[ => Original lesen: 1886 Nr. 14 Seite 1] Dem Comité des Casseler Pferdemarktes in Cassel ist der Vertrieb von 300 Loosen zu einer in Verbindung mit dem daselbst am 31. Mai, 1. und 2. Juni d. J. stattfindenden Pferdemarkte zu veranstaltenden Lotterie nach Maßgabe des preußischerseits genehmigten Ausspielungsplanes im hiesigen Lande gestattet worden.
Neustrelitz, den 11. Februar 1886.
Großherzoglich Mecklenburgische Landes=Regierung.
F. v. Dewitz.
Bekanntmachung.
Die ordentliche Sitzungsperiode des Schwurgerichts beim Großherzoglichen Landgerichte zu Güstrow für das erste Quartal dieses Jahres wird am
Montag, den 8. März d. J.
eröffnet.
Rostock, den 12. Februar 1886.
Der Präsident des Großherzoglichen Ober=Landes=Gerichts.
Dr. Budde.
Dem Reichstage ist am Donnerstag die Vorlage betreffend die Verlängerungsdauer des Sozialistengesetzes um fünf Jahre zugegangen. Demselben ist nur eine kurze Begründung beigegeben.
In der Petitionskommission des Reichstages erklärte der Regierungsvertreter, daß seitens des Reichskanzlers Erhebungen über die Wirksamkeit des Gesetzes betr. den Unterstützungswohnsitz angeordnet seien und daß seitens des Bundesraths je nach Ausfall dieser Erhebungen eine Revision des Gesetzes angeregt werden würde.
In der Arbeiter=Schutzkommission hat sich der Regierungskommissar gegen die Einschränkung der Kinderarbeit erklärt.
Dem Vernehmen nach wird die Branntweinmonopol=Vorlage dem Reichstage unter Ausschluß Bayerns, Badens und Württembergs zugehen, da diese Staaten die Ausdehnung des Gesetzes auf ihre Gebiete von der Zustimmung ihrer Landtage abhängig machen.
Das Centrum soll fest entschlossen sein, einstimmig gegen die Verlängerung des Sozialistengesetzes zu votiren und nur Abwehr=Bestimmungen auf dem Boden des gemeinen Rechts zuzugestehen.
In der Polenfrage ist dem preuß. Abgeordnetenhause am Dienstag eine Vorlage zugegangen. Der Entwurf betrifft die Beförderung deutscher Ansiedelungen in den Provinzen Westpreußen und Posen, zu welchem Zwecke der Regierung 100 Mill. Mark zur Verfügung gestellt werden sollen.
Das Centrum ist nicht die katholische Kirche, sagte Bischof Kopp von Fulda bei seinem Besuche in Berlin. Das soll bedeuten: Rom kann und wird nötigenfalls auch über die Köpfe des Centrums weg Frieden mit Preußen schließen. Dieser bischöfliche Ausspruch geht Windthorst gewaltig im Kopf herum; sollte es schon so weit zwischen Rom und Berlin gekommen sein?
In dem Landesverrathsprozeß wider den dänischen Kapitän a. D. Sarauw und den Journalisten Röttger aus Mainz erkannte das Reichsgericht gegen Sarauw auf 12 Jahre Zuchthaus und 10 Jahre Ehrverlust, Röttger wurde freigesprochen.
Es finden zur Zeit Erwägungen wegen Ermäßigung des Postpacket=Bestellgeldes statt. Es ist in Aussicht genommen, im Ortsbestellbezirke allgemein die Sätze von 5 . für Packete bis 5 Kg. und von 10 . für schwerere Packete einzuführen; im Landbestellbezirke würde das Doppelte dieser Sätze zur Erhebung kommen.
Das Kammergericht in Berlin hat in einem Prozesse darauf erkannt, daß Trinkgefäße für Bier, Wein etc. in Wirthshäusern nur einen Füllstrich haben dürfen. V. R. W.
Die bayrische Kammer hat sich mit 90 gegen 45 Stimmen gegen das Branntweinmonopol entschieden.
Im Wiener Gemeinderath wurde der Antrag eingebracht, zum 40jährigen Regierungsjubiläum des Kaisers Franz Josef (2. Dezember 1888) in Wien eine Reichs=Gewerbeausstellung zu veranstalten.
Eine Uebereinkunft zwischen Preußen und Belgien, betreffend das belgische Guthaben wegen der während des Krieges 1870/71 zurückbehaltenen Wagen der belgischen Staatsbahn, ist dahin abgeschlossen worden, daß Belgien eine Abfindung von nahezu 900 000 Frank erhält.
Der Congostaat hat dem König Leopold von Belgien einer Meldung des "Hamb. Korr." zufolge nicht weniger als 14 Millionen Frank aus seinen Privatmitteln gekostet.
Auffallend ist die Nachricht, die sich das Berliner Tageblatt aus Oesterreich telegraphiren läßt, daß französische Offiziere auf Urlaub längeren Aufenthalt in Wien, Prag, Graz, Salzburg und Innsbruck genommen haben, um die deutsche Sprache zu erlernen.
