No. 2
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 07. Januar
1876
sechsundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1876 Nr. 2 Seite 1]

Politische Rundschau.

Deutschland. Seitdem der Liberalismus fast auf allen Gebieten der Staatskunst Fiasko gemacht und fast überall das Vertrauen im Volk verloren hat. Setzt derselbe natürlich alle Hebel an, dies Vertrauen wiederzugewinnen oder wenigstens das noch vorhandene zu bewahren und sich seine Freunde zu erhalten. Die Mittel, die für diesen Zweck in Bewegung gesetzt werden, sind hauptsächlich zwei; und der Leser kann dieselben z. B. in der "Nation.=Ztg.", dem Hauptblatte der bisher herrschenden nationalliberalen Partei, fast in jeder Nummer angewandt finden. Das erste dieser Mittel ist die Schmeichelei. Die "Nat.=Ztg." redet mit Vorliebe von der "großen Rolle", die "wir" in der Welt angestrebt haben, von "dem kulturgeschichtlichen Beruf", den "wir" uns zuschreiben, von der "großen Nation", die "wir" geworden sind u. s. w. Allerdings der ernste denkende Mann wendet sich von solchen Prahlereien mit Abscheu ab, denn er weiß, daß die wahre Größe nicht im Prahlen besteht, überhaupt nicht in Worten, sondern im Thun, daß es vielmehr das Zeichen eines Emporkömmlings ist, oder auch eines rohen ungebildeten Menschen überhaupt, sich bei jeder Gelegenheit mit seinem Werk, Reichthum, Macht zu brüsten, und daß solche hochmüthige Prahlereien auch dem Grundcharakter deutschen Wesens, der echten deutschen Bescheidenheit durchaus widerspricht; er denkt dabei an den furchtbaren Fall, den vor gar nicht so langer Zeit Frankreich gethan hat, jene grande nation, jene "große Nation", bei welcher zuvor eben dieselben Phrasen von nationaler Größe, von dem kulturgeschichtlichen Berufe, an der Spitze der Zivilisation zu marschiren u. s. w. im Schwange gingen und der "großen Nation" so sehr alle Sinne benebelte und die Augen verblendete, daß sie sich ohne Bedacht in jenen verhängnisvollen Kampf stürzte, welcher der "großen Rolle", die sie spielte, ein so jähes Ende bereitete. Hochmuth kommt überall vor dem Falle! Wolle Gott unser deutsches Volk vor solchem Hochmuthe bewahren! - Aber leider können wir andererseits nicht leugnen, daß jene prahlerischen Phrasen der Nat.=Ztg. auch einen dankbaren, weil gedankenlosen Leserkreis finden werden, und mancher Bierglaspolitiker wird dieselben mit besonderer Genugthuung entgegennehmen; es ist so süß und sinnberauschend, sich als Glied einer "großen Nation" mit kulturgeschichtlichem Berufe zu träumen und sich in der "großen Rolle" zu gefallen, die da gespielt wird. Bei solchen Lesern findet die Nat.=Ztg. ihre Rechnung und erreicht den Zweck jener Phrasen, nämlich ihre Partei als den Helden anerkannt und bewundert zu sehen, der das deutsche Volk zu solcher Größe emporgeführt habe, denn das "wir" will natürlich niemand anders, als die nationalliberale Partei bezeichnen; das ist so selbstverständlich, daß es kaum ausdrücklich gesagt werden braucht und nur zum Ueberfluß noch hier und da beiläufig mit einfließt. Dem gegenüber sagt der "Reichsb." vortrefflich: "Solche prahlerische Phrasen zu drechseln ist nicht deutsch; deutsche Art ist bescheiden zu sein", und erinnert daran, daß der kulturgeschichtliche Beruf des deutschen Volkes nicht sowohl darin besteht, im "Kulturkampfe" den Nationen voranzuschreiten, als vielmehr den Nationen es voranzuthun in den stillen Werken des Friedens nach innen und außen. Wenn Deutschland diesem von seinem Kaiser ihm gesteckten Ziele treu bleibt, ein Friedensreich zu sein, dann wird es auch mit Recht "groß" genannt werden können, allerdings eine Größe, von der man nicht viel Aufhebens machen kann. - Das andere gleichfalls von der Nat.=Ztg. mit Vorliebe gebrauchte Mittel des Liberalismus besteht darin, seine sich gesteckte Aufgabe als noch nicht Vollendet, sich selbst also als unentbehrlich hinzustellen. Diese Aufgabe soll darin bestehen, Deutschland groß und einig zu machen; und wenn man verwundert fragt, ob denn Deutschland nicht einig sei, ja ganz ohne Zuthun des Liberalismus oder vielmehr trotz desselben einig geworden sei, so belehrt uns die Nat.=Ztg., daß diese Einheit noch lange nicht die gewünschte sei, daß das deutsche Reich vielmehr weiter ausgestaltet, daß der Bundesstaat zu einem Einheitsstaate werden müsse, und daß die Einzelstaaten im Interesse des Reiches ihre Selbständigkeit aufgeben müßten! Das ist also des Pudels Kern! Mit solchen Aussichten hofft der Liberalismus das Volk zu verlocken und sich Anhänger zu werben; und wir glauben wohl, daß sich Leute für solche Ziele begeistern können, die viel von ihrem deutschen Patriotismus zu reden wissen, aber doch wenig echte Vaterlandsliebe im Herzen tragen. Ein rechter Patriot weiß, daß er gar nicht ein guter Deutscher sein kann, ohne zuvor ein guter Mecklenburger oder Sachse oder Baier u. s. w. zu sein, und daß er das große Vaterland nur in seinem engeren Vaterlande lieben kann, wenn eben seine Liebe nicht bloße Phrase sein soll. Wenigstens wir Mecklenburger wollen's uns doch merken und der Nat.=Ztg. Dank wissen, daß sie so unvorsichtig die Ziele ihrer Partei ausgeplaudert hat, denn nun können wir nicht mehr mit dem Liberalismus gehen! Wir sind zuerst und vor allen Dingen gute Mecklenburger und wollen's auch bleiben, und so lange und weil wir das sind, können wir auch gute Deutsche sein.
Die offiziöse "Nordd. Allg. Ztg." schreibt in ihrem Neujahrsartikel: "So klar wie an der vorigen Jahreswende ist der Horizont diesmal nicht. Im Innern beginnt unser Parteileben eine neue Gestaltung anzunehmen. Der mächtig anschwellenden Organisation des gesellschaftlichen Umsturzes gegenüber macht sich die Nothwendigkeit eines engeren Aneinanderschließens aller wirklich erhaltenden Elemente im Staatsleben von Tag zu Tag fühlbarer, tritt das Gebot, die Schranken der Gesetzgebung nicht fort und fort weiter, sondern enger und straffer zu fassen immer unabweislicher an unser Volk heran. - Damit ist die Aufgabe für die im neuen Jahre bevorstehenden Wahlkämpfe klar und deutlich gegeben!" - Wir freuen uns, daß solche Erkenntniß jetzt auch da oben zum Durchbruch gekommen ist, ja daß man schon offen und deutlich das Verlangen nach konservativen Wahlen ausspricht.
Wie es heißt, wird der Bundesrath die Strafgesetzvorlage fallen lassen, um in den nächsten Jahren eine allgemeine Revision des Strafgesetzbuches vorzunehmen. Auch sollen von der preu=

