No. 65
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 21. August
1874
vierundvierzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1874 Nr. 65 Seite 1]

In Folge eingegangener Beschwerde über verweigerte Hülfsleistung bei Feuersgefahr seitens müssiger Zuschauer, wird hiedurch die Vorschrift des Strafgesetzes für das deutsche Reich zur allgemeinen Kenntniß gebracht, welche im § 360 sub 10 lautet:

"Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Noth von der Polizeibehörde oder deren Stellvertreter zur Hülfe aufgefordert keine Folge leistet, obgleich er der Aufforderung ohne erhebliche eigene Gefahr genügen könnte, ist mit Geldstrafe bis zu 50 Taler (Mecklenburg) oder mit Haft zu bestrafen."
und wird dabei bemerkt, daß als Stellvertreter der Polizeibehörde auch die Schulzen und Ortsvorsteher anzusehen sind, und deren Anordnung Folge zu leisten ist.
Schönberg, den 19. August 1874.

Großherzogl. Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.      H. Wohlfahrt.      F. v. Dewitz.


- Schönberg. Die Commission zur Abschätzung der Flurbeschädigungen bei Gelegenheit der bevorstehenden Regiments= Exercitien und darauf folgenden Corps=Manöver im Fürstenthum Ratzeburg, bestehend aus zwei höheren Rendantur=Beamten und zwei Sachverständigen, den Herren Hörcher=Wahrsow und Hempel=Lockwisch, hat am 19. d. M. unter dem Vorsitz des Herrn Assessor von Dewitz ihre Thätigkeit begonnen. Dieselbe begann in der Gegend von Palingen, wo die Exercitien des hanseatischen Infanterie=Regiments in diesen Tagen beginnen. Die Felder werden vor und nach den Exercitien von der Commission abgeschätzt und dann eine etwaiger Schade an Saaten und Früchten festgestellt und entschädigt.
- Schönberg. Einer uns zugegangenen Nachricht zufolge ist das Neustrelitzer Bataillon unter Führung des Major v. Malotki, am 19. August in Schwerin eingetroffen, um an den Regiments=Exercitien, die am 21. d. M. in der Gegend von Wandrum beginnen, Theil zu nehmen.
- Fürst Bismarck hat sich am Tage nach seiner Ankunft in Berlin nach Schloß Babelsberg begeben, eine längere Audienz beim Kaiser gehabt und ist dann nach Varzin abgereist. Da es ihm nicht möglich ist, auf alle die Telegramme und Briefe zu antworten, die er in Folge des Attentats erhalten hat, es sind mehr als 2000 aus allen deutschen Gauen, so hat der Fürst im Allgemeinen seinen Dank allen Theilnehmenden ausgesprochen.
- Die deutsche Kronprinzessin hat dem 106. englischen Infanterie=Regimente, das in den Feldzügen in Indien und Persien eine besondere Tapferkeit bewiesen hat, eine prächtige Fahne geschenkt und sie selbst mit einer passenden Ansprache unter einer großen Zuschauermenge überreicht. Der deutsche Kronprinz wohnte der Uebergabe ebenfalls bei.
