[ => Original lesen: 1886 Nr. 36 Seite 1] Bekanntmachung.
Bei Gelegenheit der im kommenden Monate in Berlin zu eröffnenden akademischen Jubiläums=Kunst=Ausstellung beabsichtigt der Senat der Königlichem Akademie der Künste in Berlin eine Lotterie von ausgestellten Gemälden, Sculpturen, Aquarellen, Kupferstichen, Radirungen, Werken der Plastik etc. zu veranstalten. Auf bezüglichen Antrag hat die unterzeichnete Großherzogliche Landesregierung die Genehmigung zum Vertriebe von Loosen dieser Lotterie im hiesigen Lande ertheilt.
Neustrelitz, den 30. April 1886.
Großherzoglich Mecklenburgische Landes=Regierung.
von Dewitz.
Nr. 7 des Offic. Anzeigers pro 1886 für das Fürstenthum Ratzeburg enthält in der
II. Abtheilung:
(1.) Bekanntmachung, betreffend die Herstellung der Wechselstempelmarken in grüner Farbe.
(2.) Bekanntmachung, betreffend die Currenthaltung der Generalstabskarten.
(3.) Bekanntmachung, betreffend die Durchschnittspreise des Monats März 1886.
(4.) Bekanntmachung, betreffend die Anmeldung dienstpflichtiger unabkömmlicher Beamte für den Mobilmachungsfall.
(5.) Bekanntmachung, betreffend den Postanweisungsverkehr mit Bulgarien.
Nach der Zusammenstellung des Reichsschatzamtes waren Ende März d. J. zusammen 174 120 995 Mk. Reichskassenscheine ausgegeben, von denen bisher für 36 593 200 Mk. wieder eingezogen und vernichtet sind.
Zu den diesjährigen großen Manövern, die in den Reichslanden stattfinden, werden keine fremdländischen Offiziere eingeladen oder zugelassen werden. Warum ist nicht gesagt, aber man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man annimmt, daß bei den Hochverrathsprozessen Hentsch, Kraszewski und Sarauw so mancherlei zu Tag gekommen ist, was die deutsche Heeresleitung stutzig machen mußte.
Der Papst sandte einen in den herzlichsten Ausdrücken gehaltenen Brief an den Kaiser, in welchem er für das ihm übermittelte Brustkreuz dankt.
Einer Meldung des "Westf. Merk." aus Rom zufolge bemerkte der Papst den dort eingetroffenen deutschen Rompilgern gegenüber, daß er nicht zweifle, binnen Jahresfrist mit der preußischen Regierung zu einem völligen kirchlichen Ausgleich zu gelangen.
Eingesandt.
Das "Berliner Tageblatt" schreibt in seiner Kritik über die im Wintergarten (Central Hotel) aufgetretene Künstlertruppe Folgendes: "Eine recht interessante Abwechselung auf dem musikalischen Gebiete gewähren die Concerte der im kleidsamen National=Costüm auftretenden österreichisch=ungarischen Zigeunerkapelle Urban Cuszon. Ein Blick auf das Programm belehrt uns, daß hier dem Geschmack der Zeit ebenso viel Rechnung getragen wird, als man bemüht ist, Melodien aus heimathlichen Gefilden dem Zuhörer erklingen zu lassen, welche jeden Fremdling so sonderlich rühren. Sämmtliche Piècen werden mit künstlerischer Präcision vorgetragen, und ist daher der reichlich gespendete Beifall ein wohlverdienter." Auf dieses gestützt, machen wir das musikliebende Publikum ganz besonders aufmerksam, da es die einzige ungarische Specialitäten=Capelle ist, welche Damen=Gesang und Tanz in ihr Programm aufgenommen hat.
Anzeigen.
In Sachen betreffend die Niederlegung eines Hypothekenbuchs über die zu Gr. Mist sub No. VIII belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths Joachim Kreutzfeldt daselbst wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß auf das am heutigen Tage abgehaltene Liquidations=Protokoll sofort im Termin der Präclusivbescheid erlassen und publicirt worden ist.
Schönberg, den 4. Mai 1886.
Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Auf Antrag des Vormundes, Kaufmanns Lundwall in Schönberg, soll über das allhier an der Neuen Wallstraße sub Nr. 124 belegene Wohnhaus c. p. der 3 Geschwister Burmeister, Vornamens: Emma Julie Catharina Maria, Fritz Wilhelm Carl Rudolph und Caroline Marie Catharina Bertha, ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstück zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf
Sonnabend, den 15. Mai d. Js.,
Vormittags 10 Uhr,
peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen die jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer derselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Meldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts ver=
[ => Original lesen: 1886 Nr. 36 Seite 2]sehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 2. März 1886.
Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Kampf= genossen- |
|
Verein 1870/71. |
I. ordentliche Versammlung im XIV. Vereinsjahre
Sonntag, den 9. Mai, Nachmittags 3 1/2 Uhr.
Tagesordnung:
1. Gründung einer Begräbnißkasse aus einem Teil des Vereinsvermögens.
2. Wahl eines Delegirten zum Delegirtentag in Malchow.
3. Sonstige Vereinsangelegenheiten.
4. Vorstandswahl.
Der Vorstand.
Kriegerverein für das Fürstent. Ratzeburg.
Auf Beschluß der außerordentlichen allgemeinen Versammlung vom 2. d. Mts. beabsichtigt der Verein am Sonntag, den 9. Mai an der
Fahnenweihe des Lübecker Militär=Vereins
teilzunehmen.
Antreten zur Abfahrt: 2 1/2 Uhr nachmittags vor dem Vereinslokale.
Abfahrt aus Lübeck: 4 1/2 Uhr morgens mit dem Güterzuge (vorbehaltlich der Genehmigung der Eisenbahn=Direktion).
Die Kameraden werden gebeten, sich möglichst zahlreich zu beteiligen. Mitglieder aus Lüdersdorf und Umgegend können sich dort anschließen. Der Fahrpreis von Schönberg beträgt 1,40 M.
Der Vorstand.
Heute Abend 12 Uhr starb nach schwerer kurzer Krankheit mein lieber Mann und unser guter Vater, Schwiegervater, Großvater und Bruder der Schmiedemeister F. Kallies in seinem 74. Lebensjahre. Tief betrauert von den Hinterbliebenen.
Menzendorf, den 5. Mai 1886.
Die Beerdigung ist Dienstag, den 11. Mai Nachmittags 1 Uhr in Lübsee.
Nach Gottes unerforschlichem Ratschlusse endete am 4. d. M., Morgens 8 Uhr das theure Leben unseres unvergeßlichen Schwiegersohnes des
Schmiedemeisters J. Weber
in Gr. Krenkow. Um stille Theilnahme bittet die betrübte Familie
F. Dräger und Frau.
Die Beerdigung findet am Freitag, Nachmittags 3 Uhr vom Schönberger Bahnhofe aus statt.
Die Schulgelderhebung
findet in den nächsten beiden Wochen, vom 10.-22. Mai, statt. Die einzelnen Termine werden in den Klassen bekannt gemacht.
J. Wegner.
Ich wohne jetzt am kalten Damm neben Kaufmann Zander.
Schrakamp, Arzt.
Stadt Lübeck.
Freitag, den 7. Mai,
Abends 8 Uhr:
Das Großartigste auf diesem Felde.
Schneewittchen und die 7 Zwerge.
Kassenöffnung 7 1/2 Uhr. Anfang 8 Uhr.
Sonntag, den 9. Mai Abends 8 Uhr.
Extra=Vorstellung.
Einmaliges Gastspiel der berühmten Künstlertruppe Gebrüder Wissini in ihren unübertrefflichen Leistungen. Auftreten des Kameruner Negers Tom Charles in seinen Nationaltänzen. Der Original=Schlangenmensch u. s. w.
W. Kaehne.
Am Sonntag, den 9. Mai
Große Tanzmusik
wozu freundlichst einladet
W. Creutzfeldt,
Carlow i. M.
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J. H. Freitag.
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[ => Original lesen: 1886 Nr. 36 Seite 3]Deutscher Kunst-Verein
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43 % der Jahres=Normalprämie nach dem alten Verteilungssystem,
33 % der Jahres=Normalprämie und 2,2 % der Prämienreserve als Dividende nach dem im Jahre 1883 eingeführten neuen "gemischten" Verteilungssystem, was im Verhältnis zur Jahres=Normalprämie für das jüngste beteilige Versicherungsalter 34 % und für das höchste beteiligte Versicherungsalter 115 % als Gesamtdividende ergiebt.
