[ => Original lesen: 1886 Nr. 76 Seite 1] Als König Ludwig XIV. von Frankreich vor 205 Jahren in tiefem Frieden die Stadt Straßburg mit seinen Söldnern überfiel und dem ohnmächtigen deutschen Reich raubte, da beging der deutsche Bischof, Fürst von Fürstenberg, den Frevel, am Altar des Münsters schmeichelleckerisch zu beten: "Herr, nun lasse deinen Diener in Frieden fahren; denn seine Augen haben den Heiland (Ludwig XIV.) gesehen!" Diese Infamie hat sich spät gerächt; denn Straßburg ist wieder deutsch und gehört einem mächtigeren deutschen Reich an als damals. Und am 19. September dieses Jahres stand wieder ein Geistlicher, der ehrwürdige protestantische Pfarrer Härtner, auf der Kanzel der Neuen Kirche und predigte vor dem Kaiser und vor der dichtgedrängten Menge Andächtiger über das Evangelium des Sonntags: "Selig sind die Augen, die da sehen, was Ihr sehet! Viele Propheten und Könige wollten sehen, was Ihr sehet und haben es nicht gesehen!" Und fuhr dann fort: Auch unsere Augen sind selig zu preisen; denn wir sehen etwas, was zu schauen so viele Fürsten, Sänger und Geistesheroen vergeblich ersehnten, ein unter seinem Kaiser wieder geeinigtes deutsches Volk!" Dann ging er zum Text über, dem Gleichniß vom barmherzigen Samariter, und zeigte in der Liebe das Heilmittel für die Schäden des Volkes, und wie der Kaiser uns darin ein Vorbild sei. Das war eine echte Revanche=Predigt und alles Volk ging erbaut hinaus und heim.
Die Arbeiten für den Bau des Nordostsee=Kanals werden im Weg der Verbindung vergeben und in Theile von 3 bis 5 Millionen Mark zerlegt.
Das Befinden des Fürsten Bismarck hat sich durch den Landaufenthalt wesentlich gebessert. Es heißt, der Fürst werde bis Ende d. J. oder bis zu Anfang des nächsten von Berlin fern bleiben; ob indessen der Aufenthalt in Varzin mit einem anderen in Friedrichsruhe vertauscht werden wird, scheint noch unentschieden.
Generalfeldmarschall Graf Moltke hat sich nach Bad Ragaz begeben und dort, wie in früheren Jahren, im Quellenhof Quartier genommen, wo er für mehrere Wochen zum Kurgebrauch verweilen wird.
Das große Uebungsgeschwader hat seine Manöver vor Danzig am 22. September beendet. Auch der Chef der Admiralität General v. Caprivi hat ihnen auf der Kreuzerfregatte "Stein" beigewohnt.
Das Oberlandesgericht zu Breslau hat in dem Diäten=Prozeß des preußischen Fiskus gegen den sozialdemokratischen Abgeordneten Kräcker am Dienstag sein Urtheil gesprochen. Kräcker wurde zur Rückzahlung von 1501 M. nebst Zinsen an den Fiskus verdonnert. In dem Urtheil heißt es, verfassungsgemäß dürfe niemand für seine Thätigkeit als Abgeordneter eine Geldvergütung annehmen.
Dem Generalpostdirektor Stephan kann's nach und nach Angst werden. Nicht nur in Berlin und anderen großen Städten, sondern auch in kleineren, so in Heidelberg, sind "Privat=Briefbeförderungs=Anstalten" ins Leben gerufen worden, die billiger und schneller sind als die Reichspost. In Heidelberg steht ein Kaufmann Arnold an der Spitze der Anstalt, ein geschlossener Brief kostet 2 Pf., ein offener 1 Pf., das Gewicht ist gleichgültig; in allen Stadttheilen sind Markenverkaufsstellen und Briefkasten angebracht. Der Sohn des Herrn Arnold wird in Mannheim, ein dritter Herr in Frankfurt a. M. eine solche Anstalt errichten.
