[ => Original lesen: 1890 Nr. 73 Seite 1] Antragsmäßig soll über die zu Lüdersdorf sub Nr. 4 belegene Büdnerstelle c. p. des Maurergesellen Matthias Heinrich Schmidt daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf
Montag den 14. October 1890,
Vormittags 10 Uhr,
peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 9. August 1890.
Großherzogl. Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Die Anweisung des Torfes zur ermäßigten Taxe an die dazu berechtigten Einwohner der Stadt Schönberg findet am Donnerstag, den 25. September, Morgens 9 Uhr, auf dem Kuhlrader Moore statt. Gleichzeitig werden diejenigen Hauswirthe und Büdner, welche den ihnen zustehenden Torf noch nicht empfangen haben, aufgefordert, sich an oben genanntem Tage, Morgens 9 Uhr, zur Anweisung ihres Torfes ebenfalls auf dem Kuhlrader Moore einzufinden.
Carlow, den 16. September 1890.
A. v. Linstow,
Förster.
Torf-Auction.
Am Sonnabend, den 20. September, Morgens 9 Uhr, lasse ich
100 Mille Formtorf
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkaufen.
Roduchelstorf, den 11. September 1890.
P. Bockholdt Wwe.
Zu dem am Sonntag, den 21. und Montag, den 22. September bei mir stattfindenden
Scheiben-Schiessen
nach guten Gewinnen lade ich meine Freunde und Gönner hierdurch ganz ergebenst ein.
Am Sonntag, den 21. d.:
Tanz-Musik
Selmsdorf. Gastwirth Sterly.
Zu dem am Sonntag, den 21. und Montag, den 22. September, bei mir stattfindenden
Scheiben-Schiessen
nach guten Gewinnen, lade ich meine Freunde und Gönner hierdurch ganz ergebenst ein.
Auf drei Schüsse 1 Gewinn.
Lockwisch. G. Oldenburg.
Großer Ausverkauf.
Wegen Veränderung meines Lagers beabsichtige ich, den ganzen Vorrath von
fertigen Herrengarderoben
zu jedem nur irgend annehmbaren Preise zu verkaufen, um damit zu räumen.
Schönberg, den 16. September 1890.
Achtungsvoll
H. J. Lange, Wwe.
Neuheiten
in Regenmäntel
sind eingetroffen und halten wir dieselben bestens empfohlen.
H. Scheer & Barkenthien.
Braunkohlen, Steinkohlen,
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Aug. Spehr.
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Bergmann's Birkenbalsam-Seife
allein fabricirt von Bergmann & Co. in Dresden. Verkauf à Stück 30 u. 50 bei Apotheker Montag.
[ => Original lesen: 1890 Nr. 73 Seite 2]Hugo Heincke
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Stickwolle, Zephyr und Castor in allen Farben.
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Stick-Garne,
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Flanelle.
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Am 4. d. Mts. ist ein Reisewagenreif von Schönberg über Torriesdorf nach Demern verloren. Der Finder wird gebeten, mich zu benachrichtigen.
Amtsrath Wicke, Demern.
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J. Ludw. D. Petersen.
[ => Original lesen: 1890 Nr. 73 Seite 3]Concentrirter Rinderdünger
ist kein künstliches, sondern ein ganz natürliches Düngemittel, wie wir ein zweites außer dem Stallmist nicht besitzen; er besteht aus Mist von sehr kräftig gefütterten Thieren und enthält mehr als 70 Procent absolute und mehr als 9 Procent relative Nährstoffe. Der concentrirte Rinderdünger wird seiner vorzüglichen Eigenschaften wegen von ersten Autoritäten als bestes Düngemittel empfohlen. Zu einem Hektar Land genügen zur vollen Düngung 7 bis 9 Centner Rinderdünger.
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Lehnhoff & Co., Hamburg, Alter Wandrahm 33/45.
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J. Grotmak, Nortorf. für andere Plätze gesucht.
Mecklenburg=Strelitzer
finden die meisten Nachrichten aus ihrem Großherzogthum in der in großer Auflage in Neustrelitz täglich erscheinenden
Meckl.-Strel.
Landeszeitung.
Darum abonnire jeder Mecklenburg=Strelitzer bei der nächsten Postanstalt auf die Landeszeitung.
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Köchinnen,
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Dienstmädchen etc. etc.
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Meckl.=Strel.
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Aug. Spehr.
Suche zum 1. October für zwei leer nach Hamburg gehende Mobilienwagen Ladung.
Gleichzeitig mache den geehrten Bewohnern von Schönberg und Umgegend bekannt, daß ich auch jetzt im Besitz eines Verschluss-Mobilien-Wagens bin und halte denselben zu jeder Zeit bereit, Mobilien ohne Umladung per Schiff und per Kahn im Lande, sowie nach dem Auslande zu befördern.
