[ => Original lesen: 1889 Nr. 56 Seite 1] Kaiser Wilhelm ist auf seiner norwegischen Reise in Molde am Moldejord ankommen. An Bord der Hohenzollern ist alles wohl.
Kaiser Wilhelm ist Sonnabend Nachmittag 5 1/2 Uhr von Molde direkt nach Trondjem abgereist.
Norwegische Blätter hatten berichtet, Kaiser Wilhelm sei am Buargletscher in nicht geringer Gefahr gewesen, indem ein großer Eisblock dicht bei ihm niederfiel; ein kleineres Stück traf seine Schulter. Die Gefahr ist wohl übertrieben. In dem amtlichen Bericht im deutschen Reichsanzeiger hieß es nur, es seien Eismassen mit heftigem Getöse in den See gestürzt.
Wie norwegische Blätter berichteten, hat die Regierung in Christiania angeordnet, daß dem deutschen Kaiser für seine Depeschen Gebührenfreiheit gewährt werde.
Es steht fest, daß Kaiser Wilhelm mit seiner Gemahlin an den Hochzeitsfeierlichkeiten des Kronprinzen von Griechenland in Athen theilnehmen wird. Auch soll nicht ausgeschlossen sein, daß an den Besuch von Athen sich ein solcher von Konstantinopel anschließt.
Zu den großen Kaisermanövern in Hannover und Westfalen, bei welchem auch die Kaiserin zugegen sein wird, erwartet man die Anwesenheit zahlreicher fürstlicher Gäste. Außer dem König von Sachsen werden ein österreichischer Erzherzog, ein bayerischer Prinz und zahlreiche andere Fürstlichkeiten Gäste des Kaisers sein.
In Hannover haben die städtischen Kollegien zum Empfang des Kaisers 84 000 Mk. ohne Debatte bewilligt. Vor der Berathung dieser Angelegenheit hatten sich einige von den zur welfischen Partei gehörenden Bürgervorstehern aus dem Sitzungssaale entfernt.
In militärischen Kreisen verlautet, daß demnächst die ganze Cavallerie der preußischen Armee mit Lanzen bewaffnet werden soll.
- Wie aus Lindau am Bodensee und ebenso aus Friedrichshafen in Württemberg berichtet wird, haben die süddeutschen Zollbehörden die Weisung erhalten, die aus der Schweiz kommenden Reisenden schärfer zu kontrollieren. Es scheint nicht Uebereifer einzelner Beamten vorzuliegen, sondern auf Befragen wurde erklärt, daß Anordnungen auf schärfste Kontrolle gegen die Schweiz seit zwei Tagen aus München ergangen seien. Man wird nicht fehl gehen, hierin eine gegen die Schweiz gerichtete und von der Reichsregierung anbefohlene Maßnahme zu erblicken, wie ja auch die letzte der bis jetzt veröffentlichten deutschen Noten die Möglichkeit solcher Schritte in Aussicht gestellt hat. Daß die drei süddeutschen Staaten, Bayern, Württemberg, Baden, Von dieser Verschärfung der Kontrolle gegen Provenienzen aus der Schweiz wirthschaftliche Nachtheile haben werden, unterliegt keinem Zweifel.
Der Beginn der nächsten Reichstagssession wird für Ende Oktober als wahrscheinlich bezeichnet. Der Bundesrath wird gegen Ende September wieder zusammenkommen und dann sofort in die Berathung der Frage des Ersatzes für das Sozialistengesetz eintreten.
Von dem Gegenbesuch des Zaren am Hof in Berlin ist es jetzt ganz still geworden. Es scheint, daß man die neulich gebrachte offiziöse Darlegung der "Kölnischen Zeitung", derzufolge der Besuch unmöglich anders als in Berlin erfolgen könne, in St. Petersburg verstanden hat. Da der Zar durchaus keine Neigung zu haben scheint, die deutsche Reichshauptstadt mir seinem Besuch zu beehren, so wird aus einer Zusammenkunft der beiden Kaiser in diesem Jahr wohl nichts mehr werden. In deutschen dem Hof nahestehenden Kreisen wird das bereits als sicher angesehen.
