[ => Original lesen: 1891 Nr. 42 Seite 1] Die Auszüge aus der Heberolle für das Rechnungsjahr 1890 der Mecklenburg=Strelitzschen Landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft zu Neubrandenburg, umfassend die von den Unternehmern der land= und forstwirthschaftlichen Betriebe des hiesigen Fürstenthums zu erhebenden Genossenschaftsbeiträge, ist vom 3. d. M. ab auf 2 Wochen zur Einsicht der Betheiligten auf der Landvogtei=Registratur ausgelegt, auch sind daselbst die Beiträge binnen gleicher Frist, bei Vermeidung der Beitreibung, zu bezahlen.
Schönberg, den 1. Juni 1891.
Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.
Das diesjährige Ober=Ersatzgeschäft zur Aushebung der Militairpflichtigen des hiesigen Aushebungsbezirks findet statt
in Schönberg
im Boye'schen Gasthofe
am
Mittwoch, den 10. Juni.
Zu demselben haben sich diejenigen Militairpflichtigen, welche nach Ausweis ihrer Loosungsscheine eine endgültige Entscheidung über ihre Militairpflicht zu gewärtigen haben, und denen besondere Ladungen zugehen werden. Morgens präcise 9 Uhr einzufinden.
Es steht jedoch jedem Militärpflichtigen, der in den Grundlisten des Aushebungsbezirks verzeichnet ist, frei, im Aushebungstermin zu erscheinen und der Ober=Ersatz=Commission etwaige Anliegen vorzutragen.
Die bei der Musterung für diensttauglich befundenen Mannschaften gelangen zuerst zur Vorstellung.
Im Anschluß an das Ober=Ersatzgeschäft findet die Superrevision der Temporair=Invaliden statt.
Militairpflichtige, welche im Termin nicht pünktlich erscheinen, haben, insofern sie nicht dadurch eine härtere Strafe verwirkt haben, auf Grund des §. 26, 7 der Wehr=Ordnung eine Geldstrafe bis zu 30 M. oder Haft bis zu 3 Tagen zu gewärtigen, auch können denselben die Vortheile der Loosung entzogen werden. Ist diese Versäumniß in böslicher Absicht oder wiederholt erfolgt, so werden sie dem Befinden nach als unsichere Dienstpflichtige zur sofortigen Einstellung gebracht werden.
Die Ortsvorsteher haben für die pünktliche Gestellung der betreffenden Militairpflichtigen aus ihrer Ortschaft Sorge zu tragen.
Schönberg, den 23. Mai 1891.
Der Civilvorsitzende der Ersatz=Commission des Aushebungsbezirks für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.
Auf den Antrag des Hauswirths H. Siebenmark in Falkenhagen werden hiermit Alle und Jede, welche an den angeblich verloren gegangenen Hypothekenschein über die ad Fol. VIII der zweiten Hauptabtheilung des Hypothekenbuchs über die früher der Frau Wigger, Marie geb. Bohnhoff, jetzt ihm gehörenden, zu Schönberg belegenen Grundstücke, als: das an der Siemzer Straße sub Nr. 89 belegene Wohnhaus c. p. und das im Schlauencamp am Retelsdorfer Wege belegene Ackerstück von 213 []R. Größe für den Hauswirth Johann Wigger in Gr. Bünsdorf und dem Hauswirth Joachim Bohnhoff in Kl. Bünsdorf in Höhe von 6900 M. unter dem am 20. Mai 1882 eingetragene Cautionsforderung annoch Ansprüche und Forderungen haben möchten, hierdurch aufgefordert, solche spätestens in dem auf
Sonnabend, den 18. Juli d. J.,
Vormittags 10 Uhr,
anberaumten Termin vor unterzeichnetem Amtsgerichte, unter Vorlegung der bezüglichen Urkunden,
[ => Original lesen: 1891 Nr. 42 Seite 2]anzumelden unter dem Rechtsnachtheil, daß die Kraftloserklärung des vorstehend bezeichneten Hypothekenscheins erfolgen wird.
Schönberg, den 2. Mai 1891.
Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Es wird hierdurch bekannt gemacht, daß der Auszug der Heberolle der Mecklenburg=Strelitz'schen landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft für das Rechnungsjahr 1890, betreffend die Gemeinde Stadt Schönberg, während zweier Wochen (vom 2. Juni 1891 anfangend) gemäß § 82 des Reichsgesetzes vom 5. Mai 1886 bei uns zur Einsicht für die Betheiligten ausliegt.
Schönberg, den 1. Juni 1891.
Der Magistrat.
Ersparniß= & Vorschuß=Anstalt.
Zur Auszahlung der zu Johannis d. J. fällig werdenden Zinsen ist die Anstalt
am Sonntag, den 7. Juni d. J.,
Morgens von 8-10 Uhr,
und
am Montag, den 8. Juni d. J.,
bis
Donnerstag, den 11. Juni d. J.,
Vormittags von 8-12 Uhr,
geöffnet.
Schönberg, den 27. Mai 1891.
Das Directorium.
Bekanntmachung.
Die Mitglieder des
Möbel-Versicherungs-Vereins
werden gebeten, ihren einfachen Beitrag bis zum 1. Juli d. J. an die Kreisvorsteher zu entrichten.
Der Vorstand.
zu Mk. 2, 2,50, 3, 4,50, 5,50, 6,50, 8, 10, 12, 15, 18, 20, 25, 30
in guter Qualität empfiehlt
H. Brüchmann.
Anhaltend bewährt sich unsere Glücksdevise:
Wo gewinnt man jedes Mal?
Bei Mindus & Marienthal!
Erst am 4. November konnten wir unseren Kunden
das große Loos mit
200,000 Mk.
auszahlen, und vorhergehend 3 mal die Prämie in Beträgen von 300,000 M., 240,000 M., 180,000 M. etc. Solche Erfolge hat kein anderes Geschäft aufzuweisen!
Wer also dem Glücke die Hand bieten will, thue es zu der am 10. Juni stattfindenden ersten Ziehung der
300. Hamburger Verloosung,
in welcher schon der Haupttreffer von 50,000 M. zu erlangen ist und zwar für einen ganz geringen Einsatz, denn
1 Ganzes Loos kostet nur 6 M.
1/2 Loos nur 3 M. und
1/4 Loos nur 1 M. 50 .
Wir versenden diese Originalloose unter Beifügung des amtlichen Verloosungsplanes unter Nachnahme nach allen Orten, erbitten aber Aufträge recht bald, spätestens bis zum 8. Juni, da nur noch geringen Loosevorrath zu begeben haben.
Mindus & Marienthal,
Hauptcollecteure.
Hamburg.
Wunderbar ist der Erfolg
Sommersprossen, unreiner Teint, gelbe Flecke etc. verschwinden unbedingt beim täglichen Gebrauch von:
Bergmann's Lilienmilch-Seife
von Bergmann & Co. in Dresden.