Die am Dienstag Nachmittag stattgehabten Arbeiter=Krawalle in London sind sehr ernster Natur gewesen. Auch am Mittwoch haben dieselben noch
[ => Original lesen: 1886 Nr. 14 Seite 2]fortgedauert Hunderte von Menschen zogen in den Straßen des Westend umher, schrieen und lärmten, die Läden und Hausthüren waren jedoch geschlossen und die Polizei säuberte nach kurzen Tumulten die Straßen. Die Blätter verlangen einstimmig, daß die Regierung mit aller Strenge gegen die socialistischen Führer und Hetzer vorgehe und Herr Gladstone findet demgemäß auch nach dieser Richtung gleich bei seinem Amtsantritt genug zu thun. Aus den neuesten Berichten geht hervor, daß das Zerstören und Plündern der Läden ohne Auswahl erfolgte. Mehrere Juweliere und Goldarbeiter haben Waaren im Werth von Hunderten von Pfund verloren; zwei Leute wurden auf der Straße ihrer Uhren beraubt. Die Ladeninhaber veröffentlichen Berichte, in denen sie die Verluste, welche sie erlitten haben, mittheilen und die Aufmerksamkeit der Behörden auf die sofortige Bildung außerordentlicher Polizeikräfte zur Sicherstellung des Publikums lenken. Bei dem Einwerfen der Fenster in St. James Street und Piccadilly bediente sich der Pöbel meist der aus den Läden geraubten Gegenstände, wie Flaschen, Kisten und Schuhwerk.
Nachdem die neue englische Regierung keinen Zweifel darüber gelassen, daß sie die Politik des zurückgetretenen Kabinets Salisbury nach außen hin genau innehalten werde, ist die letzte Hoffnung Griechenlands dahingesunken; gleichzeitig aber auch diejenige Serbiens, welch' letzteres immer noch einen Umschwung durch einen türkisch=griechischen Krieg erwartet hatte. Nunmehr werden auch die Bukarester Friedensverhandlungen rascher von statten gehen, wobei Serbien seinen Einwand gegen die bulgarisch=ostrumelische Vereinigung, die Pforte dagegen ihre Forderung auf Kriegsentschädigung an Bulgarien fallen lassen wird.
Paris findet, daß es der Sozialisten zu viel hat und hat ihrer fünf, 1 Russen, 1 Polen, 1 Belgier und 2 Deutsche unter sicherm Geleit an die belgische Grenze gebracht.
In Petersburg werden Maßnahmen zur völligen Verschmelzung von Russisch=Polen mit dem übrigen russischen Reiche vorbereitet.
- Währung nennt man die allgemein gültige, durch Bestimmung über Münzfuß und Metallart festgesetzte Einheit des Preismaßes oder die Geldart, welche gesetzliches Zahlmittel ist. Die einfache Währung (Gold= oder Silberwährung) kennt nur Courantmünzen, entweder aus Gold oder aus Silber, welche in jedem Betrag an Zahlungsstatt angenommen werden müssen. Doppelwährung ist diejenige, welche sowohl Gold= als Silbermünzen in beliebigem Betrag zu gesetzlichen Zahlmitteln erklärt. Die Papierwährung (gegenüber der Metallwährung) entsteht, wenn bei Zwangscours zu viel Papiergeld ausgegeben wird und in Folge davon der Cours derselben unter Pari sinkt.
- Die Mehrzahl der europäischen Fürstenhäuser ist deutschen Ursprungs. In England herrscht das Haus Hannover=Sachsen=Coburg; in Rußland, Dänemark und Griechenland das Haus Oldenburg; in Oesterreich das Haus Habsburg=Lothringen; in Italien das Haus Savoyen, welches seinen Ursprung auf altsächsische Grafen zurückführt. In Portugal und Belgien besitzt das Haus Sachsen=Coburg den Thron; in den Niederlanden das Haus Nassau. Endlich haben zwei deutsche Prinzen aus den Häusern Hohenzollern und Battenberg neue Dynastien in Rumänien und Bulgarien begründet.
- Jagdscheine wurden in Preußen im vergangenen Jahre 68 205 ausstellt; es sind das 3282 mehr als im Vorjahre. Davon entfallen auf Berlin nur 2132, auf die Provinz Brandenburg 16 048. Eine Statistik der Sonntagsjäger existiert leider nicht.
- Hamburg. Seit längerer Zeit hatte der eine der von den Singhalesen mitgebrachten Riesenelephanten, der sich in der großen Hagenbeckschen Menagerie befand, Spuren von Tobsucht gezeigt und man mußte sich entschließen, das auf 12 000 M. geschätzte schöne Thier zu tödten. Ein Engländer hatte früher einmal das Anerbieten gemacht, wenn sich die Gelegenheit bieten sollte, einen kranken Elephanten zu erschießen, 1000 M. zu geben. Derselbe wurde telegraphisch herbeigerufen, stand aber doch Angesichts der Wildheit des Thieres von einem Schießversuch ab. Man entschloß sich deshalb, den Elephanten zu erdrosseln. Dem gefesselten Thiere wurden zwei Ketten um den Hals gelegt und von beiden Seiten durch Flaschenzüge angezogen. Nach 10 Minuten war der Koloß eine Leiche.
- In Jena gab ein Bürger einem fechtenden Handwerksburschen eine Kupfermünze, er hatte sich aber vergriffen und ein 10=Markstück gegeben. Mit Hülfe eines Schutzmanns suchte er den Fechtbruder und traf ihn kreuzfidel zechend im "Fremdenverkehr." Eine Mark und neunzig Pfennige waren verkneipt, den Rest erhielt er zurück.