Der Kampf gegen das Deutschtum in den Ostsee=Provinzen wird mit ebensoviel System wie Schärfe fortgesetzt. Neuerdings hat die russische Regierung wieder die Auflösung des seit mehr als 60 Jahren von der Krone unterhaltenen deutschen Lehrerseminars verfügt. In diesen Tagen hat die Entlassung der letzten Zöglinge stattgefunden und die Anstalt ist für immer geschlossen worden.
Die russische Kaiseryacht "Zarewna", an deren Bord sich die kaiserliche Familie befindet, war nach den in Petersburg eingegangenen Nachrichten vor Abo vor Anker gegangen und sollte von da den Cours nach Osten nehmen. Der Zar soll beabsichtigen, Anfangs August bei Kronstadt eine Flottenschau über sämmtliche Panzerschiffe und Kanonenboote des Baltischen Meeres abzuhalten.
Der russische Kriegsminister hat sich nunmehr für die Einführung eines kleinkalibrigen Magazingewehres entschieden. Die Anfertigung der Gewehre, die möglichst beschleunigt werden soll, ist russischen und französischen Fabriken übertragen worden.
Ein Artikel der Kölnischen Zeitung spricht sich neuerdings mißbilligend über das gemeinsame Verweilen des russischen und französischen Kriegsministers im selben Gasthof zu Vichy aus. Man habe, führt das Blatt aus, sich sicher über wichtigere Dinge unterhalten als über vichyer Tageschronik. Das Werben der Franzosen um russische Gunst scheine nicht ganz ohne Erhörung zu bleiben. Die Verhandlungen der beiden Kriegsminister bezögen sich jedenfalls auf den Beiden unbequemen Nachbarn. Wie wohlbegründet seien die beharrlichen Warnungen vor Betheiligung Deutschlands an Geldgeschäften gewesen, die nur auf Stärkung der russischen Kriegslust und auf Bedrohung des europäischen Friedens ausgehen könnten.
"Frankreich ist kriegsbereit!" Unter dieser Aufschrift hat die römische "Opinione", ein sonst gemäßigtes, ernstes Blatt, am Donnerstag einen Aufsehen erregenden Artikel gebracht über Rüstungen im französischen Grenzgebiet. Danach ist alles soweit vorbereitet, daß Frankreich unverzüglich einen Krieg eröffnen könnte. Die Festungen seien stark besetzt und ausgerüstet, die Eisenbahnzüge für die Beförderung von Artillerie seien stets in voller Ord=
[ => Original lesen: 1889 Nr. 56 Seite 2]nung, mit reichhaltigem rollendem Material und Lokomotiven in Reserve; auch seien in den letzten Tagen bereits Instruktionen für Truppentransporte im Kriegsfall vertheilt worden.
Hauptmann Wißmann hat den befestigten Küstenort Pangani rasch und ohne Verlust in seinen Besitz gebracht. Die Stellung der Araber wurde durch ein Bombardement der Küstengeschütze erschüttert, und dann drangen die schwarzen Soldaten Wißmanns rasch vor und vertrieben die Aufständischen. Die letzteren haben ohne weiteren Widerstand den Rückzug angetreten.
- Der heutigen Nummer unserer Zeitung liegt ein Prospekt über das bekannte Kochbuch von Henriette Davidis bei, auf den wir besonders die geehrten Leserinnen hiermit aufmerksam machen. Davidis Kochbuch kann als billiges und praktisches Hilfsmittel für die Küche aller Frauen und Köchinnen nicht warm genug empfohlen werden und wird namentlich für die jetzt beginnende Einmachezeit jeder Haushaltung unentbehrlich sein.
- Kaiser Wilhelm ist nach der kürzlich erschienenen Anciennitätsliste Chef bezw. Inhaber folgender 12 Regimenter: Königlich preußisches 1. Garde=Regiment zu Fuß, Regiment der Gardes du Corps, Leib=Garde=Husaren=Regiment, 1. Garde=Feld=Artillerie=Regment, königl. bayerisches erstes Ulanen=Regiment Kaiser Wilhelm II., König von Preußen, königl. sächsisches 2. Grenadier=Regiment Nr. 101 Kaiser Wilhelm, König von Preußen, königl. württembergisches Infanterie=Regiment Kaiser Wilhelm, König von Preußen (2. württembergisches) Nr. 120, kaiserlich österreichisch=ungarisches Infanterie=Regiment Nr. 34 Wilhelm I., deutscher Kaiser, König von Preußen, ungarischer Husaren=Regiment Nr. 7 Wilhelm, deutscher Kaiser, König von Preußen, russisches Petersburger Garde=Grenadier=Regiment König Friedrich Wilhelm III. von Preußen, kaiserl. russ. 85. Infanterie=Regiment Wyborg, Kaiser Wilhelm, König von Preußen und königl. portugiesisches 4. Kavallerie=Regiment. Ferner wird der Kaiser noch à la suite der schwedischen und norwegischen Marine geführt.
