No. 77
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Dienstags und Freitags

Schönberg, den 25. September
1866
sechsunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1866 Nr. 77 Seite 1]

Die Einzugsfeier der zurückkehrenden preußischen Truppen in Berlin am 20. u. 21. Sept.

Der erste Tag des größten Festes, welches in Preußen seit dem Jahre 1815 gefeiert werden konnte, hat mit dem Emporsteigen der Sonne an dem heitern, unbewölkten Himmelsraume begonnen, gleichsam als wolle auch sie dem Feste, das uns die glorreichen Siege auf den Schlachtfeldern Böhmens und in Süddeutschland vergegenwärtigen soll, eine Weihe geben. Viele tausend Hände sind seit längerer Zeit Tag und Nacht beschäftigt gewesen, um der Hauptstadt Preußens auch im Aeußern den Glanz zu verleihen, dessen sie bedarf, um die Heldensöhne des preußischen Volkes würdig empfangen zu können. Ein freundlicher Herbst hat dem launischen Sommer noch einige der schönsten Blumen abgewonnen, um sie auf dem Siegesaltar des preußischen Volkes zu opfern. Auch die Blätter der deutschen Eiche haben ihr frisches Grün bewahrt, um sich unter den Fingern deutscher Frauen und Jungfrauen zu Kränzen und Guirlanden zu gestalten, mit denen die Häuser und Straßen Berlins überaus reich geschmückt sind. Ganz Berlin ist auf den Beinen, um sich nach dem Königsplatze, dem Ausstellungsort der Truppen und nach der via triumphalis "Unter den Linden" zu begeben.
Schon lange vor 11 Uhr war die Aufstellung der Truppen auf dem Königsplatze unter dem Commando des Prinzen von Württemberg erfolgt, alle Soldaten waren mit den Decorationen des für sie bestimmten Ordens geschmückt, während die Eroberer der feindlichen Fahnen und Standarten bereits das goldene Kreuz erster Klasse (die Tapferkeitsmedaille) trugen. Dieselben standen mit den eroberten Fahnen vor der Front sämmtlicher Truppen. Unter diesen war auch der Unteroffizier Schwalbach von der ersten Schwadron des mecklenburgischen Dragoner=Regiments, der die von dem Rittmeister desselben Regiments, v. Boddien, eroberte Standarte der 13. Comp. des 4. baierischen Leibregiments trug.
Punkt 11 Uhr kam der König zu Pferde, von dem Hurrah der Truppen empfangen, vor die Front und besichtigte, von dem Kronprinzen, dem Prinzen Friedrich Carl, dem Feldmarschall v. Wrangel, dem General=Lieutenants v. Moltke, v. Bonin, v. Manteuffel, Vogel v. Falckenstein, v. d. Mülbe, Herwarth v. Bittenfeld, dem Kriegsminister v. Roon, Grafen Bismarck und einer sehr zahlreichen Suite gefolgt, die Aufstellung der Truppen. Unmittelbar darauf folgten zu Wagen die Königin, die Frau Kronprinzessin mit ihren Kindern, die Großherzogin=Mutter von Mecklenburg=Schwerin, die Frau Prinzessinnen Karl und Friedrich Karl und mehrere Hofdamen.
Die Musikchöre der Regimenter spielten während dieser Zeit die National=Hymne "Heil Dir im Siegeskranz."
Nach der Besichtigung der Truppen folgte der Einmarsch derselben, an deren Spitze der König und darauf der Kronprinz und der Prinz Friedrich Karl ritten. Der Jubel, mit welchem der König und die braven Truppen empfangen wurden, war ein erhebender; dennoch aber trat die größte Ruhe ein, als die Sprecherin der Jungfrauen, Frl. Gabler, und die Trägerinnen der Ehrenkränze, Fräulein Geiß, Elster und Franke, an den König herantraten.