Das deutsche Kanonenboot "Albatroß" hat am 9. August den Eingeborenen der Neu=Hebriden mores gelehrt, weil sie einen deutschen Kaufmann Namens Franz Klein sowie einen Engländer, Peter Cullen, der ersteren begleitete, ermordet hatten. Vom Schiff aus wurde das Dorf bombardirt und dann eine Abtheilung Matrosen gelandet, welche die Widerstand leistenden Eingeborenen zurückschlugen und das Dorf niederbrannten. Auch die Eingeborenen der Pentecost=Insel wurden bestraft wegen Ermordung eines deutschen Steuermanns. Darauf begab sich der "Albatroß" nach den Karolinen=Inseln, wo die deutsche Flagge herabgezogen wurde, die früher an mehreren Plätzen aufgehißt worden war.
Der Gesammtbetrag der Kosten für die Einführung des Repetirgewehres im österreichischen Heere wird in informirten Kreisen mit 34 bis 38 Mill. Gulden angegeben.
Eine sehr seltsame Nachricht hat sich das "Deutsche Tageblatt" aus Paris senden lassen. Nach derselben solle der französische Kriegsminister Boulanger beim Ende der jetzigen französischen Manöver, ohne eine vorherige Kriegserklärung abzuwarten, einen plötzlichen nächtlichen Ueberfall von Straßburg und Metz mit 200 000 Mann beabsichtigen. Heimlich würden Trupps von tausend bis zweitausend Mann an die Bahnstationen nahe der Grenze geschafft, bis mit einem unerwarteten Schlag in einer Nacht die Ueberrumpelung beider Festungen und deren Umgebung möglich wäre. Um diese Vorbereitungen jedem kundigen Auge zu entziehen, sei das französische Spionengesetz erlassen worden, welches alle Fremden aus den Grenzdistrikten zurückschrecken solle, damit die geplanten Truppenverschiebungen unbeachtet bleiben. Das Merkwürdigste an dieser Nachricht ist jedenfalls das, daß sie in einem Blatt auftaucht, das zweifellos mit deutschen militärischen Kreisen gute Verbindungen unterhält.
In La Fère in Frankreich haben Versuche mit neuen Wurfgeschossen zur Zerstörung von Festungswerken stattgefunden. Kriegsminister Boulanger war auch dabei. Der "Figaro" rühmt die Ergebnisse als furchtbar. Die neue Kriegsmaschine stehe zum Dynamit wie dieses zum Schießpulver der Kanone. Neue Versuche ständen bevor.
Herr Déroulède, der französische Racheapostel, trägt in Stockholm und Kopenhagen das Zeichen seines Handwerks in seiner Tuchnadel und seinem Stockknopf. Beide zeigen folgendes Bild: Ein Soldat sinkt sterbend nieder, das Schwert ist seiner Hand entfallen, aber hinter ihm steht eine hohe Frauengestalt mit fliegendem Haar und einer Büchse in der Hand; darüber die Inschrift: Patrioten=Liga. Auf der Rückseite liest man: "Qui vive!" (Wer da?) - "France!" und unter diesem Revanche=Feldgeschrei: 1870. "L'année terrihle! (schreckliches Jahr) - 18 . . Quand même!"
Der Sultan hat am Donnerstag den Herzog von Edinburg und den Prinzen Georg, den Sohn des Prisen von Wales, in feierlicher Audienz empfan=
[ => Original lesen: 1886 Nr. 76 Seite 2]gen. Sie waren fast eine Stunde beim Sultan, der dem Herzog von Edinburg den Stern zum Osmanie=Orden mit Brillanten und dem Prinzen Georg das Großkreuz desselben Ordens verlieh. Die Russen ärgern sich über diesen Besuch und meinen, man solle eine Expedition nach Herat schicken, um den Engländern einen Possen zu spielen.
Der Großfürst Thronfolger von Rußland, so geht in Konstantinopel das Gerücht, werde demnächst dem Sultan einen Besuch abstatten.
- An Seminaristen in Mecklenburg wurde die Anfrage gerichtet, ob Sie sich auf 2 Jahre nach Kamerun verpflichten möchten, das Jahresgehalt sei 5000 M., freie Wohnung und freie Hin= und Rückreise. Woermann, bei dem sie sich Raths erholten, antwortete, er könne weder ab= noch zurathen; an der Küste sei es sehr ungesund und kein Europäer könne es wagen, die Nacht auf dem Land zuzubringen, ohne ein Fieber zu riskiren; zur Verpflegung brauche man täglich 4-5 M. Darauf hin meldete sich niemand.