- Ein verbessertes Pulver hat man für die deutsche Artillerie zusammengestellt. Aus diesem Anlaß ist der bekannte Chemiker Professor Scheibler zum Geheimen Ober=Regierungsrath ernannt worden, und ein Offizier hat eine namhafte Dotation als Staatsbelohnung erhalten.
- Eine Reise nach Ostafrika haben die Gebr. Emil und August Lassen in Hamburg unternommen, nachdem dieselben ca. 1/4 Jahr im Hamburger Krankenhause und in Kiel Unterricht in der Chirurgie und Krankenpflege genommen und eine Zeit lang das orientalische Seminar in Berlin besucht haben, um Unterweisungen in der arabischen und Sohalisprache zu erhalten. Jetzt haben beide, mit sechs Feldapotheken und Verbandkasten ausgestattet, ihre Reise über London nach Sansibar angetreten, von wo sie dem Wißmann'schen Korps zugetheilt werden sollen.
- In Berlin hat jemand anonym dem Magistrat 300 Mk. als Zuschuß zu seiner Einkommensteuer, die ihm zu mäßig erscheint, eingesandt. Der Mann sollte sich für Geld sehen lassen.
- Der Schah von Persien hat bei seiner Abreise in Berlin dem Magistrat zur Verwendung für Armenzwecke 1000 Mark übersandt.
- Die oft gerügte Unsitte, Säuglinge zur Beruhigung einen Gummipfropfen in den Mund zu stecken, hat wiederum den Tod eines 1jährigen Kindes in Berlin herbeigeführt.
- Der Scharfrichter Krauts ist seines Amtes enthoben! Am Montag Mittag war er nach dem Kammergericht in Berlin beschieden worden, wo ihm der Oberstaatsanwalt v. Luck eröffnete, daß man vorläufig von seiner Thätigkeit als Scharfrichter absehen und einen anderen Scharfrichter anstellen werde. Krauts erklärte, daß er dies erwartet habe, und antwortete auf die Frage des Staatsanwalts v. Luck, was er nunmehr zu beginnen gedenke, daß er die Absicht habe, in Berlin eine Gastwirthschaft zu eröffnen.
- Die aus dem Prozeß Graef bekannte Frau Bertha Rother, die es in ihrem wechselvollen Dasein vom Modell über die Bühne zur Rittergutsbesitzerin gebracht hatte, ist wieder zu dauerndem Aufenthalt nach Berlin zurückgekehrt. Sie hat ihren Landbesitz in Mecklenburg veräußert und die unansehnliche Wohnung, die sie in der Neuen Schönhauserstraße bezogen hat, läßt darauf schließen, daß von den Glücksgütern der Dame nicht viel übrig geblieben ist.
- Unsere Jäger bemühen sich, der "Kiel. Ztg." zufolge, seit einiger Zeit mit Nachforschungen über den Verbleib des Steppenhuhns in hiesiger Gegend. Voriges Jahr nistete der fremde Vogel mehrfach auf verschiedenen Feldmarken und hielt sich hier bis zum Spätherbst hinein. Der Winter scheint indes die Thiere fortgetrieben oder auch getödtet zu haben. Alle Untersuchungen haben, wie von Jagdkundigen gemeldet worden, diesen Sommer noch kein einziges Exemplar des Vogels sehen lassen. Man nimmt an, daß die gewünschte Acclimatisirung vollständig mißlungen ist und bedauert, im Vorjahre den Fremdling nicht als Jagdbeute ausgenutzt zu haben.
- Es war bisher zweifelhaft, ob die sogenannte südliche Linie des Nord=Ostsee=Kanals bei Rendsburg vorübergeführt werden würde. Nunmehr ist diese Frage bejahend entschieden und mit den erforderlichen Vorbereitungen zum Bau dieser Kanallinie begonnen worden.