Willkommen König! Deine Metropole
Grüßt jubelnd Dich und Deine Heldenschaar!
Durchflog Borussia doch beschwingter Sohle
In sieben Tagen Friedrichs Sieben=Jahr.
Nun reicht herab von ihrem Capitole
Victoria den duft'gen Kranz Dir dar.
Gott ging mit Dir und wird auch mit Dir gehen,
Bis über'm Lorbeerschatten Palmen wehen.
Der König erwiderte: "Ich sage Ihnen in Meinem Namen und im Namen der Prinzen Meinen herzlichsten Dank für die uns überreichten Kränze." Hierauf nahm der König zuerst den ihm selber dargebotenen Kranz in Empfang und dann auch die der Prinzen, ritt zu denselben heran und übergab sie unter dem Handkuß derselben. Hierauf ritt der König an den vor die Tribüne getretenen Oberbürgermeister Seydel, der den König laut und vernehmlich mit folgenden Worten begrüßte:
"Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König! Allergnädigster König und Herr! Im Namen der Stadt begrüße ich in Ehrfurcht Eure Königliche Majestät im Schmucke des Siegerkranzes, bringe ich dem Königlichen Kriegsherrn, dem ruhmvollen Verwalter der Macht und Ehre unseres Vaterlandes, den erhabenen und glorreichen Prinzen unseres Königlichen Hauses, der herrlichen Armee, ihren Feldherren, Führern und Soldaten, aus treuem Herzen Bewunderung, Dank und Huldigung dar. Nach fünfzig Jahren - Jahren ernster Arbeit strenger Zucht, mühevoller Uebung - ist nun Preußen wiederum mächtig und entscheidend eingetreten in die Last und Ehre seines Berufs. Auf den Ruf seines Königs erhebt sich das Volk in Waffen, festen Muthes, ohne Uebermuth, ernst, ruhig und bewußt: Erben des Ruhms unserer Väter, Rüstzeuge der Geschicke, die sich erfüllen sollen. Ein siebentägiger Schlachten= und Siegesgang zertrümmert die Heere Oesterreichs; ein vierzehntägiger unvergleichlicher Vormarsch führt bis vor die Thore seiner Hauptstadt. Gegen mehr als die doppelte Überzahl, im Marsche fechtend, unaufhaltsam, dringen die Anderen vor bis an die Ufer des Main, Neckar, Tauber. Im Osten und Westen Sieg auf Sieg, wie im Fluge! - Nur die Aussaat ist des Menschen. Ueber seine tapferen Thaten, wie über seinen weisen Rath waltet Gott, der allein die Vollendung, allein der schweren Arbeit die goldene Ernte gibt. Die Thaten, die geschehen sind, werth der alten Tage, werth des Ruhmes unserer Väter, verzeichnet die Geschichte auf ehernen Tafeln, zum Gedächtniß für alle Zeiten. Wir, die Mitlebenden, erneuern mit dankerfüllten Herzen unserm König und Herrn die Gelübde unverbrüchlicher Treue, Liebe und Ehrfurcht. Das große Pfand der Ehre und des Ruhmes, wir wollen treu und heilig es bewahren, es den spätesten Geschlechtern überliefern unversehrt, so Gott will, mit reichem, wachsenden Segen. Der Weg ist uns vorgezeichnet in dem alten, ewig jugendkräftigen Siegesruf: Mit Gott für König und Vaterland!"
Der König erwiderte:
"Ich sage der Stadt Meinen wärmsten und innigsten Dank für den herrlichen Empfang, den Sie Mir und Meinen braven Truppen bereitet hat. Was Ich gethan habe, ist

