[ => Original lesen: 1885 Nr. 60 Seite 1] Alle durch die diesjährigen im hiesigen Fürstenthume stattfindenden Truppenübungen veranlaßt werdenden Flurschäden sind von den Beschädigten bei den betreffenden Ortsvorständen sofort anzumelden, von letzteren Behufs Vorbereitung und Feststellung der Vergütungen zusammenzustellen und die Zusammenstellungen unverzüglich bei der Registratur der Großherzoglichen Landvogtei einzureichen.
Schönberg, den 3. August 1885.
Der Civil=Commissarius für die Abschätzung der Flurschäden im Fürstenthum Ratzeburg.
I. A.
H. Spieckermann,
Amtsverwalter.
Der Kaiserbegegnung in Ischl soll kein Minister beiwohnen, damit die Begrüßung in Nichts den Charakter der rein herzlichen, freundschaftlichen und intim persönlichen Angelegenheit verliere und irgend ein geschäftlich=politisches Ansehen gewinne.
Der Kaiser und die Kaiserin von Oesterreich werden am 6. August zum Besuch unseres Kaisers in Gastein eintreffen und dortselbst bis zum nächstefolgenden Abend verweilen.
Fürst Bismarck wird noch vor Ende August zur Cur in Gastein erwartet.
Die preußische Regierung wird dem nächsten Landtag einen Gesetzentwurf vorlegen, nach welchem die Zahl der Lotterieloose verdoppelt werden soll. Wird dieser Entwurf zum Gesetz erhoben, dann soll das in der vergangenen Session angenommene Gesetz, betreffend das stricte Verbot des Spielens in fremden Lotterien, publicirt werden.
Die "Deutsche Justiz=Statistik", die vom Reichs=Justizamt herausgegeben wird, weist nach, daß im Jahr 1883 die Zahl der Wechselprozesse um 10,4 %, die der Arrestsachen um 22,4 %, und die der Konkurseröffnungen um 10,7 % abgenommen hat.
Noch immer weiß man nicht genau, ob von den Schiffen der subventionirten Dampferlinien ein holländischer oder ein belgischer Hafen angelaufen werden soll. Sowohl in Holland wie in Belgien wird stark agitirt und ein Zugeständniß um das andere gemacht. Fürst Bismarck und Staatssecretair v. Stephan sind für Vlissingen in Holland, der Direktor des Norddeutschen Lloyd aber, der Reichstagsabgeordnete Meier, möchte Antwerpen zum Auslaufshafen bestimmt wissen. Es wird sich, nachdem die Sache so weit gediehen ist, ja auch über diesen letzte streitigen Punkt noch eine Einigung erzielen lassen.
Der schlimmste Mangel, den ein Volk erleiden kann, ist der, daß es ihm an Männern fehlt. In dieser trostlosen Lage befindet sich Frankreich und von Tag zu Tag wird dieser Mangel unseren Nachbarn fühlbarer. Die Wahlen rücken näher und näher heran und überall sind es nur Götter zweiter und dritter Größe, nirgends einer, der den Donnerkeil schwingt und einen Jupiterkopf auf den Schultern trüge. Jede Partei, von den Legitimisten bis zu den halb und ganz Radicalen sagt, daß sie allein das Recept besitze, den Staat zu retten, das französische Volk aber scheint den Glauben an die gesammte Zunft der Heilkünstler verloren zu haben und will sich durch keine noch so schöne Rede mehr begeistern lassen. Kein Wunder das, wunderbar ist vielmehr nur, daß man den politischen Quacksalbern so lange getraut hat!
Marschall Bazaine in Madrid muß ein Bild nach dem andern von der Wand nehmen und verkaufen, um leben zu können. Seine Landsleute, die Franzosen, sehen jetzt, daß er nicht mit Millionen von Preußen bestochen worden ist, um sich vor Metz in drei großen Schlachten schlagen und in Metz gefangen nehmen zu lassen. Aber auch in China und Mexiko muß er nicht so goldene Beute gemacht haben, wie ihm nachgesagt wurde.
Schon seit längerer Zeit gingen Gerüchte, daß der Sultan der Türkei nicht unbedenklich erkrankt sein solle. Wie man jetzt bestimmt erfährt, hat Abdul Hamid einen leichten Schlaganfall erlitten, dessen Folgen jedoch fast schon wieder überwunden sind.