- Wie aus Paris gemeldet wird, hat General Lewel die Untersuchung über die Entweichung Bazaines von der Insel St. Marguerite bereits zu Ende geführt. Darnach wären die meisten der Civilwächter zu der Flucht behülflich gewesen, und Bazaine hätte das Gefängniß durch den gewöhnlichen Ausgang verlassen. - Bazaine hat Cöln bereits verlassen und ist nach Spaa zu Frau und Kindern gereist; nach seiner eigenen Aussage wird er seinen späteren Aufenthalt in England nehmen.
- Der Bruder des Marschalls Bazaine, der in Paris wohnt und Ingenieur ist, macht bekannt, daß der Marschall nie sein Wort verpfändet habe, aus dem Fort St. Margareth nicht zu entweichen.
- Am vergangenen Sonnabend, 15. August, stattete Marschall Bazaine und Frau dem Commandanten von Köln, Generallieutenant von Kummer einen Besuch ab, den dieser später erwiederte. Tags darauf fuhr die Marschallin mit ihrem Neffen nach Spaa, um ihre drei Kinder daselbst abzuholen.
- Aus Spaa hat die Frau Marschallin Bazaine einen Brief an den Minister des Innern in Paris der Oeffentlichkeit übergeben, darin sie demselben meldet, daß sie und ihr Neffe Alvarez de Rul allein die Befreiung ihres Mannes vollbracht und keine Mitschuldigen gehabt hätten. In diesem Brief giebt sie eine ausführliche Schilderung der Flucht und erklärt, sie allein habe ihren Mann zur Flucht zu bestimmen gesucht, weil sie gesehen habe, daß in seiner Behandlung keine Linderung eintrete, und dieselbe sein Leben zu verkürzen drohe.
- Laut einer Mittheilung der "Köln. Ztg." sollte der Napoleonstag, 15. Aug., in diesem Jahre von der exkaiserlichen Familie besonders feierlich begangen, große Vorbereitungen gemacht und zahlreiche Freunde und Anhänger erwartet werden. Da Schloß Arenenberg keinen Raum hierfür hat, so wurde die Herstellung eines im "Schweizerstyl" erbauten Hauses an der in Ermatingen gelegenen Pension Jaquet beschleunigt, indem dessen Saal die große Festgesellschaft aufnehmen sollte. Diese Pension, welche einem reichen Winterthurer, Herrn Ziegler, gehört und verpachtet ist, beherbergt bereits einige Gäste der kaiserlichen Familie. An letzteren fehlt es auf Arenenberg nicht; fast täglich kommen welche und gehen. Auch Touristen versäumen selten, das exkaiserliche Tusculum aufzusuchen, in der Hoffnung, auch seine Bewohner zu sehen, die aber meist getäuscht wird; denn wenn Touristen das bescheidene Schloß umschwärmen, bleibt Eugenie in der Regel unsichtbar. Die Exkaiserin scheint zu altern; die letzten Jahre müssen tiefe Spuren zurückgelassen haben. Sie geht noch schwarz in einfachem Kleide ohne Schleppe. Auch die Dienerschaft kleidet sich in Schwarz. Der Prinz aber ist ein munterer Geselle, der sich gern mit Bootfahrt und Fischfang beschäftigt und mit einigen Altersgenossen, darunter der junge Conoeau, das Leben leichter zu nehmen scheint. Die Kaiserin hat auf Arenenberg ihre eigenen Wagen, aber keine Pferde; diese liefert zu den gelegentlichen Ausfahrten der Posthalter von Trägerweilen. Eigentlich verändert hat sich auf Arenenberg wenig: es ist noch dasselbe räumliche Schloß, die Umgebung