[ => Original lesen: 1876 Nr. 2 Seite 2]

ßischen Regierung die Verwaltungsreformvorlagen für die Westprovinzen dem Landtage noch nicht vorgelegt werden. Der Grund dafür liegt klar zu Tage: es muß erst für diese Vorlagen eine andere Reichstags= und Landtagsmajorität abgewartet werden.
Preußen. Die am 3. und 4. Januar eröffneten Provinzial=Landtage haben großentheils von vornherein durchaus konservative Stellung genommen, indem sie streng konservative Männer zu Vorsitzenden erwählt haben, natürlich zum großen Aerger der liberalen Mehrheit des jetzigen Abgeordnetenhauses, und es ist interessant zu hören, wie die "Nat.=Ztg." droht, das Abgeordnetenhaus würde möglicherweise seine weitere Mitwirkung an der Beendigung der großen Reformen unserer inneren Verwaltung versagen.
Die schleswiger Regierung, und ähnlich auch der Oberpräsident von Schlesien, hat die Standesbeamten angewiesen, bei ihrer Geschäftsführung thunlichst darauf hinzuwirken, daß die kirchlichen Verpflichtungen zu Trauung und Taufe von den Betheiligten nicht verabsäumt werden.
Frankreich. Die Nationalversammlung hat sich am letzten Tage des alten Jahres aufgelöst. Die zuvor von derselben erwählte Permanenz=Kommission besteht aus 25 Mitgliedern, wovon 12 der Rechten und 13 der Linken angehören.
Spanien. Der Zusammentritt der Kortes ist auf den 15. Febr. angesetzt worden. Die Wahl der Deputirten und Senatoren beginnt am 20. Januar.


