No. 84
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 26. Oktober
1875
fünfundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1875 Nr. 84 Seite 1]

Politische Rundschau.

Mecklenburg. Die von den mecklenb. Kirchenbehörden veranstalteten neuen Ermittelungen über den Betrag der Stolgebühren nach zehnjährigem Durchschnitt sind, wie verlautet, nunmehr zum Abschluß gekommen. Sodaß schon am nächsten Freitag die kommissarisch=deputatischen Verhandlungen über Ablösung dieser Gebühren wieder beginnen sollen. Wie wir aber hören, dürfte die zur völligen Ablösung aller Stolgebühren erforderliche Summe so groß sein, daß die Landschaft wohl kaum auf ihrer Forderung beharren wird.
Deutschland. Se. Majestät der deutsche Kaiser hat nunmehr Mailand und Italien, wo derselbe auf das glänzendste aufgenommen worden ist, wieder verlassen und ist, wenn der ursprüngliche Reiseplan keine Abänderung erhalten hat, schon gestern wieder in Berlin eingetroffen. Morgen wird sich derselbe zu den bei Ohlau in Schlesien am Freitag und Sonnabend stattfindenden Jagden über Sagan und Breslau nach Ohlau begeben.
Aus Mailand wird noch berichtet, daß der Kaiser am Tage vor seiner Abreise die dortige protestantische Kirche besucht und sich dadurch den fanatischen Katholiken ausdrücklich als protestantischer Kätzer dokumentirt hat. Wir freuen uns dieses Bekenntnisses unseres Kaisers. Einer Deputation der Waldenser, die ihn als den Hort des christlich protestantischen Princips begrüßten, erwiderte der Kaiser: er habe stets die Standhaftigkeit der Waldenser in den mannigfachen Verfolgungen bewundert und sei hoch erfreut, daß auch in Italien jetzt das Princip der Gewissensfreiheit Wurzel geschlagen habe.
Die Reise unseres Kaisers nach Italien hat diese Tage nicht nur die Zeitungen Deutschlands und Italiens, sondern die Presse aller europäischen Länder beschäftigt. Einige französische Zeitungen abgerechnet, die eifersüchtig auf die Freundschaft der beiden Fürsten und beider Länder blicken, stimmen fast alle Besprechungen darin überein, daß diese Monarchen=Zusammenkunft eine neue Garantie für dauernden europäischen Frieden bedeute. Die engl. Saturday=Review nimmt dabei Anlaß, die persönlichen Eigenschaften unseres Kaisers zu feiern, indem sie schreibt: "Seine Tapferkeit und Ausdauer, der Eifer, mit welchem er sich in seinem vorgerückten Alter an den Operationen und der Verwaltung des Staats betheiligt, seine angestrengte Thätigkeit in den Staatsgeschäften, die Ehrenhaftigkeit seines Wesens, ja vielleicht selbst eine gewisse Einfachheit im Sinn und Karakter, welche er oft an den Tag legt, haben ihn Deutschland theuer gemacht."
Der Bundesrath wird dem Reichstage wegen der im Etat für 1876 bevorstehenden Unterbilanz von etwa 15 Millionen Mark die Einführung einer Börsensteuer und die Erhöhung der Braumalzsteuer vorlegen. Da aber letztere Steuer jedenfalls eine schlimme Wirkung zu Gunsten des abscheulichen Branntweins ausüben wird, so ist nur zu wünschen, daß die bereits ins Leben getretene Agitation gegen dieselbe von Erfolg gekrönt werden möge.
Im preußischen Kultusministerium wird jetzt als Seitenstück zu dem Gesetz über die Verwaltung des Vermögens der Kirchengemeinden ein Gesetz, betreffend die Staatsausfuhr über das katholische Bistumsvermögen ausgearbeitet. Dagegen wird sich hoffentlich die Nachricht nicht bestätigen, daß auch ein Gesetz über das Begräbnißwesen vorbereitet werde, durch welches der kirchliche Karakter der Kirchhöfe und Gottesäcker aufgehoben und dieselben zu "Begräbnißstätten" der bürgerlichem Gemeinden gemacht werden sollen. Wenn der Christ am Grabe seiner Lieben nicht einmal mehr den Trost haben soll, daß sie im "Gottesacker" ruhen, eine Saat auf Hoffnung zum ewigen Leben, was für ein Trost bliebe ihm denn dann noch? Das alte heidnische solamen miseris socios habuisse malorum, in seinem Elend Genossen zu haben, ist ein schlechter Trost.
Der Nordd. A. Z. zufolge beschäftigt man sich im Kultusministerium mit einer allgemeinen und festen Regelung in Bezug auf die Leitung des Religionsunterrichtes in den Volksschulen und zwar besonders mit Rücksicht auf die Ertheilung des katholischen Religionsunterrichts seitens der Geistlichen selbst. Derselbe soll wie jeder andere Lehrgegenstand des Volksunterrichtes nur im Auftrage des Staates (!) - also nicht im Auftrage des Herrn? - und nur von solchen Personen ertheilt werden, welche der Staat für qualificirt erachtet. - Dieser Nachricht der Norddeutschen entsprechend berichtet die Ostpr. Z., daß der Kultusminister die Ertheilung des jüdischen Religionsunterrichtes am Gymnasium zu Lyck genehmigt habe. Vortreffliche Taktik! Zuerst macht man die Schulen konfessions= und religionslos und dann führt man jüdischen Religionsunterricht an denselben ein. Mit recht bemerkt dazu die D. L. Z.: früher wurde in jeder christlichen Schule christlicher Religionsunterricht ertheilt, und die jüdischen Schüler verließen diese Stunde, um zu Hause unterrichtet zu werden. Künftig werden unsere Schüler die Religionsstunde verlassen müssen, um zu Hause christlichen Unterricht zu empfangen.
Bekanntlich hat der König von Bayern das Entlassungsgesuch seiner Minister nicht angenommen, vielmehr dieselben seines vollen Vertrauens versichert und den Landtag bis auf weiteres vertagt. Alle reichsfreundlich Gesinnten jubeln diesem loyalen Verhalten des Königs zu, und von vielen Seiten empfängt derselbe Dankesadressen und Telegramme. Allerdings vergessen die s. g. Liberalen dabei, daß dies Verhalten des Königs ja gar nicht in ihre Schablone paßt, und die Vossische Z. wagt es ganz bescheiden auszusprechen, daß der König doch ein Ministerium, das nicht mehr das Vertrauen der Majorität der Volksvertretung besaß, hätte entlassen müssen; aber diese Majorität ist ja eine ultramontane, und das ist ganz was anderes! Ueberall paßt eben die liberale Schablone nicht!
In Frankreich fürchtet man einen Handstreich der bonapartistischen Partei zu Gunsten des Kaiserlichen Prinzen. Der Prinz Napoleon soll sich demselben unterwerfen wollen und deshalb ein Schreiben an denselben gerichtet haben; und die bonapartische Partei soll besonders auf die Dienste der pariser Polizei rechnen.
Spanien. Der Karlistengeneral ist auf seinen Wunsch verhaftet worden und soll vor ein Kriegsgericht gestellt werden, um sich über sein Verhalten im Zentrum zu rechfertigen. - Von