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nichts gegen das, was Die gethan haben, die Mir folgen (auf die Truppen deutend), Ihnen hauptsächlich gebührt der Dank. Sie haben den Ruhm unserer Vorfahren auf das Glänzendste bewährt. Aus diesem Grunde habe Ich eine Anrede an Mich nicht gewünscht; sie war aber so schön, daß Ich Mich freue, sie gehört zu haben."
Ein donnerndes Hoch folgte diesen echt königlichen Worten, und nun erfolgte von allen Seiten mit Jubel begrüßt, unter dem Läuten sämmtlicher Glocken und dem Salutfeuer der Artillerie, der Einzug durch die Reihen der neben den Kanonen aufgestellten Corporationen und Innungen. Ueberall war der Jubel ein solcher, der sich mehr empfinden, als beschreiben läßt, und manche Thräne der Freude glänzte in den Augen der Menge, die so warm empfindet, was die Söhne des Vaterlandes für das Vaterland gethan haben. Wohl mögen auch etliche Thränen von Müttern vergossen worden sein, die ihre hoffnungsvollen Söhne nicht mit unter den Reihen der bekränzten Krieger erblickten, die wußten, daß sie in fernen Landen in kühler Erde ruhen, aber war auch der Schmerz ein doppelter, so war es auch der Trost, daß sie für eine so große und heilige Sache gestorben sind.
Gegen 12 Uhr ertheilte der König den Befehl zum Vorbeidefiliren der Truppen. Kurz vor der Blücherstatue setzte sich der König nebst dem Kronprinzen nochmals an die Spitze der Truppen, um dieselben der Königin vorzuführen. Während des Vorbeimarsches wurden zu verschiedenen Malen Mannschaften, welche sich besonders ausgezeichnet, aus Reih und Glied zum Könige befohlen und mit freundlichen Worten durch einen Händedruck begrüßt. Ein besonderes Interesse gewährten die den verschiedenen Regimentern folgenden Leichtverwundeten, sowie die berittenen Feldgeistlichen und zum Theil uniformirten Marketender=Colonnen, worunter sich die des 2. Garderegiments zu Fuß durch Vorführung von fünf weiblichen Helden, angethan in rothen Blusen, weißen Kleidern und flachen Militairmützen, sowie ein Fäßchen über die Schulter hängend, auszeichneten. Beim ersten Garde=Regiment zu Fuß folgte in Reih und Glied ein uniformirter junger Bursche von 14 Jahren, welcher während des ganzen Feldzuges mit dem Truppentheil alle Strapazen getheilt hatte. Als das Garde=Füsilier=Regiment vorbeizog, lenkten sich aller Augen auf einen Hauptmann, welcher schwer verwundet, in der einen Hand den Degen, mit der andern an einem Stock gehend, seine Compagnie vorbeiführte. Vom Beginn des Vorbeimarsches an bis zu dessen Beendigung gegen 2 Uhr, wollte das Willkommen und der Jubel der zu Tausenden und abermals Tausenden versammelten Menge kein Ende nehmen.
Vom Vorbeimarsch an der Blücher=Statue sei noch erwähnt, daß Se. K. H. der Großherzog von Mecklenburg=Schwerin die Mecklenburg'schen Truppen selbst dem Könige vorführte. Der König war in bester Stimmung; er war noch anwesend, als die Fahnen abgebracht wurden. Als er sich in's Palais zurückbegab, folgten ihm die lebhaftesten Acclamationen der Menge.
Der zweite Tag des Festes glich in Betreff des Einzugs vollständig dem ersten, nur daß andere Truppentheile den Einmarsch machten. Die Theilnahme des Publikums war, obwohl das Wetter nicht ganz günstig war, unvermindert. Um 1 Uhr fand das Tedeum im Lustgarten statt, wobei die ganze Königliche Familie, die fremden Fürsten, die Generale, die Minister, mit Ausnahme des Grafen Bismarck, der noch immer nicht ganz hergestellt ist, und 104 Geistliche aller Confessionen den Altar umstanden. Der Feldpropst Thieler hielt die Fest=Predigt über Psalm 118, Vers 23, worauf der Ambrosianische Lobgesang von 500 Sängern, begleitet von den Musik=Corps aller Regimenter, gesungen wurde. Die imposante Feier schloß unter Kanonendonner um 1 1/2 Uhr. - Abends fand die Illumination statt, die größte und brillanteste, die Berlin je gesehen. Dieselbe war eine allgemeine, sie erstreckte sich in alle Stadttheile, auf alle Etagen der Häuser. Die Straßen=Jugend amüsirte sich mehr als je mit Abbrennen von Kanonenschlägen und anderen Feuerwerkskörpern. An allen Orten waren Transparente mit sinnreichen Inschriften angebracht. Das Bureau des "Kladderadatsch" zeigte ein großes Transparent mit folgendem Vers: "Die Ihr mit Donner und mit Blitz - Getroffen den Doppel=Aar auf seinem Sitz - Ein Hurrah für diesen schlagenden Witz - Den tapfern Söhnen des alten Fritz." - Das Schloß war in allen zahllosen Fenstern erleuchtet. Zwischen 9 und 10 Uhr machte der König mit dem ganzen Hofe eine Umfahrt, überall stürmisch empfangen.
- Am Einzugstage brachte der preußische Staatsanzeiger einen umfassenden Amnestie=Erlaß für Alle, welche bis zum 20. September d. J. verurtheilt sind wegen Hochverraths, Majestätsbeleidigung, wegen Verbrechen und Vergehen aus Widerstand gegen die Staatgewalt und Verletzung der öffentlichen Ordnung, sowie wegen Preßvergehen. - Sodann wird das Statut in Betreff der Stiftung eines Erinnerungs=Kreuzes für den Feldzug von 1866, ferner das Gesetz, betreffend die Vereinigung von Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt a. M. mit der preußischen Monarchie veröffentlicht.
- Die österreichisch=italienische Uebereinkunft wurde am 20. Sept. abgeschlossen. Die Entschädigung für die allgemeine Schuld ist auf hundert Millionen Franken (26 2/3 Mill. Thlr.) festgestellt.
- Weit hinten in der Türkei ist's auch schon losgegangen. Die Türken haben zweimal Schläge bekommen, einmal in Syrien und das zweite Mal in Epirus, wo der Aufstand immer weiter um sich greift. Die Schutzmächte werden zu thun haben, um hier den Krieg aufzuhalten.
- Am 23. Sept. feierte der Schönberger Männerturnverein sein diesjähriges Schauturnen, zu welchem die Turnvereine von Carlow und Rehna, mit denen der hiesige Verein in freundnachbarlichen Beziehungen steht, eingeladen waren. Nachdem nun diese fremden Turner am Nachmittage mit einem "Gut Heil!" begrüßt und freundschaftlich empfangen waren, begab sich der Zug der Turner gegen 4 Uhr vom Boye'schen Gasthause aus nach dem Turnplatze, dort in turnerischen Künsten mit einander zu wetteifern und sich und die zahlreich versammelten Zuschauer durch ihre Uebungen zu erfreuen. Gegen Abend ging's zurück in die Stadt, wo sich die Turner zu einem Kränzchen im Boye'schen Gasthause vereinigten.
- Der Kurfürst von Hessen hat nach vorheriger Verständigung mit dem König von Preußen Stettin verlassen und sich bei seiner Abreise bei den Stettinern für ihr rücksichtsvolles Benehmen gegen ihn während seines Aufenthalts daselbst bedankt. Der Kurfürst hat sich vorerst nach Dresden begeben.
- Im Großherzogthum Baden sind 400,000 Gulden zur Erhöhung der Volksschullehrer=Gehalte von den Ständen bewilligt worden.
- Im Königreich Bayern ist die gleichheitliche Brieftaxe, nämlich für jeden Brief 3 Kreuzer, eingeführt und hat sich sehr gut bewährt. Es hat diese Einrichtung nicht den geringsten nachtheiligen Einfluß auf die Rente.
- Für die zwei Tage, an welchen die siegreichen Truppen in Berlin einzogen, haben einige Hamburger ein zweifensteriges Zimmer unter den Linden gemiethet und bezahlten dafür 64 Friedrichsd'or (363 Thaler).
- In Leipzig ist die Cholera im Abnehmen, doch gab es am 16. Sept. immer noch 59 Todesfälle.
- Für die Magdeburg=Halberstädter Eisenbahn sind drei neue Locomotiven aus der Borsigschen Maschinen=Fabrik in Berlin hervorgegangen. Sie führen die Namen: Kronprinz, Friedrich Carl und Herwarth.
- Aus Holzkirchen in Oberbayern ist eine Ladung für die Bewohner der Röhn, die im Krieg so viel verloren haben, abgegangen, welche gewiß große Freude bereiten wird. Es sind dies 200 Ziegen und 2 Böcke, 2000 Ellen Leinwand, 7 Ctr. Schmalz und einige Centner Butter nebst vielen Schocken Eier etc. Das ist recht menschenfreundlich.
- In Liverpool wurden zu den schon vorhandenen 3000 Kneipen auf einmal 150 neue Wirth=