Die Cholera ist jetzt in nächster Nähe der französischen Grenze aufgetreten, und zwar in höchst heftiger, bösartiger Weise. In Spanien fordert sie täglich Hunderte von Opfern, neuerdings in der Provinz Saragossa. Einzelne Dörfer und Flecken sind in dieser Provinz gänzlich ausgestorben, an ein Bestatten der Leichen wird nicht mehr gedacht und vielfach herrscht, da die Behörden geflohen sind, die größte Unordnung, ja völlige Anarchie.
Der Mahdi soll wirklich todt sein, wie die neuesten aus Egypten eingetroffenen Depeschen melden. Man konnte es in ganz England hören, wie groß der Stein war, der den Ministern vom Herzen fiel.
- In London ist Sir Moses Montefiore, einer der reichsten und wohlthätigsten Juden Englands, gestorben. Er war im Jahre 1784 geboren und ist also mehr als 100 Jahre alt geworden.
- Ein wahres Handwerksgenie hat sich die Polizei in Lindau am Bodensee gelangt. Dieser junge Mann war Färber und Kaminkehrer, Uhrmacher und Wachszieher, Conditor und Zinngießer, Goldarbeiter und Büchsenmacher, und wies über jede dieser Künste die besten Zeugnisse nach. Als die Polizei ihn aber Kamine kehren, Büchsen und Geld und Uhren machen lassen wollte, da haperte es und es zeigte sich, daß er ein Künstler im Fälschen war von Handschriften u. s. w.
- In Schnaittach in Franken traf eines Tages ein Wägelchen ein, auf welchem ein Viehhänd=
[ => Original lesen: 1885 Nr. 60 Seite 2]ler lag. Er war ermordet, der Kopf war ihm gespalten und der Geldgurt geraubt. Das war im Jahr 1873 und die Leute hatten die Geschichte lang vergessen, nur der Staatsanwalt nicht. Er suchte im Stillen immer nach dem Mörder und dieser Tage fand er ihn. Es war her Drechsler Gundel, der wegen Diebstahl eingesperrt war. Gundel ist geständig und hat auch seinen Spießgesellen genannt, den Legerer=Hansel, der sich aber schon vor Jahren erhängt hat.
- "Du Lump, rief ein Leipziger Spediteur seinem verstorbenen Onkel bei dem Leichenbegängniß in's Grab nach. Der Spediteur hatte auf eine große Erbschaft spekulirt, sah sich aber in seinen Erwartungen getäuscht. Wegen seines ungebührlichen Betragens am Grabe wurde er zu 3 Monaten Gefängniß verurtheilt.
- Gibt's keine Pferdelotterie mehr? fragt ein Schreiner in Vern bei Ziegenhain. Auf den Casseler Markt hat er ein Pferd für 600 M. gewonnen und auf dem Fritzlarer Mark einen eleganten Wagen mit zwei Rappen im Werthe von 3000 M., beides auf je 1 Loos.
- Ein reicher Kaufmann, Vater von vier reizenden Töchtern, empfing seit einiger Zeit regelmäßig den Besuch eines sehr feinen und gebildeten Amerikaners, der ihm von einem Geschäftsfreunde warm empfohlen war. Eines Vormittags meldet sich der junge Mann und bittet den Kaufmann um eine Unterredung. "Mein Herr," sagte er schwungvoll, "ich liebe ihre Töchter, und bitte Sie um die Hände derselben." - "Alle, alle vier?" rief der Familienvater aus. "Aber mein Herr, sind sie verrückt!" - "Doch nicht, mein Herr, ich bin Mormone".
- Der Berliner "Ulk" findet es verkehrt, daß sich die Putzer den streikenden Maurern angeschlossen haben; denn sie verputzten nun nur ihr Geld.
