No. 8
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 27. Januar
1891
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1891 Nr. 8 Seite 1]

Publicandum.

             Neben den bisherigen Herren Kassenärzten der gemeinsamen Gemeindekrankenversicherung für das Fürstenthum Ratzeburg ist der practische Arzt Herr Dr. Dethloff hierselbst zum Kassenarzt bestellt, so daß nunmehr die Mitglieder der Gemeindekrankenversicherung des Fürstenthums, soweit sie nicht im Ratzeburger Medicat beschäftigt, die Behandlung eines der drei hiesigen Herren Aerzte nach Wahl nachsuchen können.
             Schönberg, den 20. Januar 1891.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei für das Fürstenthum Ratzeburg.
Cl. v. Oertzen.


Der Kaiser hat, wie der "Reichsanzeiger" meldet, befohlen, an seinem Geburtstag von einer Illumination aller öffentlichen Gebäude auf Staatskosten Abstand zu nehmen.
Der außerordentliche deutsche Gesandte an den Sultan, Major v. Hülsen hat als Abschiedsgeschenk eine goldene Dose von hohem Werthe erhalten, deren Deckel mit einem großen Brillanten von tadelloser Reinheit geziert ist. Abdul=Hamid hat wiederholt sein lebhaftes Bedauern ausgesprochen, keinen Gegenbesuch in Berlin machen zu können, da die Sitten und die Gewohnheiten seines Landes und die Vorschriften des Koran ihm dies verböten. Die Pferde, die der Sultan den drei ältesten kaiserlichen Prinzen zum Geschenk gemacht hat, sind reinster arabischer Abstammung und führen ihren Stammbaum direct auf die Stute des Propheten Mohamed zurück, auf welche dieser von Mekka nach Medina floh.
Dem Reichstag sollte, wie dieser Tage in verschiedenen Blättern gemeldet worden ist, in nächster Zeit eine Vorlage betr. die Befestigung der Insel Helgoland zugehen. Es ist s. Z. auch berichtet worden, daß vom Kaiser eine Commission unter Vorsitz des Contre=Admiral Thomsen mit der Untersuchung dieser Frage beauftragt sei. Die Commission hat ihre Arbeiten noch nicht abgeschlossen oder wenigstens über das Resultat ihrer Untersuchungen noch kein Votum abgegeben. Selbstverständlich müssen die Ergebnisse derselben zunächst bei den höheren betheiligten Instanzen und beim Kaiser zur Entscheidung kommen, bevor die bezüglichen Forderungen und Gesetze für den Reichstag formulirt werden können.
Fürst Bismarck hat sich kürzlich, wie man der "National=Zeitung" berichtet, gesprächsweise dahin geäußert, daß er die Ausfälle des Abgeordneten Richter gegen ihn mit großem Vergnügen lese und einen neuen Beweis dafür finde, daß er die richtigen Wege gegangen sei. Er wäre überzeugt, daß diese Angriffe und Verdächtigungen lediglich seinen guten Ruf als Staatsmann förderten; thatsächlich seien durch sie schon viele seiner früheren Gegner zu seinen Freunden gemacht worden. Es würde ihn tief betrüben und mit ernstlicher Besorgniß erfüllen, wenn Herr Richter eines Tages seine Angriffe einstellte oder ihm gar Anerkennung bewiese. Bezüglich des ersichtlichen Bemühens des Abg. Richter, sich dem neuen Regiment angenehm zu machen, äußerte der Fürst: er müsse seinem Nachfolger, Herrn v. Caprivi, das Zeugniß ausstellen, daß er dieses Wohlwollen des Abgeordneten Richter nicht verdient habe.
Die ungewöhnlich strenge Kälte und die starken Schneefälle haben eine Anzahl Mitglieder des preußischen Herrenhauses zur Einbringung einer Interpellation an die Regierung veranlaßt, ob und welche Maßregeln dieselbe gegen das drohende Hochwasser mit einem wohl noch nicht dagewesenen Eisgang angeordnet habe?
Auf den preußischen Eisenbahnen steht eine Ermäßigung der Tarife für Massengüter und eine allgemeine Herabsetzung der Fahrpreise in Aussicht. Die bisherigen Vortheile der Retourbillets und der Gratisbeförderung von Reisegepäck bis zu einem gewissen Grade sollen dann aber fortfallen. Auch in Bayern hofft man eine Herabsetzung der Eisenbahn=Fahrpreise zu erzielen. Man schlägt dort vor, den Preis für die dritte Klasse auf 2 Pfennig (Mecklenburg). pro Kilometer herabzusetzen, die Retourbillets aber gleichfalls aufzuheben.
Den Einnahme=Ausfall durch die bevorstehende Herabsetzung der Telegraphengebühren beziffert wie der Staatssekretär Dr. von Stephan in der Budget=Commission des Reichstags erklärt hat, auf 1 800 000 Mark. Dem Reichstag soll ein Telegraphen= und Telephongesetz zugestellt werden.
- Die "Kreuzztg." erfährt, der kommandirende General des IX. Armeekorps, Lesczynki, werde bestimmt am 1. April seinen Abschied nehmen.
Nach einer Mittheilung des "Hamb. Corresp." geht von "hochgeschätzter Seite in Würzburg" wiederholt der Vorschlag aus, den Prinzregenten an seinem bevorstehenden 70. Geburtstage zum König von Baiern auszurufen. Die Agnaten werden, so wird hinzugefügt, zweifellos zustimmen später ist bei Einberufung des Landtages die Annahme eines auf Abänderung der Verfassung bezüglichen Gesetzvorschlages sicher, da die jetzige Form der Verfassung hinsichtlich des langen Interregnums den Staatsbedürfnissen und Volksempfindungen nicht entspricht.
Die Handelsvertrags=Verhandlungen zwischen Deutschland und Oesterreich werden in Wien mit großem Fleiß fortgesetzt, an manchen Tagen werden sogar zwei Sitzungen gehalten. Man glaubt, daß die Verhandlungen in 6 Wochen ihren Abschluß finden werden, wenn auch einige sehr wichtige Tarifposten bisher noch in der Schwebe gelassen werden mußten.

