No. 55
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 18. Juli
1890
sechzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1890 Nr. 55 Seite 1]

           Es wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß das Füsilier=Bataillon 2. Hanseatischen Infanterieregiments Nr. 76 in Lübeck am

24., 25. und 26. d. Mts.,

jedesmal von 8 Uhr Morgens bis 1 Uhr Mittags, auf der Palinger Haide Schießübungen mit scharfen Patronen abhalten wird.
           Zur Vermeidung von Unglücksfällen wird das Betreten des Terrains, welches durch die Straßen von Brandenbaum bis Forsthaus Wesloe, Forsthaus Wesloe-Schlutup, Schlutup-Schwarzmühlen, Schwarzmühlen-Lauen, Lauen-Bardowiek, Bardowiek-Palingen und Palingen-Brandenbaum begrenzt wird, den Bewohnern des hiesigen Fürstenthums zu den gedachten Zeiten bei Strafe verboten.
           Schöneberg, den 17. Juli 1890.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
I. V.: H. Spieckermann.
                                                    Koeppen.


Der Werth Helgolands.

Wohl selten sind die Meinungen von Autoritäten desselben Faches über eine Sache so getheilt gewesen, wie über den militärischen Werth der Insel Helgoland. Nach dem Contreadmiral a. D. B. v. Werner hat nunmehr im "Daheim" der Contreadmiral a. D. Reinhold v. Werner die Frage beleuchtet und fast das Gegentheil von dem ausgesprochen, was sein Namensvetter und College als seine auf Theorie und Praxis gegründete Ansicht hingestellt hat. Nach Reinhold v. Werners Ansicht wiegt der Besitz von Helgoland für Deutschland nicht nur die preisgegebenen Colonialländer vollständig auf, sondern er ist noch bedeutend mehr werth. "Helgoland ist der Schlüssel nicht allein zu unseren beiden deutschen Hauptströmen und wichtigsten Seehandelsstraßen, Elbe und Weser, sondern auch die Schutzwehr und der Brückenkopf für Jade, Ems und Eider, mithin für unsere gesammte deutsche Nordseeküste, und sichert uns die Herrschaft über deren Zugänge. Ihr Besitz macht eine Blokade so schwierig, daß sie in Zukunft so ziemlich zu den Unmöglichkeiten rechnen wird, und setzt uns in den Stand, unsere Flotte nicht in der Weise vergrößern zu müssen, wie dies trotz aller Bedenken nöthig sein würde, wenn wir in einem Krieg mit Frankreich oder einer französisch=russischen Coalition gezwungen würden, deren Flotten aus unserer Nordsee zurückzuschlagen. Frankreichs Seemacht ist der unseren dreifach überlegen, und wenn letztere auch ausreicht, unsere Kriegshäfen und die eigentliche Küste völlig zu sichern, so würden wir eine Blokade und Unterbindung unseres Seehandels nicht hindern können, so lange Helgoland nicht in unserem Besitz ist. Um eine solche drohende Schädigung abzuwehren, müßten wir angriffsweise vorgehen können und wären trotz aller entgegenstehenden Bedenken und der schweren Ausgaben für die Armee nicht darum gekommen, unsere Flotte um 10 bis 15 schwere Schlachtschiffe zu vermehren. Bedenkt man, daß nur die einmalige Anschaffung eines solchen modernen Schiffes 10 bis 12 Mill. beansprucht, und dann die entsprechende jährliche Vergrößerung des Flottenbudgets dazu tritt, so wird sich ein Jeder leicht berechnen können, welche gewaltigen Summen dem Lande erspart werden, wenn eine solche Vermehrung nicht stattzufinden braucht." Der Verfasser führt dann aus, daß diese Schlachtschiffe höchstens für 10 bis 12 Tage Kohlen zu fassen vermögen; sie müssen daher von Zeit zu Zeit ihre Vorräthe ergänzen, dazu aber einen gegen Seegang geschützten Ankerplatz haben, da die Nordsee stets so bewegt ist, daß die Kohlenschiffe nicht an die Panzerschiffe anlegen können. Einen solchen Platz gebe es aber an unserer ganzen Nordseeküste nur einen, der sich bei verhältnißmäßig gutem Wetter dazu eigne und zwar südöstlich von Helgoland unter dem Schutz der Insel. Im Jahr 1870 konnten die Franzosen die Insel ungehindert benutzen. Das ist jetzt vorbei. Jener Ankerplatz könne von dem hohen Ufer der Insel so wirksam unter Feuer gehalten werden, daß eine Annäherung auch der schwersten Panzerschiffe wegen der ihnen drohenden Senkschüsse aus den gewaltigen modernen Geschützen ganz unmöglich wird, während andererseits unsere eigenen Schiffe und Torpedoboote sie auch außerhalb der Schußweite der Insel umschwärmen und sie zu keiner wenn auch noch so geringen Kohlenergänzung kommen lassen würden. Fortan müsse, um eine wirksame Blokade zu unterhalten, die französische Flotte nach 7 Tagen nach Frankreich zurückkehren und durch eine gleich starke sich ablösen lassen. Auch reiche nunmehr die deutsche Flotte hin, um eine Landung unmöglich zu machen, und da in der Ostsee die Chancen nicht günstiger liegen, weil der Feind ohne wirksame Blokade der Nordsee unsere Jadeflotte im Rücken habe, und wir ihm alle rückgängigen Verbindungen abschneiden und nach Fertigstellung des Nord=Ostseekanals innerhalb 24 Stunden unsere gesammte Flotte entgegenstellen könnten, so brauchten wir die französische Flotte trotz ihrer numerischen Ueberlegenheit jetzt wenig zu fürchten. Allerdings ist nach Ansicht des Verfassers eine starke Befestigung der Insel Helgoland erforderlich und daß diese viel, viel Geld kosten würde, darüber sind Alle, Fachleute und Laien, vollkommen einig.


