[ => Original lesen: 1891 Nr. 54 Seite 1] Dem deutschen Antisclavereilotterie=Comité zu Cöln ist die Erlaubniß zum Vertriebe von Loosen zu einer in diesem Jahre zu veranstaltenden Geldlotterie, deren erste Ziehung vom 15.-17. October cr. stattfinden soll, im hiesigen Lande ertheilt worden.
Neustrelitz, den 7. Juli 1891.
Großherzoglich Mecklenb. Landesregierung.
F. v. Dewitz.
Das deutsche Kaiserpaar hat am Donnerstag Abend der großen Konzertfeier in der Albert=Hall in London beigewohnt. Der Kaiser trug die englische Admiralsuniform. Bei dem Eintritt der Majestäten in den Saal erhob sich das Publikum und der Chor intonierte die deutsche und englische Nationalhymne. Am Freitag fand der Besuch des deutschen Kaiserpaares in der Guildhall statt. Die ganze City war aus Anlaß dieses Besuchs auf das Glänzendste geschmückt. Die Vorbereitungen übertrafen alles bisher in London Gesehene. Guirlanden und Banner, englische und deutsche, mit Inschriften, schmückten die Straßen. Das Militär bildete von Buckingham nach der City Spalier. Auf der Fahrt nach der Guildhall wurde das Kaiserpaar durchweg von einer unabsehbaren Menge sehr freundlich begrüßt. Am Eingang der Guildhall wurden die Majestäten von dem Lordmayor, den Aldermen, sowie von dem Prinzen und der Prinzessin von Wales und den andere Fürstlichkeiten empfangen. In der Bibliothek hat der Kaiser dann die in einem prächtig emaillierten Goldkästchen befindliche Adresse der City entgegengenommen und dieselbe kurz erwidert. Die Adresse bezeichnet den Besuch des Kaisers als eine glückliche Vorbedeutung für die Beständigkeit der freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Nationen, welche unschätzbar seien für den allgemeinen Frieden und das Gedeihen des Volkes; es wird die Hoffnung ausgesprochen, daß das glückliche Einvernehmen stets fortdauern werde. Hierauf hat ein Frühstück in der Guildhall selbst stattgefunden. Neben dem Kaiser, der die Uniform der Gardes du Corps mit dem Band des Hosenbandordens trug, saß der Lordmayor, links von diesem die Kaiserin. Außer den englischen Prinzen und Prinzessinnen nahmen noch die Lords Salisbury und Dufferin, der Erzbischof von Kanterbury, der deutsche, russische und österreichische Botschafter u. a. Theil. Der Lordmayor brachte dann zuerst einen Toast auf die Gesundheit der Königin und darauf auf den Kaiser und die Kaiserin aus, der mit stürmischem Beifall aufgenommen wurde. Der Kaiser erwiderte englisch, wobei er seine Rede ablas. Er schloß mit einem Hoch auf den Lordmayor. Die Rede wurde mit rauschendem Beifall aufgenommen. Bald nachher brach die glänzende Gesellschaft auf.
Als der Kaiser und die Kaiserin unter den Klängen des "Heil Dir im Siegerkranz" die große königliche Loge betraten, erhob sich die gesammte Zuhörerschaft und es bot sich den Gästen ein überaus glänzender Anblick. Das Theater war von oben bis unten mit Gewinden ausgesuchter Blumen geschmückt, welche die Luft mit Wohlgeruch erfüllten. In der königlichen Loge selbst befand sich eine Menge köstlicher Orchideen, welche von einem Deutschen gespendet waren. In der Begleitung des Kaiserpaares befanden sich der Prinz und die Prinzessin von Wales, die Herzöge und Herzoginnen von Edinburgh, Connaught, Anhalt, Teck und Fife, der Erbprinz von Anhalt, der Herzog von Clarence, die Herzogin von Albany, Lord und Lady Salisbury, auch alle Botschafter und Gesandten waren anwesend. Den Anfang bildete der erste Act des "Lohengrin," worauf der vierte Act von Gounod's "Romeo und Julia" folgte, dann kam der mit größtem Beifall aufgenommene dritte Act von Glucks "Orpheus" und schließlich der vierte Act der "Hugenotten." Das Kaiserpaar verließ das Theater um 12 Uhr 20 Min. und wurde auf der Rückfahrt nach dem Buckingham=Palast ebenso wie auf der Fahrt zum Theater vom Publikum auf das lebhafteste begrüßt.
Am Donnerstag Morgen hat das Kaiserpaar eine Abordnung der Londoner deutschen Vereine und gleich darauf der Kaiser allein die von dem Militär=Attaché eingeführten 25 in London wohnhaften deutschen Reserve=Officiere empfangen.
Bei der Besichtigung der Freiwilligen der Eton=Schule am Montag durch den Kaiser hatte sich, wie man jetzt erst erfährt, plötzlich eines der Gewehre entladen. Durch eine Untersuchung ist nun festgestellt worden, daß es eine scharfe Patrone gewesen ist, die losgegangen ist, und zwar war dieselbe aus Versehen nach der letzten Schießübung in einem der Gewehre geblieben.
Der Kaiser machte der Königin Victoria sein lebensgroßes Oelbildnis in der vollen Uniform eines Admirals der britischen Flotte zum Geschenk. In prachtvollem Goldrahmen ist das Bild etwa 7 Fuß hoch. Der Kaiser steht als Kommandeur auf der Brücke eines Schiffes mit einem großen Teleskop in der rechten Hand. Die Königin drückte ihre große Freude über das wohlgetroffene Bildnis aus, dasselbe erhält einen hervorragenden Platz in der königlichen Portraitgallerie.
