No. 103
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 31. Dezember
1875
fünfundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1875 Nr. 103 Seite 1]

Politische Rundschau.

Mecklenburg. Unter dem Titel: "Das neue Gesangbuch für die evangelisch=lutherische Kirche in Mecklenburg=Strelitz" ist eine kleine Schrift erschienen, die den allverehrten Leiter unserer Landeskirche, den Herrn Superintendenten Dr. Ohl zum Verfasser hat, und welche die Frage beantwortet: "Warum denn ein neues Gesangbuch?" Nach einem denkenswerthen geschichtlichen Ueberblick über die Entstehung der deutschen Gesangbücher überhaupt und speciell des Strelitzer Gesangbuches behandelt die Schrift die Entstehungsgeschichte des neuen Gesangbuches, zählt die großen Vorzüge auf, durch welche das neue vor dem alten ausgezeichnet ist, und schließt mit den Worten: "Mit dem Gesangbuch ists nicht auf Menschenlob oder Tadel abgesehen; "durch gute Gerüchte und durch böse Gerüchte" zu gehen, wird auch ihm nicht erspart bleiben. Es will unserm evangelischen Volke in Lust und Leid dienen; es will helfen, daß wir mit der ganzen evangelischen Christenheit einmüthiglich mit einem Munde loben und anbeten Gott und den Vater unsers Herrn Jesu Christi. Zu solcher Anbetung des gnädigen Gottes öffne das neue Gesangbuch recht vielen Herz und Mund!" Der verehrte Herr Verfasser weist darauf hin, wie seit dem Anfang des 18. Jahrhunderts die Absicht der meisten Gesangbücher dahin ging, die alten köstlichen Lieder der evangelisch=lutherischen Kirche zu "verbessern" und in "zeitgemäßerer Form, in schönerer Sprache" dem Volke darzubieten. Was aber mit solcher "Verbesserung" gemeint war, kann nun jeder leicht erfahren, der sich einmal die Mühe machen will, einzelne Gesänge unseres bisherigen Gesangbuches mit denen des neuen zu vergleichen, denn dieses bietet uns dieselben fast überall in der ursprünglichen Form, wie sie die theuren Gottesmänner gedichtet haben, die uns unter jedem Gesang genannt werden; und das ist gewiß schon ein großer Vorzug des neuen Gesangbuches, denn was wollten wir doch sagen, wenn uns so ein Sprachkünstler etwa Schillers oder Goethes Gedichte "verbessert" und in "zeitgemäßer Form, in schönerer Sprache" darbieten wollte? Wir würden mindestens seinen zeitgemäßen Geschmack bedauern und auf alle Fälle ihm das Recht zu solcher "Verbesserung" absprechen. Wie vielmehr müssen wir das thun in Bezug auf unsere Kirchenlieder, in denen wir vor allen Dingen Wahrheit fordern. Doch ein altes Sprüchwort verlangt, daß man über die Todten nur wohlwollend reden soll; und zu den Todten werden wir ja-Gott sei Dank! - das alte Gesangbuch bald zu rechnen haben; darum soll es uns hier nicht darauf ankommen, die so sehr zu Tage liegenden Mängel desselben hervorzuheben, sondern wir wollen gerne anerkennen, daß es wenigstens einige der alten köstlichen Kirchenlieder, wie sie unsere Eltern und Großeltern gesungen haben, nicht zu "verbessern" genehmigt hat, uns also im großen Konzert der Kirche des Herrn nicht völlig eine besondere unharmonische Sprache hat sprechen lassen. Auch wollen wir uns nicht zu Lobrednern des neuen Gesangbuches machen, da es ja Menschenlob nicht suchen will. Jeder einzelne, der noch steht im Glauben der Väter, wird es auch ohnedem bald von Herzen lieb gewinnen. Aber eben darum wollen wir wenigstens unserer kirchlichen Behörde, wie dem Oberbischof unserer evangelisch=lutherischen Landeskirche, unserm allerdurchlauchtigsten Großherzoge, unsern herzlichsten Dank aussprechen nicht nur für die theure Weihnachtsgabe Selbst, die uns in dem neuen Gesangbuche dargereicht ist, sondern auch dafür, daß durch den überaus billigen Preis desselben einem jeden die Möglichkeit gegeben worden ist, es zu erwerben. Das Buch wird, des sind wir gewiß, jedem, der es recht gebraucht, zu großem Gewinn gereichen und reichen Segen bringen.
Deutschland. Als Illustration zu den in unserer vorigen Nummer erwähnten Auslassungen des Reichskanzlers Fürsten v. Bismarck über die Presse, berichtet der "Reichsbote" über die unsittliche Art und Weise, wie s. g. liberale Zeitungen die öffentliche Meinung zu machen pflegen. Derselbe greift einen beliebigen Tag heraus und schreibt: "Vor uns liegen die "Köln. Ztg.", der "Hannov. Courier" die "Stettiner Ztg." vom 27. Dec. und der "Rhein. Cour." vom 28. Dec., und alle enthalten einen und denselben Artikel wörtlich gleichlautend; zwei führen ihn als Korrespondenz=Artikel aus Berlin auf, der "Rhein. Cour." schreibt "Wiesbaden" und der "Hannov. Cour." schreibt "Hannover, den 27. Dec." davor, als hätten die Redakteure ihn selbst geschrieben u. s. w. Es handelt sich da nämlich nicht etwa um eine kurz gefaßte politische Nachricht, die den verschiedenen Blättern von einem Telegraphenbüreau zugeschickt sein könnte, sondern um einen an der Spitze derselben stehenden s. g. Leitartikel, welcher sich gegen gewisse Bestrebungen verschiedener Handwerkerkreise richtet und also ausdrücklich darauf berechnet ist, Stimmung gegen jene Bestrebungen zu machen; das geschieht natürlich am besten fabrikmäßig, indem von allen Seiten die "liberalen" Zeitungen aus einem Munde sich dagegen wenden; und wer weiß, wie viele "liberale" Zeitungen sonst noch am selben Tage denselben Tendenzartikel gebracht haben. Die Sache hat natürlich ihre sehr spaßige Seite für den, der etwa mehrere dieser Blätter hintereinander in die Hand nimmt und immer wieder bis zum Ueberdruß dieselben Worte findet; aber sie hat ihre sehr ernste Seite für den arglosen Leser, der in solchem Artikel doch nur die ernste und wohl überlegte Meinung der Redaktion finden kann und dabei so perfide hinters Licht geführt wird. Fragt man nach der eigentlichen Quelle dieses und ähnlicher Artikel, so giebt der "Rchsb." als solche das "nationalliberale Preßbüreau" in Berlin an, hinter welchem, wenn wir recht berichtet sind, hochliberale Börsenmänner und nationalliberale Reichstagsabgeordnete stehen. Die ganze Kunst des Liberalismus, seine Absichten durchzusetzen, besteht also darin: "Erst schlägt er Lärm in den Zeitungen, bearbeitet die Meinung des Volkes, und dann muß die Regierung sich in Einklang mit der öffentlichen Meinung setzen;" denn als "öffentliche Meinung" wird nun die von allen Seiten gleichlautende Meinungsäußerung der liberalen Presse hingestellt, die wiederum nichts anderes ist, als die etwa mittelst Schnellpressendruck vielleicht ins tausendfache vervielfältigte Idee eines nationalliberalen Preßbüreaumitgliedes,