Vorräthig à Stück 50 Pfg. bei Apotheker Montag.
Diedrich Teschau,
Lübeck, Breitestr. 24.
Specialgeschäft in
Messerwaaren,
Waffen, Barometer- und Thermometer.
Reparaturwerkstatt. Hohlschleiferei.
|
Norddeutsches Versand-Haus
Hildesheim.
Jede Sendung frei ins Haus.
Viele Tausend 1000 Viele Tausend
Gebrauchs- und Luxus-Gegenstände
enthält mein Illustirtes Preisbuch
für
Salon und Garten - Reise und Jagd - Arbeitszimmer und Schule für Wohn-, Schlaf-, Bade-, Toilette- und Kinderzimmer, für Waschhaus, Küche und Hausflur.
Ich sende dasselbe umsonst und franco an Jedermann.
Verpackung stets frei.
Umtausch gestattet, oder Betrag bedingungslos zurückgezahlt. |
[ => Original lesen: 1891 Nr. 42 Seite 3]Lotterie der internationalen Ausstellung in Berlin.
1. Ziehung am 16. u. 17. Juni 1891.
2. Ziehung vom 20.-23. October 1891.
7310 Gewinne im Werthe von 300 000 Mk.
Original-Loose, für beide Ziehungen gültig, a 1 M. (11 Loose für 10 M.) empfiehlt und versendet das General-Debit
Carl Heintze,
Berlin W., Unter den Linden 3.
Jeder, Bestellung, welche auf Postanweisung erbitte, sind für Porto und zwei Gewinnlisten 30 Pf. (für Einschreiben 20 Pfg. extra) beizufügen.
[Tabelle der Gewinne siehe im Abbild der Originalseite]
Zum Schiefer- und Dachdecken,
sowie zum Theeren und Repariren
unter Garantie empfiehlt sich
L. Schramm, Klempner.
Das älteste und grösste
Bettfedern-Lager
William Lübeck in Altona
versendet zollfrei gegen Nachnahme (nicht unter 10 Pfd.) gute, neue
Bettfedern für 60 Pfg. das Pfund,
vorzüglich gute Sorte 1 M. 25 Pfg.
prima Halbdaunen nur 1,60 M. und 2 M.
reiner Flaum nur 2,50 M. und 3 M.
Bei Abnahme von 50 Pfd. 5% Rabatt.
Umtausch bereitwilligst.
Fertige Betten (Oberbett, Unterbett und 2 Kissen)
prima Inlettstoff aufs Beste gefüllt.
einschläfig 20, 25, 30 & 40 M. 2 Schlägig 30, 40, 45 & 50 M.
Castel del Monte
(rother italienischer Tischwein)
à Fl. 80 Pfg. 12 Fl. 9 Mk.
empfiehlt
Aug. Spehr.
Großer Verdienst
oder Nebenverdienst von 3-4000 Mark jährlich für gewandte Personen jeden Standes (auch Frauen) und an allen Orten durch den Verkauf von im ganzen Deutschen Reiche gesetzlich gestatteter und zu spielen erlaubter einzelner Staatsloose gegen Monatszahlung. Dieselben haben jährlich 6 Ziehungen mit Haupttreffer von 3x600 000 und 3x300 000 Fr. monatlicher Einzahlung von 5 Mk.
Offerten sind an die Administration "Controleur" Konstanz einzureichen.
Gesucht zu Johannis d. J. für eine gute Landstelle hiesigen Fürstenthums 4100 M. in Posten von 1750 M., 1400 M. und 950 M. gegen sichere Hypothek. Näheres bei
Wilh. Heincke-Schönberg.
Wieder vorräthige, verzinnte
Milchsatten
empfiehlt
Menzendorf. J. Bruhn.
Bei vorkommendem Bedarf empfiehlt
Milcheimer, Wassereimer emalirt und lakiert, Toiletteneimer, sehr starke verzinkte Eimer billigst, Dampfkessel mit kupfernem Sieb, Wringmaschinen, Wäscheklammern aus Metall, Badewannen, Petroleumkocher in Rund- und Flachbrenner bester Qualität, Kaffemühlen, Reibemaschinen, Mörser, Drahtspeiseglocken, Messerkörbe, Geldkörbe mit u. ohne Schloss in verschiedenen Grössen, Kaffeebretter u. Brodkörbe fein lakirt u. in Nickel, sehr haltbar, Briefkasten, Toilettenkasten u. Giesskannen, Kuchenformen, emalirte Kochtöpfe, Kessel, Spühlwannen, Kaffeekannen, Schüssel, Wasserkannen, Waschschüssel, Nachtgeschirre, Bratpfannen, Tassen, Trichter in gr. Auswahl ferner: Botanisirtrommel und Broddosen, Gebäckkasten u. Dokumentenkasten, Thee-, Ess- und Vorlegelöffel in bester Composition mit Stahleinlage u. in Nickel, Hack- und Wiegemesser, Küchenmesser, Gurkenhobel, Milchtransportkannen u. s. w.
in sehr guter Waare
ganz ergebenst
W. Wieschendorf,
Klempner.
Bonner Fahnen-Fabrik
in Bonn . Rhein.
Hoflief. Sr. Majestät des Kaisers.
Königl., Großherzogl., Herzogl. u. Fürstl. Hoflief.
----------------------------------------------------------------------
Zur Gewerbe-Ausstellung & Thierschau (12. Juni)
----------------------------------------------------------------------
Wasserechte Fahnen & Flaggen,
beste Qualität (z. B. Mecklenburgische und Deutsche Fahnen mit und ohne Wappen).
Wappenschilder, Inschriften, Transparente,
Lampions, Fackeln.
Pünktliche Lieferung ausdrücklich garantirt.
Reichhaltige Preisverzeichnisse versenden wir gratis und franko.
Einige gut besetzte
Krainer Bienenstöcke
sind billig zu verkaufen, zu 15 M. pr. Stock
bei Gastwirth Sterly.
Selmsdorf.
[ => Original lesen: 1891 Nr. 42 Seite 4]Wir bringen hiermit zur allgemeinen Kenntnuß, daß unser diesjähriger
Königschuß
am Montag, den 6. und Dienstag, den 7. Juli stattfindet.
Loose zur Tombola à 30 Pfg. sind schon jetzt bei uns zu haben.
Schönberg, im Mai 1891.
Kapitain und Aelteste der Schützenzunft.