- Vor der Handelsfrau Mürbel in Berlin, die auf dem Markte Fleisch feil hält, müssen die beredtesten Sachsenhäuserinnen die Segel streichen. Sie stand vor dem Schöffengericht wegen Beleidigung einer Dame. Sie schildert die Dame und den Auftritt also:
"Ne von die Sorte, die so mit det Halbseidne schon in alle Frühe rumlooft und mit 'n Küh wer weeß wie jroß, und mit 'n Hut, der wie 'n Thurmbau zu Babel über de Ponnys balancirt, von die Sorte habe ick schon jenug, wenn ick se von weitem sehe. Und jerade die Sorte dhut so, als verstände se wat vom Fleisch und vom Marcht und von de Wirthschaft. - Präs.: Hat Ihnen denn die Käuferin etwas zu leide gethan? - Angekl.: Nee, so Eene kann mer nich reizen. Also denken Se sich solche List: ick haue eben 'ne Kalbskeule von Pfundener fünfe ab, da steht die olle Schachtel, die so aussah, wie en nei anjestrichner ollet Jerümpel und quasselt mit Ihrer Juste immer über mein Fleisch. Mit de eene Hand hält se die Lorgnette vor de Oogen, mit de andern talpscht se immer ans Fleisch rum, bis ick zu ihr sage: Freilein, haben Sie sich och die Hände hübsch reene gewaschen, sonst könnten Se am Ende det Fleesch schmutzig machen! Da kiekt se mir denn an, wie de Kuh det neie Dohr und sagt zu ihr Mädchen: "Nein, Auguste, das Fleisch können wir auch gar nicht kaufen, das ist ja ganz trocken und ganz blau, das ist gewiß vor einer Droschke alt geworden" Na nu aber raus, dachte ick und sagte et ooch zu ihr. Wissen Se, wenn ihr bisken Fleesch, wat Se sich da ins Gesichte mit'n Mauerpinsel rufflackirt haben, bloos eene Jeringigkeit von den Saft hätte, denn würden Se uff Ihre ollen Tage am Ende noch Eenen finden, der Sie im Finstern vor'n schönes Mächen halten könnte. Aber so sehn Se ja aus wie 'n abgeknapperter Kalbskopp, und for so'ne dröge Jungfrau verkoofe ick überhaupt keen Fleesch nich! - Präs.: Na, solche Liebenswürdigkeiten hat sich die Dame aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gefallen lassen. - Angekl.: Nee, denken Se blos so wat an. Sie hat mir denn noch een "olles jemeines Frauenzimmer" an den Kopf jeworfen, woruf ick blos sagte, se könnte schon Jift druff nehmen, det ick ihr als Vogelscheuche an de einsame Pappel uffpflanzen würde, wenn ick nich befürchten müßte, det sich de Spatzen über so'n Jammergestelle lustig machen."
Durch Leid geläutert.
[Erzählung.]
(Fortsetzung.)
[ => Original lesen: 1885 Nr. 60 Seite 3]Durch Leid geläutert.
[Erzählung.]
[Fortsetzung.]
Anzeigen.
Beschluß.
In der Strafsache gegen den Hausknecht Joachim Friedrich Wilhelm Krellenberg aus Schönberg wegen Verletzung der Wehrpflicht wird auf den Antrag der Großherzoglichen Staatsanwaltschaft hierselbst vom 6. d. Mts. das von dem Großherzogl. Amtsgerichte in Schönberg für den Angeschuldigten verwaltete Vermögen von 208,17 M. mit Zinsen seit Antoni 1883 in Gemäßheit des § 325 der St. P. O. hierdurch mit Beschlag belegt.
Demgemäß wird dem Großherzoglichen Amtsgerichte in Schönberg verboten, an den p. Krellenberg Zahlung zu leisten und wird diesem aufgegeben, sich jeder Verfügung über das gedachte Vermögen, insbesondere der Einziehung desselben zu enthalten.
Zugleich wird das Großherzogl. Amtsgericht in Schönberg ersucht den Namen des Vormundes der jüngeren Geschwister des p. Krellenberg hierher mitzutheilen.
Neustrelitz, den 13. Juli 1885.
Großherzogliches Landgericht Strafkammer I.
v. Witzendorff. H. Gundlach. v. Düring.
Beglaubigt
A. Wustrow,
Lg.=Protocollführer.
Bekanntmachung.
(1. Bekanntmachung.)
Alle, welche an den Nachlaß der am 10. Juli cr. hierselbst verstorbenen Ehefrau Zierau geb. Burmester Erb= oder sonstige Ansprüche zu haben vermeinen, werden aufgefordert, solche bei Vermeidung des Ausschlusses von der Masse, innerhalb 12 Wochen, von der letzten Bekanntmachung dieses Proklams an gerechnet, bei dem unterzeichneten Gerichte ordnungsmäßig anzumelden und zu bescheinigen.
Ratzeburg, den 30. Juli 1885.
Königliches Amtsgericht.
Zu Basedow
bei Malchin in Mecklenburg,
findet die
Bock=Auction
über 70 Rambouillet Böcke am 14. August, Mittags 12 1/2 Uhr statt. Nach vorheriger Meldung stehen Wagen am Bahnhof Malchin und Basedow zur Abholung bereit.
Basedow im August 1885.
Müller, Inspektor.
Auf Römnitz bei Ratzeburg wird zu Michaelis
ein verheiratheter Tagelöhner
in Wohnung gesucht.