[ => Original lesen: 1875 Nr. 103 Seite 2]

wenn nicht etwa gar derartige Artikel auf die noch unsauberere Quelle eines nur für Geld so oder so je nach Wunsch schreibenden Skribenten zurückzuziehen sind, wie denn derselbe "Rchsb." von einem leipziger Preßbüreau erzählte, das ihm politische Uebersichten von beliebiger Farbe für so und so viel angeboten habe. Derartige Büreaus existiren also in Wirklichkeit und müssen auch ihren reichlichen Gewinn bei ihrem sauberen Geschäfte haben, sonst würden sie ja dasselbe nicht betreiben können. Von welcher Seite aber dieser Gewinn bezogen wird, versteht sich von selbst, da ja die christlich=konservative Presse sich derselben nicht bedienen kann, wenn sie dieselben so, wie es vom "Rchsb." geschehen ist, an den Pranger stellt. Möchten doch dem Publikum die Augen darüber aufgehen, was für bedenkliche Mittel zur Irreleitung desselben angewandt werden, und was für ungesunde Speise demselben täglich von jener Seite dargereicht wird.
Die Untersuchung über den Untergang des bremer Dampfers "Deutschland" ist noch nicht beendet, da kommt schon wieder die Nachricht von einem ähnlichen Unglück: der hamburger Dampfer "Karnack" von der Kosmoslinie ist auf seiner Fahrt von Valparaiso nach Hamburg im Smithskanal gescheitert und gänzlich verloren; doch sollen die Passagiere nach Sandy Point in der Magelhaanstraße gerettet sein.
Sr. Majestät der Kaiser hat den bisherigen General=Post=Direktor Dr. Stephan zum General=Postmeister, den Geh. Oberpostrath Wiebe zum Direktor des General=Postamts und den Geh. Oberpostrath Budde zum Direktor des General=Telegraphenamtes ernannt.
Preußen. Dem Landtage wird der Kultusminister nun doch, was bisher geleugnet wurde, einen Entwurf über die Verwaltung des katholischen Bisthumsvermögens vorlegen. Die erwartete Vorlage betreffs der Synodalordnung soll sehr umfangreich werden. Wie es heißt, ist kaum noch ein Zweifel daran, daß dieselbe vom Landtage ungeändert wird angenommen werden.
Der frühere Domkapitular Freiherr v. Richthofen in Breslau hat im Altkatholizismus die erwartete Befriedigung nicht gefunden und ist zur evangelisch=lutherischen Kirche übergetreten, indem er am 12. Dec. in Leipzig das hl. Abendmahl empfangen hat.
Frankreich. Das Ministerium Buffet scheint sich noch einmal von der Niederlage, die dasselbe im Parlament bei den Senatswahlen erlitten hat, erholen zu wollen. Bei Gelegenheit der Berathung des von der Linken perhorreszierten Preßgesetzes, von welchem die Nationalversammlung bereits die beiden ersten Paragraphen angenommen hat, sprach sich der leitende Minister dahin aus: er glaube es nicht, daß die konservative Majorität, mit deren Hilfe die Regierung bisher ihr Programm durchgeführt habe, besiegt worden sei, denn die neue Majorität welche die Senatorenwahlen zu Stande gebracht habe, sei machtlos; das beweisen die Elemente, aus denen sie besteht, und ihre Programmlosigkeit. In Folge dieser Rede soll der Präsident Mac Mahon seinen Minister beglückwünscht und demselben sein Vertrauen ausgesprochen haben, natürlich zum großen Aerger der Radikalen, daß übrigens die Regierung ihre Majorität wiedergewonnen hat, zeigt die Annahme des Preßgesetzes, welches zugleich die vorläufige Aufrechterhaltung des Belagerungszustandes in den größeren Städten fordert.
Großbritannien. Der Prinz von Wales ist am Donnerstag vor Weihnachten in Calcutta eingetroffen und auf's glänzendste empfangen worden.
Von der Halbinsel Malacca wird gemeldet, daß jetzt die britischen Truppen alle wichtigen Stellungen bei Perak besetzt halten, und daß der Rajah Lela, der Anführer der Aufständischen, nach Siam entflohen sei.
Türkei. Unter den fanatischen Anhängern des Islam soll in Folge des den Christen günstigen Vorgehens des Sultans eine ungemeine Aufregung herrschen, die sich gegen alle Ausländer richtet, weil dieselben diesen den zunehmenden Verfall ihres Staatswesens zuschreiben. Ob übrigens die von der Pforte beabsichtigen Reformen wirklich durchführbar sein werden, steht sehr dahin, denn die Regierung scheint weder die erforderliche Kraft noch die nothwendigen materiellen Mittel zu besitzen; und jedenfalls scheinen die Insurgenten durchaus kein Vertrauen zu diesen Reformen fassen zu können.