- Deutschland giebt bekanntlich jährlich 430 Millionen Mark für sein Militär aus - aber nicht viel weniger giebt es für alkoholische Getränke aus, nämlich jährlich 406 Millionen Mark! - Die Statistik lehrt ferner, daß 30 Procent aller Geisteskranken, 50 Procent aller Verarmten und 70 Procent aller Verbrecher Trinker sind.
- Das altehrwürdige Rochuskirchlein auf dem Rochusberg a/Rh. ist abgebrannt. Die Entstehungsursache ist vermutlich Blitzschlag. Die innere Einrichtung konnte nahezu sämtlich gerettet werden.
Bei einem in Posen zwischen Arbeitern entstandenen Streit wurde einem der Betheiligten, einem Böttchergesellen der Hals dermaßen durchschnitten, daß der Tod auf der Stelle eintrat.
- Dem Diakonissenhaus in Augsburg hat eine Gräfin von Ponteil eine Million Mark vermacht.
- Hauptmann Meyer von Schauensee, der sich in Ingolstadt, wie mitgetheilt, vor der Front seiner Companie erschoß, soll morphiumsüchtig gewesen sein und an hochgradiger Nervösität gelitten haben.
- Der älteste Sohn des bekannten Bierbrauers Anton Dreher in Wien wurde wegen Religionsstörung zu drei Monaten schweren Kerkers verurtheilt.
- Ein Lotteriegewinn nimmt in Oesterreich augenblicklich das allergrößte Interesse in Anspruch, alle sonstigen Tagesereignisse erscheinen in zweite Linie gerückt. Freilich handelt es sich um einen Treffer, wie er seit dem Bestehen des kleinen Lottos überhaupt noch nicht erzielt worden ist, und welcher die österreichischen Finanzen bereits einigermaßen unangenehm berührt. Am Sonnabend hat der Kaufmann Farkas aus Pest bei der kleinen Lottoziehung aus Temesvar auf je 5 Nummern Terno=Secco in zehn Spielen, die Spielreihe zu zehn Gulden, gesetzt; durch ein eigenthümliches Walten Fortunas wurde diese Kombination aus den 99 Nummern des Lottos in der nothwendigen Reihenfolge thatsächlich gezogen und, da die Auszahlung 4800fach erfolgt, heimst der glückliche Gewinner für seinen Einsatz von 100 Gulden einen Gesammtgewinn von 480 000 Gulden ein! Sämmtliche Lotterieschwestern sind in wilder Aufregung. Uebrigens sind über diesen Gewinn sonderbare Gerüchte in Temesvar verbreitet, da der zur Ziehung bestimmt gewesene Waisenknabe Julius Nizifor fortgeschickt wurde und ein anderer die Gewinnnummern zog.
- Ein am Sonntag in Bern von sämtlichen Arbeitervereinen veranstaltetes Waldfest nahm den Charakter einer politischen Kundgebung an, welche in geschmacklosen Abbildungen, die dem Zuge vorangetragen wurden, sich gegen die eidgenössische Generalanwaltschaft und die deutschen Regierungspreßorgane richtete.
- Zu den unvermeidlichen Hundstagserscheinungen gehört die Cholera. Das asiatische Gespenst
[ => Original lesen: 1889 Nr. 56 Seite 3]pflegt alljährlich um diese Zeit in Europa aufzutauchen und gewöhnlich sind es die unsauberen Hafenstädte Südfrankreichs, Toulon und Marseille, die dasselbe zuerst beherbergen. Auch diesmal kommt die erste Choleranachricht wieder aus Marseille, wo am Donnerstag offiziell gemeldet worden ist, daß auf dem Postdampfer "Caledonien", der mit 177 Passagieren von Singapore in Marseille eingetroffen ist, unterwegs zwei Passagiere an der Cholera gestorben sind. Das Schiff liegt unter Quarantäne und wird auf das Strengste überwacht.
- Der Großindustrieelle Solbay vermachte der Brüsseler Universität eine Million zur Gründung eines naturwissenschaftlichen Instituts.