Schönberg. H. Krohn,
Fuhrmann.
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Hochachtungsvoll
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Ackerbauschule Dargun.
Das Winterhalbjahr beginnt am 22. Oktober.
Alles Nähere bereitwilligst durch
Direktor Oehlmann.
Den geehrten Bewohnern von Schönberg und Umgegend die ergebene Anzeige, daß ich geneigt bin bei vorkommenden Fällen Todte anzukleiden.
Um das vertrauliche Wohlwollen bittet
Elisabeth Lohse, Ww.
Als Todten=Ankleiderin empfiehlt sich
Frau Peters,
Schönberg, Sabower=Str. 29.
Ich wünsche einen Posten
guter Eßkartoffeln
zu kaufen und bitte um Anstellung.
Schönberg, den 13. September 1890.
Drost von Oertzen.
Herren=Regenschirm gefunden.
Eigenthümer kann denselben gegen Insertionskosten wieder erhalten bei
J. Voss, Schneidermstr.
Selmsdorf.
Gesucht zu Michaelis d. J. einen
Tischlerlehrling.
Ratzeburg. G. Bernhöft,
Langenbrückenstr. 155. Tischlermeister.
Für ein Lübecker Schlachtergeschäft wird zu Ostern 1891 ein
Lehrling
gesucht. Reflectanten wollen sich beim Unterzeichneten melden.
C. Ollrog,
in Schönberg i/M.
Zu Michaelis suche für mein Eisenwaaren-Geschäft einen
Lehrling
Ratzeburg. Moritz Stein.
Zu Hof=Selmsdorf wird zum 24. October d. J. oder zu Ostern 1891 ein ordentlicher
Tagelöhner
in Wohnung gesucht.
Gesucht
1 Großknecht und 1 Kleinknecht
zu sofort eventl. zum 24. Oktober cr. von
Rabensdorf. W. Egert.
Gesucht auf Hof Rabensdorf zum 24. October d. Js. ein
Stubenmädchen und eine Leuteköchin,
die mit melken muß.
Frau Rieckhoff.
[ => Original lesen: 1890 Nr. 73 Seite 4]Ausstellung
von
Geflügel und Erzeugnissen des Garten= und Obstbaues
zu
Schönberg im Kösterschen Gasthofe
am 21. und 22. September 1890.
Eröffnung am 21. September, Mittage 1 Uhr.
Anmeldungen der auszustellenden Gegenstände sind bis zum 18. September zu beschaffen und zwar:
1. von Hühnern, Enten, Gänsen
beim Herrn Kaufmann W. Maaß hier,
2. von Tauben
beim Herrn Bäckermeister Miltzow hier,
3. von Zier= und Singvögeln
beim Bankbeamten Richter hier.
Einer vorherigen Anmeldung von Erzeugnissen des Garten= und Obstbaues bedarf es nicht.
Die Annahme der auszustellenden Gegenstände im Ausstellungslocale geschieht am Sonnabend, den 20. September von 2 Uhr Nachmittags ab; auch ist es gestattet, noch am 21. September, Morgens zwischen 7 und 8 Uhr solche einzuliefern.
Die Verloosung der auf der Ausstellung angekauften Gewinne findet am 22. September, Nachmittage von 4 Uhr ab im Ausstellungslocale statt.
Eintrittsgeld für Erwachsene 20 ., für Kinder 10 .
Eine recht rege Betheiligung an der Ausstellung ist sehr erwünscht und wird dazu hierdurch ergebenst eingeladen.
Schönberg den 1. September 1890.
Der Vorstand des Geflügelzucht=Vereins.
Hierdurch erlaube ich mir, den Empfang meiner
Herbst- & Winter-Neuheiten
ergebenst anzuzeigen. Ich biete in dieser Saison nur hervorragende Neuheiten und empfehle selbige zu bekannten billigen Preisen.
Heinrich Meyer.
Kampf= genossen= |
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Verein 1870/71. |
Den Kameraden theilen wir hierdurch mit, daß der Verein sich zu der am 26. September d. Js. stattfindenden Enthüllungsfeier des Kaiserdenkmals in Ratzeburg betheiligt; Kameraden, welche gewillt sind an der Feier Theil zu nehmen, wollen sich bis zum Sonntag, den 21. d. Mts. beim Schriftführer Kamerad Maack melden.
Der Vorstand.
Das Missions=Fest
im Fürstenthum Ratzeburg
wird am 24. September in der Domkirche zu Ratzeburg gefeiert werden. Gottesdienst 10 1/2 Uhr. Festpredigt: Herr Hofprediger Stöcker=Berlin. Bericht: Herr Pastor Eulenberg=Schlagsdorf. Mittagessen auf der Bäck 1 Uhr. Nachmittagsfeier daselbst 3 Uhr.
Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 21. September.
Frühkirche: fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Langbein.
Amtswoche Pastor Langbein.
Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
6,55 Vorm. 9,50 Vorm. 3,21 Nachm. 7,19 Abends. 11,12 Nachts.
Nach Kleinen:
7,51 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,29 Nachm. 8,48 Abends.
Getreide=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Markt=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage
und ein Illustrirtes Beiblatt Nr. 38.
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1890 Nr. 73 Seite 5]Beilage
zu Nr. 73 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 19. September 1890.
Zur Invaliden= und Altersversicherung.
Nach den statistischen Ermittelungen werden im Anfang des Jahres 1891 im Deutschen Reich bereits 117 000 Personen auf Grund der Invaliden= und Altersversicherung Anspruch auf eine jährliche Rente von 106,40 M. bis 191 M. haben, falls sie nachweisen, daß sie während der Jahre 1888, 1889 und 1890 mindestens 141 Wochen hindurch (drei Beitragsjahre zu 47 Wochen) thatsächlich in einem Arbeits= oder Dienstverhältniß gestanden sind, welches vom 1. Januar 1891 an die Versicherungspflicht begründet haben würde. Dabei wird eine unverschuldete und gehörig bescheinigte, mit Erwerbsunfähigkeit verbundene Krankheit von mindestens einjähriger Dauer (§ 17 des Gesetzes) auf jene 141 Wochen nicht in Abrechnung gebracht. Es ist also eine große Wohlthat, welche das Gesetz gleich von Anfang an einer großen Anzahl bejahrter deutscher Arbeiter gewährt. Allein es kommt neben jenen, schon oft genug in den Blättern behufs rechtzeitiger Erwirkung der erforderlichen Bescheinigungen erwähnten Voraussetzungen noch eine andere Bedingung in Frage, deren Hervorhebung um so nothwendiger erscheint, als ihre Erfüllung außerordentlich leicht ist. Der unter den Uebergangsbedingungen befindliche § 157 des Reichsgesetzes vom 22. Juni 1889 gewährt nämlich jene Wohlthat nur den Versicherten. Daraus folgt, wie auch in dem äußerst zuverlässigen und vollständigen Kommentar der Herren Bosse und v. Wödtke zu jenem Gesetz ausdrücklich bemerkt ist, daß der die Altersrente im Anfang des Jahres 1891 Beantragende mindestens bereits eine Marke für eine Woche verwendet haben muß, was bekanntlich für ihn nur einen Kostenaufwand von 7 bis 15 Pfennigen ausmacht. Erst unter Ueberweisung einer mindestens mit einer Marke beklebten Quittungskarte darf der im übrigen Berechtigte die Altersrente bei der zuständigen unteren Verwaltungsbehörde (Landrath, Magistrat mit landräthlicher Zuständigkeit) nach Vorschrift des § 75 beantragen.
Die Kaisermanöver in Schlesien haben am Sonnabend mit einem Gefecht des 6. Armeekorps gegen einen markierten Feind begonnen, das sich größtentheils auf historisch berühmtem Boden, auf dem Schlachtfeld von Leuthen, abgespielt hat. Nach Beendigung des Manövers führte das ganze Armeekorps vor dem Kaiser einen sehr gelungenen Parademarsch aus. Um 6 Uhr Nachmittags fand im Schloß zu Breslau das vom Kaiserpaar für die obersten Behörden der Provinz Schlesien gegebene Paradediner statt, in dessen Verlauf der Kaiser einen Trinkspruch auf die Provinz ausbrachte. Der Kaiser hob in seiner Rede hervor, daß, wenn das gute Beispiel des Fürsten Pleß und die gute Absicht des Fürstbischofs Kopp in den übrigen Theilen des preußischen Staates Nachahmung und Verwirklichung fänden, er keine Besorgniß hinsichtlich der Lösung der sozialen Frage hege. Am Sonntag Morgen begab sich das Kaiserpaar mit großem Gefolge nach Nimkau, wo ein großer Festgottesdienst stattfand. Von dort fuhren die Majestäten nach Camenz zum Besuch beim Prinzen und der Prinzessin Albrecht von Preußen.
Ueber die preußische Reform der direkten Steuern sind wieder einige Einzelheiten bekannt geworden und zwar soll mit der Reform der Gewerbesteuer eine Reform der Erbschaftssteuer Hand in Hand gehen. Die neue Erbschaftssteuer soll bei Ehegatten, Kindern und Eltern 1 Prozent, bei entfernten Angehörigen mehr betragen. Sie bezweckt einen Mehrertrag gegen die jetzt bestehende Erbschaftsabgabe und soll neben der Reform der Einkommensteuer das festliegende Kapital besonders treffen. In der Gewerbesteuer sollen die großen Betriebe stärker belastet, die kleinen befreit werden. Weiter sollen die Grund= und Gebäudesteuereinnahmen, im ganzen 72 Millionen Mark, den Gemeinden überwiesen werden, damit die Kommunalzuschläge zu den directen Staatssteuern in Fortfall gelangen können. In den Staatseinnahmen entsteht also ein erheblicher Ausfall, und zur Deckung desselben sollen die Einnahmen aus der reformirten Einkommensteuer und der neuen Erbschaftssteuer dienen.