In London scheint, wie die "Kölnische Zeitung" sagt, der Glaube verbreitet zu sein, Kaiser Wilhelm beabsichtige nach seinem dortigen Aufenthalt an Bord seiner Segelyacht "Meteor" eine zweiwöchentliche Fahrt um die Schottischen Inseln auszuführen und demnächst nach Cowes zur Theilnahme an dem Wettsegeln des englischen Jachtklubs sich zu begeben. Diese Annahme ist indes durchaus irrthümlich. Wie schon seit längerer Zeit feststeht, wird der Kaiser sich unmittelbar nach den Londoner Festlichkeiten nach Edinburg begeben und dort im Hafen von Leith sich am 14. Juli an Bord S. M. Schiff Hohenzollern einschiffen, während das für die Nordlandfahrt be=
[ => Original lesen: 1891 Nr. 54 Seite 2]fohlene Gefolge und die eingeladenen Gäste schon am 13. Juli in Edinburg eintreffen werden. Bereits im Lauf des 15. Juli hofft der Kaiser in Bergen einzutreffen. Die Rückkehr der auf vier Wochen berechneten Nordlandfahrt wird Mitte August stattfinden. Jedenfalls wird das alljährliche Festmahl zu Ehren des Geburtstages des Kaiser Franz Joseph am 18. August wiederum im Neuen Palais bei Potsdam veranstaltet werden.
Der Aufenthalt des Kaisers in Norwegen soll 5 Wochen dauern. Nach einem eintägigen Aufenthalt in Bergen wird die Fahrt nach Nordland erfolgen, wo mehrere Fjorde angelaufen werden sollen. Nach Rückkehr von Bergen erfolgt der Besuch des Harganger Fjords. Dr. Güßfeldt ist zur Vorbereitung der Reise bereits in Christiania eingetroffen.
Die ältesten Söhne des Kaisers hatten eine rauhe Ueberfahrt von Vlissingen nach Felixstowe. Die Yacht "Hohenzollern" stach am Sonntag in See und traf erst am Montag abend im Hafen von Hadwich ein. Das Wetter war auf der Fahrt äußerst veränderlich. Der Südostwind entwickelte sich manchmal zum Sturm, und der Seegang war außerordentlich hoch. Der Lootse wollte es nicht wagen, die Yacht ins Dock zu bringen. Die jungen Prinzen wurden deshalb in einer Dampfschaluppe ans Land gebracht, worauf sie sofort nach Felixstowe fuhren. Dort sind zwei große Häuser, die "South Beach" und "South Cottage", zur Aufnahme der Kaiserin und der Prinzen gemiethet. "South Beach" steht oben auf der Klippe und hat einen herrlichen Ausblick. Weit hinaus geht die Aussicht auf die Nordsee. "South Cottage" liegt nicht weit davon.
Fürst Bismarck arbeitet sehr eifrig an der Abfassung resp. Weiterführung seiner Memoiren. Außer dem Dr. Chrysander hilft ihm hierbei nach eine andere Kraft.
Der kommandirende General Graf Waldersee soll kürzlich gelegentlich seiner Anwesenheit in Ratzeburg zur Feier des 25jährigen Jubiläums der dortigen Jäger die bestimmte Absicht ausgesprochen haben, demnächst aus seiner militärischen Stellung zu scheiden.
Man spricht von sehr umfangreichen Veränderungen, welche noch in diesem Herbste in den höheren Commandostellen der Armee vor sich gehen werden. Nicht weniger als fünf commandirende Generale sollen ihren Abschied entweder eingereicht haben oder denselben einzureichen im Begriffe stehen.
Laut amtlicher Mittheilung ist der Paßzwang für alle durch das Elsaß via Basel und Deutschland reisenden Personen abgeschafft worden. So wird aus Bern gemeldet.
Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung", die nun doch wohl wieder als offiziöses Organ der Reichsregierung zu betrachten sein wird, weist in einem längeren Artikel auf die gegenwärtige Getreidepreisvertheuerung am Berliner Weizenmarkt hin und bemerkt, es bereite sich ein kräftiger Widerstand gegen diese "Machinationen" vor. Die ersten Firmen bringen außergewöhnlich große Posten Weizen russischer und amerikanischer Provenienz nach Berlin, um dieselben zum Juni=Terminmarkt anzukündigen und abzuliefern. Es sei auch nicht ausgeschlossen, daß dem "wüsten Treiben" gewisser Spekulanten noch von anderer Seite ein jähes Ende bereitet werde, zumal auch die Hauptbrotfrucht Roggen von rücksichtslosen Preistreibereien nicht verschont bleibe. Dem energischen Widerstand des soliden und loyalen Getreidehandels gegen ungesunde Auswüchse der Spekulation sei der beste Erfolg zu wünschen.
Der neue Eisenbahnminister Thielen hält eine starke Vermehrung sämmtlicher Betriebsmittel, in erster Reihe der Lokomotiven und der Güterwagen, für unumgänglich nothwendig. Im nächsten Etat werden für diese Zwecke bedeutende Summen verlangt werden. Ueber die Stellung des Ministers zur Personentarifreform wird man, dem Korrespondenten zufolge, vor Monaten schwerlich etwas erfahren.
