan müssen sogar 146 Mitglieder des Land=Adels und 77 Poppen die öffentliche Mildthätigkeit in Anspruch nehmen.
- Der älteste Sohn des Turnvaters Jahn, Arnold Siegfried Jahn, ist Ende Juni, 79 Jahre alt, in Chicago gestorben und mit großen Ehren begraben worden. 32 Turnvereine haben der Leiche das Geleit gegeben.
- Ein Erdrutsch, bei welchem eine weiße Frau und 40 Indianer ihr Leben verloren, hat an den Ufern des Skeena=Fluß stattgefunden. Es war am 7. d. Mts., als die in der Nähe der Northern Pacific Fisch=Konservenfabrik am Skeena=Fluß seßhaften Bewohner aus der Richtung eines im Rücken der Fabrik gelegenen steilen Berges ein lautes, krachendes Geräusch vernahmen und im nächsten Augenblick eine aus Felsen, Erde und Bäumen bestehende Lawine herabstürzen sahen. Die in den Häusern befindlichen Personen vermochten zwar noch ins Freie zu gelangen, ohne jedoch dem Laufe der Lawine entgehen zu können. 9 Häuser wurden von derselben erfaßt und ihre Bewohner getödtet. Eine junge Schwedin, die Frau eines Vormannes, wurde mehrere hundert Fuß weit geschleudert und in Stücke zerschellt. Bis jetzt hat man 13 Leichen aufgefunden. Kürzliche starke Regenfälle waren die Ursache des Erdrutsches.
- In der Grafschaft Josephine in Oregon ist 40 Meilen von der Küste eine riesige unterirdische Tropfsteinhöhle entdeckt worden. Dieselbe ist so groß, daß man eine ganze Woche brauchte, um sie zu erforschen. Unter Anderem befindet sich in der Höhle auch ein kleiner See und ein 30 Fuß hoher Wasserfall. Die einzigen Spuren thierischen Lebens wurden unweit des Einganges entdeckt, wo man einige Knochen fand, welche anscheinend von Bären dorthin geschleppt wurden. Die Höhle scheint ebenso groß zu sein, wie die Riesenhöhle in Kentucky.
- Unter den Ländern, die uns vorzugsweise mit Roggen versorgen, nimmt bekanntlich Rußland eine hervorragende Stelle ein. Gewaltige Körnermengen gelangen dort in den meisten Jahren zur Ausfuhr und weit über das dreifache könnte sicher gebaut werden, wenn der Betrieb ein nur einigermaßen rationeller wäre. Es versteht sich von selbst, daß in diesem ungeheuren Staat sich die denkbar größten Boden=Abwechslungen ergeben. Heute soll etwas spezieller auf das Krongut Altan hingewiesen werden, das sich im Besitz des Kaisers Alexander befindet. Diese prachtvolle Herrschaft liegt in Sibirien und hat einen Flächeninhalt von mehr als achttausend geographischen Geviertmeilen. Gebirge und weite Ebenen, Berge und Hügelgelände kommen in bunter Abwechslung vor; herrliche, noch vielfach unbenutzte Wälder breiten sich weithin aus. Ungemein bedeutungsreich sind auch die gewaltigen Erzlager, insbesondere aber die enormen Steinkohlenflöße, die noch der Aufschließung entgegen harren. Ein großer Theil des Bodens ist mit einer fetten und fruchtbaren Schwarzerde bedeckt und auf dieser hausen die kaiserlichen Kronbauern, die ein weit glücklicheres und zufriedeneres Leben führen, wie die gewöhnlichen russischen Bauern. Man merkt ihnen sofort an, daß ihre Väter und Großväter Leibeigene der größten und mächtigsten Person des Landes waren; vielfach bevorzugt, fanden sie Gelegenheit genug, sich im Lauf der Zeit einen gewissen Grad von Wohlhabenheit zu verschaffen. Die Verwaltung