[ => Original lesen: 1891 Nr. 28 Seite 1] Der Kaiser hat sich am Sonntag mit dem Prinzen Heinrich in der Stationsyacht von Kiel nach Holtenau zur Besichtigung der Kanal=Anlagen begeben. Folgenden Tags ist der Monarch mit dem Prinzen Heinrich, dem Grafen Moltke, der die Uniform des Seebataillons angelegt hatte, sowie dem Staatssekretär Hollmann und Staatsminister v. Boetticher zu demselben Zweck nach Levensau gefahren. In der Landwehr machte der Kaiser den ersten Spatenstich zwischen dem alten Kanal und dem Ostsee=Kanal.
Der Kaiser bestimmte, daß die Kanoniere der fahrenden Batterien nach Maßgabe der verfügbaren Mittel mit dem Revolver 83 bewaffnet werden. Weiter erließ der Kaiser folgende Kabinettsordre: Zum 1. April ist in Brandenburg a. d. Havel, Frankfurt a. d. Oder und im Lockstedter Lager je ein Filial=Artilleriedepot der Artilleriedepots bezw. Spandau, Küstrin und Rendsburg, zu errichten.
Wie der "Post" aus Darmstadt geschrieben wird, erwartet man dort Ende April den Besuch der Königin von England und gleichzeitig den des deutschen Kaisers. Der Besuch wird zwischen die Ausflüge des Kaisers zum Grafen Görtz in der Wetterau und nach Baden zur Auerhahnbalz erfolgen.
Dem Fürsten Bismarck sind zu seinem diesjährigen Geburtstag, wie aus Friedrichsruh mitgetheilt wird, mehr als 15 000 briefliche und telegraphische Glückwünsche, die höchste bisher erreichte Zahl, zugegangen. Wie der Münchener "Allgemeinen Zeitung" von sonst gut unterrichteter Seite berichtet wird, hätte eine Berücksichtigung des diesmaligen Geburtstages des Fürsten Bismarck seitens Sr. M. des Kaisers nicht stattgefunden.
Dem Reichstag wird nach einer Meldung der "Hamburger Nachrichten" schon in der nächsten Session eine Vorlage über die Ausdehnung der Unfallversicherung der Handwerker zugehen. Das Reichsversicherungsamt hat eine ausführliche Denkschrift schon seit längerer Zeit ausgearbeitet; jetzt sind die Berathungen darüber im Gang.
In Bezug auf die Befestigung von Helgoland theilt die "Kreuz=Zeitung" mit, daß jetzt von dem Ingenieurkomitee die Pläne zu einer Batterie=Anlage auf derselben Stelle, wo sich früher die englische Batterie befunden hat, festgestellt worden ist, welcher Bau keine erheblichen Kosten verursachen dürfte. Weitere Befestigungen werden nicht beabsichtigt. Später soll noch ein Nothhafen für Torpedo= und Fischerboote erbaut werden, dessen Anlage größere Mittel erfordern würde; doch dürften dieselben wohl keinesfalls noch in der diesmaligen Reichstagssession gefordert werden.
Das deutsche Kreuzergeschwader, aus der Kreuzerfregatte "Leipzig" und den Kreuzerkorvetten "Alexandrine" und "Sofie" bestehend, welches sich in den chinesischen Gewässern befindet, hat nunmehr doch noch Befehl erhalten, zum Schutze der deutschen Staatsangehörigen sich sofort nach der chilenischen Küste zu begeben. Das Geschwader repräsentirt eine Macht von 1000 Mann und 38 Geschützen.
In Saint=Etienne in Frankreich ist der russische Oberst Kuhn mit einem Hauptmann eingetroffen, um im Auftrag der russischen Regierung mit den dortigen Waffenfabriken wegen der Bestellung von 300 000 Schnellfeuergewehren zu verhandeln.
Wie angenehm der Grenzverkehr mit Rußland ist, wird durch folgendes Vorkommniß illustriert. Ein Bewohner aus dem Kreis Mogilno reiste nach einer russischen Grenzstadt. Von den russischen Beamten wurde ihm seine Baarschaft, in 300 Mk. deutschen Geldes bestehend, abgenommen, auf Grund einer Bestimmung, nach der das Einbringen von mehr als 10 Rubel in ausländischem Silber verboten ist. Ueberdies ist er mit einer Geldstrafe von 200 Mk. belegt, und schließlich verhaftet worden, da er die Summe nicht erlegen konnte. Glücklicherweise ist es ihm gelungen, anderen Tages zu entweichen.
In England hat am 6. d. M. eine Volkszählung stattgefunden. Die letzte Zählung wurde am 4. April 1891 veranstaltet, die für Großbritannien und Irland eine Bevölkerung von 35 241 482 Einwohner ergeben hat. Mit Indien, den Kolonien und den Schutzstaaten wird die Bevölkerung des ganzen britischen Reiches auf 333 777 877 angegeben.
Nach der "Post" bereitet die britische Regierung ein Gesetz vor, wonach alle mittellosen Einwanderer von englischen Häfen in Zukunft zurückgewiesen werden sollen.
- Neustrelitz, 7. April. Ihre Königl. Hoheiten die Großherzogin und die Erbgroßherzogin sind heute Abend zu längerem Aufenthalte nach Meran abgereist. Die Reise, welche schon Ende voriger Woche angetreten werden sollte, mußte, wie verlautet, bis heute wegen eines Fußübels, an dem I. K. H. die Großherzogin zu leiden hatte und das nunmehr geheilt ist, aufgeschoben werden. II. KK. HH. der Großherzog und der Erbgroßherzog gaben den Abreisenden bis zum Bahnhof das Geleit, wo eine herzliche Verabschiedung stattfand.
- Schönberg. Die seit Ostern an der hiesigen Realschule neu eingerichtete Lehrerstelle ist durch den Lehrer Gilbert, zuletzt in Plau, besetzt, der am Dienstag durch den Direktor in sein Amt eingeführt wurde.
