No. 103
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 28. Dezember
1866
sechsunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1866 Nr. 103 Seite 1]

- Die Verfassung des norddeutschen Bundes umfaßt das gesammte Handels= und Verkehrswesen. Ein Bundesrath und die Nationalvertretung üben die Gesetzgebung aus. Preußen hat die Leitung des Bundes. Die Bundesgewalt vollzieht die Kriegserklärung, die Abschließung von Verträgen und die Ernennung von Gesandten. Der König von Preußen ist Oberbefehlshaber der Land= und Seemacht des Bundes und ordnet die Kriegsbereitschaft an. Kiel und der Jahdebusen sind Bundeskriegshäfen. So berichtet die offiz. Prov. Correspondenz. Eröffnung des Reichstages am 15. Februar.
- In der Sitzung am 20. December hat das preuß. Abgeordnetenhaus die von der Regierung beantragte Einverleibung von Schleswig=Holstein mit großer Mehrheit angenommen.
- Die Zahl der preußischen Abgeordneten wird um 80 Köpfe wachsen; das ist die Zahl der Abgeordneten, welche Hannover, Schleswig=Holstein, Kurhessen und Frankfurt in den Landtag senden.
- Wie die preußische Regierung vor dem Kriege möglichste Fürsorge für die gesunden Krieger traf, so thut sie jetzt ein Gleiches in Betreff der invalid Gewordenen und für die Hinterbliebenen der Gefallenen. Jeder Offizier oder obere Militär=Beamte, der in Folge des Krieges zu weiterem Dienst unfähig wurde, erhält eine jährliche Erhöhung der reglementsmäßigen Pension um 100 Thlr., diejenigen aber, die unter dem Range eines Hauptmanns erster Classe stehen, um das Doppelte. Verstümmelte und Erblindete erhalten außer dem Genannten noch eine besondere Erhöhung, und zwar bei Verlust eines Armes, Fußes oder einer Hand 200 Thlr., wenn sie aber beide Gliedmaßen verloren oder erblindeten, das Doppelte. Diese Pensions=Erhöhungen können nicht durch ein richterliches Erkenntniß entzogen werden. Die Wittwen der Gefallenen oder während des Krieges im Felde verstorbenen Offiziere erhalten im Falle des Bedürfnisses und so lange sie im Wittwenstande verbleiben neben der aus der Wittwenkasse versicherten Pension eine Beihülfe aus Staatsmitteln, und zwar: die der Generale von 400 Thlr., die der Stabsoffiziere von 300, die der Hauptleute und Subaltern=Offiziere von 200 Thlr. jährlich. Für die Kinder der Offiziere und Militär=Beamten wird, ebenfalls im Falle des Bedürfnisses, eine Unterstützung bis zum 17. Lebensjahre, und zwar für Söhne 50 Thlr., für Töchter 40 Thlr. jährlich gewährt. Nicht minder wird dabei auch für Wittwen und Waisen der gefallenen Unteroffiziere und Soldaten gesorgt.
- Das große Ereigniß in Frankreich ist die Umgestaltung des französischen Heeres zu einer Gesammtstärke von 1,200,000 Mann. Das eigentlich streitbare Heer zählt 800,000 Mann, den andern Theil bilden Reserven und Nationalgarde, die nur im Lande zu verwenden sind. Dennoch schneidet diese Umgestaltung tief in die französischen Verhältnisse und Gewohnheiten ein und ist nichts weniger als populär. Napoleon selber hat zu dem Plane eine Denkschrift geschrieben, welche die neuen französischen Streitkräfte nach Zahl und Tüchtigkeit mit den preußischen vergleicht. Darin erkennen die Franzosen des Pudels Kern und den Vorboten eines Krieges mit Preußen. Die Neuschöpfung steht aber vorläufig nur auf dem Papiere und wird zu ihrer Vollendung noch manchen Jahres bedürfen.
- Welch' ein mächtiger Vermittler des Weltverkehrs ist der Telegraph nach Amerika! Vor ein paar Tagen machten Kaufleute in London Bestellungen auf Weizen in Californien; Morgens ging die Depesche ab, Abends langte die Antwort an: Der Kauf war abgeschlossen.
- Kaum ist die Cholera im Abendlande erloschen, so lesen wir schon wieder von den Vorbereitungen in der mohamedanischen Welt zur Pilgerfahrt nach Mekka. Hoffentlich wird in den Häfen der Levante und besonders in Alexandria diesmal etwas strengere Aufsicht gegen die Verschleppung der Cholera geübt werden.
- Kaiser Napoleon hat seinen lieben Parisern einen boshaften Witz verdorben. Sie erzählten sich heimlich, er werde diesmal von Compiegne aus direct in's Elysee (Elysium, Himmel) übersiedeln. Er zog aber nicht in den Elyse=Palast, sondern in die Tuilerien "zu seinen Ziegelbrennern". Denn, sagte er, er wolle seine guten Freunde lieber um einen guten Einfall als um sich selber bringen.
- Den 17. December haben die Frankfurter in ihrem Kalender schwarz angestrichen. An diesem Tage haben sie ihren Rothschild sammt 3 Söhnen und einer Tochter als Mitbürger verloren. Das Decret, welchem ihn als Bürger entläßt, ist von diesem Tage datirt.
- Von den am Eingang der Potsdamerstraße zu Berlin stehenden Weihnachtsbude war am 24. d., Morgens, eine geschlossen und mit Kreide daran geschrieben: "Während der Nacht Alles gestohlen durch Einbruch, Werth 300 Thlr." Die Bude enthielt wollene Waaren.
- Der Lehrer Fürste in Barleben bei Magdeburg wurde von Königsberg aus zu Weihnacht mit einer Kiste überrascht, in der eine Marzipantorte lag. In der Mitte derselben ein Falke, in seinen Fängen die Friedenspalme haltend. Dem Geschenke lag folgende Widmung bei:

Wurd' im Sommer ein Vogel besungen,
Weil am Main unsre Feind' er bezwungen,
Wünscht zum Winter er: Laßt es geschehn,
Ihn unter'm Christbaum des Sängers zu sehn.
                     V. v. F.
Genannter Lehrer hatte nämlich im Sommer durch Kriegs= und Zeitlieder den General Vogel v. Falkenstein besungen und war deshalb schon mir der Photographie und einem Handschreiben des Generals beehrt worden.
- Der Landtag in Malchin ist am 21. Dec. geschlossen worden.
- Ueber die unterbrochene Hinrichtung Künschners in Leipzig theilen die "Lpz. Nachr." folgende

[ => Original lesen: 1866 Nr. 103 Seite 2]

Einzelheiten mit: "Die Scharfrichter kippten das Brett vornüber, so daß Künschner auf dem Bauche lag, schoben es etwas vorwärts und wollten eben das obere Halseisen niederlassen, als weiterher von der Straße ein lautes vielstimmiges Rufen erschallte. Alles stutzte und auch die Männer auf dem Schaffot hielten in ihrer schrecklichen Arbeit inne; da sich jedoch der Ruf nicht wiederholte, wollten sie fortfahren, als man deutlicher "Halt! Halt doch!" rufen hörte. Wieder lauschte Alles und blickte in athemloser Spannung nach dem Eingang, auch Künschner erhob sein stark geröthetes Gesicht und starrte offenen Mundes, die schrecklichste Angst in jeder Miene, dorthin. Als sich aber auch jetzt Niemand dort zeigte und nur undeutliches Toben zu vernehmen war, trat Dr. Lucius hervor und sagte zum Scharfrichter: "Was ist denn? Thun Sie doch Ihre Schuldigkeit!" Aber in demselben Augenblick erscholl der durchdringende Ruf "Halt! Halt!" aus Hunderten von Kehlen nochmals und durch die hintere Thür des Hofes stürzte alsbald in größter Hast ein Telegraphen=Beamter, ein weißes Blatt Papier in der Hand haltend. Dr. Lucius nahm und entfaltete es und sprach dann - kein Athemzug wurde hörbar - die Worte: "Ich theile dem Publikum und insbesondere den Mitgliedern des Gerichtshofes mit, daß ich soeben von Sr. Majestät dem König folgende Depesche empfange: "Execution bis auf Weiteres aufzuschieben. Näheres brieflich von Dresden. Johann." Die telegraphische Depesche war sofort ohne Couvert befördert worden, der beireffende Beamte lief so rasch wie ihn seine Füße tragen konnten und schlug den kürzesten Weg zur Richtstatt ein; nur die dichten Massen von Leuten am Eingange des Gerichts verursachten kurze Verzögerung. Von einer Secunde hing ein Menschenleben ab."


Eine westphälische Dorf= und Kriegs=Geschichte.
[Erzählung]
(Fortsetzung.)