Anzeigen.

Die alte Holländerei und der alte Schweinestall auf der Meierei Gr.=Molzahn sollen auf Abbruch öffentlich meistbietend verkauft werden und ist dazu an Ort und Stelle Termin auf Montag, den 3. Januar 1876, Vormittags 11 Uhr, angesetzt, wozu Kaufliebhaber hiedurch mit dem Bemerken geladen werden, daß die Bedingungen vor Eröffnung des Verkaufs bekannt gemacht werden, auch in der hiesigen Registratur eingesehen werden können.
Schönberg, den 24. December 1875.

Großherzogl. Mecklenb. Domainen=Amt.
F. Graf Eyben.


Nach der gemachten Anzeige ist am 26. d. Mts. Abends aus der Knechtskammer in dem Pferdestalle des Hauswirths Hundt zu Klein=Siemz ein großes Deckbett mit blau und weiß gestreiftem Ueberzuge gestohlen worden.
Wir warnen vor dem Ankaufe und ersuchen alle resp. Gerichte und Polizei=Behörden um Vigilanz, sowie um Anhaltung des gestohlenen Guts resp. des Diebes und um gefällige Benachrichtigung davon dienstergebenst.
Schönberg, den 30. December 1875.

Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

Arndt.     


Auction.

Am Montag den 3. Januar k. J., von Morgens 10 Uhr an, werde ich im Gastwirth Boye'schen Hause in Schönberg

eine Parthie gute Frauenkleider, Muffen, Pelzkragen, auch 1 eichenen Koffer, einige Oleander in Töpfen, 1 Kanarienvogel nebst Bauer, 1 Stubenuhr, Bilder u. s. w.
öffentlich meistbietend gegen gleich baare Zahlung versteigern.
Schönberg.

Staffeldt, Landreiter.     


Holz=Verkauf.

Im Auftrage von P. H. Schleuß, zur Zeit in Lübeck, werde ich am 9. Januar, Vormittags 11 Uhr, 50 Nummern Waadelbusch Holz aus seiner Holzkoppel, wovon 26 Nummern schöner Zaun= und Erbsbusch, die anderen 24 Nummern aber stärkeres Brennholz ist, öffentlich meistbietend gegen gleich Baarzahlung beim Gastwirth Oldenburg in Lockwisch verkaufen, und bitte Kaufliebhaber wollen sich das Holz vorher besehen.

A. W. H. Boldt, Lockwisch.     


Die unterzeichnete Prüfungs=Commission macht die im Jahre 1856 geborenen Wehrpflichtige, welche die Berechtigung zum einjährig=freiwilligen Militairdienst nachsuchen wollen, darauf aufmerksam, daß sie sich spätestens bis zum 1. Februar 1876 bei derjenigen Prüfungs=Commission, in deren Bezirk sie gestellungspflichtig sind, schriftlich zu melden und bei dieser Meldung die Vorschriften in § 89 der Wehrordnung vom 28. September 1875 zu beachten haben.
Schwerin den 21. December 1875.

Großherzogliche Prüfungs=Commission für Einjährig=Freiwillige.
Das Militair=Mitglied: Baron Stenglin.
Das Civil=Mitglied: Dippe.


[ => Original lesen: 1875 Nr. 103 Seite 3]

Ersparniß- und Vorschuß-Anstalt.

Die zu Antoni 1876 fällig werdenden Zinsen auf die bei der Vorschuß=Anstalt belegt stehenden Capitalien werden wir bereits während der Woche vom

Montag, den 3. Januar 1878
bis
Sonnabend, den 8. Januar 1876
täglich
von 8 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags
im Lokale der Anstalt auszahlen.
Eine Auszahlung der Zinsen im Antonitermine findet nicht statt.
Schönberg, den 18. December 1875.

