[ => Original lesen: 1876 Nr. 30 Seite 1] Des heil. Osterfestes wegen erscheinen die "Anzeigen" am Dienstag den 18. April nicht.
Politische Rundschau.
Deutschland. Der Bundesrathsausschuß für das Justizwesen hat, wie von verschiedenen Seiten berichtet wird, den Beschluß der Justizkommission wegen Einführung der großen Schöffengerichte als unannehmbar bezeichnet. Derselbe hat seine Verhandlungen über die Beschlüsse der Reichstags=Kommission zu den Entwürfen der großen Reichs=Justizgesetze am Montag zu Ende geführt; und die auswärtigen Mitglieder desselben haben Berlin wieder verlassen.
Die mit der Untersuchung über den Zusammenstoß der "Frankonia" und des "Strathclyde" betraute englische Jury hat am vorigen Freitag über den Kapitän der "Frankonia", Keyn, das schuldig ausgesprochen. Das Urtheil des Gerichtshofes jedoch ist vertagt worden, bis das Apellgericht seine Entscheidung abgegeben habe.
Unter dem Titel: "Nationalliberale Partei und nationalliberale Presse und höheres Gentlemanthum" ist eine sehr lesenswerthe Broschüre von einem liberalen "Nichtreichsfeinde" in Berlin erschienen, in welcher die nationalliberale Partei und ihre Presse sowie die sogenannte offiziöse Presse einer wahrhaft vernichtenden Kritik unterzogen werden.
Preußen. Das Abgeordnetenhaus hat am 7. April seine letzte Sitzung vor dem Osterfeste abgehalten und hat sich bis zum 24. d. M. vertagt. Der Präsident desselben kündigte an, daß er dann in einer der ersten Sitzungen die Eisenbahnvorlage auf die Tagesordnung setzen werde.
Die liberalen Zeitungen haben jetzt wieder Oberwasser und wissen ihre Freude kaum zu lassen, nachdem sie noch vor Kurzem in der Gewitterschwüle des von oben wehenden konservativen Windes gewaltig die Flügel hatten hängen lassen. Der Wind ist, wie es nicht anders zu erwarten war, plötzlich umgeschlagen und weht wieder "nationalliberal." Von allen Seiten wird versichert, daß der Reichskanzler von seinen "konservativen Anwandlungen" völlig zurückgekommen sei und sich nach wie vor auf die nationalliberale Partei stützen werde. Es wurden nämlich die gänzlich fehlgeschlagenen Bestrebungen der "Nordd. Allgem. Ztg.", aus den Trümmern der in sich selber bereits völlig haltlosen nationalliberalen Partei eine große "konservative" Regierungspartei oder "Fraktion Bismarck" zu sammeln, im letzten Grunde auf den Reichskanzler Fürsten von Bismarck selber zurückgeführt, und die nationalliberale Partei, die im deutschen Volke schon längst keinen Boden mehr hat, glaubte damit ihre letzte Stütze und ihre letzte Hoffnung schwinden zu sehen. In welchem Verhältnisse der Reichskanzler zu jenen dem Anscheine nach allerdings offiziösen Bestrebungen der "Nordd. Allgem." steht, können wir zwar nicht wissen; aber wir halten denselben für einen viel zu klar blickenden Politiker, als daß ihm ein so schlimmer politischer Fehler zugetraut werden dürfte, und daß er nicht schon längst den nicht mehr zu vertuschenden Bankerot der liberalen Parteien erkannt haben sollte. Jedenfalls scheint so viel fest zu stehen, daß dem Nationalliberalismus die Zukunft in Deutschland nicht gehören wird; vielmehr wird entweder unser Volk - und das hoffen wir - zu einem echten christlichen Konservatismus zurückkehren, oder aber es wird der Schreckensherrschaft des Sozialdemokratismus verfallen - das verhüte Gott!
Sachsen. Die Regierung hat dem Landtage einen Gesetzentwurf über "die Ausübung des staatlichen Oberaufsichtsrechtes über die katholische Kirche im Königreiche Sachsen" vorgelegt, welcher sich im Ganzen dem entsprechenden preußischen Gesetze anschließt, in den entscheidenden Punkten aber vortheilhaft von demselben unterscheiden soll, sodaß ein Konflikt zwischen Staat und Kirche, wie er in Preußen noch immer alle Verhältnisse beherrscht, dort nicht in Aussicht steht.
Lippe. Früheren Zeitungsnachrichten zufolge sollten die Konservativen bei den Wahlen zum Landtage den Sieg davongetragen haben; doch scheint es, daß dieselben zu früh triumphirten, denn es stellt sich nunmehr heraus, daß die bisher dominirende Fortschrittspartei wenn nicht den Sieg, so doch eine gleiche Anzahl von Abgeordneten errungen hat.
Spanien. Die Kortes haben beschlossen, daß über die Artikel der Verfassung, welche die Monarchie, den König und die Thronfolge betreffen, nicht diskutirt werden soll. Dieselben haben sich am Sonnabend bis nach dem Osterfeste vertagt.
Türkei. Es scheint, daß das Eingreifen Serbiens in den Kampf zwischen Christen und Türken nur noch eine Frage der Zeit ist. Serbien ist trotz des Druckes, den die Großmächte auf dasselbe ausüben, bereits vollständig kriegsbereit, und der Vertreter Serbiens in Konstantinopel hat bereits unter dem Vorwande eines Urlaubs Konstantinopel verlassen, um sich, wie es scheint, in Sicherheit zu bringen.
Daß die Aufständischen als wichtigste Friedensbedingung die Garantie der Großmächte für die von der Türkei versprochenen Reformen fordern, ist gewiß nur zu billigen, denn wie wenig sich die Großmächte, wenn eine solche Bürgschaft nicht geleistet wird, nach dem Friedensschlusse darum kümmern würden, ob die Türkei ihre den christlichen Unterthanen geleisteten Versprechungen halten werde oder nicht, haben frühere Jahre zur Genüge gezeigt. Die bisherigen Schritte der Großmächte sind wohl kaum durch etwas anderes, als durch die Selbstsucht diktirt; jede sucht einen für ihre Bestrebungen günstigeren Zeitpunkt zu gewinnen, und darum haben sich alle, wie es scheint, dazu verbunden, vor der Hand die Christen in der Türkei wiederum unter die Schreckensherrschaft der fanatischen Türken zurückzuzwingen. Die einzige Großmacht, die von solchen Hintergedanken nicht geleitet wird, dürfte Deutschland sein, da es diesem wohl ziemlich gleichgültig sein kann, in wessen Besitz sich die Türkei befindet; aber Deutschland allein kann natürlich in dieser Sache nichts machen.