- Die Lübecker haben 320,000 M. für den inneren Ausbau ihres berühmten Rathhauses bewilligt.
- Einen schweren Gang hat in den letzten Tagen die Königinmutter Marie von Bayern gethan, einen Gang zu ihren Söhnen König Ludwig und König Otto. Den älteren suchte sie auf an seiner Begräbnißstätte in der Michaeler Kirche in München; sie kniete am Grab, auf das sie einen Kranz legte, und betete und weinte bitterlich; den jüngeren, König Otto, in seinem stillen Asyl in Fürstenried. Er erkannte die Mutter nicht und blieb ganz theilnahmlos. Den letzten Gang machte die königliche Mutter an die Unglücksstätte am Starnberger See. Sie hat dort ein Kreuz aufrichten lassen. "Hier steh' ich ein entlaubter Stamm" will man sie flüstern gehört haben.
- Auf der Zeche "Consolidation" bei Schalke in Westfalen hat am Freitag Vormittag um 10 Uhr eine Explosion schlagender Wetter stattgefunden. 45 Bergleute sollen getödtet und 16, darunter 8 schwer verwundet sein.
- Noch bei keiner früheren Gelegenheit dürften die beiden Hauptstädte von Elsaß und Lothringen einen Flaggenschmuck entfaltet haben, wie gelegentlich der jüngsten Kaisermanöver. So hat die bekannte Fahnenfabrik in Bonn allein für die Generaldirektion der Reichseisenbahnen in Straßburg nicht weniger als 1709 große Fahnen geliefert und eine fast ebenso große Anzahl für viele der übrigen Behörden und zahlreiche Privatpersonen.
- Am Montag früh 6 Uhr bemerkten in Metz Arbeiter an der Felsenbrücke im Moselkanal das Antreiben einer Leiche, die, ans Land gebracht, sich als die eines Offiziers in voller Uniform, den Degen an der Seite, die Dienstmütze tief ins Gesicht gedrückt, erwies, Die Nachforschungen ergaben alsbald, daß man in dem Verunglückten die Person des Premier=Lieutenants Cords aus Diedenhofen vor sich hatte. Derselbe, eine stattliche Erscheinung und wegen seiner militärischen und persönlichen Eigenschaften allgemein hochgeachtet und beliebt, war bereits seit Donnerstag v. W. vermißt, ohne daß man sich sein Verbleiben irgendwie zu erklären wußte. Obschon die Leiche allem Vermuthen nach seit mehreren Tagen im Wasser gelegen haben mochte, war dieselbe nur wenig entstellt. Am Hinterkopfe, dicht unter der Dienstmütze, soll sich nach Angabe jener Arbeiter eine klaffende Wunde vorgefunden haben. Der betrübende Vorfall erregt begreiflicher Weise Aufsehen.
- Ein schlimmes Brandunglück, das drei junge Menschenleben vernichtet hat, ereignete sich am Sonntag am späten Abend in der Wilsnackerstraße Nr. 12 in Berlin. Im vieren Stock des Hauses wohnte der Schneider Hübner mit seiner Ehefrau und seinen drei Kindern, einem Mädchen von sechs Jahren und zwei Knaben im Alter von drei Jahren und acht Monaten. Am Sonntag Abend verließ Hübner mit seiner Frau die Wohnung, um ein gegenüberliegendes Wirthshaus zu besuchen. Die Kinder waren bereits vorher zu Bett gebracht. Auf dem Tisch des Zimmers ließen sie eine brennende Lampe zurück. Um 1/2 1 Uhr wurden plötzlich Nachbarn auf dichten Rauch aufmerksam, welcher der Hübnerschen Wohnung entströmte. Man alarmirte schleunigst die Feuerwehr, welche die Wohnung erbrach und durch Zuführung frischer Luft dem Rauch Abzug verschaffte. Wie sich nunmehr herausstellte, war scheinbar kurz nach dem Weggang des Hübnerschen Ehepaares, das seitdem noch nicht wieder zurückgekehrt war, auf bisher unermittelte Weise das Sopha in Brand gerathen. Die Folge des Feuers war eine ungemein starke Rauchentwickelung gewesen, welche den Erstickungstod aller drei Kinder veranlaßt hatte. Der herbeigerufene Arzt konnte nur den schon eingetreten Tod feststellen. Das Feuer selbst wurde bald gelöscht. Die Lampe fand man noch brennend auf dem Tisch.