[ => Original lesen: 1875 Nr. 84 Seite 2]

karlistischer Seite soll neuerdings wiederum eine große Anzahl höherer und niederer Offiziere sich der Regierung unterworfen haben oder nach Frankreich übergetreten und hier internirt worden sein.
Türkei. Gegen die neuerliche türkische Finanzoperation wird von allen Seiten in den betheiligten Börsenkreisen aufs lebhafteste protestirt. Wenns einen an den Geldbeutel geht, pflegt man nicht so ruhig und gelassen zuzusehen, als wenn christliche Glaubensbrüder unerhört bedrückt oder von türkischer Heeres=Uebermacht dahingemordet werden.


Eine Falle
um einen Sonnenstrahl einzufangen.
(Fortsetzung.)

[ => Original lesen: 1875 Nr. 84 Seite 3]

Eine Falle
um einen Sonnenstrahl einzufangen.
[Fortsetzung.]


Zu dem Nachlaß des am 13. März 1779 oder am 11. Mai 1781 zu Gr. Weden im Herzogthum Lauenburg gebornen, am 2. Juni 1856 zu Mechow hiesigen Fürstenthums verstorbenen früheren Meierknechts Friedrich Ernst August Rudolf hat sich als Erbe der Meiereipächter J. Harten in Pettjärvi in Finnland, früher zu Mechow, welcher bescheinigtermaßen ein Schwestersohn des Verstorbenen ist, gemeldet.
Auf zulässig befundenen Antrag des J. Harten in Pettjärvi werden nun mittelst des gegenwärtigen Proclams alle Diejenigen, welche ein näheres oder gleich nahes Erbrecht zu haben vermeinen, hiermit edictaliter geladen, diese ihre etwaigen Erbansprüche in dem auf Sonnabend, den 11. Dezember d. J., Vormittags 11 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte anstehenden Liquidationstermine anzumelden und zu bescheinigen, unter dem hiemit angedroheten Nachtheile, daß der Extrahent und die sich Meldenden und Legitimirenden für die rechten Erben angenommen, ihnen als solchen der Nachlaß überlassen und das Erbenzeugniß ausgestellt werden soll, daß ferner die sich nach der Präclusion meldenden näheren oder gleich nahen Erben alle Handlungen und Dispositionen derjenigen, welche in die Erbschaft getreten, anzuerkennen und zu übernehmen schuldig sein sollen.
Schönberg, den 18. September 1875.