[ => Original lesen: 1876 Nr. 30 Seite 2]- Neustrelitz. Ihre Königl. Hoheit die Großherzogin ist in Begleitung Seiner Königl. Hoheit des Erbgroßherzogs am 8. April von Neustrelitz nach England gereist und am 10. April Morgens 7 Uhr nach bewegter Ueberfahrt von Calais nach Dover in London angelangt.
- In Stuttgart hat sich der schon länger erkrankte Freiherr v. Reischach, der Chef der Cottaschen Buchhandlung, erschossen.
- In Dortmund ist Henriette Davidis, die Verfasserin des weit bekannten guten Kochbuches, gestorben. -
- Ein englischer Lord war mit seiner Familie im Pusterthale bei einem Wirthe einquartirt, bei dem ihm alles ganz wohl gefiel, nur das Eine paßte ihm nicht, daß der Wirth ihn immer mit "Eurer Lordschaft" anredete und in Höflichkeit zerfloß. Er ersuchte ihn daher, ihn mit dem gebräuchlichen "Du" anzureden. Der Wirth weigerte sich, es half aber nichts, ich will freundlich behandelt sein, befahl der Engländer. Als bei der Abreise die Rechnung kam, zeigte sich dieselbe durchaus, nicht übertrieben, nur ein Posten war räthselhaft. Was bedeutet diese Summe? fragte der Lord den Wirth. - Das ist ganz einfach, sagte dieser, "135mal auf Befehl gedutzt à 6 kr. macht 8 fl. 10 kr." Der Lord lachte und bezahlte.
- In Paris hat man jüngst ziemlich grausame, aber für den Festungskrieg wichtige Versuche angestellt wie lange ein Pferd ohne Nahrung leben kann. Ein Pferd kann 25 Tage ohne feste Nahrung leben, wenn es genügend Wasser zu trinken bekommt; es kann jedoch blos 5 Tage ohne Wasser leben, wenn es auch feste Nahrung erhält. Gibt man einem Pferd 10 Tage von fester Nahrung, doch ungenügend zu trinken, so verendet es am 11. Tage; ein Pferd, dem man 3 Tage das Wasser entzog, trank in 3 Minuten 60 (?) Liter Wasser. Ein Pferd, welches keine feste Nahrung zwölf Tage lang erhalten hatte, war noch im Stande, eine Last von 279 Kilos zu ziehen.
- Fredensborg in Dänemark ist bekannt als Sommersitz der Königsfamilie und Eisenbahnstation. Neulich erkrankten daselbst an einem Tage 48 Personen, alle litten an auffallenden Fieberanfällen und der Arzt erklärte, sie seien vergiftet. Vergiftet? wodurch? Durch das Wasser eines Brunnens am königlichen Schloß, aus dem sie alle getrunken. Das Wasser wurde untersucht und fand sich arsenikhaltig. Wie ging das zu? Man fand es bald heraus. Ratten, die an anderen Stellen Rattengift gefressen, waren in den Brunnen gedrungen, um zu trinken und hatten so das Wasser vergiftet. Der Brunnen wurde geschlossen, die Erkrankten, unter ihnen der Pfarrer, wurden alle gerettet, weil die Vergiftung schwach und die Hülfe rasch bei der Hand war.
- Die durch die Abenteuer mit einem russischen Großfürsten und ihre skandalöse Publikation nur zu bekannt gewordene Fanny Lear in Rom ist von dem neuen Minister des Innern ausgewiesen und von dem Polizeidirektor in eigenster Person auf die Eisenbahn gebracht worden, wo man ihr ein Billet bis München genommen hatte. Sie soll hier ein ähnliches Verhältniß wie in St. Petersburg haben anzetteln wollen, und auf dem Punkte gewesen sein, ihre Absichten zu erreichen.
Anzeigen.
Bekanntmachung.
Das diesjährige hiesige Musterungsgeschäft wird in folgender Weise
in Schönberg
im Boye'schen Gasthause
abgehalten werden:
1. Donnerstag den 4. Mai
Morgens präcise 8 Uhr
Musterung der Militärpflichtigen aus den Ortschaften: Baek, Bardowiek, Bechelsdorf, Blüssen, Boitin=Resdorf, Gr. Bünsdorf, Kl. Bünsdorf, Campow (mit Hoheleuchte), Carlow, Cronscamp, Demern (Hof und Dorf nebst Röggeliner Ziegelei), Dodow, Domhof=Ratzeburg, Duvennest, Falkenhagen, Grieben, Hammer, Herrnburg, Horst, Kleinfeld, Klocksdorf, Kuhlrade, Lankow, Lauen, Lenschow, Lindow, Lockwisch (Hof und Dorf), Lübseerhagen, Lüdersdorf, Malzow, Mannhagen, Mechow (Hof und Dorf nebst Wietingsbeck), Menzendorf (Hof und Dorf), Gr. Mist, Kl. Mist, Gr. Molzahn, Kl. Molzahn, Neschow (mit Maurin=Mühle), Neuhof, Niendorf, Ollndorf, Palingen, Panten, Papenhusen, Petersberg, Pogez, Rabensdorf (Hof und Dorf), Raddingsdorf, Retelsdorf, Rieps, Rodenberg, Römnitz, Rottensdorf, Gr. Rünz, Kl. Rünz, Rüschenbeck, Rupensdorf.
2. Freitag, den 5. Mai,
Morgens präcise 8 Uhr
Musterung der Militärpflichtigen aus den Ortschaften: Sabow, Samkow, Schaddingsdorf, Schlagbrügge, Schlag=Resdorf, Schlagsdorf (Hof und Dorf nebst Heiligeland), Stadt Schönberg, Bauhof Schönberg, Schwanbeck, Selmsdorf (Hof und Dorf nebst Hohemeile), Gr. Siemz, Kl. Siemz, Stove, Sülsdorf bei Schönberg, Schlag=Sülsdorf, Teschow, Thandorf, Törpt, Torriesdorf, Wahlsdorf, Wahrsow (Hof und Dorf), Wahlsfelde, Wendorf, Westerbeck, Zarnewenz (Hof und Dorf), Ziethen.