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nur etwas sorgfältiger, zierlicher gehalten. Hinter den Oekonomiegebäuden entstand ein neues Haus für das Gefolge oder einen und den andern Gast. Aber die Lage ist reizend, die Aussicht über den Genfersee anziehend.
- Der Kaiser von Oesterreich hat die verschiedenen Landtage für diesen und den folgenden Monat einberufen. Er wird in nächster Zeit nach Böhmen abreisen, um dort eine große Revue abzuhalten und wo möglich die Parteien versöhnen, die sich jetzt schroffer als je entgegenstehen.
- Aus Indien kommt die erfreuliche Nachricht, daß die Reisernte im östlichen Bengalen vorzüglich gerathen ist, und auch in andern Provinzen soll die Herbsternte sicher sein.
- Die Heiligthumsfahrt (Ausstellung von Reliquien) in Aachen ziehen große Volksmassen an sich. Auf den Eisenbahnen kommen täglich 13000 Menschen an, an den Sonntagen steigt die Zahl auf 22-25000, so daß bis jetzt zu den 11 Thoren der Stadt über 182,000 Wallfahrer eingezogen sind.
- Der König von Dänemark ist mit Gefolge am 30. Juli in Island eingetroffen und von der Bevölkerung mit großer Herzlichkeit empfangen worden. Für die Tage vom 3.-7. ds. Ms. war ein Besuch des Geyser und alten Volksversammlungsortes Thingvolla in Aussicht genommen. Am 9. d. sollte in Reikjavik ein Ball stattfinden und am 10. die Rückreise angetreten werden.
- Mit Speck fängt man Mäuse und auch die Haifische. Der Gemeinderath von Marseille läßt an Haken mit eisernen Ketten große Stücke Speck anbringen, um die im dortigen Golf sich zeigenden Haifische zu fangen und an das Land zu ziehen.
- Mehrere Fischottern treiben jetzt in der Spree bei Berlin ihr Unwesen und die Fischer sind wegen der bereis angerichteten Fischvertilgung sehr verdrießlich. Ein Menageriebesitzer hat Dem 200 Thaler geboten, der ein Fischotterpaar ihm lebendig abliefert.
- Im Grunewald bei Berlin sind 1166 Stück Hochwild der Milzbrandseuche erlegen. Jetzt ist die Seuche erloschen.
- Der deutsche Bäckercongreß, welcher Ende September oder Anfangs October zu Berlin stattfinden soll, wird voraussichtlich stark besucht werden, denn schon jetzt sind bei der dortigen Bäckerinnung zahlreiche Meldungen aus den verschiedenen Gegenden Deutschlands eingegangen. Außer der Frage des Fünfpfenniggebäcks und der Münzfrage soll auch die sociale Frage innerhalb des Gewerks zur Verhandlung kommen. Außerdem ist die Gründung eines allgemeinen deutschen Bäckervereins mit dem Vorort Berlin in Aussicht genommen.
- Das stattliche Geschäftshaus von Hermann Gerson am Werderschen Markt in Berlin ist zu klein geworden und die Chefs des Hauses haben sich entschließen müssen, einen neuen Modebazar zu erbauen. Das neue Haus in der Nähe des alten bildet von außen eine Zierde der Stadt, innen hat es breite, prächtige Räume, bequeme Zugänge, schönes Licht und vorzügliche Ventilationen. Die weiten Hallen werden von schlanken Säulen getragen; die Dekoration ist einfach, aber höchst geschmackvoll. Und der Inhalt? - ist so bezaubernd, daß die Herzen aller unserer schönen Leserinnen rascher schlügen, würden sie auch nur kurze Zeit in diesem Elysium der Damenwelt verweilen können. Kein Bazar von Paris und London kann sich mit diesem messen.
- Pater Joseph Klinkowström, der bekannte fanatische Jesuitenprediger, ist in St. Andrä, im Lavanthale, in den letzten Tagen am Schlage getroffen worden und liegt in einem bedenklichen Schwächezustand danieder.
- Man schreibt aus Paris: Alle Welt entsinnt sich noch des Knaben Mortara, dessen gewaltsame Entfernung von seinen Eltern durch katholische Priester dazumal in ganz Europa ein seltenes Aufsehen erregte. Heute nun ist dieser Knabe zum Manne geworden. Er ist Augustinermönch im Kloster Notre=Dame de Beauwene und hat am 16. Juli zum ersten Male öffentlich gepredigt. Es geschah dies im Kloster "Karmel" zu Niort, im Departement Sevres. Der "Pater Mortara" ist heute ein junger bleicher Mann mit einem Gesichte, dem man jahrelanges Klosterleben ansieht.
