No. 40
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 23. Mai
1876
sechsundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1876 Nr. 40 Seite 1]

Politische Rundschau.

Deutschland. I. Maj. die Kaiserin Augusta ist am 17. d. M. von England in Brüssel eingetroffen, hat am 18. d. Sr. Maj. dem Kaiser von Rußland in Ems einen Besuch abgestattet und hat sich am folgenden Tage von Coblenz nach Baden=Baden zu einer Frühjahrskur begeben.
Alles, was über die Resultate der neulichen Drei=Kanzler Konferenzen verlautet, scheint noch immer auf bloßen Vermuthungen zu beruhen. Nur so viel scheint sicher zu sein, daß Rußland nunmehr bestimmt die Führerschaft in dem Vorgehen gegen die Türkei übernommen hat, und daß die Insurgenten als kriegführende Macht anerkannt worden sind. Ferner soll der Fürst Gortschakoff eine Denkschrift ausgearbeitet haben, welche den Kabinetten von London, Paris und Rom zur Kenntnißnahme und zum Anschluß an ihren Inhalt vorgelegt wurde. Den darin enthaltenen Vorschlägen haben, wie verlautet, Frankreich und Italien bereits zugestimmt, während England seine Zustimmung verweigert hat. Doch wird England das sich neuerdings als Schutzengel der Türkei und ihrer europäischen Machtstellung scheint aufwerfen zu wollen, den vereinten Kaisermächten wohl kaum einen Strich durch die Rechnung machen können; vielmehr werden dieselben wohl über den englischen Einspruch wie über die englische Eifersucht zur Tagesordnung übergehen.
Fast alle Nachrichten aus der Türkei lauten noch immer sehr gefahrdrohend. Unter der türkischen Bevölkerung soll eine ungeheure Aufregung gegen die Christen und gegen die Fremden herrschen. Der abscheuliche Doppelmord in Salonichi scheint nur der Vorbote ähnlicher Wuthausbrüche des türkischen Fanatismus gewesen zu sein. So wird nunmehr von verschiedenen Seiten bestätigt, daß am 8. d. M. in Pridor an 100 Christen, meist wehrlose Kinder und Weiber und Greise, von den fanatischen Türken niedergemacht worden sind. Andere erschreckende Mordnachrichten finden sich fast täglich in den Zeitungen; doch wird immer erst die Bestätigung abgewartet werden müssen.
Aus Wien wie aus Paris kommt die übereinstimmende wichtige Nachricht, daß wahrscheinlich auch Griechenland bald in die Bewegung auf der Balkanhalbinsel eintreten werde, und daß die Regierung der allgemeinen Stimmung der Bevölkerung nachzugeben und ihre bisherige abwartende Politik thatkräftig zu ändern gezwungen sein werde. Bekanntlich weilt die Königliche Familie eben in Dänemark, wo der König seit seiner Ankunft von einem gastrischen Fiber ergriffen sein soll.
In Salonichi sind die beiden ermordeten Konsuln mit großem Pomp beerdigt worden. Ferner sind am 16. d. M. sechs von den am Morde der Konsuln betheiligten Personen bei ziemlich erregter Stimmung der Bevölkerung auf öffentlichem Markte hingerichtet worden. Ueber 70 andere Personen sind verhaftet und in Untersuchung gezogen worden.
Das nach den türkischen Gewässern bestimmte deutsche Panzergeschwader liegt bereits seeklar in Wilhelmshafen und wird wahrscheinlich noch in dieser Woche nach seinem Bestimmungsort abgehen. Das Geschwader besteht aus 9 Fahrzeugen: vier Panzerfregatten, einer Glattdecks=Korvette, drei Kanonenbooten und dieselben führen 69 Geschütze und ungefähr 2700 Mann Besatzung.
Der berliner "Reichsb." macht mit Recht darauf aufmerksam, daß eben jetzt der Islam, dieser grimmige Feind des Christenthums unter den Augen Europas seinen vollständigen Bankerott vollzieht. Ist doch der Muhamedanismus an dem ganzen Jammer der Türkei schuld; und so lange der Islam an den herrlichen Gestaden des Bosporus die Herrschaft führt, werden alle Reformvorschläge vergeblich sein. Das ist allerdings eine Thatsache, die recht geeignet ist, unsern heldenmüthigen Kulturkämpfern, welche so gerne unsere Kultur als ein bloßes Produkt nationaler und natürlich=menschlicher Entwickelung hinstellen, die große Wahrheit vor die Augen zu halten, daß unsere Kultur nirgends gedeiht, wo sie nicht vom Christenthume getragen wird. Denn was hat doch der Türkei die europäische Kultur geholfen, mit der sie bisher in fortwährender Verbindung gestanden hat. Wie sich sonst das Heidenthum überall derselben feindlich entgegengestellt hat, so hat auch der Islam dieselbe nicht aufkommen lassen und hat es nicht können, sondern der Träger wahrer Kultur kann nur das Christenthum sein.
Preußen. Der preußische Vice=Ministerpräsident und Finanzminister Camphausen hat nun wirklich schon früher, als man erwartete, seinen Entlassungsgesuch eingereicht; doch hat der König dasselbe nicht angenommen, und der Finanzminister wird vorläufig noch in seiner Stellung verbleiben. Allgemein wird dieser Zwischenfall als Folge von Mißhelligkeiten zwischen dem Reichskanzler und dem Finanzminister angesehen. Die offiziösen Zeitungen schützen diesmal nicht Gesundheitsrücksichten vor, sondern erzählen eine lange Geschichte, die Niemand recht glaubt, und fügen schließlich die Versicherung hinzu, daß alle Differenzen vollständig ausgeglichen seien, was wiederum Niemand glaubt. Ob der Finanzminister nun wirklich wieder völlig feststeht, oder ob, wie man meint, tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten auf wirthschaftlichem Gebiete zwischen dem Finanzminister und dem Reichskanzler vorhanden sind, wird sich ja bald zeigen müssen.
Wichtiger als diese eigentlich nur für den Liberalismus bedeutsame Personenfrage ist ein Gerücht, das bei dieser Gelegenheit mit ziemlicher Bestimmtheit aufgetreten ist, nämlich daß eine Verschmelzung der preußischen Staatsregierung mit der deutschen Reichsregierung beabsichtigt werde. Das wäre ja der erste positive Schritt zu einer Verpreußung des deutschen Reichs! Aber bekanntlich haben sich schon früher preußische Staatsminister im Reichstage als deutsche Reichsminister geirrt.
Das Abgeordnetenhaus hat den Gesetzentwurf betreffs Ankauf der Bahnstrecken Halle=Kassel und Nordhausen=Nixei in dritter Berathung angenommen. Ebenso wurde die Uebernahme der Zinsgarantie des Staates für die Prioritätsanleihen der Halle=Sorau=Gubener Eisenbahngesellschaft genehmigt. Die Besitzer solcher Papiere können sich also gratuliren.
Das Herrenhaus hat die Reichseisenbahnvorlage mit 57 gegen 26 Stimmen angenommen. Das Gesetz über die Einverleibung Lauenburgs wurde en bloc genehmigt.
Der berliner Oberkirchenrath, dem wohl selbst

