No. 18
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 01. März
1867
siebenunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1867 Nr. 18 Seite 1]

Der Schlössergeselle Johann Christian Heinrich Kleinfeld, geboren den 10. Juli 1842, Sohn des Arbeitsmannes Hans Heinrich Kleinfeld in Schönberg, war im Herbste 1863 militärpflichtig, hat sich jedoch weder zu der am 15. October jenes Jahres stattgehabten Aushebung noch später, resp. bisher gestellt. Auf Grund des § 29 des Recrutirungs=Gesetzes vom 4. Februar 1857 wird der etc. Kleinfeld hierdurch aufgefordert, nunmehr binnen drei Monaten vor uns zur Genügung seiner Militärpflicht zu erscheinen, widrigenfalls sein Vermögen einstweilen der Recrutirungs=Casse für verfallen und er seiner bürgerlichen Rechte im Vaterlande für verlustig erklärt werden wird.
Schönberg, den 23. Februar 1867.

Großherzoglich Mecklenburgische Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


- Der norddeutsche Reichstag hielt am 25. Februar seine erste Sitzung, welche Herr v. Franckenberg=Ludwigsdorf als Alterspräsident leitete. In derselben wurde die Geschäftsordnung des preußischen Abgeordnetenhauses provisorisch angenommen, sodann wurden die anwesenden Mitglieder in die 7 Abtheilungen verloost und schließlich beschlossen, die Rednertribüne, die wegen Mangel an Raum abgerissen, wieder zu errichten. Die Abtheilungen wurden in der zweiten Sitzung am Mittwoch festgestellt und wird darauf mit den Wahlprüfungen begonnen werden.
- Bei der feierlichen Eröffnung des Reichstages sind dem Könige von Preußen die preußischen Reichsinsignien, Krone, Scepter, Reichsschwert und Reichspanier vorgetragen worden. Die Festpredigt in der Schloßkirche hielt der Generalsuperintendent Hoffmann.
- In dem weißen Saal des königl. Schlosses zu Berlin und in der anstoßenden Bildergallerie hat am 25. Februar ein Festmahl stattgefunden, zu dem 400 Personen eingeladen waren, darunter befanden sich die bevollmächtigten Minister des norddeutschen Bundes und die Abgeordneten des Reichstages.
- Als Abgeordnete sind auch 4 Juden gewählt: Assessor Lasker, Commerzienrath Reichenheim, Freiherr v. Rothschild und Dr. Anton Ree aus Hamburg.
- Wollt Ihr preußisch werden, sagte ein Aufruf in Leipzig, so wählt den Vicebürgermeister Stephani, wollt Ihr aber sächsisch bleiben, so wählt den Geh. Rath v. Wächter. Die engere Wahl geschah und Herr v. Wächter wurde mit ungeheuerer Mehrheit gewählt.
- Während der ungarische Landtag das neue Februarpatent des Kaisers mit stürmischem Eljenrufe begrüßte, wurde in den deutschen Landtagen das kaiserliche Rescript mit ernstem Schweigen aufgenommen. Man macht sich auf ernste Kämpfe gefaßt. Die Theilung des österreichischen Kaiserthums in zwei Reiche diesseits und jenseits der Leitha macht nur den Ungarn Freude, nicht aber den übrigen Nationen und Herr v. Beust wird wohl manchmal nicht wissen, wo ihm der Kopf steht.
- Noch ist die ungarische Frage nicht endgültig gelöst. In Ungarn sieht man die Zukunft im rosigsten Licht, allein in den Nachbarländern, die mit Ungarn vereinigt werden sollen, herrscht die größte Unzufriedenheit. In Siebenbürgen, Croatien, Dalmatien, Slavonien und an der Militairgränze will jedes Volk seine Selbständigkeit gewahrt wissen. In Ungarn selbst ist man auf die Deutschen und die Juden gar nicht gut zu sprechen. In Szegedin hat es bereits arge Excesse gegeben.
- Der Kaiser von Oesterreich soll den 14. April zum Krönungstag ist Pesth ausersehen haben. Es ist derselbe Tag, an dem die Ungarn im Jahr 1849 erklärten, daß das Haus Habsburg aufgehört habe, in Ungarn zu regieren.
- Im nördlichen Schleswig haben eine Anzahl Prediger dem Könige von Preußen den Eid der Treue verweigert und sich bereit erklärt, ihre Stellen niederzulegen.
- Leider ist die Cholera wieder in Cöln und Elberfeld ausgebrochen. In letzterer Stadt sind an einem Tage 8 Personen und in Cöln 19 an der bösen Seuche gestorben.
- In Spanien sollen von nun an die Verfasser und Drucker geheimer Schriften, sowie die Capitalisten, welche Geld dazu hergeben, mit dem Tode bestraft werden.
- In der Stahlfedernfabrik von Röder in Berlin werden jetzt Bismarckfedern angefertigt, die das Portrait des Ministers und dessen Namen tragen.
- Der Newyorker Staatsrath ist wegen seines guten Appetits, auf Kosten der Stadt, in der ganzen Union berühmt. Neulich verzehrten die Edlen bei einer zehntägigen Comite=Untersuchung 2500 Dollar auf Kosten der Stadt. Die Kutschenmiethe von einem Jahr, welche die Stadt für ihre Väter zu bezahlen hat, beträgt 11,000 Dollar.
- In München hat sich unter den Studenten ein Verein gebildet, der grundsätzlich kein Duell mehr zulassen will.
- Der Professor Dr. Bartsch in Rostock und der Archivrath Dr. Lisch in Schwerin fordern in einem Aufruf zu Beiträgen für eine Sammlung von Sagen, Märchen und Gebräuchen Mecklenburgs auf; die Beiträge werden kostenfrei an einen der obengenannten Herren erbeten. Die Sammlung, welche beabsichtigt wird, soll umfassen: 1) Sagen und Märchen, 2) Aberglauben und Gebräuche.