C. Schultze. F. Baer. J. Greiff.
|
Die Hagel-Versicherungs-Gesellschaft
im Fürstenthum Ratzeburg.
gegründet auf Gegenseitigkeit und Allerhöchst bestätigt 1847, gewährt ihren Mitgliedern unzweifelhafteste Sicherheit. - Trotz der geringen Beiträge der letzten Jahre von nur 20 . pro 100 M. haben wir einen Sicherheitsfonds von
27,800 Mark,
ansammeln können, welcher bei der hiesigen Ersparniß= und Vorschußkasse belegt ist und an welchem neu eintretende Mitglieder sofort participieren. Wir laden zum Beitritt ein. |
Schönberg im April 1891.
Die Direction.
J. Kröger-Lockwisch. Wilh. Heincke.
Umstände halber findet die
Thierschau
nebst Ausstellung landwirthschaftlicher Maschinen & Industrie=Gegenstände
sowie Rennen in Ratzeburg
am Donnerstag, den 25. Juni 1891 statt.
Das Central-Comité.
Zu dem am 7. und 8. Juni bei mir stattfindenden
Scheiben-Schiessen
nach guten Gewinnen lade ich hiermit freundlichst ein.
1 Satz von 3 Schüssen kostet 1 Mark.
Gastwirths=Wittwe Grevsmühl.
Zarnewenz.
Am Sonntag, den 7. und Montag, den 8. Juni 1891 soll beim Gastwirth Böttcher in Rieps ein
Scheiben-Schiessen
stattfinden, wozu ich recht freundlich einlade.
Der Satz von drei Schüssen kostet 1 Mk.
Büchsen werden frei geliefert.
Auf 1 Satz von 3 Schüssen fällt nur 1 Gewinn.
W. Dencker, Tischlermeister.
Schlagsdorf.
Empfehle:
Pikanten Holsteiner Käse
in selten schöner Waare à 22 . in Broden 19 .
ff. Tilsiter Fett=Käse à 25 .
pikanten Berliner Kuhkäse Stck. 5 .
Max C. Sass.
Einige Sack
Dabersche Kartoffeln
hat noch abzugeben
Stove. Kaiser.
Zahnschmerzen aller Art werden selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extrakt beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. In Fl. à 50 Pfg. im Alleindepot für Schönberg bei Heinr. Böckmann, Bandagist.
Gesucht mehrere Ammen sogl. u. später für feine Herrschaften. Lohn 120 Thlr. durch Frau A. Puttfarken, Nachw.=Bur. Hamburg, Düsternstraße 5.
Statt besonderer Meldung.
Heute Vormittag 10 1/2 Uhr nahm der liebe Gott auch unsere liebe kleine
Auguste
im Alter von 1 1/2 Jahren zu sich in sein Himmelreich. Dieses zeigen tiefbetrübten Herzens an
Schönberg, den 30. Mai 1891.
L. Spehr u. Frau geb. Kröger.
Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,15 Nachm. 7,19 Abends. 11,22 Nachts.
nach Kleinen:
7,36 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,29 Nachm. 9,02 Abends.
Markt=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Getreide=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1891 Nr. 42 Seite 5]Beilage
zu Nr. 42 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 2. Juni 1891.
Der Kaiser hat Donnerstag die Besitzungen des Grafen Dohna=Schlobitten verlassen und ist Freitag früh 1/2 9 Uhr zur großen Frühjahrsparade wieder in Berlin eingetroffen. Das Jagdglück ist auch diesmal dem Monarchen in den ostpreußischen Forsten hold gewesen, er hat daselbst in wenigen Tagen 19 Rehböcke und einige Füchse erlegt.
Der Kaiser ist bereits am Donnerstag Abend aus Ostpreußen nach dem Neuen Palais zurückgekehrt. Am Freitag Morgen hat sich der Monarch mit seiner Gemahlin und großem Gefolge nach Berlin begeben, um die große Frühjahrsparade abzuhalten, die einen überaus glänzenden Verlauf genommen und auch auf die Berliner Bevölkerung ihren alten Zauber ausgeübt hat. Der Kaiser trug die Galauniform der Gardes du Corps, die Kaiserin den Uniformrock der Pasewalker Kürassiere. Nachdem das Herrscherpaar die Fronten der Truppen abgeritten hatte, erfolgte der Vorbeimarsch in der hergebrachten Weise. Nach Beendigung der Parade spendete der Kaiser seiner Garde volles Lob und geleitete darauf die Fahnenkompagnie in das kgl. Schloß zurück. Nachmittags 1/2 6 Uhr hat aus Anlaß der Parade im Schloß ein großes Paradediner von 350 Gedecken stattgefunden und später haben die Majestäten einer Festvorstellung im Opernhaus beigewohnt. Sonnabend hielt der Kaiser im Lustgarten zu Potsdam über die Truppen der dortigen Garnison ebenfalls die Parade ab.
Fürst Bismarck wird, wie aus Hamburg berichtet wird, jedenfalls nach Berlin kommen, wenn eine außerordentliche Session des Reichstages wegen Herabsetzung der Getreidezölle einberufen werden sollte, auch wenn eingeplante Kur in Kissingen dadurch eine Unterbrechung erfahren müßte.
Ueber die Frage der Suspension der Getreidezölle ist im Staatsministerium bisher noch kein Beschluß gefaßt worden, die Entscheidung wird aber, nachdem der Kaiser wieder nach Potsdam zurückgekehrt ist, nicht mehr lange auf sich warten lassen und es ist in der That auch höchste Zeit, daß die auf dem Getreidemarkt herrschende Unruhe beseitigt wird. Staatsminister v. Boetticher hat einer Deputation der Gewerbevereine erklärt, daß die Regierung der Sachlage ihre vollste Aufmerksamkeit widme und das Bedenkliche der Lage keineswegs verkenne, es sei aber selbst nach der Ansicht einzelner Freihändler zweifelhaft, ob die Suspension der Getreidezölle eine Ermäßigung der Brot= und Mehlpreise bewirken und nicht vielmehr eine Steigerung der Getreidepreise auf dem Weltmarkt erfolgen würde. Das prüfe die Regierung sehr eifrig. Sobald sie zu der Ueberzeugung komme, daß die Suspension der Zölle zu einem Rückgang der Preise führen würde, werde sie nicht anstehen, zu dieser einschneidenden Maßregel zu greifen.