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Grundkapital M. 9,000,000 -
Prämien=Einnahme für 1885 M. 7,704,438 50
Zinsen=Einnahme für 1885 M. 708,616 80
Prämien=Ueberträge M. 5,462,121 -
Uebertrag zur Deckung außergewöhnlicher Bedürfnisse einschließlich des nach Art. 185b/239b des Gesetzes vom 18. Juli 1884 gebildeten Reservefonds von M. 900,000) M. 4,860,377 30
-----------------------
M. 27,735,553 60
Versicherungen in Kraft am Schlusse des Jahres 1885 5,043,998,001 -
Schönberg, den 1. Mai 1886.
J. H. Meier, Organist,
Agent der Gesellschaft.
[ => Original lesen: 1886 Nr. 36 Seite 4]Unsere auf der Leipziger Messe eingekauften Tuche und Buckskins treffen bis zu Anfang der nächsten Woche in colossaler Auswahl ein.
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Frühjahrs-Saison 1886.
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Den hochgeehrten Einwohnern Schönbergs und Umgegend habe die Ehre ganz ergebenst mitzutheilen, daß ich am 1. Mai cr. Köster's Hotel unter der Firma:
"STADT LÜBECK"
übernommen habe.
Es wird mein stetes Bestreben sein, meinen werthen Gästen in coulanter Weise entgegen zu kommen und bei civilen Preisen für gute Speisen und Getränke bestens Sorge zu tragen.
Ferner empfehle meine Localitäten zur Abhaltung von Festlichkeiten, Hochzeiten, Kindtaufen etc.
Hochachtend
J. H. Freitag.
Concert=Anzeige.
Am Sonntag, den 9. Mai:
Großes Concert
(Streichmusik)
unter Leitung des Herrn Organisten Meier im Saale des Herrn Gastwirth Boye, wozu ein geehrtes hiesiges sowie auswärtiges Publikum freundlichst einladen
die Vereinsmusiker.
Entree á Person 50 Pfennige.
Anfangs Abends 8 Uhr.
Nach dem Concert BALL.
Schönberg, den 29. April 1886.
Programm.
1. Ouvertüre z. d. Oper: "Johann von Paris" von Boieldien.
2. Serenade für Cello und Flöte, Solo v. E. Titl.
3. Paraphrase über: "Ach bleib bei mir" von H. Creutzfeldt.
4. Conzert für Violine von C. Bériot.
--------------
5. Ouvertüre zu "Preciosa" von C. M. v. Weber.
6. Jupiter=Symphonie von Mozart.
a) Andante.
b) Menuetto.
c) Allegro con moto.
Nachrichten des Standesamts=Bezirks Carlow vom 1. April bis zum. 1. Mai 1886.
a. Geburten:
Dem Krüger Joachim Ahrendt zu Neschow ein Sohn.
Dem Briefträger Heinrich Specht zu Carlow eine Tochter.
Dem Hauswirth Asmus Beckmann zu Cronskamp eine T.
Dem Arbeitsmann Heinrich Beckmann zu Hof=Stove ein S.
b. Eheschließungen:
Der Knecht Johann Joachim Lenschow zu Falkenhagen und Catharina Maria Louise Böcken zu Carlow.
c. Sterbefälle:
Ida Anna Holst aus Carlow, Tochter der unverehelichten Louise Holst, 5 Tage alt.
Der Cigarrenmacher Hans Georg Eckmann aus Carlow, 43 Jahre alt.
Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 9. Mai.
Vormittagskirche: Pastor Langbein.
Abendkirche (6 Uhr): Pastor Kämpffer.
Amtswoche: Pastor Langbein.
Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage.
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1886 Nr. 36 Seite 5]Beilage
zu Nr. 36 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 7. Mai 1886.
Ein schon länger geplantes Unternehmen sieht jetzt seiner Verwirklichung entgegen. Dem Bundesrath ist eine Vorlage betreffend die Errichtung eines Seminars für orientalische Sprachen an der Berliner Universität zugegangen. In Aussicht genommen sind Vorlesungen über sieben verschiedene Sprachen des Orients. Die Kosten des Seminars, einmalige wie fortlaufende, soll zur Hälfte das Reich, zur anderen Hälfte Preußen übernehmen.