3. Sonnabend den 6. Mai
von Morgens 8 Uhr an
Loosung der sämmtlichen Militärpflichtigen des Jahrgangs 1856. Das Nichterscheinen zur Loosung hat keine Nachtheile zur Folge. Für die dazu nicht Erscheinenden wird durch ein Mitglied der Ersatz=Commission geloost.
Zur Musterung haben sich bei Vermeidung der im § 24,7 der Ersatz=Ordnung, (Deutsche Wehrordnung vom 28. September
[ => Original lesen: 1876 Nr. 30 Seite 3]1875) angedrohten Strafen zu gestellen:
alle im Jahre 1856 sowie alle in früheren Jahren geborenen Militärpflichtigen ohne endgültige Entscheidung über ihre Militärpflicht, sofern sie nicht von der Gestellung ausdrücklich entbunden sind.
Sämmtliche Militärpflichtige haben ihre Geburtsscheine sowie die Militärpflichtigen der älteren Jahrgänge außer den Geburtsscheinen ihre Loosungs= und Gestellungs=Atteste mitzubringen.
Die im hiesigen Fürstenthum gebürtigen und außerhalb ihres Geburtsortes sich aufhaltenden Militärpflichtigen haben sich mit den Militärpflichtigen ihres Geburtsortes zu gestellen.
Wer durch Krankheit am Erscheinen verhindert ist, hat ein beglaubigtes ärztliches Attest einzureichen.
Etwaige Reclamationsgesuche um Zurückstellung etc. sind rechtzeitig bei dem unterzeichneten Civil=Vorsitzenden anzubringen. Behauptete Erwerbsunfähigkeit muß durch ärztliche Untersuchung im Musterungstermine bestätigt werden; es sind daher die aus der angeführten Veranlassung reclamirenden Angehörigen eines Militärpflichtigen zum persönlichen Erscheinen vor der Ersatz=Commission gehalten.
Alle zur seemännischen Bevölkerung gehörenden Militärpflichtigen (cfr. 21 der Ersatz=Ordnung) haben sich im Termine über ihre gewerbliche Qualification (Vorlegung ihrer Seefahrtsbücher u. s. w.) zu legitimiren.
Die Ortsvorstände haben die Militärpflichtigen ihrer Gemeinde zu den festgesetzten Terminen vor die Ersatz=Kommission zu beordern und dieselben pünktlich entweder persönlich oder durch einen genügend instruirten Bevollmächtigten vorzustellen.
Die Ortsvorstände werden noch besonders auf ihre Verpflichtung hingewiesen: die nach Aufstellung der Stammrollen zuziehenden Fremden sowie die das hiesige Fürstenthum verlassenden Militärpflichtigen ihrer Gemeinde Zwecks Berichtigung der Listen sofort hierher namhaft zu machen oder dieselben zur persönlichen An= oder Abmeldung hierher zu weisen.
Die Rekrutirungs=Stammrollen werden von hier aus im Musterungstermine vorgelegt werden.
Im Anschluß an das Musterungsgeschäft und zwar am
Freitag den 5. Mai
wird die Classificirung der Mannschaften der Reserve, Landwehr, Seewehr und Ersatz=Reserve I. Cl. stattfinden, welche auf Zurückstellung für den Fall einer Mobilmachung Anspruch machen und welche rechtzeitig vorher ihre Gesuche nach Maßgabe der Bestimmungen des § 18 der Control=Ordnung (Deutsche Wehrordnung vom 28. September 1875) eingebracht haben müssen. Dieselben haben zum Termine zu erscheinen.
Schönberg, den 31. März 1876.
Der Civil=Vorsitzende der Ersatz=Commission des Aushebungsbezirks für das Fürstenthum Ratzeburg.
F. Graf Eyben.
Nachdem zum Verkauf der dem Maurergesellen Johann Westphal hieselbst, welcher unter Curatel des Handschuhmachers Emil Jannicke allhier steht, gehörigen, zu Schönberg zwischen dem Kalten=Damm und dem Maurineflusse, hinter dem Wohnhause Nr. 9, belegenen Grundstücke, als:
a) einer Scheune, deren Grundfläche angeblich 47,60 []M. groß ist;
b) eines Gartenstücks von angeblich 152,25 []M. Größe;
c) eines Gartenstücks von angeblich 126,35 []M. Größe;
d) einer Wiese von angeblich 1341,10 []M. Größe,
die Genehmigung von Seiten der Obercuratelbehörde ertheilt worden, ist nach Anzeige des Curators Jannicke für die bezeichneten Grundstücke ein Gebot von 1200 M. unter der Hand erfolgt.
Zum Ueberbot ist nun ein Termin auf
Sonnabend den 29. April c.,
Vormittags 11 Uhr,
anberaumt worden, zu welchem alle Diejenigen, welche ein über 1200 M. hinausgehendes Gebot abzugeben gesonnen sind, mit dem Bemerken hiemit geladen werden, daß die Verkaufsbedingungen 8 Tage vor dem Termine auf der Gerichts=Registratur einzusehen, auch gegen die Gebühr in Abschrift zu erhalten sind.
Schönberg, den 11. April 1876.
Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.
A. Dufft.
Auction.
Am Mittwoch den 19. April werde ich im Gastwirth Boye'schen Hause in Schönberg
verschiedene Stuben= und Küchengeräthe, sowie Betten etc.
in öffentlicher Auction gegen gleich baare Zahlung versteigern.
Schönberg.
Staffeldt,
Landreiter.
Verkaufs=Anzeige.
Am Tage nach Ostern, den 18. April d. J., Vormittags von 11 Uhr ab, sollen im Kruge zu Lockwisch gegen gleich baare Bezahlung meistbietend verkauft werden:
gute Männerkleidungsstücke, 1 kleiner Koffer und was sich sonst noch vorfindet.
Schönberg.
Kutzbach,
Landreiter.
Verkaufs=Anzeige.