Der preußische Waffenrock ist nun auch für die Mitglieder der Colonialtruppe in Ost= und Westafrika eingeführt worden. Auch tragen die Officiere der Schutztruppe jetzt den Infanteriesäbel am Marinekoppel und die Bordmüße vervollständigt die Uniform. Wie dieselbe sich für Afrika bewähren wird, muß abgewartet werden.
Der offizielle Saatenstandsbericht für das gesammte Königreich Bayern besagt: Der Verlauf des Monats Juni war sehr günstig: Das Wintergetreide steht dünn, das Sommergetreide durchweg vortrefflich, die Kartoffeln befriedigend, theilweise allerdings naßfaul. Das Wiesenheu ist trocken eingebracht, Klee und Futterrüben sind gut, Raps ist mittelmäßig, Hopfen gut entwickelt. Die Obsternte wird reichlich. In den Weinbergen machen sich die Frostschäden bemerkbar. Der Tabak hat günstig gesetzt. Hülsenfrüchte sind vorzüglich. In ganz Bayern steht eine gute Mittelernte zu erwarten.
Der oberste Sanitätsrath in Wien hat von den Maßnahmen der türkischen Regierung und des Sanitätsrathes in Alexandrien gegen die Verschleppung der Cholera aus Ostindien nach Massana in Abessynien und besonders nach Aleppo Kenntniß genommen und die aufmerksamste Beobachtung des weiteren Verlaufes der Epidemie behufs rechtzeitiger Vorkehrungen im Inland für nothwendig erklärt.
Der österreichische Handelsminister hat in Rücksicht auf die in Aleppo und Massana vorgekommenen Cholerafälle eine siebentägige Beobachtung der aus dem Golf von Alexandrette, sowie aus den Häfen des Rothen Meeres ankommenden Schiffe angeordnet.
In Frankreich ist jetzt das Jahrbuch des Generalstabs erschienen, laut dem die französische Armee gegenwärtig 100 active Divisionsgenerale und 200 Brigadegenerale zählt. Unter den 100 Divisionsgeneralen üben 28 Commandos aus, die höher sind, als das Commando einer Division. An erster Stelle befindet sich der Militärgouverneur von Paris, General Saussier, der Vizepräsident des höheren Kriegsraths, der als Generalissimus der französischen Armee im Kriegsfalle gilt. Auf den General Saussier folgt der Chef des großen Generalstabes, General Miribel. Hieran schließen sich die Generale de Galliffet, d'Auerstaedt, Billot, Thomassin und Haillot, sämmtlich Mitglieder des obersten Kriegsraths und Generalinspectoren des Armeecorps. Die Generale de la Hitte und Gillon functioniren als Präsidenten der technischen Ausschüsse der Arterie und des Geniecorps. Ihnen schließen sich die commandirenden Generale der neunzehn französischen Armeecorps an. Das Durchschnittsalter der Divisionsgenerale beträgt 61 Jahre 7 Monate, während die gesetzliche Altersgrenze 65 Jahre beträgt. General Saussier zählt bereits 63 Jahre, General Miribel 60 Jahre.
Die Königin=Regentin von Holland hat dem deutschen Kaiserpaar zum Andenken an dessen Besuch in Amsterdam ein Tiegelgemälde aus der berühmten Fabrik von A. Hoofd en Labouchére in Delft zum Geschenk gemacht. Dieses Gemälde stellt das bekannte Bild von der Helft "Schuttersmaaltyd" dar und ist von dem Porzellanmaler Senft in der charakteristischen Farbenzusammenstellung der Delft'schen Kunstprodukte, Blau auf weißem Hintergrund, ausgeführt. Das Kaiserpaar hat angeordnet, das Kunstwerk im Berliner Schloß aufzustellen. Wie man hört, gedenkt die Königin Regentin Emma mit der jungen Königin dem deutschen Kaiserpaar noch im August ds. Js. einen Gegenbesuch in Berlin zu machen.
Um einer möglichen Vertheuerung des Saat= und Brotkorns in denjenigen Gegenden, in denen eine Mißernte zu erwarten ist, vorzubeugen, hat die russische Regierung eine Ermäßigung der Getreidetarife auf den dorthin führenden, sowie auf den von den Häfen und den Westgrenzen ins Innere führenden Eisenbahnlinien angeordnet.
Der "Times" wird aus Bukarest gemeldet, daß Fräulein Vacaresco sich noch bei der Königin in Sinai befindet. Prinz Ferdinand erklärt, eher abdanken, als seinen Heirathsplan aufgeben zu wollen. Die Kammern gehen mit dem Gedanken um, den Prinzen Karl Anton zum Thronerben zu wählen.
Der Sultan von Sansibar ist am Mittwoch beinah verunglückt. Als er das Cooper=Institut, an dessen Einweihung in Gegenwart des Admirals und der englischen Officiere er sich betheiligt hatte, verließ und den Wagen bestieg, scheuten die Pferde in Folge der zu Ehren des Sultans abgefeuerten Geschützsalven. Der Sultan ist aus dem Wagen gesprungen und hat sich mehrere Verletzungen am Kopf und an den Beinen gezogen.