[ => Original lesen: 1876 Nr. 40 Seite 2]

der protestantenvereinliche Liberalismus keine Reichsfeindschaft zutraut, hat die Anwendung des jungfräulichen Ehrenprädikates bei der Trauung, wenn dieselbe unmittelbar dem Zivilakte folgt, ausdrücklich gestattet.
Das Magdeburger Apellationsgericht hat in dem Sudenburger Gründerprozeß mehrere "Gründer" wegen Betruges zu mehr oder weniger hohen Strafen verurtheilt.
Bayern. Die plötzliche Verabschiedung des Staatsrathes v. Eisenhart aus seiner Stellung als Privatsekretär des Königs macht viel von sich reden. Dieselbe soll übrigens nur durch persönliche Gründe veranlaßt sein.


- Die Tödtung eines fremden schädlichen Thieres auf eigenem Grund und Boden zur Abwendung einer dem Eigenthume drohenden Gefahr ist als Sachbeschädigung nicht zu bestrafen, wenn der Thäter sich eines anderen Mittels zur Erreichung des Zweckes nicht bewußt war. Erkenntniß des Ober=Tribunals vom 6. April d. J. - Der Garten des Wirthes B. (im Westfählischen) wurde öfter von dem Federvieh der Nachbarsleute betreten und die Gartenfrüchte wurden dadurch beschädigt. Die Frau des B. forderte den Nachbar auf. Sein Federvieh von ihrem Garten fern zu halten, und als dies nicht geschah, so drohte sie, sich selbst dadurch Abhülfe schaffen zu wollen, daß sie vergiftete Weizenkörner in ihren Garten streuen würde. Frau B. führte auch ihre Drohung aus, und das nachbarliche Federvieh crepirte in Folge des Genusses der vergifteten Körner. Die Nachbarsleute denuncirten die Frau B. wegen vorsätzlicher und rechtswidriger Sachbeschädigung auf Grund des § 303 des Strafgesetzbuches, indem sie behaupteten, daß Frau B. nicht nur in ihrem Garten, sondern auch nach ihrem eigenen angrenzenden Grundstücke vergiftete Weizenkörner hinübergestreut habe. Obgleich diese letztere Behauptung nicht festgestellt werden konnte, so verurtheilte das Appellationsgericht zu Hamm die Frau B. wegen Sachbeschädigung, weil die Tödtung eines fremden schädlichen Thieres auf eigenem Grund und Boden zur Abwendung einer dem Eigenthum drohenden Gefahr, nur dann nicht rechtswidrig sei, wenn es an einem anderen Mittel zur Erreichung des Zweckes fehle. - Auf die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten vernichtete das Ober=Tribunal das vorinstanzliche Erkenntniß und verwies die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Appellationsgericht zu Münster. "Der Appellationsrichter," führt das Erkenntniß des Ober=Tribunals aus, "ist der Ansicht, daß die Rechtswidrigkeit der Handlung nur durch den Nachweis eines eigentlichen Nothstandes ausgeschlossen werde. Er übersieht jedoch hierbei, daß auch da, wo die Voraussetzungen eines solchen Nothstandes objectiv nicht vorliegen, dieselben gleichwohl in der Subjectiven Auffassung der Betheiligten vorhanden sein können, und daß, wenn ein Irrthum über die rechtlichen Grenzen der erlaubten Selbsthülfe stattgefunden, es an dem Bewußtsein der Rechtswidrigkeit gefehlt hat, welches der § 303 erfordert."
Am 2. Juni tritt in Köln der deutsche Anwaltstag zu einer Verhandlung zusammen, deren Hauptgegenstand die Beschlüsse der Justizcommission des Reichstages über den die Rechtsanwaltschaft betreffenden Abschnitt der Gerichtsverfassung bilden werden.
- Herr v. Cotta in Stuttgart hat zur Erhaltung des Schiller=Denkmals in Marbach 2000 M. geschenkt.
- Eine interessante Erbschaftsgeschichte wird dem "Mainzer Anzeiger" aus Kreuznach mitgetheilt. Ein Bäuerlein hatte mit seiner Frau einen Ehe=Contract abgeschlossen, wonach beim Ableben des einen oder andern Theiles die betreffende Verwandten Erben der Hälfte des gemeinschaftlichen Vermögens sein sollten. Plötzlich verstarb nun die Frau und - was die Betrübniß des überlebenden Ehemannes noch erhöhte - ohne ein Testament zu hinterlassen, welches die unbequeme Contractsclausel aufheben und ihm das Gesammtvermögen erhalten sollte. Ader der Mann wußte Rath. Er legte die Todte auf die Seite und lud eine gefällige Nachbarin, sich in das Bett derselben zu stecken, um die Rolle der Sterbenskranken vor einem Notar zu spielen, den er gegen Abend holte, und welchem die Nachbarin dann ein Testament völlig zu Gunsten des betrübten Wittwers in die Feder dictirte. Die Sache wäre soweit gutgegangen, wenn nicht der Notar am folgenden Tage den Arzt, welcher die Kranke behandelte, getroffen hätte. Die beiden begannen eine Unterhaltung über den Todesfall und als der Notar sagte, die Frau sei am Morgen des Tags zuvor gestorben, behauptete der Arzt, daß sie schon Nachmittags einen Tag früher todt gewesen sei. Nachdem sich die beiden Männer eine Zeit lang gestritten, ging ihnen endlich ein Licht auf und unser Bäuerlein sitzt dafür im Schatten.