Dem deutschen Reichstag stehen, wie die Münchener Allgemeine Zeitung versichert, auch in der nächsten Tagung Colonialdebatten bevor. Es gilt als wahrscheinlich, daß auch die bisher vorgelegten Weißbücher über die afrikanischen Colonien noch eine Fortsetzung erfahren werden. Nach Abschluß des deutsch=englischen Vertrags wurde regierungsseitig erklärt, daß man bezüglich der Neuorganisation der Dinge feste Organisationen beschließen wolle; seitdem haben darüber wohl allgemeine Erörterungen stattgefunden, doch hat man weitere Entschließungen von Berathungen abhängig gemacht, die im Herbst stattfinden sollten. Allem Anschein nach wird es sich einerseits um Verwaltungsmaßregeln, andererseits um Beschlüsse handeln, die dem Handel und Verkehr in den Schutzgebieten gelten.
An der Berliner Börse athmet man wieder auf; der Finanzminister hat Erklärungen abgegeben, die der Finanzwelt einen großen Druck vom Herzen genommen haben. Die Henne, die die goldenen Eier legt, bleibt also am Leben, indessen sollen die Großbetriebe doch schärfer als bisher angezogen werden.
In der Petersburger Gesellschaft wird noch immer ein Zwischenfall aus der Zeit der Anwesenheit Kaiser Wilhelms am russischen Hof besprochen, über den die "Kölner Zeitung" wie folgt berichtet: Bekanntlich wohnte Kaiser Wilhelm am 18. August dem Feiertag des Leibgarde=Regiments Preobraschenski bei, anläßlich dessen ein Frühstück stattfand, bei welchem der Zar wie alljährlich die Gesundheit Kaiser Franz Josephs ausbrachte, dessen Geburtstag auf diesen Tag fällt. Diesmal trank der Zar zuerst die Gesundheit seines Kaiserlichen Gastes und der deutschen Armee und endete mit einem Hurrah, in welches alle Anwesenden begeistert einstimmten. In gleicher Weise verlief der Spruch, welchen Kaiser Wilhelm auf den Zaren und die russische Armee ausbrachte. Auch hier riefen Alle Hurrah, wobei jedesmal die betreffende Nationalhymne gespielt wurde. Nun brachte Kaiser Alexander das Wohl des österreichischen Kaisers aus; die österreichische Nationalhymne wurde gespielt, aber - unter allseitigem Schweigen der Anwesenden. Der Zar setzte sich dann sofort, und alle Gäste folgten diesem Beispiele; doch wollen Augenzeugen gesehen haben, daß Kaiser Wilhelm und der österreichische Botschafter Graf Wolkenstein einige Augenblicke stehen blieben und sich ebenso verwundert wie verständnißvoll ansahen. Wenn diese geradezu unglaublich klingende Geschichte ihre Bestätigung finden sollte, dann würde dadurch allerdings die Mittheilung des "Reichsanzeigers" über den befriedigenden Verlauf der Kaiserzusammenkunft in Narwa eine bedeutende Abschwächung erfahren.
Die russisch=französische Waffenbrüderschaft, d. h. in spe ist wieder einmal bei einem Militärbankett, das am Sonntag aus Anlaß der französischen Herbstmanöver in Jonzal stattgefunden hat, von den berufensten Vertretern der französischen Armee gefeiert worden. Nachdem General Gallifet, wie üblich, die Friedensliebe Frankreichs betont hatte, brachte der frühere Kriegsminister General Ferron einen Trinkspruch auf die "Schwesterarmee", auf das russische Heer aus. Der anwesende russische Hauptmann Kabaloff, an dessen Adresse die Aufmerksamkeit gerichtet war, beeilte sich natürlich mit der Versicherung, daß die Gefühle der Freundschaft auf Gegenseitigkeit beruhten. In allen diesen Kundgebungen liegt für uns der erfreuliche Beweis, daß in beiden Ländern der Gedanke, für alleinige Rechnung und Gefahr einen Krieg zu unternehmen, so gut wie ausgeschlossen ist. Damit ist zwar der Friede noch
[ => Original lesen: 1890 Nr. 73 Seite 6]nicht verbärgt, aber es ist immerhin ein Moment, welches die Kriegsgefahr nicht unerheblich vermindert.
Aus Orsowa wird gemeldet, daß die Vorbereitungen zur Sprengung des Eisernen Thores beendet seien und daß am Montag Vormittag in Gegenwart der ungarischen, serbischen und rumänischen Minister oberhalb Orsowa am sog. "Greben" die erste Sprengung vor sich gehen werde.