Wie verlautet, soll die Einstellung der polnischen Rekruten im Herbste dieses Jahres nach einem veränderten Modus erfolgen. Es, sollen dieselben nämlich in umfassenderer Weise denn bisher in rein deutschen Provinzen garnisonierende Regimenter eingereiht werden.
Der Reichsanzeiger veröffentlicht in seiner letzten Nummer das Gesetz über die Verlängerung des Sozialistengesetzes, sowie die Nachträge zur Abänderung des Militärpensionsgesetzes und des Reichsbeamtengesetzes.
Die Berliner Münzstätte ist mit der Ausprägung egyptischer Münzen noch auf lange Zeit beschäftigt, da neben den Silber= auch Nickelmünzen dieses Landes hier geprägt werden. Für die durch das Reichsgesetz neu eingeführten Zwanzigpfennigstücke in Nickel sind die Stempel bereits fertig, Weisungen zur Ausprägung aber noch nicht ergangen. Bis jetzt ist auch noch, trotz der vorangegangenen Beseitigung dieser Münzsorte, kein Mangel an silbernen Zwanzigpfennigstücken.
Der Unterstaatssekretär des Aeußeren Graf Herbert Bismarck, der älteste Sohn des Reichskanzlers, ist seit einigen Tagen an einer Lungenentzündung erkrankt. Sein Zustand soll sich jedoch rasch gebessert haben. Er wird während seiner Krankheit vom Grafen Berchem vertreten.
Der erste Dampfer der neuen Reichspostdampferlinien fährt am Mittwoch, den 30. Juni von Bremerhaven ab und geht über Antwerpen, Suez, Aden, Colombo, Singapore, Hongkong nach Schangai, wo die Ankunft am 17. August erfolgt. Die Rückkehr von Schangai erfolgt am 29. August, Ankunft in Bremerhaven am 20. Oktober. Der erste Dampfer nach Australien fährt Mittwoch, den 14. Juli von Bremerhaven ab; die Reise bis nach Sydney dauert 54 Tage. Die Heimreise von Sydney wird am 16. September angetreten.
Die Geschäftslosigkeit in der Tabaksbranche ist in Hamburg augenblicklich eine recht große. So theilt das Nachweisungsbureau für Cigarrenarbeiter in Ottensen mit, daß dort augenblicklich ca. 1500 Arbeiter keine Beschäftigung haben. Im vorigen Jahre wanderten von Ottensen bereits viele Cigarrenarbeiter nach Amerika aus, indeß führen dieselben auch dort nach hierher gelangten Briefen ein kümmerliches Dasein.
Eine Versammlung in Heidelberg hat einstimmig beschlossen, einen Aufruf zur Errichtung eines Denkmals für Joseph Victor von Scheffel zu erlassen.
Der 6. deutsche Lehrertag wird in den ersten Tagen der Pfingstwoche, vom 14. bis 16. Juni, in Hannover abgehalten werden. Der Preis der Fest= und Tafelkarte beträgt 4,50 M.
In dem neuen Zollgesetz, welches dem österreichischen Reichsrath dieser Tage vorgelegt werden wird, ist der Getreidezoll genau in derselben Höhe wie in Deutschland festgestellt.
Am 1. Mai waren es 100 Jahre, daß Mozarts "Hochzeit des Figaro" das Licht der Lampenwelt in Wien erblickte.
Zu Spezzia in Italien sind jetzt die Versuche auf die Widerstandsfähigkeit der Gruson'schen Hartgußplatte beendet. Wie früher entsprach dieselbe auch diesmal bei der dritten Beschießung den höchsten Anforderungen. Die deutsche Industrie hat also durch dies glänzende Ergebniß wieder einmal einen Sieg errungen.
Die Cholera greift in der Umgebung von Brindisi langsam weiter um sich, doch beträgt die Zahl der täglichen Todesfälle nicht über ein Dutzend. Es wäre sehr zu wünschen, daß die italienische Regierung scharf auf die Befolgung der angeordneten Vorsichtsmaßregeln achtete, denn damit sieht's noch recht traurig aus.