[ => Original lesen: 1866 Nr. 103 Seite 3]

Eine westphälische Dorf= und Kriegs=Geschichte.
[Erzählung]
[Fortsetzung.]


Anzeigen.

Vermischte Anzeigen.

Die Verlobung ihrer ältesten Tochter Helene mit dem Herrn Assessor Wilhelm Saur hieselbst erlauben sich ergebenst anzuzeigen
Baumeister Rickmann und Frau.
Schönberg, den 27. December 1866.


Verlobte:
Ernst Rohr,
Luise Maas.
Schönberg.


Der Landkasten in Rostock vergütet für die ihm gemachten Anleihen vier Procent vom Tage der Einzahlung des Geldes und gibt dadurch, daß sämmtliche Mecklenburg=Schwerin'sche Gutsbesitzer, sowie die Großherzoglichen Domainen und die städtischen Besitzungen zur ersten Hypothek für die Rückzahlung des Kapitals nach halbjähriger Kündigung gesetzlich verhaftet sind, die größte Sicherheit für diese überdies kostenfreien Anleihen.
Schönberg, den 22. August 1866.
Kindler, Advokat.


Zum Antoni=Termin suche ich gegen größtentheils hypothekarische Sicherheit und 4 Prozent Zinsen
a) in hiesige Hauswirthsstellen: einen Posten von 1200 Taler (Mecklenburg) drei von 1000 Taler (Mecklenburg), einen von 700 Taler (Mecklenburg), zwei von 600 Taler (Mecklenburg), drei von 500 Taler (Mecklenburg), zwei von 400 Taler (Mecklenburg) vier von 300 Taler (Mecklenburg), einen von 250 Taler (Mecklenburg), einen von 160 Taler (Mecklenburg), einen von 200 Taler (Mecklenburg);
b) in Grundstücke und Häuser der Stadt Schönberg: zwei Posten von 700 Taler (Mecklenburg), einen von 600 Taler (Mecklenburg), vier von 500 Taler (Mecklenburg), einen von 400 Taler (Mecklenburg), einen von 350 Taler (Mecklenburg), drei von 200 Taler (Mecklenburg), einen von 1000 Taler (Mecklenburg), wovon einige zur ersten Hypothek geschrieben werden können.
Nähere Nachricht ertheilt J. P. Bade.


Möbel-Magazin.

Das Möbel=Magazin im Hause des Kaufmanns Wieschendorff empfiehlt den geehrten Landbewohnern und einem geschätzten Publicum Schönbergs eine Auswahl modern und dauerhaft gearbeiteter Tischler= und Stuhlmacher=Arbeiten zu möglichst billigen und festen Preisen, auch nimmt das Magazin Bestellungen auf Aussteuern und einzelne Arbeiten jeder Art an, welche prompt und reell ausgeführt werden.
Schönberg 1866.
Das Tischleramt.


Club im Hause des Herrn Aug. Spehr in Schönberg am Mittwoch, den 2. Januar. Mittag=Essen 3 Uhr.


[ => Original lesen: 1866 Nr. 103 Seite 4]

Vom 1. August bis heute sind nachfolgende Schäden bei unserm Verein angemeldet:
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
und werden unsere Mitglieder ersucht, zur Deckung dieser Schäden einen Beitrag von 16 Schillingen pro 100 Taler (Mecklenburg) Versicherungs=Summe am Sonnabend, den 29. d. Mts., Morgens 10 Uhr, im Gasthause der Madame Boye hieselbst einzuzahlen.
Schönberg, den 20. December 1866.
Direction des Vieh-Versicherungs-Vereins im Fürstenthum Ratzeburg.


Formulare zu Rechnungen (in allen Größen), Zins=Quittungen und
Schuld=Verschreibungen sind zu haben in der Buchdruckerei von
L. Bicker.


Ich mache hiermit dem geehrten Publikum bekannt, daß ich auf Verlangen von jetzt an
Tuch, Düffel, Flanell
und anderes Wollenzeug anfertige, auch Wolle zu Strümpfen spinne und gleich doublire, sowie Wolle kratze. Späterhin wird dies Alles bei mir zu kaufen sein.
Johann Voß, Tuchmacher, Schönberg, Hinterstraße Nr. 76.