Der Kaiser verlieh den Schwarzen Adler=Orden dem Prinzen Christian von Dänemark und dem Prinzen Eugen von Schweden.

[ => Original lesen: 1890 Nr. 55 Seite 2]

Staatssekretär v. Bötticher theilte dieser Tage mit, daß die Uebergabe von Helgoland an Deutschland ohne besondere Feierlichkeiten vor sich gehen werde. Der Kaiser werde in keinem Falle anwesend sein, Prinz Heinrich von Preußen nur bei Gegenwart eines englischen Prinzen.
Beim Reichscommissar Major v. Wißmann, zur Zeit in Lauterberg a. H. wurde Gelenkrheumatismus constatirt.
In der zweiten Hälfte August soll eine Zusammenkunft der Leiter der deutschen und österreichischen auswärtigen Politik, des Reichskanzlers von Caprivi und des Grafen Kalnoky, stattfinden. Der Zusammenkunftsort ist noch nicht bestimmt.
Der österreichische Studentenverein, der an der Wiener Universität eine bedeutende Rolle gespielt hat, ist wegen seiner Übergriffe auf das politische Gebiete behördlich aufgelöst worden.
Die Nachricht, in diesem Monat würde das gegen Oesterreich=Ungarn gerichtete Schweineeinfuhr=Verbot aufgehoben werden, wird für unrichtig erklärt.
Das russische Kaiserpaar wird im September auf sechs Wochen nach Schloß Fredensborg in Dänemark gehen.
Die russische Regierung unterdrückte den bekannten deutschen Gesangverein in Helsingfors. Es ist das eine weitere Maßregel zur Russifizierung.
Die russische Regierung hat bei der Waffenfabrik in St. Etienne in Frankreich 500 000 kleinkalibrige Gewehre in Auftrag gegeben. Hoffentlich wird die Anleihe, die zur Bezahlung der Rechnung nöthig sein wird, ebenfalls in Frankreich aufgenommen.
In Sofia war dieser Tage um den Baum, an welchem Major Panitza erschossen worden ist, ein Leinwandstreifen gebunden, welcher in großen rothen Buchstaben die bulgarische Aufschrift trug: "Schlafe in Frieden, treuer Kamerad Panitza, hier wird das Grab Ferdinands im Jahre 1890 stehen." Ein Soldat soll das Band gefunden haben.
Das englische Oberhaus hat die Helgoland=Bill in dritter Lesung genehmigt.