- Petrus hat an seinem Himmelsthor im Jahre 1875 einen sauren Dienst gehabt. Der Zudrang war groß und Mancher hätte vielleicht einen Nachschlüssel gebraucht, wenn Petrus nicht ein so guter Mann wäre. Von den vielen Kreuzen auf dem Gottesacker 1875 heben wir gleichsam nur die Großkreuze heraus d. h. solche, die in dieser Welt etwas bedeutet haben. Gestorben sind der letzte Kurfürst von Hessen, der Franzose Ledin Rollin, der Kaiser von China, der Staatsmann v. Savigny, der Maler v. Ramberg, der Redacteur Zabel, der Bankier Fould, Hauptmann Blücher, der letzte Namensträger des allen Marschall Vorwärts, der Afrikareisende Mauch, der Dichter Herwegh, die verw. Königin Amalie von Griechenland, Kaiser Ferdinand von Oesterreich, Wilhelm Bauer, der Erfinder der unterseeischen Schifffahrt, der Dichter Mörike, der schweizer General Dufour, der Sozialdemocrat v. Schweizer und der Nähmaschinen=Fabrikant Singer, der Prinz Carl von Bayern, der Abg. v. Hoverbeck, der Schneider und Präsident Johnson, der Germanist Heinr. Ruckert, der Erfinder der elektrischen Telegraphen Weathstone, der Cardinal Rauscher, der Staatsrechtslehrer v. Mohl, der Dichter Neumann, Napoleons Flugschriftenschreiber Lagueronniere, der Schriftsteller Daumer und der Operateur Pitka.
- In seiner Botschaft vom 5. December 1875 macht Präsident Grant allerlei Verbesserungsvorschläge. Es soll 1) der Schulunterricht neu geregelt und jedes Kind zur Schule gezwungen werden. 2) Das Sectenwesen soll ganz und gar aufhören. 3) Wer nicht bis 1890 schreiben kann, soll sein Stimmrecht verlieren. 4) Die Kirche soll besteuert werden, da ihr Vermögen jetzt schon über 1000 Mill. Dollars betrage. 5) Concessionirte Unzucht, Polygamie etc. soll gründlich beseitigt werden.
- In dem leichtlebigen Wien spielt der Executor seit Jahren eine immer größere Rolle. In den 60er Jahren kamen jährlich 18-20,000, vor drei und zwei Jahren jährlich 25-28,000 Steuer=Exekutionen vor, gegenwärtig aber sind mehr als 45,000 Pfändungen anhängig. Wohlbemerkt, nur in Wien selbst mit seinen Vorstädten; also bei einer Einwohnerzahl von 950,000. In den Vororten, wo gerade die kleinen Gewerbsleute besonders zahlreich angesiedelt sind, gestaltet sich das Verhältniß noch ungünstiger. Gewisse moderne Schöpfungen gedeihen dort nicht. Der zoologische Garten ging nach kurzem Bestehen ein, obgleich man ihn mit allen Reizmitteln sinnlicher Genüsse ausstattete; auch das schöne Aquarium hat Bankerott gemacht. Neue Bier= und Kaffeehäuser schießen trotz aller Krachs wie Pilze hervor.
- In Königsberg beschwerte sich ein Grenadier, daß er von seinem Unteroffizier roh behandelt und geduzt werde. Darauf hin ist der Unteroffizier sofort gestraft und der Befehl erneuert worden, die Leute freundlich zu behandeln.
- In Nordamerika hat man jetzt Prämien für Frauenzierden ausgesetzt und vertheilt. Frau Viola Holm erhielt für das längste Haar (3 Fuß 9 Zoll) 5 Dollars; Frau Füller, die sich am längsten ohne neues Kleid beholfen hat, 10 Dollars; Frau Schüler für den hübschesten Buben unter 3 Jahren 5 Dollars.
- Den Biertrinkern zur gefälligen Notiz, daß ein Bierfreund in Berlin vom Kaiser zum wirklichen Geheimen Rath ernannt worden ist.