- Aus Etienne, dem Schauplatz des großen Grubenunglücks, wo die Zahl der umgekommenen Bergleute nunmehr auf 208 festgestellt ist, wird noch berichtet: Die Luft im Schacht, aus welchem die Leichen heraufgeschafft werden, ist verpestet, da die Körper zum Theil schon in Verwesung übergegangen sind. Die Arbeiter müssen sich sehr häufig ablösen. Die Todten werden sofort auf der Schachtsohle in die Särge gebettet, da sie anders nicht an die Oberfläche befördert werden können. Die Volksmenge verlangte die Leichen zu sehen und man hob auch von einigen Särgen die Deckel empor, aber die Leute wichen entsetzt zurück, als sie die fürchterlich entstellten Körper sahen.
- Eine große Panik war am Dienstag im Londoner Justizpalast entstanden. Die "Evening News", welche vor einigen Tagen die schaudererregenden Enthüllungen oder vielmehr Renommistereien des Nihilisten Hartmann gebracht hat, veröffentlichte am Dienstag einen anonymen Brief, worin ein "Dynamiter" mittheilt, er werde bis zum Erscheinen des Briefes im Justizpalast vier Höllenmaschinen legen, deren Uhrwerk auf ein Uhr zum Abfeuern gestellt sein werde. Das Blatt war kaum ausgegeben, als das Publikum aus allen Gerichtssälen flüchtete. Die Polizei fand auch richtig vier Höllenmaschinen, die vorsichtig entfernt wurden. In einer späteren Ausgabe veröffentlichte das genannte Blatt einen weiteren Brief, in dem der Schreiber erklärt, die Maschinen wären nur mit Sand gefüllt und er hätte nur zeigen wollen, wie leicht ein wirkliches Dynamitattentat auszuführen sei. Merkwürdigerweise verweigert die Polizei, deren ohnehin geringes Ansehen durch dieses Vorkommniß aufs Neue beeinträchtigt wird, jede Auskunft und bestärkt so den Glauben, daß es sich um ein wirkliches Attentat handle.
- Eine Riesenlampe, das stärkste Einzellicht der Welt, ist auf dem vor Kurzem aufgerichteten Leuchtthurm von Hanftholm (auf einem Hügel an der Küste Jütlands) aufgestellt worden. Zwei Dampfmaschinen von je 45 Pferdekräften dienen zum Betrieb zweier magnet.=elektrischer Maschinen, die die Wechselströme zum Betrieb der riesigen elektrischen Lampe, welche die Laterne des Leuchtturms enthält, liefern. Die Leuchtkraft des mächtigen Lichtbogens ist auf zwei Millionen Normalkerzen angegeben.
- Schon in den Berichten über den petersburger und berliner Aufenthalt des Schah von Persien, war viel von einem Knaben die Rede, der, in reiche Uniform gekleidet, einen hervorragenden Rang im Gefolge des Perserkönigs einnehme. Auch in London fiel diese eigenthümliche Erscheinung ins Auge, und ein Correspondent der Kölnischen Ztg. schreibt darüber: "Hinter dem Schah stand ein schmächtiger kleiner Kerl mit dunkler Gesichtsfarbe, der sich von einem älteren Perser Auskunft über das Schauspiel vor ihm geben ließ. Seine Uniform glich der des Schah, nur daß sie silber= und nicht goldverbrämt war. Es ist dies der kleine Liebling des Schah, Aziz=us=Sultan, von welchem schon lange die Rede gewesen. Sein Vater ist Kammerherr des Schah, Mirza Mohamed Khan und Bruder einer früheren Sklavin, welche der Schah längst zu seiner Gattin erhoben. Diese Sklavin, die ein Muster aller häuslichen Tugenden sein soll, erwarb sich ihres Herrn besonderes Wohlwollen durch den Eifer, mit welchem sie seiner verlorenen Lieblingskatze nachspürte. So groß war des Schah Liebe für diese Katze, daß er ungefähr 100,000 Mark auf ihr Wiedereinfangen verwendete. Seitdem stieg die Sklavin in seiner Gunst; sie lud ihren Bruder, bis dahin Schäfer in Kurdistan, zu sich ein, und auch er gelangte bald zu hohen Würden; keiner aber brachte es so weit, wie sein Sohn, der kleine Mohamed. Von der Wiege an genoß er die Aufmerksamkeit des Schah, der fast seine eigenen Kinder gegen ihn vernachlässigt, ihn mit einer großen Ehrfurcht behandelt und ihm schon die höchste Würde in seinem Reiche verliehen hat. Der Schah besteht darauf, daß er mit Ehren überall aufgenommen wird und sieht es nicht ungern, wenn ihm fremde Orden zu Theil werden. So weit die Geschichte über den kleinen Mohamed. Gemeiniglich wird er der kleine Spatz genannt zum Unterschied von seinem Vater, dem großen Spatz. Als Letzterer in Teheran zuerst ankam und einen Spatz im Hofe herumhüpfen sah, klatschte er vor Freude in die Hände und rief in seiner kurdischen Sprache aus : "Spatz! Spatz!" und seitdem behielten beide diesen Namen mit Genehmigung des Schah, der bekanntlich ein Freund von Spitznamen ist."