- Eine Aufmerksamkeit Bleichröders. Der Reichskanzler Fürst v. Bismarck hat sich, wie berliner Zeitungen berichten, in diesen Tagen einer sehr bemerkenswerthen Aufmerksamkeit zu erfreuen gehabt. Es ist nämlich von dem Bankier Gerson v. Bleichröder eine Baustelle in der Voßstraße, die an den Garten des Reichskanzlers stößt, erworben worden, damit Sie nicht in die Hände eines Bauunternehmers gelangen könnte, der den Bauplatz zur Errichtung eines Gebäudes würde ausgenutzt haben. Nach Bleichröder'schen Bestimmungen bleibt die Baustelle unbenutzt liegen, so lange Fürst Bismarck das Reichskanzler=Palais bewohnt. Es soll dem Kanzler in seinem Garten die freie Luft nicht versperrt werden; auch soll der Garten nicht dadurch leiden, daß ihm entlang irgend ein Spekulant ein Hintergebäude mit häßlicher Hinterwand errichtet. Eine derartige Aufmerksamkeit kann sich eben nur ein Bleichröder leisten, dem es nichts verschlägt, ob das zu sehr hohem Preis erstandene Voßstraßen=Grundstück sich verzinst oder nicht. Der Bleichrödersche Bauplatz liegt auf der linken Seite der Voßstraße von der Wilhelmsstraße aus, wenige Schritte von dieser entfernt.
- Ein echter Goldonkel ist der Erzherzog Albrecht von Oesterreich. Seiner Nichte, der Erzherzogin Maria Theresia, und seinem Neffen, dem Erzherzog Carl Stephan, die in den nächsten Wochen einander heirathen, hat er zwei große Rittergüter zum Hochzeitsgeschenk gemacht. Sie werden um so willkommener sein, wenn man daran denkt, daß der Titel Erzherzog oft durchaus nichts mit Erz zu thun hat.
- 750 000 M. wurden für die John'sche, früher Kadesche Apotheke in Berlin bezahlt. Vor etwa zehn Jahren war sie für die Hälfte verkauft worden.
- Antwerpen wurde am Montag von einem furchtbaren Unglück heimgesucht. Ein Theil der Festungswerke ist urplötzlich mit Donnerkrachen eingestürzt. Zahlreiche Menschen sind verunglückt. Der Schaden beträgt über drei Millionen Gulden.
- Der Vesuv ist bei der Arbeit. Wie der "Voss. Ztg." gemeldet wird, floß in der Nacht zum Sonnabend ein starker Lavastrom aus dem oberen Krater des Vesuvs in nördliche Richtung dem Atris di Cavallo zu, dessen Fuß er bald erreicht haben wird. Der feurige Strom bildet im Gegensatz zu den ihn umgebenden Schneefeldern ein herrliches Schauspiel.
- Pflanzenstatistik. In unsern Gärten werden ungefähr 2300 verschiedene Pflanzen gezogen, die irgend einen Nutzen haben. Von diesen werden 1140 zu medizinischen oder verwandten Zwecken benutzt, 283 liefern eßbare Früchte und Samen, 117 geben Gemüse, 104 besitzen eßbare Wurzeln, Knollen und Zwiebeln, 40 gehören zu den Getreidearten, 21 geben Sago, etwa ebensoviele liefern Zucker und Honig, 6 geben Honig, 30 fette Oele. Also dienen an 600 wirkliche Pflanzenarten (die bloßen Abarten nicht mit eingerechnet) zur Nahrung. 8 Arten liefern Wachs, 76 Farbstoff, 16 Natronsalze, 40 werden als Futtergewächse kultiviert und 2000 werden zu verschiedenen technischen und gewerbliche Zwecken verwendet, giftige Pflanzen werden etwa 250 kultiviert.
- Vor einigen Tagen verkaufte ein Händler in Chicago einem Kaufmann eine Quantität Eier unter der Vorspiegelung, daß es frische Hühner=Eier seien. Als später einige derselben gekocht wurden, fand man, daß sich Eiweiß und Dotter nicht trennen ließen, und entdeckte, daß man es mit künstlichen Eiern zu thun hatte, die aus Alumin, Saffran und Mohrüben gemacht waren. Der Händler welcher aussagte, daß die Eier von einer Firma, die er indes nicht nennen wollte, fabriziert werden, wurde vom Gericht zu einer Geldbuße von 50 Dollar verurtheilt.
[ => Original lesen: 1886 Nr. 14 Seite 3]- Mittel gegen Schaben. Das beste Mittel gegen dieses lästige Ungeziefer ist ungereinigte Karbolsäure, mit welcher die Stellen, an welchen sich die Thiere aufzuhalten pflegen, besprengt werden. Schaben, welche von der Karbolsäure beim Spritzen getroffen werden, gehen sofort zu Grunde.
- Stahlfeder=Konservierung. Wenn man eine Stahlfeder vor dem Gebrauche in eine frische zerschnittene Kartoffel steckt, so läßt sie sofort die Tinte gut fließen. Ist eine Feder mit einer Tintenkruste überzogen, so genügt es, sie ein oder zweimal in eine Kartoffel zu stoßen, um sie wieder rein zu machen. In manchen englischen Kontoren befindet sich auf jedem Schreibpulte eine Kartoffel, in die man die Feder steckt, wenn man zu schreiben aufhört.
Anzeigen.