- NB. Die neue Reichsmünze Mark, mit welcher wir seit dem 1. Januar rechnen, zählen und zahlen, wird nicht declinirt, sondern ist unbeugsam. Sie hat keine Mehrzahl, sondern ist wie das alte Pfund oder Schock. Wenn Jemand 1000 Stück hat. So hat er 1000 Mark und nicht Marken, wie Einer 1000 Schock oder 1000 Pfund hat, nicht Schocke oder Pfunde.
- Wenn die Könige bauen, haben die Kärrner zu thun und wenn sie tanzen und tanzen lassen, dann verdienen die Fabrikanten, Kaufleute, Handwerker ein Heidengeld. Die schöne Zeit der Hofbälle und Feste hebt in Berlin, wo alles seine strenge Ordnung hat, im Januar an. Am 18. Januar Kapitel der Ritter vom schwarzen Adler im k. Schlosse; 23. Jan. Ordensfest; 27. Jan. Cour und Conzert im Schlosse; 31. Jan. Ball beim Kronprinzen; 3. Februar Soiree beim Prinzen Carl; 7. Febr. Ball bei dem englischen Botschafter Lord Russel; 10. Febr. Ball im k. Schlosse; 14. Febr. Ball beim öster. Botschafter Grafen Karolyi; 17. Febr. Ball bei dem Prinzen Carl; 21. Febr. Ball bei dem russischen Botschafter v. Oubril; 24. Febr. Ball bei dem Kaiser im k. Palais; 26. Febr. Ball bei dem franz. Botschafter Vicomte de Gontant=Biron; 28. Febr. Ball bei dem türkischen Botschafter Aristarchi Bey; 29. Februar Ball im k. Schlosse. Außerdem finden die bekannten zwei Subscriptionsbälle im Opernhause statt. Man sieht, daß die hohen Diplomaten viele Conferenzen halten mußten, um sich nicht in die Quere zu kommen.
- Manche Leute ärgern sich über ihre Nebenmenschen, die feine Handschuhe tragen. Sie sollten das nicht thun; denn von der Herstellung dieser feinen Handschuhe leben Hunderttausende von Arbeitern und Arbeiterinnen. In den französischen Handschuhfabriken allein leben 90,000 Menschen und machen für mehr als 100 Millionen Franks Handschuhe. Am beliebtesten bei den Frauen ist das feine weiche Rattenleder. Man braucht die Ratten nicht extra zu halten und zu füttern; denn sie wachsen zu Millionen in den Katakomben in Paris.
- Die Mosel=Katastrophe, welche so kurz nach dem Untergang der "Deutschland" gefolgt, hat auch in Amerika Trauer in viele Familien gebracht. Die gesammte amerikanische Presse bedauert, daß das Scheusal Thomson durch eigene Hand sich der strafenden Gerechtigkeit entzogen hat. Wäre das Unglück dort zu Lande geschehen, so wäre schwerlich Thomson der Volks=Justiz entgangen; denn nach amerikanischem Gefühl hatte dieser Teufel in Menschengestalt jeden Anspruch auf das Recht, welches selbst einem Mörder zusteht, verwirkt.
- Seit vielen Jahren kamen zur Weihnachtszeit aus Königsberg in Preußen an eine befreundete Familie in Braunschweig schöne und reiche Weihnachtsgaben aller Art und eine Marzipantorte. Diesmal kam die Torte allein und ein Brief deutete an, daß daran Handel und Wandel schuld sei. Man theilte die Torte mit guten Freunden und fand beim Zerschneiden, daß Papier hineingebacken sei. Jeder bekam seinen Schnitt Torte und seinen Schnitz Papier. Aber siehe - die Papierschnitzel gehörten zusammen und waren 500 Thaler werth. Zum Glück konnten sie wieder zusammengefügt werden; und es fehlte kein Stückchen. Nicht immer fallen Ueberraschungen so glücklich aus.
- Ein Bauhandwerker in Berlin war vor wenigen Jahren vom Bau gefallen und hatte beim Sturz sein rechtes Bein derart verletze das ihm dasselbe abgenommen werden mußte. Der Mann konnte nach seiner Heilung seinem Gewerbe nicht mehr nachgehen, und war, namentlich in der ersten Zeit, vollständig auf seine Frau angewiesen, welche