Das Directorium.


Wir vergüten für bei uns belegte Gelder bis auf Weiteres
4 % bei zwölfmonatl. Kündigung,
3 1/2 bei sechsmonatl. Kündigung,
und 3 % bei dreimonatlicher Kündigung

Die einzuzahlenden Gelder dürfen nicht weniger als Ct. Mark (Lübeck) 300. betragen und kann die Zinse halbjährlich erhoben werden.
Lübeck, den 1. Februar 1874.

Lübecker Bank.     


Die Rechnungsvorlage der allgemeinen Gesellen=Krankenkasse findet am Sonntag nach Neujahr, den 2. Januar Nachmittags 3 Uhr, im Locale des Gastwirths Krüger statt. Sämmtliche Mitglieder werden hierdurch aufgefordert, persönlich zu erscheinen, sowie auch ihre Beiträge bis zum genannten Tage pünktlich einzuliefern unter Androhung executivischer Eintreibung.

Schönberg.                                             Der Vorstand.


Heute, Silvester Abend,
frische berliner Pfannkuchen
empfiehlt                                            Wwe. Greiff in Schönberg.


Das Neueste in Neujahrs-Karten bei C. Sievers, Schönberg.


Der Ladentag der Zimmerleute findet am Sonntag den 2. Januar, Nachmittags 2 Uhr auf der Herberge statt. Um pünktliches Erscheinen ersucht

Schönberg.                                              Der Vorstand.


Populär-medicin. Werk.

Durch alle Buchhandlungen, oder gegen Einsendung von 10 Briefmarken à 10 Pf. direct von Richter's Verlags=Anstalt in Leipzig ist zu beziehen: "Dr. Airy's Naturheilmethode", Preis 1 Mark. - Der in diesem berühmten illustr., ca. 500 Seiten starken Buche angegebenen Heilmethode verdanken Tausende ihre Gesundheit. Die zahlreichen darin abgedruckten Dankschreiben beweisen, daß selbst solche Kranke noch alle Hilfe gefunden, die, der Verzweiflung nahe, rettungslos verloren schienen; es sollte daher dies vorzügliche Werk in keiner Familie fehlen. Man verlange und nehme nur das "Illustrirte Originalwerk von Richter's Verlags=Anstalt in Leipzig", welche auf Wunsch auch einen Auszug desselben gratis und franco versendet.
Warnung! Um nicht durch ähnlich betitelte Bücher irre geführt zu werden, verlange man ausdrücklich Dr. Airys illustrirtes Originalwerk, herausgegeben von Richter's Verlagsanstalt in Leipzig.


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der Trunksucht

gewährt trotz aller Concurrenz und Anfeindung mein unfehlbares Mittel, welches auch ohne Wissen des Trinkers angewandt werden kann. Tausende von Anerkennungsschreiben liegen vor. Man wende sich vertrauensvoll an W. Schmidt, Berlin, Dresdener Straße 30, III. Tr. r.


Kampfgenossen=Verein 1870/71.
Am Sonntag, den 2. Januar 1876,
Nachmittags 4 Uhr,
außerordentliche Versammlung
im Vereinslokale.
Der Vorstand.


Alles unbefugte Sandabfahren vom Voßberge und der s. g. Schinderkuhle untersagen wir hiermit bei Strafe gerichtlicher Ahndung.
Schönberg.

Die städtische Wegecommission.


Gesucht

wird zu Fastnacht ein Mädchen zu häuslichen Arbeiten und außerdem zu Ostern ein Mädchen für die Küche; solche, welche schon etwas erfahren sind, würden den Vorzug erhalten. Hoher Lohn wird zugesichert.
Schönberg.

Aug. Spehr.     


Fried. Matz.
Lübeck, Breitestrasse 804
Lager von Teppichen und Cocosmatten jeder Art.


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halte einem hochgeehrten Publikum mein reichhaltiges Lager von

Gold= und Silberwaaren

bestens empfohlen unter Zusicherung reeller und prompter Bedienung.

Hochachtungsvoll
Theodor Creutzfeldt Ww.

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Derjenige, welcher Flachs oder Heede in der Fabrik der Herren George Stelling, Gräber & Co. In Hannover gesponnen zu haben wünscht, möge sich nur an mich wenden, da ich jede Bestellung übernehme und sie aufs Schnellste besorge.

G. Kammerhoff, Seilermeister.     

Ratzeburg.


Staatsloose.
Am 20. und 21. Januar 1876

beginnt die 1. Classe der von der Regierung genehmigten und garantirten 80sten Braunschweiger Landes=Lotterie

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Preise der Loose

Ein Ganzes M. 16. Ein Halbes M. 8.
Ein Viertel M. 4. Ein Achtel M. 2.
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J. Koopmann & Co.
Staatseffectenhandlung
Hamburg.


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Schönberg.


[ => Original lesen: 1875 Nr. 103 Seite 4]

Ausverkauf
des gesammten Lagers von
Tuch= und Manufactur=Waaren
wegen Geschäfts=Verlegung
nach meinem Hause, Holstenstraße.
Johannes Lenschau,
Lübeck, Sandstraße No. 1010.


Deutsche Börsen- und Handels-Zeitung.
Früher: Salings Börsenblatt.