Die neue französische Anleihe (3prozentige) von 504 Millionen soll am 10. Mai mit einem Cours von 78 % ausgegeben werden.
Obwohl in Decazeville gegen zwei in den Gruben arbeitende Arbeiter Attentate vorgekommen, so hat sich doch die Erregtheit bedeutend abgekühlt. Die Arbeiter sind endlich dahinter gekommen, daß es zunächst im Interesse der aus der Strikekasse fünf Frank täglich beziehenden Führer liegt, den Strike ins Unendliche zu verlängern, da dieselben keine Aussicht haben, von der Gesellschaft wieder angenommen zu werden. Die Arbeiter fangen an, ihre Bezüge aus der Strikekasse sehr mager zu finden, und überall begegnet man dem Wunsche nach Arbeit.
Die Herstellung eines irischen Parlaments in Dublin wird Irland eine schwere Last auferlegen. Die Besoldung der Mitglieder würde, selbst im Fall, daß die Diäten auf die zweite Klasse beschränkt werden, eine jährliche Summe von mehr als 100,000 Pfd. Sterl. erfordern. Der Premierminister soll ein Jahresgehalt von 2000 Pfd. Sterl. und jeder seiner Kollegen 1500 Pfd. Sterl. jährlich beziehen. Parnell und seine Freunde, heißt es, sollen schon so zuversichtlich auf die wirkliche Herstellung eines irischen Parlaments rechnen, daß sie bereits begonnen haben, ein Ministerium zu bilden, welches im Fall eines Erfolges zusammentreten soll. Jedenfalls würde dann Herr Parnell Premierminister oder Präsident des irischen Raths werden.
Bei seiner Reise durch die neue Provinz wurde der Fürst Alexander von Bulgarien von der von allen Richtungen herbeiströmenden Bevölkerung umringt und lebhaft begrüßt.
Ans New=York wird gemeldet, daß auf Most wegen einer aufrührerischen Rede, die er neuerdings gehalten, seitens der Behörden gefahndet wird. Most hält sich verborgen.
Seit Anfangs October v. J. waren im hiesigen Fürstenthum keine größeren Strafsachen vorgekommen, welche ein Zusammentreten der auswärtigen Strafkammer beim hiesigen Amtsgericht vernothwendigt hätten.
Auch in der am vergangenen Dienstag stattgehabten Sitzung der auswärtigen Strafkammer wurden nur wenige und geringere Straffälle verhandelt.
Nachdem zuerst der Wehrpflichtige B gebürtig aus Triepkendorf, zuletzt wohnhaft in Schönberg, welcher ohne Erlaubniß das Reichsgebiet verlassen hatte, in seiner Abwesenheit wegen Nichtgestellung zum Militairdienst in eine Geldstrafe von 200 M. event. 6 Wochen Gefängniß verurtheilt worden war, erschienen die Arbeitsleute P. und L. aus Hof Mechow auf der Anklagebank, um sich wegen der Anklage der Nötigung zu verantworten.
Auf der am 27. März d. J. im Hause des Gastwirths R. zu Schlagsdorf von dem Förster B. aus Schlagbrügge abgehaltenen diesjährigen letzten Holzauction war auch der Vogt O. aus Lenschow erschienen, um im Auftrage seines Herrn, des Pächters H. zu W. Holz zu kaufen. Da in Folge seines Bietens die anwesenden Arbeitsleute befürchteten, theils ihren Bedarf an Holz nicht decken, theils ihren gemeinschaftlich gefaßten Plan, das Holz billig zu erstehen, nicht ausführen zu können, verlangten sie in lauter und grober Weise, daß der Vogt O. sein Maul halte, bis sie ihr Holz gekauft hätten.