- Schönberg. Der Arbeitsmann Groth sen. in Niendorf erschoß sich am 7. März Nachmittags in seiner Wohnung, nachdem er seiner Frau noch ein Lebewohl zugerufen, mittelst einer alten Flinte. Die Pulverladung muß eine sehr große gewesen sein, da der in den Mund geführte Schuß die obere Schädeldecke in Größe einer Hand nach außen zertrümmerte, sodaß die Knochenstücke im Zimmer umherlagen.
- Der diesjährige Zuchtmarkt für edlere Pferde zu Neubrandenburg wird am 14. und 15. Mai abgehalten.
- Den Mecklb.=Schwerinschen Forstbeamten ist mittelst Ministerialverordnung aufgegeben, dem Schwarzwilde jeden Alters nachzustellen und es zu erlegen. Außerdem sollen ihnen noch Jährlinge mit 5 Mk. und ältere Sauen mit 10 Mk. pro Stück
[ => Original lesen: 1891 Nr. 28 Seite 2]als Prämie extra honorirt werden. - Den preußischen Forstbeamten wird neuerdings eine Prämie von 3 Mk. für Zerstörung eines besetzten Reiherhorstes und für Erlegung von jungen und alten Reihern und Kormoranen 50 Pfg. pro Stück bezahlt.
- Ueber ein schweres Brandunglück wird aus Rostock berichtet. Dort brach in der Nacht zum Sonnabend in einem Hause der Windmühlenstraße während eines Hochzeitsfestes Feuer aus, wobei ein Kind in den Flammen den Tod fand. Eine Frau und ein Knabe wurden verletzt und fünf andere Personen, welche durch Glut und Rauch schon ihre Besinnung verloren hatten, durch den Muth der Polizeimannschaften und der Feuerwehrleute gerettet.
- Die Hamburger Polizeibehörde hat es den Sozialisten nicht gestattet, am 3. Mai einen Zug durch die innere Stadt zu veranstalten.
- Fürst Bismarck, der sich früher autographierter Briefe zu bedienen pflegte, um seinen Dank für die ihm erwiesenen Aufmerksamkeiten abzustatten, verwendet zu diesem Zweck in neuester Zeit seine Photographie. Aus Anlaß seines jüngsten Geburtstages hat Fürst Bismarck nämlich neue Photographien von sich anfertigen lassen, welche ihm persönlich ihre Glückwünsche überbrachten. Die Photographien zeigen das Brustbild des Fürsten in Civil mit einer Gardenie im Kopfloch und tragen die eigenhändige Unterschrift: "Bismarck, 1. April 1891."
Anzeigen.
Zwecks Publication des bei dem unterzeichneten Amtsgerichte deponirten Testaments der am 18. März d. Js. zu Schwanbeck verstorbenen Chausseewärterwittwe Katarina Maria Ohf geb. Fick ist auf
Montag, den 20. April d. Js.,
Vormittags 10 Uhr
vor dem unterzeichneten Amtsgerichte Termin anberaumt, zu welchem etwaigen Erbinteressenten das Erscheinen anheimgegeben wird.
Schönberg, den 7. April 1891.
Großherzogl. Amtsgericht.
G. Horn.
E. Breuel.
In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über das allhier vor der Siemzer Straße sub Nr. 144 belegene Wohnhaus c. p. des Zimmermeisters Chr. Egert wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidations=Protokoll sofort im Termin der Präclusiv=Abschied erlassen und publicirt worden ist.
Schönberg, den 4. April 1891.
Großherzogl. Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Durch Beschluß des Großherzoglichen Amtsgerichts zu Schönberg vom 7. April 1891 wurde der Hauswirth Heinrich Oldenburg zu Kl. Molzahn für einen Verschwender erklärt und entmündigt.
Schönberg, den 7. April 1891.
H. Diederich,
Gerichtsschreiber des Großherzoglichen Amtsgerichts.
Holz=Auction Nr. 26.
Am Dienstag, den 16. April, Morgens 10 Uhr sollen beim Gastwirth Fahrenkrug in Lüdersdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden:
1. Aus den Lenschower, Herrnburger, Duvenester und Wahrsower Tannen.
5 Stück tannen Kiepenhölzer = 2 Festmeter,
75 Stück tannen Stangen I., II. u. III. Cl.,
75 Stück tannen Hopfenstangen,
750 Stück tannen Bohnenstangen,
200 Rmet. tannen Kluft und Knüppel,
20 Rmet. tannen Rodestämme,
52 Fuder tannen Durchforstholz II. u. III. Cl.,
2. Aus dem Pellmoor.
6 Fuder eichen Durchforstholz I. Cl. (theilweise für Kiepenmacher brauchbar),
2 Rmet. buchen Kluft II. Cl.,
2 Fuder hasel pp. Busch.
Schönberg, den 6. April 1891.
Der Oberförster
C. Hottelet.
Holz=Auction Nr. 27.
Am Sonnabend, den 18. April, Morgens 10 Uhr sollen beim Krüger Jabs zu Schlagresdorf bei beschränkter Concurrenz nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden:
1. Aus dem Schlagbrügger Holze.
6 fichten Klassenbäume I. II. u. III. Cl.,
56 fichten Stangen II. Cl.
56 Rmet. Nadeholz=Kluft und =Knüppel,
2. Aus dem Lankower Holze.
3 Rmet. eichen Knüppel,
8 Rmet. buchen Knüppel und Olm.
33 Rmet. Nadelholz Kluft und Knüppel,
15 Rmet. Nadelholz Spähne,
3. Aus dem Bahlen.
11 Fuder eichen Reiser,
88 Stück fichten Stangen I. II. u. III. Cl.,
4. Aus dem Garnseerholze.
3 Fuder eichen Durchforstholz I. Cl.,
3 Rmet. buchen Pollholz,
5 Stück fichten Klassenbäume IV. Cl.,
20 Stück fichten Stangen I. u. II. Cl.
Schönberg, den 9. April 1891.
Der Oberförster
C. Hottelet.
Holz=Auction Nr. 28.