Großes Aufsehen erregt in ganz Italien die Thatsache, daß ein hochgestellter Mailänder Priester, Dr. theol. Marsilli, unerwartet zum Protestantismus übergetreten ist. Don Lodovico Marsilli, der noch vor drei Tagen in der Kirche Santa Maria alla Porta die Messe las, schwur in der Mailänder evangelischen Kirche unter ungeheuerem Zulauf von Neugierigen den katholischen Glauben ab, und wurde alsdann von dem Pfarrer Bisesti, der gleichfalls früher katholischer Priester war, in die evangelische Kirchengemeinschaft aufgenommen. Einen peinlichen Eindruck machte es, als darauf der Bekehrte selbst das Wort ergriff und unter heftigen Ausfällen gegen die katholische Kirche und das Papstthum die Geschichte seiner Sinnesänderung erzählte. "Es ist wahr" - rief Dr. Marsilli unter dem Erstaunen der Zuhörerschaft aus - "es ist wahr, daß ich bis vor drei Tagen noch Priester und Beichtvater war, aber ich habe niemals an das geglaubt, was ich sagte." Zum Schlusse forderte Marsilli, der jetzt protestantischer Geistlicher wird, alle katholischen Prister zum Abfall von Rom auf. Diese Bekehrungsgeschichte macht in Mailand und in ganz Italien viel von sich reden.
Die Lissaboner Regierung zog eine starke Truppenmacht in Lissabon und Oporto zusammen, da man in beiden Städten größere Pöbelkrawalle befürchtet und die Unzufriedenheit der Volksmenge mit dem englisch=portugiesischen Colonialvertrage noch im Wachsen begriffen ist. Der König ist von seinem Fieber in der Hauptsache wieder hergestellt.
In England scheint sich ein Bestechungsprozeß hochverrätherischen Charakters vorzubereiten. Aus Chatam wird gemeldet: Mehrere Offiziere der Marinewerkstätten, darunter zwei höheren Grades, sind vom Dienst suspendiert worden. Sie stehen unter dem Verdacht, nicht autorisierten Personen vertrauliche, amtliche Mittheilungen gemacht zu haben.
- Neustrelitz. Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Frau Erbgroßherzogin sind am 13. d. Mts., Vormittag 10 1/2 Uhr aus Berchtesgaden hierher zurückgekehrt.
- Neustrelitz. S. K. H. der Großherzog ist vor einigen Tagen, von Bad Homburg kommend, in Ostende eingetroffen.
- Schönberg. Die in diesem Jahre in Carlow gegründete Meiereigenossenschaft eröffnete am 16. d. M. ihren Betrieb.
- Schönberg. Einem Knechte des Schulzen in Papenhusen gingen am 15. d. M. als er auf den Hof fahren wollte, die beiden Pferde durch, rissen ein auf dem Hofe stehendes Fuder Hafer um, setzten über die um die Dunggrube befindliche Einfassungsmauer und rasten mit dem Fuhrwerk in die Grube. Der Knecht war vom Wagen gefallen, blieb aber mit einem Fuße im Sielenstrang hängen und wurde mitgeschleift. Er erlitt erhebliche Verletzungen am Kopf und einen doppelten Unterschenkelbruch.
- Wie man hört, wird in der kaiserlichen Familie etwa für Anfang Februar nächsten Jahres einem freudigen Ereignisse entgegen gesehen.
- Von dem neuen Cavalleriesäbel, Modell 89, gab die preußische Regierung etwa 70 000 Stück nach Solingen in Auftrag, was wieder für zahlreiche Arbeiter einen flotten Verdienst abgiebt.
- Im Centralbureau des 10. deutschen Bundesschießens in Berlin müht man sich ab, den aus blankem Metall gefertigten Ehrenpreisen, welche durch langes Stehen recht blind und unansehnlich geworden sind, wieder ein schmuckes Aussehen zu geben und hantieren zu diesem Zwecke die Schützenbrüder vom Schießausschuß selbst fleißig mit Salmiak und anderen Putzmitteln. Die Versendung der Preise ist schon im vollen Gange, allein nach München sind 63 Kolli abgegangen. Viele der Schützen erhalten auch respektable Beträge in Baar ausgezahlt. In den letzten vier Tagen sind allein 13 304 Mk. in Baar abgeschickt worden. Immerhin wird es noch 8 Tage dauern, ehe die Versendung beendet ist.
- Die ersten Bakonier=Schweine trafen, nachdem die Einfuhr ungarischer Schweine nach dem Berliner Viehhof nun freigegeben worden ist, Ende voriger Woche auf dem Rummelsburger Schweinemarkt ein und wurden sofort zum Central=Viehhof überführt und daselbst geschlachtet. Größere Zufuhren sind bereits angekündigt, theilweise sogar schon unterwegs und in Ungarn selbst harren große Schweineheerden der Versendung nach Berlin; wie die Berliner Händler glauben, steht in den Monaten October=November ein enormer Preisrückgang der Preise für Schweinefleisch bevor.