- Der vielgenannte Leibpage des Schah Aziz, ist von der vornehmen Gesellschaft schrecklich verhätschelt worden. Er hat soviel Eis, Chokolade, Bonbons und sonstiges Zeug verschlucken müssen, daß man für seine Verdauung zu besorgen anfing. Zwei Kabinetsminister behaupteten ganz ernsthaft der Liebling des Schah sei ein Frauenzimmer. Beim Gartenfest in Marlborough=House wollte die Königin den Jungen auch sehen; er wurde sofort geholt und der Königin vorgestellt, die ihn mit Zuckerzeug regalirte. Der Prinz von Wales machte ihm ein kleines Jagdgewehr zum Geschenk, was ihm gewaltig Freude verursachte.
Anzeigen.
Antragsmäßig soll über die zu Rieps sub Nr. IV belegene Büdnerei c. p. des Hauswirth Joachim Heinrich Wiese ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf
Dienstag, den 1. October 1889,
Vormittags 10 Uhr
peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidations=Termine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 13. Juli 1889.
Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Holz-Auction in Lübeck.
Am Donnerstag, den 18. Juli cr., Vormittags 11 Uhr anfangend, sollen durch den Unterzeichneten in der Wirthschaft "Damman's-Thurm"
für Rechnung der prozessirenden Partheien
öffentlich und meistbietend versteigert werden:
3211 Dtz. 8 Stck föhren und grän 4 bis 11 Zoll breite und 5/8 Zoll starke
ebenkantige Bretter
verzollte Waare.
Die Bretter sind am 3. Nov. v. Js. pr. Schiff "Clara", Capt. Martensson von Sundwall angebracht und lagern auf dem städt. Holzlagerplatze bei der Matzfähre.
Verzeichnisse sind bei dem Unterzeichneten kostenfrei zu erhalten.
Lübeck, den 6. Juli 1889.
G. Ollrogge, beeid. Auct.
[ => Original lesen: 1889 Nr. 56 Seite 4]Travemünder Rennen
den 2. und 4. August.
Anfang 3 1/2 Uhr Nachmittags.
Ein hochgeehrtes Publikum von Schönberg und Umgegend gestatte ich mir zu meinem am Dienstag, den 16. d. M. im Saale des Herrn Boye stattfindenden
Balle
meiner Scholaren ganz gehorsamst einzuladen.
Billette zum Saal 1 Mark, Gallerie 50 Pfg.
sind im obigen Locale zu haben.
Anfang Abends 6 Uhr.
Hochachtungsvoll
W. Lorenz.
Außerordentliche Versammlung
der Selmsdorfer Todtenlade
am Sonntag, den 21. Juli 1889, Nachmittags 2 Uhr, wozu sämmtliche Mitglieder eingeladen werden.
Der Vorstand.
Schönberg, den 4. Juli 1889.
R. Jatzow, Augenarzt,
Lübeck
verreist am 30. Juni auf etwa 4 Wochen.
Ernte=Handschuhe
sind stets zu haben bei
Emil Jannicke,
Schönberg. Handschuhmacher.
Wichtig
für Inhaber alter Briefe!
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hat billigst abzugeben.
H. Brüchmann.
Verzinnte Milchsatten
von 6 Liter, à Dutzend 10 Mark, empfiehlt
Menzendorf. J. Siebenmark.
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Am Donnerstag, den 18. Juli sollen auf dem Stover und Röggeliner Felde Rappsschoten verbrannt werden.
Kaiser.
Auf der Hoffeldmark Lockwisch sollen am Mittwoch, den 17. Juli, Vormittags 10 Uhr, Rappsschoten verbrannt werden.