[ => Original lesen: 1891 Nr. 8 Seite 2]

Der österreichische Botschafter Graf Hoyos stürzte in Paris beim Schlittschuhlaufen und mußte nach dem Pavillon geschafft werden. Der Sturz Hoyos hatte aber schwerere Folgen, als anfänglich geglaubt wurde. Der Botschafter hat nämlich das Schienbeinrohr gebrochen und wird mindestens fünf Wochen das Bett hüten müssen.
Zum Nachfolger des verstorbenen türkischen Botschafters Sadullah Pascha in Wien ist von der Pforte der jetzige Botschafter in Berlin, Tefik Pascha, bestimmt worden.
Aus Petersburg meldet man der "Köln. Ztg.": Die hier (durch eine Berliner Correspondenz der deutschen "Petersb. Ztg.") verbreitete Nachricht, die griechische Kronprinzessin Sophie würde nachträglich zur griechisch=orthodoxen Kirche übertreten (?) interessirt hier aufs höchste und man knüpft daran die Vermuthung, daß einer anderen deutschen Prinzessin der Entschluß, schon vor der Vermählung beizutreten, um Zarewna werden zu können, erleichtert werden dürfte. Daß der Großfürst=Thronfolger sich gleich nach Beendigung seiner Weltreise verloben wird, gilt allgemein als sicher.
Prinz Balduin, der zukünftige Thronerbe Belgiens, ist, wie ein Telegramm aus Brüssel meldete, in der Freitags=Nacht zwischen 2 und 3 Uhr plötzlich gestorben. Da König Leopold II. keine Söhne hat, ist sein jüngerer Bruder, der jetzt im 54. Lebensjahre stehende Graf Philipp von Flandern, voraussichtlicher Thronfolger. Dieser vermählte sich am 25. April 1867 mit Prinzessin Marie von Hohenzollern, der Schwester des Königs von Rumänien. Von den aus dieser Ehe entsprossenen vier Kindern war der älteste Sohn, der plötzlich gestorbene Prinz Balduin, am 3. Juni 1869 zu Brüssel geboren. Man hatte bisher weder gehört, daß er kränklich, noch daß er überhaupt erkrankt war. Das belgische Herrscherhaus, welches so viele schwere Schicksalsschläge erlitten hat, ist nun wieder in tiefe Trauer versetzt. Dem König von Belgien, welcher in Kaiser Maximilian von Mexiko seinen Schwager, in Kronprinz Rudolf von Oesterreich seinen Schwiegersohn verloren hat, ist nun in Prinz Balduin auch der Neffe und dereinstige Erbe der belgischen Krone gestorben. Nach anderen Angaben war Balduins Tod die Folge einer plötzlichen inneren Blutung und eines lange bestandenen vernachlässigten Lungenleidens. Man kritisirt scharf die Aerzte, welche nicht früher gewarnt und keinerlei Vorsichtsmaßregeln getroffen hatten. Die königliche Familie ist vollständig niedergeschmettert und der König völlig gebrochen; die Königin hatte eine schwere Nervenkrisis, zumal am 21. Januar 1869 ihr eigener Sohn gestorben ist.
Aus Luxemburg verlautet, daß der Erbgroßherzog, der in letzter Zeit sich in London aufgehalten hat, dort sich unter den englischen Prinzessinnen eine Gemahlin auserkoren habe.
Am Freitag Vormittag war in Kopenhagen im Palais des Kronprinzen eine Feuerbrunst ausgebrochen, welche eine Stunde gedauert und alle Kostbarkeiten im Wohnzimmer der Kronprinzessin zerstört hat.
Der Papst ist neuerdings wieder erkrankt und leidet, wie man aus Rom meldet, an einer leichten Erkältung und mußte, wenn auch nur kurze Zeit, das Bett hüten.
Der Streik an den schottischen Eisenbahnen ist nunmehr beendet, Lord Aberdeen hat sich als Vermittler angeboten und auf Grund seiner Vorschläge ist eine Einigung zwischen den ausständigen Arbeitern und den Directoren zu Stande gekommen.
Das Wolff'sche Bureau bestätigt nunmehr die Meldung von dem Aufbruch des Reichscommissars v. Wißmann nach dem Kilimandscharo. Der Reichscommissar wird von seiner Expedition, an welcher 4 Compagnien theilnehmen, Ende Februar an der Küste zurückerwartet. Angesichts der Thatsache, daß Major v. Wißmann eine größere Expedition ins Innere unternommen hat, wird den Gerüchten über eine ernstliche Erkrankung des Reichscommissars wenig Bedeutung mehr beizumessen sein.
Major von Wißmann soll in der That erkrankt sein, und zwar soll er an Morphinismus (Morphiumsucht) leiden. An amtlicher Stelle liegt allerdings eine Bestätigung dieser Privatmeldungen nicht vor. In die Oeffentlichkeit gedrungen ist die Kunde von Wißmanns Erkrankung durch eine Depesche aus Sansibar, die der bekannte, an der Peters'schen Emin Pascha=Expedition betheiligt gewesene Lieutenant von Tiedemann erhalten hat. Sie hat auch mehr Bedauern als Ueberraschung hervorgerufen, denn es ist in engeren Kreisen längst bekannt, daß Wißmann infolge starken Morphiumgenusses und einer aufreibenden Lebensweise in seiner Gesundheit geschwächt ist.