[ => Original lesen: 1891 Nr. 54 Seite 3]- Neustrelitz, 9. Juli. Heute Nachmittag 2 Uhr fand in der katholischen Kirche hieselbst die Trauung des Batteriechefs, Hauptmann von Morsey=Picard mit der Freiin von Amelunxen, Nichte des Oberstallmeisters von Steuber, statt. Zu dieser Feierlichkeit waren, um gleichzeitig einen wohlthätigen Zweck - die Anschaffung eines Kirchenfensters - zu erfüllen, Einlaßkarten ausgegeben worden. Die Kirche war gedrängt voll. Auch Ihre Königl. Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin, die beiden Officiercorps, sowie die Hofstaaten und viele Zuschauer wohnten der Feier bei. Diese begann mit einem 4stimmigen Chorgesang, dann folgte die Einsegnung des jungen Paares, daß neben Ihren Königl. Hoheiten saß, den Schluß machte wieder ein Gesang. Nach der Tafel, die im Großh. Marienpalais stattfand, wo auch der Polterabend abgehalten war, fuhren die Neuvermählten in einem Großherzoglichen Wagen nach dem Bahnhofe, um die Hochzeitsreise anzutreten. Ihre Hoheiten die Herzoginnen Marie und Jutta fuhren ebenfalls nach dem Bahnhofe, um die Abreisenden zu begrüßen.
- Güstrow, 11. Juli. Heute Morgen 6 1/2 Uhr fand auf dem umfriedeten Hofe des hiesigen Gefängnißhauses im Beisein des Ersten Staatsanwaltes Heydemann, der Landgerichtsräthe Paschen und Dr. Wigger, des Landgerichtssecretärs Köhn, des Hausmeisters Baumgarten und des Gefangenwärters Voß die Hinrichtung des am 17. März d. J. wegen dreifachen Mordes zum Tode verurtheilten Knechtes Gustav Busch aus Sähle durch den Scharfrichter Reindel aus Magdeburg statt. Der Anstaltsgeistliche Wollenberg gab dem Busch bis zur Thür des Gefangenhauses das Geleit unter Vorsagen des Gesangverses: "Wenn ich einmal soll scheiden -" Beim Verlassen seiner Zelle machte Busch, dem die Fesseln abgenommen waren, noch einen Fluchtversuch. Mit einem plötzlichen kräftigen Ruck riß er sich von den ihn führenden Gefangenwärtern los, stieß den vor ihm stehenden Geistlichen bei Seite, eilte den Corridor entlang in die Voßsche Wohnung und sprang aus dem offenstehenden Fenster auf die Straße. Er wurde aber sofort wieder ergriffen und in seine Zelle zurückgeführt und constatirte hier der Arzt an ihm, der mit dem linken Bein nicht aufzutreten vermochte, einen Beinbruch. Auf zwei Wärter gestützt, ward der Delinquent, jetzt geschlossen auf den Richtplatz geführt. Mit verzerrtem Gesichte zwar, aber ohne einen Laut von sich zugeben, stellte er sich vor dem versammelten Gerichtshof auf und nahm auch stillschweigend seinen Urtheilsspruch entgegen. Die Execution, der eine Anzahl geladener Personen beiwohnte, verlief auf das Exacteste. Die Leiche des Mörders ward in eine bereitstehende Todtenkiste gelegt und in die Anatomie nach Rostock gebracht. - Als sog. Henkersmahlzeit hatte dem Vernehmen nach Busch sich junge Erbsen mit Wurzeln und Carbonade und 1/2 Flasche Wein, auch 12 Cigarren ausgebeten. Die Hinrichtung des Mitschuldigen, gleichfalls wegen dreifachen Mordes zum Tode verurtheilten Schmiedegesellen Richard Richter aus Neustadt Eberswalde ist einstweilen verschoben.
Anzeigen.
Auf den Antrag des Hauswirths H. Siebenmark in Falkenhagen werden hiermit Alle und Jede, welche an den angeblich verloren gegangenen Hypothekenschein über die ad Fol. VIII der zweiten Hauptabtheilung des Hypothekenbuchs über die früher der Frau Wigger, Marie geb. Bohnhoff, jetzt ihm gehörenden, zu Schönberg belegenen Grundstücke, als: das an der Siemzer Straße sub Nr. 89 belegene Wohnhaus c. p. und das im Schlauencamp am Retelsdorfer Wege belegene Ackerstück von 213 []R. Größe für den Hauswirth Johann Wigger in Gr. Bünsdorf und dem Hauswirth Joachim Bohnhoff in Kl. Bünsdorf in Höhe von 6900 M. unter dem am 20. Mai 1882 eingetragene Cautionsforderung annoch Ansprüche und Forderungen haben möchten, hierdurch aufgefordert, solche spätestens in dem auf
Sonnabend, den 18. Juli d. J.,
Vormittags 10 Uhr,
anberaumten Termin vor unterzeichnetem Amtsgerichte, unter Vorlegung der bezüglichen Urkunden, anzumelden unter dem Rechtsnachtheil, daß die Kraftloserklärung des vorstehend bezeichneten Hypothekenscheins erfolgen wird.
Schönberg, den 2. Mai 1891.
Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Bekanntmachung.
Die unterzeichnete Kommission macht hierdurch auf die Bestimmungen in den §&ect; 89 und 91 der Wehrordnung vom 22. November 1888, betreffend die Nachsuchung der Berechtigung zum einjährig=freiwilligen Militärdienste und den Nachweis der dazu erforderlichen wissenschaftlichen Befähigung mit dem Bemerken aufmerksam, daß die Herbstprüfungen in der zweiten Hälfte des Monats September stattfinden werden, und daß Gesuche um Zulassung zu dieser Prüfung bis zum 1. August d. J. angebracht werden müssen.
Schwerin, den 10. Juli 1891.
Großherzogl. Mecklenb. Prüfungs=Kommission für Einjährig=Freiwillige.