Großherzogliches Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.

A. Dufft.     


Holzauction.

Mittwoch den 27. October d. J. sollen im Woitendorfer Holze, Vitenser Forste, meistbietend gegen gleich baare Bezahlung verkauft werden:

loheichen Bau= und Nutzholz=Drümme,
loheichen Klafterholz,
loheichen Zweigholz.
Die Auction beginnt Morgens 10 Uhr und wollen Käufer sich beim Holzwärterhause einfinden.
Vitense, den 20. October 1875.

L. Wiegandt.     


Die Schulden=Regulirungs=Commission beabsichtigt in Gemäßheit des Rath= und Bürgerschlusses vom 10. Mai d. J. an der Ausloosung theilnehmende Obligationen der alten Anleihen, sowohl der freiwilligen wie der contributionsmäßigen, von den Mindestfordernden anzukaufen.
Versiegelte Verkaufsofferten sind, als solche bezeichnet, mit Angabe der Nummern und Größe sowie des Zinsfußes und des Zinsverfalltages der Stücke bis zum 31. October bei Senator Schröder in Lübeck einzureichen.
Die Auszahlung der Kaufgelder erfolgt im November.
Lübeck, den 23. October 1875.

Schulden=Regulirungs=Commission.


Gummi=Galoschen
für Herren und Damen
empfiehlt
J. Ludw. D. Petersen.

Schönberg.


Gefunden

am Sonnabend den 23. d. ein Umschlagetuch auf dem Fußbankett unweit Herrn Baumeister Rickmann's Hause. Der sich legitimirende Eigenthümer kann dasselbe gegen Erstattung der Unkosten in Empfang nehmen bei

Ernst Niemmann,
Schönberg, vor d. Siemzerthor 170.


Ueber meinen Acker führt ein Schleichsteig von Wahrsow nach Gr.= und Kl.=Mist, den ich hiermit verbiete und werde jeden, der unbefugt darauf betroffen wird, dem Gerichte zur Bestrafung anzeigen.

Hauswirth Maaß in Wahrsow.     


Ratzeburger Schützenhof.
Am Mittwoch den 27. cr. Viehmarkt.
Große Tanzmusik.
Von 9 Uhr an warmes und kaltes
Frühstück.
                  E. Dohrs.


[ => Original lesen: 1875 Nr. 84 Seite 4]

Alte und neue Eisenbahn= und Grubenschienen zu Bauzwecken u. Geleiseanlagen offeriren billigst Freund & Milkuschütz.
Hamburg, Spaldingstr. 75.


Wegen Mangel an Platz kann in der Flachs=Reinigungs=Anstalt in den nächsten 4 Wochen kein Flachs zum reinigen angenommen werden.

Schönberg.                                            Kniep, Inspector.


Neu! Neu! Sehr hübsch und leicht kochende
blau und weiß emaillirte Kochtöpfe
von gestanztem Eisenblech; jetzt wieder sehr wohlfeiles
emailliertes gußeisernes Kochgeschirr,
sowie sonstige
gußeiserne Waaren ich bestens empfehle; ferner empfehle ich die kleinen
Vorsatz=Oefen mit Kochlöchern wegen Feuerungs=Ersparniß.
C. Schwedt.
Schönberg.


Prima
Böhm. Salonkohlen

erwarte in ca. 8 Tagen und liefere hier gefällige Bestellungen auf wenigstens 150 Pfd., die vor Eingang derselben abgegeben worden, die 100 Pfd. à M. 1,60 in Cassa frei vor der Thür.
Geringere Qualitäten billiger.
Bei Entnahme einer Ladung von 20 Centnern Gewerkschaftspreis.
Schönberg, den 25. October 1875.