- Schönberg, 23. Jan. Nach dem nunmehr feststehenden Resultat der Volkszählung betrug am 1. December 1890 im Fürstenthum Ratzeburg die Anzahl der bewohnten Häuser 1955 (gegen 1944 im Jahre 1885), die sonstigen Obdachsstellen 29 (gegen 11), der Haushaltungen 3429 (gegen 3541), der ortsanwesenden männlichen Bevölkerung 7495 (gegen 7816), der weiblichen 7447 (gegen 7828), zusammen 14 942 (gegen 15 650), mithin ist eine Abnahme der Bevölkerung um 708 Personen zu constatiren. Die auf dem diesseitigen Domhofsgebiet zu Ratzeburg untergebrachte Abtheilung des Jägerbataillons von 102 Personen ist in der Stadt Ratzeburg (Lauenburg) mitgezählt, 1885 bestand aber auf dem Domhofe noch kein Kasernement. Zurückzuführen dürfte dieser ungeheure Rückgang darauf sein, daß sich unter der jugendlichen Bevölkerung ein stark ausgeprägter Zug nach den Großstädten geltend macht,
so daß beispielsweise an Dienstboten ein großer Mangel vorhanden ist und die ausgewanderten Arbeitskräfte unter möglichster Einschränkung des Bedarfs durch Heranziehung schwedischer und ostpreußischer Arbeiter ersetzt werden. Namentlich zur Erntezeit werden fast in allen größeren landwirthschaftlichen Betrieben zahlreiche Arbeitermassen aus Ostpreußen beschäftigt. Auch bei der hiesigen Ersatz=Commission macht man die Wahrnehmung, daß der bei Weitem größere Theil der in den Listen geführten einheimischen Militärpflichtigen sich auswärts befindet.
- Schönberg. Dem Kaufmann W. Maaß hieselbst, Mitglied des hiesigen Geflügelzucht=Vereins, wurde auf der vom Verein der Geflügelfreunde "Cypria" in Berlin veranstalten Geflügelausstellung für einen Stamm schwarzer Minorka=Hühner der erste Preis zu Theil.
- Schönberg. Der Eisenbahndamm bei Lüdersdorf ist durch das plötzlich eingetretene Thauwetter gesunken, so daß die Züge diese gefährliche Stelle nicht passiren können. Die Reisenden müssen aussteigen, zu Fuß die gefährliche Stelle passiren und werden dann von einem bereitstehenden Eisenbahnzuge wieder aufgenommen.
- Das Gold des Schweigens. Von der Fahrt, welche der Kaiser auf dem Eisbrecher "Berlin" jüngst von Swinemünde aus in See und dann über das Haff nach Stettin unternommen hat, weiß die "Köln. Ztg." noch folgenden heiteren Zwischenfall nachzutragen. Bei dem Essen auf dem Haff erhob sich der Obervorsteher der Kaufmannschaft, Kommerzienrath Haker, und wollte Namens der Kaufmannschaft dem Kaiser Dank sagen für das Interesse, welches der Monarch durch seine Reise auf's Neue für die Stettiner Verkehrsverhältnisse bewiesen habe. Der Kaiser bemerkte diese Absicht und kam dem Redner zuvor, indem er sagte: "Lieber Kommerzienrath, lassen Sie das heute; ich müßte sonst antworten, und wir sind gerade in so gemüthlicher Stimmung. Prosit!" Natürlich unterblieb die wohlgemeinte Rede.
- Für das Bismarck=Denkmal sind bis jetzt 913,336 Mark, darunter 220 Mark von der deutschen Colonie auf Samoa, eingekommen.
- Ueber die Abgabe des Koch'schen Heilmittels an die Apotheken sind gegenwärtig im Cultusministerium in Berlin Verhandlungen im Gang. Ueber die damit zusammenhängenden Fragen wird die wissenschaftliche Deputation für Medizinalwesen gehört. Es handelt sich dabei namentlich um die Einreihung des Heilmittels unter die Zahl derer, über die besondere Vorschriften über die Art der Abgabe durch die Apotheken bestehen. Koch hat, entgegen seiner früheren Ansicht, jetzt erklärt, sein Mittel sei den praktischen Aerzten zu übergeben, weil in der Praxis derselben überwiegend Fälle phtisischer Anfangsstadien vorkommen, welche jenseits der Heilgrenze liegen. Der Cultusminister hat von allen hervorragenden Aerzten, welche mit dem

[ => Original lesen: 1891 Nr. 8 Seite 3]

Koch'schen Mittel operiren, Gutachten über ihre Erfahrungen eingeholt. Es wird darüber eine Publication vorbereitet. Von hervorragender Bedeutung in dieser Hinsicht und gegenwärtig die von Koch in dem unter Sanitätsrath Guttmann stehenden Moabiter Krankenhaus gemachten Erfahrungen. In Königsberg hat Professor Dr. Lichtheim kürzlich ein Vortrag über diagnostischen Werth des Koch'schen Heilmittels, den er für feststehend erklärt hat, gehalten. Dr. Guttmann hat in Berlin im Verein für innere Medizin an Leichentheilen eines an hochgradiger Lungentuberkulose Verstorbenen nachgewiesen, daß auch am Darm geschwürige Prozesse bestanden hatten, in Folge des Koch'schen Heilmittel aber nahezu ganz abgeheilt seien, daß sonach auch die Heilung von Darmgeschwüren mit dem Koch'schen Mittel erreichbar sein werde.
- Durch die zu erwartenden Bestimmungen über den Vertrieb des Kochschen Heilmittels dürfte dasselbe, der "Apotheker=Ztg." zufolge, nicht wie bisher nur klinischen Anstalten, sondern auch allen privaten Aerzten zugänglich gemacht werden. Voraussichtlich wird das Mittel außer in den bisherigen Originalfläschchen auch in kleineren Packungen bis zu einem Gramm herunter geliefert werden. Die Abgabe dürfte nur auf jedesmal erneute "schriftliche" Verordnung eines approbierten Arztes zu erfolgen haben. Diese Recepte wären dann den Giftscheinen gleich zu behandeln, einzutragen und aufzubewahren.