- Schönberg. Ein heftiges Gewitter entlud sich am 15. Juli nach einem sehr heißen Tage Abends über unserer Gegend, Blitze durchzuckten den ganzen Horizont und der Donner rollte so gewaltig, als sollte Alles in Trümmer gehen. Dabei goß der Regen in Strömen nieder. Glücklicherweise scheint unser Fürstenthum vor Schaden bewahrt zu sein, aber in den angrenzenden Bezirken waren Feuerscheine zu sehen. Mitternacht war bereits vorüber, als endlich Ruhe eintrat. Von Feuerschäden erfahren wir, daß in Köchelsdorf bei Rehna ein Bauernhaus eingeäschert ist. In Ratekau und Laschendorf sind Bauerngehöfte niedergebrannt, in Moisling brannte das Haus des Krämers Schmidt und im Fürstenthum Lübeck sollen vier Feuersbrünste beobachtet worden sein. - Nachmittags, also vor dem Gewitter, brannte in Strohkirchen bei Rehna eine Scheune und das Viehhaus des dortigen Pachthofes nieder. Die Entstehungsursache ist noch unbekannt.
- Schönberg. Ein Hühnerzüchter auf Schönberger Amtsgebiet fand, als er kürzlich die von seinen Hühnern gelegten Eier aus dem Neste nehmen wollte, unter denselben ein solches mit weicher Schale, ein sogen. Windei, welches geplatzt und dem ein etwa 1/3 Meter langer Bandwurm entkrochen war. Der Wurm war am Kopfe ca. 1 1/2 cm dick und lief nach dem Schwanze hin spitz zu. In dem betreffenden Ei befindet sich thatsächlich nichts weiter als der Wurm, der, als er am Abend gezeigt wurde, noch lebte.
- Schönberg. Am 15. Juli waren es 100 Jahre, daß die Verwaltung der Domaine Selmsdorf sich in den Händen der Familie Breuel befindet. Dies ist im Fürstenthum Ratzeburg der erste Fall einer solchen Säcularfeier. Der jetzige Pächter beging den Tag festlich mit seinen näheren Verwandten und gedachte in Dankbarkeit zuerst seines allergnädigsten Landesherrn, Allerhöchstwelcher der Familie einen so langen Wohnort ermöglichte. Die 50jährige Feier der Verwaltung von Hof Selmsdorf durch die Familie Breuel wurde am 15. Juli 1840 ebenfalls festlich begangen. Der damalige Pastor Rußwurm zu Selmsdorf feierte den Tag durch ein Gedicht, welches in der Nummer 30 des Jahrgangs 1840 der Wöchentlichen Anzeigen wiedergegeben ist.
- Dieser Tage wurden vier zweijährige Füllen in der Koppel des Gutes Ivenack bei Stavenhagen durch ruchlose Hand mittelst Messerstiche arg verletzt.
- An der Berliner Universität sind in diesem Halbjahr 154 Studenten, darunter 67 Ausländer, wegen Unfleißes gestrichen worden, - eine auffallend hohe Ziffer. Die meisten Faulpelze "studieren" Philosophie.
- Der erste Hauptgewinn der Schloßfreiheit=Lotterie in Höhe von 600 000 Mk. fiel in die Listen der Deutschen Bank. Der glückliche Gewinner ist der Bankier Müller von der Firma A. H. Müller in Nordheim. Dieser beneidenswerthe scheint ganz besonders vom Glücke begünstigt zu sein; er hat schon in der ersten Classe der Schloßfreiheit=Lotterie 30 000 Mark gewonnen und dann ein Ersatzloos genommen, welchem nun der Haupttreffer zugefallen ist.
- Bald werden die Spitzen der sozialdemokratischen Partei ständig in Berlin vereinigt sein. Auch Bebel siedelt dorthin über und hat bereits in Schöneberg eine Wohnung gemiethet.
- Alles tagt! Auch die deutschen Hebammen wollen tagen und zwar den 22. und 23. September in Berlin.
- Eine gräßliche Blutthat verübte in der Nacht zum Sonntag der Steindrucker Otto Frucht in Berlin. Derselbe gehörte dem Verein "Kornblume" an, welcher am Sonnabend abend eine Festlichkeit veranstaltet hatte. An dieser Feier nahm u. a. auch der 21jährige Posthilfsbote Willy Bartsch und ein 18jähriger junger Mann namens Schulze theil. Die letzteren beiden verließen nach Mitternacht das Festlokal und begaben sich nach Hause. Vor dem Hause trafen beide den Steindrucker Frucht mit mehreren Bekannten, unter denen sich auch einige Mädchen befanden. Eines der letzteren stieß Bartsch unabsichtlich an, worauf er, obgleich er sofort um Entschuldigung bat, von Frucht einen heftigen Faustschlag erhielt, der ihn sofort zu Boden streckte. Sodann zog Frucht ein Messet und stieß dasselbe dem völlig unbetheiligten Bartsch in das Genick, sodaß dieser, tödlich getroffen, zusammenbrach. Jetzt kam der wüthende Messerheld zur Besinnung - er ergriff schleunigst die Flucht. Als die Verfolger ihm dicht auf den Fersen waren, drehte sich Frucht plötzlich um und streckte auch den Schulze durch einen Messerstich nieder. Sodann flüchtete er in ein Haus, aus welchem ihn herbeigerufene Schutzleute herausholten. Bartsch gab auf dem Wege zur nächsten Sanitätswache seinen Geist auf; Schulze, welcher nur leichter verletzt ist, wurde zur Charité gebracht. Der Mörder, welcher total betrunken gewesen sein will, wurde in das Moabiter Untersuchungs=Gefängniß eingeliefert.
- Auf dem Hofe des Zellengefängnisses Plötzensee bei Berlin fand am Montag früh 7 Uhr die Enthauptung des Dienstknechtes Wilhelm Kunisch statt, welcher am 24. December 1889 einen Kutscher Friedrich Lust ermordet hatte. Die Hinrichtung wurde durch den Scharfrichter Reindel vollzogen. Der Delinquent zitterte ersichtlich, als er den Richthof betrat.
- Die Mehreinnahme Preußens aus der Forst= und Bergwerksverwaltung, sowie aus den direkten Steuern im Rechnungsjahre 1889/90 betragen zusammen 25 Millionen, der Ueberschuß der ganzen Finanzgebahrung während des gedachten Rechnungsjahres beträgt gegen 97 Millionen. An die Kreise gelangen 47 Millionen zur Vertheilung.
- Die Ernteaussichten in Preußen sind nach der die eingehenderen Mittheilungen des "Reichsanzeigers" beschließenden Uebersicht aller Fruchtgattungen bis jetzt im Allgemeinen als günstige zu bezeichnen, sofern nicht andauerndes Regenwetter weitere Schädigungen, hervorbringen wird. Unter letzterer Voraussetzung erscheint bei dem Getreide neben einem mittleren Körnerertrag durchweg ein reichlicher Strohertrag gesichert.
- Die öffentliche Trauung Stanleys mit Frl. Tennant hat am Sonnabend in der Westminster=