Die Deutsche Börsen- und Handelszeitung erscheint zu Berlin täglich nach Schluss der Börse und enthält:

die neuesten politischen und Handelstelegramme,
einen umfassenden Tagesbericht der Berliner Börse,
volkswirthschaftliche und financiell-politische Leitartikel,
die neuesten Handels- und Börsennachrichten,
den vollständigen (Saling'schen) Courszettel der Berliner Börse.
den Courszettel-Commentar,
die offiziellen Verloosungslisten des Deutschen Reichs-Anzeigers,
sämmtliche Notizen, welche Actien- und Versicherungs-Gesellschaften betreffen,
Politische Rundschau,
Feuilleton (Neues aus Berlin etc.),
Redactions-Briefkasten,
Anzeigen.
Der Abonnements-Preis ist ein im Verhältniss zu dem Gebotenen überaus billiger und beträgt
für 3 Monat 4 Mark - Pf.,
für 2 Monat 2 Mark 70 Pf.,
für 1 Monat 1 Mark 35 Pf.

Wer unserer Spedition die Postquittung über erfolgtes Abonnement pr. I. Quartal 1876 einsendet, erhält die bis 31. December d. J. erscheinenden Nummern gratis und franco direct zugesendet.

Redaction und Expedition der Deutschen Börsen- und Handelszeitung.
Berlin, SW., Beuthstrasse 4 und C. Seydelstrasse 7.


Die Kaiserl Königl.
Hof-Chocoladen-Fabrik
von Gebrüder Stollwerk

in Köln übergab den Verkauf ihrer vorzüglichen Fabrikate in Schönberg Herrn J. L. Petersen, in Dassow Herrn Kaufmann Sterly, in Herrnburg Frau Wwe. Mette, in Schlagsdorf Herrn H. Siebenmark, in Selmsdorf Herrn P. Buschow.


Patentirte Stiefel-Besohlung

Material zu 1 Dutzend Paar Stiefel oder Schuhe besohlen selbst ausführbar 8 Mark, zu 1/2 Dutzend 4 1/2 Mark inclusive Handwerkzeug und Anweisung.
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Verkaufsübernahme und Ausführung geeignete Vertreter gesucht.
Leipzig, Blücherstraße 15.

Robert Schumann.     

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Copia.
         Herrn Robert Schumann in Leipzig.
                           Bonn, den 1. December 1875.
Bei einem Freunde sah ich Ihre Stiefelbesohlung und bitte Sie, mir gefälligst sobald als möglich durch meinen Commissionär Herrn Carl Fleischer in Leipzig 2 Kistchen à 1/2 Dutzend zukommen zu lassen u. s. w. u. s. w.

Achtungsvoll              
gez. Rudolf Weber.
Eduard Weber's Verlags=Buchhandlung.


Trunksucht heilt gründlich, mit oder ohne Wissen des Trinkers, Honorar 15 Mark:

Wwe. Grone in Ahaus i/Westf.


Da ich das Damenschneidern und Weißnähen erlernt habe, so theile ich allen geehrten Damen Schönbergs und Umgegend, die mir Vertrauen schenken wollen, ergebenst mit, daß ich sowohl in wie außer dem Hause zum Schneidern zu gehen bereit bin. Von jetzt an wohne ich Ecke der Marienstraße Nr. 35.

Johanna Upahl in Schönberg.     


W. Kolls,
Juwelen-, Gold- u. Silber-Waaren-Handlung Lübeck, Sandstrasse 1006.
Bestellungen werden billig und prompt ausgeführt.


Kirchliche Nachrichten.

Freitag den 31. December.
Abend=Kirche (5 Uhr): Pastor Kämpffer.
Am Neujahrstage.
Früh=Kirche: Pastor Fischer.
Vormittags=Kirche: Pastor Kämpffer.
Sonntag den 2. Januar.
Vormittags=Kirche: Pastor Kämpffer.
Nachmittags=Kirche: fällt aus.
Amtswoche: Pastor Kämpffer.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen15 M -Pfennig  bis 20 M -Pfennig.
Roggen15 M 50Pfennig  bis 16 M -Pfennig.
Gerste16 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Hafer15 M -Pfennig  bis 16 M -Pfennig.
Erbsen16 M -Pfennig  bis 19 M -Pfennig.
Wicken- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Buchwaizen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rappsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rübsen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Schlagleinsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,20 - 1,30 .
Hasen d. St. M3,00 - 3,60 .
Enten d. St. M3,00 .
Hühner d. St. M1,30 - 1,50 .
Küken d. St. M1,00 .
Tauben d. St. M0,38 - 0,45 .
Gänse pr. 500 Gr. M0,80 - 0,85 .
Eier 3 - 4 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,60 .
Spickgans d. Stück M3,00 - 3,60 .
Schinken pr. 500 Gr. M0,80 - 0,85 .
Wurst pr. 500 Gr. M1,20 .


(Hierzu eine Beilage.)


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1875 Nr. 103 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 103 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 31. December 1875.