Was in England, Frankreich und Italien eine Regel bildet: das die höchsten Staatsbeamten in öffentlichen Versammlungen Reden über die politische Lage halten, kommt bei uns nur als verschwindende Ausnahme vor, und es ist dies wohl auch im Allgemeinen kein Fehler. Die Deutungen, welche solche Auslassungen durch die Presse erfahren, fallen oft so verschieden aus, daß eher Verwirrung als Klärung entsteht und gerade das Gegentheil der vom Redner beabsichtigten Wirkung erzielt wird. Bei der neuesten Ausnahme jedoch, die in Deutschland von der Regel gemacht worden ist, wird diese Schattenseite schwerlich in Erscheinung treten. Staatsminister v. Boetticher hat vor seinen Stralsunder Landtagswählern eine Rede gehalten, die nur geeignet ist, allseitige Anerkennung und Befriedigung hervorzurufen. Zunächst hat der Minister durch die Erklärung, daß die Ermäßigung der Getreidezölle bestimmt in Aussicht stehe, den Mißdeutungen vorgebeugt, die an dieser geübt werden. Weit wichtiger ist es aber, was Herr v. Boetticher über die auswärtige Lage gesagt hat. "Die Sorgen", so äußerte sich Herr v. Boetticher, "sind bei weitem nicht so begründet, wie man im Lande des Oefteren hört. Der politische Horizont ist klar und rein, lassen Sie sich nicht durch französische oder russische Uebertreibungen beunruhigen. Meines Erachtens ist nirgends ein vernünftiger Grund zu finden, um mit uns anzufangen, und wir werden niemals anfangen!" Wenn Herr v. Boetticher auch nicht Minister des Auswärtigen ist, so bedingt doch seine Stellung eine hinreichende Kenntniß der Gesamtlage Europas, um diesen Worten ihr volles Gewicht zu sichern. Die Rede des Ministers ist dazu gehalten worden, um beruhigend zu wirken und diesen Zweck wird sie sicherlich im Land erreichen.
Die Abreise der französischen Studentendeputation von Prag ist natürlich ebenfalls von den tschechischen Kommilitonen zu einer deutschfeindlichen Kundgebung benutzt worden, bei welcher die Lungen wieder Erstaunliches geleistet haben. Die Rufe "Pereat les Prussiens!" "Vive la France!" und in tschechischer Sprache "Auf Wiedersehen in Paris!" erschollen auf dem Bahnhof wild durcheinander, bis endlich die Absingung des Hetzliedes "Hrom a peklo" ( Donner und Hölle) etwas Abwechselung in den Spektakel brachte. Auch eine Deputation der Prager Damen war am Bahnhof erschienen, um den französischen Gästen zum Abschied Blumensträuße zu überreichen.
Der russische Kaiser sprach als Schiedsrichter in der zwischen Holland und Frankreich schwebenden Streitfrage betr. die Grenzen von Guyna Holland das streitige Territorium zu.
Es geht das Gerücht, der Zar wolle Moskau wieder zur Residenz des Zarenreiches erheben, weil Petersburg ihm nicht russisch genug mehr sei.
Aus St. Petersburg wird geschrieben, daß dem Großfürsten=Thronfolger Nikolaus in Siam ein besonders auszeichnender Empfang bereitet worden ist. Der König von Siam überhäufte seinen Gast mit Aufmerksamkeiten aller Art. Unter Anderem ließ er dem Cäsarewitsch, der bei Besichtigung der Schatzkammer des Königs über einzelne Juwelen, Gold= und Silberarbeiten seine Bewunderung ausgesprochen hatte, all' die betreffenden Gegenstände am Abend desselben Tages als Geschenke überreichen. Der Großfürst=Thronfolger äußerte zu seiner Umgebung, daß diese Aufmerksamkeit ihn in Verlegenheit setze, da er nicht wisse, auf welche Weise er die Geschenke des Königs erwiedern sollte. Er übergab dem Herrscher von Siam eine hübsche russische Silberarbeit zum Andenken, deren Werth sich auf 4000 Rubel beziffern dürfte, während die Geschenke des Königs einen Werth von Hunderttausenden von Rubeln repräsentiren sollen. Außerdem erhielt der Cäsarewitsch zwei weiße Elefanten zum Geschenk, von welchen aber der eine kurz nachher verendete.
Der Kaiser von Rußland hat dem Prinzen Georg von Griechenland für die Vertheidigung des Großfürsten=Thronfolgers die Würde eines Admirals verliehen. Aus allen Theilen des russischen Reiches sind dem Prinzen Georg Dankadressen zugegangen und ein wahrer Triumpfzug steht ihm noch bevor, wenn er an der Seite des Thronfolgers seinen Einzug in Moskau und Petersburg hält.
Ueber der französischen Ausstellung in Moskau, die sich zu einem großen Triumph Frankreichs und einem beredten Symbol des französisch=russischen Bündnisses gestalten sollte, scheint kein guter Stern zu walten. Nachdem das Ausstellungs=Comité die Dummheit begangen hat, sämmtliche Eintrittskarten dem jüdischen Pelzhändler Grünwald - einem Deutschen! - zum Weiterverkauf zu überlassen, meldet jetzt der Telegraph, daß die Abreise der kaiserlichen Familie zum Besuch der französischen Ausstellung eben wegen dieses Vorganges verschoben worden sei. Die Nachricht kommt nicht etwa aus Berlin oder Wien, sondern aus Paris selbst und noch dazu ist es das zuverlässigste Blatt der französischen Haupt=
[ => Original lesen: 1891 Nr. 42 Seite 6]Stadt, der "Temps", der dieselbe in die Oeffentlichkeit bringt. Nach dem "Temps" hätten die russischen Behörden seit dem Bekanntwerden jener Thatsache keinerlei officielle Unterstützung mehr angedeihen lassen, und ein Theil der russischen Presse richte jetzt sogar lebhafte Angriffe gegen das Unternehmen, das ohnehin von den russischen Industriellen wegen der Förderung der ausländischen Concurrenz mit scheelen Augen angesehen werde. Die französische Regierung hält es unter diesen Umständen für angezeigt, nochmals hervorzuheben, daß die Ausstellung ein vollständig privates Unternehmen sei, welches der Handelsminister nur offiziös unterstützt habe.
Nachrichten aus Odessa zufolge dauern die Judenausweisungen aus Rußland fort. Wie es heißt, soll der Czar entschlossen sein, alle Juden aus Petersburg, Moskau und Odessa zu vertreiben, da man ihm gesagt habe, daß der südrussische Handel, namentlich der Getreidehandel, vorwiegend in den Händen der Juden sei und die Juden sich bereicherten, während die Ackerbauer und Landbesitzer immer ärmer würden. Die Behörden in Odessa werden demnächst eine Judenzählung vornehmen. Von 120 000 ansässigen Juden soll die große Mehrzahl ausgewiesen werden.
Die Uniformtuche für die bulgarische Armee, die bisher aus Rußland bezogen wurden, sind jetzt bei deutschen Fabriken bestellt worden, da die Preise in Deutschland viel niedriger sind.
Wie die Köln. Ztg. meldet, hat Bulgarien bei der Waffenfabrik zu Steyr 60 000 Gewehre zu den schon fertigen 60 000 Stück nachbestellt.