Anzeigen.

Dem Krämer Peter Buschow zu Selmsdorf ist nach der von ihm gemachten Anzeige in der Nacht vom 18/19. d. Mts. aus seinem Laden mittelst Einbruchs eine Geldsumme von circa 36 M. gestohlen worden, nämlich 8 harte einzelne Thalerstücke, ein Frankfurter Zwei=Thalerstück, mit dem Embleme der Stadt Frankfurt (weiblichen Figur) und das übrige in kleiner Münze. Wir ersuchen alle resp. Polizei= und Gerichtsbehörden um Vigilanz auf das gestohlene Geld und auf den Dieb dienstergebenst.
Schönberg, den 22. Mai 1876.

Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


Holzverkauf.

Am Montag den 29. Mai, Morgens 9 Uhr, sollen im Kruge zu Schlagresdorf nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden.

I. Aus dem Garnsee und Bahlen:

    1 Tannen=Block,
    3 Fichten=Classenbäume,
151 do. =Stangen,
159 do. =Schleete und Leiterbäume,
  30 do. =Hopfenstangen,
  18 Rmtr. Fichten=Kluft= und Knüppel.

II. Aus dem Schlagbrügger Holze:

    6 Fichten=Klassenbäume,
    5 do. =Schleete.

III. Aus dem Seebruch:

    2 Rmtr. Eichen=Olm und Knüppel.
Schönberg, den 21. Mai 1876.

Der Oberförster.
C. Hottelet.


Thierschau in Schönberg.

1) In Folge Beschlusses des landwirthschaftlichen Vereins findet am Dienstag den 23. Mai c. auf dem sog. Baubrink hies. eine Thierschau, verbunden mit einer Industrie=Ausstellung statt.

2) Jedem steht es frei, Thiere zur Schau zu stellen. Indeß concurriren zu den Prämien nur Mitglieder des landwirthschaftlichen Vereins und Viehbesitzer des Fürstenthums Ratzeburg.

3) Nichtmitglieder des landwirthschaftlichen Vereins, welche Vieh zur Schau stellen, haben 3 M. zu bezahlen.

4) Es sind folgende Prämien ausgesetzt:

A. Für Pferde.

a. für die beste 4jährige und ältere Stute 60 M.
b. für die beste 3jährige Stute 30 M.
c. für das beste Wagenpferd 45 M.
d. für das beste Arbeitspferd 36 M.
e. für das beste 2jährige Füllen 24 M.
f. für das beste 1jährige Füllen 24 M.

B. Für Rindvieh.

a. für den besten 2jähr. oder älteren Bollen 24 M.
b. für den besten 1jährigen Bollen 18 M.
c. für die beste milchgebende Kuh (Preis der Stadt Schönberg) 60 M.
d. für die nächstbeste Kuh 36 M.
e. für die beste 2= oder 3jährige Starke 24 M.
f. für die nächstbeste dito 18 M.

C. Für Schweine.

a. für den besten Zuchteber 18 M.
b. für die beste Sau 15 M.
c. für die nächstbeste 12 M.

[ => Original lesen: 1876 Nr. 40 Seite 3]

5) Es dürfen nicht mehrere Prämien für dasselbe Thier ausgegeben und darf daher ein Pferd nicht gleichzeitig als Stute und als Wagen oder Arbeitspferd prämirt werden.
Jeder Preis wird nur ertheilt, wenn mindestens zwei Thiere concurriren, es sei denn, daß die Preisrichter das allein zur Bewerbung stehende Thier für besonders preiswürdig erklären.

6) Die Stellung sämmtlicher Thiere auf dem Baubrink, wo ihnen der Platz angewiesen werden wird, muß bis spätestens 9 Uhr Morgens des Thierschautages geschehen sein. Die Thierschau wird pünktlich um 9 Uhr eröffnet.
7) Mit der Einsammlung von freiwilligen Beiträgen für die Thierschau ist seitens des hiesigen Magistrats der Stadtdiener Boye beauftragt. Uebrigens ist auch der Secretair des landwirthschaftlichen Vereins zur Entgegennahme freiwilliger Beiträge bereit. Derselbe vertheilt auch die für die Mitglieder des landwirthschaftlichen Vereins, sowie diejenigen, welche sich mit freiwilligen Beiträgen betheiligt haben, bestimmten Karten.
Einlaßkarten, das Stück 1 M., sind bei dem Herrn Aug. Spehr und bei der Frau Gastwirthin Boye, sowie am Tage der Thierschau auf dem Baubrink zu bekommen.
Sämmtliche ausgegebenen Eintrittskarten gelten auch für die mit der Thierschau verbundene Gewerbe=Ausstellung.

Schönberg den 18. Mai 1876.

Der Vorstand des landwirthschaftlichen Verein für das Fürstenthum Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


Ersparniß- u. Vorschuß-Anstalt.

Die zu Johannis d. J. fälligen Zinsen auf die bei der Vorschuß=Anstalt belegt stehenden Capitalien werden wir bereits während der Woche

vom Dienstag den 6. Juni d. J.
bis
Sonnabend den 10. Juni d. J.
täglich
von 7 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags

im Lokale der Anstalt auszahlen.
Eine Auszählung der Zinsen im Johannistermine findet nicht statt.
Schönberg, den 20. Mai 1876.