Oeffentl. Zwangsversteigerung.
Sonnabend, den 18. Juli d. J., Vormittags 9 Uhr sollen im Pfandlocal hieselbst
der Kammgarnstoff zu einem Herrenanzug
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Schönberg, den 13. Juli 1891.
C. Staffelt, Gerichtsvollzieher.
Herbergs=Verein.
In allernächster Zeit werden wir uns die Beiträge für das 2. Geschäftsjahr erbitten. Da wohl alle Bewohner des Fürstenthums nunmehr die Wohlthat unseres Vereins erfahren haben, thun wir dies in der getrosten Zuversicht, daß die Beiträge nicht zu klein ausfallen und die noch fehlenden Dorfschaften und Familien dem Verein beitreten werden.
In Schönberg wird die Einsammlung der Beiträge durch den Stadtdiener Stree geschehen.
Schönberg i/M., den 6. Juni 1891.
Der Vorstand des Herbergs=Vereins für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.
Gartenbau=Verein.
Freitag, den 17. Juli, Abends 8 Uhr,
Versammlung bei Gastwirt Holldorff.
1. Beratung über Obstausstellung u. Obstmarkt.
2. Vortrag über die Verwendung der Bordeaubrühe zur Vertilgung der Insekten.
Arbeitsnachweisstelle.
Auf Bitte des unterzeichneten Vereins hat Herr Hofschmied Dräger hieselbst in seiner Werkstatt eine Arbeitsnachweisestelle für beschäftigungslose hiesige Arbeiter und Arbeiterinnen eingerichtet und ist bereit, Meldungen von Arbeitern und Arbeitgebern entgegenzunehmen.
Schönberg i. M., den 1. Juli 1891.
Der Ausschuß des Herbergs=Vereins f. d. Fürstenth. Ratzeburg.
C. Langbein.
Das Haus des verstorbenen Schneidermeisters Gartz in Schönberg i/M. in der Wasserstraße belegen, ist sofort zu verkaufen. Enthaltend 1 Keller, Parterre: 1 Hausflur, 4 Zimmer, Küche, Speisekammer. 1. Etage: 1 Flur, 2 Zimmer, Küche, 3 Dachkammern und Boden. Forderung M. 5000, Anzahlung M. 2000. Näheres
J. Greif, Schönberg i/M.
Nachdem ich den Betrieb der hiesigen Frohnerei wieder übernommen habe ersuche ich Anmeldungen von gefallenem Vieh an mich gelangen zu lassen. - Zugleich empfehle ich den Besitzern von Maschinen gutes reines Kammenfett zum Preise von 40 Pfg. pr..
P. Fanselow.
Schönberg.
[ => Original lesen: 1891 Nr. 54 Seite 4]Travemünder Rennen
den 29. Juli und 1. August 1891.
Anfang 3 1/2 Uhr Nachmittags.
Das Sedanfest
wird auch in diesem Jahre in bekannter, großartiger Weise am 2. September in Ratzeburg gefeiert.
Ratzeburg, im Juli 1891.
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nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,21 Nachm. 8,36 Abends.
Markt=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Getreide=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Viehmarkt in Hamburg. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1891 Nr. 54 Seite 5]Beilage
zu Nr. 54 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 14. Juli 1891.
- Nach der Zeiteintheilung für die Herbstübungen pro 1891 der 17. Division werden die einzelnen Schießübungen, Regiments= und Brigade=Exercicien, sowie die Brigade und Divisions=Manöver in folgenden Gegenden abgehalten werden: Das 1. Bataillon Infanterie=Regiments Nr. 75 - Bremen - fährt am 17. August per Eisenbahn nach Harburg, um in der Nähe bei Neugraben die Schießübungen abzuhalten, nach Beendigung derselben fährt das ganze Regiment am 21. August per Eisenbahn nach Lübeck zur Abhaltung des in der Zeit vom 22. bis einschließlich 31. August in der Palinger Haide bei Lübeck stattfindenden Regiments=Exercieren.
Das 1. und 2. Bataillon sowie der Regimentsstab Infanterie=Regiments Nr. 76 - Hamburg - rücken am 12. August aus zur Abhaltung der Schießübungen auf der Palinger Haide bei Lübeck, woselbst auch in der Zeit vom 22. bis einschließlich 31. August daß Regiments=Exercieren genannten Regiments stattfindet.
Das Brigade=Exercieren der 33. Infanterie=Brigade wird ebenfalls auf der Palinger Haide bei Lübeck in der Zeit vom 1. bis einschließlich 7. September abgehalten werden, am 8. September wird die ganze Brigade per Eisenbahn in das Terrain des Brigade=Manövers bei Teterow befördert.
Der Stab und das 1. Bataillon Grenadier=Regiments Nr. 89 verlassen am 15. August die Garnison und werden per Eisenbahn nach Damgarten in Pommern befördert, um daselbst die Schießübungen abzuhalten; das 2. Bataillon verläßt zu gleichem Zwecke am 17. August seine Garnison, während das 3. Bataillon erst am 19. August sich per Eisenbahn nach Damgarten in Pommern zur Abhaltung der Schießübungen begiebt. Nachdem die Schießübungen vollendet, wird das Regiment zusammengezogen, um für die Zeit vom 24. August bis einschließlich 1. September bei Tressentin zwischen Ribnitz und Marlow sein Regiments=Exerciren abzuhalten.