Beim Fest=Banket in Bukarest hielt der König Karl eine Rede, in der er hervorhob, die von ihm vor 25 Jahren gegründete Regierung sei eine so feste, daß nur die mächtigsten Erschütterungen das durch ausdauernde Arbeit Erbaute zerstören könnten. Er trinke auf das Wohl der Staatsmänner, die während eines Vierteljahrhunderts seine treuen Räte gewesen, ohne deren erleuchtete, patriotische Unterstützung seine Regierung nicht so fruchtbar gewesen wäre. Der König gedachte dann in Worten der Liebe und Dankbarkeit derjenigen Staatsmänner, die in das bessere Jenseits geschieden, und betonte, die Festtage bewiesen, die ganze Nation sei von der Ueberzeugung durchdrungen, daß die Zukunft Rumäniens auf einer unerschütterlichen Grundlage begründet sei.
Die Königin Viktoria von England hat am letzten Sonntag ihr 72. Lebensjahr vollendet. Wegen der strengen Sonntagsheiligung haben die Kanonen erst am Montag der Londoner Bevölkerung dieses freudige Ereigniß verkündigt. Die offizielle Feier des Geburtstages der Königin ist jedoch erst am nächsten Sonnabend begangen.
Die Ankunft des deutschen Kaiserpaares in London wurde auf den 4. Juli anberaumt. In der City hat man für die festliche Ausschmückung 70 000 Mark bewilligt.
Aus Nordamerika ist die Kunde eines eigenartigen Vorfalls nach Berlin gelangt. Der Kapitän des deutschen Kriegsschiffes "Nixe", welches gegenwärtig in dem Hafen von Norfolk im Staat Virginien ankert, erhielt kürzlich durch die Post ein ihm von der deutschen Admiralität gesandtes Instruktionsbuch. Er bemerkte jedoch, daß daß Packet geöffnet und wieder geschlossen worden war, und erfuhr, als er nähere Erkundigungen einzog, daß der Postmeister dasselbe geöffnet hatte. Hierüber entrüstet, führte er bei dem deutschen Konsul Beschwerde. Dieser erklärte ihm dann, daß das Packet durch den Postmeister welcher steuerbare Sachen darin vermutet habe, in seiner Gegenwart geöffnet worden sei. Der Kapitän gab sich indes mit dieser Erklärung nicht zufrieden, sondern versicherte, die Angelegenheit zur Kenntniß der deutschen Admiralität bringen zu wollen. Er habe den Eindruck, daß der Postmeister den Versuch nur unternommen habe, um in die ihm von der deutschen Regierung gesandten Befehle Einblick zu erhalten.
- Schönberg. Sicherem Vernehmen nach hat S. K. H. der Großherzog geruht, den Präpositus H. Ohl in Stargard zum Probsten für das Fürstenthum Ratzeburg zu ernennen. Derselbe wird nach Ablauf des Gnadenjahres, Weihnachten d. J., in dies neue Amt eintreten.
- Neustrelitz. Die Mittheilung, daß der Realschullehrer Max Haberland hier zum Amtsnachfolger des verstorbenen Aichamtsdirigenten Rönbeck ernannt worden sei, ist nicht ganz zutreffend. Herr Haberland ist nicht, wie man uns von berufener Seite mittheilt, zum Aichamtsdirigenten, sondern zum Mecklenburg=Strelitzschen Mitgliede der Aichungs=Inspection in Schwerin ernannt worden, ein Posten, den der verstorbene Aichamtsdirigent Rönbeck allerdings auch bekleidete. Als Aichmeister fungirt bei dem hiesigen und dem Schönberger Aichungsamte wie bisher der Sohn des Verstorbenen. Diesem liegt der practische Theil des Aichungsamts ob, während Herr Haberland den theoretischen zu besorgen hat.
- Am 30. d. M. beging die Stadt Rehna die 100jährige Feier ihrer Enthebung aus der Amtssässigkeit und Bewidmung mit einer Stadtordnung. Ursprünglich war Rehna ein zum Lande Gadebusch gehöriges Dorf. Im Jahre 1236 wurde daselbst von Bischof Ludolph von Ratzeburg und dem Fürsten Johann von Mecklenburg ein Jungfrauenkloster, Anfangs Benedictiner= dann Prämonstratenserordens, gegründet. Neben dem Kloster erhob sich nach und nach, ebenso wie bei den Klöstern Doberan, Dargun, Neukloster etc.., auch das Dorf Rehna zu größerer Bedeutung, so daß es schon im Jahre 1423 unter dem Namen einer Stadt mit Bürgern und mit einem Rath an der Spitze vorkommt, neben welchen jedoch auch noch Bauern und Einwohner genannt werden. Doch fehlte es noch an Städtischen Gerechtsamen, und Rehna blieb als Eigenthum des Klosters von diesem abhängig. Nach der Reformation und Einziehung des Klosters wurde Rehna amtssässig und blieb in dieser Stellung, bis es am 30. Mai 1791 eine Stadtordnung erhielt und damit die Amtsgerichtsbarkeit auf das Herzogliche Stadtgericht übertragen wurde. Ueber die Gründe dieser Aenderung giebt der Eingang des Rescripts des Herzogs Friedrich Franz I. vom 30. Mai 1791, betr. das Verhältniß der Stadt Rehna zum Amte Rehna, nebst Jurisdictions=Regulativ für das Stadtgericht, nähere Auskunft. Nach demselben hat die ursprüngliche Amtssässigkeit des "Städtleins" Rehna "mancherlei verdrießliche und besonders für diese Commüne sehr kostspielige Verwickelungen und Collisionen veranlaßt. Diese sind weder durch das am 10. Juni 1751 verkündigte rechtskräftige Urtheil, betreffend die Grenzen der Magistrats= und der Amts=Gerechtsame, noch durch die am 9. November 1780 landesherrlich bewilligte Eximirung der Rathsmitglieder von der Amtsgerichtsbarkeit vollständig abgestellt worden. Vielmehr scheint es, "nach den unablässigen Wünschen und wiederholten Vorstellungen des Raths und der Bürgeschaft zu Rehna", auch nach Einleitung einer commissarischen Untersuchung, daß diese Uebelstände "nicht gründlicher als durch die Befreiung der Stadt von der Amtsjurisdiction für immer zu heben und zu vermeiden sein dürften." Daher hat der Landesherr sich entschlossen, dem Gesuche der Stadt aus besonderen Gnaden Gehör gebend, die Amtssässigkeit der Stadt, mithin die Gerichtsbarkeit der Amtes Rehna über dieselbe völlig aufzuheben und der Stadt im Gericht und Polizeiwesen eine der landesvergleichmäßigen Verfassung der übrigen Landstädte gemäßere Einrichtung zu geben, um dadurch die Wohlfahrt und das Aufnehmen der guten Commüne zu befördern und den vielen während der bisherigen Verfassung entstandenen kostbaren Streitigkeiten ein Ende zu machen." Es werden dann die hieraus entstehenden neuen Verhältnisse in drei Abschnitten und 56 Paragraphen - Verhältniß zwischen der Stadt Rehna und dem Herzoglichen Amt, Verfassung des Herzoglichen Stadtgerichts zu Rehna, Rechte und Pflichten des Raths der Stadt Rehna - eingehend geregelt. Im Jahre 1833 erhielt die Stadt eine neue Stadtordnung, an welcher seitdem nichts verändert ist. Der Bürgermeister wird vom Großherzog ernannt. Für die Wahl eines Senators werden vom Bürgerausschuß dem Magistrat 3 Personen präsentirt, aus welchen dieser, vorbehältlich landesherrlicher Bestätigung, den Senator wählt. Der Bürgerausschuß besteht aus 12 Mitgliedern (Bürgervorstehern). Zur Wahl dieser letzteren ist jeder Bürger, der zu den Stadtlasten beiträgt, in seinem Wahlbezirk berechtigt. Wählbar ist jeder Wahlberechtigte, der im Schrei=
[ => Original lesen: 1891 Nr. 42 Seite 7]ben und Rechnen geübt ist. Neue Bürgervorsteher müssen mit einem Wohnhause angesessen sein. Magistrat und Bürgervorsteher berathen und beschließen in gemeinschaftlichen Zusammenkünften. Besondere Versammlungen des Bürgerausschusses müssen dem Magistrat vorher angezeigt werden. Dritte Personen dürfen den Versammlungen nicht beiwohnen. - Die Stadt war bis 1819 Sitz eines besonderen Domaniamts, welches seitdem mit dem Amt zu Gadebusch vereinigt ist. Sie zählt gegenwärtig 2077 Einwohne gegen 2171 im Jahre 1885, 2431 im Jahre 1875, 2480 im Jahre 1871 und 2696 im Jahre 1866.