Anzeigen.

Antragsmäßig soll über die zu Papenhusen sub Nr. II belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths Friedrich Wieschendorf ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Sonnabend, den 7. Februar 1891,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigem Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 18. November 1890.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Antragsmäßig sollen über die zu Schönberg belegenen Grundstücke, als:

1. Das Wohnhaus an der Siemzerstraße sub Nr. 95 (früher Nr. 96) c. p.,
2. Die Acker= und Wiesenfläche an der Schönberg=Ratzeburger Chaussee in Größe von 180 []R., begrenzt von den Grundstücken des Kaufmannes Wilhelm Vock und des Bäckers Hagen,
3. Den Garten vor dem Siemzer Thor an der Ratzeburger Chaussee in Größe von 55 []R., begrenzt von den Grundstücken des Senators Heincke und des Senators Stüve,
4. Das Wiesenmoor an der Moorstraße in Größe von ca. 7 Schffl. Aussaat, begrenzt von den Wiesenmöören des Gastwirths Boye und des Schmieds Griem,
5. Das Wiesenmoor an derselben Moorstraße in Größe von gleichfalls ca. 7 Schffl. Aussaat, begrenzt von dem Wiesenmoor des Gastwirths Boye und
6. Die Wiese im s. g. Bürgermoor in Größe von ebenfalls ca. 7 Schffl. Aussaat, begrenzt von dem provocantischen Wiesenmoor ad 5 und dem früher Spehr'schen Wiesenmoor,
des Rentier Johann Greiff allhier, welche sechs Grundstücke einen gemeinsam zu verpfändenden Gütercomplex bilden werden, ein gemeinschaftliches Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesen Grundstücken zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Dienstag, den 14. April d. J.,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an den proclamirten Grundstücken sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 20. Januar 1891.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    A. Dufft.


Die Anmeldung zur Stammrolle aller im Jahre 1871 und früher geborenen resp. mit einer entgültigen Entscheidung über ihre Militairpflicht nicht versehenen militairpflichtigen jungen Leute, welche in der Stadt Schönberg ihren Aufenthalt haben, hat am

Sonnabend, den 31. Januar d. J.,

Vormittags in den Stunden von 10 bis 12 Uhr, beim Stadtsecretair Schrep hieselbst zu geschehen. Auswärts geborene Militairpflichtige haben ihren Geburtsschein (der zu diesem Zwecke kostenfrei ertheilt wird), die bereits früher Gemusterten ihren Loosungsschein vorzulegen.
Schönberg, den 22. Januar 1891.

Der Magistrat.


Bekanntmachung.

Die Hebung einer Armensteuer zum vollen Beitrag ist erforderlich, es werden demnach alle Zahlungspflichtigen des Schönberger Armendistricts hiermit aufgefordert ihre Beiträge fördersamst einzuzahlen.
Schönberg, den 19. Januar 1891.

Die Armenbehörde.


Oeffentl. Zwangsversteigerung.

Am Sonnabend, den 31. Januar d. J., Vormittags 10 1/2 Uhr sollen beim Gastwirth Fahrenkrug in Lüdersdorf die zu dem Nachlaß des verstorbenen Tanzlehrers Dohrmann gehörigen Gegenstände, als: 1 Schloßkorb, 2 Winterüberzieher, 5 Röcke, 1 Frack, 5 Paar Hosen, 4 Westen, 3 Paar Schuhe, Hemden, Unterhosen, 1 wollene Decke, Mützen. Hüte, lederne Hutschachtel u. anderes mehr, sowie auch ein Manuscript über Anstands= und Tanzlehre für Kinder öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Schönberg, den 20. Januar 1891.

                                                    Staffeldt, Gerichtsvollzieher.


Rauher Hafer,

für sandigen Boden vorzüglich geeignet, ist preiswürdig abzugeben in Hof=Lockwisch bei Lüdersdorf.

                                                    G. Dierking.


"Wie lässt sich das Wetter voraus bestimmen?"

Einzig nur durch den "Hygrometer", nämlich durch eine vegetabilische Wetteruhr. Dieselbe zeigt bereits 24 Stunden zuvor genau das Wetter an. Allerdings werden solche Wetteruhren an vielen Orten angefertigt, aber nur die vom Vereins=Centrale in Frauendorf, Post Vilshofen in Bayern, versendeten Hygrometer sind die richtigen. Diese haben die Form einer niedlichen Wanduhr und bilden zugleich einen hübschen und interessanten Zimmerschmuck. Der Preis per Stück ist ungemein billig, nämlich nur 2 Mark. Dieselbe in elegantem Gehäuse von Holz mit Glasdeckel 4 Mark.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 8 Seite 4]

EK Kampfgenossenverein 1870/71

Zur Geburtstagsfeier Sr. Majestät des Kaisers am 27. d. Mts. in Herrn Wieschendorfs Hotel,

Commers

Abends 8 Uhr, wozu so freundlichst wie ergebenst alle Kameraden und sonstige patriotisch Gesinnten von Stadt und Land einladet

                                                    der Vorstand.