Das Directorium.


Ersparniß- u. Vorschuß-Anstalt.

Größere Capitalien, welche im diesjährigen Johannistermine bei der Vorschuß=Anstalt belegt wenden sollen, bitten wir baldigst im Locale der Anstalt anzumelden.
Schönberg, den 20. Mai 1876.

Das Directorium.


Die Lübecker Bank vergütet für bei ihr belegte Gelder bis auf Weiteres
4 % bei zwölfmonatl. Kündigung,
3 1/2 % bei sechsmonatl. Kündigung,
und 3 % bei dreimonatlicher Kündigung

Die einzuzahlenden Gelder dürfen nicht weniger als M. 300. betragen und kann die Zinse halbjährlich erhoben werden.
Lübeck, den 1. Februar 1876.

Lübecker Bank.   


Den Fußsteig über meine Koppel von Schönberg nach Hof Selmsdorf verbiete ich hiermit bei Strafe gerichtlicher Ahndung.

Hauswirth Müller     
in Selmsdorf.         


Bei der am Sonntag stattgehabten Verloosung sind gefallen auf

Nr. 127      ein Kleiderschrank,
Nr.   74      ein Spiegel,
Nr. 108      ein Klavier,
Nr. 222      ein Tisch,
Nr.   89      eine Bettstelle.

Selmsdorf.

Wittwe Staat.


Segelschiff     Täglich frischen Kalk
und echt englischen
Portl.=Cement
bei
W. J. Heymanson,
Lübeck.


Fried. Matz.
Lübeck,
Breitestrasse 804.
Lager von Tapeten, Borden, Goldleisten Rouleaux & Teppichen.


Zahnschmerzen jeder Art werden, selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmtem Indischen Extract beseitigt. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruf erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke, Bandagist.


H. W. Dittmer in Lübeck,
Delicatessen=Handlung,
Trave bei der Holsterbrücke 372.

Auswärtige Aufträge auf Wild, Geflügel, Fische und Gemüse werden prompt ausgeführt.


Heute, 23. Mai, als am Thierschautage,
Erlanger Bier vom Faß!
Schönberg.                           H. Duve.


Eichler & Bosselmann
Schwerin i. M.,

empfehlen Molkereimaschinen der berühmten Fabrik von Lefeldt & Lentsch zu Fabrikpreisen und stehen Preiscourante franco zur Verfügung. Diese Fabrik hat seit 1866 31 Medaillen und erste Preise errungen und sind seit diesem Jahre beinahe 13000 Stück Maschinen verkauft.


Eichler & Bosselmann,
Schwerin i. M.,

empfehlen ihre Kornsäcke, 110 Kilo haltend, angelegentlichst, als die billigsten. Nr. 1 à Dtz. 24 M. Nr. 2 à Dtz. 21 M. Nr. 3 100 Kilo haltend 18 M. à Dtz., Nr. 4 110 Kilo haltend à Dtz 15 M., Nr. 5 à Dtz. 11 M. ab Schwerin, ferner Erntewagenlaken zu 15 Thlrn. und Rappslaken zu 40 Thlrn. Die Laken sind von dem schwersten Stoffe.


Eichler & Bosselmann
Schwerin i. M.,

empfehlen geaichte Decimalwaagen mit Garantie franco Magdeburg 4 Ctr. Tragkraft 30 M., 5 Ctr. 35 M. 6 Ctr. 40 M. 8 Ctr. 50 M, 10 Ctr. 63 M., 15 Ctr. 76 M., 20 Ctr. 96 M., 25 Ctr. 112 M., 30 Ctr. 137 M., 40 Ctr. 172 M., 50 Ctr. 207 M., Viehwaage, geaicht, 15 Ctr. Tragkraft, 180 M., 30 Ctr. 195 M.


Von Sonntag, den 28. d. Mts., an werde ich täglich mit meinem gut eingerichteten

Omnibus

zwischen hier und Bahnhof Schönberg fahren.
Abfahrt von Rehna 11 Uhr Vormittags.
Ankunft in Schönberg rechtzeitig vor Eintreffen des Lübecker Zuges um 1 Uhr.
Abfahrt von Schönberg bald nach Eintreffen des Zuges von Grevesmühlen um 3 Uhr Nachmittags.
Rehna, den 23. Mai 1876.

Lüsch, Fuhrmann.     


Zu sofort

suche ich ein kleines Mädchen oder eine alte Frau zur Wartung meiner Kinder gegen guten Lohn.

H. Vohkuhl, Tagelöhner.     

Schlagsdorf.


[ => Original lesen: 1876 Nr. 40 Seite 4]

Maehmaschine
Die Mähmaschinen
von Johnston Harvester, Brokport, New-York

welche sich in kurzer Zeit einen Weltruf erworben haben, und deren vorzügliche Leistungen auf fast allen Concurrenz-Mähen des In= und Auslandes durch erste Preise anerkannt wurden, haben wir für Lübeck, Lauenburg, das angrenzende Holstein und Mecklenburg zum Verkauf übernommen. - Gefällige Bestellungen werden baldigst erbeten, um rechtzeitige Lieferung möglich machen zu können.

(H.01112b.)     

Die Maschinen=Fabrik von B. Wendt in Lübeck.