Am Mittwoch den 19. April d. J., von Vormittags 11 Uhr ab, sollen in Herrnburg, auf der Oldenburgischen Hauswirthsstelle, gegen gleich baare Bezahlung meistbietend verkauft werden:
circa 160 Fuß eichenes Schwellenholz, 8 Zoll stark und 1 Stuhlwagen.
Schönberg.
Kutzbach,
Landreiter.
Auction.
Am Donnerstag den 27. d. M.,
Vormittags 10 Uhr,
sollen in der Behausung des Hauswirths Mustin in Campow in öffentlicher Auction gegen gleich baare Bezahlung meistbietend verkauft werden:
ein eisenachsener Bauwagen, 1 Stuhlwagen und 1 Pferd (Schimmel),
Nachmittags 2 Uhr,
bei der Hauswirthin J. P. Oldenburg in Herrnburg desgl. 2 Kühe; ferner
am Sonnabend den 29. d. M.,
Nachmittags 2 Uhr,
auf der Hofstelle der Hauswirthin verehel. Woisin in Kleinfeld 1 Pferd, 3jähriger brauner Wallach.
Schönberg.
Staack,
Cammer=Executor.
Für Boitzenburg
sind mir ferner übergeben: von Herrn W. Hartwig 1,50 M., von Herrn K. in R. 9 M., von Herrn Pastor Gerling 10 M.
Weitere Gaben nimmt gern entgegen
Fr. W. Konow.
Bekanntmachung.
Der diesjährige Frühjahrsbeitrag der Mitglieder des Lübecker Feuer=Versicherungs=Vereins der Landbewohner ist in der Zeit vom 15. bis 31. Mai d. J. mit Drei Zehntel des einfachen Ansatzes (3/10 Simplum) auf dem hiesigen Büreau zu entrichten.
Lübeck, den 7. April 1876.
Die Direction des Lübecker Feuer=Versicherungs=Vereins für Landbewohner.
Namens derselben
Bruhn,
Secretair.
Zimmerleute
Schönbergs und Umgegend ersuche ich, am Sonntag den 23. April, als am Ladentag, Nachmittags 2 Uhr, auf der Herberge persönlich zu erscheinen; es handelt sich um die Lohnfrage.
Schönberg. J. Grevsmühl.
Gesucht ein kleiner Knecht
zum Bierausfahren u. s. w. in guten Lohn zu sofort bei
C. Schwedt.
Schönberg.
Eichler & Bosselmann
Schwerin i. M.,
empfehlen Molkereimaschinen der berühmten Fabrik von Lefeldt & Lentsch zu Fabrikpreisen und stehen Preiscourante franco zur Verfügung. Diese Fabrik hat seit 1866 31 Medaillen und erste Preise errungen und sind seit diesem Jahre beinahe 13000 Stück Maschinen verkauft.
Eichler & Bosselmann,
Schwerin i. M.,
empfehlen ihre Kornsäcke, 110 Kilo haltend, angelegentlichst, als die billigsten. Nr. 1 à Dtz. 24 M. Nr. 2 à Dtz. 21 M. Nr. 3 100 Kilo haltend 18 M. à Dtz., Nr. 4 110 Kilo haltend à Dtz 15 M., Nr. 5 à Dtz. 11 M. ab Schwerin, ferner Erntewagenlaken zu 15 Thlrn. und Rappslaken zu 40 Thlrn. Die Laken sind von dem schwersten Stoffe.
Eichler & Bosselmann
Schwerin i. M.,
empfehlen geaichte Decimalwaagen mit Garantie franco Magdeburg 4 Ctr. Tragkraft 30 M., 5 Ctr. 35 M. 6 Ctr. 40 M. 8 Ctr. 50 M, 10 Ctr. 63 M., 15 Ctr. 76 M., 20 Ctr. 96 M., 25 Ctr. 112 M., 30 Ctr. 137 M., 40 Ctr. 172 M., 50 Ctr. 207 M., Viehwaage, geaicht, 15 Ctr. Tragkraft, 180 M., 30 Ctr. 195 M.
Eichler & Bosselmann
Schwerin i. M.,
empfehlen Knochenkohle pr. Sack à 2 Ctr. zu 13,50 M., Estremadura pr. Sack à 2 Ctr. zu 15 M., Mejillones 2 Ctr. zu 19 M., Buenos=Ayres Knochenmehl 2 Ctr. zu 16 M., Phosphor=Guano 2 Ctr. 24,50 M., Fisch=Guano 2 Ctr. 25 M., Chilisalpeter 3 Ctr. 40 50 M. franco Hamburger Bahnhöfe und garantiren für höchstes angegebenes Gehalt.
Eine vollständige Wohnung
unten in meinem Hause steht zu Michaelis zu vermiethen.
Auf Wunsch kann noch oben im Hause eine Stube beigelegt werden. Hierauf Reflectirende wollen sich baldigst bei mir melden.
Schönberg. Joh. Pöhls.
[ => Original lesen: 1876 Nr. 30 Seite 4]Fredenhagen's Keller
Schlüsselbuden 194, Ecke der Fischstraße.
--------------
Meine am heutigen Tage unter obigem Namen eröffnete Weinhandlung, verbunden mit Ausschank, Weinstube und Restauration empfehle ich einem verehrten hiesigen und auswärtigen Publikum bestens.
(H. 0725b)
Hochachtungsvoll
Lübeck, den 1. April 1876. W. Kelling.
Englische und deutsche
Zwirngardinen
in schönen Mustern empfiehlt
Julius Schweigmann.
|
|
Täglich frischen Kalk
und echt englischen
Portl.=Cement
bei W. J. Heymanson,
Lübeck. |
Am Mittwoch Abend ist von einem Fuhrmann vom Marktplatze bis zum Ackerbürger Böckmann'schen Stalle eine Pferdedecke verloren. Der Finder wird gebeten, dieselbe gegen eine Belohnung abzugeben beim Ackerbürger Böckmann in Schönberg.
Wegen Verheirathung des jetzigen Mädchens wird zum 1. Mai d. J. auf einem Hof bei Dassow ein
erstes Stubenmädchen
gesucht, welches gut nähen und plätten kann, gegen hohen Lohn. Näheres zu erfragen in der Expedition der Anzeigen zu Schönberg.
