[ => Original lesen: 1885 Nr. 61 Seite 1] Alle durch die diesjährigen im hiesigen Fürstenthume stattfindenden Truppenübungen veranlaßt werdenden Flurschäden sind von den Beschädigten bei den betreffenden Ortsvorständen sofort anzumelden, von letzteren Behufs Vorbereitung und Feststellung der Vergütungen zusammenzustellen und die Zusammenstellungen unverzüglich bei der Registratur der Großherzoglichen Landvogtei einzureichen.
Schönberg, den 3. August 1885.
Der Civil=Commissarius für die Abschätzung der Flurschäden im Fürstenthum Ratzeburg.
I. A.
H. Spieckermann,
Amtsverwalter.
Ueber die Vermählung des Erbgroßherzogs von Baden mit der Prinzessin Hilda von Nassau wird, wie man aus Berlin schreibt, in dortigen Hofkreisen wenig gesprochen, aber desto mehr geflüstert. Das Hauptinteresse dreht sich darum, ob ein Mitglied des preußischen Herrscherhauses der Feier, die im Jagdschloß in Oberbayern stattfinden soll, beiwohnen wird. Man hatte in Berlin zuversichtlich einen Schritt der Annäherung der nassau'schen Herzogsfamilie erwartet, etwa einen Besuch des Herzogs oder der Prinzessin beim Kaiser oder der Kaiserin in Ems oder Baden=Baden, den Großeltern des Erbgroßherzogs. Daß ein derartiger Schritt wider Erwarten unterblieben ist, scheint verstimmt zu haben.
Generalpostmeister Stephan, der seinen Mann auf den Welt=Post= und anderen Congressen in den Parlamenten und auf dem Anstand in den Wäldern stellt, kann auch schöne Taufreden halten. In Stettin hatte er den neuesten Postschnelldampfer "Kaiser Wilhelm" zu taufen und er machte es so schön, daß Alle erbaut waren und wie in der Kirche: Amen, Amen! flüsterten. Ganz besonders schärfte er dem Schiffe einen guten Lebenswandel ein.
Die Auswanderung aus Deutschland nach überseeischen Ländern läßt von Jahr zu Jahr nach. Im ersten Halbjahr 1881 verließen 126 139 Deutsche ihr Vaterland; 1882 nur 117,801; 1883 nur 94 145; 1884 nur 90 301 und 1885 nur noch 65 345, also von Jahr zu Jahr weniger. Wenn es nur auch eine Statistik darüber gäbe, wie viele von denen, die "drüben" das Glück suchten, es nicht gefunden haben; das Auswandern würde noch viel schneller rückwärtsgehen!
Die überraschende Nachricht, daß die Oesterreichisch=Ungarische Regierung Quarantänemaßregeln für ihre Mittelmeerhäfen gegenüber den aus südfranzösischen Häfen kommenden Schiffen angeordnet habe, beweist, daß trotz der halbamtlichen Abläugnungen von Französischer Seite die Cholera leider doch ihren Weg von Spanien nach Südfrankreich genommen hat. Vermuthlich handelt es sich dabei zunächst um den herkömmlichen Hauptcholeraherd in Südfrankreich, um Marseille. Die "Mgd. Ztg." hört, daß auch von Deutscher Seite entsprechende Vorsichtsmaßregeln in Aussicht genommen sind. Von der Verhängung einer Quarantäne hat man diesseits bekanntlich auf Grund der neueren Deutschen Choleraforschungen schon seit einiger Zeit Abstand genommen.
Es wird einem wirklich warm ums Herz, wenn man die neueste Ansprache des Papstes an die Cardinäle und die jüngste Ansprache des englischen Ministers im Parlament liest. Wie sind sie beide voll inbrünstiger Friedensliebe und tiefer Sehnsucht nach dem Frieden. Der Eine sehnt sich nach nichts mehr als nach Herstellung des Friedens mit Deutschland und Frankreich, und der Andere nach Frieden mit der ganzen Welt (denn es würde ihn zu weit führen, wenn er alle nennen wollte, mit denen England in Unfrieden liegt.) Man scheut sich fast zu fragen, wer ist denn nun der Störenfried in der Welt? Man sollte eine Belohnung auf das Ausfindigmachen setzen. Aber ist denn die hohe geistliche und weltliche Politik wie die Hölle nur mit guten Vorsätzen gepflastert?