Man biete dem Glücke die Hand!
375,000 R.-Mark

Haupt-Gewinn im günstigen Falle bietet die allerneueste grosse Geldverloosung, welche von der hohen Regierung genehmigt und garantirt ist.
Die vortheilhafte Einrichtung des neuen Planes ist derart, dass im Laufe von wenigen Monaten durch 7 Verloosungen 43,400 Gewinne zur sichern Entscheidung kommen, darunter befinden sich Haupttreffer von eventuell R.-M. 375,000, speciell aber
1 Gewinn à M. 250,000,
1 Gewinn à M. 125,000,
1 Gewinn à M. 80,000,
1 Gewinn à M. 60,000,
1 Gewinn à M. 50,000,
1 Gewinn à M. 40,000,
l Gewinn à M. 36,000,
3 Gewinne à M. 30,000,
1 Gewinn à M. 25,000,
5 Gewinne à M. 20,000,
6 Gewinne à M. 15,000,
7 Gewinne à M. 12,000,
11 Gewinne à M. 10,000,
26 Gewinne à M. 6000,
55 Gewinne à M. 4000,
200 Gewinne à M. 2400,
412 Gewinne à M. 1200,
621 Gewinne à M. 500,
700 Gewinne à M. 250,
21,350 Gewinne à M. 138
etc. etc.
Die Gewinnziehungen sind planmässig amtlich festgestellt.
Zur nächsten ersten Gewinnziehung dieser grossen vom Staate garantirten Geldverloosung kostet

1 ganzes Original=Loos nur Mark 6,
1 halbes Original=Loos nur Mark 3,
1 viertel Original=Loos nur Mark 1 1/2
Alle Aufträge werden sofort gegen Einsendung, Posteinzahlung oder Nachnahme des Betrages mit der grössten Sorgfalt ausgeführt und erhält Jedermann von uns die mit dem Staatswappen versehenen Original-Loose selbst in Händen.
Den Bestellungen werden die erforderlichen amtlichen Pläne gratis beigefügt und nach jeder Ziehung senden wir unseren Interessenten unaufgefordert amtliche Listen.
Die Auszahlung der Gewinne erfolgt stets prompt unter Staats-Garantie und kann durch directe Zusendungen oder auf Verlangen der Interessenten durch unsere Verbindungen an allen grösseren Plätzen Deutschlands veranlasst werden.
Unsere Collecte war stets vom Glücke begünstigt und hatte sich dieselbe unter vielen anderen bedeutenden Gewinnen oftmals der erste Haupttreffer zu erfreuen, die den betreffenden Interessenten direct ausbezahlt wurden.
Voraussichtlich kann bei einem solchen auf der soliden Basis gegründeten Unternehmen überall auf eine sehr rege Betheiligung mit Bestimmtheit gerechnet werden, und bitten wir daher, um alle Aufträge ausführen zu können, uns die Bestellungen baldigst und jedenfalls vor dem 31. Mai d. J. zukommen zu lassen.

Kaufmann & Simon,
Bank- u. Wechsel-Geschäft in Hamburg

Ein- und Verkauf aller Arten Staatsobligationen, Eisenbahn-Actien und Anlehensloose.

P. S. Wir danken hierdurch für das uns seither geschenkte Vertrauen und indem wir bei Beginn der neuen Verloosung zur Betheiligung einladen, werden wir uns auch fernerhin besteben, durch stets prompte und reelle Bedienung die volle Zufriedenheit unserer geehrten Interessenten zu erlangen.

D. O.     


Ratzeburger Actien-Brauerei.

Die Niederlage von unserem

Lagerbier und Erlanger Exportbier

auf Flaschen haben wir Herrn H. Siebenmark für Schlagsdorf und Umgegend übergeben.

Die Direction.     

-------------

Bezugnehmend auf obige Anzeige empfehle die Flaschenbiere der Ratzeburger Actien=Brauerei in bekannter vorzüglicher Qualität bestens.

H. Siebenmark=Schlagsdorf.


Verloren!

Eine Cigarrentasche von Perlmutter mit Stickerei inwendig. Dem Wiederbringer 5 Mark Belohnung in der Expedition der Anzeigen zu Schönberg.


Gesucht wird zu Michaelis auf der Lockwischer Mühle ein ordentlicher Mann als

Viehknecht,

verheirathet oder unverheirathet, welcher außer 9 Kühen hauptsächlich aber eine ziemliche Schweinezucht zu bestellen hat, bei gutem Lohn nach Uebereinkunft von

G. Creutzfeldt.     


Dienstag den 6. u. Mittwoch den 7. Juni,
beide Tage nach Pfingsten,

findet bei mir ein

Scheibenschießen
nach Gewinnen

statt. wozu ich meine geehrten Gönner ergebenst einlade.
Büchsen und Schießbedarf werden von mir gehalten und kostet der Satz von 3 Schüssen - worauf aber nur 1 Gewinn fallen kann, 1 M.

Gastwirth Sterly in Selmsdorf.     


Am 6 und 7. Juni,
beide Tage nach Pfingsten, wird bei mir ein
Scheibenschießen
nach Gewinnen

abgehalten, und lade ich Freunde und Gönner zu zahlreichem Besuch ein.
Büchsen und Schießbedarf werden von mir geliefert. Der Satz von 3 Schüssen kosten 1 Mark, jedoch fällt hierauf nur 1 Gewinn.

Krüger Jabs-Schlag=Resdorf.     


Am Himmelfahrtstage (Nachmittags)
Große Harmonie-Musik
in meinem Garten, ausgeführt von den Vereins=Musikern.
Entree für die Person 25 Pfennig.
Um recht zahlreichen Besuch bittet
                                                    A. Schwiesow.
                                                    Schönberg.


Kirchliche Nachrichten.

Himmelfahrt.
Früh=Kirche: Pastor Kämpffer.
Vormittags=Kirche: Pastor Fischer.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen18 M -Pfennig  bis 22 M 50Pfennig.
Roggen16 M -Pfennig  bis 17 M 50Pfennig.
Gerste16 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Hafer17 M -Pfennig  bis 18 M -Pfennig.
Erbsen16 M 50Pfennig  bis 19 M -Pfennig.
Wicken- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Buchwaizen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rappsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rübsen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Schlagleinsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,10 .
Hühner d. St. M1,50 .
Tauben d. St. M0,50 .
Schinken pr. 500 Gr. M0,75 .
Schweinskopf pr. 500 Gr. M0,45 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,05 .
Eier 7 St. für M0,30 .