- (Eingesandt.) In einem benachbarten Kirchdorfe in Mecklenburg Schwerin ließ der Küster, wahrscheinlich durchdrungen von der großen deutschen Sache, am Heiligabend, wo in der Schule unter die Kinder Gaben ausgetheilt werden, statt der üblichen Weihnachtslieder, die bei solcher Gelegenheit gesungen oder gesprochen werden, das Soldatenlied: "Wer will unter die Soldaten, der muß haben ein Gewehr" und noch ein Fischerlied von den Kindern singen. Ist es im schwerinschen Sitte, schon die Kinder der Religion zu entfremden?
- Nach dem neuen Telegraphentarif kommen vom 1. Jan. 1876 an die bisherigen 3 Zonen in Wegfall und das ganze deutsche Reich bildet nur noch eine einzige Zone. Es werden dann für jede in Deutschland aufgegebene Depesche nach einem deutschen Orte von vornherein Pfennige Gebühren erhoben, und so viele 5 Pfennige treten zu den 20 Pfennigen hinzu, als die Depesche Worte zählt. Der telegraphische Verkehr zwischen Deutschland und dem Ausland erleidet bezüglich der Kosten vorläufig noch keine Aenderung.
- Mit dem ersten Januar 1876 dürfen die Noten derjenigen Banken, welche sich dem Reichsbankgesetze nicht unterworfen, zu Zahlung nicht mehr gebraucht werden; sie können höchstens noch gegen andere Banknoten, Papiergeld oder Münzen umgetauscht werden. Wer dieser Verbotsbestimmung zuwider dennoch solche Banknoten zur Leistung von Zahlungen verwendet, wird nach § 56 des Reichsbankgesetzes mit Geldstrafe bis einhundert Mark bestraft. Von den 33 Banken des deutschen Reiches, welchen die Befugniß zur Ausgabe von Banknoten zusteht, haben sich elf den Bestimmungen des Reichsbankgesetzes nicht unterworfen. Zu diesen gehört die Lübecker Privat=Bank und die Rostocker Bank, sodaß die Noten dieser beiden Banken nach dem 1. Januar 1876 hier im Fürstenthum Ratzeburg bei Strafe zu Zahlungen nicht mehr verwendet werden dürfen.
- Sterbealter=Statistik. Auf der Erdkugel sterben jährlich 42,403,000 Personen, und zwar 115,200 per Tag, 4800 per Stunde und 80 per Minute. Unter 10,000 Personen erreicht eine das Alter von 100 Jahren, eine von 500 wird 80 und eine von 100 wird 70 Jahre alt.
- Die preußischen Vorschläge wegen Regelung des Apothekenwesens sollen folgende sein: Ertheilung neuer Conzessionen bis Ende des Jahrhunderts; Umwandlung der von 1810 bis jetzt ertheilten Conzessionen vom neuen Jahrhundert ab in unveräußerliche Personalconzessionen.
- In Mons in Frankreich sind durch eine Gasentzündung in den Kohlenschächten von Trameries 110 Arbeiter umgekommen.
- Die leichteste Zunge hat die Königin von Holland. Sie spricht acht Sprachen: holländisch, deutsch, englisch, französisch, italienisch, dänisch, schwedisch und russisch.
- In Wien bestehen bereits zahlreiche Volksküchen, denen jetzt eine "koschere" jüdische Volksküche zugesellt wird. Welch ein Spektakel würde sich erheben, wenn eine katholische Volksküche errichtet würde? - fragt die A. A. Z.
- Die Stuarts sind schon lange von dem englischen Königsthrone verjagt worden. Die allerletzte Stuart, Lady Luise, starb nämlich dieser Tage in Schottland 99 3/4 Jahre alt.
- Auf dem südlichen Friedhofe in München wurde am 25. December Morgens, am Stephanitage, einer alten Sitte wieder Genüge gethan: es wurde nämlich von 7 Uhr Morgens an während des ersten Hochamtes ein dreimaliger Umritt um die St. Stephanskirche gehalten, an dem sich die Pferdebesitzer sehr zahlreich betheiligten. Der Umritt soll die Pferde (meist Zugthiere) dem Patronat des heil. Stephan empfehlen und dieser Kolik und anderen Schaden von den Pferden abwenden. An dem ersten Umritt waren über 100 Pferde betheiligt, im Laufe des Vormittags folgten noch über 400 Zugpferde. Die Reiter spendeten den um die Kirche stehenden Armen kleine Almosen; die Vereine der Droschkenbesitzer, Fuhrleute und Hausknechte ließen außerdem feierliche Aemter in der Stephanskirche abhalten. Auf dem Lande findet in Oberbayern diese Ceremonie mit den Pferden am St. Leonhards= und St. Wendelintage statt.
- Die Münchener sind erfreut und geschmeichelt, daß König Ludwig zum Weihnachtsfeste von Hohenschwangau nach München gekommen ist; denn, sagen sie, Weihnachten will Jeder in seinem eigensten Daheim feiern.
- Graf Herbert Bismarck, der im Herbste mit dem Kaiser in Mailand war, soll große Lust haben, die Alliance, die sein Vater 1866 mit Italien geschlossen hat, mit einer wunderschönen Mailänder Gräfin fortzusetzen.
- In Oels in Schlesien hat der Graf Luckner in seiner Waldung eine Bärenjagd abgehalten und es sind einige stattliche Exemplare geschossen worden. Der Bär wog 150 Kilogramm, die Bärin 125.
- Ein Pfeifenfabrikant in England kündigt seine Firma mit folgendem Zusatze an: Pfeifenschneider Ihrer Majestät der Königin. Bis jetzt aber soll noch Niemand die Königin von England mit einer Pfeife in der Hand gesehen haben.
- Zwei Pariser Künstlern ist das für unmöglich gehaltene Unternehmen gelungen, das eherne Standbild Napoleons I., welches am 16. Mai 1871 beim Herabsturz von der mehr als 40 Meter hohen Vendomesäule in allen seinen Theilen verletzt und verunstaltet wurde, nach 5monatlicher Arbeit wieder herzustellen. Die Regierung wird dasselbe nach einem früheren Beschluß der Nationalversammlung auf der neuen Vendomesäule aufstellen lassen und hat zur Freude der Bonapartisten schon Anordnungen dazu getroffen. Sie erblicken darin eine Vorbedeutung, daß der alte Napoleon vielleicht auch noch einen dritten Herabsturz überlebt, nachdem er schon zweimal (1815 und 1871) glücklich davongekommen ist.
- Ueber die Hinrichtung des mit großer Reue und Zerknirschung gestorbenen Raubmörders Battistella wird unterm 20. Dec. von München berichtet: Heute, gerade am Jahrestage seiner furchtbaren Unthat, mußte Battistella dieselbe mit seinem Leben, büßen. Im schwarz ausgeschlagenen Hinterhofe der hiesigen Frohnfeste war das Schaffot aufgerichtet. Auf demselben erhob sich die Guillotine, deren blankgeschliffenes Fallmesser unheimlich glänzte. Schlag 8 Uhr läutete man das Armensündergöcklein, das Thor der Frohnveste, in welcher soeben die Ceremonie der Stabbrechung vollzogen worden, öffnete sich und in Begleitung zweier Kapuziner, sowie des Nachrichters erschien der Delinquent. Derselbe hatte das Gesicht mit einer Sammtbinde verhüllt. Er machte eigentlich nicht mehr den Eindruck eines Lebenden, als er an das Fallschwertbrett gefesselt wurde. Ein dumpfer Schlag und die Execution war vollzogen. Der Rumpf lag regungslos auf dem Brett, und erst als er in den aus rohen Brettern gefertigten flachen Holzsarg, auf dem ein kleines schwarzes Kreuz gemalt, gelegt war, zuckte die eine Schulter, als ob die noch gefesselten Hände befreien wollten. Die Zuckungen des Hauptes mochten höchstens 45 Secunden gedauert haben,