G. Dierking.
Gefunden am Sonntag den 14. Juli zwischen Resdorf und Mist ein Cigarrenetui.
Der rechtmäßige Eigenthümer kann es gegen Erstattung der Insertionskosten in Empfang nehmen bei
H. Ollrogge in Resdorf.
Verloren
ein Regenschirm mit runder, spitzer Holzkrücke auf dem Schützenplatz.
Abzugeben gegen Belohnung in der Mühle.
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Zu Michaelis d. J. werden zu Neuhof bei Ratzeburg mehrere
Tagelöhner-Wohnungen
frei.
Gesucht wird zum 24. October d. J.
eine Arbeiterfamilie
bei freier Wohnung und gutem Lohn.
A. Russwurm, Lockwisch.
Gesucht zu Michaelis d. Js. oder früher ein
junger Knecht,
und zum 1. August oder Michaelis ein Mädchen
Schlutup. J. H. Pump.
Heute Nachmittag starb nach kurzer Krankheit unser Vater
Vollrath Köpcke
im 78. Lebensjahre, tief betrauert von den Hinterbliebenen.
Schönberg, den 15. Juli 1889.
N. Nehls und Frau.
Die Beerdigung findet am Mittwoch, den 17. d. M., Nachmittags 4 Uhr, vom Sterbehause aus statt.
Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck.
9,30 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 10,56 Nachts.
Nach Kleinen:
7,27 Morg. 10,13 Vorm. 12,46 Nachm. 8,30 Abends.
Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1889 Nr. 56 Seite 5]Beilage
zu Nr. 56 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 16. Juli 1889.
- Von dem Planeten Saturn (steht gegenwärtig im Sternbild des Krebses und geht um 10 Uhr Abends unter) bringen die astronomischen Annalen immer wieder Neuigkeiten. Ohnehin schon mit allem erdenklichen Glanze und Luxus ausgestattet, da er nicht nur von 8 Monden umkreist, sondern auch von drei glänzenden Ringen umgeben ist, darf sich Saturn jetzt noch vier solcher Ringe rühmen, welche der Direktor der Priorei St. Jean in Grignon, Dom Lamey, zwischen dem bekannten äußersten Ring und dem fünften Monde entdeckt hat. Diese Ringe sollen von einem solchen Glanze sein, daß sie den nächsten Mond überstrahlen. Welch ein Schauspiel müssen die Bewohner dieses Planeten in einer klaren Saturnnacht genießen! In ihrem Gesichtskreis mindestens vier Mondkugeln und zwischen diesen und innerhalb und außerhalb derselben vertheilt, deren jeder breiter ist als der Durchmesser unserer Erde.
- Giebt es ein Mittel eine alte Kuh jung zu machen? Diese Frage beantwortet eine Hausfrau in der "Landw. Ztg. für Westf. und Lippe" folgendermaßen: Unsere diesjährige Schlachtkuh hatte das respektable Alter von 19 Jahren. Als vorzügliche Milchkuh hatte sie es so hoch gebracht. Obschon sie in den letzten drei Jahren nicht gekalbt, gab sie doch ununterbrochen eine reichliche Menge Milch. Schließlich mußte sie das Loos alles Irdischen theilen, und wurde zur Schlachtkuh bestimmt. Angenehme Aussichten für eine Hausfrau, ihre Küche für den ganzen Winter mit zähem, vielleicht gar mit ungenießbarem Fleisch versorgt zu sehen! Am Morgen vor dem Schlachttage ließ ich ihr 1 Liter Essig eingeben, weil ich einmal irgendwo gehört, das Fleisch eines alten Thieres verliere dadurch die lederartige Zähigkeit. Und das Resultat? In 2 bis 2 1/2 Stunden ist das Fleisch vollkommen gahr! In Essig gelegt und als Sauerfleisch zubereitet, ist es nicht von dem eines dreijährigen Rindes zu unterscheiden. Ist nun dem Mittel wirklich ein solcher Erfolg zuzuschreiben? Dem Landmann würde es willkommen sein, denn so viel Primawaare er auch immer aufziehen mag, das Schlechteste muß er doch immer für sich behalten.
Angela.
Roman aus den vergangenen Tagen.
(Nachdruck verboten.)
Fortsetzung.
[ => Original lesen: 1889 Nr. 56 Seite 6]Angela.
[Fortsetzung.]
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