- Auf einem Berliner Gymnasium steht ein 32jähriger Vater vor dem Abiturienten=Examen, während sein 6jähriges Söhnchen, die unterste Vorschulklasse der gleichen Lehranstalt besucht. Herr S. der früher Prokurist eines Bankhauses war, wurde durch eine bedeutende Erbschaft in den Stand gesetzt, seinem Lieblingswunsche, Medizin zu studieren, nachzukommen. Und so besuchte er als Extraneus vorläufig das Gymnasium. Vater und Sohn, beide die Büchermappe unterm Arm, steht man jetzt tagtäglich gewissenhaft die Schule besuchen.
- In der Munitionsfabrik in Spandau tritt jetzt ganz unerwartet eine erhebliche Einschränkung des Betriebes ein. Nachdem vor nicht langer Zeit die Munitionsfabriken in Danzig und Erfurt aufgelöst und nach Spandau verlegt waren, wurden dort über 3000 Arbeiterinnen und 500 Arbeiter beschäftigt, die fast ein ganzes Jahr hindurch Tag und Nacht in Thätigkeit waren.
- In Hamburg hat seit dem 11. September der deutsche Anwaltstag getagt. Die Betheiligung war unerwartet groß, sodaß die Hamburger Anwälte, die sich als liebenswürdige Wirte erwiesen, Mühe hatten, die Gäste unterzubringen und für ihre Bequemlichkeit zu sorgen. An Festlichkeiten hat es selbstverständlich in dem schönen Hamburg nicht gefehlt, eine Rundfahrt auf der Alster und Elbe, Festessen, Theatervorstellungen und zum Schluß eine Fahrt nach Helgoland, das sind die Hauptpunkte des Festprogramms.
- Die Moltke=Stiftung in Parchim findet, wie uns mitgetheilt wird, im ganzen Deutschen Reich großen Beifall und nehmen die Sammlungen einen erfreulichen Verlauf. In vielen Städten haben sich bereits besondere Comites gebildet, welche für die Sache wirken und halten wir es auch für practisch, wenn hier sich bald ein solcher bilden und in Thätigkeit treten wollte.
- Gleich hinter Wittenberg wurde dieser Tage der Berliner Schnellzug von einem Passagier durch Auslösung der Carpenterbremse angehalten. Der Herr entschuldigte sein Thun damit, daß er nur hätte sehen wollen, ob und wie die Carpenterbremse wirke. Der Versuch hat dem neugierigen Reisenden 100 Mark gekostet; er weiß aber nun auch, daß der Zug noch etwa 400 Meter lief.
- Ueber einen Unglücksfall bei den Schlußmanövern in Schleswig wird berichtet: Die erste und zweite Batterie des Feldartillerie=Regiments Nr. 9 fuhren bei einem Stellungswechsel eine steile Böschung im Trabe hinunter und machten eine Hakenschwenkung, wobei die Lafette des dritten Geschützes der zweiten Batterie umgeworfen wurde. Der Protzkasten mit den Stangenpferden hielt sich im Gleichgewicht, wobei der Protzhaken abbrach. Die colossale Gewalt des Druckes schleuderte die fünf Bedienungsmannschaften von ihren Sitzen. Der Kanonier Bestedt, aus Hamburg gebürtig, kam unter das linke Hinterrad und das Geschützrohr zu liegen. Hierbei wurde seine Hirnschale derart getroffen, daß der Tod sofort eintrat. Der blutüberströmt daliegende wurde von der stürmenden Infanterie überlaufen, was einen erschütternden Anblick gewährte. Ein anderer Kanonier kam mit einem schweren Beinbruch davon, ein dritter mit einem leichten Bruch, während drei weitere leicht verletzt wurden. Die Lazarettgehilfen und der Arzt waren sofort zur Stelle.