Kampfgenossen=Verein 1870/71
Schönberg.
Ordentliche Generalversammlung

am Sonntag, den 1. Februar d. J., Nachmittags 2 Uhr, im Vereinslocale.

Tagesordnung: Vereinsangelegenheiten.
                                                    Der Vorstand.


Kriegerverein für das Fürstent. Ratzeburg.
Zur Feier des Geburtstages
Sr. Maj. des Kaisers
findet am Dienstag, den 27. d. Mts., eine große
Festaufführung
mit nachfolgendem Balle
in dem Saale des Gastwirths Boye hierselbst statt.
Anfang 7 1/2 Uhr
Zur Darstellung kommt das Krieger=Festspiel von
Georg Reimann.

Kameraden haben bei Anlegung des Vereinsabzeichens mit ihren Familien freien Zutritt. Nichtmitglieder können durch Mitglieder eingeführt werden, jedoch zahlen Herren 1 M. und Damen 50 Pfennig (Mecklenburg). Eintrittsgeld. Einführungskarten sind zu haben bei den Kameraden Oldenburg und Hempel.
Zu recht reger Betheiligung ladet ergebenst ein

                                                    Der Vorstand.


Stadt Lübeck,

Dienstag, den 27. d. Mts., zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers:

Tanzmusik.


Stadt Lübeck.
Sonntag, den 1. Februar 1891:
Grosse Maskerade.


Zum Gänsebrüste, lebende Enten und Schweineköpfe-Ausspielen am Sonntag, den 1. Februar, aus meinem amerikanischen Billard lade freundlichst ein.

Anfang 3 Uhr.
                                                    J. Boeckmann,
                                                    Gastwirth.


Donnerstag den 29. u. Freitag den 30. Jan.
Tanz=Musik
bei                                                    Gastwirth Wienck,
                                                          Sülsdorf.
Ausschank von Bockbier.


Diedrich Tesschau,
Lübeck, Breitestr. 24.
Specialgeschäft in
Messerwaaren,
Waffen, Baro- und Thermometer.
Reparatur=Werkstatt. Hohlschleiferei.


Oeffentliche Bauhandwerker= und Arbeiter=Versammlung

im Locale des Herrn Gastwirth Krüger in Schönberg am Mittwoch, den 28. Januar, Abends 7 Uhr.
Tagesordnung lautet:

1. Vortrag über Arbeiterorganisation in Deutschland und dessen Aufgabe betreffs Verbesserung der Lage der Arbeiter.

Referent: A. Bringmann=Magdeburg.
                                                    Der Einberufer:
                                                    H. Maass, Zimmerer,
                                                    Schönberg.


Empfehle mich den geehrten Landleuten mit
Milchtransportkannen,
wie auch zu Dachdeckerarbeiten,
sowie mein Lager von
Dachpappe, Theer, Leisten, Nägel.
Carlow.                                                     H. Lüer,
                                                                  Klempner und Dachdecker.


Pferd Mein schwarzer Hengst deckt von jetzt ab fremde Stuten.
Deckgeld incl. Stallgeld 12 Mk.
  Hauswirth H. Oldenburg.
Rieps.


Pferd Von jetzt ab steht mein schwarzbrauner Hengst Cardinal zum Decken bereit.
Lockwisch, den 12. Januar 1891.
H. Oldörp, Schulze.                                                    


Am Sonnabend den 31. d. M. erhalte eine Anzahl 7 bis 8 Wochen alter

Ferkel
zum Verkauf.                                                    
                                                    J. H. Koth.


Gesucht zum 1. April
ein junges Mädchen
zur Stütze der Hausfrau. Persönliche Meldung erwünscht.
Ratzeburg.                                                     M. Petersen,
                                                                        Gastwirth.


Gesucht
zwei junge Mädchen

zum Kochen lernen zu Ostern oder zum 1. Mai d. J. Kostgeld 150 M. pro Jahr.

                                                    Frau C. Klempau,
                                                    Oeconom im Offiziers=Kasino
                                                    zu Lübeck.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg nach Lübeck:
9,49 Vorm. 12,02 Mitt. 3,15 Nachm. 7,19 Abends. 11,22 Nachts.
nach Kleinen:
7,36 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,29 Nachm. 9,02 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1891 Nr. 8 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 8 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 27. Januar 1891.