Das auf der Baek bei Ratzeburg belegene s. g. Herrenhaus soll auf Abbruch verkauft werden und steht zu diesem Zwecke ein Termin auf
Sonnabend, den 20. ds. Mts.,
Vormittags 9 1/2 Uhr,
im Lokale des Gastwirths Spolert zu Baek
an, zu welchem Kaufliebhaber mit dem Bemerken geladen werden, daß die Bedingungen vor Eröffnung des Termins bekannt gemacht werden sollen, auch in der hiesigen Registratur eingesehen werden können.
Schönberg, den 9. Februar 1886.
Großherzogl. Mecklb. Domainen=Amt
F. Graf Eyben.
Antragsmäßig soll über das zu Schönberg an der Siemzer=Straße sub Nr. 183 belegene Wohnhaus c. p. der Ehefrau des Kornhändlers Krohn allhier, Maria geb. Maaß, ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf
Sonnabend, den 20. Februar 1886,
Vormittags 10 Uhr,
peremtorisch und unter dem Nachtheil hiermit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermin ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 30. November 1885.
Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Antragsmäßig soll über die zu Gr. Mist sub Nr. VIII belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths Joachim Kreutzfeldt daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstück zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf
Dienstag, den 4. Mai d. J.
Vormittags 10 Uhr
peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück, sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 11. Februar 1886.
Großherzogl. Amtsgericht.
G. Horn.
A. Dufft.
Zur Ausloosung der Geschworenen, welche für die am Montag, den 8. März d. J. bei dem hiesigen Landgerichte beginnenden ordentlichen Sitzungen des Schwurgerichts in die Spruchliste aufzunehmen sind, habe ich auf
Freitag, den 19. Februar 1886,
Mittags 12 Uhr,
eine öffentliche Sitzung des Großherzoglichen Landgerichts in dem Sitzungs=Zimmer der Civilkammer 1 anberaumt.
Güstrow, den 13. Februar 1886.
Der Präsident
des Großherzoglich Mecklenburg Schwerinschen Landgerichts.
gez: von Amsberg.
Hagelschaden-Versicherungs-Verein für Mecklenburg-Schwerin und Stelitz.
Die 33. ordentliche Generalversammlung der Herren Vereinsmitglieder wird
am Mittwoch, den 3. März d. Js.,
Morgens 11 Uhr,
zu Schwerin in "Stern's Hotel" stattfinden und kommen folgende Gegenstände zur Verhandlung:
1. Bericht über die im Jahre 1885 stattgehabte Verwaltung und Vorlage der Rechnung vom 1. März 1886, sowie der revidirten Rechnung vom 1. März 1884/5.
2. Wahl neuer Beamte für die nach Ablauf ihrer Dienstzeit statutenmäßig ausscheidenden Herren und zwar
a) des Direktors für die Jahre 1886/89 incl.
b) der Districts=Vorsteher im 2., 6. und 8. District.
3) Wahl neuer Taxanten für diejenigen Herren, deren Dienstzeit abgelaufen.
4) Berathung und Beschlußnahme über Anträge auf eine Veränderung der im § 35 der Statuten vorgeschriebenen Gefahrklassen.
5) Beschlußnahme über Vereinsangelegenheiten, welche von der Direction zur Entscheidung der General=Versammlung gestellt werden.
Die Herren Vereins=Mitglieder werden ersucht, sich zahlreich einzufinden.
Grevesmühlen, den 28. Januar 1886.
Die Direction:
M. von Leers auf Mühlen=Eixen.
Guten, trockenen Torf,
à Mille Rm. 5,00, hat noch abzugeben
C. Rahn.
per 100 Soden verkaufe von jetzt an nur jeden Sonnabend Nachmittag von 1 bis 5 Uhr.
Gesucht zu Ostern ein Vorarbeiter (Vogt) bei freier Wohnung und gutem Lohn von
A. Russwurm,
Lockwisch.
Auf Hof=Römnitz bei Ratzeburg findet zu Ostern ein verheiratheter
Kuhfütterer
hohen Verdienst und Wohnung.
Bei einer gebildeten Familie finden
kleine Mädchen,
welche die Schule in Lübeck besuchen sollen, freundliche Aufnahme. Offerten sub. St 19 bef:
Fräulein Dorette Gusmann
in Lübeck.
Ein ordentliches Mädchen
wird zu Ostern d. J. in Ratzeburg gegen guten Lohn gesucht. Näheres ist zu erfahren bei
J. Ludw. D. Petersen.
Delicater Heide-Scheiben-Honig
Pfd. 70 Pf., zweite Waare 50 Pfg., Leckhonig 50 Pfg. Seim (Speisehonig) Pfd. 40 Pfg., Futterhonig gestampft 40 Pfg., in Scheiben 50 Pfg. Postcolli gegen Nachnahme en gros billiger. Nichtpassendes nehme umgehend franco zurück.
Soltau, Lüneburgerheide.
E. Dransfeld's Imkereien.
[ => Original lesen: 1886 Nr. 14 Seite 4]Gothaer Lebensversicherungsbank.
Versich.=Bestand am 1. Jan. 1886: 66 460 Personen mit 490 500 000 M.
Bankfonds am 1. Jan. 1886: ca. 128 900 000 M.
Versicherungssumme ausbezahlt seit Beginn ca. 164 400 000 M.
Neuer Zugang im Jahre 1885 36 250 000 M.