- Den Offizieren und Mannschaften des 9. Armeecorps, welches bis vor Kurzem in Nord=Schles=
[ => Original lesen: 1890 Nr. 73 Seite 7]wig manöverirt hat, ist allgemein der freundliche Ton und das verständige Wesen der Bevölkerung, auch des dänisch redenden Theils derselben aufgefallen. Daß dieses angenehme Verhältnis aber sogar bis über die Grenze, bis in das dänische Jütland hinein obgewaltet hat, dafür zeugt der folgende, von guter Seite verbürgte Vorgang. Das Manöver zog sich zum Theil bis hart an die Grenze Dänemarks hin, welche wegen der Knickwirthschaft auf den Feldern und wegen der vereinzelten Lage der Bauerngehöfte, auch wegen der schwachen Bevölkerungsziffer nicht immer leicht an jeder Stelle zu erkennen ist. So kamen beim Anbruch der Dunkelheit Mannschaften in ein stattliches Bauerngehöft, fragten, ob hier Herr Paulsen wohne, zeigten ihre Quartierscheine vor, wurden liebenswürdig empfangen und am nächsten Morgen noch mit verschiedenen Liebesgaben, als Schinkenstullen und dergleichen, auf den Weg bedacht. Nachdem unsere Soldaten sich sehr herzlich für die treffliche Aufnahme und Bewirthung bedankt hatten, sagte ihnen der Besitzer mit ruhigem Lächeln: "Nun, meine Herren Preußen, haben Sie mal sehen können, daß die Quartierverpflegung auch in Dänemark nicht schlecht ist." Die Zahl der preußischen Soldaten, welche hier im dunkeln versehentlich, aber "sich zum Heil", die dänische Grenze überschritten, soll gegen 200 betragen haben. Wäre die Sache von Lothringen nach Frankreich passiert, so wäre es ohne Zweifel zu den aufregendsten Szenen, vielleicht zu Blutvergießen gekommen.
- Ein hübscher Manöverscherz, welcher sich bei dem letzten Manöver des 3. Armeecorps in der Nähe von Neu=Ruppin zugetragen haben soll, macht gegenwärtig in militärischen Kreisen die Runde: Das Regiment ist in Gefechtsformation auseinandergezogen. Da fällt dem Commandeur ein, daß die Position durch Schützengräben noch verstärkt werden kann. Er reitet daher, um sich darüber zu informieren, ob die Leute Arbeitszeug bei sich haben, an einen Zug der im zweiten Treffen liegenden Truppen heran. "Habt ihr Spaten?" fragte der Oberst einen der Unteroffiziere. Nein Löwenbräu, Herr Oberst!" antwortete in strammer Haltung der Unteroffizier.
- Gegenüber den schweren Angriffen, die in neuerer Zeit mehrfach gegen die deutsche und insbesondere die preußische Eisenbahnverwaltung gerichtet werden, geht der "Post" von befreundeter Seite folgende Zuschrift zu: Von einer Reise durch Frankreich, Italien, die Schweiz und Oesterreich zurückgekehrt, kann ich nicht umhin, meine Eisenbahn=Reiseeindrücke dahin zusammen zu fassen, daß man in keinem der berührten Länder pünktlicher reist, in besseren reinlicheren Wagen fährt, rücksichtsvoller vom Personal behandelt wird, und mehr Raum und freie Bewegung genießt, wie in Deutschland. Dagegen ist auch in keinem Land das Publikum anspruchsvoller, weniger fügsam gegen die Beamten und weniger rücksichtsvoll gegeneinander, wie bei uns. Wer die Verkehrsanstalten der genannten Länder aus eigener Erfahrung kennt, wird nicht umhin können, diesem Urtheil rückhaltlos zuzustimmen. Was bezüglich des Verhaltens der Reisenden gegeneinander gesagt ist, dürfte sich ebenfalls in den meisten Gegenden als zutreffend erweisen.
- Die Streiks im deutschen Baugewerbe sind nun vorüber und die "Baugewerbe=Zeitung" glaubt feststellen zu können, daß die Arbeiter fast auf der ganzen Linie in diesem Kampf verloren haben. Bei erhöhten Lebensmittelpreisen seien die Löhne gesunken und eine Besserung der Lage sei zunächst nicht zu erwarten. Auch viele Arbeiter sind jetzt in schlechter Lage, da die Gelder knapp geworden sind und das Vertrauen der Geldgeber zu Allem, was Bau heißt, stark gesunken ist.
- Für Krieger. Die "Kriegerzeitung" bemerkt, daß Orden und Ehrenzeichen links, Vereinsabzeichen dagegen rechts auf der Brust zu tragen sind.
- In der Zimmerstraße in Essen regnet es seit einigen Tagen Geld. In dem Hofe eines Hauses fielen zuerst Kupfer=, dann Nickel=, Silber= und Goldmünzen von oben herab. Von dem Veranstalter dieser neuen Regenart hat man bis heute keine Spur; selbst die Polizei, die sich von dem Regen überzeugte, konnte den Ursprung nicht feststellen. Die Hausfrau sammelte schon das Sümmchen von 120 Mk.
- Wie aus Gastein gemeldet wird, sind in Folge des Schneefalles in den letzten Tagen mehrere Bäuerinnen beim Uebergang über die hohen Tauern in Kärnthen umgekommen.
- In Oldenburg verweigerten nach einer Meldung der "Oldenburgischen Zeitung" 16 Reservisten vom 78. Regiment dem Hauptmann den Gehorsam indem sie nicht zum Appell erschienen. Die Schuldigen wurden zu mehrjährigen Festungsstrafen verurtheilt.