(Hierzu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1876 Nr. 40 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 40 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 23. Mai 1876.


Von der mit der Vorberathung der Wahlreformvorlage beauftragten Commission der italienischen Deputirtenkammer wird beantragt, daß das Lebensalter, mit welchem die Berechtigung zur Theilnahme an den politischen Wahlen eintritt, auf 21 Jahre herabgesetzt werde und daß für die politische Wahlberechtigung das nämliche Einkommen, wie bei den administrativen Wahlen, maßgebend sei. Allen, die die Volksschulen besucht haben, soll ohne Rücksicht auf das Einkommen das politische Wahlrecht zugestanden werden.
Von dem militärischen Prachtwerke "Die Generale der deutschen Armee," zehn Jahre deutscher Heeresgeschichte 1864 bis 1874, herausgegeben und redigirt von G. v. Glasenapp, ist dieser Tage die (Doppel=) Lieferung 18 und 19 ausgegeben worden. Dieselbe enthält die Biographieen und die diesmal durchweg fast besonders wohlgetroffenen Bildnisse des Generals der Infanterie, Prinzen Georg von Preußen K. H., der Generallieutenants v. Schwerin, Grafen W. v. Brandenburg, Grafen Neidhardt v. Gneisenau, Freiherrn v. Puttkamer, v. Werder und von vierzehn Generalmajors. - Die nächsten Lieferungen sollen etwas schneller hinter einander ausgegeben werden, damit während der Manöver=Periode eine Pause eintreten kann.
- Die Königliche Regierung in Arnsberg (Preußen) erläßt folgende Bekanntmachung: "Gastwirthe, Schankwirthe, Kleinhändler mit Branntwein und Spiritus, welche selbst oder durch ihre Angehörigen bez. Geschäftsgehülfen an solche Personen, welche unzweifelhafte Kennzeichen des Zustandes der Trunkenheit an sich tragen, alkoholhaltige Getränke verabfolgen oder denselben zugänglich machen, verfallen in eine Strafe bis zu 30 M., event. in verhältnißmäßige Haftstrafe."
Zum Prozeß Arnim wird der "Magd. Ztg." gemeldet, daß Herr Thiers sich zur Zeugnißablegung bereit erklärt habe.
Die Arbeiterentlassungen in den industriellen Etablissements in Nürnberg nehmen immer weiteren Fortgang und stehen, wie von Besitzern größerer Etablissements mitgetheilt wird, noch weitere Entlassungen in Aussicht, da neue größere Aufträge zu den Seltenheiten gehören.
- Aus Madrid wird gemeldet, daß die Cortes eine Commission zur Untersuchung der spanischen Finanzoperation in der Zeit vom Jahr 1869 bis 1875 ernannt habe, da angezeigt worden sei, daß dabei große Mißbräuche und Unterschleife vorgekommen wären.
- Ein ministerieller Erlaß in England untersagt die Landung von ausländischem Vieh in Dover, Folkestone und Newhaven vom 18. Mai c. ab, was den Viehzüchtern der deutschen Marschen nicht zur Freude gereichen wird.
- Aus Hamburg schreibt die "L. Z.": In Folge der in vielen Familien nothwendig gewordenen Einschränkungen sind zu dem hier üblichen Wechseltage für Dienstboten, 10. Mai, viele Dienstmädchen ohne Beschäftigung geblieben, und meistens in die Heimath gezogen.
- Am Tage der Eröffnung der Weltausstellung zu Philadelphia haben gegen 200,000 Menschen den philadelphischen Park besucht. 76,000 Personen zahlten Eintrittsgeld, die übrigen waren Ehrengäste oder umstanden das Gehege, welches den Ausstellungsraum von dem übrigen Parke abtrennt.
- (Deutsche Freimaurer in Amerika.) Die Großloge von Pensylvanien in Philadelphia hat beschlossen, sämmtlichen deutschen Freimaurern den Zutritt zu den Logenarbeiten zu verweigern, weil - der deutsche Großlogentag die amerikanischen Negerlogen als gerechte und vollkommene Logen anerkannt habe.
- Max Schlesinger, der bekannte Reiseschriftsteller der "Köln. Ztg.", sagt über die Bevölkerung Constantinopels, der er die dickste Unwissenheit über die Lage der Dinge, die sie am Nächsten berühren, zuschreibt, Folgendes: "Die Zahl der Türken, die sich überhaupt mit politischen Dingen beschäftigt, ist unglaublich gering, während die große Menge gedankenlos in den Tag hineinlebt, ohne sich um die Zukunft des Staates im Geringsten Sorge zu machen. An dieser Gedankenlosigkeit, die eine entsprechende Thatenlosigkeit zeigt, krankt die Wurzel alles staatlichen Lebens im Lande. An ihr liegt die Schuld, daß kein kräftiges patriotisches Gefühl durchbricht und daß die türkische Regierung, selbst wenn sie die verrottete Verwaltung gründlich umzugestalten den Willen besäße, nicht die erforderliche Zahl hierzu brauchbarer Menschen im ganzen Bereiche des Staates aufzutreiben vermöchte. An thatkräftigen Leuten herrscht noch größerer Mangel als an denklustigen. Die letztgenannten traurigen Uebelstände werden selbst von denen zugestanden, die der Türkei am Wärmsten wohl wollen und seit Jahren die Behauptung vertreten, daß sie der lebenskräftigen Elemente genug besitze, um sich behaupten zu können, daß diese aber gelähmt seien durch unaufhörliche, theils absichtlich feindselige, theils ungeschickt freundliche Einmischungen der europäischen Mächte. Daran liegt anerkannter Maßen viel Wahrheit, aber darum doch nicht die ganze. Innerer Drang nach Verbesserung ihrer politischen und socialen Zustände ist die letzte Tugend, die sich den Türken nachrühmen läßt. Der Mangel dieser Tugend ist an dem Verfalle der Türkei noch weit mehr Schuld, als die Einmischungssucht der europäischen Mächte. Faules Holz zerbröckelt unter Stößen, die ein gesunder Baum kaum spüren würde. Daß der Türke in anderen Tugenden seinen christlichen Nachbarn nicht nachsteht, in mancher sie sogar übertrifft, bezeugen Alle, die lange im Reiche gelebt haben, und daß, die am Längsten mit ihnen verkehren, am Wärmsten für sie einstehen, spricht sehr zu ihren Gunsten. Nur hüte man sich vor idealen Vorstellungen auch in dieser Beziehung. Was den Türken in seinem Lande liebenswerth erscheinen läßt, ist nur zu oft das über alle Begriffe schlechte, diebische, gewissenlose, elende, an Leib und Seele verschmutzte europäische Gesindel, das sich neben ihm eingenistet hat. Diesem gegenüber erscheint jede mittelmäßige Anständigkeit als Heiligentugend."
- Der Ostsee=Zeitung wird von Swinemünde geschrieben: Das englische Schrauben=Dampfschiff "Fatfieldt", Capt. L. Hall, aus London, wollte am 14. Mai Morgens mit einem Lootsen an Bord in See gehen, als der auf der Commandobrücke stehende Capitän durch irgend eine verdächtige Erscheinung gewahrte, daß in der Maschine etwas nicht in Ordnung sei. Bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, daß die Kessel ganz rothglühend waren. Die betrunkene Maschinenmannschaft hatte geheizt, ohne das nöthige Wasser im Kessel zu haben, und es wurde nur wie durch ein Wunder eine Kessel=Explosion mit allen ihren Folgen verhindert. Die Kessel und viele Maschinentheile sind so stark beschädigt, daß noch bis jetzt mit allen möglichen Mitteln reparirt wird, um das Schiff zur Fahrt nach Riga in vorläufigen Stand zu setzen.
- Im Jahre 1875 sind statt der üblichen 50,000 bis 70,000 Deutschen nur 25,000 nach Nordamerika ausgewandert. Es gab freilich auch nichts drüben zu holen.
- In Catania ist der Domherr Vacarra als Fälscher von Banknoten und Stempelpapieren verhaftet worden. Man fand in seiner Wohnung nicht weniger als 5 1/2 Kilogramm falscher Banknoten und Stempel und sehr böse Briefe.