Stets vorräthig:
Einfache und doppelte Bruchbänder in verschiedener Gattung, Suspensors oder Tragbeutel, Nabelbinden mit und ohne Luftkissen für Kinder, runde und Flügel=Mutterkränze, Clysopomps und doppelte Clystirspritzen zum Selbstklystiren, Wundspritzen aller Art zu jeglichem Gebrauch, Irrigators, Eisbeutel mit festem Verschluß, Gummi=Luftkissen für Kranke, Milchpumpen oder Warzenzieher, Brusthütchen bei wunder Warze, Warzendeckel, wasserdichtes Zeug als Unterlage in den Wiegen wegen Durchnässen der Betten, Mutterröhre, electro=motorische Zahnhalsbänder zur Erleichterung und Schutz des Zahnen bei Kindern sehr empfehlenswerth, Zahnringe in Gummi und Horn, die neuesten Milchflaschen mit Schlauch und Bürste, sowie ächte Milchsauger von reinem Gummi und dergleichen mehr sind stets zu haben bei
Emil Jannicke,
Bandagist.
Schönberg.
Wichtig für Kranke.
Ohne Kosten und franco
versenden wir auf Franco=Anfrage einen über 100 Seiten starken, mit vielen Zeugnissen glücklich Geheilter versehenen Auszug aus "Dr. Airy's Naturheilmethode". Jeder, welcher sich von der Vorzüglichkeit des illustr., ca. 500 Seiten starken Originalwerkes (Preis nur 1 Mark, zu beziehen durch alle Buchhandl.) überzeugen will, lasse sich den Auszug von Richters Verlags=Anstalt in Leipzig kommen.
Warnung! Um nicht durch ähnlich betitelte Bücher irre geführt zu werden, verlange man ausdrücklich Dr. Airy's illustrirtes Originalwerk, herausgegeben von Richter's Verlags=Anstalt in Leipzig.
Zum socialen Abend
mit
Vorträgen und Tanzkränzchen
am Montag den 1. Mai,
Abends 9 1/2 Uhr,
laden wir Vereinsmitglieder von Rehna freundlichst ein. Jungen Leuten, die keinem Verein angehören, ist der Eintritt nicht gestattet.
Turner zahlen für Tanz 75 . Nichtturner 1. M. Die erste Ausflucht von dem hiesigen Turnverein findet am Ostermontag nach Schönberg statt.
Der Vorstand
des Rehnaer Männerturnvereins.
Für Confirmanden
empfiehlt Garnituren, Brochen, Boutons, Medaillons, Ringe u. s. w. in den neusten Mustern und in reichster Auswahl.
Theod. Creutzfeldt Wwe.
Gold= & Silberarbeiter.
Schönberg.
Mittwoch den 19. d. M.
Großes Concert
der Gadebuscher Musikcapelle
unter Leitung ihres Dirigenten Herrn Törber.
Anfang 7 Uhr. Entree à Person 75 .
Nach dem Concert Tanz.
Hierzu ladet ergebenst ein.
Schönberg. J. Köster Wwe.
Von Ostern an wohne ich nicht beim Kaufmann Wieschendorf, sondern gegenüber bei der Conditorwittwe Greiff in der Siemzerstraße.
Schönberg. Hebamme Söhlbrandt.
Bahnhofs-Restauration
Schönberg,
An allen Festtagen
Bockbier vom Faß.
Jeden Bandwurm
entfernt in 3-4 Stunden vollständig schmerz= und gefahrlos; ebenso sicher beseitigt Bleichsucht, Trunksucht, Magenkrampf, Epilepsie, Veitstanz und Flechten - auch brieflich:
Voigt, Arzt zu Croppenstedt.
Eintragungen in die Standes=Register
des Standesamtsbezirks Schönberg.
Geboren. D. 31. März dem Arbtsm. M. H. Oldörp zu Bechelsdorf ein Sohn. - D. 31. dem Schuhmachermeister J. J. C. Claasen zu Schönberg ein Sohn. - Dem Tischler J. A. O. Heinrich zu Schönberg ein todtgeborner Sohn. - D. 6. April dem Schlachtermeister F. H. Stockfisch zu Schönberg eine Tochter. - D. 10. dem Bäckergesellen H. J. H. Teut zu Lockwisch eine Tochter. - D. 11. dem Productenhändler J. J. H. Wienck zu Schönberg ein Sohn. - D. 13. dem Productenhändler F. J. Ch. Fanger zu Schönberg eine Tochter.
Gestorben. D. 3. April die Tischlermeisterswwe. Benthe Elisabeth Olsen geb. Danielsen, 80 Jahre alt. - D. 5. die Arbtsm-=Wwe. Anna Catharine Voß geb. Gansen zu Schönberg, 83 J. 5 M. alt. - D. 10. der Hauswirths=Jahrenwohner Asmus Maaß zu Törpt, 65 J. 3 M. alt. - D. 10. die Arbeitsm.=Wwe. Ann Greth Arndt geh. Coth zu Lockwisch 76 J. 10 M. alt. - D. 11. der Brodträger Christoph Jacob Wilhelm Fahl zu Schönberg, 79 J. 6 M. alt.
Angeordnete Aufgebote. Wittwer Hans Joachim Peters, Schuhmachermeister zu Schönberg und Wittwe Marie Sophie Bockwoldt geb. Grewe zu Schönberg. - Johann Heinrich Müller, Schlachter zu Sehnde, und Köchin Auguste Seeler genannt Meier zu Hildesheim.
Getreide=Preise in Lübeck. |
Waizen | 16 | M | - | |
bis | 21 | M | 50 | . |
Roggen | 15 | M | 50 | |
bis | 16 | M | 30 | . |
Gerste | 15 | M | - | |
bis | 16 | M | - | . |
Hafer | 16 | M | - | |
bis | 17 | M | 50 | . |
Erbsen | 16 | M | - | |
bis | 19 | M | - | . |
Wicken | - | M | - | |
bis | - | M | - | . |
Buchwaizen | 14 | M | - | |
bis | 15 | M | - | . |
Winter=Rappsaat | - | M | - | |
bis | - | M | - | . |
Winter=Rübsen | - | M | - | |
bis | - | M | - | . |
Schlagleinsaat | - | M | - | |
bis | - | M | - | . |
Markt=Preise in Lübeck. |
Butter pr. 500 Gr. M | 1,30 . |
Hühner d. St. M | 1,60 . |
Tauben d. St. M | 0,50 . |
Schinken pr. 500 Gr. M | 0,80 . |
Schweinskopf pr. 500 Gr. M | 0,45 . |
Wurst pr. 500 Gr. M | 1,05 . |
Eier 6 St. für M | 0,30 . |
(Hierzu Offiz. Anz. Nr. 10 und eine Beilage.)