- Aus dem königl. Schlosse in Berlin wird eine hübsche Anekdote mitgetheilt. Es war diesmal ein Prinzeßchen und nicht ein Knabe erwartet worden. Die für den neuen Ankömmling bereit liegende Wäsche hatte deshalb rothe Bänder erhalten, während die Leibwäsche der Prinzen mit blauen Bändern versehen wird. Als der Kaiser aus dem Opernhause ins Schloß gerufen wurde und hörte, daß es ein Prinz sei, den ihm die hohe Frau geschenkt habe, rief er in der Freude seines Herzens: "So, dann packt nur Eure rothen Bänder wieder ein!"
- Die Gesammtkosten der letzten preußischen Volkszählung betragen 406 700 Mark und sind auf 3 Etatsjahre vertheilt.
- In Berlin ist der Nestor der deutschen Bildhauer, Professor August Wredow, im Alter von 86 Jahren gestorben. Sein bekanntestes Werk ist die Marmorgruppe auf der Berliner Schloßbrücke: Die Siegesgöttin, den gefallenen Helden zum Olymp emportragend.
- Die neueste Verrücktheit der Mode ist Stehkragen für Hunde. In Berliner Sattlergeschäften sind diese Hundestehkragen nebst Kravatten in Form von Halsbändern käuflich. Der Stehkragen ist aus schneeweißem Glanzleder, die daran befestigte Kravatte aus Leder in allen möglichen Modefarben hergestellt.
- Auch die Hamburger Kohlenlager reichen nicht mehr aus, um, falls keine Kohlendampfer eintreffen, den Bedarf für diese Woche voll zu decken.
- In Hamburg haben 50 Fabriken wegen Mangel an Kohlen den Betrieb eingestellt.
- Der "Norddeutsche Lloyd" in Bremen hat, um der Hamburgischen Konkurrenz begegnen zu können, den Passagepreis nach New=York für das Zwischendeck um 20 Mark ermäßigt.
- Bei Mainz entwickelte sich auf dem Rheine ein großartiger Verkehr, über 10 000 Menschen benutzten an einem Tage die Eisbahn, um nach dem jenseitigen Ufer zu gelangen, der Verkehr wurde sogar mittels Schlitten bewerkstelligt. Bei anhaltender Kälte sollen Wirthschaften auf dem Eise aufgeschlagen werden.
- Unterhalb Emmerichs vorgenommene Messungen des Rheineises ergaben eine Dicke von annähernd fünf Metern, gerade über der Stadt eine solche von zwei bis drei Metern. Es ist daher kein Wunder, wenn schwerbelastete Wagen über die natürliche Eisbrücke fuhren.
- Eine gefährliche Panik war am Sonntag bei Hanau auf dem zugefrorenen Main entstanden. Auf der Eisdecke des Flusses fertigte, einem alten Brauch gemäß, ein Küfermeister mit seinen Gesellen und Lehrlingen ein Faß an, was seit dem Jahre 1845 nicht mehr vorgekommen war. Tausende von Zuschauern hatten sich dazu eingefunden. Unter dieser Menschenmasse brach plötzlich die Eisdecke ein. Alles floh entsetzt, aber fünfzig Personen, meist Frauen und Kinder, versanken in den eisigen Fluthen, doch wurden Alle gerettet, wobei sich namentlich fünf Küfergesellen rühmlich hervorthaten. Viele Hüte, Schirme und dergleichen gingen in den Fluthen verloren.
- Ein Fall, wie er wohl einzig in seiner Art dastehen mag, hat sich kürzlich bei dem in Oldenburg garnisonirenden Dragoner=Regiment zugetragen. Vor etwa 1 1/2 Jahren meldete sich beim besagten Regiment ein fixer, junger Mann als Freiwilliger, und da seine Papiere besonders gut waren und er momentan brotlos war, wurde er sofort und ohne Bedenken eingestellt. Schon während seiner ersten Ausbildung bewies sich derselbe als ausgezeichneter Reiter, war überall in jeder Weise "Soldat" und dadurch der Liebling seiner Vorgesetzten. Ganz durch Zufall hat sich jetzt herausgestellt, daß derselbe schon 1 1/2 Jahre bei einem Husaren=Regiment gedient hat, dann dort desertirt ist, hierauf ein Jahr als Parforcereiter aufgetreten ist, und sich dann in Oldenburg wieder hat einkleiden lassen, wahrscheinlich, um seine Kameraden mit der höheren Reitkunst bekannt zu machen. Obgleich derselbe nun vollkommen seiner dreijährigen Dienstzeit genügt hat, wird er sich doch noch wegen Desertion und Führen falscher Papiere zu verantworten haben.
- In Oldenburg fröhnen vier dortige Einwohner der Badelust in solchem Maße, daß sie auch bei der jetzigen Witterung jeden Morgen in der Hunte ein kaltes Bad nehmen. Das Eis muß natürlich jedesmal frisch aufgehauen werden. Der eigenartige Sport zieht natürlich eine große Zahl von Zuschauern herbei. Die Bäder sind den Leuten bis jetzt vorzüglich bekommen.
- Der Ort des deutschen Reiches, welcher im Verhältniß zu seiner Einwohnerzahl die meisten Wittwen besitzt, ist sicherlich Niederwörresbach im Fürstenthum Birkenfeld. Jedes fünfte weibliche Wesen und insbesondere 40 Procent der Haushaltungsvorstände sind dort Wittwen. Diese merkwürdige Thatsache, welche durch die letzte Volkszählung an den Tag gebracht wurde, beruht auf der außerordentlich ungesunden Industrie-Achatschleiferei - von welcher sich die Bewohner Niederwörresbach fast sämmtlich ernähren. Die Achatschleifer besitzen infolge ihres Gewerbes eine ungemeine Empfänglichkeit für die Schwindsucht und werden von ihr fast alle im besten Mannesalter dahingerafft.
- Am vergangenen Sonnabend waren zwei Personen, anscheinend Herr und Diener und angeblich aus Amerika, auf der Eisenbahn nach Kreuzburg in Schlesien gekommen und setzten am anderen Morgen in einem Schlitten ihre Reise über die russische Grenze fort, um in einem kleinem Dorfe unweit Radomsk zu übernachten. Am nächsten Morgen fand man die Leiche des Herrn mit durchschnittener Kehle vor. Der Ermordete soll im Besitze großer Geldmittel gewesen sein. Wahrscheinlich hat der Diener, von dem zur Zeit noch jede Spur fehlt, um die Summe gewußt und den Raubmord ausgeführt.
- Eine bekannte Parteigröße der sächsischen Sozialdemokratie, Carl Briemen in Chemnitz, hat man wegen "Verstoß der Parteiinteresse" aus der Partei ausgeschlossen.
- Der erbliche Reichsrath Graf Seinsheim in Regensburg ist wegen Verschwendung unter Vormundschaft gestellt worden.
- In Donaustauf zerstörte am Sonnabend das stark gehende Treibeis die Brücke auf der rechten Uferseite auf 25 Meter Länge. Kurz vor Eintritt dieser Katastrophe hatte Fürst Albert von Thurn und Taxis die Brücke passirt.
Zur Erforschung des Schicksal Johann Orths hat die argentinische Republik ein Kanonenboot und einen Raddampfer nach Cap Horn und den Falklands=Inseln entsandt.
- In ganz Deutschland und Frankreich ist Thauwetter, in vielen Gegenden Regen eingetreten.
- Aus allen Theilen Frankreichs sowie aus ganz Spanien wurde über ungewöhnliche Kälte berichtet. Im Departement Gard fürchtet man, daß die Olivenernte geschädigt sei. Der Hafen von Toulon ist eisbedeckt, was seit Menschengedenken nicht mehr vorgekommen ist. In der Nähe von Perpignan sind mehrere Menschen erfroren. Aus Algier wird gemeldet, daß der Dampfer eisbedeckt angekommen ist. -In Saragossa hatte man am Freitag 14 Grad Kälte!
- Das Halsband einer Kaiserin erregt in dem Magazin eines Juweliers großes Aufsehen, sowohl wegen seiner Schönheit, als auch wegen seines Preises und nicht zuletzt wegen seines historischen Werthes. Denn das Collier gehörte der Kaiserin Eugenie und war ein Geschenk Ismaels, des früheren Vize=Königs von Egypten, der es der schönen Frau und mächtigen Herrscherin verehrte, als sie