[ => Original lesen: 1890 Nr. 55 Seite 3]

Abtei stattgefunden und dank der Reclame, welche dem feierlichen Act vorangegangen ist, fast ebensoviel Aufsehen erregte wie eine Königskrönung. Es ist gewiß auch nichts Gewöhnliches, jenen Burschen aus Wales, der vor 40 Jahren nach Amerika auswanderte, um, mit wenigen Groschen in der Tasche, in der neuen Welt sein Glück zu versuchen, vor den Altar von Westminster inmitten der vornehmsten Gesellschaft wiederzufinden. Das Interessanteste bei der Sache ist, daß in der Abtei zum ersten Mal der Hochzeitsphonograph fungirt hat. So werden die Menschenstimmen und Orgeltöne, welche diese denkwürdige Feier verherrlicht haben, später einmal den Neugierigen produzirt werden können, wenn Könige und Krämer dieser Tage längst stumm geworden sind. Oder wenn eines von den Ehegatten nicht pariren will, braucht der verletzte Theil von dem Phonographen nur das verhängnißvolle "Ja!" ertönen zu lassen, um das Andere an die Erfüllung der übernommenen heiligen Pflichten zu erinnern. - Die Königin Victoria hat Stanley in Anerkennung seiner Verdienste als Afrikaforscher ihr Miniaturporträt in Brillanten verliehen.


Farbige Seidenstoffe v. 95 Pfg. bis 12,55 p. Met. - glatt, gestreift, karrirt u. gemustert (ca. 2500 versch. Farben u. Dessins) - vers. roben und stückweise porto= und zollfrei das Fabrik Dépôt G. Henneberg, (K. u. K. Hofl.) Zürich. Muster umgehend. Briefe kosten 20 Pf. Porto.