des Kronguts verlangt dermalen von dem ha Land nur 40 Kopeken alljährlicher Pacht und mit der Einziehung geht man außerdem noch ungemein nachsichtig vor. Auch der Kronbauer ist gerade nicht der pünktlichste Zahler. Die Ergiebigkeit des Bodens ist eine so hohe, daß leicht gewonnen wird, was man zum Lebensunterhalt bedarf; von besonderem Fleiß und Sparsamkeit ist deshalb keine Rede und trotzdem, wie schon erwähnt, meist erfreulicher Wohlstand! Die niedrigen Preise der meisten Bodenprodukte sind es, welche zuweilen dem Kronbauer, weit mehr aber dem anderen russischen Landmann viel zu schaffen machen, und besonders Letztere nicht selten an den Rand der Verzweiflung bringen. Denke man sich die gewöhnlichen Preise in Petersburg: 1 Pud = 32 Pfd. Weizenmehl: 80 bis 90 Pfg., 1 Pud Roggenmehl: 50 bis 60 Pfg., 1 Pud gutes Ochsenfleisch: 1 Mark 20 Pfg., ein gut gemästetes Schaf kostet meistens 4 Mk, ein gut gemästetes Kalb kostet 10 Mk. und ein mittleres Schwein 8 Mk. Ein Pferd muß schon wirklich gut sein, wenn es über 100 Mk. kosten soll. Dem Bauer des Kronguts werden an Ort und Stelle gewöhnlich für 2 Ztr. Getreide 1 Mk. 50 Pfg. vergütet. Leicht erklärlich wird es somit, daß nur einige rasch aufeinander folgende gute Ernten wirklich Unsegen bringen können.
- In einer seiner letzten Nummern bringt der Landwirth eine interessante Neuigkeit, nämlich eine gelungene Kreuzung von Himbeeren und Brombeeren wobei den ersteren die Rolle der Mutter zufiel. Die meisten der daraus hervorgegangenen Sorten tragen überwiegend den Charakter der Himbeere; sie geben frisch und getrocknet einen angenehmen Nachtisch und sind zum Färben der Limonade, sowie zum Aufbessern der Farbe bei schwachen Rothweinen sehr geeignet. Der Ertrag ist ein sehr reichlicher und sicherer, da die Blütezeit erst eintritt, wenn die Eisheiligen längst vorüber sind. Dabei ist ihre Wurzelkraft eine sehr starke, so daß sie auf sonst undankbaren Ländereien einen üppigen Wuchs entfalten und eine unerwartete Rente bringen. Die meiste Empfehlung finden folgende Sorten: Ohio, als reichsttragende unter den schwarzen Hybriden, die rentabelste und beste für Großkultur, zum Einmachen und Trocknen; Greg die größte und späteste aller schwarzen Himbeeren; Tyler, die erste von allen, sehr fruchtbar und sehr wohlschmeckend, von mittlerer Größe; Johnstons Sweet, sehr früh, groß, vollständig schwarz und von feinem Duft.
- Billiges Mittel. Als zuverlässiges Mittel gegen Insekten= und namentlich auch gegen Mückenstiche wird in süddeutschen ärztlichen Fachzeitschriften das gewöhnliche Kochfalz empfohlen. Dasselbe wird in der Weise angewendet, daß die geschwollene Seite leicht befeuchtet und mit Salz tüchtig gerieben wird. Schmerz und Anschwellen lassen sofort nach, verschwinden bald ganz oder treten gar nicht ein, wenn die gestochene Stelle sofort nach dem Stiche des Insekts in dieser Weise behandelt wird. Bei der großen Einfachheit des vorgeschlagenen Verfahrens und da das Heilmittel (Salz) bei keiner Landparthie zu fehlen pflegt, wird die Probe mit demselben überall leicht zu machen sein; an der nötigen Mückenplage fehlt es im Freien gegenwärtig wohl nirgends.
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