Am Montag, den 20. April, 10 Uhr sollen beim Gastwirth Thies in Ziethen nachstehende Holzsortimente bei freier Concurrenz verkauft werden:
1. Aus dem Bahlen.
1 Stück kiefern Nutzholz 0,23 Festmet.,
5 Stück fichten Nutzholz 3,17 Festmet.,
6 Rmet. eichen Kluft und Knüppel,
15 Rmet. buchen Kluft und Knüppel,
2 Rmet. aspen Kluft,
124 Rmet. Nadelholz Kluft und Knüppel,
2. Aus dem Garnseerholze.
20 Rmet. eichen Kluft und Knüppel,
33 Rmet. buchen Kluft und Knüppel,
2 Rmet. birken Kluft u. 1 Rmt. aspen Knüppel,
70 Rmet. Nadelholz Kluft und Knüppel,
3. Aus dem Seebruch, Steinort u. Bäcker=Holz.
4 Fuder eichen Durchforstholz I. Cl.,
4 Rmet. buchen Kluft,
20 Rmet. Nadelholz Kluft,
47 Stück fichten Bauhölzer (im Seebruch 1 Loos)
4. Aus dem Schlagbrügger Holz.
101 Stück fichten Bauhölzer = 83,45 Fstmt. (1 Loos)
39 Stück eichen Enden II. Qualität = 9,30 Fstmt.
Schönberg, den 9. April 1891.
Der Oberförster
C. Hottelet.
Oeffentl. Zwangsversteigerung.
Montag, den 13. April d. J., Nachmittags 2 Uhr sollen in Panten
2 Milchkühe
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden. Versammlungsort der Käufer beim Bauernvogt in Panten.
Schönberg, den 8. April 1891.
Staffeldt. Gerichtsvollzieher.
Augenheilanstalt.
Schwerin, Augustenstraße Nr. 2.
Mit dem heutigen Tage verlegte ich meine Sprechstunden nach dem Hause Augustenstraße Nr. 2., Ecke der Gustavsstraße, dicht am Bahnhofe, in meine daselbst neu errichtete Augenheilanstalt, in welcher Augenkranke jederzeit Aufnahme und sachgemäße Pflege finden. Das Pflegepersonal, welches ständig in der Anstalt wohnt, besteht aus einer Schwester vom rothen Kreuz und einer Wärterin. Die Verpflegungssätze richten sich nach den gestellten Ansprüchen. Weniger Bemittelte sollen besondere Berücksichtigung finden, ebenso Krankenkassen, die mit der Anstalt Verträge abschließen wollen. Nähere Auskunft ertheilen Schwester Martha und der Unterzeichnete.
Schwerin, den 29. März 1891.
Dr. Decker.
Augenarzt.
[ => Original lesen: 1891 Nr. 28 Seite 3]Stets vorräthig:
Einfache und doppelte Bruchbänder in verschiedenen Sorten, Nabelbinden für Kinder, Gradehalter leicht zu tragen und sehr zweckmäßig, für junge Mädchen wohl zu beachten, Suspensor oder Tragbeutel, Gummi=Luftkissen für Kranke, Clysopomp und doppelte Clystirspritzen zum Selbstclystiren. Wundspritzen zu jeglichem Gebrauch, Irrigator und Mutter=Rohre, Mutter=Kränze, Gummileinen, zum Schutz des Durchnässen für Betten in Wiegen, Milchpumpen, Brust=Hütchen, Brust=Gläser, electromotorische Zahnhalsbänder, Kindern das Zahnen leicht und schmerzlos zu befördern, sehr empfehlenswerth, Zahnkitt für hohle Zähne, Zahnringe, starke Schlauchgarnitur mit Bürste und Flasche, sowie giftfreie Gummisauger ohne Naht sind stets zu haben in Schönberg bei
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Schönberg, den 6. April 1891.
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Kölnische Hagel-Versicherungs-Gesellschaft.
Leistungsfähige Vertreter werden in allen Theilen des Landes gesucht.
Schwerin, den 14. März 1891.
Die General-Agentur.
L. Genzmer.
Zu sofort ein kräftiger junger
Hausknecht
gesucht.
Schönberg. Max C. Sass.
Suche zu sofort einen nüchternen, fleißigen
Hausknecht.
Bevorzugt einer der melken kann.
W. Holldorff.
Zum 1. Mai oder zu Johannis d. J. wird ein
Mädchen,
am liebsten vom Lande für Haus= und Gartenarbeit gesucht von
Frau J. Ludw. D. Petersen.
Sonntag, den 12. April:
Tanzmusik
bei J. Boye.
[ => Original lesen: 1891 Nr. 28 Seite 4]
Rothe Kreuz=Lotterie
des Vaterländischen Frauen-Vereins
unter allerhöchstem Protectorate Ihrer Maj. der Kaiserin.
Ziehung am 17. u. 18. April
im Rathhause in Cöslin.
3915 Gew. im W. v. M. 95 000.
M. 20 000, 10 000, 5000, 3000, 2000 etc.
Loose à 1 M. (11 für 10 M.) Liste u. Porto 30 Pf. |
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Genehmigt für die ganze Monarchie.
16. gr. Stettiner Pferdelotterie.
Ziehung 12. Mai 1891.
Hauptgewinne 10 Equipagen, darunter 2 vierspännige und 150 hochedle Pferde, wovon 10 Reitpferde gesattelt und gezäumt.
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Großherzogliches Hoftheater zu Schwerin
Sechste Fremden=Abonnements=Vorstellung für die Abtheilung I
Am Dienstag, den 14. April 1891:
Tell. Heroisch=romantische Oper in 4 Aufzüg. von Rossini.
Anfang 5 3/4 Uhr. Ende 8 3/4 Uhr.
Schwerin, den 8. April 1891.
Großherzogliche Hoftheater=Intendantur.
Stadt Lübeck.
Sonntag, den 12. April
Tanzmusik.
Am Montag, den 13. April,
Nachmittags 3 Uhr,
Versammlung der Schlachter-Innung.
Der Obermeister.
Einem hochgeehrten Publikum erlaube ich mir die ergebene Anzeige zu machen, daß ich mich in Lüdersdorf als
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Lüdersdorf. L. Kitzmann.
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Patent-Kochtöpfe,
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Kaufmann.
Dr. med. Dotzauer,
Specialarzt für Hautkrankheiten
hat seine Praxis wieder aufgenommen.
Sprechstunden von 8 1/2 - 9 1/2 u. von 3 - 5 Uhr.