[ => Original lesen: 1867 Nr. 18 Seite 2]

Namentlich ist hier die Aufmerksamkeit auf folgende Punkte zu richten: a) Gebräuche, die sich an die großen Feste des Jahres, Weihnacht, Ostern, Pfingsten, aber auch an andere bedeutsame Tage, als Michaelis, Martini, Andreas (30. November), Nikolaus (6. December), Neujahr und die unmittelbar vorhergehenden und folgenden Tage, die sogenannten Zwölften, Antoni, Lichtmeß, Peters= und Mathiastag, Fastnacht, Lätare und Johannistag anknüpfen. Auch die Frühlings=Feier gehört hierher. b) Gebräuche im Anschluß an die Wochentage, z. B. Wahl derselben für bestimmte Handlungen, Viehaustreiben, Hochzeiten etc. c) Ernte=Gebräuche und Alles, was sich auf die Bestellung des Feldes bezieht. d) Aberglaube, der sich an Haus und Hof anknüpft, gute und böse Vorbedeutung beim Bau der Häuser, An= und Abziehen der Knechte und Mägde, Brodanschneiden etc. e) Haus= und andere Thiere und ihre Bedeutung im Volksglauben, namentlich Kühe, Pferde, Schweine, Katzen, Hunde, Störche, Schwalben, Kukuk, Marienkäfer, Spinnen. f) Aberglaube, der sich an Sonne, Mond, Sterne, Wolken, Wetter, Wind und Feuer anlehnt. g) Gebräuche, die sich auf Geburt und Taufe, Hochzeit, Tod und Begräbniß beziehen. h) Aberglaube, der sich an Krankheiten anschließt, nebst Besprechungs=Formeln von Krankheiten bei Menschen und Thieren. i) Zauber= und Segenssprüche.


Wie ein König stirbt.