- Zu Picci auf der Insel Sardinien sind die Erben eines reichen Gutsbesitzers arg bestohlen worden. Es wurden allein 62,000,000 Lire in italienischen Staatspapieren entwendet. In ganz Deutschland sind die Landrathsämter veranlaßt worden, darüber zu wachen, wenn man den Versuch machen sollte, solche Papiere zu verkaufen.
- Nun wird wohl Rozsa Sandor, der berüchtigte ungarische Räuberhauptmann, seinem Schicksale nicht wieder entgehen. Er ist abermals zum Tode durch den Strang verurtheilt, aber von Kossuth begnadigt und in Freiheit gesetzt. Er trieb seine Mordthaten, Brandstiftungen etc. nach wie vor fort. Nach der Revolution wurde er wieder zum Tode verurtheilt, der Kaiser verwandelte jedoch die Todesstrafe in eine Kerkerhaft und begnadigte ihn 1868 ganz und gar. Er blieb aber unverbesserlich und so wird er jetzt wohl aus der Welt geschafft; seine Spießgesellen erhielten zwanzig, fünfzehn und zehn Jahre schweren Kerkers.
- Eine hübsche That eines Hundes erzählt der "Anzeiger am Rhein." Herr Schönholzer, Wirth im Casino in Dießenhofen, hat eine schöne leonberger Dogge. Unlängst war er mit demselben am dortigen Landungsplatz; zufällig kam auch ein Anderer mit einem jungen Rattenfänger dorthin, der von einem Dritten weit in den Rhein hineingeworfen und von den jetzt ziemlich hochgehenden Fluthen gegen das Wehr getrieben wurde. Dieses sah die Dogge, und ohne von irgend Jemand aufgefordert zu sein, sprang sie in den Rhein, schwamm mit kräftigen Zügen dem kleinen Rattenfänger nach, holte ihn oberhalb der Rheinmühle ein, packte ihn und trug ihn, erhaben über dem Wasser schwimmend, zurück zu seines Herrn Füßen.
- Unter den vielen deutschen Gesangvereinen, die bei dem Sängerfest in München vertreten waren, hat der Gesangverein von Friedberg große Heiterkeit erregt. Er trug einen ungeheueren Regenschirm bei sich, der alle Sänger von Friedberg unter seinem friedlichen Dache beherbergte. Kam ein Regen, so wurde das kolossale Dach ausgespannt und die Sänger gingen trockenen Fußes wie einst die Israeliten durch das rothe Meer. Dabei blieben die Stimmen rein und glatt.
- Elf thörigte Jungfrauen in Trier, welche um den aus dem Gefängniß entlassenen Caplan Thielen von Schweich festlich zu empfangen, sich zusammengerottet und theilweise den Organen der Behörde Widerstand geleistet hatten, waren dafür vom königlichen Zuchtpolizeigericht zu verschiedenen Geldbußen und Gefängnißstrafen verurtheilt worden. Aber sie wollten sich nicht freiwillig zur Strafverbüßung einfinden, sondern ihre Rolle weiter spielen und "nur der Gewalt" weichen. Am 13. Aug. wurden bereits fünf durch den Gendarmen eingebracht und am 14. mußten die übrigen der "Gewalt" weichen.
In den Plaudereien im "Sporn" schreibt H. Thrun aus Doberan: Ich habe hier vor mehreren Tagen zum ersten Mal ein ausgebildetes Hühnerei in einem andern gesehen, was ein Naturwunder sein muß, denn Herr G. am Kamp, ein Koch von Profession, der, wie er mir sagte, in seinem Leben wohl mehr als eine Million Eier aufgeschlagen hat, woran gar nicht zu zweifeln, theilt mir mit, daß sich zwar nicht eben selten zwei Dotter in einem Ei verfänden, woraus dann zwei Zwillinge hervorgehen, er aber noch nie ein ausgebildetes, wenn auch nicht großes Ei in einer Schale gefunden habe. Er hatte es aufbewahrt und zeigte es mir. Das Usurpationsei schwamm in dem Eiweis der größeren Eierschale, die aber keine Spur von gelbem Dotter in sich barg, an dessen Stelle eben die Neubildung sich eingenistet hatte, der nichts fehlte, als die umhüllende feste Schale. Dem Vernehmen nach ist die Naturmerkwürdigkeit in Weingeist gestellt und Herrn Professor Virchow in Berlin übersandt worden.
- Auf einem Gute in der Nähe von Fürstenwalde ereignete sich Anfangs vergangener Woche ein Vorfall, der, wenn er nicht so entsetzlich traurig endete, als ein seltenes Curiosum dargestellt werden