Lübeck, Schüsselbuden 32.
Verloren 20 Mark in Gold
vor dem Hause des Glasermeister G. Schulz. Der ehrliche Finder wird recht freundlich gebeten dieselben abzugeben gegen Belohnung in der Expedit. d. Bl.
Allen denen, die unserer lieben Tochter Wilhelmine die letzte Ehre erwiesen und ihren Sarg so zahlreich mit Kränzen und Blumen schmückten, sowie Herrn Pastor Langbein für seine trostreichen Worte sagen wir hierdurch unsern herzlichsten Dank.
Gr. Siemz, den 7. April 1891.
J. Freitag u. Frau,
geb. Wigger.
Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 12. April.
Frühkirche: Rector Krüger.
Vormittagskirche: Pastor Kaempffer.
Amtswoche: Pastor Kaempffer.
Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,15 Nachm. 7,19 Abends. 11,22 Nachts.
nach Kleinen:
7,36 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,29 Nachm. 9,02 Abends.
Getreide=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Markt=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 15.
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1891 Nr. 28 Seite 5]Beilage
zu Nr. 28 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 10. April 1891.
Jahresbericht
des Herbergs-Vereins des Fürstenthums Ratzeburgs
über die Zeit vom 5. November bis 31. December 1890, das erste Geschäftsjahr des Vereins,
erstattet auf der General=Versammlung am 5. April 1891 durch
Rector Krüger, Schriftführer.
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G. H.! Zum ersten Male seit dem Bestehen unserer Verpflegungsstation und der Herberge zur Heimat, haben wir Sie zu einer Generalversammlung zusammenberufen, um Ihnen Rechenschaft abzulegen über unser Thun und Treiben, unser Arbeiten und Haushalten, das Wachsen und Gedeihen unseres Vereins. Um in Zukunft das Vereinsjahr mit dem Kalenderjahr zusammenfallen zu lassen, hat das erste Geschäftsjahr mit dem Ende des Jahres 1890 sein Ende gefunden, also nur zwei Monate umfaßt. Mit jener Zeit möchte ich im folgenden mich besonders beschäftigen. Nur in kurzen Zügen werde ich Ihnen auch von diesem Jahre 1891, von dem, was wir in ihm erlebt haben und was wir von ihm hoffen, berichten.
Wie es auf der Generalversammlung am 27. October v. J. beschlossen war, wurde die Herberge zur Heimat samt der Naturalverpflegungsstation für mittellose Wanderer am 5. November v. J. eröffnet. Ein Teil des Vorstandes war dazu in der Herberge erschienen, Herr Pastor Langbein hielt die Einweihungsrede und auch Herr Kammerherr Drost von Oertzen begrüßte die schon an jenem Tage zahlreich erschienenen Gäste. Am gleichen Tage begann der Betrieb einer Filiale der Verpflegungsstation zu Carlow, da sich für den Süden unseres Landes das Bedürfnis nach einer solchen herausgestellt hatte.
Nach der Wahl der letzten Generalversammlung setzte sich der Vorstand aus folgenden Mitgliedern zusammen: Kammerherr Drost von Oertzen, Vorsitzender, Pastor Langbein, stellv. Vers., Rektor Krüger, Schriftführer, Kaufmann Heitmann, Kassenführer, Hauswirt Ahrendt=Gr. Siemz, Bürgermeister Bicker, Domainenpächter Dierking=Hof Lockwisch, Hofschmied Dräger, Hausw. Freitag =Gr. Rünz, Schulze Grieben=Herrnburg, Hausw. Hecht=Schlag=Resdorf, Amtsrichter Horn, Pastor Horn=Selmsdorf, Domainenpächter Kaiser=Stove, Schulze Lenschow=Gr. Bünsdorf, Schulze Ollmann=Schlagsdorf. Der Vorstand trat im Jahre 1890 einmal zusammen, während der geschäftsführende Ausschuß, gebildet aus den Vorstandsmitgliedern Langbein, Krüger, Heitmann, Amtsrichter Horn, Lenschow, drei Sitzungen abhielt. Herr Hofschmied Dräger unterzog sich der Aufgabe, die hiesige Station regelmäßig zu besuchen und zu revidieren. Die Filiale Carlow leitete und beaufsichtigte gütigst der Pfarrackerpächter Herr Pumplün.
Im Rückblick auf das vergangene Jahr haben wir nur zunächst die Pflicht unserem Danke Ausdruck zu geben. Wie Se. Königliche Hoheit unser allergnädigster Landesfürst durch ein Gnadengeschenk von 300 M. sein allerhöchstes Wohlwollen an unserer Arbeit bewiesen hat, so haben wir auch der hohen Landesregierung zu danken. Durch zeitweise Stationierung von Gensdarmen in Carlow und Herrnburg hat sie unsere Arbeit wesentlich unterstützt, durch Gewährung eines Staatszuschusses von 40 pCt. der Kosten ist die Fortführung unserer Arbeit und der Bestand der Station überhaupt erst ermöglicht. Auch die hiesige Behörde ist uns in jeder Weise mit Rat und That höchst dankenswert entgegengekommen. Zu danken haben wir auch der hiesigen Ersparnis= und Vorschuß=Anstalt für einen Jahresbeitrag von 75 M. und dem Verein kleinerer Landwirte f. d. Fürst. Ratzeb. für einen Jahresbeitrag von 50 M. Zu danken haben wir endlich auch manchem treuen Freunde unserer Sache der unermüdlich daran arbeitete, neue Mitglieder dem Verein zuzuführen und immer weitere Kreise für ihn zu gewinnen. Zu unserer Freude können wir denn auch berichten, daß der Verein nach außen hin beträchtlich gewachsen ist. Schon am Ende des vergangenen Jahres zählten wir in Schönberg und 60 anderen Ortschaften 562 Mitglieder. Außerdem haben sich in diesem Jahre Kl. Rünz, Kleinfeldt, Schwanbeck, Pogetz, Cronscamp, Neschow, Zarnewenz fast vollständig, Sülsdorf zum größten Teil dem Verein angeschlossen, und auch in Schlagbrügge und Rodenberg sind einzelne Mitglieder gewonnen. Es fehlen freilich noch viele, aber wir dürfen uns wohl der Hoffnung hingeben, daß auch die jetzt noch Fernstehenden in kurzer Zeit dem Verein beitreten werden. Ist es doch wirklich ein Bedürfnis, das den Verein ins Leben gerufen hat.