[ => Original lesen: 1876 Nr. 40 Seite 6]

- Im Bankhaus Schey in Wien wurde der Kassirer Poß wegen Veruntreuung von ziemlich 900,000 Gulden verhaftet. Er war seit 20 Jahren dort angestellt, genoß das größte Vertrauen und wurde durch Börsenspiel zum Verbrecher.
- Am 13. Mai gab es in Köln ein seltenes Schauspiel: Mitte Mai einen heftigen Schneefall. Einen schneidenden Contrast bildeten die weißen Dächer, der schneebedeckte Garten des erzbischöflichen Palastes und der Nachtigallenschlag daselbst am Morgen um 6 Uhr.
- Der Besitzer eines Hundes, welcher durch Heulen und Bellen zur Nachtzeit die Ruhe in erheblicher Weise stört, macht sich dadurch einer Uebertretung (§ 360, 11 des Straf=G.=B. schuldig, wenn er nicht diesem Uebelstande in entsprechender Weise abhilft. Erkenntniß des Ober=Tribunals vom 20. April d. J.
- (Kälte und Schnee.) Die neuesten bis zum 15. d. an die K. K. meteorologische Anstalt in Wien gelangten Depeschen melden heftige Stürme aus Südost, welche in der Adria wüthen und sich besonders an den Küsten Dalmatiens, bei Budna, Lesina, Lissa bis zum Orkan steigerten; in Triest und Pola dauerte stürmische Bora an. Während daselbst durchweg regnerisches Wetter herrscht, werden aus sämmtlichen Alpstationen sehr bedeutende Schneefälle gemeldet und sind die meisten über 1000 Meter hohen Berge schneebedeckt; seit 10 Tagen stellen sich fast täglich neue Niederschlage ein und beträgt die seit dem 6. d. Mts. in Klagenfurt gemessene Schnee= und Regenmenge über 180 Millimeter. Die Temperatur ist überall niedrig. Auch in Ischl ist Schnee gefallen. Wie die "Boh." aus Komotau erfährt, hat es in der Nacht vom 13. auf den 14. d. im böhmischen Erzgebirge so geschneit, daß man nach Aussage der Fuhrleute in Sebastiansberg auf den Seitenwegen zur Hauptstraße bequem mit Schlitten fahren konnte. In der Gegend von Melnik hat der Frost einen unberechenbaren Schaden verursacht. In erster Reihe ist die Weinfrucht zu erwähnen, welche in Folge dieses Elementarereignisses in manchen Weinbergen ganz vernichtet wurden; aber auch die Obstbäume, Rüben= und Kartoffelfelder lassen Spuren wahrnehmen, daß auch sie von dem Reif nicht verschont geblieben sind. Selbst die Setzlinge in den Wäldern sind erfroren.
- Nachrichten aus Smyrna bestätigen, daß die Pest in Hillah und Bagdad noch immer und zwar in verstärktem Maße wüthet, obwohl sie glücklicherweise die durch einen Militär=Cordon gezogene Grenze noch nicht übersprungen hat. In Bagdad kamen vom 16. bis 22. April 336 Todesfälle vor, oder durchschnittlich 48 täglich, in Hillah in demselben Zeitraume 159, oder im Durchschnitt 22 per Tag. Leider fehlt der Glaube, daß an Ort und Stelle solche Vorsichtsmaßregeln getroffen werden, wie sie in der That nöthig sind, um eine Verschleppung der Krankheit zu verhüten.
- Wenn es noch dazu kommen sollte, daß von den Mächten das freundliche Ersuchen an den Sultan gerichtet würde, sich außerhalb Europas aufzuhalten, wo es ihm beliebe so ist freilich nicht zu übersehen, daß er sich im Besitz eines wunderthätigen Reliquienschatzes befindet, dessen furchtbare Macht gegen seine Gegner zu Hülfe gerufen werden würde. Das Hauptstück ist jedenfalls die berühmte Fahne des Propheten, dann kommt ein Mantel, der Bart, ein Vorderzahn desselben und endlich ein viereckiger Kalkstein, auf den Mohamed den Fuß stellte, als er mithalf, die Kaaba in Mekka erbauen, und der noch heute den Eindruck trägt, den der Fuß damals gemacht hat. Was nun die Fahne anbelangt, so diente dieselbe einst als Thürvorhang im Gemache der Ajescha, der Lieblingsgattin des Propheten. Sie ist von Farbe schwarz und wurde 1825 zum letzten Male entfaltet, als der Vater des jetzigen Sultans, Mamud II., die Bewohner seiner Residenzstadt aufforderte, die widerspenstigen Janitschaaren niederzusäbeln. Der Mantel des Propheten ist ein gewöhnlicher schwarzer arabischer Mantel, der jährlich einmal in einer Moschee ausgestellt wird, damit ihn die Gläubigen, darunter auch der Padischa selbst, küssen können. Der Bart des Propheten hat eine Länge von 3 Zoll und ist von hellbrauner Farbe. Der Zahn wurde dem Propheten in einer Schlacht ausgeschlagen und von einem seiner Streitgenossen gefunden. Der Stein endlich ist von weißer Farbe und hat die Form eines Quadrates. Wer an der Aechtheit dieser Reliquien zweifelt, ist ein Ungläubiger und wird sich nach muselmännischen Anschauungen nie an dem Anblicke des Paradieses weiden.