Eilboten fliegen zwischen Potsdam und Schloß Rheinsberg. Eine Majestät liegt im Sterben. Eine Sonne sinkt zum Niedergange und eine andere Sonne soll aufgehen. Mit gleichem Finger klopft der bleiche Tod an stolze Königsburgen, mit gleichem Finger geschäftig an die Hütten der niedern Armuth. König Friedrich Wilhelm I., oft aufgegeben und wiederholt von den Aerzten in den früheren Jahren, lebt unwiderruflich die letzten Stunden seines emsigen, thätigen königlichen Daseins. Offen harrt das feuchte, kalte Grab dem erlauchten Kranken entgegen. Her mit dem Sarge, den wir uns selbst haben fertigen lassen, her mit ihm an unser Sterbelager! Ein anderes Stück Tischlerarbeit! Wohlgefügt ist Planke an Planke, Bitter aus Eichenholz, auch lederne Riemen und starke Griffe und Verbesserungen, die wir selber angegeben: "in diesem Bette will ich recht ruhig schlafen!" Tod! - es ist ein garstig Wort. Aus, aus. . . . . Wie die Sterbenden wohl ausschauen mögen? Die Schwäche und die Schmerzen des Leidenden sind groß. Her mit dem Spiegel. . . . "Her mit dem Stücke Glas!" Ein gar zähes, wildes, trotziges Menschenherz reißt hier stückweise entzwei, widerwillig, widerstrebend. Muß es denn sein? Ade, o Welt, ade! Ein Blick in den Spiegel! Der sterbende König blickt in den Spiegel. Ein schauerliches Ding, ein absonderliches Ding, dieser Blick der noch lebenden Leiche auf den Glasscherben! "Nicht so abgemagert, als ich mir eingebildet", murmeln die Lippen. Eine Minute Pause. Ein wiederholter Blick: "häßliches Gesicht, schon so gut wie todt", und der Glasscherben fällt klirrend zur Erde. O Königin Sophie, heiße Deine Couriere reiten, reiten mit dem Sturm um die Wette zu Oberst Fritz nach Rheinsberg: "er soll schnell kommen, wenn er den Vater noch lebendig sehen wolle!" Ein sterbender Vater. . . . auch wenn der Vater dereinst im wilden Jähzorn den erwachsenen Sohn und künftigen König in Gegenwart Anderer mißhandelt hat - will die Erinnerung niemals schwinden?. . . . . - ein sterbender Vater. Das macht Alles vergessen. Was die Rosse träge ausgreifen, wie langsam! Sand, kurbrandenburg=märkischer Sand! Da endlich Potsdam! Welche Ueberraschung! Ein schöner Mai=Tag ist's. Vor dem Wagen des Kronprinzen keuchen die abgetriebenen Pferde. Rasch will der Kutscher um die Ecke des Potsdamer Schlosses biegen. Seine Hast hemmt ein Haufen Menschen. Sie sind versammelt um den Rollstuhl des sterbenden Königs. Nichts von Sterben! Majestät will nicht sterben. Majestät hat sich in's Freie tragen lassen. Majestät will Maienluft genießen. O, Majestät ist kräftig! Der König wird der Grundsteinlegung des Hauses beiwohnen, das er seinem Stallmeister Philipps will bauen lassen, einer englischen Bulldoggen=Natur, mürrisch über die Maßen und Sauertöpfisch. Aber Majestät liebte mitunter dergleichen Naturen. Friedrich Wilhelm erblickt seinen Sohn. Er streckt dem Sohne die Arme entgegen. Der Sohn sinkt knieend an seine Brust. Sie umarmen sich weinend. "Mein Vater, mein Vater! - mein Sohn, mein Sohn" Den Anwesenden treten die Thränen in die Augen. Nun ist es wieder Nacht geworden. Die Aufregung des Zusammentreffens mit dem Kronprinzen hat dem siechen König geschadet. Die scheinbare Stärke ist verschwunden. Sie sollen Boden holen, den Minister Boden, befiehlt die Majestät. Die Majestät will dem Minister die Instruction für seine Bestattung dictiren. Man soll ihn in seiner Uniform begraben. Die Potsdamer Grenadiere sollen die Escorte bilden, dreimal feuern, sicher, schnell, ja nicht plackern. Die Kerls halten das Gewehr umgekehrt unter dem linken Arm. Die Pfeifer sollen die Melodie spielen: "O, Haupt voll Blut und Wunden", ein Trauerlied, das Sr. Majestät absonderlich gefällt. In Summa nicht zu viel Facon machen.