[ => Original lesen: 1876 Nr. 2 Seite 3]

als Wäscherin nothdürftig ihn, sich und ihr Kind unterhielt. Auch gab sie ihre letzten Nothgroschen hin, um bald nach des Gatten Entlassung aus dem Krankenhause ihm ein künstliches Bein anfertigen zu lassen. Leider dankte der Mann alle diese Wohlthaten der Frau nicht. Ohne Arbeit, dem Müßiggang preisgegeben, vertrödelte er seine Zeit hauptsächlich in gewöhnlichen Localen, und verpraßte dort das Geld, welches sich seine Frau hatte sauer verdienen müssen, sodaß es schließlich immer mehr mit der Wirthschaft zurückging, und Noth, Zank und Streit in die sonst friedliche Familie einzog. Vergebens beschwor die Frau den Gatten, sein wüstes Leben aufzugeben, trotz aller seiner Versprechungen und heiligen Versicherungen blieb es stets beim Alten. Fast allabendlich wankte er im trunkenen Zustande nach Hause, während die beklagenswerthe Frau am Waschfaß stand und bis in die Nacht hinein ihre Wäsche besorgte. Vor Kurzem kam der Unverbesserliche des Abends spät wiederum taumelnd und schwankend nach Hause. Seine Frau brachte ihn nach einem heftigen Streit und nachdem sie ihm das Stelzbein abgeschnallt, zu Bett, und bald schlief der Betrunkene den Schlaf des Gerechten, während die Frau sich noch am Waschfaß mühte. Als der Faulpelz sich am nächsten Morgen erheben wollte, bat er seine Frau, ihm den Stelzfuß zu bringen, und denselben, wie sie es immer gethan, anzuschnallen. Mit der größten Ruhe antwortete ihm diese, daß seine Bitte nicht zu erfüllen sei, da sie, um vorläufig den Mann am Ausgehen, und am Trinken zu verhindern, den Mechanismus des Stelzfußes in der Nacht vernichtet hätte. Nach diesen Worten holte die Frau aus der Küche das theilweise zerbrochene Bein, und überreichte dasselbe ihrem wüthend im Bette liegenden Gatten. Daß die hierauf folgende Scene nicht ganz ohne Geräusch abging, war zu erwarten, doch hat die Frau wenigstens vorläufig ihren Zweck erreicht, denn der Mann kann seitdem das Haus nicht verlassen. Die resolute Frau äußerte ihren Nachbarn gegenüber, daß sie erst dann den Stelzfuß repariren lassen werde, wenn ihr Eheherr sich das Trinken abgewöhnt habe.