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1876 Nr. 30 Seite 5]Beilage
zu Nr. 30 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 14. April 1876.
- Das dem Reichskanzleramte unmittelbar untergeordnete Gesundheitsamt für das Deutsche Reich ist seit dem 1. April in Wirksamkeit getreten. Seine Aufgabe besteht darin, das Reich in der Ausübung, der ihm zugewiesenen Aufsicht über die gesundheitspolizeilichen Angelegenheiten zu unterstützen, von den dafür schon bestehenden Einrichtungen in den einzelnen Bundesstaaten Kenntniß zu nehmen, die vom Reiche ausgehende Gesetzgebung vorzubereiten, die Ausführung der erlassenen Gesetze zu überwachen, die Wirkungen der im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege ergriffenen Maßregeln zu beobachten und in geeigneten Fällen den Staats= und Gemeindebehörden Auskunft zu ertheilen, die Entwickelung der Medizinalgesetzgebung in außerdeutschen Ländern zu verfolgen und eine genügende medizinische Statistik für ganz Deutschland einzurichten. Diese neue Behörde hat nur einen berathenden Charakter, natürlich aber auch die Befugniß, bei Vorbereitung wichtiger Anordnungen in der Medizinal= und Veterinärpolizei Sachverständige aus den einzelnen Bundesstaaten zeitweise einzuberufen und zu hören.
- Herr Blank hat sich nicht in seinen Erwartungen getäuscht, als er nach dem unfreiwilligen Abschiede von den Fleischtöpfen in Homburg seine Spieltische auf dem Gebiete des Fürsten von Monako aufstellte. Die Geschäfte gehen auch dort vortrefflich und der Reingewinn im vergangenen Winter wird auf 4 Millionen Franks veranschlagt. Es heißt zwar, daß sich die Zahl der Selbstmorde in erschreckender Weise vermehrt, daß erst in den letzten Tagen des vorigen Monats 2 unglückliche Spieler dem Hazardspiele zum Opfer gefallen sind, ein junger Russe und ein Deutscher, aber Herr Blank ist ein vorurtheilsfreier Mann, macht sich keine Scrupel und fürchtet sich weder vor Hölle noch Teufel. Darin sollte freilich die irdische Polizei einen Beweggrund mehr erkennen, seinem verderblichen Treiben endlich einmal Schranken zu setzen.
- (Antwort statt Rückantwort.) Ein Hallenser Student wendete sich in einem launigen Schreiben an den General=Postmeister Dr. Stephan mit dem Bemerken, daß, so zweckmäßig es auch sei, neben den gewöhnlichen Correspondenz=Karten auch gleichzeitig rothe Karten mit einem Anhängsel "Rückantwort" zu besitzen, diese letztere Bezeichnung bei ausbleibenden Wechseln ihn doch stets frappirt habe. Eine "Rückantwort" existire factisch nicht. Auf einen Brief erfolge eben nur eine "Antwort". Der General=Postmeister theilte dem Studenten mit "Wendung der Post" sofort mit, daß die Monitur allerdings richtig sei und daß bei einem Neudruck der "Karten mit Rückantwort" der falsche Ausdruck geändert werden solle.
- Heirathscandidatinnen. Vor einigen Tagen war in einem Mailänder Blatte folgende Annonce zu lesen: "Ein junger Mann mit guter Anstellung, die ihm jährlich 10,000 Lire abwirft, wünscht sich zu verehelichen, passende Anträge mit Beilegung der Photographie beliebe man an die Adresse N. N. zu richten." Schon wenige Tage nachher befand sich der Annoncirende im Besitz von nicht weniger als 65 Heirathsanträgen mit eben so vielen Photographien. Der junge Mann richtete sofort an jede dieser Heirathscandidatinnen ein Schreiben, in dem er ihr mittheilte, er wäre nicht abgeneigt, sie zu ehelichen, doch wüsche er vor Allem, sie persönlich kennen zu lernen. Er bitte sie daher inständigst, von ihm einen Sperrsitz im Scala=Theater für Dienstag den 14. ds. anzunehmen. Er, der Heiraths=Candidat, werde sich in ihrer Nähe befinden. Am Abend des 14. ds. waren die Besucher des Scala=Theaters nicht wenig überrascht, als sie die meisten Sperrsitze in der mittleren Abtheilung des Parterre mit jungen Mädchen besetzt fanden, die alle auf's Eleganteste gekleidet und geschmückt waren. In einem Sperrsitze vor diesen Mädchen saß unser falscher Heirathscandidat, der sich von Zeit zu Zeit umdrehte und über die hinter ihm sitzenden Ehecandidatinnen Revue abhielt. Es dauerte nicht lange, so erfuhr das Theater=Publikum die Geschichte dieser Annonce und deren Folgen, worauf sich im Hause eine große Heiterkeit entwickelte. Die armen Opfer dieses schlechten Witzes aber beeilten sich, so schnell als möglich aus dem Theater zu verschwinden.
- Originelle Uhrgehäuse hat ein Schweizer Uhrenfabrikant erfunden und eine Probe seiner Erfindung dem Kaiser übersandt und um Verleihung eines Patentes gebeten. Diese Uhrgehäuse bestehen aus zwei Zwanzigmarkstücken für Damenuhren und aus zwei Fünfmarkstücken für Herrenuhren. Auf der Rückseite ist das Bild des Kaisers, während auf der Zifferblattseite das Innere des Geldstückes bis auf die Umschreibung ausgeschnitten ist. Der Kaiser hat das ihm übersandte Exemplar dieser originellen Uhr angenommen, indessen sofortige Uebersendung der Kostenrechnung verlangt. Zweckmäßig dürften diese neuen Uhrgehäuse deswegen nicht sein, weil dieselben sehr scharfe Kanten haben, welche die Taschen bald durchreiben würden.