[ => Original lesen: 1875 Nr. 103 Seite 6]

dann lag es völlig ruhig mit geschlossenen Augen da. Der Sarg wurde sofort in den hinter dem Schaffot befindlichen Wagen verbracht, um von da in das pathologische Institut geführt zu werden, woselbst der Leichnam zu medicinisch=wissenschaftlichen Studien benützt werden wird. Auf der rechten Seite der Richtstätte hatten sich der k. Vollzugscommissär, der 1. Staatsanwalt, sowie die 24 Urkundspersonen, der betreffende Actuar, die Aerzte eingefunden, während auf der linken die Vertreter der Presse und andere Zuschauer sich befanden. Der Platz vor der Frohnveste war von Kürassieren abgesperrt, hinter deren Cordon sich das Publikum angestaut hatte.
- Es scheint, daß die Friedenszeit des 1000=jährigen Reiches noch nicht gekommen ist. In der Menagerie in Rothenburg wenigstens machte sich der junge Leopard, den man in den Käfig des alten Bären steckte, sofort über Petz her und erwürgte ihn. Die Gutschmecker der Stadt trösteten sich bei den gebratenen Bärentatzen über die untröstliche Zeit.
- Endlich ist es einem einfachen Dorfschmied im Krefelder Bezirk Namens Kronenberger gelungen, die Kaiserglocke zu Köln zum Läuten zu bringen. Er ließ an den Klöppel unten 200 Pfund anschrauben. Mehr als 50 Mann zogen die Glocke an und die mächtige Glocke ließ ihren Schall ertönen. Es herrschte großer Jubel.
- London ist eine kleine Welt für sich. Es bedeckt jetzt einen Flächenraum von 700 Quadratmeilen, hat 4,000,000 Einwohner und wächst jährlich nach der Rate von 28 Meilen Straßen und 9000 Häusern. In London sind mehr Juden als in Palästina, mehr Schotten als in Edinburg, mehr Irin als in Dublin, und Deutsche genug, um eine deutsche Großstadt zu füllen. Es hat 365 große freie Plätze und eine Anzahl der schönsten und reich ausgestatteten Kirchen. In London wird alle 5 Minuten ein Mensch geboren und alle 8 Minuten stirbt einer; rechnet man hierzu die Einwanderung, so ist es kein Wunder, daß die Stadt so rasch wächst.
- Vor längeren Jahren lebte auf einer kleinen, schlecht ausgestatteten Pfarrei in der Mark ein Geistlicher. Sein Einkommen reichte kaum hin, sich und seine zahlreiche Familie zu ernähren. Auf eine bessere Pfarre hoffend, machte der Prediger Schulden und lernt dabei einen Geldmann in Berlin kennen, der Wechselgeschäfte machte, das heißt gegen Wechsel zu 200 Proc. Gelder auslieh. Der Geistliche war sehr bald ein stehender Kunde bei dem Geldmann, sah jedoch in wenigen Jahren durch das riesige Anwachsen der Schuld in Folge der hohen Zinszahlung seinen Ruin vor Augen. Da lächelte ihm noch einmal das Glück. Es gelang ihm nämlich, eine andere Pfarre zu bekommen, welche ihm fast doppelte Einkünfte einbrachte; leider war er jedoch schon zu tief verschuldet. Es kam die Stunde, wo er auf die nicht eingelösten Wechsel verklagt wurde. Es liefen Beschwerden bei der vorgesetzten Behörde des Geistlichen ein, und er wurde schließlich ohne jede Pension entlassen. Der nun brodlose Mann begab sich mit seiner Familie nach Berlin, wo er versuchte, sich durch schriftliche Arbeiten zu erhalten. Diese Arbeiten brachten ihm aber zu wenig ein, und er wurde schließlich - Colporteur. Er bereiste namentlich kleine Städte und Güter, wo er die ihm übergebenen Werke bei Gutsbesitzern und Geistlichen abzusetzen versuchte. Aber auch diese Thätigkeit war im Laufe der Jahre nicht lohnend genug, Unglücksfälle kamen hinzu: seine Frau starb, und die Kinder gingen das Eine dahin, das Andere dorthin in die weite Welt. Die Verhältnisse des inzwischen zum alten Manne gewordenen ehemaligen Pfarrers wurden immer