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schaftspatente verlangt, aber 31,000 Einwohner protestirten gegen die Vermehrung dieser "Gifthöhlen," und wurden von 133 Aerzten unterstützt. Die Gemeindebehörde schlug die Gesuche ab.
- Der schwedische Reisende Hedenborg will auf der Insel Rhodus eine interessante Beobachtung gemacht haben. Er habe öfter, wenn im Herbste die Züge der Störche über das Meer nach Rhodus kamen, Gesang von Singvögeln gehört, ohne die Sänger entdecken zu können. Einst sei er aber den Zügen von Störchen nachgegangen, habe dann gesehen, als sie sich niederließen, daß von dem Rücken der Störche kleine Vögel aufflogen, welche auf diese Weise die Reise über das Meer machten. Die Gattung der Singvögel habe er wegen der Größe der Entfernung nicht unterscheiden können.
- Vom Berliner botanischen Garten wurde eine überseeische Wasserpflanze, Wasserpest genannt, als Curiosität bezogen und in die Gräben von Sanssouci ausgesetzt, pflanzte sich aber außerordentlich schnell weiter fort bis in das Flußbett und die Seen der Havel, selbst in den Schiffahrts=Kanal. Man hoffte von ihr die gute Wirkung, den Fischen, durch die lebhafte Schiffahrt schon merklich verscheucht, bequeme Schlupflöcher und Anhaltepunkte zum Laichen zu bieten. Dies hat sie nun aber in so ausgedehntem Maße gethan, daß sie thatsächlich die Schiffahrt zu hindern anfängt, und es ist gar nicht abzusehen, wie man sie jemals wieder loswerden kann, da sie die Eigenschaft besitzt, daß jedes noch so kleine, abgerissene Stückchen sofort selbständig frische Wurzeln treibt. Die Fische kommen dabei gut weg, aber die Schiffe nicht.
- Bei der Rückkehr eines der preußischen Bataillone in seine alte Garnison wurde demselben ein festlicher Empfang bereitet, die Straßen waren geschmückt, unter der Ehrenpforte harrten die Spitzen der Behörden der Ankunft der heimkehrenden Krieger; endlich verkündet Trommelwirbel das Herannahen der Truppen, die weißgekleideten Jungfrauen traten hervor, da bemerkt der ebenfalls beim Empfang anwesende Stadtcommandant, daß die Soldaten die Hosen feldmäßig in die Stiefeln gesteckt haben. Er commandirt also mit tönender Stimme "Halt", und alsdann "Hosen runter".
- Bei ihrem Einzüge in Hainau (Schlesien) lasen die siegreichen preußischen Truppen an dem Hause eines Gerbers folgende Inschrift:

Was Friedrich hat "in Loh" gebracht,
Das hat der Wilhelm "gar" gemacht.
- Als gleich bei Beginn der Feindseligkeiten die preußische Garde=Artillerie ihre Caserne in Berlin verließ und hinauszog mit ihren Feuer und Tod speienden Geschützen, erregte es beim Publikum trotz der ernsten Lage der Dinge nicht geringe Heiterkeit, einen - Ziegenbock mit ausmarschiren zu sehen. Die Soldaten hatten nämlich das Thier ganz jung von einem die Caserne mit Milch versorgenden Händler gekauft, großgefüttert, und nun wollten sie dies Adoptiv=Kind der Brigade nicht zurücklassen; so wurde es denn mitgenommen, hinaus in die Stürme des Krieges, dem ernsten Spiele um Tod und Leben entgegen. Und das Thier folgte willig und gern von Ort zu Ort und von Schlacht zu Schlacht. Als es zum ersten Male galt, dem feindlichen Geschoß entgegen zu treten, wollten die Soldaten ihren lieben Ziegenbock hinter der Fronte gesichert zurücklassen; aber da kamen sie schön bei ihrem gehörnten Freunde an. Sobald das erste preußische Trompeten=Signal ertönte, setzte er sich in Trab und ruhte nicht eher, als bis er sich neben dem Signal=Trompeter befand, und nun ging es vorwärts, im dichtesten Kugelregen mit lustigen Sprüngen, immer auf den Feind los. Mancher brave Soldat empfing den Todesschuß und starb auf dem Bette der Ehre, den Ziegenbock aber traf keine Kugel, vielleicht auch schonte man ihn von feindlicher Seite, denn gefangene Oesterreicher erzählten, daß man bei ihnen steif und fest behauptet, "die Preußen führten den Teufel mit sich, der in Gestalt eines Ziegenbocks ihnen immer voran ginge." Es gab für die Soldaten manche schwere Stunde; erschöpft und matt von Strapazen, fehlte es ihnen oft genug an Nahrung, aber wer würde wohl auch nur den Gedanken haben fassen können, den Ziegenbock, den treuen Gefährten, zu tödten und sein Fleisch zu essen? Lieber wurde gehungert. Und gesund und heil, ohne auch nur eine Schramme davongetragen zu haben, trat der vierbeinige Kämpfer - die Soldaten behaupten, er sei auf die Oesterreicher mit den Hörnern losgegangen - mit seiner Brigade den Rückzug an; da, bei einem unglücklichen Fall oder Sprung von einem Wagen, brach er ein Bein. Es wurde jedoch sofort ein Gyps=Verband angelegt und nach kurzer Zeit war das Thier wieder munter und gesund. Beim Durchmarsch einzelner Ortschaften hat der tapfere Bursche oft so viel Kränze zu tragen gehabt, daß ihn fast die Last derselben zu Boden drückte.