Anzeigen.

Nach der heute gemachten Anzeige des Zieglermeisters Kramer auf der Schönberger Feldziegelei hat der aus der Gegend von Grevesmühlen gebürtige Zieglergeselle Heinrich Hennings vor etwa 3 Wochen unter Vorspiegelung falscher Thatsachen sich von ihm eine braune Buckskin=Joppe mit Sammetkragen entliehen, auch, wie sich bald nachher herausgestellt, eine dem etc. Kramer gehörige graue Tuchmütze, mit einem grünen Bande besetzt, ohne Vorwissen des Eigenthümers mitgenommen und ist bisher nicht zurückgekehrt.
Wir ersuchen daher alle resp. Gerichts= und Polizeibehörden dienstergebenst, auf den unten signalisirten Zieglergesellen Heinrich Hennings, gegen welchen in Beihalt der § § 242 und 263 die Vergehen des Diebstahls und Betruges indicirt sind, zu vigiliren, denselben im Betretungsfalle zu arretiren und sammt seinen Effecten an uns abliefern zu lassen.
Schönberg, den 4. Januar 1876.

Großherzogl. Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     

Signalement:

Statur: mittlerer.
Haar: blond.
Gesichtsfarbe: frisch.
Bart: röthlicher Vollbart.
Bekleidet war etc. Hennings bei seinem Fortgehen mit der von dem Kramer entliehenen Joppe und der entwendeten Mütze.


Auf Antrag Dris. Paul Curtius für Joachim Oldenburg in Kl. Mist wird hiedurch angezeigt:

1) daß ein vom 23. October 1867 datirter, auf den Namen von Joachim Oldenburg in Kl. Mist über Courant Mark 450 ausgestellter und mit der Loosnummer 1164 versehener Schuldschein des Lübeckischen Staates Numero 151 Term. Michaelis mit 3 pro Cent pro Anno angeblich abhanden gekommen ist;
und werden
2) alle diejenigen, welche ein Interesse haben der Mortification dieses Schuldscheins zu widersprechen, aufgefordert und schuldig erkannt, sich bei Vermeidung des Nachtheils des Ausschlusses binnen zwölf Monaten mithin spätestens am 9. April 1976 im Stadt= und Landgerichte hieselbst - Auswärtige durch einen hier wohnhaften, gehörig legitimirten Bevollmächtigten anzugeben und ihren Widerspruch zu rechtfertigen, der unbekannte Inhaber der Urkunde aber dieselbe bis zu dem genannten Termine im Gerichte den Antragenden vorzuweisen, widrigenfalls dieselbe kraftlos und alle Ansprüche an derselben an die Staatsschulden=Verwaltung für erloschen erklärt werden sollen.
Lübeck, den 9. April 1875.

Das Stadt= und Landgericht.
Zur Beglaubigung        Funk, Dr. Act.


Holz=Auction.

Am Donnerstag den 13. Januar, Morgens 9 Uhr, sollen in Kösters Hotel zu Schönberg nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden:

a. aus dem Niendorfer Holze

13 Raummeter tannen Kluft,
18 do. do. Knüppel:
  2 fichten Klassenbäume IV. Cl.,
fichten Durchforstungsholz von Schleetstärke;

b. aus dem Rupensdorfer Holze

40 Raummeter buchen Kluft,
  6 do. do. Olm,
  5 do. do. Knüppel,
  2 do. eichen Olm,
  3 do. do. Knüppel,
50 do. birken Kluft,
  9 do. do. Knüppel,
  6 birken Nutzholz=Blöcke,
30 Stück birken Wagendeichsel,

Am Auctionstage darf kein Holz abgefahren werden.
Schönberg, den 5. Januar 1876.

Der Oberförster.
C. Hottelet.


Holzverkauf.