- Am Mittwoch v. W. fand in Lübsee das Missionsfest des Gadebusch=Rehnaer Missionsvereins statt. Die Predigt hielt Präpositus Kolz=Gadebusch über I. Samuelis 17, 45-50; er zeichnete den Kampf zwischen Christenthum und Haidenthum als den Kampf zwischen David und Goliath. Die Nachmittagsversammlung mußte des schlechten Wetters wegen ebenfalls in der für die große Zahl der Theilnehmer fast zu kleiner hübschen Kirche stattfinden. Hier hielt Pastor Borgmann=Rehna einen durch zahlreiche lebendige Beispiele illustrirten Vortrag über Missionspflicht und Missionssegen. Pastor Hunziger=Roggendorf erstattete den Bericht; anknüpfend an Napoleons Wort "Respect vor der Arbeit" forderte er in begeisterten und begeisternden Worten Respect für die Arbeit der Mission, ihre Arbeiter und ihre Erfolge. Der Rehnaer "Gemischte Chor" trug durch den Vortrag mehrerer Lieder zum Gelingen des Festes bei.
- Henry Villard, der bekannte amerikanische Eisenbahn=Millionär, weilt in Friedrichsruh zum Besuch beim Fürsten Bismarck.
- Der Lehrkörper der Berliner Universität besteht in diesem Sommersemester aus 322 Dozenten.
- Die Kaserne des 2. Gard=Ulanen=Regiments in Berlin wurde am Dienstag von einem verheerenden Brande heimgesucht, der die ganze Umgebung und namentlich die Verwaltung der dicht benachbarten Internationalen Kunstausstellung in Schrecken und Aufregung versetzt hat. Trotz aller Anstrengungen brannte der Stall der 5. Eskadron vollständig nieder. Etwa 30 Pferde, welche sich in demselben befanden (die Mannschaften waren zum Exerzieren ausgeritten), konnten sämmtlich gerettet werden.
- Ein Schankkellner, der in der Nacht zum Dienstag im Lustgarten in Berlin sich einen Fliederstrauß abgerupft hatte, wurde von dem Posten am Museum angerufen. Da der Dieb die Flucht ergriff und auch auf Zuruf des Postens nicht stehen blieb, so schoß der Posten, ein Gardefüselier, auf den Fliehenden. Der Schuß traf jedoch nicht, die Kugel fuhr vielmehr in eine Selterswasserbude, in der die Verkäuferin schlief. Auch hier ist glücklicher Weise kein Unglück angerichtet worden.
- In wie ungemüthlicher Weise die Umgegend der Jungfernheide bei Berlin von den dortigen Schießplätzen sich "verirrenden" Geschossen heimgesucht wird, das hat jetzt auch die Gefängnißverwaltung von Plötzensee am jüngsten Dienstag erfahren müssen. Am genannten Tage schlug eine Kugel in das zweite Gefängniß, zertrümmerte eine Scheibe, zersplitterte Holztheile und drang dann in die Wand ein. Personen sind durch diese "Verirrung" glücklicherweise nicht beschädigt worden. Immerhin aber zeigt dieser Fall, welche Gefahren die Umgebung der Schießplätze bei der ungeheueren Flugbahn und Durchschlagskraft der Geschosse aus den neuen Gewehren ausgesetzt ist.
- Eine aus Charlottenburg stammende Brieftaube legte dieser Tage den Flug von London nach Charlottenburg glücklich zurück. Der Täuber war vor acht Monaten mit anderen Brieftauben nach London verkauft worden und benutzte jedenfalls einen Augenblick mangelnder Aufsicht, um den weiten Weg nach der Heimath zu unternehmen.
- Auf dem Begräbnißplatz des Zuchthauses in Moabit sind kürzlich die Grabhügel eingeebnet worden, nur ein Grab ist verschont geblieben und wird auch erhalten bleiben. Es ist das Grab des Jägers Putlitz, welcher im März 1855 die 30jährige Schneiderin Dorothea Slorbeck in ihrer am Anhalter Bahnhof belegen Wohnung ermordet haben sollte, zum Tode verurtheilt und, obgleich er seine Unschuld bis zum letzten Augenblick beteuerte, auch hingerichtet wurde. Später stellte es sich heraus, daß das Urtheil einen Unschuldigen getroffen hatte; denn ein Polizeibeamter hatte auf dem Sterbebett sein Gewissen durch das Geständniß erleichtert, daß er der Mörder sei. Den Hügel des unschuldig Gerichteten schmückt noch heute ein Denkmal.