[ => Original lesen: 1891 Nr. 8 Seite 6]

1869 das Land des Nils anläßlich der feierlichen Eröffnung des Suez=Canals besuchte. Bekanntlich sind vor einigen Jahren durch die Republik sämmtliche Krondiamanten und Juwelen, die den früheren Herrschergeschlechtern gehörten, versteigert worden. Unter den aus allen Welttheilen zur Auction herbeigeströmten Käufern befand sich auch jener Juwelier, der in Erinnerung daran, daß die frühere Besitzerin des Colliers von Geburt eine Spanierin war, das erwähnte Halsband kaufte. Mit der Ausstellung des Schatzes hatte er jedoch gewartet, bis das Aufsehen sich verflüchtigte, welches s. Z. die noch glanzvolleren Krondiamanten erregt hatten. Das Halsband besteht aus großen Perlen von außerordentlicher Seltenheit, und dementsprechend beziffert sich auch der Preis des Colliers auf die Kleinigkeit von 300 000 Mark.
- St. Petersburg wird nun auch bald in die Reihe der Millionenstädte eintreten. Nach der letzten amtlichen Zahlung hat die russische Hauptstadt 956,225 Einwohner gegen 861,303 im Jahr 1885.
- Fünf "nette" Brüder müssen es gewesen sein, die vor einigen Tagen in einer Weinwirthschaft von Menaggio (Italien) in Streit geriethen, das Licht auslöschten und sich gegenseitig mit Messern bearbeiteten. Als es dem Gastwirth gelang, das Licht wieder anzünden, lagen drei der Unseligen im Sterben, die andern beiden wurden verhaftet.
- In Rom, wo man Oefen meist nur dem Namen nach kennt, herrschten 6 Grad Kälte. Das Elend der armen Bevölkerung ist sehr groß. In dem Kriegshafen Spezzia erfror eine Schildwache auf den Hafenwällen.
- Neapel im Schnee! Das ist das seltene Schauspiel, das man dort seit einigen Tagen hatte. Bäume und Dächer, Berge und Ebenen sind mit Schnee bedeckt, und zwar mit so viel Schnee, daß manche Aeste darunter brechen. Die immergrünen Bäume nehmen sich in ihrer weißen Hülle recht seltsam aus und die Neapolitaner können das Schauspiel nicht genug bewundern, während die dort ansässigen und anwesenden Engländer Schneemänner machen und mit Schneeballen werfen. Die Verbindungen in und außerhalb der Stadt sind vielfach unterbrochen.
- Der Sultan betreibt gegenwärtig mit großem Eifer das Studium der deutschen Sprache. Mit Herrn v. Hülsen, dem Abgesandten des deutschen Kaisers, hat sich der Sultan, wie türkische Blätter melden, bereits mehrfach direkt in deutscher Sprache unterhalten, so daß der kaiserliche Dolmetscher nur noch zur Ergänzung und zur Vervollständigung der Worte des Sultans nothwendig war. Abdul Hamid erklärte Herrn von Hülsen, daß ihm die Erlernung der deutschen Sprache nicht allzu große Mühe mache, nur sei ihm dazu eine sehr knappe Zeit bemessen. Er glaube aber, daß wenn ihn Kaiser Wilhelm, wie er hoffen dürfe, zum zweiten Mal am Bosporus besuchen werde, er dann seinen kaiserlichen Freund in deutscher Sprache werde begrüßen können.
- Der Prinz von Wales und sein Gast.
Folgender amüsanter Vorgang wird von einer Abend=Festlichkeit bei dem Prinzen von Wales berichtet: Unter den Gästen befand sich ein junger Gentleman zum ersten Mal, und der Prinz erwies sich ihm deshalb besonders gastfreundlich. Dies stieg dem jungen Herrn derart zu Kopf, daß er sich sofort als einen besonderen Günstling betrachtete und unter anwesenden Bekannten damit prahlte, daß er Einfluß auf Se. königliche Hoheit gewonnen habe. Er verstieg sich so weit, eine Wette zu contrahiren, darauf hin, daß er sich von dem Prinzen aufwarten lassen werde. Als man sich nach Tisch in das Billardzimmer zurückgezogen, stieß der Begünstigte die Worte aus: "Hören Sie, Wales! Läuten Sie mir freundlichst um ein Glas Punsch!" Alle Anwesenden standen wie vom Donner gerührt, aber der Prinz ging mit freundlichem Lächeln an den Klingelzug und läutete. Als der Lakai erschien, sagte er zu ihm: "Hole dem Herrn - seine Equipage!"