Der Sterbende hustet viel und das Dictat fällt ihm sauer. "Halt, Boden, halt! Betet, betet! Herr gehe nicht in das Gericht mit deinem Knechte, denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht!" Der Husten quält sehr. Der König stimmt das Lied an: "Warum sollt' ich mich denn grämen", und die Umstehenden müssen begleiten. Man kommt zur Stelle: "Nackend werd' ich auch hinziehen". Der Kranke hebt gebieterisch die Hand und unterbricht die Singenden: "Das ist nicht wahr! Ich werde in der Montirung begraben werden. Laßt uns lieber exact sein!" Worauf man mit dem Choral fortfährt.
Sie sollen Cochius holen oder Oelsfeld, Reinbeck, Rolof, kurz, wer von den Schwarzröcken gleich zur Hand sei. Die geistlichen Herren sind da. Probst Rolof betritt das Krankenzimmer. Vor allen Zeugen findet der folgende Dialog statt. König: "Mein lieber Rolof, hier liege ich armer H. . . und kann weder leben noch sterben, ich halte aber meinem Gott stille und sterbe mit Freuden." Rolof: "Es ist mir von Herzen leid, Euer Majestät so krank zu sehen; was ich aber am meisten beklage, ist dieses, daß ich glaube, Sie sind mehr am Gemüthe als am Leibe krank." König: "Ach nein, mein Gemüth ist ganz ruhig." Rolof: "Das ist mir sehr lieb, es muß aber gar nicht lange her sein, denn wir kennen uns sehr lange und ich habe Sie meine Tage nicht ruhig gesehen." König: "Das ist wahr. Er hat Recht. Ich bin allezeit ein toller Kerl gewesen, aber dabei doch ein guter Christ." Rolof: "Ei, das wäre was recht Neues! Ein toller Kerl ist ein Mensch, der wie das Vieh in den Tag hineinlebt und Alles ohne Ueberlegung thut, was ihm in seinen tollen Gedanken vorkommt. So grob haben Sie es doch nimmer gemacht." König: "Ja, ich habe sehr grobe Sünden begangen, aber die Liebe Gottes habe ich niemals dabei vergessen." Rolof: "Euer Majestät halten es mir zu Gnaden, die Menge der Anwesenden zwingt mich, die Wahrheit zu sagen, denn sonst würde ich für einen Heuchler passiren und, wie Sie am besten wissen, das bin ich meine Tage nicht gewesen. Grobe Sünden und die Liebe Gottes können unmöglich bei einander stehen. Haben Sie grobe Sünden begangen oder begehen dergleichen noch, so können Sie Gott nicht lieben und dann würde es schlecht aussehen." König: "Er versteht mich nicht. Ich verlasse mich auf Christum, der hat alle Sünden getilget: also die meinigen auch, und wer daran zweifelt, ist ein H. . . . ." Das Gespräch wird abgebrochen. Man findet, daß den König das Gespräch sichtlich angreift. Der Adjutant erklärt, der Kranke müsse Medicin einnehmen. Der Probst wird verabschiedet. Ein gar zähes und ungestümes Menschenherz, das Herz des Königs Friedrich Wilhelm! O, das Leben ist doch so schön und der Tod ist so bitter! Grimmigen, verzweifelten, immer neuen Widerstand setzt der Halbtodte dem düstern Knochenmann entgegen, der dräuend ihm zu Häupten steht. Die Veteranen und alten Kriegskameraden