Anzeigen.

Auf Antrag der Erben des Müllers Jochen Hinrich Krickhuhn zu Selmsdorf werden alle diejenigen, welche noch Ansprüche oder Forderungen an dem Nachlaß des Verstorbenen zu haben glauben, hiermit aufgefordert, solche in dem auf

Sonnabend, den 26. Juli d. Js.,
Vormittage 10 Uhr,

vor dem unterzeichneten Gerichte angesetzten Liquidationstermine anzumelden und zu bescheinigen, widrigenfalls dieselben mit ihren Ansprüchen und Forderungen an den Nachlaß ein für alle Mal abgewiesen werden.
Schönberg, den 24. April 1890.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
                                                    E. Breuel, Act.


Wider den flüchtig gewordenen Arbeiter Johann Gogel aus Kwalieben, welcher dringend verdächtig ist, am 16. März d. Js. zu Walksfelde ein Paar hohe Stiefel gestohlen zu haben, ist der richterliche Haftbefehl erlassen. Ich bitte um Vigilanz, event. Festnahme und Benachrichtigung.
Schönberg, den 16. Juli 1890.

Der Amtsanwalt.
H. Fölsch.


Torf=Anweisung.

Diejenigen Leute, welche nach dem Verzeichniß der Schönberger Armenbehörde je 2 Mille Torf zum Fabrikationspreise von den herrschaftlichen Möören erhalten können, haben sich bis zum 1. August die betreffende Anweisung von mir abzuholen.
Schönberg, den 14. Juli 1890.

Der Oberförster.              
C. Hottelet.                


Bekanntmachung.

Die unterzeichnete Kommission macht hiedurch auf die Bestimmungen in den §§. 89 und 91 der Wehr=Ordnung vom 22. November 1888, betreffend die Nachsuchung der Berechtigung zum einjährig=freiwilligen Militärdienste und den Nachweis der dazu erforderlichen wissenschaftlichen Befähigung, mit dem Bemerken aufmerksam, daß die Herbstprüfungen in der zweiten Hälfte des Monats September stattfinden werden, und daß Gesuche um Zulassung zu dieser Prüfung bis zum 1. August d. J. angebracht werden müssen.
Schwerin, den 7. Juli 1890.

Großherzoglich Mecklenb. Prüfungskommission für Einjährig=Freiwillige.


Eisenbahn Großherzoglich Mecklenburgische Friedrich=Franz=Eisenbahn.
Extrafahrt
nach Lübeck zu ermäßigten Fahrpreisen.

In Veranlassung des Lübecker Volksfestes werden am

Sonntag den, 20. Juli d. J.

folgende Sonderzüge abgefertigt:
          Abfahrt von Schwerin 7 Uhr 10 Min. Morgs.
          Abfahrt von Kleinen 7 Uhr 42 Min. Morgs.
          Abfahrt von Bobitz 7 Uhr 56 Min. Morgs.
          Abfahrt von Grevesmühlen 8 Uhr 19 Min. Morgs.
          Abfahrt von Grieben 8 Uhr 32 Min. Morgs.
          Abfahrt von Schönberg 8 Uhr 52 Min. Morgs.
          Abfahrt von Lüdersdorf 9 Uhr 08 Min. Morgs.
          Ankunft in Lübeck 9 Uhr 21 Min. Morgs.
Die Reisenden von Wismar benutzen die fahrplanmäßigen Züge, Abfahrt von Wismar 8 Uhr 25 Min. Vorm., Ankunft in Lübeck 10 Uhr 16 Min. Vorm.
          Abfahrt von Lübeck 9 Uhr 40 Min. Abends.
          Ankunft in Lüdersdorf 9 Uhr 57 Min. Abends.
          Ankunft in Schönberg 10 Uhr 11 Min. Abends.
          Ankunft in Grieben 10 Uhr 29 Min. Abends.
          Ankunft in Grevesmühlen 10 Uhr 41 Min. Abends.
          Ankunft in Bobitz 11 Uhr 10 Min. Abends.
          Ankunft in Kleinen 11 Uhr 24 Min. Abends.
          Ankunft in Schwerin 11 Uhr 58 Min. Abends.
          Ankunft in Wismar 12 Uhr 01 Min. Abends.
Auf den vorgenannten Stationen und Haltestellen werden am 20. Juli d. J. Fahrkarten zur Fahrt nach Lübeck und zurück in II. und III. Wagenclasse zum einfachen Fahrpreise ausgegeben.
Diese Fahrkarten berechtigen zur Hinfahrt nur mittelst des Sonderzuges (von Wismar nach Lübeck jedoch mittelst des vorbezeichneten fahrplanmäßigen Zuges), wogegen die Rückfahrt am 20. Juli nur mit dem Sonderzuge und am 21. Juli d. J. mit allen fahrplanmäßigen Zügen, soweit solche auf den betreffenden Stationen halten, erfolgen kann.
Gepäck wird auf diese Fahrkarten zu ermäßigtem Preise nicht befördert.
Schwerin, den 14. Juli 1890.