[ => Original lesen: 1874 Nr. 65 Seite 3]

konnte. Der die Lämmer hütende Schäfer des in Rede stehenden Gutes hatte nämlich den Thieren eine besondere Wohlthat erweisen wollen und sie in dem frischen Klee weiden lassen. Die Folgen blieben natürlich nicht aus, denn kaum Abends in den Stall angelangt, schwollen die Leiber der Lämmer wie die Pfannkuchen auf. Natürlich bekam ihr getreuer Hirte keinen gelinden Schreck und erinnerte sich in seiner Herzensangst, einmal davon gehört zu haben, daß in ähnlichen Fällen den Thieren durch Beibringung einer Wunde ein Abfluß der Aufblähung verschafft worden ist. Wie und an welchem Körpertheile des Schafes eine solche ausgeführt werden muß, war ihm freilich unbekannt und auch höchst gleichgültig; er nahm sein Taschenmesser und stach den stöhnenden Wollhäutern tapfer zwischen die Rippen. Als jedoch das zwölfte so zugerichtete Schaf unter seinen Händen fast verendete, sah er wohl ein, daß die Kurmethode nicht die richtige sei und verlor so sehr den Kopf, daß man ihn am nächsten Morgen mittelst eines Strickes an der Stallleiter aufgehängt auffand. Der Unglückliche, den nur die gräßlichste Angst oder übertriebenes Schäfer=Ehrgefühl zu dem verzweifelten Schritt getrieben hat, hinterläßt eine Frau mit 5 Kindern.
- Eine pikante Scene trug sich an Montag auf dem Leipziger Bahnhof zu Dresden zu. Es wird von Augenzeugen folgende Schilderung des Vorgangs mitgetheilt. Am Montag Abend kamen mehrere Herren nach dem genannten Bahnhofe und traten in die Restauration desselben ein. Einer der Herren ließ sich etwas Butterbrod reichen und zahlte dafür mit einer größeren Münze, lehnte sich auch, da der Kellner nicht sofort wechselte, an das Buffet. Der Abgang des Zuges stand nahe bevor, der Fremde mahnte den Kellner an die Rückzahlung des zu viel erhaltenen Geldes, wurde aber von diesem unhöflich angefahren, und namentlich vom Buffet weggewiesen. Der Fremde sah sich nicht veranlaßt, einer solchen Weisung Folge zu leisten; darauf hin rief der Kellner den Wirth, und dieser ging nun ohne Weiteres mit mehr als anzüglichen Redensarten gegen den Fremden los. Letzterer verbat sich das wiederholt und gab dem aufgeregten Gegner die Versicherung, er werde ihm, wenn er nicht schweige, "eine Ohrfeige geben." Der Wirth fuhr ungestört fort, schwer beleidigende Worte auszustoßen und erhielt nun wirklich die angedrohte Ohrfeige. Sofort erhoben der Wirth und das anwesende Publikum ein Geschrei gegen den einen wehrlosen Mann, der sich nur mit Mühe gegen thätliche Angriffe aller Art zu schützen vermochte und den erst ein dazu gekommener Offizier Bahn durch die Menge brach. Endlich erschienen Polizeibeamte, welche den Verfolgten gegen die Menge in Schutz nahmen, während der Wirth durch den Bahnhofs=Inspector zum Verlassen des Wartesaals veranlaßt wurde. Der Fremde, der sich den Beamten gegenüber als einen Offizier bezeichnet und durchaus keine bevorrechtete Behandlung in Anspruch genommen hatte, wies sich später als der gegenwärtig in Leipzig studirende Erbgroßherzog von Oldenburg aus. Derselbe hat sofort selbst an zuständiger Stelle Anzeige über den Vorgang gemacht.