ungünstiger, er konnte seiner wankenden Gesundheit wegen nicht mehr die Provinzen bereisen und beschränkte nun seine Thätigkeit als Colporteur auf Berlin und Umgegend. Zuletzt war er so herabgekommen, daß er in Berlin in der Ackerstraße ein Zimmerchen bewohnte, welches er noch mit einem Arbeiter theilte. Vor Kurzem nun erschien bei ihm ein junger Mann, der sich ihm als Sohn des Geldmannes vorstellte, mit welchem einst der ehemalige Prediger Wechselgeschäfte gemacht hatte, und der an seinem Ruin und an seiner Entlassung aus dem Pfarr=Amte schuld hatte. Der junge Mann kam im Auftrage seines hoffnungslos darniederliegenden Vaters und lud den jetzigen Colporteur ein, den Wunsch seines sterbenden Vaters zu erfüllen und denselben noch an demselben Tage zu besuchen. Der alte Mann begab sich mit dem Sohne zu dem reichen Geldmann und blieb etwa eine halbe Stunde mit dem Schwerkranken allein. Dann begab er sich mit dem Sohne in das Geschäftszimmer, wo der junge Mann auf Befehl des Vaters dem ehemaligen Geistlichen eine Summe von fünftausend Thalern einhändigte, und zwar als einen Theil der dem ehemaligen Geistlichen zu viel abgenommenen Wucher= und Damno=Zinsen. Einige Tage darauf starb der reiche Mann, und der Colporteur, dessen Lebensabend wenigstens einigermaßen erträglich sich gestaltet hat, folgte seinem Sarge.
- Die Nat.=Ztg. vom 25. December schreibt: Folgende Geschichte cirkulirt in höchsten Postkreisen dahier und ist hoffentlich keine Verbindung von Post= und Jagdgeschichten. Der Besitzer eines Thiergartens in Danzig bestellte sich ein paar lebende Hasen in der Provinz; lebende Hasen befördert die Post nicht. Der Absender fiel auf die geniale Idee - die Hasen zu chloroformiren. Gedacht, gethan. Die Hasen werden chloroformirt, die Dosis ist genau berechnet; sie wird die Hasen bis nach Austragen der Post leblos erhalten. Aber der Zug verspätet sich, die Packstücke werden gezählt und in die Packkammer gethan, um Morgens expedirt zu werden. So kommt in der Morgenfrühe der Packknecht in die Kammer und sucht nach Packet 108, zwei Hasen; aber das Packet ist nicht zu finden, die Fenster sind vergittert, die Thüre unverletzt, das Verschwinden ist unerklärlich, das ganze Personal tritt zusammen und stellt wiederholt fest, daß die Hasen dagewesen. Der Packknecht leuchtet nochmals in dem Raum herum - plötzlich schießt ein Hase, der noch todt war, an dem Packer vorbei und zur Thüre hinaus. Während derselbe noch bestürzt dasteht, schießt aber schon der zweite Hase, die Nummer 108 breit und deutlich auf dem Rücken tragend, an ihm vorbei und dem ersten nach. Das ist zu viel selbst für die Nerven eines Packers - die gespenstigen Hasen haben ihn überwältigt - er ist nahe am Zusammensinken. Zum Glück erscheint nach kurzer Zeit der besorgt gewordene Adressat, und aus Frage und Gegenfrage kommt das Geheimniß zu Tag. Die chloroformirten Hasen sind und bleiben verschwunden.
- Geduld, Geduld, wenns Herz auch bricht lieber Kaufmann, damit es dir nicht geht, wie deinem Collegen in Görlitz. Zu dem kommt ein Fremder, um eine Brille zu kaufen. Er probirt an die fünfzig, die eine ist ihm zu scharf, die andere zu stumpf und jede zu theuer. Nachdem er eine Stunde probirt und gehandelt, will er gehen ohne Brille, der Kaufmann aber schließt die Thüre und erklärt, entweder nehmen Sie eine Brille oder zahlen Entschädigung! - Der Fremde zahlt die Entschädigung und verklagt den Kaufmann sofort wegen Freiheitsentziehung und siehe - der Angeklagte wurde zu 30 Mark Geldbuße verurtheilt.


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