- Der alte Schäfer Thomas hat sich unterstanden, in seiner Prophezeihung für das Jahr 1876 den Untergang der österreichischen Monarchie in diesem Jahre in Aussicht zu stellen. Dies konnte man sich in Wien natürlich nicht ruhig gefallen lassen und die hochverrätherische "Prophezeihung" ist auf Antrag der Staatsanwaltschaft weggenommen und mit dem Einfuhrverbote belegt worden.
- Von den alten Zunftgenossenschaften der Meistersänger beherbergt Ulm heute noch ein lebendiges Mitglied, wahrscheinlich den letzten Zunftgenossen in ganz Deutschland. Der arme Mann, jetzt hoch in den achtziger Jahren, hatte es nur bis zum Todtengräber gebracht, welches Amt er versah, bis ihn Altersschwäche daran verhinderte. Sein Name, J. Best, befindet sich mit unter den Unterschriften der Schenkungsurkunde, mit welcher die letzten Meistersänger in Ulm im Jahre 1839 ihr Gesellschaftseigenthum an den dortigen Liederkranz übertrugen.
- Ein 92jähriger Veteran in dem holsteinischen Dorfe Heringsand feierte dieser Tage seine Diamanthochzeit, wozu das würdige und noch rüstige Paar durch gedruckte Karten einlud, welche zugleich die auf dem Lande vielfach übliche Bitte enthielten: "Man bittet, Löffel, Messer und Gabel mitzubringen." Im letzten Augenblick fiel es dem diamantenen Bräutigam ein, auch den Kaiser zu dem seltenen Feste einzuladen, was durch Uebersendung einer einfachen Karte geschah. Der hohe Adressat soll über die Zumutung: Messer und Gabel etc. mitzubringen, die ihm noch bei keiner Einladung gemacht worden, herzlich gelacht und bei der Unmöglichkeit, jetzt persönlich abkommen zu können, 25 Stellvertreter von glänzendem Silber zu dem fröhlichen Feste gesendet haben.
- Eine neue Art Geld zu machen. Die in Bamberg erscheinende "Fundgrube" schreibt: Mehrere Blätter haben kürzlich folgende Anzeige enthalten: "Für 50 Pf. ein bewährtes Mittel zur Abgewöhnung vom Trunke und Kartenspiel von J. J. Klippel Nr. 316 in Kandel, Pfalz." Ein Abonnent der "Fundgrube" schickte an Herrn Klippel die 50 Pf. ein und erhielt darauf folgende originelle Antwort: "Um sich dem leidenschaftlichen Kartenspiele und der Trunksucht zu enthalten, nimmt man beim Ausgehen nur ein klein wenig Geld mit. Man ist dadurch gezwungen, sich dem Kartenspiel gänzlich zu enthalten und ist ebenso darauf angewiesen, nur ein kleines gewisses Quantum zu trinken. Ist man gehörig mit Geld versehen, so ist die Versuchung zu groß, und man kann den bösen Leidenschaften nicht widerstehen." Originell ist an der Sache nur die Unverschämtheit des Herrn K., der diese wichtige Entdeckung für 50 Pf. verkauft. Neu ist das Rezept jedenfalls nicht, denn es fehlt nicht an Frauen, die ihren Männern das Taschengeld so sehr beschneiden, daß sie sich weder betrinken, noch Karten spielen können. Zuweilen schlägt das Mittel doch fehl, da es oft gefällige Wirthe giebt, die sich herbei lassen, Getränke und selbst Geld zum Spiel auf Kreide zu geben.
- Ein als Feinschmecker bekannter Gutsbesitzer hatte leider der Einladung eines reichen Nachbarn zu einem Festessen nicht Folge leisten können und erkundigte sich Tags darauf bei einem Freunde, der dabeigewesen, was es gegeben habe. - "Krebssuppe.." - "Donnerwetter, die eß ich so gern!" - "Dann Rheinsalm, Hummersalat . ." - "Wahrhaftig, mein Leibessen!" - "Dann Fasanen, Rehrücken . . - "Hör' auf!!" - "Dann Truthahn . ." - "Donnerwetter, jetzt sag' noch Schnepfen, dann kriegst Du eine Ohrfeige!"


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