Prinz Heinrich von Battenberg, der nunmehrige Gemahl der Prinzessin Beatrice von Großbritannien, hat sein Deutschthum abgeschüttelt. Er hat nicht nur seiner Frau, sondern auch seiner Schwiegermama den Eid der Treue geleistet und hat sich außerdem in England naturalisiren lassen, wozu es einer besonderen Bill d. h. eines Gesetzes bedurfte, das natürlich von Ober= und Unterhaus ohne Widerrede angenommen wurde. Prinz Battenberg ist also naturalisirter Engländer und das muß man werden, wenn man eine englische Prinzessin heirathet und sonst weiter nichts als ein Prinz ist.
Die reichen Leute an den Börsen in Berlin, Frankfurt, Paris und London haben so viel Geld müßig liegen, daß sie die neue egyptische Anleihe weit überzeichnet haben, obgleich sie nur 3 pCt. trägt. Die Anleihe ist allerdings von vielen Großmächten garantirt.
Die französische Deputirtenkammer hat dem Ministerium Brisson den verlangten Credit von 12 Millionen Franken für die Erhaltung oder auch Eroberung von Madagaskar mit 291 gegen 142 Stimmen bewilligt. Es kann also weiter colonisirt werden. Uebrigens sollen von diesem Credit 7 Millionen bereits im Voraus gebraucht gewesen sein. Der frühere Ministerpräsident Ferry, der wegen der Vorgänge in Anam von der Kammer über Nacht gestürzt worden ist, hat bei der Madagascar=Frage eine große Rede über die Colonisations=Bestrebungen gehalten und dadurch nicht wenig dazu beigetragen, daß der Credit bewilligt wurde. Bei seiner Partei ist Ferry rehabilitirt, bei den Radikalen allerdings noch nicht, doch auch das kann am Ende noch kommen.
[ => Original lesen: 1885 Nr. 61 Seite 2]Seit dem Ausbruche der Cholera bis zum 31. Juli sind in ganz Spanien 114 714 Personen an der Cholera erkrankt und 34 003 Personen gestorben.
Der Sultan will seinen intimen Feinden die Zähne zeigen. Er hat deshalb eine Zahngarnitur bestellt, die nicht weniger als 800 000 türkische Pfund kostet. Die Zähne sind nämlich Kanonen, mit welchen die Festungen der bekannten Meerengen garnirt werden sollen. Wer ohne Erlaubniß des Sultans in diese Meerengen einfährt, geräth zwischen die zwei eisernen und feuerspeienden Zahnreihen, die alles zermalen.
Ueber den Tod des Mahdi berichtet das arabische Blatt "Achbar aus Sukin, wie folgt: "Mohamed Achmed erkrankte am Freitag, den 19. Juni, Nachmittags 2 Uhr, und wurde sogleich auf seinen Wunsch in ein Zelt außerhalb des Lagers geschafft. Kein Arzt war anwesend und es wurden daher zwei der gefangenen Missionare, welche medizinische Kenntnisse besitzen, an das Krankenlager beschieden. Dieselben erklärten sogleich, daß der Kranke mit den schwarzen Blattern behaftet sei, für die es keine Hülfe gebe. Der Mahdi ernannte hierauf seinen Neffen Abdullah zu seinem Nachfolger und übergab ihm sein Schwert. In der Nacht zu Sonntag verschlimmerte sich sein Zustand, worauf er sich von den Seinigen verabschiedete und seinen Nachfolger noch ermahnte, den Krieg gegen die Christen fortzusetzen. Um 5 Uhr Morgens verschied er und wurde gleich nach Sonnenuntergang in seinem Zelt begraben. Das Zelt wurde dann in Brand gesteckt."
- Ein Arbeiter, welcher in den Arbeitsräumen seines Arbeitsgebers das ihm zur Verarbeitung übergebene Material sich aneignet, macht sich, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 4. Strafsenat vom 16. Mai d. J., dadurch nicht der Unterschlagung, sondern des Diebstahls schuldig.
- Vom Schöffengericht zu Gotha wurde dieser Tage ein Bankbeamter, welcher in das Rad eines daherfahrenden Velocipedreiters seinen Stock gesteckt hatte, so daß dieser zu Fall kam, zu 10 Tagen Gefängniß resp. 30 M. Geldstrafe und in sämmtliche Gerichts= und Reparaturkosten verurtheilt. Die Gerichtskosten belaufen sich auf annähernd 30 M., die Reparaturkosten aber auf 90 M., so daß der ungehörige "Spaß" dem "Spaßmacher" auf etwa 150 M. zu stehen kommt, und das von Rechtswegen.