[ => Original lesen: 1867 Nr. 18 Seite 3]

aus dem "Rauchparlament", die wettergebräunten, finster d'reinblickenden Schießpulver=Gesichter, sitzen um das Bett ihres Gebieters. Sie müssen rauchen auf Befehl und versuchen, ein wenig zu plaudern. Auch der Kronprinz findet sich oft ein. Die Generale hören schweigend auf die Unterredungen zwischen Vater und Sohn. Den König befriedigen die Unterredungen mit seinem Nachfolger. Er nickt zum Dessauer: "Aber thut mir Gott nicht viel Gnade an, daß er mir einen so würdigen Sohn gegeben!" Der 31. Mai des Jahres 1710 beginnt emporzudämmern. Ein Dienstag war es. Kaum 1 Uhr nach Mitternacht ist vorüber. Pastor Cochius wird gerufen. Der Geistliche findet den König in sehr zerknirschter Stimmung. Seine Schmerzen sind unerträglich groß. "Meint Er, daß es lange dauern kann?" Cochius fordert den König zum Gebete auf. "Ich habe mein Gedächtniß verloren", antwortete der Leidende, "ich bin nicht mehr im Stande zu beten, ich habe alle meine Gebete vergessen." Der Prediger beruhigt den Schwerbeladenen so gut er es vermag: "Gebet besteht nicht in Worten, sondern in Empfindungen und Gedanken." Friedrich Wilhelm schweigt. Endlich eine Bewegung mit der Hand: "Lebe Er wohl! Wahrscheinlich sehen wir uns in dieser Welt nicht wieder." Ade, o König! Daß er es hat vergessen können! Zeitlebens ein so guter Haushalter gewesen, zeitlebens die Küchenzettel revidirt und die Weinflaschen gezählt. . . . und nun es zu Ende geht, nichts angeordnet, was die Obersten, Hauptleute, die Feldwebel und Corporale bei dem großen Leichenmahle trinken sollen. . . . es ist unbegreiflich, unverantwortlich! Holen wir die Säumniß nach, geschwind! "Das beste Faß Rheinwein, welches ich in meinem Keller habe, das ganze Faß!" Vier Uhr schlägt's. "Mein jüngster Bub hat die Masern. Sie sagen, er befinde sich in der Besserung. Selbst nachsehen, selbst Abschied nehmen von dem Jüngsten!" Und die Kammerdiener müssen den König aus dem Bette in den Rollstuhl heben - - unsägliche Schmerzen verursacht es dem Verscheidenden: aber der Vater kann nicht sterben, ohne den kranken Jüngsten noch einmal gesehen zu haben! "Du armer, kleiner Ferdinand, lebe denn wohl, mein Knäblein!"
Aus dem Zimmer des kleinen Prinzen rollt der Räderstuhl in das Schlafzimmer der Königin. "Steh' auf, Fiekchen, heute sterbe ich, heute mußt Du bei mir bleiben!" Plötzlich flammt noch einmal sein Jähzorn zu lichten Flammen auf. Sein brechender Adlerblick bemerkt, daß die Stallknechte, welche ein dem Dessauer zum Geschenke bestimmtes Pferd zäumen und satteln, eine Nachlässigkeit begehen. "Ach wär' ich doch gesund, wie wollt' ich die Hunde zerhauen! Hacke, geht hinunter und prügelt die Schurken!"
Was wird dieser Morgen noch Alles bringen! Große Versammlung im Vorzimmer des Königs: die Minister sind versammelt und die Generale und die höchsten Hofcharchen. Des Königs Stimme ist bereits zu schwach und der Major Bredow muß in seinem Namen erklären - "lauter, Bredow, damit Alle hören können!" - daß König Friedrich Wilhelm zu Gunsten seines guten Sohnes Friedrich die Regierung niederlege. Die auswärtigen Höfe sollen davon in Kenntniß gesetzt werden. Minister Podewills intervenirt. Eine Urkunde müsse über den hohen Akt ausgefertigt werden, in aller Form, nach Herkommen und Gebrauch in derartigen besonderen Fällen. Der Diplomat redet noch, als der König schon ohnmächtig zusammenbricht und zu Bette gebracht werden muß. Niemals mehr hat Friedrich Wilhelm sich aus dem Bette erhoben. Es war 11 Uhr, als Cochius nochmals geholt wurde. Der Kranke ist sprachlos, scheinbar bewußtlos. Cochius betet mit erhobener Stimme. "Viel zu laut!" unterbricht den Prediger der Ohnmächtige, indem er zu sich kommt. Er erinnert sich, daß seine Dienerschaft zum 1. Juni neue Livréen erhalten soll. Sie sollen augenblicklich in den neuen galonnirten Röcken vor ihm erscheinen. "O Eitelkeit, o Eitelkeit!" ruft der König, als dem Befehl gehorsamt ist. "Fühl' Er meinen Puls, Pitsch", sagte der Kranke, als sein Blick zufällig auf den langen Oberchirurgen seiner Potsdamer Riesen fiel. "Sag' Er mir, wie lange ich noch zu leben habe." "Leider ist's bald aus", antwortete kurz und gerade heraus der Befragte. "Sag' Er nicht leider! Aber woraus schließt Er das?" Der Puls bleibt ganz zurück, meinte der Arzt. "Das ist nicht möglich", entgegnete der König, den einen Arm aufhebend. "Wie könnte ich die Finger so bewegen, wenn der Puls schon zurückgetreten wäre?" Pitsch widerspricht nicht. Wozu denn auch? "Herr Jesu", röchelt der König, "Dir lebe ich; Herr Jesu, Dir sterbe ich; Du bist im Leben und Tode mein Gewinn." Das waren die letzten Worte, die Friedrich Wilhelm in dieser Welt gesprochen hat. Zwischen 1 und 2 Uhr Nachmittags gab der Leibarzt Eller dem Kronprinzen einen Wink, die Königin fortzuführen. Als der Kronprinz in das Zimmer zurückkehrte, hatte die Ohnmacht des Leidenden sich zum Tode vertieft. Es ist Alles vorüber. Die Anwesenden entfernten sich geräuschlos. Nur der Sohn blieb bei der erkalteten Leiche des Vaters.