Am Dienstag den 11. Januar, Morgens 10 Uhr, sollen aus dem Hasselholze auf der Bäck beim Gastwirth Herrn Spolert nachstehende Holzsortimente meistbietend verkauft werden:

199 Raummeter buchen Kluft,
45 do. do. Olm,
19 do. do. Knüppel.
Die Bedingungen werden vor der Auction bekannt gemacht.
Schönberg, den 3. Januar 1876.

Der Oberförster.     
C. Hottelet.        


Holz=Auction.

Mittwoch den 12. Januar d. J. fallen im Woitendorfer Holze meistbietend gegen gleich baare Bezahlung verkauft werden:

buchen Nutzholz=Drümme,
buchen Klafterholz,
buchen Zweigholz.
Die Auction beginnt Morgens 10 Uhr und wollen Käufer sich beim Holzwärterhause einfinden.
Vitense, den 4. Januar 1876.

L. Wiegandt.     


Ewald Wohlfahrt,
Advocat und Notar.
Schönberg,
Siemzer Strasse, im Hause des Hrn. Uhrmacher Vogel.


Kampfgenossen-Verein 1870/71.
Am Sonntag, den 9. Januar d. J., Nachmittags 3 Uhr
ordentliche Versammlung
im Vereinslokale.
Schönberg.                       Der Vorstand.


[ => Original lesen: 1876 Nr. 2 Seite 4]

Zur Deckung der Wegebesserungskosten seit dem 6. Juli 1874 und Bezahlung der Kosten des Schneeschaufelns vernothwendigt sich ein Beitrag von 30 Pfennigen pro 100 []Ruthen und werden die Ackerbesitzer hiesiger Feldmark ersucht, solchen Beitrag am

Montag den 10. Januar, Abends 7 Uhr,

im Boye'schen Gasthause hieselbst einzuzahlen.
Schönberg, den 6. Januar 1876.

Die Städtische Wege=Commission.


Ersparniß- und Vorschuß-Anstalt.

Die zu Antoni 1876 fällig werdenden Zinsen auf die bei der Vorschuß=Anstalt belegt stehenden Capitalien werden wir bereits während der Woche vom

Montag, den 3. Januar 1878
bis
Sonnabend, den 8. Januar 1876
täglich
von 8 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags
im Lokale der Anstalt auszahlen.
Eine Auszahlung der Zinsen im Antonitermine findet nicht statt.
Schönberg, den 18. December 1875.

Das Directorium.


Gegen hypothekarische Sicherheit habe ich zum Antoni=Termin noch

einige Tausend Reichsmark

zu begeben.

Schönberg.                        E. Wohlfahrt, Advocat.


Unter heutigem Tage haben wir in Schwerin i. M. ein Zweighaus unseres Eisengeschäftes eröffnet, welches Unternehmen wir dem Wohlwollen eines verehrlichen Publikums hiemit bestens empfohlen halten.

Lübeck, den 1. Januar 1876.
[H02850b]                         L. Possehl & Co.


Fried. Matz.
Lübeck, Breitestrasse 804
Lager von Teppichen und Cocosmatten jeder Art.


Mein großer schwarzer Hund mit weißer Brust ist mir am 31. December Abends entlaufen; wer mir denselben wiederbringt, erhält 3 Mark Belohnung.

Hauswirth Wigger in Törpt.     


Schöne Brech=Erbsen empfiehlt W. Holldorff Schönberg.


Ein junger, anständiger, gebildeter Mann bittet edeldenkende Menschen um eine kleine Unterstützung. Zu Gegendiensten wird Obiger gern bereit sein. Geehrte Adressen unter A. G. bittet man in die Expedition dieses Blattes niederzulegen.


Bei der von mir veranstalteten Verloosung wurde gewonnen: das Plätteisen auf Nr. 158, je eine Schmiede=Sense auf Nr. 219 - 279 - 322 - 112 - 235 - 381 - 180 - 378 - 239 - 2 - 548 - 131 - 417 - 429 - 425 - 507 - 384 - 172 - 397 - 111, je eine Schafscheere auf Nr. 213 - 318 - 404.