Das Großherzoglich Mecklenburgische Füsilier=Regiment Nr. 90 wird, nachdem das 2. Bataillon von Wismar nach Rostock herangezogen, seine Regiments=Exercitien in der Zeit vom 21. bis einschließlich 29. August bei Rostock unter Mitbenutzung eines Theils der Feldmark Gr. Stowe vornehmen. Nach Beendigung des Regiments=Exercierens begiebt sich das Regiment per Fußmarsch in die Gegend von Ribnitz und Marlow, um an dem Brigade=Exercieren der 34. Infanterie=Brigade (Großherzogl. Mecklenburgischen), welches in der Zeit vom 3. bis einschließlich 8. September bei Tressentin stattfindet, theilzunehmen.
Der Stab der 17. Cavallerie=Brigade sowie die beiden Mecklenburgischen Dragoner=Regimenter Nr. 17 und 18 nehmen nicht an den Herbstübungen der 17. Division, sondern an den großen Herbstübungen (Kaiser=Manöver) des 4. Armee=Corps theil. Aus diesem Grunde ist der 17. Division zur Theilnahme an den Herbstübungen das Hannoversche Husaren=Regiment Nr. 15 (Wandsbeck) zugewiesen.
Das während des Brigade= und Divisions=Manövers der Division zugetheilte Feld=Artillerie=Regiment Nr. 24 wird auf dem Marsche in das bezügliche Terrain am 5., 7. und 8. September Uebungen der Artillerie im Gelände vornehmen.
Die Brigade=Manöver der 33. Infanterie=Brigade, wozu außer den Infanterie=Regimentern Nr. 75 und 76 die 1., 2 und 4. Escadron Hannoverschen Husaren=Regiments Nr. 15, der Stab der 9. Feld=Artillerie=Brigade, die I. und II. Abtheilung (ohne vierte Batterie) Holsteinischen Feld=Artillerie=Regiments Nr. 24, sowie die 2. Compagnie des Pionier=Bataillons Nr. 9 nebst dem Train=Detachement herangezogen werden, findet in der Zeit vom 10. bis einschließlich 15. September in dem Gelände zwischen Teterow=Belitz und Tessin statt.
Die Brigade=Manöver der 34. Infanterie=Brigade, wozu außer dem Grenadier=Regiment Nr. 89 und dem Füsilier=Regiment Nr. 90, die 3. und 5. Escadron Hannoverschen Husaren=Regiments Nr. 15, der Regimentsstab, die 4. Batterie und die III. Abtheilung Holsteinischen Feld=Artillerie=Regiments Nr. 24, sowie die 4. Compagnie Pionier=Bataillons Nr. 9 nebst Train=Detachement herangezogen werden, werden in der Zeit vom 10. bis einschließlich 15. September in dem Gelände zwischen Damgarten und Marlow abgehalten werden.
Am 16. September haben sämmtliche im Manöver=Terrain befindliche Truppen pp. Ruhetag.
Die Divisions=Manöver - mit sämmtlichen der Division zugetheilten Stäben und Truppentheilen - werden am 17., 18. und 19. September zwischen Sülze und Tessin abgehalten werden. Am 20. September ist Ruhetag. Am 21. und 22. September findet ein Manöver der 17. Division gegen einen markirten Feind in dem Terrain zwischen Laage und Teterow statt. Am 22. September nach beendigter Uebung treten die höheren Stäbe und diejenigen Fußtruppentheile, welche am genannten Tage ihre Garnison noch per Eisenbahn zu erreichen vermögen, ihre Rückfahrt in die bezüglichen Garnisonen, während die Truppentheile entfernt liegender Garnisonen am 23. September per Eisenbahn zurückbefördert werden. Die Cavallerie= und Artillerie=Truppentheile treten nach Beendigung des Divisions=Manövers am 22. September ihren Rückmarsch in die bezüglichen Garnisonen an und treffen das Hannoversche Husaren=Regiment am 30. September, die I. (Groh. Mecklb.) Abtheilung Holsteinischen Feld=Artillerie=Regiments Nr. 24 am 26. September, die II. und III. Abtheilung genannten Regiments am 23. September in ihren resp. Garnisonen wieder ein.
- Ueber das dem Fürsten Bismarck von der Capelle des Badischen Leibgrenadier=Regiments aus Karlsruhe am vorigen Sonnabend dargebrachte Concert berichtet der "Hamburger Correspondent" noch folgende Einzelheiten. Fürst Bismarck nahm des öfteren Gelegenheit, den vortrefflichen Leistungen der Capelle seine warme Anerkennung zu zollen. Mit gewinnender Liebenswürdigkeit und Leutseligkeit unterhielt sich der vortrefflich aussehende Fürst mit den Mitgliedern der Capelle. Besonders interessirten ihn die langen Feldtrummeten und die großen Waldhörner aus dem achtzehnten Jahrhundert, die er sich einzeln vorführen ließ. Mit dem Musikdirigenten Boettge leerte der Fürst ein volles Glas Markgräfler auf den Großherzog von Baden. Als er nach Schluß des Conzerts Herrn Boettge in den Speisesaal lud, setzte er ihm ein Glas italienischen Traubensaftes vor, den er bei der letzten Anwesenheit des Ministers Crispi mit diesem getrunken habe. Das ist der "Dreibund=Wein", bemerkte der Fürst. Nachdem die Capelle eine Anzahl historischer Märsche gespielt hatte, äußerte Fürst Bismarck, daß sie ihm alle bekannt gewesen seien bis auf den "Rheinströmer=Marsch". Rührend und erhebend war es für Alle, als nach dem "Gruß Kaiser Wilhelm I. an sein Volk" der Fürst vortrat und mit vor innerer Erregung zitternder Stimme sagte: "Wenn der selige Kaiser Wilhelm I. dieses Stück in solcher Vollendung hätte hören können, in seinem Grabe würde er sich gefreut haben."