Das zeigt schon die große Anzahl von Wanderern die von unserer Station Gebrauch gemacht haben. 936 Gäste haben noch im Jahre 1890 Verpflegung in Anspruch genommen und in den drei Monaten dieses Jahres haben bereits 1380 Gäste Aufnahme gefunden. Die Stationsgäste des Jahres 1890 verteilen sich nach den Berufsarten folgendermaßen: 1 Anstreicher, 152 Arbeiter, 50 Bäcker, 4 Barbiere, 13 Böttcher, 12 Brauer, 1 Brenner, 10 Buchbinder, 8 Bürstenmacher, 2 Bergleute, 6 Cigarrenmacher, 1 Konditor, 5 Dachdecker, 4 Drechsler, 3 Dreher, 8 Färber, 1 Fischer, 23 Former, 11 Gärtner, 7 Gelbgießer, 6 Glaser, 3 Goldarbeiter, 1 Gürtler, 1 Handelsmann, 4 Hausknechte, 1 Heizer, 1 Hofgänger, 5 Hutmacher, 2 Inspektoren, 1 Käsemacher, 7 Kaufleute, 10 Kellner, 3 Kesselschmiede, 2 Kistenmacher, 22 Klempner, 9 Knechte, 4 Korkschneider, 1 Kürschner, 10 Kupferschmiede, 2 Lackierer, 6 Lohgerber, 18 Maler, 21 Maurer, 1 Meßgehülfe, 1 Molkereigehülfe, 14 Müller, 1 Musiker, 1 Nagelschmied,
1 Nieter, 1 Photograph, 14 Sattler, 1 Schäfer, 2 Schiffer, 49 Schlachter, 2 Schleifer, 53 Schlosser, 50 Schmiede, 22 Schneider, 32 Schuhmacher, 11 Schornsteinfeger, 5 Schreiber, 2 Seeleute, 4 Seiler, 6 Schriftsetzer, 1 Spinner, 3 Steindrucker, 1 Steingutdreher, 2 Steinhauer, 2 Steinmetze, 1 Steinsetzer, 10 Stellmacher, 1 Stuhlbauer, 1 Tagelöhner, 14 Tapeziere, 51 Tischler, 35 Töpfer, 5 Tuchmacher, 4 Uhrmacher, 5 Weber, 1 Zeichner, 4 Ziegler, 23 Zimmerer.
Ueber den Besuch der Herberge zur Heimat bedauere ich keine genaueren Angaben machen zu können. In der betr. Liste sind nur die zugereisten Gäste aufgeführt, während die erfreulicher Weise ziemlich zahlreichen Fälle, wo Stationsgäste hier kürzere oder längere Zeit Arbeit fanden und in folge dessen sich auf der Herberge z. H. auf eigene Kosten aufhielten, nicht berücksichtigt sind. Sehr groß ist freilich die Zahl der Gäste, die den freundlichen Raum der Herberge zur Heimat aufsuchten, trotzdem nicht gewesen.
Die Filiale unserer Verpflegungsstation in Carlow hat im Hause des Bierhändlers Holst Unterkunft gefunden. Mittagessen wird dort nur in dem Falle gewährt, daß den Vormittag gearbeitet ist. Groß war die Zahl der Gäste nicht. Im November haben 35, im Dezember 50 Leute die Station aufgesucht und in den Monaten dieses Jahres schwankt die Zahl zwischen 21 und 39.
Ueber das Betragen der Leute auf der Station ist im allgemeinen nicht zu klagen. Wohl ist es mehrfach vorgekommen, daß Leute im trunkenen Zustande auf die Station kamen und wegen ungebührlichen Benehmens hinausgewiesen werden mußten, wohl mußte auch in einem Falle vom Hausvater polizeiliche Hülfe in Anspruch genommen werden, doch sind solche Ungehörigkeiten wohl Einflüsterungen und Aufhetzungen zuzuschreiben. Die Stationsgäste haben sich der Hausord=
[ => Original lesen: 1891 Nr. 28 Seite 6]nung stets willig gefügt. Auch an den Andachten, die im allgemeinen regelmäßig durch den Hausvater Hagen oder dessen Frau abgehalten wurden, haben stets sich alle betheiligt und nie ist eine Störung vorgekommen.
Betrunkene und kranke Personen, sowie solche, die sich nicht genügend legitimieren können, werden überhaupt nicht in der Station aufgenommen. Ueber die Aufnahme entscheidet mit Genehmigung der hiesigen Landvogtei der Distrikts=Husar Lübcke als Stationsaufseher. Zweimal begiebt sich derselbe am Tage auf die Station und teilt nach Prüfung der Papiere, wobei übrigens in 11 Fällen steckbrieflich verfolgte Personen gefunden wurden, die Mittagsmarken und Nachtmarken aus. Als Prinzip gilt auf unserer Station: Vormittags wird gearbeitet, nachmittags gewandert, freilich läßt sich dies bis jetzt nicht durchführen. Wer am Sonnabend Nachmittag eintrifft, darf bis zum Montag bleiben. Dadurch wird den Reisenden eine festliche Sonntagsfeier möglich gemacht. Zu unserer Freude wird diese Gelegenheit, am Gottesdienst einmal wieder teilzunehmen, von den Leuten auch benutzt. Der Verein hat für die Reisenden auch eine Anzahl guter Bücher angeschafft, die gerne gelesen werden. Auch eine Weihnachtsfeier wurde den Gästen bereitet. Auf einen Aufruf in der Zeitung liefen 29 Mark in Geld ein, außerdem wurden Strümpfe und ein paar Stiefel geschenkt. 26 Mann sammelten sich unter dem brennenden Weihnachtsbaum und lauschten den Worten des Herrn Pastor Langbein, und man merkte, mit welcher Freude sie die alten, lieben Weihnachtslieder sangen. Jeder konnte eine kleine Gabe erhalten, bestehend in Pulswärmern, Shawls, Cigarren. Außerdem erhielt jeder einen Stollen, und ein Schweinebraten erhöhte die Feststimmung. Sehr erwünscht wäre es, wenn wir öfter alte Kleidungsstücke erhielten. Es ist oft ein Jammer, anzusehen, in welch abgerissenem Zustande die Wandernden bei Frost und Schnee auf die Landstraße müssen.