Großherzogliche General-Direction.


Verkehrs=Schule
bereitet sicher zu Postgehilfen und Bahnaspiranten vor. Prospekte gratis.
Dir. Schulze, Kellinghusen i/Holst.


Agentur der Mecklenburgischen Bank in Schwerin
für Schönberg und Umgegend. Spar= und Capital-Einlagen werden z. Zt. verzinst:

1. gegen Sparbücher der Bank mit dreieinhalb pro Cent;
2. gegen Schuldverschreibungen der Bank je nach der Kündigungsfrist mit dreieinhalb, zweieinhalb und zwei pro Cent;
3. im Baar=Conto=Corrent mit zwei pro Cent.
Die Bank bewilligt Darlehen gegen genügende Sicherheit und übernimmt Baukcommissionsgeschäfte aller Art zu billigen Bedingungen.

Schönberg i. M.                                                     Wilh. Schrep.


[ => Original lesen: 1890 Nr. 55 Seite 4]

Travemünder Rennen
den 1. und 3. August 1890.
Anfang 3 1/2 Uhr Nachmittags.


Das Sedanfest
wird auch in diesem Jahre in bekannter großartiger Weise in Ratzeburg gefeiert.


Die Stoffe von der Frankfurter Messe sind jetzt angekommen, ich habe sehr vortheilhafte Einkäufe gemacht und bin daraufhin im Stande, die Sachen zu einem sehr billigen Preise herzustellen; auf Wunsch werden Musterkarten frei ins Haus geliefert. Auch halte mein Lager von fertigen Kleidungsstücken bestens empfohlen. Sämmtliche Sachen zeichnen sich durch eleganten Sitz aus.

Schönberg.                                                     Achtungsvoll
                                                                        H. J. Lange Wwe.


Boye's Garten.
Am 22. Juli

Zur Feier des Geburtstages Sr. Königl. Hoheit des Erbgroßherzogs

Grosses
Cavallerie-Concert

ausgeführt von dem auf der Kunstreise befindlichen Trompeterchor des K. S. 1. Husaren=Reg. Nr. 18. aus Großenhein unter Leitung seines Königlichen Musikdirigenten Herrn Alwin Müller.
Specialität: Benutzung der in der Oper "Aida" vorgeschriebenen Originaltrompeten. Märsche, ausgeführt mit den nur bei der Sächsischen Cavallerie geführten Feldtrompeten.

Entrèe 60 Pfg.
Billets im Vorverkauf 50 Pfg.
Anfang 5 1/2 Uhr.

Bei ungünstiger Witterung findet das Concert im Saale statt. Nach dem Concert:

Ball.
Dienstboten ist der Zutritt nicht gestattet.
                                                    Alwin Müller.


Kriegerverein für das Fürstent. Ratzeburg.
III. Allgemeine Versammlung

am Sonntag, dem 27. Juli 1890, Nachmittags 4 Uhr im Vereinslokale.
                        Tagesordnung:
      1) Beschlußfassung über die Feier des diesjährigen Sedanfestes.
      2) Sonstige Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


Arthur Friedländer
Inh.: Otto Oehlrich,
Breitestrasse, Lübeck, Breitestrasse. Spezial=Geschäft für
Strumpf-Waaren
Handschuhe, Unterzeuge.
Specialität: diamantschwarze
Damen- & garant. waschech. Kinderstrümpfe.
Billige Preise!          Gute Waare!
Auswahlsendungen franko.