- Unter dem literarischen Nachlaß des Grafen Moltke, dessen Sichtung sich der älteste Neffe des Verstorbenen, Graf Wilhelm Moltke=Kreisau in Gemeinschaft mit Professor Felix Dahn unterzieht, hat sich auch ein eigenes Glaubensbekenntniß vorgefunden, das dem innigen Gottvertrauen, das den greisen Feldmarschall sein ganzes langes Leben hindurch beseelte, und der unbedingten Ergebenheit in den Willen Gottes warmen Ausdruck giebt. Im Uebrigen wird bestätigt, daß dem Erscheinen des ersten Theiles des handschriftlichen Nachlasses Moltke's im Verlage der Hofbuchhandlung von E. S. Mittler und Sohn schon im nächsten Monat entgegen=
[ => Original lesen: 1891 Nr. 54 Seite 6]gesehen werden darf. Das Werk wird in seiner Gesammtheit etwa acht Bände umfassen.
- Zur Vorbeugung von Hitzschlag werden die Felddienstübungen der Berliner Garden in diesem Sommer thunlichst abends ausgeführt. Die Mannschaften rücken am späten Abend aus und sind am nächsten Morgen früh in die Kaserne zurückgekehrt Dieser Maßregel ist es zu verdanken, daß bisher bei den Truppen der Berliner Garnison in diesem Jahre trotz der großen Hitze auch nicht ein Hitzschlaganfall zu verzeichnen gewesen ist.
- Eine neue große sozialdemokratische Versammlung, in welcher es zwischen den verschiedenen Richtungen der Partei zu heftigen Auseinandersetzungen kam, wurde vor einigen Tagen in Berlin abgehalten. Bebel wies nochmals die Angriffe seiner Widersacher zurück, aber der außerordentlich gereizte Ton, welchen seine Gegner anschlagen, beweist doch, daß es mit dem Respekt vor der bisherigen leitenden Persönlichkeit der Sozialdemokratie zu Ende ist. Während der Diskussion drängte sich ein Trupp Radikaler aufs Podium an Bebel heran und ein halbreifer Bursche rief ihm zu: "Sie verderben uns die ganze Partei." (Statt "verderben" wurde ein Berliner Dialektwort gebraucht von einer Beschaffenheit, daß wir auf seine Wiedergabe verzichten.) Bebel antwortete in erklärlicher Erregung: "Was erfrechen Sie sich, Sie grüner Lümmel!" "Das waren Sie auch einmal," bekam er zur Antwort. Worauf Bebel erwiderte: "Aber nicht so einer wie Sie."
- Mit dem Kopfe durch die Wand rannte kürzlich in Görlitz ein Tischlergeselle, weil er Jahre lang ohne Erfolg in der Lotterie gespielt hatte, in der letzten Ziehung aber 3000 Mark gewonnen hätte, - wenn er sein Loos nicht zu erneuern vergessen hätte. Besinnungslos und aus einer klaffenden Kopfwunde blutend, wurde der Tischler einige Zeit später aufgefunden und wieder ins Leben zurückgerufen.
- Auf der Strecke Hamburg=Münster ist in der Nacht auf den Montag ein Werthbrief von 24 000 Mk. aus dem Postbeutel, der ein Loch hatte, abhanden gekommen. Der Verlust ist während der Fahrt von Osnabrück nach Münster bemerkt worden.
- Der deutsche Juristentag wird vom 10. bis 13. September d. J. in Köln abgehalten werden. Auf der Tagesordnung steht u. A.: "Ist die bedingte Verurtheilung im Strafrecht einzuführen?" und "Wie ist den Mißbräuchen, die sich bei den Abzahlungsgeschäften herausgestellt haben, entgegen zu wirken?" Im Uebrigen betrifft die Tagesordnung hauptsächlich das deutsche bürgerliche Gesetzbuch.
- Sämmtliche Münchener Brauereien haben im Geschäftsjahr 1890/91 1 270 056 Hektoliter gegen 1 403 176 Hektoliter im Vorjahr abgesetzt.
- Am 1. Juli trat im Herzogtum Sachsen=Meiningen eine Verordnung über das Verfahren beim Schlachten in Kraft, die folgendes bestimmt: Das Schlachten sämmtlichen Viehs mit Ausnahme des Federviehs darf nur nach vorhergegangener Betäubung durch Kopfschlag oder geeignete Betäubungswerkzeuge stattfinden. Bei dem Schlachten von Großvieh müssen mindestens zwei erwachsene, kräftige, männliche Personen in der Weise thätig sein, daß die eine den Kopf des Tieres mittelst geeigneter Vorrichtungen festhält, die andere die Betäubung und Tötung herbeiführt. Auf das Schlachten nach israelitischem Gebrauche (Schächten) finden vorstehende Bestimmungen keine Anwendung. Das Aufhängen des sämmtlichen Schlachtviehs einschließlich der Schafe und Kälber, sowie das Rupfen des Federviehs vor eingetretenem Tode ist verboten. Das Schlachten sämmtlichen Viehs - einschließlich des Federviehs - hat in geschlossenen, dem Publikum nicht zugänglichen Räumen stattzufinden. Nur wo solche nicht in geeigneter Weise zur Verfügung stehen, darf das nicht gewerbsmäßige Schlachten im Freien geschehen; das Schlachten hat auch dann derart zu geschehen, daß es nicht von öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen ans zu sehen ist. Die Anwesenheit von Kindern unter 14 Jahren, die der Schule noch nicht entlassen sind, darf beim gewerbsmäßigen Schlachten nicht geduldet werden. Für die Befolgung der Vorschriften dieses Ausschreibens ist sowohl der Eigenthümer des zu schlachtenden Viehs, wenn er zugegen ist, als auch derjenige verantwortlich, welcher die Schlachthandlung vornimmt oder leitet. Zuwiderhandlungen werden mit Geld bis zu 60 Mark oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft.