Anzeigen.

Auf zulässig befundenen Antrag des Jahrenwohners Fritz Schütt in Schlagsdorf werden hiemit Alle und Jede, welche an den angeblich verloren gegangenen Hypothekenschein cum annexis betreffend die ursprünglich auf den Namen des Fritz Boie zu Schlagsdorf ad Fol. X des Hypothekenbuchs über die zu Schlagsdorf belegene Käthnerstelle c. p. der Elise Boye daselbst eingetragene Forderung von 400 Taler (Mecklenburg) Pr. Crt., Ansprüche und Forderungen zu haben vermeinen, hiemit peremtorisch geladen, solche in dem deshalb auf Sonnabend, den 29. August d. J., Vormittags 11 Uhr, anberaumten Termine vor unterzeichnetem Gerichte anzumelden und zu bescheinigen, oder zu erwarten, daß sie durch den alsbald zu erlassenden Präclusiv=Bescheid damit ausgeschlossen, der für verloren zu achtende Hypothekenschein aber mortificirt werden soll.
Schönberg, den 1. Juni 1874.

Großherzogl. Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.
(L. S.)               A. Dufft.


In der Concurssache des Handelsmann J. Beckmann zu Ollndorf wird dem Schuldner und den gesammten Gläubigern desselben hiedurch freigelassen, zu dem Zweck einer endlichen Regulirung der Verkaufsbedingungen in dem ersten Verkaufstermine am 10. October d. Js., Vormittags 11 Uhr, zu erscheinen.
Schönberg, den 28. Juli 1874.

Großherzogl. Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
H. Wohlfahrt.
(L. S.)               A. Dufft.


Zum gerichtlichem Zwangsverkauf des der Curatel der Ehefrau des Schlossermeisters Bauermeister hieselbst gehörigen Hauses Nr. 136 c. p. ist Termin auf Dienstag, den 8. September d. J., Vormittag 11 Uhr, sowie zum Überbot auf Dienstag, den 29. September d. J., Vormittags 11 Uhr, anberaumt, wozu Kaufliebhaber vorgeladen werden.
Im ersten Verkaufstermine sind etwaige von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommene Ansprüche unter dem Rechtsnachtheil der Abweisung von der Hausmasse anzumelden und werden in demselben die Verkaufsbedingungen regulirt, wozu dem Curator, sowie den Gläubigern, das Erscheinen freigelassen ist.

Patrimonialgericht Lütgenhof zu Dassow,
den 9. Juni 1874.


Auctions=Anzeige.
Am Sonnabend, den 29 d. Mts.,
Morgens von 10 Uhr an,

sollen beim Gastwirth Creutzfeldt hieselbst in öffentlicher Auction gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:

Verschiedene Kurz= und Eisen=Waaren, 238 Flaschen Wein, 288 Pfund Kleesamen, 32 Pfund Thimothe, 20 Pfund Reigras, Goldsachen, 1 Pelzkragen, 1 Muff, 1 Umschlagetuch, 8 Mannshemde, 1 Tischgedeck mit 12 Servietten, Leinenzeug, Betten, Mannskleidungsstücke, Lampen, 1 Waschtisch Zimmerhandwerkszeug, 1 Ziege, 10 Stiege Roggen incl. Stroh und noch verschiedene Sachen.
Carlow, den 12. August 1874.

Struck, Landreiter.     


Diejenigen Schützen=Mitglieder, welche ihre Rechnungen an die Schützenzunft und Tombolakasse noch nicht eingereicht haben, fordern wir nochmals auf, selbige spätestens bis zum 1. Sept. d. J. abzugeben, da sonst wegen Rechnungs=Abschluß dieselben in diesem Jahre nicht bezahlt werden können.

Die Aeltesten der Schützenzunft.


Leere Weinflaschen,

8 bis 900 Stück sind in jeder beliebigen Quantität,
8 Stück zu 50 Pfennig (Mecklenburg), abzustehen bei
Dassow, im August 1874.

A. Wulff, Gastwirth.     


Zahnschmerzen jeder Art werden selbst wenn die Zähne angestockt sind, augenblicklich durch den berühmten Indischen Extract beseitig. Dieses Mittel hat sich seiner Unübertrefflichkeit wegen einen Weltruhm erworben und sollte daher in keiner Familie fehlen. Echt in Fl. à 5 Sgr. im Alleindepot für Schönberg bei

Emil Jannicke,
Bandagist.


[ => Original lesen: 1874 Nr. 65 Seite 4]

Aufruf!

Der zweite September, der National=Festtag des gesammten deutschen Volkes, soll auch bei uns in diesem Jahre wieder festlich begangen werden.
Zur Deckung der nicht unerheblichen Kosten einer würdigen Feier wendet sich das unterzeichnete Comite an den patriotischen Sinn der Ratzeburger und bittet einen Jeden nach seinem Theil ein Schärflein zu dieser nationalen Gedenkfeier beizutragen.
Zur Sammlung von Beiträgen wird in der Stadt eine Missive circuliren, auf dem Lande eine solche jedem Ortsvorstande zugeschickt werden; auch nimmt der Kassirer des Comites, Herr Schmiedemeister Köhler, jederzeit Beiträge entgegen.
Das Programm wird, soweit sich bis jetzt übersehen läßt, Folgendes umfassen:
Morgens: Choral vom Thurm.
Vormittags: Schauturnen der Schüler auf dem Turnplatze.
Mittags: Einweihung der dem Kampfgenossenverein von den Hauswirthen gewidmeten Fahne. Festzug durch die Stadt zum Festplatz auf dem Baubrink und daselbst
Nachmittags: Vogelschießen der Schüler. Freies Concert. Volksbelustigungen.
Abends: Fackelzug. Freudenfeuer. Festball für die Krieger. Tanzmusik in allen Localen.