Dividende 1886 für 1881:
43 % der Jahres=Normalprämie nach dem alten Verteilungssystem,
33 % der Jahres=Normalprämie und 2,2 % der Prämienreserve als Dividende nach dem im Jahre 1883 eingeführten neuen "gemischten" Verteilungssystem, was im Verhältnis zur Jahres=Normalprämie für das jüngste beteilige Versicherungsalter 34 % und für das höchste beteiligte Versicherungsalter 115 % als Gesamtdividende ergiebt.
Neu Beitretende haben sich bei der Antragstellung für das alte oder neue Dividendensystem zu entscheiden.
Alles Nähere zu erfragen bei
Wilh. Schrep.
Ausverkauf bei Ludwig Wendt in Lübeck
bis Ende Februar
von allen gangbaren Artikeln des reichhaltigen
Confection- und Manufakturwarenlagers
zu sehr billigen Preisen.
Geburts=Anzeige.
Durch die am 12. d. M. 8 1/2 Uhr Abends erfolgte glückliche Geburt eines kräftigen Mädchens wurden hocherfreut
Schönberg, den 13. Februar 1886.
Aktuar A. Dufft und Frau
Auguste geb. Müller.
Heute Morgen 5 Uhr entschlief sanft und ruhig unsere liebe Mutter und Schwiegermutter
big>Marie Janssen geb. Dechow
im Alter von 54 Jahren, tief betrauert von
ihren Kindern, Verwandten
und Bekannten.
Klein Rünz, den 13. Februar 1886.
Die Beerdigung findet am Donnerstag den 18. Februar 11 Uhr vom Sterbehause aus statt.
1500 - 2000 Mark
kann Jedermann reell jährlich ohne Kapital und Risico bei mir durch den Verkauf von gesetzlich erlaubten Staats= u. Prämien=Loosen verdienen. Offerten mit Angabe der gegenwärtigen Beschäftigung an Bankhaus Max Grünwald, Frankfurt am Main.
Blasenkrankheiten
(auch Bettn., Stein etc.) Schwäche etc. selbst in den verzw. Fällen heilt sicher in kurzer Zeit. - Prosp. gratis - F. C. Bauer, Specialist, Basel-Binningen (Schweiz).
Bei vorkommendem Bedarf halte ich mein
Sarg=Magazin
dem geehrten Publikum von Schönberg und Umgegend bestens empfohlen.
C. Stemmann, Tischlermeister,
Wilh. Stüve Nachfolger.
Warnung.
Hierdurch warne ich Jeden, ohne baare Bezahlung auf meinen Namen etwas verabfolgen zu lassen, da ich für keine Zahlung hafte.
Schulze Freitag,
in Wahlsdorf.
Das grosse
Bettfedern-Lager
William Lübeck in Altona.
versendet zollfrei gegen Nachnahme (nicht unter 10 Pfund) gute
neue Bettfedern für 60 Pfg. d. Pfd.
vorzüglich gute Sorte 1,25 . d. Pfd.
Prima Halbdaunen 1,60 . d. Pfd. und 2 M. d. Pfd.
Bei Abnahme v. 50 Pfd. 5 % Rabatt.
Unentgeltlich
versendet Anweisung z. radicalen Heilung der Trunksucht auch ohne Vorwissen und ohne Berufsstörung. Die Privat=Anstalt für Alkoholismus, (Baden.) Briefen sind 20 Pfg. Rückporto beizufügen. Die nach Vorschrift des Herrn Prof. Dr. L. zu vollziehende Heilmethode ist gegen anderen als hervorragendste anerkannt.
Als
Lohndiener
empfiehlt sich und bittet um gütiges Wohlwollen
H. Ratzeburg.
Verloren am Mittwoch, den 10. d. M.
ein Wagenlaken
auf dem Wege von der Maurinmühle nach Stove.
Kaiser.
Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage.
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1886 Nr. 14 Seite 5]Beilage
zu Nr. 14 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 16. Februarr 1886.
- Die Hinrichtung des Raubmörders Schunicht. Auf dem Hof der Strafanstalt zu Moabit bei Berlin fand am Montag früh um 7 1/2 Uhr die Hinrichtung des Raubmörders Schunicht, der im Mai v. J. die Wirtschafterin Weber in Berlin umgebracht hatte, durch den Scharfrichter Krauts statt. Dem Delinquenten, der sich noch im Moabiter Untersuchungsgefängniß befand, war am Sonntag durch den Staatsanwalt Höppner der Erlaß mitgetheilt worden, daß der Kaiser von dem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch mache, und daß die Vollstreckung des Urtheils am Montag früh stattfinden werde. Mit an Gleichgültigkeit grenzender Ruhe hatte Schunicht diese Mittheilung entgegengenommen. Um 3/4 12 Uhr wurde Schunicht in die sogenannte Mörderzelle geführt. Inzwischen hatte der Maschinenmeister Bleise unter Hülfe von 10 Strafgefangenen und unter Aufsicht des Scharfrichters Krauts mit dem Aufschlagen des Schaffots in der nördlichen Ecke des genannten Hofes begonnen, eine Arbeit, die um 5 Uhr beendet war. Schunicht, dessen Zelle so gelegen war, daß er das bei der Arbeit unvermeidliche Hämmern nicht hören konnte, trug stoische Ruhe zur Schau, ununterbrochen Cigarren rauchend. Gegen Abend erschien Herr Kaplan Scholz von der St. Hedwigskirche, der dem Delinquenten bereits im Lauf des Morgen, ehe noch die Vollstreckung publizirt war, die heiligen Sakramente verabreicht hatte. Beim Eintritt des Geistlichen schien Schunicht bewegt; er bat, daß ihn der Geistliche nicht