- Der steile Pilatus in der Schweiz reibt sich die Hände, er bekömmt jetzt auch eine Eisenbahn wie der Rigi. Die Alpenclubbisten werden bald die Einzigen sein, die per pedes die Berge ersteigen. Auch in Heidelberg besteht der Plan, eine Bahn zum alten Schloß und zur Molkenkur zu bauen, die Mehrzahl der Einwohner aber will nichts davon wissen.
- Ob man das eine würdige Nachfolgerschaft Wilhelm Tell's nennen kann? Bei dem dieser Tage abgehaltenen Schützenfest in Bern haben es die wackeren Schweizer an der Pflege des Leibes nicht fehlen lassen. Dies beweist folgender Rapport: Während der Festtage wurden in der Festhütte verzehrt: 200 000 Flaschen Fest= und Ehrenwein, 8000 Flaschen feine Weine, 12 000 kg. Kalbfleisch, 12 000 kg. Ochsenfleisch, 6000 Cervelatwürste, 1000 kg. Schinken, 1000 kg. feine Wurst, 75 000 Stück Kleinbrod, 1500 kg. Hausbrod, und 50 000 Liter Bier. Vom Schießen wird nichts berichtet.
- Arm in Arm ist ein junges Liebespärchen, Er ein Kaufmannslehrling, Sie ein Mädchen von 16 Jahren, in den "tiefen Erdfall" in Gera gesprungen und ertrunken. Besser ergings einem englischen Pärchen von 19 und 16 Jahren; es saß in Frankfurt im Eisenbahnwagen, um nach Basel zu dampfen, da stellten sich die beiderseitigen Väter ein und legten auf sie mit Hülfe der Polizei Beschlag.
- Der Gemeinderath von Paris hat den Beschluß gefaßt, auf dem großen Kirchhof Père=La=chaise 3 Leichenverbrennungs=Apparate aufzustellen, die zunächst dazu dienen sollen, die Ueberreste der zu wissenschaftlichen Zwecken secirten Leichen zu verbrennen. Die Apparate sollen nach dem System Gorini erbaut werden; zur Verbrennung eines menschlichen Körpers bedarf es eines Zeitraums von 1 1/2 bis 2 Stunden, eine Verbrennung wird 15 Francs kosten und in jedem Apparat können täglich 12 Leichen verbrannt werden.
Durch Leid geläutert.
[Erzählung.]
(Fortsetzung.)
[ => Original lesen: 1885 Nr. 61 Seite 3]Durch Leid geläutert.
[Erzählung.]
[Fortsetzung.]
Anzeigen.
Antragsmäßig soll über die zu Lauen sub Nr. II. belegene Halbstelle c. p. des Halbhufners Peter Drews daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle Diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf
Sonnabend, den 8. August 1885,
Vormittags 10 Uhr,
anstehenden Liquidationstermin peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstück sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 20. Mai 1885.
Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.
G. Arndt.
Antragsmäßig soll über die zu Pogetz sub No. VII belegene Vollstelle c. p. des Hauswirths Hans Jochen Robrahn daselbst ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen, und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf
Sonnabend, den 24. October 1885,
Vormittags 10 Uhr,
peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die künftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Ausgenommen von der Anmeldungspflicht sind jedoch diejenigen Gläubiger, welche ihre Forderungen auf einem, mit dem Siegel des Gerichts versehenen, vor dem Liquidationstermine ihnen vorzulegenden und von ihnen zu unterzeichnenden Postenzettel vollständig und richtig aufgeführt gefunden haben.
Schönberg, den 31. Juli 1885.
Großherzogliches Amtsgericht.
Dr. jur. E. Hahn.
A. Dufft.
Bekanntmachung.
(2. Bekanntmachung.)
Alle, welche an den Nachlaß der am 10. Juli cr. hierselbst verstorbenen Ehefrau Zierau geb. Burmester Erb= oder sonstige Ansprüche zu haben vermeinen, werden aufgefordert, solche bei Vermeidung des Ausschlusses von der Masse, innerhalb 12 Wochen, von der letzten Bekanntmachung dieses Proklams an gerechnet, bei dem unterzeichneten Gerichte ordnungsmäßig anzumelden und zu bescheinigen.
Ratzeburg, den 30. Juli 1885.
Königliches Amtsgericht.
[ => Original lesen: 1885 Nr. 61 Seite 4]Vielfach prämiirt.
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Vormittagskirche: Pastor Kaempffer.
Amtswoche: Pastor Kaempffer.
Getreide=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Markt=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
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