Unter allen in Deutschland erscheinenden Modeblättern ist die in Berlin im Verlage von A. Haack herauskommende Victoria , illustrirte Muster= und Mode=Zeitung, eines der am Prächtigsten ausgestatteten und nützlichsten. Reich mit zahlreichen Illustrationen versehen, die in jedes Gebiet der weiblichen Handarbeit hineingreifen, und außerdem vorzügliche illuminirte Modetupfer und große Schnittmuster bringend, sollte dieses Journal, dessen Feuilleton auch durchweg interessant und lehrreich für die Damenwelt ist, in keiner Haushaltung fehlen. Wir erlauben uns, die "Victoria" unsern Leserinnen auf's Wärmste zu empfehlen, zumal da der Preis, 20 Sgr. per Quartal, ein überaus billiger ist im Verhältniß zu dem, was geliefert wird.
(Hamb. Nov.=Ztg.)


Anzeigen.

Verkaufs=Anzeigen.

Am Donnerstag, den 7. k. Mts., Morgens von 9 Uhr an, sollen im hiesigen Kruge in öffentlicher Auction gegen gleich baare Zahlung verkauft werden:

Eine vierjährige Kuh, ein eisenaxiger Bauwagen, ein Paar Hintersielen mit Sattel, ein Pflug, eine Egge, ein Paar Ernteleitern, Wagenbretter, eine Bettstelle, ein Sopha, ein Koffer, eine Lade, Betten, Leinen, Manns= und Frauen=Kleidungsstücke und allerlei Haus= und Küchen=Geräthe.
Carlow, den 27. Februar 1867.
Struck, Landreiter.


Am 6. März werde ich circa 20 Cavelingen Haseln= und Hainbuchen Busch, welcher sich besonders zu Zaun= und Erbs=Busch eignet, in öffentlicher Auction gegen baare Zahlung verkaufen lassen. Das Holz liegt auf meiner letzten Koppel an der Palinger Scheide und werden Kauf=Liebhaber hiezu Morgens 10 Uhr eingeladen.
A. Boldt in Lockwisch.