verlassen möge und erkundigte sich im Laufe des Gesprächs nach seiner in Dalldorf befindlichen Frau, bei allem eine tiefe Reue über das begangene Verbrechen an den Tag legend. Erst gegen Mitternacht legte sich Schunicht nieder, ohne jedoch Ruhe zu finden. Am Montag früh um 1/2 7 Uhr wurde ihm die Anweisung gegeben, sich anzukleiden. Inzwischen hatten sich auf dem Vorhof der Strafanstalt, durch Erlaubnißkarten legitimirt, ungefähr 80 Personen versammelt, von wo sie nach dem Innen= oder Schulhof geführt wurden. Punkt 7 1/2 Uhr begann die Armensünderglocke zu läuten; geleitet von dem Geistlichen und dem Oberaufseher Lemke erschien Schunicht, der ein kleines goldenes Kruzifix fest an die Brust drückte, seinen Hut in der linken Hand, und machte an einem vor dem Schaffot stehenden Tisch, an dem Staatsanwalt Höppner und Landgerichtssekretair Krenkel Aufstellung genommen hatten, Halt. Staatsanwalt Höppner verlas noch einmal das Todesurtheil und die Allerhöchste Entscheidung und forderte Schunicht auf, die Unterschrift des Kaisers in Augenschein zu nehmen. Schunicht antwortete mit einem lauten "Ja," gab dem Geistlichen das Kruzifix zurück und dankte demselben. Auf die Anrede des Staatsanwalts: "Scharfrichter Krauts, ich übergebe Ihnen hiermit den Delinquenten zur Vollstreckung des Todesurtheils, walten Sie Ihres Amtes" ergriff Krauts den Verurtheilten, der vorher noch den nächsten Umstehenden mit schwacher Stimme eine "guten Morgen, meine Herren," gewünscht hatte, am linken Arm und führte ihn die wenigen Stufen zum Schaffot empor. Oben angekommen wurde Schunicht von Scharfrichtergehülfen seiner Oberkleider entledigt und aufgefordert, sich auf das Brett zu legen. Unterstützt von den Gehülfen, leistete er dieser Aufforderung Folge, während ein Gehülfe mittelst einer Binde den Kopf fest an den Block zog. In demselben Moment blitzte das 11 Pfund schwere Beil in der Luft und blieb, niedersausend und den Kopf vom Rumpf trennend, tief im Block sitzen. Die Prozedur, von dem Moment der Urtheilsverlesung bis zur Vollstreckung, dauerte 2 Minuten. Kurz darauf wurde der leblose Körper in einen Sarg gelegt. Abweichend von früheren Hinrichtungen wurde der Leichnam nicht auf dem Anstaltskirchhof beerdigt, sondern mittelst eines Leichenwagens nach dem städtischen Armenkirchhof in Lichtenberg geschafft, wo 2 Stunden später die Beerdigung erfolgte.
- Die Entfernung kleiner Körper aus den Augen, deren Anwesenheit selbst ruhige Menschen rasend machen kann, gelingt sehr leicht mit den Körnern des Leins. Ein bis zwei Leinsamenkörner werden zwischen die Augenlieder gebracht, wo sie sofort Schleim bilden, der die fremden Körper einhüllt und nach einer kleinen Weile entfernt.
- Die erste Schlittschuh=Papierbahn ist zu Indianopolis (Nordamerika) gelegt worden. Die Herstellung geschah in der Weise, daß Strohpappdeckel zusammengekleistert und einem hohen Druck ausgesetzt wurden durch ein Verfahren, wie solches bei Herstellung von papiernen Eisenbahnrädern angewendet wird. Die dicken Platten wurden alsdann mit der Säge zerschnitten. Die Bahn wurde mit Sandpapier so behandelt, daß sie keine Fuge zeigte und so glatt wie eine Eisfläche ist. Man fährt auf der Bahn ganz ausgezeichnet und fast vollständig geräuschlos.
- Auf der Linie Leipzig=Hof passiren mit ziemlicher Regelmäßigkeit italienische Gemüsewagen, welche schon äußerlich durch farbige Schilder und italienische Aufschriften kenntlich sind. Sie kommen aus Turin und sind eine Erscheinung der neuen Zeit; denn erst nach der Eröffnung des St. Gotthard=Tunnels haben diese südländischen Gäste auf unserer Bahnlinie sich eingestellt. Einen hohen Prozentsatz der Ladung dieser Wagen bilden die Apfelsinen. Der Apfelsinenhandel nimmt seit der Eröffnung der St. Gotthardbahn mit jedem Jahr einen immer größeren Umfang an und hat sich in der Reichshauptstadt bereits zu einem Industriezweig gebildet. Während früher der Seeweg benutzt wurde und Hamburg der Hauptstapelplatz für diese so beliebte Südfrucht war, ist seit Benutzung des Schienenweges durch den Gotthard für den Handelsverkehr zwischen Italien und Deutschland in dieser Beziehung ein völliger Umschwung eingetreten; an die Stelle Hamburgs ist Berlin als Centralmarktplatz für Südfrüchte getreten und der Handel in diesem Artikel hat seitdem eine Ausdehnung gewonnen, von der man sich kaum eine Vorstellung machen kann. Dieser kolossale Aufschwung eines bis dahin unscheinbaren Handelsartikels ist wohl hauptsächlich dem Preisrückgang zuzuschreiben, der stetig zunimmt.