- Nach den nunmehrigen amtlichen Ermittelungen ist der durch den jüngsten Orkan in dem von der holländischen Grenze bis Anrath sich erstreckenden Ländergebiet angerichtete Schaden ein ganz enormer. Die Bauernschaften Loosen und Lind sind vollständig zerstört, im Kreise Kempen allein beträgt der Schaden an zerstörten Gebäuden eine Million Mark, in Anrath 400,000 Mark und in Süchteln 700,000 Mark. Die Feld= und Gartenfrüchte sind total vernichtet. Obwohl die Privat=Wohlthätigkeit große Anstrengungen macht, kann doch nur eine größere Staatsbeihilfe die Kleinbauern vor dem sicheren Ruin schützen.
- Das große Rußland besitzt noch heute 322 sog. "Privatstädte", d. h. Städte und große Flecken, die sich noch immer in Privatbesitz befinden und die ihren Eignern einen jährlichen Grundzins von zusammen 1 600 000 Rubeln zahlen. Wie verlautet, sollen nunmehr diese sämmtlichen Privatstädte von der Regierung ausgekauft werden. Die vielgenannte Judenstadt Berdischew zählt auch zu denselben; im fünfzehnten Jahrhundert gegründet, gehört sie der Familie Ticzkewicz.
- Zwischen Lokalka und Grodna ist in der Nacht auf den Donnerstag in dem Blitzzug Warschau=Petersburg der Gutsbesitzer Graf Michael Plater aus Bialystok ermordet und beraubt worden. Die Raubmörder sind entkommen.
- Auf dem Grabstein des ermordeten Veltschow in Sofia fand man die Inschrift: "Verzeihe uns, wir zielten auf Stambulow, fehlten ihn und trafen dich! Das zweite Mal werden wir nicht fehlen! Möge Stambulow den Schuldigen nicht suchen, ihrer sind Viele. Die trauernden Mörder." - Die Herren Mörder sind wenigstens nicht ohne Sentimentalität.
- In Aarhuus auf Jütland sind die Blattern ausgebrochen. Gegen die Weiterverbreitung sind seitens der Behörden die umfassendsten Maßnahmen getroffen worden.
- Aus Alexandrien wird gemeldet, daß in Bas=en=Halla die Cholera ausgebrochen ist.
- Roggen=Cultur. Die Roggen bauenden Länder der Welt liegen ausnahmslos in Europa, nur die Vereinigten Staaten Nordamerikas erzeugen ungefähr so viel, wie das kleine Schweden, und zwar sind es namentlich die Deutschen, Dänen, Schweden und Norweger, die über dem Ocean den Anbau des Roggens betreiben, meist zum eigenen Gebrauch, da sie das Roggenbrot nicht entbehren können. Der Erzeugung nach nehmen die einzelnen Länder nach einer Zusammenstellung des Fachblattes Deutscher Müller folgende Reihe ein: Die mittlere Produktion beträgt in Hektolitern: Rußland 250,000,000, Deutsches Reich 100,000,000, Oesterreich 35,000,000, Frankreich 25,000,000, Ungarn 18,000,000, Schweden 7,000,000, Nordamerika 7,000,000, Italien 6,500,000, Belgien 6,400,000, Niederlande 5,000,000, Finnland 4,600,000, England 1,000,000, Schweiz 720,000.
- Die fünf Sinne beim Kochen. In der Küche sind unsere fünf Sinne ganz unentbehrlich und helfen einander aus. Vor allen Dingen muß man sehen, was man vor sich hat und appetitlich und schmackhaft bereiten soll; doch auch hören muß man das Kochen, sowie Dampfen, Prutzeln, Pfeifen, Zischen und Schmoren, um aus der Art des Geräusches urtheilen zu können, wie weit die Speise, was zu thun ist. Die feinen Geruchsnerven sagen gar bald, ob im Topf oder in der Pfanne alles in Richtigkeit ist, ob die Nahrungsmittel frisch und von bester Beschaffenheit sind. Durch das Gefühl in der Hand lernt man das richtige Salzen der Speisen, merkt man beim Umrühren derselben, ob sie dick oder dünn, semig oder wässerig sind. Der fünfte Sinn endlich, der Geschmack, ist der maßgebenste und unentbehrlichste. Die besten Kochrezepte, können ganz regelrecht ausgeführt werden, fehlt aber der eigene Geschmack, der herausfindet, was dem Ganzen mangelt, so ist es doch um die Erfolge unserer Kochkunst geschehen. Aber nur durch die Uebung wird man Meister, und darum nicht verzagt, ihr jungen Hausfrauen, muthig ans Werk, es wird gekrönt durch den Sieg.
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