Verpachtung von Land zum Kartoffelanbau.
Am Donnerstag, den 7. März, sollen in den Hohenmeiler Tannen meistbietend verpachtet werden:
zum einjährigen Kartoffelbau 30 Cavelingen à 90-100 []R.
zum zweijährigen Kartoffelbau 18 Cavelingen von 50-90 []R.
und wollen sich Pachtliebhaber Morgens 9 Uhr beim Hohenmeiler Forstgehöfte einfinden.
Schönberg, den 27. Februar 1867.
Danckwarth.


Am Sonntag, den 10. März, Nachmittags 2 Uhr, soll der Acker der Wittwe Schultze hieselbst, circa 1 Scheffel Aussaat groß, belegen am Schlauenkamp, in zwei Parcellen öffentlich meistbietend an Ort und Stelle verpachtet werden.
Die Vormünder der Schultze'schen Minorennen.


[ => Original lesen: 1867 Nr. 18 Seite 4]

(Statt besonderer Meldung.)
Heute Nachmittag 3 Uhr wurde uns ein gesundes Töchterchen geboren, was wir Freunden und Bekannten hierdurch anzuzeigen uns erlauben.
Schönberg, 28. Februar 1867.
L. Bicker und Frau.


Am Dienstag, den 5. März, Nachmittags 2 Uhr, beabsichtige ich das hinter meinem Wohnhause gelegene Gartenland in bequemen Parcellen öffentlich meistbietend zu verpachten und wollen Pachtliebhaber sich zur gedachten Zeit an Ort und Stelle einfinden.
Schlösser=Wittwe Abels.


Für Confirmanden
empfehle mein auf's Beste assortirtes Lager von Tuchen, Buckskins, Kleiderstoffen, Shawls, Double=Tüchern, seidenen Halstüchern, Taschentüchern etc. etc. zu billigen aber festen Preisen.
Lübeck. W. Stubbe, Grosse Burgstrasse 606.


Heinrich Schmid, Samenhandlung & Handelsgärtner, Lübeck, Königstraße 869,
hält sein Lager aller Arten Sämereien zur diesjährigen Frühjahrs=Aussaat bestens empfohlen. Preisverzeichnisse darüber, auch für Handelsgärtner und Samenhändler, werden auf gefl. franco Verlangen franco und gratis zugesandt.
Ebenfalls stehen Preisverzeichnisse über Obstbäume, Gesträuche, Rosen, Stauden, Georginen, Topfpflanzen etc. zu Diensten.


Am Sonnabend Abends um 5 Uhr habe ich auf der Chaussee bei Siemz ein Portemonnaie mit etwas Geld gefunden. Der sich als rechtmäßig ausweisende Eigenthümer kann dasselbe gegen Erstattung der Insertions=Kosten bei mir zurückerhalten.
Wasmund.


Einfache und doppelte Bruchbänder, Suspensorien (Tragbeutel), Fontanellbinden, Wundspritzen in Glas, Horn und Gummi zu jeglichem Gebrauch, Milchpumpen, sehr zweckmäßig bei wunder Warze, die Muttermilch im Glase aufzufangen, um das Kind damit zu stillen, Warzenzieher, zum gewöhnlichen Gebrauch, um die Warze hervorzuholen und zugleich die Milch aufzufangen, Warzendeckel, Mutterkränze, runde, sowie auch mir Flügel, Gummi=Zahnkitt. Sehr gut zum Gebrauch für hohle Zähne, Gummi=Wundpapier, zweckmäßig bei offenen Wunden, um dadurch das Durchnässen zu verhüten, sowie giftfreie Milchsauger von reinem Gummi sind stets zu haben bei Emil Jannicke, Bandagist u. Handschuhmacher. Schönberg.
NB. Auch mache ich darauf aufmerksam, daß ich von jetzt an Warzenzieher zum täglichen Gebrauch ausleihe.