[ => Original lesen: 1886 Nr. 36 Seite 6]Die Aufforderung des Försters B. zur Ruhe wurde nicht beachtet, vielmehr erscholl beim Weiterbieten des O. aus der Menge die Drohung gegen denselben, daß er, wenn er sein Maul nicht halte, welche darauf kriege! Wer diese Drohung ausgestoßen, wurde zwar nicht ermittelt, jedoch trotz des Leugnens festgestellt, daß die Angeklagten P. und L. ihre Stöcke in so drohender Weise gegen den O. erhoben hatten, daß derselbe erklärte, er wolle sich hier nicht schlagen lassen und das Auctionslokal verließ, ohne Holz gekauft zu haben. Wegen dieser durch Drohung mit einem Vergehen herbeigeführten widerrechtlichen Nötigung des O. zur Unterlassung des Bietens wurden die Angeklagten jeder zu einer 5tägigen Gefängnisstrafe und in die Kosten verurtheilt.
Die dritte und letzte Strafsache betraf die Berufung in einer Privatklagesache, in welcher die Rechtsanwälte Monich und Dr. Görz als Vertreter der Parteien auftraten. Auf Vorschlag des Vorsitzenden der Strafkammer kam es jedoch unter den Parteien zu einem Vergleich dahin, daß der Angeklagte erklärte, er bedaure die vorgekommenen Streitigkeiten, während der Kläger die Tragung der Kosten übernahm. Es konnten darnach die zahlreich geladenen Zeugen ohne Weiteres entlassen werden und wurde damit die diesmalige Sitzung geschlossen.
Es wäre erfreulich, wenn man aus dieser geringen Zahl abgeurtheilter Strafsachen den Schluß auf eine dauernde Abnahme der strafbaren Handlungen im Fürstenthum Ratzeburg ziehen dürfte.
- Schönberg. Obwohl die Kreuzotter die einzige giftige Schlange ist, welche im nördlicheren und mittleren Deutschland vorkommt, hat man bis jetzt noch nicht wie in Frankreich und der Schweiz eine Uebersicht über ihre Verbreitung bei uns aufgestellt. Diese für jedermann sehr wichtige Arbeit will jetzt ein Frankfurter Gelehrter ausführen und stellt zu diesem Zwecke Nachforschungen an. Es wäre deshalb sehr wünschenswerth, wenn alle diejenigen, welche die Kreuzotter hier im Fürstenthum mit Bestimmtheit angetroffen haben oder von Verletzungen von Menschen oder Vieh durch dieselbe etwas wissen, dieses dem Realschullehrer Knauff hieselbst mittheilten und getödtete Schlangen, welche für Kreuzottern gehalten werden, an denselben zur genauen Bestimmung einschickten. - Außer der Kreuzotter kommen wahrscheinlich nur noch die Ringelnatter und die Blindschleiche vor. Zur Unterscheidung derselben diene folgende Beschreibung: Die Kreuzotter ist grau oder gelbbraun bis dunkelbraun mit einer dunkleren Zickzacklinie auf dem Rücken, welche jederseits von einer Reihe dunkler Flecken begleitet wird. Sie wird meist nur 2 Fuß lang, wovon 1/6, also etwa Handbreite, auf den Schwanz kommt. Ihr Biß ist sehr gefährlich und kann schon innerhalb einer Stunde den Tod herbeiführen. Nach einem Biß muß sofort das verletzte Glied abgebunden werden, damit das Gift nicht in den übrigen Körper dringen kann und die Wunde ausgesogen, geätzt, ausgebrannt oder ausgeschnitten werden, damit das Gift wieder nach außen kommt. Auch soll Genuß von Branntwein oder Rum nützlich sein. - Die Ringelnatter, welche bei uns sehr häufig vorkommt, ist oben aschgrau oder gelbbraun mit schwarzen Flecken und hat jederseits am Halse zwei große gelbe oder weiße Flecke, an denen sie leicht erkannt werden kann. Ihre Länge beträgt 3 bis 4 Fuß. Sie ist durchaus nicht giftig, lebt von Fröschen, Molchen und Mäusen und verdient deshalb geschont zu werden. - Die Blindschleiche, welche wegen ihres Körperbaus zu den Eidechsen gerechnet werden muß, ist oben glänzend braun, in der Jugend weißlich mit 1 bis 3 schwarzen Längslinien. Sie wird höchstens 1 1/2 Fuß lang, wovon die Hälfte auf den leicht abbrechenden Schwanz kommt. Sie lebt von Schnecken und Regenwürmern und ist deshalb gleichfalls zu schonen. - Hoffentlich gelingt es durch diese Zeilen, bald etwas Bestimmtes über das Vorkommen der Kreuzotter bei uns zu erfahren.