- Ein Fichtenwald im Zimmer. Ein sehr nettes Ding ist ein Fichtenzapfen, mit Sand und Grassamen, welcher letztere keimt und mit der größten Ueppigkeit aus den Schuppen hervorwächst. Um dies zu bewirken, wird der Fichtenzapfen auf einen Ofen gelegt, bis sich die Schuppen vollkommen geöffnet haben. Dann werden die Zwischenräume derselben mit gleichen Theilen Sand und Grassamen ausgefüllt und der Zapfen in einem dunklen Raum so in einem Gefäß mit Wasser aufgehängt, daß das letztere die untere Hälfte desselben bedeckt. Nach Verlauf einer Woche bringt man ihn an einen hellen Ort, wo der Samen rasch keimen wird Das Ganze wird später in einem Fenster wie eine Blumenampel aufgehängt und täglich mit lauwarmem Wasser tüchtig befeuchtet.
Zur modernen Agricultur
liefern die Urtheile hervorragendster Autoritäten über den aufgeschlossenen Peru=Guano und dessen Bedeutung für die Landwirthschaft höchst interessante Beiträge. In Justus von Liebig's "Naturgesetzen des Feldbaues" lesen wir diesbezüglich nachstehenden, sehr beachtenswerthen Passus: "Die so sehr in's Auge fallenden Wirkungen des Peru=Guano haben bis jetzt noch keine genügende Erklärung gefunden; gewöhnlich werden dieselben dem großen Gehalte an Stickstoff zuschrieben, welcher vornehmlich in der Form von Ammoniaksalzen und Harnsäure enthalten ist; es liegen aber Thatsachen vor, welche zeigen, daß durch die Düngung mit Guano einem Felde ein sehr hoher Ertrag abgewonnen worden, während die Zufuhr einer Quantität von Ammoniaksalzen, welche in ihrem Stickstoffgehalt dem des Guano vollkommen gleich war, auf einem Stück des nämlichen Feldes, in demselben Jahre und derselben Frucht, keine merkliche Erhöhung hatte." - Professor Dr. Völker theilt von Liebig's Anschauung und spricht sich folgendermaßen aus: "Peru=Guano - im Gegensatz zu Mischungen aus Ammoniaksalzen und Superphosphaten - ist eine der complizirtesten natürlichen Düngersubstanzen, die es gibt. Man findet in ihm fertig gebildetes Ammoniak in verschiedenen Mineral= und organischen Säuren, man findet ferner darin Harnsäureverbindungen, Guanin und verschiedene andere, leider noch wenig erforschte stickstoffhaltige organische Verbindungen, die ohne Zweifel eine mehr dauernde Wirkung auf die Vegetation haben, als Ammoniaksalze. Ich halte es für unmöglich, ein so complexes natürliches Dungstoffgemisch, wie der Guano oder der daraus bereitete aufgeschlossene Peru=Guano, in jenen einfachen chemischen Mischungen von Ammoniaksalzen und Superphosphaten nachzubilden, zu remplaciren. Wir kennen die Zu=
[ => Original lesen: 1876 Nr. 30 Seite 6]sammensetzung der Milch weit besser, als die des aufgeschlossenen Peru=Guano. Ein Gemisch von Käsestoff, Milchzucker, Butter und den Aschenbeständen mit Wasser in denselben Prozenten in welchen dieselben in der natürlichen Milch vorkommen, liefert indessen, doch nicht eine Flüssigkeit, die man Milch nennen könnte, und Niemandem wird es wohl einfallen, von einem solchen Kunstgemisch dieselben Wirkungen zu erwarten, wie von der natürlichen Sekretion." - In einer streng wissenschaftlichen Abhandlung spricht sich der Sekretär der Central=Ackerbaugesellschaft Frankreichs, Dr. Barrel, sehr nachdrucksam und bestempfehlend über den Peru=Guano aus. (Journ. de l'Agricultur, Jahrgang 1874.)
Indessen lasse man sich nicht etwa durch die bloße Bezeichnung "Guano" irreführen, denn nur der Peru=Guano, weil in durchaus regenfreier Zone liegend, besitzt den für das Pflanzenwachsthum so unentbehrlichen Stickstoff in dem reichen Maße, wie er in keinem andern Produkte besser gefunden wird, daher seine anerkannt großartige Bedeutung für die Landwirtschaft. - Roh=Guano kommt nur selten zur Verwendung, weit mehr, oder fast ausschließlich der aufgeschlossene Peru=Guano. Der chemische Prozeß der Aufschließung des Peru=Guano mittelst Schwefelsäure, erhöht den Werth desselben, ohne seine Wesenheit zu verändern; gerade die Aufschließung macht ihn der Form nach zur Verwendung geeigneter und ermöglicht Uebernahme der Garantie für einen bestimmten Gehalt an Stickstoff und löslicher Phosphorsäure. Der Hauptvortheil des aufgeschlossenen Peru=Guano ist die Sicherheit und große Schnelligkeit seiner Wirkung. Durch die Verbindung des Ammoniaks mittelst Schwefelsäure ist der Verflüchtigung desselben bei trockenem Wetter vorgebeugt, die Phosphorsäure ist vollkommen löslich gemacht und somit unter allen Umständen die Wirksamkeit dieser Stoffe gesichert. - Ausschließlich autorisirt für den Import von Peru=Guano für Deutschland, Holland, Dänemark, Norwegen, Schweden, Rußland, Oesterreich, die Schweiz etc., sowie für die Fabrikation des aufgeschlossenen Peru= Guano ist das Haus Ohlendorff & Cie. in Hamburg, Emmerich a. Rh., London, Antwerpen, Rotterdam und Kopenhagen; beim Ankaufe von Peru=Guano achte man stets darauf daß man "aufgeschlossenen Peru=Guano von Ohlendorff" erhält, denn nur unter Beachtung dieser Hinweisung ist der Bezüger gesichert, nicht mit unächter Waare bedient zu werden, denn das Haus Ohlendorff & Cie. besitzt das Monopol für den Vertrieb von Roh= und aufgeschlossenem Peru=Guano für Deutschland etc., und wahrhaftig auf diesem Gebiete ist das Dasein eines Monopols im Interesse der Reinheit des Fabrikats und im Interesse der Landwirthschaft vollkommen gerechtfertigt.