Gegen Husten und Heiserkeit, Rauhheit im Halse, Verschleimung u. s. w. gibt es nichts Besseres als die Stollwerck'schen Brust-Bonbons.
Man findet selbe in Original=Packeten à 6 1/2 Schilling (Mecklenburg) in Schönberg bei Carl Bade, in Grevismühlen bei J. E. Schultze.


Meine zu Pogez belegene Büdnerei beabsichtige ich unter der Hand zu verkaufen.
Kaufliebhaber ersuche ich, sich dieserhalb bei mir melden zu wollen.
Schuhmachermeister Christern.


Auf dem Bauhofe zu Schönberg ist zweimal gesäete russische Säe=Leinsaat zu verkaufen.
Drews.


Einladung zur Subscription.
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Von sämmtlichen deutschen Classikern erscheinen jetzt verschiedene eben so hübsche als wohlfeile Ausgaben, à Band 2 und 2 1/2 Sgr., so daß z. B. Schillers sämmtliche werke nur 36 Schilling (Mecklenburg), Bürgers Gedichte 8 Schilling (Mecklenburg) Voß, Luise 4 Schilling (Mecklenburg), Gellerts Fabeln und Erzählungen 4 Schilling (Mecklenburg), Mattissons Gedichte 4 Schilling (Mecklenburg), Lessing 1 Taler (Mecklenburg), Wieland 3 Taler (Mecklenburg) und Göthe nur 4 Taler (Mecklenburg) kosten werden.
Alle 8 bis 14 Tage erscheint ein Band zu 2 1/2 Sgr.
Die bis jetzt herausgekommenen Bände liegen bei mir zur Ansicht bereit und liefere ich Alles zu obigen Preisen.
J. P. Bade.


Am Mittwoch, den 20. Februar, ist mir in den Hohenmeiler Tannen mein kleiner braungefleckter Wachtelhund fortgelaufen. Wer über denselben Auskunft geben kann, wird ersucht, sich bei mir zu melden.
Büdner Lenschow in Lockwisch.


Zwei freundliche Wohnungen sind sofort oder zu Ostern d. J. zu vermiethen bei der Wittwe Abels.


Kirchliche Nachrichten.
Schönberger Gemeinde.

Sonntag, den 3. März 1867.
Vormittags=Kirche: Pastor Kämpffer.
Nachmittags=Kirche fällt aus.
Amts=Woche: Pastor Kämpffer.


Meteorologische Beobachtungen.
1867
März
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
1.
2.
3.
4.
43.65
46.69
44.87
41.75
-2.2
-2.2
-2.3
-1.8
0.2
1.3
1.8
4.2
N
N
NW
W
1
0
0
0
trübe.
heiter.
trübe.
heiter.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pfund12 - 12 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Holst. d. Pfund12 1/2 - 13 Schilling (Mecklenburg).
Hühner, d. St.12 - 16 Schilling (Mecklenburg).
Tauben, d. St.3 - 4 Schilling (Mecklenburg).
Spickgans, d. St.28 - 32 Schilling (Mecklenburg).
Flickgans, d. St.16 - 20 Schilling (Mecklenburg).
Hasen, d. St. 32 - 40 Schilling (Mecklenburg).
Schweinskopf, d. Pfund5 - 5 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Schinken, d. Pfund8 - 9 Schilling (Mecklenburg).
Wurst d. Pfund9 - 10 Schilling (Mecklenburg).
Eier 7 St. für4 Schilling (Mecklenburg).
Kartoffeln, d. Faß5 - 6 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
(per Sack in Lüb. Crt.)
Weitzen22 - 23Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Roggen15 - 15Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Gerste13 1/2 - 14Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Hafer9 - 9Mark (Lübeck)12Schilling (Mecklenburg)
Erbsen13 - 16Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wicken12 - 16Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen10 - 11Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
W.=Rapsaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wint.=Rübsen-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat20 - 21Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.


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