- Ueber die unfreiwillige Extrafahrt des Fesselballons der Frankfurter elektrotechnischen Ausstellung entnehmen wir dortigen Blättern noch folgende Einzelheiten: Der Ballon hatte am Dienstag Nachmittag 5 Uhr eben eine Fahrt beendet, und die Insassen schickten sich an, auszusteigen, als plötzlich ein Ruck erfolgte und der Ballon mit rasender Geschwindigkeit seitwärts in die Höhe über die Stadt flog. In der Gondel befanden sich der Assistent des Unternehmens, ein Herr Ott, ein Matrose und ein Passagier. Der wenigen Anwesenden, welche sich während dieses Augenblicks auf dem Aufstiegeplatz befanden, bemächtigte sich nicht ein geringer Schrecken und alles eilte der Stadt zu, während der Ballon in nordöstlicher Richtung in beträchtliche Höhe über die Stadt hinflog, überall auf seinem Weg großes Erstaunen hervorrufend, daß der sonst so harmlos dreinschauende Koloß sich heimtückisch seiner Fesseln entledigt hatte. Die Extrafahrt ist verhältnißmäßig günstig von Statten gegangen. Nach einer Fahrt von etwa 25 Minuten, als man sich auf freiem Feld hinter Heiligenstock befand, zog der Ballonführer das Ventil, der Ballon senkte sich und der Anker faßte sofort Grund. Das Aussteigen der drei Insassen erfolgte ohne jede Gefahr. Wie es heißt, ist die Flucht des Ballons nicht durch einen Bruch des Seiles, sondern durch die Lösung der Verbindung zwischen Seil und Ballon zu Stande gekommen.
- In Mainz streikten die Tischlergesellen 21 Wochen lang, um die Einführung einer kürzeren Arbeitszeit durchzusetzen. Die Meister waren jedoch nicht gewillt, von der zehnstündigen Arbeitszeit etwas nachzulassen. Nunmehr ist der Streik durch Nachgeben der Gesellen zu Gunsten der Meister beendet.
- Die Artilleriewerkstätte zu Köln=Dentz entließ eine Anzahl Arbeiter, weil sie sich am 3. Mai an dem Umzuge der Sozialdemokraten betheiligt haben.
- Der Vertrauensmann, den die Sozialdemokraten in Einbeck zum Parteitag in Halle entsandt hatten, erklärt heute seinen Austritt aus der sozialdemokratischen Partei, da er sich von der Unausführbarkeit der sozialdemokratischen Ideen überzeugt hat.
- Schon wieder einer! In Bochum hat sich der Führer der dortigen Sozialdemokraten, Schmidtfranz, unter Mitnahme der Vereinskasse aus dem Staub gemacht. Seine "Abreise" ist so eilige gewesen, daß er sogar vergessen hat, seine Frau mitzunehmen.
- Auf dem Kopfe des großen Kurfürsten, der auf dem Paradeplatz zu Rathenow als Denkmal aufgestellt ist, hat gegenwärtig ein Storchenpaar sein Nest aufgeschlagen und wohnt dort vorläufig zur Belustigung der Rathenower ganz ungestört.
- Etwas von den Leberwürsten. In einer Anklagesache wegen Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz in München gab der Bezirksthierarzt ein Gutachten über die Zubereitung von Leberwürsten ab. Nach diesem Gutachten wird eine Leber im Gewicht von etwa 3 Pfund zu 140 Leberwürsten verwendet, während die Hauptbestandtheile der Leberwürste aus Abfällen von Lunge, Theilen der Knöchel, Haarwachs und Hauttheilen bestehen, welche gewiegt und mit dem Wasser zu einem sogenannten Brei verarbeitet werden. Der auf der Anklagebank sitzende Schweinemetzger bestätigte diese Art der Fabrikation der Leberwürste, die jetzt gewiß den Münchenern noch einmal so gut schmecken werden.
- In Worms wurde ein Brod=Konsum=Verein zur Beschaffung von billigem und gutem Brode gegründet und zwar infolge der gesteigerten Brodpreise. Dem Verein haben sich eine große Anzahl von Fabrikarbeiter, Handwerkern, Beamten und Lehrern angeschlossen.
- Ein Studentenstreich. Auf eine gelungene Idee ist ein stud. med. in Wien, der an chronischem
[ => Original lesen: 1891 Nr. 42 Seite 8]Münzenschwund litt, verfallen. Er telegraphirte, um "neues Moos" zu bekommen, an seinen Vater, einen biederen Landwirth, er möge ihm doch gleich 50 oder mehr Gulden schicken, da er sich eine - Kuh kaufen müsse, um an dieser Impfstudien zu machen! Das Schönste bei der ganzen Geschichte ist, daß der gute Vater daraufhin selbst nach Wien gereist und für seinen strebsamen Sohn selbst eine tadellose Kuh gekauft hat! Der Herr Studiosus soll über diesen Act väterlicher Fürsorge wenig erbaut gewesen sein.
- Durch Uebermuth von Arbeitern wurde auf der gräflich Palffyschen Industriebahn ein Zug zum Entgleisen gebracht, wobei sieben Arbeiter ums Leben kamen.
- Die Ernteaussichten in Rußland sind größtentheils noch recht trübe. Ein in Petersburg eingetroffener Brief aus dem Gouvernement Simbirsk an der Wolga theilt mit, daß die ganze Wintersaat in dieser Provinz fast gänzlich vernichtet ist. Die örtlichen Behörden haben Getreide zur Aussaat unter die Bauern vertheilen lassen, welche dasselbe aber für Mehl verkauft haben, so daß nichts gesät wird. Die Not ist groß, Tausende von dort ansässigen Bauern wandern ganz verarmt nach Centralasien aus, obgleich die Behörde ihr Mögliches thut, um dieser leichtsinnigen Auswanderung ein Ziel zu setzen.
- Am Dienstag wurde auf der Strecke Rom=Frascatie zum erstenmal der Versuch gemacht, die Lokomotive mit destillirten Lignit statt mit Kohle zu heizen. Der Versuch, welcher in anbetracht der ungeheuren, unbenutzten Lignitlager des Landes Italien von größter Wichtigkeit ist, gelang vollkommen. Fachmänner behaupten, Italien könne nunmehr fremde Kohlen vollständig entbehren.
- Die jüngste Millionärin der Welt ist eine zwei Jahre alte Amerikanerin, Miß Terry. Sie besitzt gegenwärtig schon 30 Millionen Pfund Sterl. (600 Mill. Mark) und wird nach dem Tode ihrer Mutter noch mehrere Mill. Pfund Sterling erben. Eine der vielen Gouvernanten der jungen Millionärin machte jüngst die Reise von New=York nach Paris - um für die Puppen ihrer kleinen Herrin Kleiderstoffe nach der letzten Mode einzukaufen. Sie brachte thatsächlich Stoffe im Werthe von mehr als 10 000 Franks (8000 Mark) nach Amerika.