Trunksucht.

Mittel dagegen sendet gegen M. 3 Dr. Werner=sche Apotheke in Endersbach (Wrttbg.). Unschädlich und leicht zu nehmen. Bestandtheile werden bekannt gegeben. Discretion selbstverständlich. Viele Danksagungen; u. A.: S. bei Osnabrück. Das Mittel gegen Trunksucht hat sich vorzüglich bewährt und möchte ich auch noch für zwei Andere um das Mittel bitten etc. etc.


Fruchtpresse und Bohnenschneider
stehen zum Verleihen bereit bei                                                    
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Eine edle hannoversche Stute hellbraun mit Stern 1,69 m, 2 1/2 Jahr, ist mir zum Verkauf übergeben worden.

                                                    Th. Seemann, Thierarzt.
                                                    Ratzeburg i. Lauenburg.


Gesucht zu sofort oder zum 24. October
ein ordentliches Mädchen.
Brandenbaumb. Lübeck.                                                     A. Jantzen.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 20. Juli.

Frühkirche: fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Kaempffer.
    Amtswoche: Pastor Kaempffer.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
6,55 Vorm. 9,50 Vorm. 3,21 Nachm. 7,19 Abends. 11,12 Nachts.
Nach Kleinen:
7,51 Morg. 10,13 Vorm. 12,51 Nachm. 5,29 Nachm. 8,48 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und ein Illustrirtes Beiblatt Nr. 29.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1890 Nr. 55 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 55 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 18. Juli 1890.