- In Folge der großen Hitze, die in der ersten Hälfte des September geherrscht hat, sind nicht weniger als 68 todte Pferde in Berlin. Die Thiere stürzten, theils vor Last= theils vor anderen Wagen, vom Hitzschlag getroffen, nieder und mußten dann entweder sofort oder doch alsbald nachher vom Abdecker getödtet werden. Eine der großen Verkehrsanstalten in Berlin hat während der heißen Septembertage mehr als 20 Stück Pferde verloren.
- Traurig ist die überhand nehmende Untreue und Unehrlichkeit. Man kann seit einiger Zeit kaum ein Blatt in die Hand nehmen, ohne auf verhaftete oder durchgegangene Buchhalter, Kassierer, Gehülfen, u. s. w. zu stoßen. In Solingen ist der Prokurist eines großen Hauses wegen bedeutender Unterschlagungen verhaftet. Dies ist der neueste Fall.
- Ein Handwerksmann in Frankfurt a. M., der über sein Thun und Lassen genau Buch führt, ist ein Feind vom Tabakrauchen, dagegen ist er ein leidenschaftlicher Schnupfer. Jüngst, an seinem 70. Geburtstag, offenbarte er seiner Familie, wie viel Schnupftabak er seit 45 Jahren gekauft hat. Nach seiner Aufstellung sind dies 4 Centner und 30 Pfund, oder in Mark umgesetzt 1540 Mark.
- Als kürzlich in Dingolfing (Altbayern) morgens eine Menagerie abfuhr, riß bei Anfahrt zu einer steilen Bergstraße die Kette, welche zwei aneinander hängende Thierwagen verband. Die Folge war, daß der Hinterwagen, welcher drei Panther beherbergte, sofort rücklings bergab lief und umstürzte. Schrecken befiel die Begleiter, welche fürchteten, es sei durch den Sturz irgendwelche Oeffnung am Wagen entstanden, welche die Flucht der Raubtiere ermöglichte, die sich durch den wuchtigen Fall ganz wüthend geberdeten. Doch war glücklicherweise der Wagenkäfig auf die vergitterte Seite gefallen, sodaß ein Entweichen der Bestien nicht leicht möglich war.
- Das Brennen hört in Galizien nicht auf. Wieder sind in der Nacht zum Mittwoch in der Bezirksstadt Kalusz 300 Häuser niedergebrannt.
- Die steinerne Albertbrücke in Belfast ist am 15. September Abends zusammengebrochen, wobei viele Personen in das Wasser stürzten. Die Laternen auf beiden Seiten des Ufers erloschen und in der Dunkelheit entstand ein wüstes Geschrei, auf welches Rettungsboote ausgesandt wurden. Wie viele verunglückt sind, weiß man noch nicht genau. Der Leichenschaujury hat bis jetzt nur die Leiche eines Wächters vorgelegen. Die Jury gab bei dieser Gelegenheit die Erklärung ab, daß der Verkehr über die Brücke längst hätte verboten werden sollen. Der Neubau dürfte 30 000 Pfd. St. kosten.
- Das Jahr 1886 ist für die deutsche Turnerei bedeutungsvoll. Sie feiert den 100jährigen Geburtstag. Im Juli 1786 übernahm Guts Muths in Schnepfenthal die Leitung der von Salzmann eingeführten gymnastischen Uebungen. Wenn man Jahn den Vater der deutschen Turnkunst nennt, sollte man billigerweise auch den Groß=Erzvater derselben in Deutschland, Guts Muths, nicht vergessen. Das Jahr 1886 ist aber auch ein Jubeljahr für unsere Schülerausflüge oder Schülerturnfahrten, die ebenfalls auf Schnepfenthal zurückzuführen sind.