F. Heitmann.

NB. Diese Kohle wird von Jahr zu Jahr beliebter, weil dieselbe im Zimmer keinen Schmutz verbreitet, den Ofen nicht angreift, denselben mit luftdichter Thür sehr lange warm hält, die Züge nicht versetzt und somit ein billiges Ofen=, Sparheerd=, Kessel= etc. Heizungsmaterial ist.


Gute Butter hält zur geneigten Abnahme preiswürdig empfohlen Heinrich Otto in Schönberg.


Winter=Mäntel und Jacken

für Damen und Kinder in neuester Facon von den billigsten bis zu den feineren Qualitäten

in sehr großer Auswahl.
          U. Beermann & Co.

Lübeck, Klingberg 927.


Die wiederholten Diebstähle in unsern Holzkoppeln, sowie an Weiden und Hecken unserer Feldmark veranlassen uns, hiermit jedes unbefugte Betreten unserer gesammten Feldmark bei Strafe gerichtlicher Ahndung zu verbieten.

Die Dorfschaft Palingen.     


Verloren am Sonnabend den 23. d. M. ein grauer Umschlagetuch mit brauner Kante und Blumen auf zwei Ecken auf dem Wege von Bahnhofe nach dem Schulhause. Abzugeben gegen gute Belohnung in der Expedition der Anzeigen zu Schönberg.


Bekanntmachung.

Die Mitglieder des Lübecker Feuer=Versicherungs=Vereins für Landbewohner werden ersucht, zwischen dem 16.-30. November d. J. den Mai=Beitrag mit 2/10, den Herbstbeitrag mit 8/10, also zusammen mit 1 Simplum - Einem einfachen Ansatz - auf dem hiesigen Bureau (Unt. Johannisstraße Nr. 10) zu entrichten.
Lübeck, den 8. October 1875.

Namens der Direktion:
Bruhn.

(H02261b.)


Original-Howe-
Nähmaschinen
(anerkannt bestes System)
unter Fabrikpreis
empfiehlt
August Creutzfeldt
in Schönberg.


Die Kaiserl Königl.
Hof-Chocoladen-Fabrik
von Gebrüder Stollwerk

in Köln übergab den Verkauf ihrer vorzüglichen Fabrikate in Schönberg Herrn J. L. Petersen, in Dassow Herrn Kaufmann Sterly, in Herrnburg Frau Wwe. Mette, in Schlagsdorf Herrn H. Siebenmark, in Selmsdorf Herrn P. Buschow.


Jeden Donnerstag,

zuerst am Donnerstag, den 28. October, wird bei mir ein

Club

stattfinden, wozu ich ergebenst einlade.

Grevsmühl,
Gastwirth in Zarnewenz.


Aufforderung
an sämmtliche Maurergesellen der hiesigen Krankenkasse.

Wegen vieler Krankheitsfälle sehen wir uns genöthigt, noch einen Ladentag abzuhalten und das Krankengeld von 3 M. 50 Pfennig (Mecklenburg) auf 4 M. zu erhöhen, und ersuchen deshalb sämmtliche Mitglieder, hauptsächlich Kranken Besuchende, den 7. November, als am 8. Ladentag, zu erscheinen.

Schönberg.                                            Der Vorstand.


Die Dassower Rennen

finden am 28. d. M., Nachmittags 2 Uhr, auf der Vorwerker Feldmark statt.

C. Köster.     


Zu verkaufen: drei ältere Pferde zu Barendorf bei J. P. Vorbeck.

Dassow.


Getreide=Preise in Lübeck.
Waizen16 M 20Pfennig  bis 20 M -Pfennig.
Roggen16 M 50Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Gerste16 M -Pfennig  bis 17 M -Pfennig.
Hafer15 M -Pfennig  bis 16 M -Pfennig.
Erbsen16 M -Pfennig  bis 19 M 50Pfennig.
Wicken- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Buchwaizen- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.
Winter=Rappsaat27 M 50Pfennig  bis 28 M 50Pfennig.
Winter=Rübsen27 M 50Pfennig  bis 28 M -Pfennig.
Schlagleinsaat- M -Pfennig  bis - M -Pfennig.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter pr. 500 Gr. M1,50 - 1,60 .
Hasen d. St. M3,30 - 4,20 .
Enten d. St. M1,80 - 2,40 .
Hühner d. St. M1,35 - 1,50 .
Küken d. St. M0,75 - 1,00 .
Tauben d. St. M0,30 - 0,45 .
Eier 4 - 5 St. für M0,30 .
Kartoffeln pr. 10 Lit. M0,45 - 0,50 .
Gänse d. St. M6 - 7 .


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


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