- Der Ausstand der Eisenbahnbediensteten in Schottland, der nunmehr an vier Wochen währt, hat nahezu unerträgliche Zustände geschaffen. Die Personenzüge verkehren ziemlich regelmäßig, wenn auch in stark verminderter Zahl, der Frachtenverkehr stockt aber nahezu gänzlich. In den großen Güterstationen sind alle Geleise in Meilenlänge (engl.) mit Waggons vollgepfropft. "Eilgut", das zu Weihnachten hätte abgeliefert werden sollen, liegt noch immer unberührt in den Waggons, und mit dem Frachtgut steht es nicht besser. Am schlimmsten aber macht sich die Stockung in der Lieferung von Kohlen und Rohmaterialien für die Industrien fühlbar und zahllose Fabriken und große Werksanlagen sind gezwungen, ihren Betrieb einzuschränken, wenn nicht ganz einzustellen, wodurch 40 000 bis 50 000 Arbeiter zum Feiern gezwungen worden sind. Der Ruf nach einer Beilegung des Zwists wird immer lauter; die feindlichen Parteien, d. h. die Eisenbahn=Directionen und die Arbeiter, stehen sich aber noch immer mit unverminderter Hartnäckigkeit und Bitterkeit gegenüber und beide rechnen mit Zuversicht auf den Sieg ihrer Sache. Da es jedoch den Ausständigen nicht gelungen ist, den Eisenbahnverkehr gänzlich zum Stillstand zu bringen, wie sie es vorhatten, so werden sie wohl schließlich den Kürzeren ziehen.
- Im Ausland lebende Engländer pflegten sich, falls sie in den Ehestand traten, wo es anging, an Bord britischer Kriegsschiffe trauen zu lassen, da dies de facto und de jure als gleichbedeutend mit einer Trauung auf britischem Boden betrachtet wurde. Nunmehr hat aber die Admiralität den Flottenbefehlshabern in ausländischen Stationen eine Weisung zugehen lassen, welche vom 1. Januar ab Trauungen an Bord britischer Kriegsschiffe verbietet.
- Früh zu Bett. Unter dieser Schutzmarke entnehmen wir dem Hausdoctor folgendes: Immer hört man die Mahnung zum Frühaufstehen. Freilich: "Morgenstunde hat Gold im Munde." Da man eine normale Schlafzeit von sieben bis acht Stunden gebraucht, um die müden Muskeln und die erregten Nerven, sowie das Gehirn zu beruhigen, zu erfrischen und zu stärken, so möchte man dringend ermahnen, früh zu Bette zu gehen. Es ist leider heut zu Tage, namentlich in der Stadt, in vielen Familien Sitte, spät schlafen zu gehen. - "Ach, die Abende sind so schön", sagen die einen; - "Bei uns beginnt das Leben erst Abends," die andern, und statt schlafen zu gehen, wird ausgegangen oder auch musicirt, gespielt, gesungen, getanzt, gegessen und getrunken u. s. w., so daß die müden Nerven so angestrengt und aufgeregt werden, daß man auch dann, wenn man sich spät, oder manchmal "früh morgens" niedergelegt, nicht einmal schlafen kann! Und - der Morgen graut, der Tag erwacht; die Pflicht ruft, man muß heraus, und man ist noch so müde und so schläfrig, - das Bedürfniß nach Schlaf und Ruhe ist eben noch nicht gestillt. Wie ganz anders dagegen steht man auf, wie frisch und wohlgemuth und stark nach einer guten, langen, durchschlafenen Nacht! Man hat behauptet, daß die Frauen unseres Zeitalters deshalb nervös seien, weil sie nicht ausschliefen. Wohl mit Recht, denn Mangel an Schlaf macht nervös. - Bedenket das, liebe Mutter, sorgt dafür, daß besonders euere Kinder viel und ruhig schlafen. Haltet deshalb darauf, daß dieselben sich jeden Abend zeitig und zu derselben Stunde zu Bett legen und gestattet unmittelbar vorher keine anstrengende Arbeit noch aufregendes Spiel! - Kurz - Klein und Groß: früh ins Bett und früh heraus, das ist eine goldene Regel für jedes Haus.
- Behandlung süßgewordener Kartoffeln. Nach den ausgezeichneten Untersuchungen von Professor Müller=Thurgau ist die Ursache des Süßwerdens der Kartoffel nicht ein Erfrieren, sondern ein längeres Verweilen bei einer Temperatur, die zwischen 5 Gr. und 2 Gr. liegt. Es wird bei dieser Temperatur mehr Stärke in Zucker verwandelt, als durch den Athmungsprozeß verbrannt und in Form von Kohlensäure und Wasser ausgeschieden werden kann. Werden Kartoffelknollen, die in Folge der genannten Umstände süß geworden sind, nachträglich einige Tage höheren Temperaturen (mehr als + 20 Gr. C.) ausgesetzt, so steigt der Athmungsprozeß bedeutend, der vorher im Uebermaß gebildete Zucker wird mit verbrannt und die Knollen werden wieder rein von Geschmack.


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