--Welch heilsamen Einfluß das Turnen auf den Körper ausübt, darüber veröffentlicht ein Arzt folgendes: In 5 Monaten vermehrte sich die Hebekraft bei 86 Turnern auf 100 um 6 kg. Bei 76 Turnern auf 100 nahm der Brustkasten, der Oberarm, der Vorderarm, der Schenkel und die Wade in 5 Monaten um 2-3 cm. an Umfang zu. Dagegen verminderte sich das Gewicht ("das faule
[ => Original lesen: 1886 Nr. 76 Seite 3]Fleisch", wie der Arzt sagt) bei 63 Turnern auf 100 um 7 kg. im Durchschnitt.
- Europa in Waffen. Nach der Statistik sollen die Großmächte der "Republique francaise" zufolge, im Kriegsfalle jetzt in erster, zweiter und dritter Linie folgende Waffen ins Feld führen können: Rußland 10 482 000 Mann, Deutschland 5 705 000 Mann, Frankreich 3 634 000 Mann, Oesterreich 2 600 000 Mann, Italien 2 475 000 Mann. Zusammen: 24 894 000 Mann. Bei dieser Statistik scheinen Rußland und Italien überschätzt und Oesterreich unterschätzt zu sein.
- Die wievielte Kugel trifft. Die Beantwortung dieser Frage kann selbstredend auf vollkommene Genauigkeit keinen Anspruch erheben, denn von deutscher Seite wird der Verbrauch an Gewehrkugeln zwar auf rund zwanzig Millionen im deutsch=französischen Kriege beziffert, aber die ganze Anzahl ist nicht verschossen worden. Der Vorrath, den Todte, Verwundete und Gefangene noch bei sich hatten, wurde zwar verbraucht, aber nicht verschossen und dennoch muß diese Zahl mit in Rechnung gebracht werden. Die Franzosen hatten einen Verlust von 140 000 Mann an Todten und Verwundeten, hiernach wäre also ungefähr jede 143. deutsche Kugel ein Treffer, und da man auf sechs Verwundete durchschnittlich einen Todten rechnet, so ist von 858 Gewehrkugeln nur eine einzige tödtlich gewesen. Und zieht man ferner noch in Erwägung, daß in der Verlustzahl die vom Artilleriefeuer Getödteten einbegriffen sind, so wird man nicht fehlgehen, wenn man annimmt, daß im Kriege immer nur die tausendste Kugel tödtet.
- Der Winter rückt an. Der Norden Schottlands ist am vergangenen Freitag und Sonnabend von starkem Frost heimsucht worden. Alle Feldfrüchte, besonders aber die Kartoffeln, haben sehr gelitten. Am Sonnabend Morgen bedeckte der Thau weiß wie Schnee die Erde und die Brunnen hatten eine 1/8 Zoll dicke Eisfläche. Auch das noch nicht gemähte Getreide hat durch den Frost großen Schaden gelitten.
- Sommerhitze. Zur Statistik der Sommerhitze, über die man diesmal erst spät zu klagen hatte, mögen die folgenden Notizen über die sommerliche Gluth von früheren Jahren berichten. Es wird z. B. uns erzählt, das Anno 638 sämmtliche Quellen vertrockneten, daß 879 bei Worms die Arbeiter auf dem Felde todt umfielen, daß 993 Feld= und andere Früchte verbrannten. Im Jahre 1000 sollen in Frankreich Quellen und Flüsse versiegt, die Fische darin infolge dessen verwest sein und durch schrecklichen Geruch die Luft verpesteten, 1022 kamen die Menschen sammt den Thieren um vor unerträglicher Hitze, 1132 war die Trockenheit so groß, daß der Erdboden sich spaltete, daß das Wasser versiechte, und im Elsaß der Rhein trocken gelegt wurde; 1303 und 1304 trockneten Rhein, wie Loire etc., aus, während 1393 und 1474 in Ungarn die Donau fast gänzlich ohne Wasser war, und im Jahre 1718 zu Paris eine so unerhörte Hitze herrschte, daß das Thermometer 36 Grad Réaumur zeigte, und fast alle Theater geschlossen werden mußten; es regnete damals Monate lang nicht, die Wiesen verbrannten beinahe, und die Obstbäume kamen mehrere Male in Blüthe.