- In Paris hat sich ein Verein junger Leute konstituirt, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die gesunkene Tanzlust der jungen Herrenwelt zu heben. Wer von den Mitgliedern sich am Schluß des Karnevals über den Besuch der meisten Bälle ausweist, bekommt ein künstlerisch ausgestattetes Diplom. Jedes Hundert erwiesenermaßen getanzter Quadrillen wird mit Preisen von einem Napoleond'or belohnt. Der Besitzer der meisten Kotillonorden, deren jeder rückwärts die eigenhändige Unterschrift der Spenderin tragen muß, erhält eine Flasche Champagner. Ueber Rundtänze, Walzer, Polka etc. wachen eigene Aufseher und, wer da fleißig mitthut, kann auf eine "ehrenvolle Anerkennung" rechnen. Der Verein hat auch unterstützende Mitglieder; bisher haben Damen die namhaftesten Summen gezeichnet. Wir sind auf den ersten Jahresbericht neugierig.
- Ein Bauer aus der Umgegend von Neu=Ruppin hatte unlängst seinen Bauerhof an seine einzige Tochter überlassen - Söhne hatte er nicht, - welche sich demnächst verheiratete. In dem
[ => Original lesen: 1886 Nr. 14 Seite 6]Kaufvertrage hatte sich der Bauer einen Altentheil für sich und seine Frau und darunter auch jährlich vier freie Reisefuhren bis auf 3 Meilen Entfernung von seinem Altensitze aus mit dem Gespann der Hofannehmerin ausbedungen. Mittels solcher Reisefuhre reiste er nun in Begleitung seiner Frau nach dem 2 1/2 Meilen entfernt liegenden Städtchen W. Nachdem Beide dort ihre geschäftlichen Angelegenheiten befolgt und am Nachmittag nach Hause fahren wollten, war das Fuhrwerk bereits wieder abgefahren. Es blieb also den beiden Alten nichts weiter übrig, als sich ein Fuhrwerk zu miethen. Der Schwiegersohn behauptet nun, in dem Vertrage stehe nur, daß die Hofannehmerin verpflichtet sei, die freie Reisefuhre bis auf 3 Meilen Entfernung zu leiste aber davon, daß sie die Altbesitzer auch wieder nach Hause schaffen müsse, stände in dem Vertrage kein Wort geschrieben. Der Richter wird entscheiden. Wiederum ein Beweis, zu welchen Streitigkeiten oft die Altentheilsverträge führen.
Die blattlahme Stute.
(Schluß.)
Der Herzog nickte beistimmend mit dem Kopf; ich bestieg das Pferd und ritt nach den Linden, gefolgt von meinem Käufer, während die Fürsten von Dessau und Sachsen=Weimar plaudernd auf dem Plateau auf= und abgingen. Auf dem erwähnten Rasenplatz angekommen, bat ich den Herzog, das Pferd zu besteigen und hielt ihm den Steigbügel. Se. Hoheit schwang sich aufs Pferd. Wahrlich, als ich den fürstlichen Käufer so dasitzen sah, fest und sicher, wie den besten Reiter, wie ich merkte, daß er prüfend alle möglichen Gangarten mit dem Thier machte, bald in kurzem Galopp, bald in leichtem Schritt ritt, überkam mich eine gewaltige Angst und ich hätte viel darum gegeben, wenn mir ein Deos ex machina die Rolle des Verkäufers wider Willen abgenommen hätte. Endlich war die Prüfung zu Ende; der Herzog von Meiningen lenkte von der Rasenbahn ab und ritt auf dem Steinpflaster nach dem Schloß des Prinzen. Er schien recht zufrieden mit dem Thier zu sein und das gab mir nicht allein meinen ganzen Muth wieder, sondern es machte mich auch so kühn, dem Herzog Vorwürfe zu machen. Er war nämlich, nachdem er mit dem Thier an das Schloß geritten war, auch noch die vier Stufen der Freitreppe hinauf auf das Plateau gesprengt, wo die beiden Fürsten standen.
"Ew. Hoheit halten zu Gnaden," sagte ich in vorwurfsvollem Ton zu dem Herzog, "aber durch solch' verwegenes Treppensteigen kann das Pferd leicht etwas abbekommen. Es sind schon oft genug derlei Fälle vorgekommen, und wenn, wie mir das schon einmal passirt ist, das Pferd blattlahm wird, dann machen mir Ew. Hoheit wohl gar noch Vorwürfe und beschuldigen mich, Höchstdesselben ein lahmes Pferd verkauft zu haben."
Der Großherzog von Weimar drehte sich um, um ein Lachen zu verbeißen, das ihm bei meinen Worten aufstieg. Der Herzog Franz blieb zwar scheinbar ruhig und unbefangen stehen, aber in seinen Augen glänzte etwas, das mir zu sagen schien: Bravo Mortgen! "Habe keine Angst, Mortgen!" sagte der Herzog von Meiningen, der das Treffende meines Vorwurfs wohl gefühlt hatte, besänftigend zu mir, "das Pferd ist gesund und wird davon nicht blattlahm. Wenn Du es mir für 30 Louisd'or lassen willst, so will ich es behalten. In dem Fall kannst Du morgen auf das Schloß kommen und Dir Dein Geld holen." Genug, ich sagte "Ja" und der Handel war abgemacht. Schon wollte ich mich von den hohen Herrschaften verabschieden, als der Herzog Franz mich zu sich heranrief.