[ => Original lesen: 1885 Nr. 60 Seite 4]
|
An Händler
und Modistinnen
werden auf Wunsch Pro=
benvers. Verkauf nicht unter 10 Mtr.
|
----------
Rüschen.
----------
|
2000 Mtr.
hochfeine Rüschen ganze
Meter nur
20 Pf.
früher. Preis
Mtr. 75 .
u. 1 M.
|
Von unserem reich sortirten Lager empfehlen wir
gut sitzende Corsetts unter Garantie.
Corsett "Julia" mit Löffel=Mechan. 1.00.
Corsett "Norma" mit Löffel= hoch 1,25.
Corsett 546 mit Löffel="Panzer" 1,50.
Corsett "Nanon" mit Löffel="Küraß" 2,00.
Corsett "Jetter" mit Löffel="Patent" 3,00.
Corsett "Ella" mit schwz. Satin 3,00.
Corsett "Amalia" mit Fischbein 4,50.
|
Rüschen=Reste à tout prix.
Haagen & Palm,
Lübeck. Holstenstr. 18.
|
Umtausch gestattet.
Haagen & Palm,
Lübeck. Holstenstr. 18.
|
|
Von heute ab:
Grosser Saison-Ausverkauf.
|
Knaben=Strohhüte
à 20, 30, 40 u. 50 .,
Mädchen=Strohhüte
à 30 . 40 . und 50 .,
Damen=Strohhüte
à 50 .,
Garnirte Strand= u. Bade=Hüte
à Stück 50 .,
Kamerun=Hüte und Blitzableiter
à Stück 50 . u. 75 .,
Garnirte Damen=Hüte
à 3 M., 4 M. und 5 M.
|
| | | | | | | | | | | | |
Seidene Bänder
in allen Farben und Breiten, Mtr. v. 10 . an.
Schärpenbänder
ganz breit, 1/2 Mtr. nur 50 .
couleurte Sammete
1/2 Mtr. nur 70 .,
schwarz echt Sammet
1/2 Mtr. nur 1,15.
weiß u. coul. Spitzen,
ca. 200 Muster, Mtr. von 5 . an.
Wollspitzen und Blonden
in allen Farben, 1/2 Mtr. von 20 . an.
|
Kinderkragen à 5, 10 u. 20 ., Stickereien, Mtr. 10 . u. 20 ., Schürzen, Röcke, Gardinen, Wäsche, Strümpfe etc. etc. zu bekannt billigsten Preisen.
Niederlage des Berliner Bazar Siegmund Haagen.
HAAGEN & PALM, Holstenstr. 18, Lübeck. |
|
Eine Parthie 4schaariger
Pflüge
mit neuesten Verbesserungen habe wieder vorräthig und empfehle dieselben zur geneigten Abnahme
Schönberg i. M. J. Oldenburg.
Zu Hof=Rabensdorf
wird zu Michaelis ein Stubenmädchen gesucht.
M. Rieckhoff.
Gesucht sofort:
Ein zuverlässiger Kutscher, welcher auch Landarbeit versteht, bei hohem Lohn.
Wilhelm Vock.
Einem Sohn rechtschaffner Eltern können wir in Schwerin einen sehr guten Platz als Lehrling in einem
Material=Geschäft
zum 1. October nachweisen
Gebr. Burchard.
Ratzeburger Dampfschifffahrt.
Dampfschiff Auguste fährt jeden Mittwoch und Sonnabend morgens
von Rothenhusen 7 1/2 Uhr nach Lübeck
von Nüdlenhorst 8 Uhr nach Lübeck
retour Nachmittags 3 1/2 Uhr.
Aug. Stapelfeldt,
Schiffsdisponent.
Hamburg - Amerika.
Jeden Mittwoch und Sonntag nach New-York
mit Post=Dampfschiffen der
Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft
Auskunft und Ueberfahrts=Verträge bei
Friedr. Frick in Röbel.
Am Montag, den 27. Juli hat sich von hier mein dunkelgrauer, langhaariger
Hofhund
verlaufen, sollte sich derselbe irgendwo angefunden haben, bitte mich davon zu benachrichtigen. Alle Unkosten werden gerne erstattet.
Hof=Selmsdorf. J. Breuel.
Ein mittelgroßer, schwarzbrauner
Hund
mit abgeschnittenen Ohren und Schwanz ist zugelaufen im Chaussehaus zu Kl. Siemz.
Getreide=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Markt=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
|