- Beim Wundgehen der Füße und damit verbundenen Schwielen gebrauche man eine Salbe von 50 Gramm Lichttalg und 50 Gr. Seife, welche man über Feuer zusammenschmilzt und der man 30 Gr. Kampherspiritus hinzusetzt.
- In einer Garnisonsstadt des schönen Schwaben erschien vor einiger Zeit eine Bauersfrau in der Kaserne und verlangte den Oberst zu sprechen. Dieser fragte die Frau nach ihrem Begehren. "Wo ischt denn mein Michele? fragte die Frau. - "Was wollen Sie denn von ihrem Michele?" sagte der Oberst. - "Ja, der derf nimmer Soldat bleibe." - "Aber wir sind ja Soldaten, liebe Frau, lassen Sie den Michele nur da," meinte lächelnd der Oberst. - "Ja, Ihr Herrle hent guet schwätze; Ihr hent nix gelernt aber mein Michele ist Schuster."
- Thun und nichts thun. Zwei Besucher des Juristentages sind nach der Feier in die Schweiz gereist. Sie fahren auf dem Thuner See dem Ausflusse der Aar zu. - "Ach!" ruft der Eine. "Thun ist doch schön!" - "Ja", erwidert der andere, "aber nichts thun ist doch noch schöner!"
- Im Manöver knattern beim Abgeben einer Salve einige Gewehre vor. "Kerls, denkt Ihr denn, Ihr seid in einem Vorschußverein?" ruft der Herr Hauptmann.
Anzeigen.
Antragsmäßig soll über die zu Wahlsdorf sub. No. 5 belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths Jochen Heinrich Voß daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstück zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf
Sonnabend, den 2. October d. J.,
Vormittags 10 Uhr
peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Meldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidations=Termin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 16. Juli 1886.
Großherzoglich Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Es wird hierdurch zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Urliste für die Stadt Schönberg in der Zeit vom 1. bis 8. Oktober d. J. in hiesiger Rathsstube ausliegt. Gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Urliste können Einsprachen von Jedermann innerhalb einer Woche (vom 1. October d. J. angerechnet) erhoben werden, und sind solche schriftlich bei uns einzureichen.
Schönberg, den 27. September 1886.
Der Magistrat.
Die Ausschußkühe
von den Gütern: Demern, Kl. Rünz, Löwitz, Bülow, Strohkirchen, Othensdorf und Hof Nesow sollen am
Donnerstag, 7. October d. J.,
Mittags 12 Uhr,
in Rehna vor dem Schützenhause öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Ich Endesunterzeichneter bin gewillt, das bei der Flachs=Reinigungs=Anstalt belegene
Land
wieder auf 10 Jahre zu verpachten. Reflektierende wollen sich Sonntag, den 3. Oktober Morgens 8 Uhr daselbst einfinden.
W. Dunkelgoth, Hauswirth
Rupensdorf
Versammlung
der Mitglieder der Maurer=, Zimmerer= und Maschinenbauer=Krankenkasse
am Sonntag, den 3. October, Nachmittags 1 1/2 Uhr im Vereinslokal.
Der Vorstand.
Heute Mittag 2 Uhr endete ein sanfter Tod die schwerem Leiden des Kaufmannes
A. Wigger
im 69. Lebensjahre, auf's tiefste betrauert von seiner Frau, seinen Kindern, seinen Schwiegerkindern und Enkeln.
Schönberg i/M. den 27. September 1886.
Die Beerdigung findet am Freitag, den 1. October Nachmittags 2 Uhr statt.
[ => Original lesen: 1886 Nr. 76 Seite 4]Vielfach prämiirt.
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Hierzu eine Beilage.
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1886 Nr. 76 Seite 5]Beilage
zu Nr. 76 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 28. September 1886.
Die Hexe von Rainal.
Von B. Schwarz.
(Nachdruck verboten.)
Fortsetzung.
[ => Original lesen: 1886 Nr. 76 Seite 6]Die Hexe von Rainal.
Von B. Schwarz.
(Nachdruck verboten.)
[Fortsetzung.]
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