So viel Erfreuliches wir nun auch berichten können, so fehlt es aber doch auch an Mißständen nicht. Ein großer Uebelstand auf unserer Station ist zunächst, daß wir nicht im entferntesten für alle Stationsgäste Arbeit haben. Der größte Teil muß am Morgen weitergeschickt werden. Wohl erhält ein hiesiger Kaufmann regelmäßig 2 Leute, wohl werden hier und da von Einwohnern der Stadt einige Gäste auf einige Stunden beschäftigt, aber ein Ersatz für regelmäßige Arbeit aller ist das nicht. Und doch ist es notwendig, daß niemand ohne Arbeitsleistung Verpflegung erhält, notwendig für unsere Gäste; nur dann kann wirklich von einem Versuch zu ihrer sittlichen Hebung die Rede sein. Wird ohne dafür zu leistende Arbeit Verpflegung gewährt, so liegt die Gefahr nahe, daß die Einrichtung der Station nur eine Erleichterung des Bettelns und Herumstreichens bedeute, daß mancher vorhandene Mittel verleugne und gerne die umsonst gewährte Verpflegung mitnehme. Arbeit für die Stationsgäste zu schaffen, muß daher unsere Hauptaufgabe sein. Wir hatten an Wergzupfen gedacht, haben auch zu diesem Zwecke mehrere Centner Taue aus Lübeck kommen lassen. Aber im Winter erwies sich diese Arbeit bei unseren beschränken Raumverhältnissen als unmöglich. Vielleicht läßt es sich im Sommer im Freien einrichten. - Ein weiteres Hindernis für unsere Station liegt darin, daß uns auf drei Seiten Nachbar=Stationen fehlen. Einheitliche Wanderzeit, Kontrolle der Ankommenden in Bezug auf den genommenen Weg und die gebrauchte Zeit und andere Forderungen der vom Deutschen Herbergs=Verein aufgestellten Wanderordnung lassen sich erst verwirklichen, wenn auch Mecklenburg=Schwerin von einem Stationsnetz bedeckt ist. Hoffentlich läßt das nicht mehr allzu lange auf sich warten. An Leute, die ins Lauenburgische und Holsteinsche wanderten, sind übrigens im Jahre 1890 35 Wanderscheine ausgegeben.
Trotz aller Mängel und Hindernisse haben wir aber einen großen Erfolg unserer Arbeit zu verzeichnen, den Erfolg nämlich, daß die Bettelei und Landstreicherei in unserem Land so gut wie aufgehört hat. Aus den verschiedensten Ortschaften ist mir berichtet, daß nur ganz vereinzelt noch Bettler gekommen sind. Gewiß würde das Betteln noch mehr verschwunden sein, wenn sich die Vereinsmitglieder wirklich entschließen wollten, keinem Wanderer außer in Nothfällen etwas zu geben. Und noch ein anderes ist nötig: Die noch fehlenden Ortschaften müssen dem Verein beitreten; wo einzelne Leute zurückgeblieben sind, müssen auch sie dem Vereine gewonnen werden. Kündet dann beim Eintritt die vom Verein aufgehängte Ortstafel - bis jetzt haben wir 42 solcher bewilligt - den Wandernden an, daß das Dorf fast ganz dem Verein beigetreten ist, so wird sicher kein Bettler mehr die Hand an den Thüren um eine Gabe ausstrecken. Einigkeit macht stark, Einigkeit, man kann es nicht genug betonen, ist hier vor allem not.
Und da lassen Sie mich gleich eine Bitte hinzufügen. Sie haben die guten Erfolge des Herbergs=Vereins gewiß alle gespürt. Nun bemessen Sie die Jahresbeiträge auch nicht zu gering! Nur dann können wir die Sache aufrecht erhalten. Wenn täglich 10-25 Menschen verpflegt werden sollen, dazu gehört viel Geld. Schon lange wären wir mit unsern Mitteln am Ende, wenn wir nicht für das Jahr 1890 248,98 M., für 1891 1024 M. als Landesbeihülfe erhalten hätten. Wir müssen auf eine Jahresausgabe von 2500-2700 M. rechnen. Erheblich müssen daher die Beiträge gegen das vorige Jahr noch wachsen.
Lassen Sie mich nun über die Einnahmen und Ausgaben des Jahres 1890 Rechnung ablegen. Um die mancherlei Kosten des ersten Anfanges zu decken, zuerst auch in der Hoffnung, auf diese Weise vielleicht ein eigenes Heim erwerben zu können, erbaten wir eine doppelte Art von Beiträgen, einmal zur 1. Einrichtung, dann zur Bestreitung der jährlichen Ausgaben. Ueber eine doppelte Kasse muß ich also berichten.
I. Kasse zur ersten Einrichtung.
1. Einnahme.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
[ => Original lesen: 1891 Nr. 28 Seite 7][Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
2. Ausgaben.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Der Kassabestand von 1009,57 M. ist bei der hiesigen Ersparnis= und Vorschußanstalt zu 3 1/2 pCt. mit halbjährlicher Kündigungsfrist belegt, und es ist von der größten Wichtigkeit, daß das Geld als ein Notpfennig liegen bleibe. Haben wir doch mit unserer Station im fremden Hause Unterkunft gefunden und müssen immer mit der Möglichkeit rechnen, daß das jetzige Verhältnis sich einmal löse. Wie begrüßen es daher sehr dankbar, daß auch noch in diesem Jahre uns Beiträge zur ersten Einrichtung zugegangen sind. Hoffentlich wird auch in Zukunft dieser Reservefonds nachwachsen.
II. Jahresrechnung.
1. Einnahme 1890.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
2. Ausgabe 1890.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Die Rechnung ist durch die Herren Hauswirt Ahrendt, Bürgermeister Bicker und Domänenpächter Diercking revidiert worden. (Auf Antrag der Revisoren entlastete die Generalversammlung den Kassenführer und sprach ihm für seine sorgfältige und mühevolle Arbeit den Dank des Vereins aus.)