Anzeigen.

Schul=Anzeige.

Der Unterricht in der Domschule beginnt wieder am Montag, den 1. Oktober. Die aufzunehmenden Schüler sind bis dahin bei dem Unterzeichneten anzumelden.
Domhof, den 25. Sept. 1866.
J. G. Willers.


Wir machen hiermit bekannt, daß der Krugtag der Schuhmacher=Gesellen=Brüderschaft am Montag nach Michaelis, den 1. Oktober, stattfindet, und werden die Gesellen aufgefordert, persönlich zu erscheinen.
Schönberg, den 20. September 1866.
Die Vorsteher und Altgesell der Schuhmacher=Gesellen=Brüderschaft.


Ein thätiger, solider Kaufmann wird in jeder Stadt gesucht zum Betrieb von Brönner's Patent=Brenner für Steinkohlen=Gas; dieselben sparen 40-60 pCt. sich zu melden in der Expedition dieses Blattes.


Den geehrten Herrn Landbewohnern erlaube ich mir hiedurch die ergebene Anzeige zu machen, daß ich hieselbst ein Getreide=Geschäft etablirt habe und halte ich dasselbe unter Zusicherung prompter und reeller Bedienung ergebenst empfohlen.
Ratzeburg im September 1866.
Georg Harmsen.


Die Mecklenburgische Lebensversicherungs= und Spar=Bank
in Schwerin

schließt Lebensversicherungen, Leibrentenversicherungen, Kapital=Einlage=, Darlehns= und alle sonstigen Geld=, Inkasso= und Kommissions=Geschäfte durch die unterzeichnete Agentur zu den vortheilhaftesten Bedingungen ab. Die Geschäfts=Prospekte (Nr. I. für Lebensversicherungen, Nr. II. für Leibrentenversicherungen, Nr. III. für Spar=Bank=Geschäfte) sind bei derselben unentgeltlich zu entnehmen und wird jede gewünschte nähere Auskunft bereitwilligst ertheilt. Die in den letzten drei Jahren zur Vertheilung zurückgestellten, mittleren Dividenden der Lebensversicherten betragen respective 36 %, 40 % und 36 % der eingezahlten Prämie.
Agentur Schönberg.
J. P. Bade.


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Die seit Kurzem erscheinende Muster=Zeitung,
"Die Biene",
kostet vierteljährig nur 16 Schillinge und wird, wie auch alle sonstigen Zeitschriften, besorgt durch den Buchbinder C. Sievers.


[ => Original lesen: 1866 Nr. 77 Seite 4]

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Außer den trefflichen Beiträgen eines E. Merlitt (Verfasser der Goldelse), Fr. Gerstäcker, Paul Heyse, Hermann Schmid, L. Schücking, Temme, Bock, A. Douai, Rudolf Gottschall, G. Hammer, Fr. Hofmann, Alfred Meißner, Otfried Mylius, Johs. Scherr, Schulze=Delitzsch, Ludwig Steub, Carl Vogt, Ludwig Walesrode, Franz Wallner u. s. w. bringt das neue Quartal besonders wieder die wichtigsten Gegenstände und Persönlichkeiten der
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in authendischen Abbildungen und Original=Berichten von anerkannt tüchtigen Künstlern und Schriftstellern.
Die Verlangshandlung von Ernst Keil in Leipzig.
Alle Postämter und Buchhandlungen nehmen Bestellungen an.

Wir zeigen hiemit an, dass wir im Interesse des landwirthschaftliche Publicums das alleinige Recht und die ausschliessliche Befugniss zur Fabrikation des
aufgeschlossenen Peru-Guano's ( ammoniakal. Superphosphat)
für ganz Deutschland den Herren Ohlendorff & Co. in Hamburg und Emmerlich a. R. und zwar unter unserer Controle übertragen haben. Die Herren Ohlendoprff & Co. sind verpflichtet für einen Gehalt von circa 11 pCt. Stickstoff und circa 10 pCt. löslicher Phosphorsäure in dem Fabrikat zu garantiren.
Hamburg, im Juni 1865.
J. D. Mutzenbecher Söhne und Aug. Jos. Schön & Co.