- Ein nettes Zigeunerstückchen wird aus Wembach bei Darmstadt gemeldet. Der dortige Oberförster fand eines Tages den im Walde belegenen herrschaftlichen "Gabelteich" abgelassen und seines ganzen Besatzes (ca. ein Ctr. Edelkarpfen) beraubt; der Zapfen war mit Werkzeugen geöffnet worden und wieder geschlossen. Der Verdacht lenkte sich auf eine Zigeunerbande, die sich zur kritischen Zeit durch Wembach und Hahn bewegt hatte. Die schwarze Gesellschaft wurde verfolgt, an einem ihrer Lagerplätze im Wald beim Verzehren ihrer Beute erwischt und dem Amtsgericht in Reinheim zur Verwahrung hinter Schloß und Riegel übergeben. Bei der Bande wurden auch Gewehre und Hirschfänger vorgefunden.
- Rotenburg, das Städtlein an der Tauber, präsentirt sich heute noch wie ein Schmuckkästlein aus dem Mittelalter. Es ist das Städtlein, wo alljährlich der berühmte Schwedentrunk des einstigen Bürgermeisters im 30jährigen Krieg gefeiert wird. Ein Stück aus der stürmischen Reichsgeschichte lebt heute noch in der Bauernsprache der Umgegend. Die Bauern sagen "wenzeln" statt schlemmen und faullenzen. Dieses Wort weist auf den faulen König Wenzel zurück, der sich im Jahr 1397 in Rotenburg aufhielt und in dem Schlößchen im Rosenthal "wenzelte".
- Die Ungeheuern Regenmassen, die in den letzten Wochen über den größeren Theil von Europa niedergegangen sind, haben in einzelnen Gegenden, besonders in der Schweiz, in Tirol und Nord=Italien ernste Hochwassergefahr hervorgerufen. Das Wasser des Murflusses ist in Folge des Regens auf drei Meter über Null gestiegen; der Verkehr in den Straßen von Murau ist unterbrochen. Das Wasser der Etsch hat die niedriger gelegenen Straßen von Verona überschwemmt und die Quaianlagen stark beschädigt. Am Sonntag ist in ganz Nordtirol bis weit gegen den Süden hin starker Schneefall, verbunden mit den heftigsten Stürmen, eingetreten. Der Verkehr über den Brenner und Arlberg mußte wegen Schneeverwehungen eingestellt werden. Gastein bot ein vollständiges Winterbild. Die Telegraphenverbindung ist unterbrochen. Nach Branzoll ist Militär abgegangen, um dort bei den Wehrarbeiten Hilfe zu leisten.
- Die allgemeine Volkszählung wird am 1. December d. J. stattfinden. Am Vormittag dieses Tages sollen die Zahlungsformulare durch die Haushaltungsvorstände ausgefüllt werden. Die Einsammlung beginnt mit dem 1. December Mittags und ist überall am 2. December zu beendigen. Zur Zeit der Zählung sollen öffentliche Versammlungen und Feste, Jahrmärkte, Truppenmärsche und Truppenverlegungen, welche den Stand der ortsanwesenden Bevölkerung vorübergehend wesentlich ändern können nicht stattfinden. Als ortsanwesend sind diejenigen Personen zu betrachten, welche in der Nacht von 30. November auf 1. December in den betreffenden Gemeindebezirken oder Wohnplätzen sich aufhalten. Personen, welche in dieser Nacht unterwegs sich befinden, sollen als anwesend verzeichnet werden, wo sie am Vormittag des 1. December anlangen.
- Innsbruck lag am Sonntag in Schnee. Nachts fand ein Gewitter mit Schneefall statt, noch am Vormittag waren 4 Grad R. und Dächer, Gärten, Thal und Berge mit Schnee bedeckt.
- Die Bärenfamilie im Bärengraben zu Bern hat einen Nachwuchs von drei jungen munteren Bären erhalten.
- Erfroren fand man dieser Tage bei Guggisberg (Schweiz) einen alten Mann.
- Ein heftiger Schneefall hat am 13. d. in ganz Nord=Tirol und im Pusterthal stattgefunden. Wegen Schneeverwehungen mußte der Verkehr über Arlberg und den Brenner eingestellt werden. Die Telegraphen=Verbindung ist unterbrochen.
- Wenn auch kein Königreich, wie in Shakespeare, so doch baare 300 000 Francs hat Baron Hirsch in Mailand für ein Pferd, den bekannten Renner "Fritz Hampton", gegeben.
- Die Cholera in Spanien, die überhaupt eine streng localistrte Erscheinung geblieben war, ist im völligen Erlöschen begriffen.
- Vor dem entzückten Theaterpublikum von Newyork läßt sich gegenwärtig eine Sängerin hören, die nicht allein Gold und Silber in der Kehle, sondern Diamanten in den Zähnen hat. Daß die Vertreter und Vertreterinnen amerikanischer Kunst sich ein wenig auf Reklame verstehen, ist ja eine altbekannte Thatsache, neu ist nur das angewandte Mittel, welches vielleicht zu einer Bühnenmode Veranlassung giebt. Unsere Sängerin war in Gefahr, einen ihrer Vorderzähne zu verlieren und begab sich deshalb zum Zahnarzt, welcher durch eine Goldeinfassung den Zahn zu retten suchte. Scherzend machte der Arzt seiner Patientin den Vorschlag, der goldenen Krone einen Diamanten einfügen zu lassen, der sich im funkelnden Lichte der Fußlampen ja herrlich ausnehmen müßte - und zu seiner Ueberraschung ging die Künstlerin auf diesen Vorschlag ein. Mit Geschick wurde dem Goldrand ein ziemlich großer Brillant eingefügt, der am Tage in Folge des undurchsichtigen Hintergrundes nur wenig auffällt, am Abend dagegen, zumal in der hellen Bühnenbeleuchtung erstrahlt. Die während des Singens durch den Stein hervorgerufenen Effekte sollen ganz enorme sein, eine geradezu hypnotisirende Wirkung soll er auf die Zuhörer (oder besser Zuschauer) ausüben, deren Augen ihm wie einem Magneten unablässig folgen. Dieser großartige Erfolg hat die Sängerin zu dem Plan ermuntert, nach und nach ihren sämmtlichen Zähnen Brillanten einfügen zu lassen, so daß das Geschmetter ihrer Nachtigallenkehle von einem immerwährenden Brillantfeuerwerk begleitet sein wird. Sollten die Zahndiamanten übrigens in Mode kommen, so wird die Kritik gezwungen sein, eine blaue Brille zu tragen, damit sie nicht geblendet wird, oder das Feuer der Zähne mit demjenigen der Stimme verwechselt.


Cornelie.
Norwegische Novelle von Carl Cassau.
                                                    Fortsetzung.                                                    (Nachdruck verboten.)

[ => Original lesen: 1890 Nr. 55 Seite 6]

Cornelie.
Norwegische Novelle von Carl Cassau.
[Fortsetzung.]


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