Augenblicklich verfügen wir über folgenden Kassenbestand. Bis zum 1. Juni sind bei der Ersparnis= und Vorschuß=Anstalt belegt 700,- M.
Auf Girokonto bei der Meckl. Bank 500,- M.
In baar sind vorhanden 12,01 M.
Summa : 1212,01. M.
Um Johannis d. J. gedenken wir die Beiträge für 1891 einzufordern. Hoffentlich fallen sie zahlreich aus.
Ich bin am Schlusse. Mit Zweifeln und Sorgen haben wir das Werk begonnen, mit Dank gegen Gott sehen wir auf das Erreichte zurück. Viel ist erreicht, viel muß noch erreicht werden. Lassen Sie uns mit vereinten Kräften weiter arbeiten zur Ehre Gottes, zum Wohle unseres Landes, zum Segen unseres Volkes!
- Bei dem Besuche des Kaisers auf der Werft des "Vulkan" in Lettin fiel allgemein die huldvolle Aufmerksamkeit auf, welche der Kaiser Woldemar Nissen, Vorsitzender der Hamburg=Amerikanischen Packetfahrt=Aktien=Gesellschaft, zu Theil werden ließ. Entzückt über die ausgezeichnete Einrichtung, die Konstruktion und den Riesenumfang des neuen Schnelldampfers "Fürst Bismarck" sagte der Kaiser zu Herrn Nissen: "Wenn schon die Hamburg=Amerikanische Packetfahrt=Aktien=Gesellschaft dabei sei, so großartige Dampfer einzustellen, so möge sie doch gleich mehrere solcher Prachtschiffe beim "Vulkan" bauen lassen." Dem Geheimen Kommerzienrath Schlutow und den Direktoren des "Vulkan" Stahl und Jüngermann war der Kaiser von lobender Anerkennung für die rühmlichen Leistungen des "Vulkan".
- Der blutige Kampf zwischen einem Criminalbeamten und zwei Berliner Einbrechern, welcher am 2. März d. J. in dem Hause Fischerbrücke Nr. 23 tobte und mit dem Tode des einen Verbrechers endete, bildete den Mittelpunkt einer Verhandlung, welche gegen den Schlossergesellen Paul Carl Mitzlaff wegen versuchten schweren Diebstahls stattfand. Der zwanzig Jahre alte Angeklagte welcher erst seit dem Jahre 1890 eine verbrecherische Thätigkeit entfaltet, scheint ein sehr entschlossener Bursche zu sein, dem es unter Umständen um ein Opfer an Menschenleben nicht ankommt. Er
[ => Original lesen: 1891 Nr. 28 Seite 8]hatte Gelegenheit gehabt, die Verhältnisse des im Hause Fischerstraße Nr. 23 wohnhaften Rentiers S. Arnheim kennen zu lernen. Er wohnte nicht nur in der Nähe in der Friedrichsgracht, sondern war auch mehrfach in der Behausung des Herrn Arnheim mit Schlosserarbeiten beschäftigt gewesen, und wußte daher, daß A. sich in guten Verhältnissen befindet, mit einem Diener allein lebte, daß er in seinem Secretär größere Geldsummen bewahrte, und daß die Wohnung während der Mittagsstunden, wo A. mit seinem Diener zu Tisch ging, unbehelligt war. Er wußte ferner, daß Herr Arnheim kurz nach dem ersten eines Monats infolge des Einganges der Miethen besonders viel Geld in seiner Behausung hatte und er beschloß deshalb, am 2. März nach zwölf Uhr Mittags der Wohnung einen Besuch abzustatten. Er bemühte sich, in dem der Criminalpolizei wohlbekannten Niederwall=Café, einen Genossen zu dem Einbruch zu finden, er hatte auch schon einen Complicen dazu auserwählt, derselbe hatte jedoch seine Zusage wieder zurückgenommen, weil der Angeklagte zu sehr an seine Entschlossenheit appelliert und immer wiederholt hatte: "Wer mit mir geht, muß Courage haben, sich gut decken und unter Umständen einen niederstechen!" Einen solchen entschlossenen Complicen fand er schließlich in dem gleichfalls zwanzigjährigen Max Wolff, denen sich noch ein Dritter, unbekannt gebliebener Verbrecher zugesellte. Die Absicht der Raubgesellen war aber von einem früheren Complicen, welcher einmal bei der Vertheilung einer Diebesbeute zu kurz gekommen war und deshalb zürnte, der Criminalpolizei verrathen worden und dieselbe betraute den Criminalschutzmann Bütow mit der Verhaftung der Einbrecher. Bütow gelang es nicht, einen Collegen sich zu attachiren, und so ging er denn am 2. März, Mittags kurz vor zwölf Uhr in die Arnheim'sche Wohnung, welche von dem Bewohner mit seinem Diener bald darauf verlassen wurde. Der Schutzmann Bütow, welcher wußte, daß die Diebe den hinteren Eingang benutzen würden, nahm in der etwas dunklen Küche hinter einem seine Figur vollständig verdeckenden Pfeiler Aufstellung und wartete der Dinge, die da kommen sollten. Nach einiger Zeit klingelte es an der Wohnungsthür - eine Vorsichtsmaßregel, welche die Einbrecher zu ihrer Sicherheit immer anwenden - dann blieb es mehre Minuten ganz still. Darnach hörte der Beamte deutlich, wie die zur Küche führende Thür mittels eines Dietrichs geöffnet wurde, da aber Hausbewohner die Treppe herabkamen, machten sich die Einbrecher nochmals auf kurze Zeit aus dem Staube. Mit einem Male hörte der Beamte von seinem Versteck aus Flüstern, die Thür öffnete sich geräuschlos, und der Angeklagte schlich sich in gebückter Stellung wie eine Katze in die Küche und als er diese passirt hatte, gab er dem Wolff ein Zeichen, ihm nachzufolgen. Der dritte Genosse scheint inzwischen auf seine Mitwirkung verzichtet zu haben, Wolff aber schlich mit derselben katzenartigen Geräuschlosigkeit seinem Kumpan nach. In demselben Augenblick, als er den Pfeiler passirte, hinter welchem der Schutzmann Bütow stand, packte ihn