- Die Strafkammer in Ratibor hat den Fährknecht Franz Czogalla, durch dessen Fahrlässigkeit am 15. Juni d. J. 43 Mädchen in der Oder verunglückt sind, zu 5 Jahren Gefängniß verurtheilt.
- Ein grauenhafter Brudermord wird aus Freiburg i. Br. gemeldet. Die Wittwe B. in Opfingen hatte ihr kleines Gütchen dem jüngsten Sohn zugedacht, womit der ältere nicht einverstanden war. Die beiden Brüder geriethen darüber in Streit. Als der jüngere zu Bett gegangen war, ergriff der ältere ein Jagdmesser und schnitt dem Schlafenden den Leib auf. Der Tod erlöste den Unglücklichen alsbald von seinen Leiden. Als ob nichts geschehen, ging der Mörder andern Tags an die Arbeit. Bei seiner Verhaftung äußerte der Mörder angesichts der Leiche und der jammernden Mutter: "Der hat's verdient."
- Ein neuer kolossaler Brückenbau wird sich über den Rhein spannen und Straßburg mit Kehl verbinden. Durch den starken Verkehr Badens mit dem Reichslande ist der Brückenbau nothwendig, eine Schiffbrücke, wie sie jetzt besteht, kann nur als Nothbehelf angesehen werden, da nicht weniger als 15 000 Personen die Brücke täglich im Durchschnitt passieren, abgesehen von den hunderten von Fuhrwerken. Die Brücke soll auf die Pfeiler der Eisenbahnbrücke, durch Anbau verstärkt, zu liegen kommen.
- Ein 18jähriger Obersekundaner des königl. Gymnasiums zu Thorn beschäftigte sich nach Schluß des Unterrichts zu Hause mit chemischen Versuchen. Nach wenigen Minuten riß er die Thür zum Wohnzimmer auf, den Seinen zurufend: "Ich muß mich vergiftet haben, gebt Milch, holt den Arzt." Sofort wurde ihm Milch gereicht, auch Aerzte waren bald zur Stelle, aber jede Hilfe war vergeblich, in Kurzem war der Jüngling eine Leiche. Aus Versehen hatte er Blausäure getrunken.
- Das Reichsgericht hat die Revision, welche der Doppelmörder Klausin gegen das ihn zum Tod verurtheilende Erkenntniß des Berliner Schwurgerichts eingelegt hatte, verworfen.
- Das Testament der Baronin Ruttenstein, geborenen Konstanze Geiger, Wittwe des österreichischen Generalmajors Prinzen Leopold von Sachsen=Coburg=Gotha, ist dem französischen Konsulat in Wien unterbreitet worden. Ein Berichterstatter hat Einsicht in dieses Schriftstück erlangt, welches in Paris am 17. Juli 1889 verfaßt worden ist. Es war dies unmittelbar vor der Abreise der Baronin nach Dieppe und ihr Zustand mochte damals ein solcher gewesen sein, daß sie sich zur Abfassung ihres letzten Willens veranlaßt sah. Zum Universalerben des gesammten Nachlasses, welcher über 100 000 fl. beträgt und bei der Kreditanstalt in Wien deponiert ist, setzt die Baronin ihren "teueren, geliebten Sohn Franz" ein und spricht den Wunsch aus, "daß er im treuen Andenken an seinen vielgeliebten Vater, Prinzen Leopold, und seine arme Mutter die Anordnungen des Testaments in liebevoller Pflichttreue erfüllt". Ferner sind noch verschiedenen Personen Legate ausgesetzt. Im Abschnitt 6 heißt es dann: "Mein letzter Wille ist, verbrannt zu werden, jedoch nicht ohne daß vorher die Todesursache konstatiert worden ist. Meine Asche soll zu den Füßen meines geliebten Gatten innen im Sarge versteckt ruhen, dort habe ich mir dieses ersehnte Plätzchen der ewigen Ruhe von der Gnade der teueren regierenden Frau Herzogin Alexandrine von Sachsen=Coburg=Gotha ausgebeten, die mir in ihrer Herzensgüte die Erfüllung meiner Bitte zusagte, wie beifolgender Brief der Herzogin es ausspricht. Dank, heißen Dank der guten Seele, die mir dieses teuere Ruheplätzchen anweisen wird.
- Auf furchtbare Art tödtete sich in Löwen
[ => Original lesen: 1890 Nr. 73 Seite 8](Belgien) eine wahnsinnig gewordene Arbeiterin. Sie begoß ihr Bett solange mit Petroleum, bis das Bettzeug durchtränkt war, legte sich nackt in die Betten und zündete die Lagerstätte an. Nachbarn, die auf ihr furchtbares Geschrei herbeieilen, fanden die Unglückliche bereits so verbrannt vor, daß sie in kurzer Zeit verstarb.
Frauenherzen.
Original=Novelle von Carl Cassau.
Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
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