Schönberg.                       C. Präfke.


Zu Ostern 1876 sucht ein Dienstmädchen

H. Rieck.
Holzwärterei Römnitz
bei Ratzeburg.


Neues Jahr neues Glück!
Glück und Segen bei Cohn!

Große vom Staate Hamburg garantirte Geld=Lotterie von über

7 Millionen 540,000 M.

Diese vom Staate Hamburg garantirte und interessante große Geld=Lotterie ist diesmal wiederum mit außerordentlich großen und vielen Gewinnen reichlich ausgestattet; sie enthält nur 77,000 Loose, und werden in wenigen Monaten in 6 Abtheilungen folgende Gewinne sicher gewonnen, nämlich:
1 großer Hauptgewinn und Prämie event. 375,000 M., spec. M. 250,000, 125,000, 80,000, 60,000, 50,000, 40,000, 36,000, 3 mal 30,000, 1 mal 24,000, 2 mal 20,000, 1 mal 18,000, 8 mal 15,000, 8 mal 12,000, 12 mal 10,000, 35 mal 6000, 5 mal 4800, 40 mal 4000, 203 mal 2400, 4 mal 1800, 410 mal 1200, 510 mal 600, 10 mal 360, 597 mal 300, 4 mal 240, 18,800 mal 131 , 17241 mal 120, 60, 48, 24, 18, 12 und 6 M.
Die Gewinnziehung der 2ten Abtheilung ist amtlich

auf den 12. und 13. Januar d. J.

festgestellt, zu welcher das
ganze Original=Loos nur 12 M. oder 4 Thlr.
halbe Original=Loos nur 6 M. oder 2 Thlr.
viertel Original=Loos nur 3 M. oder 1 Thlr.
kostet. Diese mit Staatswappen versehenen Original=Loose sende ich gegen Einsendung des Betrages oder gegen Postvorschuß selbst nach den entferntesten Gegenden den geehrten Auftraggebern sofort zu. Ebenso erfolgen die amtliche Gewinnliste und die Gewinngelder sofort nach der Ziehung an jeden der bei mir Betheiligten prompt und verschwiegen. Durch meine ausgebreiteten Verbindungen überall kann man auch jeden Gewinn in seinem Wohnort ausbezahlt erhalten.
Mein Geschäft ist bekanntlich das Aelteste und Allerglücklichste, indem die bei mir Betheiligten schon die größten Hauptgewinne von R.=Mark 360,000, 270,000, 246,000, 225,000, 183,000, 180,000, 156,000, oftmals 152,000, 150,000, 90,000, sehr häufig 78,000. 60,000, 48,000, 40,000, 36,000 M. etc. etc. gewonnen haben und beträgt die Gesammtsumme der in den Ziehungen der Monate October, November, December vor. J. von mir ausbezahlten Gewinne laut amtlichen Gewinnlisten die Summe von über

390,000 R.=Mk.

Jede Bestellung auf dise Original=Loose kann man auch einfach auf eine Posteinzahlungskarte machen.

Laz. Sams. Cohn
in Hamburg.
Haupt=Compoir, Bank= und Wechsel=Geschäft.


Von heute ab verkaufen wir Kohlen und Coke nach Gewicht.
H020b                      L. Possehl & Co.
Lübeck, den 1. Januar 1876.


Kirchliche Nachrichten.
Schönberger Gemeinde.
Sonntag den 9. Januar.

Vormittags=Kirche: Pastor Fischer.
Nachmittags=Kirche: fällt aus.
Amtswoche: Pastor Fischer.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen15 M -Pfennig  bis 20 M -Pfennig.
Roggen15 M 50Pfennig  bis 16 M 15Pfennig.
Gerste16 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Hafer15 M 50Pfennig  bis 16 M 20Pfennig.
Erbsen16 M -Pfennig  bis 19 M -Pfennig.
Wicken- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Buchwaizen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rappsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rübsen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Schlagleinsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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