Zum bevorstehenden Weihnachts=Feste empfiehlt Unterzeichneter seine Lübecker Marzipane mit besonderen Verzierungen, als Jagd=, Blumen= und Fruchtstücke, Lübecker Ansichten und andere Gegenstände darstellend; ferner recht schmackhafte braune Kuchen und Pfeffernüsse, Pariser Pflastersteine, sowie alle in dieser Branche vorkommenden Artikel zu verschiedenen Preisen stets vorräthig hält
Wilhelm Prahl in Lübeck.


Während der Festzeit wird die berühmte Sänger=Gesellschaft Griesbach aus Bremen im Locale
der vormaligen Crämer-Compagnie, Schlüsselbuden Nr. 190.
Musikalische und Gesang=Unterhaltung geben.
Unterzeichneter bittet seine geehrten Freunde und Bekannten um recht zahlreichen Besuch.
D. Koop, Pächter des früheren, jetzt abgebrannten Röge'schen Locals.
Lübeck d. 20. Decbr. 1866.


Backtafel für die Stadt Schönberg
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Schönberg, den 23. December 1866.
Bürgermeister und Rath.


Vor acht Tagen ist vor dem Posthause ein schwarzer Schleier gefunden worden, den der Eigenthümer gegen die Insertions=Gebühr im Posthause wieder in Empfang nehmen kann.
Schönberg, den 27. December 1866.


Kirchliche Nachrichten.
Schönberger Gemeinde.

Geboren: 15. December dem Hauswirth Ollrogge in Malzow ein Sohn. - 16. Dec. dem Tischlermeister Fick hieselbst ein Sohn. - 17. Dec. dem Webermeister Frey vor Schönberg ein Sohn. - 16. Dec. ein unehelicher Sohn zu Lockwisch. - 18. Dec. dem Arbeitsmann Schröder hieselbst ein Sohn. - 21. Dec. dem Schulzen=Anerben Maaß zu Rupensdorf ein Sohn.

Gestorben: 22. December C. Christine S. Ladendorf, Schlächtermeisters Georg Ladendorf Tochter, 5/4 Jahr alt. - 25. Dec. Maria W. C. Kniep hieselbst, Stieftochter des Schustermeisters Piper, 28 J. 1 M. alt. - 26. Dec. Ann Liesch Kelling, geb. Bonhoff, Arbeitsm.=Wwe. vor Schönberg, 76 J. 2 M. alt.

Sonntag, 30. December.

Vormittags=Kirche: Pastor Fischer.
Nachmittags=Kirche fällt aus.

Montag, den 31. December.
Abend=Gottesdienst (5 Uhr): Pastor Fischer.

Am Neujahrstage.
Früh=Kirche: Pastor Kämpffer.
Vormittags=Kirche: Pastor Fischer.
Amtswoche: Pastor Fischer.


Meteorologische Beobachtungen.
1866
Dec.
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
40.30
42.08
40.51
39.17
39.43
38.30
27.15
0.4
0.0
-1.2
-0.1
0.7
0.2
0.3
2.8
3.0
0.8
3.0
2.9
1.7
5.1
W
WNW
SW
WSW
WSW
SSW
SSW
1
0
1
2
2
1
3
(Nebel) bed.
-
-
-
-
trübe.
bedeckt.

Am 27. bis Nachm. 5 Uhr 35 Cbz. Regen auf 1 Qf.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pfund12 1/2 - 13 Schilling (Mecklenburg).
Holst. d. Pfund13 -13 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Hasen, d. St. 32 - 40 Schilling (Mecklenburg).
Enten, d. St. 24 - 28 Schilling (Mecklenburg).
Hühner, d. St.12 - 18 Schilling (Mecklenburg).
Tauben, d. St.4 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Gänse, d. Pfund7 1/2 - 8 Schilling (Mecklenburg).
Spickgans, d. St.32 - 40 Schilling (Mecklenburg).
Schinken, d. Pfund9 - 10 Schilling (Mecklenburg).
Wurst d. Pfund9 - 10 Schilling (Mecklenburg).
Eier 5 St. für4 Schilling (Mecklenburg).
Kartoffeln, d. Faß5 - 6 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
(per Sack in Lüb. Crt.)
Weitzen22 - 24Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Roggen14 - 14Mark (Lübeck)12Schilling (Mecklenburg)
Gerste13 - 14Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Hafer9 - 9Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Erbsen14 - 16Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Wicken-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen10 - 12Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
W.=Rapsaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wint.=Rübsen-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat20 - 21Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.


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