Das Comite.
H. Götze.      J. Hagemeister.      Dr. Marung.
S. Egert.      C. Stockfisch.      F. Stüve.
Dr. Juling.      C. Köhler.
Busch=Rodenberg.    Kröger=Lockwisch.    Siebenmark=Falkenhagen.    J. Holst=Carlow.


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Erinnerungsfest
in
Ratzeburg.

Zur Feier unseres nationalen Gedenktages wird auch in diesem Jahre ein Volksfest in Ratzeburg und zwar

am 2. September

mit einer Nachfeier am folgenden Tage stattfinden.
Wir erbitten dazu die Theilnahme unserer Mitbürger von Stadt und Land!
Die Reihefolge der Festlichkeiten wird im Festprogramme veröffentlicht werden.

Ratzeburg, im August 1874.                     (H. 01705 b.)
Das Fest-Comite.


Kirchliche Nachrichten.

Geboren : D. 9. Aug. dem Lehrer Wilhelm hieselbst eine Tochter. D. 10. dem Schulzen Lohse zu Törpt eine todte T. Dem Lehrer cand. th. Konow hies. ein S. Dem Maler Stein vor Schönberg eine T. - Dem Arbm. Bleuß vor Schönberg eine T. D. 13. dem Ackerbürgerei=Pächter Heitmann vor Schönberg eine T. D. 15. dem Eisenbahnwärter Wegener zu Westerbeck eine T. D. 17. dem Arbm. Staaß vor Schönberg eine T.

Gestorben: D. 10. Aug. Theodor Konow, Lehrers Sohn hieselbst, 1 Tag alt. D. 10. des Schulzen Lohse zu Törpt todtgebornes Töchterlein. D. 16. Marie Catharina Elise Luise Peters, Instrumenten=Schleifers Tochter hieselbst, 16 Wochen alt. D. 17. Rudolf Heinrich Friedrich Peter Hagen, Schuhmachermeisters Sohn hieselbst, 4 M. alt.

Copulirt: D. 16. August Joachim Heinrich Christian Schröder von Falkenhagen, angehender Tagelöhner zu Torriesdorf, und Catharina Dorothea Elisabet Ollmann zu Carlow.

Sonntag, den 23. August.
Früh=Kirche: Pastor Kämpffer.
Vormittags=Kirche: Pastor Fischer.
Amtswoche: Pastor Fischer.


Künstliche Zähne, schön und billig, empfiehlt Ludwig Vogel.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. pr. 500 Gr.17 - 18 Schilling (Mecklenburg),
Enten d. St.16 - 20 Schilling (Mecklenburg),
Hühner d. St.18 - 22 Schilling (Mecklenburg),
Kücken d. St.8 - 10 Schilling (Mecklenburg),
Tauben d. St.4 - 5 Schilling (Mecklenburg),
Eier 5 - 6 St.4 Schilling (Mecklenburg),
Kartoffeln pr. 10 Lit.6 - 8 Schilling (Mecklenburg),
Hamburger Blumenkohl d. Kopf1 - 2 Schilling (Mecklenburg),
Hamburger Kirschen pr. 500 Gr.2 - 3 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
Weizen18 - 20Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Roggen15 - 15Mark (Lübeck)12Schilling (Mecklenburg)
Gerste15 - 16Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Hafer15 - 16 Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Erbsen14 - 15Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Wicken-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Raps20 1/4 - 20 Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rübs.19 1/2 - 20 Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleins.18 - 19Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)


Hiezu Officieller Anzeiger Nr. 19 und eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1874 Nr. 65 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 65 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 21. August 1874.


Des Müllers Sohn.
Eine Geschichte aus dem schwäbischen Volksleben.

[ => Original lesen: 1874 Nr. 65 Seite 6]

Des Müllers Sohn.
Eine Geschichte aus dem schwäbischen Volksleben.
[Fortsetzung.]


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