"Hast Deine Sache gut gemacht, Mortgen," sagte er leise zu mir, während die beiden anderen Fürsten mit einander diskutirten, "ich bin zufrieden mit Dir!" "Ew. Durchlaucht gnädige Worte", sagte ich, mich verbeugend und mit ebenso leiser Stimme, "entschädigen mich hinreichend für die Angst, die ich während des Proberitts Sr. Hoheit ausgestanden habe. Wenn Ew. Durchlaucht es nicht übel nehmen, so möchte ich bitten, mit der Entdeckung und Aufklärung des wahren Sachbestandes solange zu warten, bis ich das Geld ausgezahlt bekommen habe und der Handel also thatsächlich zu Ende geführt ist. Der Herzog versprach es mir und ich war entlassen. Die Stute wurde zu den übrigen Pferden des Herzogs von Meiningen, die im "Goldenen Ring" untergebracht waren, gestellt und, nachdem ich andern Morgen auf dem Schloß die Kaufsumme erhalten, ließ ich mich bei dem Herzog Franz anmelden, und fand, als ich vorgelassen wurde, schon den Großherzog von Weimar gegenwärtig. Ich überreichte meinem Fürsten die 30 Louisd'or, der Herzog schob mir zehn davon zurück und sagte: "Für Deine Angst, Mortgen!" "Ew. Durchlaucht," sagte ich, "haben mich für alle Angst schon überreich belohnt, als Sie mir gestern Ihren Beifall zu erkennen gaben. Dies Geld habe ich nicht verdient! "Sei kein Narr, Mortgen, und nimm das Geld!" sagte der Herzog. "Welche Bedenklichkeiten!" fügte der Großherzog hinzu. "Aber, Ew. Durchlaucht," erwiderte ich, "ich habe es ja nicht verdient!" "Nimm das Geld," sagte der Herzog Franz mit einer entscheidenden Handbewegung, indem er leicht die Stirn runzelte. "Wenn Du es nicht nimmst, so kannst Du versichert sein, daß ich Dich bei keiner Gelegenheit wieder berücksichtigen werde!" Nun, wenn Ew. Durchlaucht es nicht anders wollen," sagte ich resignirt, indem ich das Geld einstrich, "so mag es sein. Aber," fügte ich tragikomisch hinzu, "Durchlaucht, ich bin unschuldig an der blattlahmen Stute." Die beiden Fürsten lachten, lobten mich nochmals und entließen mich dann.
Nach einigen Tagen reisten die hohen Herrschaften zur Michaelismesse nach Leipzig. An dem Sonntag, an dem die Messe eingeläutet wurde, saßen die drei Fürsten zusammen an der Tafel im "Helm" und sprachen von diesem und jenem und wieder kam das Gespräch, diesmal aber vom Großherzog von Weimar absichtlich darauf hingeleitet, auf den Pferdehandel und wieder trat der Herzog von Meiningen mit seiner Behauptung auf. Nachdem absichtlich hin= und hergestritten war, sagte der Herzog Franz: "Sie behaupten, Herr Vetter, daß Sie nicht zu betrügen seien und dennoch hat man Sie vor einigen Tagen in unserem Beisein zu Dessau recht tüchtig betrogen. Mortgen hat Ihnen ein blattlahmes Pferd für ein gesundes verkauft." "Das ist nicht möglich!" rief der Herzog, den das Wortgefecht ohnehin schon erbittert hatte. "Sie können sich davon überzeugen." Der Herzog von Meiningen schellte. Sein Kammerdiener erschien. "Mein Stallmeister soll die in Dessau gekaufte Stute vorführen!" befahl er. Es währte gar nicht lange, so kam das Pferd an. Die Herren traten hinaus und siehe da! das Thier lahmte. Der Herzog wußte nicht, was er sagen sollte. Seine Vettern lachten, er aber rief seinem Stallmeister zu, der neben ihm stand: " Mortgen soll sofort herkommen!" Ich ward gerufen und mit den Worten angelassen: "Was ist das, Mortgen? Die Stute ist ja stocklahm." "Ja, das sehe ich," erwiderte ich, indem ich den Unwissenden spielte, "aber ich habe es Ew. Hoheit ja gleich gesagt, das kommt blos von dem Treppenritte; nun haben wir die Bescheerung." In dem Gesicht des Herzogs kämpfte es zwischen Zorn und Lachen. Endlich aber gewann seine natürliche Herzensgüte die Oberhand und er sagte: "Wie ist es aber, Mortgen, wenn ich nun weiß, daß meine Herren Vettern sich nur einen Spaß mit mir gemacht haben? Ihnen verzeihe ich es. Aber Du, der Du schon so lange und so viel an mir verdient hast, hättest Dich nicht zum Helfershelfer hergeben sollen!" "Hoheit," sagte ich, "wollen bedenken, daß es mein hochverehrter Landesvater war, der mir die Rolle des Verkäufers übertrug. Höchstderselbe weiß wohl, wie ungern ich mich dazu hergegeben habe und Ew. Hoheit können mir - auf mein Ehrenwort glauben, ich habe mehr Angst ausgestanden, als der ganze Gaul werth ist. Mögen Höchstdieselben mir also verzeihen und das Ganze als eine kleine Lehre betrachten: Wer betrogen werden soll, wird doch betrogen!" Der edelmütige Fürst verzieh mir und nach wie vor bezog er alle Pferde nur von mir.
|