- Die Entdeckung eines fabelhaften Schatzes der auch nicht eines hohen politischen und historischen Interesses entbehrt, ist in Rio de Janeiro gemacht worden, wie die letzte Post von dort meldet. Der Ingenieur, unter dessen Leitung das Fort San Antonio, ein früheres Kloster, in Rio de Janeiro geschleift wird, stieß in einem der unterirdischen Gänge des Castells auf eine Menge von Behältnissen, die schon beim ersten Blick verriethen, daß in ihnen Werthvolles verborgen sein müsse. Da die Regierung in dem mit dem Ingenieur abgeschlossenen Vertrage sich ausgedungen hatte, daß von etwa bei den Demolirungsarbeiten vorgefundenen Kostbarkeiten die Hälfte ihr zufalle, so erstattete, er sofort von der Entdeckung Anzeige. Alsbald erschien eine Commission an Ort und Stelle und nach dem von dieser der Regierung unterbreiteten Memorandum hatte sich in dem unterirdischen Gange das Folgende vorgefunden: 112 Holzkasten, jeder eisenbeschlagen und mit drei Schlössern versehen und jeder 856 Kilo schwer. Ferner 4 je 615 Kilo schwere Kasten aus getriebenem Eisen, 16 zugenähte Ledersäcke, jeder Sack 59 Kilo wiegend, 806 Packete aus Pergamentpapier mit einem Gesammtgewicht von 1457 Kilo, endlich 3 Kasten mit Documenten und 26 etwas beschädigte andere Packete. Bei der Oeffnung fanden sich nun in den 12 Holzkästen 70 Millionen Francs Gold in alten portugisischen Cruzadoz. Ueber die ursprüngliche Bestimmung dieses Geldes gab theilweise Auskunft eine in den Documentenkästen vorgefundene Quittung, in welcher der Bruder Desarte Anton, Oberer des Jesuiten=Ordens, bescheinigt, 20 Millionen Goldernzados empfangen zu haben mit der Ordre, die Summe nach Portugal an Johann V. als Ehrentribut für seine Reise nach Brasilien zu senden. Es ging aus der betreffenden Quittung weiter hervor, daß außer diesen 20 Millionen die 2460 Kilo Goldkörner, die in den vier obenerwähnten Kasten sich vorfanden und die 945 Kilo Goldplatten nebst den verschiedenen aus Gold kunstvoll gearbeiteten Gegenstände, die man des Weiteren in den übrigen Kasten, Packeten u. s. w. ans Tageslicht gebracht hatte, an Bord der königlichen Galeonen geschafft werden sollten, welche unter dem Commando des Infanten Don Sebastian, auf der Rückfahrt nach Lissabon begriffen, in Brasilien anlaufen sollten. Jetzt stellt sich heraus, daß dies jenes Gold war, welches im vorigen Jahrhundert Portugals berühmtester Staatsmann, der Marques de Pombal, vergebens von den Oberen der brasilianischen Jesuiten reclamirt hatte. Dieser leugnete seiner Zeit, daß der Schatz sich noch in seinen Händen befände, da er denselben bereits abgesandt. Die Folge hiervon war das berühmte Decret des ehedem frommen Marques de Pombel, welches die Jesuiten aus Portugal und Brasilien vertrieb.
- Erprobtes Mittel gegen Blattläuse. An der Königl. Lehranstalt für Obst= und Weinbau zu Geisenheim a. Rhein wurden im Laufe der letzten Jahre Versuche mit den vielfachen Mitteln angestellt, welche man in den verschiedenen Fachschriften zur Vertilgung der Blattläuse angezeigt findet. Diese Versuche haben ergeben, daß ein Theil der Mittel wohl die Blattläuse tödtet, aber auch die Triebe, namentlich die der Apfelbäume, beschädigt und bräunt, während der andere Theil die Triebe nicht angreift, aber auch auf die Blattläuse nicht oder nur unvollkommen einwirkt. Zufriedenstellende Erfolge wurden nur mit einem Mittel erzielt, welches Hofrath Dr. Neßler in Karlsruhe erfunden und auch zur Bekämpfung des Sauerwurmes empfohlen hat. Die Flüssigkeit füllt man in einen sogen. Nähmaschinen=Oeler und betropft damit ohne das ebenso zeitraubende als unangenehme Abwaschen der oftmals gekräuselten Blätter und Triebe vornehmen zu müssen, alle befallenen Theile. In vielen Fällen dürfte leichter und noch sicherer die Flüssigkeit aus einem gewöhnlichen Blumen=Sprühkännchen zu übersprühen sein. Die Läufe sterben sofort ab und werden sämmtlich getödtet, da sich die Flüssigkeit ähnlich wie Petroleum ausdehnt und vertheilt; Blätter und Triebe bleiben, ohne daß ein nachfolgendes Bespritzen mit Wasser nöthig wäre, gesund und bräunen sich nicht. Das Mittel thut auch gegen die so gefährliche Blutlaus und die schneckenartige Larve der Kirschblattwespe gute Dienste. Das Recept lautet nach dem badischen landwirthschaftl. Wochenblatte folgendermaßen: "Man nimmt 40 g Schmierseife, 60 g Tabak=Extract, 50 g Fuselöl und 2 Deciliter Weingeist; das Ganze wird mit Regen= oder Flußwasser auf 1 Liter verdünnt. Die Darstellungsweise ist einfach folgende: Die Schmierseife wird an der inneren Wand eines Glases gestrichen, dieses letztere mit Wasser gefüllt und stehen gelassen. Diese Seife löst sich sehr leicht, weil die gelösten Theile sich immer nach unten senken. Diese Lösung wird dann mit den anderen Stoffen gemischt und mit Wasser auf 1 Liter verdünnt. Wie aus Vorstehendem ersichtlich, kann jedermann das Mittel selbst anfertigen oder es durch den Apotheker herstellen lassen. Die Kosten belaufen sich auf ca. 50 Pfennige für das Liter, und mit einem Liter reicht man bei Anwendung des sparsamen Nähmaschinen=Oelers sehr weit. Man versäume nicht, die Flüssigkeit vor dem Gebrauch gut umzuschütteln. Persisches Insektenpulver ist zwar ein sicheres, aber auch etwas theueres Mittel.
- Tötet die Spargelfliege. Mit den ersten Spargelköpfen, die sich auf den Beeten zeigen, zeigt sich auch wieder jenes Insekt, das unter Umständen die ganze Spargelernte gefährden kann. Es ist die Spargelfliege. Ungefähr von der Größe unserer Stubenfliege, ist sie von schmutzig=rotbrauner Farbe, die Flügeln haben bräunliche Streifen. Was man in den Spargelpflanzungen antrifft, sind meistens Weibchen, die ihre Eier in die hervorbrechenden Spargelköpfe legen. Diese werden dadurch natürlich unbrauchbar. Als Fangmittel für das Insekt sind kleine, weiße Stäbchen oder auch weiß gefärbte Pfropfen anzuwenden, welche mit Fliegenleim bestrichen und dann auf die Spargelbeete gesteckt werden. Auch kann man am frühen Morgen, wenn die Fliegen erstarrt auf den Spargelköpfen sitzen, jene leicht ablesen und töten. Besonders muß man auf die jungen Spargelanlagen, in denen nichts gestochen wird, achten, damit sich dort die Fliege und ihre Brut nicht einnisten.
|