W. M-r.
Prairieleben in Nordamerika.
Von den socialen Zuständen in neuen Ansiedelungen auf den Prairien des nordamerikanischen Westens giebt Robert von Schlagintweit in seinem 1876 erschienenen Buche "Die Prairien" eine in mehr als einer Beziehung lehrreiche Schilderung. Die Bevölkerung eines solchen neuentstehenden Orts besteht anfangs aus einer zusammengewürfelten Masse von Menschen, aus einem seltsamen Gemisch der verschiedenartigsten Elemente, unter denen jedoch weitaus vorwiegend die schlimmeren vertreten sind. Man sieht das bunteste Vielerlei von phantastischen Trachten, von auffallenden Gesichtern. Niemand weiß, woher alle diese Leute gekommen sind, was sie früher getrieben haben, was sie hierher geführt hat. Frauen und Kinder sieht man fast gar nicht; aber das verworfenste männliche Gesindel aus dem weiten Gebiete der Vereinigten Staaten findet sich hier zusammen; Strolche, Hochstapler, desperate Charaktere, falsche Spieler, Glücksritter und Abenteurer jeder Gattung geben sich hier wie auf Verabredung ein Stelldichein, in der Hoffnung, in der einen oder der andern Art, sei es auf redliche, sei es auf unehrliche Weise Geld zu verdienen. Ein lohnendes Feld für ihre Bestrebungen bieten ihnen namentlich die Trink= und Spielhöllen, von denen sich eine an die andere reiht. Wahres Gift wird hier unter dem Namen Whisky verkauft, und gespielt wird vornehmlich "Monte", das betrügerische Spiel, das in Deutschland als "Kümmelblättchen" bekannt ist. In diesen Spelunken entspinnen sich auch die Raufereien und die blutigen Gewalttaten, die zu den täglichen Vorkommnissen gehören. Wenn Jemand nur die geringste Bewegung macht, die verrathen läßt, daß er zum Revolver oder Dolche greifen will. So kann ihn nicht nur sein Gegner, sondern auch jeder Andere sofort niederschießen; jedes amerikanische Geschwornengericht würde ihn unter der Annahme, daß er im Zustande der Notwehr sich befunden habe, freisprechen.
Auf dem Friedhofe der an der Union=Pacificbahn in Colorado gelegenen Stadt Julesburg befanden sich im Jahre 1868 vierundsiebenzig Gräber. Von denen, die in ihnen ruhten, waren nur drei eines natürlichen Todes gestorben. Alle anderen waren theils gelyncht, theils bei Raufereien erschossen oder erstochen worden, oder sie hatten sich selbst entleibt. Sie starben, wie man auf den Prairien sich auszudrücken pflegt, "nicht in ihren Betten, sondern in ihren Stiefeln." Mit ähnlichen anarchischen Zuständen hat auch die Besiedelung von Ohio, Illinois, Missouri, Iowa begonnen; noch vor 40-50 Jahren sah es in diesen Staaten theilweise ähnlich aus, wie jetzt meist noch in den wenig bevölkerten Prairien des fernen Westens; wenn man nicht solche Beispiele vor Augen hätte, würde man es kaum für möglich halten, daß in den neuen Prairie=Ansiedelungen jemals Zucht und Sitte, Recht, Ordnung heimisch werden könnten.
Dennoch pflegt es dahin nach einiger Zeit zu kommen und zwar zunächst vornehmlich durch eine oftmals nicht wenig gewaltsam auftretende Selbsthülfe. Die Bevölkerung der Ansiedelung vermehrt sich durch Zuzug arbeitsamer Leute und so gewinnen die ordnungsliebenden Elemente das Uebergewicht. Es bildet sich ein Ueberwachungs= und Sicherheits=Ausschuß (vigilance-committee), der seine Thätigkeit, den Vehmgerichten ähnlich, vielfach in geheimnißvolles Dunkel hüllt. Raufbolde und Taugenichse werden durch den Ausschuß bei Todesstrafe ausgewiesen, Diebe, Räuber, Mörder und sonstige Verbrecher werden gehängt. Da bis zur Organisation ordentlicher Staatsbehörden in diesen gleichsam über Nacht entstehenden Ortschaften öfters eine längere Zeit verstreicht, so bleiben solche Lynchgerichte und Hinrichtungen fast nirgends aus.
Hat sich die Kolonie von ihren gefährlichsten Insassen befreit, so wächst die junge Stadt rasch empor. Die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse befestigen sich; der Unternehmungsgeist und die Wohlhabenheit nehmen zu; Schulgebäude werden aufgeführt und neben ihnen erbauen sich die verschiedenen Glaubensbekenner ihre Kirchen, für jenen bietet der staatliche Schulfonds Mittel, diese verdanken Entstehung der Opferwilligkeit der Betheiligten und etwa der Unterstützung der Konfessionsgenossen. Ein Beispiel bietet die Stadt Denver, die Hauptstadt des 1861 gegründeten Territoriums Colorado; im Jahre 1858 entstand hier die erste Ansiedelung; sie verdankt ihr Wachsthum dem Mineralreichthum des nahen Gebirges und demnach jener üblen Sorte von Menschen, wie sie sich dort in Massen an Orten, wo Schätze zu heben sind, einzufinden pflegen; im Jahre 1866 hatte Denver 4000 Einwohner. Das Vigilance-Committee und die Lynchjustiz haben längst gesetzlicher Rechtspflege und Polizei Platz gemacht. Im Jahre 1872 hatte die Stadt bereits 20,000 Einwohner, und Kirchen, Schulen, Gasthöfe, Theater, eine Rennbahn u. s. w. zeugen von der völligen Umgestaltung des socialen Zustandes. Die Zahl der Kirchen ist acht; ihr Bauwerth variirt zwischen 5000 und 24,000 Doll., die Stadt hat neben zwei öffentlichen drei Privatschulen, ein Seminar, eine römisch=katholische Akademie u. s. w. Die Energie, mit welcher in jenen fernen Gegenden gegen sociale Uebel eingeschritten und für das Gemeinwohl gearbeitet und geopfert wird, verdient sicherlich auch bei uns, wenn auch selbstverständlich in anderen Formen und mit anderen Mitteln, nachgeahmt zu werden.
|