dieser mit starker Hand am Arm und donnerte ihm ein energisches "Halt!" entgegen. Wolff war aber nicht der Mann der blassen Furcht, sondern zeigte, daß der Angeklagte seiner Verwegenheit mit Recht vertraut hatte. Blitzschnell schwang er ein Messer in der Hand, setzte sich mit allen Kräften zur Wehr, und der Beamte hatte alle Mühe, sich vor Verletzungen zu bewahren. Es entstand ein gefährliches Ringen, wobei der Beamte schließlich seinen Revolver nahm und damit auf seinen Gegner loshieb. Hierbei muß wohl der Finger dem Drücker zu nahe gekommen sein, denn plötzlich donnerte ein Schuß los und Wolff stürzte mit lautem Aufschrei von dannen. Diese ganze Schreckensscene spielte sich innerhalb weniger Secunden ab, so daß der Angeklagte seinerseits gar keine Gelegenheit fand, das Messer, welches er bei sich führte, in Anwendung zu bringen und Proben seiner eigenen Entschlossenheit abzulegen. Kurz entschlossen hielt ihm Bütow den Revolver entgegen und drohte, ihn niederzuschießen, falls er nicht sofort alles, was er bei sich führte, auf das Bett legen würde. Der Angeklagte zog es vor, dem Befehle nachzukommen, legte das Messer, mehrere Dietriche und eine kleine auch als Waffe brauchbare Feile auf das Bett und ließ sich dann widerstandslos knebeln. Als der Beamte mit seinem Gefangenen das Haus verlassen wollte, bemerkte er schon an der Thür Blutspuren, welche sich bis zu dem Hause Wassergasse No. 39 hinzogen. Auf dem Flure dieses Hauses lag Wolff als Leiche. Der Verbrecher hatte durch die Kugel des Revolvers, welche die Schlagader getroffen hatte, eine gefährliche Verletzung erhalten, hatte sich aber doch noch bis zu dem gedachten Hause geschleppt und war dort an Verblutung gestorben. Der mit dem Leben davon gekommene Angeklagte suchte das blutige Rencontre in einem für den Schutzmann möglichst ungünstigen Lichte darzustellen, der Gerichtshof glaubte aber in eine Erörterung darüber, ob etwa den Beamten irgend ein Vorwurf treffen könnte, umso weniger eingehen zu sollen, als dem Schutzmann Bütow bekanntlich auf kaiserlichen Befehl durch seinen Vorgesetzten eine Belobigung für sein Verhalten zu Teil geworden ist. Ueber das Vorliegen eines versuchten schweren Diebstahls konnte in diesem Falle, welcher so großes Aufsehen erregt hat, nicht der geringste Zweifel herrschen, und da der Gerichtshof auch den Angeklagten für einen Mann hielt, dem es unter Umständen auf ein Menschenleben nicht ankommt, so verurtheilte er denselben zu zwei Jahren Zuchthaus und drei Jahren Ehrverlust.
- Die Gotthardbahn ist seit kurzer Zeit im Besitz der schwersten Lokomotive Europas. Dies ist eine 85 Tonnen oder 1700 Zentner wiegende, von Maffai in München gebaute Maschine, welche das Vorspannen einer zweiten Lokomotive auf den stark ansteigenden Strecken der Bahn entbehrlich macht. Sie besitzt zwei Hochdruck= und zwei Niederdruck=Cylinder, welche je mit drei Achsen bezw. sechs Rädern verkoppelt sind. Die Maschine schleppt überdies keinen Tender; das Wasser und die Kohle sind vielmehr an beiden Seiten des Kessels in eigenen Behältern untergebracht. So wurde das ganze Gewicht der Riesenmaschine für die Reibung nutzbar gemacht. Damit sie Krümmungen leicht befahren könne, sind die beiden Werke durch ein Charnier verbunden. Nur die mexikanische Gebirgsbahn, sowie die im Bau begriffene Chignecto=Schiffbahn besitzt schwerere Maschinen. Bei der letzteren Bahn wiegen sie 90 Tonnen.
- Die Mode. Ein Liebling aus den sechziger Jahren, eine Mode, die damals allgemein war, ist jetzt wieder in Aufnahme begriffen: Der Knicker! Es wird aus dem fashionablen Berlin berichtet: Durch eine einfache, äußerst sinnreiche Vorrichtung ist das Oeffnen, Umlegen und Schließen des neuen Knickers mit einer Hand leicht zu bewerkstelligen und was eine Hauptannehmlichkeit ist, das Gestell des Knickers hat einen sicheren festen Halt. Die neuen Knicker sind teils in schwarzem Satin mit farbigem Marcelinfutter, teils in plissiertem, klein gemustertem Tüll gearbeitet, andere zeigten über Seide einen Spitzenbezug von Chantilly, wieder andere waren mit spanischen, venetianischen oder geklöppelten Spitzen überzogen.
- Vom 1. April. Die Sitte, die Leute in den April zu schicken, soll wie wir in der "Europäischen Korrespondenz" lesen, auf dem Reichstage zu Worms 1530 aufgekommen sein. Damals wurde von der deutschen Nation wieder einmal Geld für einen Türkenkrieg gefordert, eine Firma, die in keinem guten Geruch stand, weil sie zu oft gebraucht wurde. Man gedachte oft damals, sich damit zu helfen, das Münzwesen zu reguliren. Nun konnte man aber vor anderen wichtigen Geschäften nicht dazu kommen und so setzte man einen besonderen Münztag auf den 1. April 1530 in Augsburg an. Viele Spekulationen wurden nun daraufhin gemacht und die Finanzwelt, große wie kleine Geldleute, fanden sich am gedachten Tag in der Stadt der Fugger ein. Sie sahen sich aber bitter getäuscht, denn sie hatten Reise= und Zehrungskosten umsonst ausgeben müssen. Seit jener Zeit sind die Narren am 1. April bis auf den heutigen Tag noch nicht ausgestorben.
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