Unter Bezugnahme auf obige Anzeige erlauben wir uns, die Herren Landwirthe einzuladen, Ihre diesjährigen Herbst-Bedarf an concentrirten Düngstoffen durch unseren aufgeschlossenen Peru-Guano
zu decken. Es gereicht uns zur besonderen Freude, die Mittheilung machen zu können, dass die in letztem Herbst und diesem Frühjahr angewendeten über 150,000 Ctr. unseres Fabrikats ausnahmslos die überraschend günstigsten Resultate, namentlich auch im Vergleich zu sonstigen concentrirten Düngern gezeigt haben, wodurch die schon früher aus theoretischen Gründen aufgestellte Behauptung, dass unser
aufgeschlossener Peru-Guano
das beste und vortheilhafteste aller existirenden concentrirten Düngmittel sei, in glänzender Weise praktisch gewährleistet wird.
Unsere Preise für denselben sind unverändert ab unseren Fabriken in Hamburg und Emmerich a. R.
Pr. Thlr. 4 1/3 bei Entnahme von und über 600 Ctr. pr. 100 Pfund Brutto Zoll-Gew. incl. Säcke und comptant.
und
Pr. Thlr. 4 1/2 bei Entnahme von und über 600 Ctr. pr. 100 Pfund Brutto Zoll-Gew. incl. Säcke und comptant.
Lager von aufgeschlossenem Peru-Guano und rohem Peru-Guano halten in Lübeck die Herren Lüders & Melchert.
Hamburg und Emmerich a. R., im Sept. 1866 Ohlendorff & Co.


Am 25. und 26. d. Mts. werden auf dem Menzendorfer Felde Rappsschoten verbrannt.


Meine Korn=Reinigungs=Maschine, um Saat=Korn zu reinigen, miethe ich aus und nehme 2 Schilling (Mecklenburg) per Scheffel.
C. H. Vock.


Am 23. Septbr. ist in dem Saale des Ackerbürgers Spehr zu Schönberg eine silberne Taschenuhr verloren. Der ehrliche Finder wird gebeten, dieselbe beim Ackerbürger Spehr gegen eine angemessene Belohnung zurückzugeben.


Ueber meine Kleekoppel wird seit einiger Zeit von Fußgängern, die nach der Maurienmühle wollen, ein Weg angelegt, wodurch ich an meinem Klee beschädigt und deshalb gezwungen werde, alle künftig unbefugt darauf Betroffenen, dem Gerichte zur Bestrafung anzuzeigen.
Hauswirth Meier in Neschow.


Meteorologische Beobachtungen.
1866
Sept.
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
21.
22.
23.
24.
32.73
30.17
32.78
35.92
8.1
7.3
8.6
11.8
13.0
13.3
19.2
16.9
SSW
S
SSW
O
2
1
1
0
trübe.
-
heiter.
zieml. heiter.

Am 21. u. 22. fielen 37 u. 9 C.=Z. Regen auf 1 []F.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pfund13 1/2 - 14 Schilling (Mecklenburg).
Holst. d. Pfund14 - 14 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Hasen, d. St. 28 - 32 Schilling (Mecklenburg).
Hühner, d. St.12 - 16 Schilling (Mecklenburg).
Küken d. St.7 - 9 Schilling (Mecklenburg).
Tauben, d. St.4 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Gänse40 - 44 Schilling (Mecklenburg).
Schinken, d. Pfund9 - 10 Schilling (Mecklenburg).
Wurst d. Pfund9 - 10 Schilling (Mecklenburg).
Eier 7 - 8 St. für4 Schilling (Mecklenburg).
Kartoffeln, d. Faß5 - 6 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
Weitzen20 - 21Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Roggen12 - 13Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Gerste12 - 12Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Hafer9 - 10Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Erbsen12 - 16Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)
Wicken-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen9 - 10Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
W.=Rapsaat23 - 23Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Wint.=Rübsen22Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat18 - 19Mark (Lübeck)8Schilling (Mecklenburg)


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.


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