- Eine für den gesammten Rechtsschutz außerordentlich wichtige Entscheidung hat der zweite Strafsenat des Reichsgerichts unterm 19. März 1886 gefällt. Danach ist jeder durch eine Strafthat Verletze berechtigt, von jeder auch nur zufällig bei Begehung der Straftat als Augenzeuge anwesenden Person die Nennung ihres Namens und der Adresse zu verlangen, um sich später auf deren Zeugniß berufen zu können, und dann im Weigerungsfalle die polizeiliche Sistirung des Weigernden behufs Feststellung seiner Persönlichkeit veranlassen, falls die Gefahr des Verlustes des Beweismittels durch Nichtermittelung begründet erscheint.
- Der Oberlehrer Rhaydt am Gymnasium zu Ratzeburg hat aus der Schönhausen=Stiftung (Bismarck=Geburtstagsspende) 1000 Mark erhalten. Herr Rhaydt wird dieser Tage nach England gehen, um die dortigen Turnspiele genau kennen zu lernen.
- In Berlin wurden am Sonnabend die 8 Wochenmärkte geschlossen; die Märkte werden künftig in 4 neuerbauten Markthallen abgehalten, deren Eröffnung am Montag stattgefunden hat. Früh 1 Uhr wurden die Hallen für die Händler geöffnet und in Massen flutheten nun die Verkäufer mit ihren Verkaufsartikeln hinein. Natürlich, einzelne Störungen sind im ersten Moment nicht zu vermeiden, aber im großen und ganzen funktionierte der gesammte Apparat vortrefflich, und die Händler hatten bald genug ihre Plätze eingenommen. Das Geschäft zwischen Großhändlern und Kleinhändlern entwickelte sich ungemein flott und bald war alles versorgt. Die Stände sind übrigens noch nicht sämmtlich vermiethet, ein Theil der Marktverkäufer glaubt eben noch nicht daran, daß in den Markthallen bei der höheren Platzmiethe ein flottes Geschäft zu machen sein wird. An Käufern fehlte es an diesem ersten Tage natürlich nicht, freilich fanden auch die Preise nicht überall Anklang, aber der Ausgleich wird schwerlich auf sich warten lassen, wenn nur der erste Ansturm vorüber ist. - Der Konsum war schon am ersten Tage ein ganz gewaltiger, die innere Einrichtung der Hallen wird allseitig als vortrefflich bezeichnet. Besonders die Fischbassins mit fließendem Wasser sind vorzüglich, überall Reinlichkeit und Ordnung. Der Fleischmarkt war nicht minder stark beschickt, als der Gemüsemarkt. Neben den Lebensmitteln zeigen sich zahllose andere Gegenstände, die früher auf den Märkten feilgeboten wurden, und auch hier fehlte es nicht an Käufern. Alles in Allem war der Anfang gut, so daß sich ein gedeihliches Prosperieren der neuen Einrichtung erwarten läßt, die vielen bisherigen Uebelständen ein Ende macht.
- Die Aktiengesellschaft für das "Sanatorium Schweninger" ist nunmehr fertig, Sitz: Heidelberg, Kapital: 1 650 000 M. Aufsichtsrath: Justizrath Siebert in Wiesbaden, Heinrich Krause in Mainz, Rath Fürst in Heidelberg. Der große Neubau für das Sanatorium wird nächste Woche beginnen, der Bau mehrerer Villen ist beabsichtigt. Das Schloßhotel bleibt bestehen. Beim Publikum kann also dann das Mager=, bei den Aktionairen das Fett=Werden losgehen.
- Es ist schon nicht gut, sich auf dem Land zu streiten, unklug aber handelt man, streitet man sich auf dem Wasser. In Leipzig fuhren mehrere junge Leute Kahn auf der Elster. Sie geriethen in Streit, das Boot Schlug um und zwei von ihnen ertranken. Die anderen vermochten sich noch zu retten.
- Aus dem Leben. In einer niederrheinischen Stadt kommt eine junge Dame freudestrahlend zu einer Freundin, fällt derselben jubelnd um den Hals, indem Sie ausruft: "Gott sei Dank, wir gehen nach Paris, Papa ist von einem tollen Hunde gebissen worden.
Vom Schatz im Spandauer Juliusthurm.
Die Besichtigung des Spandauer Juliusthurms und seines kostbaren Inhalts durch die hierzu bestimmten zwei Mitglieder der Reichsschulden=Tilgungskommission geschieht in folgender Weise: Der Zugang zu dem wohlbewachten Reichskriegsschatze kann nur in dem Falle ermöglicht werden, wenn
[ => Original lesen: 1886 Nr. 36 Seite 7]die beiden Kommissionsmitglieder gleichzeitig die in ihrem Besitz befindlichen, übrigens sehr zierlich gearbeiteten Schlüsselchen ins Schloß stecken. Denn auf keine andere Weise ist der trotzige Verschluß zu erzwingen. Ueber die Oeffnungszeit wird jedes Mal ein genauer Vermerk in dem Protokoll angegeben. Dann erst wird die Rotunde betreten, in welcher die blanken 120 Millionen Mark für den Reichsnothfall lagern. Die gewaltige Summe ist in zehn größere Abtheilungen zerlegt, deren jede wieder in zwölf größere Unterrubriken zerfällt, so daß in jeder der letzteren je 1 Million Mark enthalten sein müssen. Jede dieser Einzel=Millionen liegt in zehn Beuteln zu je 100,000 M. von denen zwei Drittel in Zwanzig= und ein Drittel in Zehn=Markstücken aufbewahrt werden. Sobald die Revision beginnt, wird aufs Geradewohl eine der vorhandenen Abtheilungen benannt, aus welcher dann irgend eine der Unterabtheilungen näher angegeben wird, um durchgezählt zu werden. Zu dieser Arbeit wird ein Militärkommando abgeordnet, so daß das mühselige Zählgeschäft in verhältnißmäßig kurzer Zeit erledigt ist. Sind zwei oder drei der 100,000=Beutel aus den verschiedenen Abtheilungen auf die Richtigkeit ihres Inhalts geprüft, dann ist dieser Theil der Revision beendet. Außerdem werden auch noch die Bestände der übrigen drei großen Reichsfonds, wie solche für die Invalidenversorgung, den Festungsbau und die Errichtung des Parlamentsgebäudes vorhanden sind, genau geprüft, nur daß hier die einzelnen Werthe nebst den dazu gehörigen Kouponbogen, die Stückzahl, Nummerzahl, Serien u. s. w. mit den in Inventarbüchern enthaltenen Angaben sorgfältig verglichen werden. Sobald alle diese Einzelheiten geregelt sind, wird das Revisionsprotokoll ausgefertigt und von den zwei Revisoren unterschrieben, die beiden Schlüssel werden alsdann wiederum gleichzeitig eingesetzt und das Verfahren ist beendet. - Ueber die Gewichtsverhältnisse der im Juliusthurm lagernden Millionen dürften die nachstehenden Zahlen einigermaßen Aufklärung gewähren und dem Leser einen ungefähren Begriff von der ungeheuren Schwere des Schatzes beibringen. Dazu ist es nothwendig, die folgende Gewichtsskala voranzuschicken: Auf 1 Million in Gold rechnet man 398 Kilo Gewicht, auf 1 Million, in Silber 5555 Kilo, 1 Million in 10 Pfennigstücken 62 500 Kilo, 1 Million in 5 Pfennigstücken 125 000 Kilo, 1 Million in 2=Pfennigstücken 166,666 Kilo, 1 Million in 1=Pfennigstücken 200,000 Kilo. Demnach bildet der Reichskriegsschatz in Gold ein Gewicht von 47,760 Kilo, in Silber 660,600 Kilo, in Nickelmünze zu 10 Pfennigen 7,500,000 Kilo, in Nickelmünze zu 5 Pfennigen 15,000,000 Kilo, in 2 Pfennigstücken 19,999,200 Kilo, in 1 Pfennigstücken 24,000,000 Kilo.
Besondere Kennzeichen.
Kriminal=Novelle von Ludwig Habicht.
Fortsetzung.
[ => Original lesen: 1886 Nr. 36 Seite 8]Besondere Kennzeichen.
Kriminal=Novelle von Ludwig Habicht.
[Fortsetzung.]
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