[ => Original lesen: 1866 Nr. 57 Seite 1] - Neustrelitz, 14. Juli. in Bezug auf die Feier des auf den nächsten Donnerstag fallenden Geburtstages ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin erfahren wir, daß in diesem Jahre keine Hoffeierlichkeiten stattfinden, sondern daß die Allerhöchsten Herrschaften den Tag in der Stille des Landlebens zu verbringen gedenken. (N. Z.)
- Am 12. Juli ist Brünn, die Hauptstadt von Mähren von 45 Mann Preußen besetzt. Alle kaiserlichen Behörden haben sich entfernt und die Kassen mitgenommen. Die österreich. Truppen haben sich vor Annäherung der Preußen zurückgezogen. Auch Iglau soll bereits im Besitz der Preußen sein und der Weitervormarsch gegen Znaym begonnen haben.
- Das Hauptquartier des Königs von Preußen ist ebenfalls bereits nach Brünn verlegt. Einer Deputation, die um Schonung der Stadt bat, antwortete der König: Ich bin nicht aus eigener Wahl und durch meinen Willen hier erschienen, sondern weil Ihr Monarch Mich zum Krieg gezwungen hat. Deswegen führe Ich aber auch keinen Krieg gegen die friedlichen Unterthanen, sondern gegen die Armee Ihres Souverains. Bisher bin Ich allerdings siegreich gewesen und die Tapferkeit Meiner Armee gibt Mir das Vertrauen, daß Ich es auch ferner sein werde. Ich habe sie in ungewöhnlich großer Zahl hierher führen müssen, und es ist wohl möglich, daß unter solchen Massen sich einzelne Fälle ereignen, die zu Beschwerden Veranlassung geben. Aber auch diese können vermieden werden, wenn Sie Meinen braven Truppen bereitwillig mit Lieferung ihrer Lebensbedürfnisse entgegenkommen. Sagen Sie das Ihren Mitbürgern.
- Aber nicht allein in Oesterreich zeigt sich die große Ueberlegenheit der Preußen, auch bei Frankfurt hat die sogen. Reichsarmee ihren siegreichen Waffen weichen müssen. Die N. P. Z. bringt eine Depesche aus Köln vom 15. Juli, worin es heißt: Gestern Mittag fand bei Aschaffenburg ein bedeutendes Treffen statt, bei welchen die preußischen Truppen Sieger geblieben. Die Preußen wollten die Vereinigung der Feinde verhindern, was ihnen vollständig gelungen ist. Im Gefechte waren Oesterreicher, Darmstädter, Baiern. Aschaffenburg brannte heute früh. Der Bundestag wird von Frankfurt nach Augsburg verlegt. Die Bundestruppen haben Frankfurt geräumt. Abends 6 Uhr trafen die ersten Verwundeten daselbst ein. Nachdem in Frankfurt die widersprechendsten Gerüchte verbreitet waren, langte mit den ersten Verwundeten schon die Kunde an, daß die Preußen im blutigen Kampfe bei Aschaffenburg Sieger und im Marsche auf Frankfurt begriffen seien.
- Die Preußen sind im Anmarsch gegen Znaim und Zwetl. Der Kaiser von Oesterreich versprach dem Wiener Gemeindevorstande, Wien als offene Stadt erklären lassen zu wollen. Er selbst werde in Wien ausharren bis zum Abzug der Truppen. Die Schanzen hätten bloß den Zweck, den Rückzug der Armee zu decken.
- Dem Bündniß mit Preußen, welches die gemeinsame Garantie des Besitzstandes und der Verpflichtung zur Berufung des Parlaments behufs Vereinbarung der bundesstaatlichen Verfassung auf der Basis der preußischen Grundzüge enthält, sind nunmehr mit Ausnahme von Luxemburg, Meiningen und Reuß=Greiz sämmtliche Staaten Norddeutschlands beigetreten. Es sind dies mit Preußen und Schleswig=Holstein 18 Staaten des früheren deutschen Bundes, nämlich Anhalt, Sachsen=Altenburg, Sachsen=Coburg=Gotha, Sachsen=Weimar, Waldeck, Schwarzburg=Sondershausen, Schwarzburg=Rudolstadt, Lippe=Detmold, Schaumburg=Lippe, Reuß=Gera, Mecklenburg=Schwerin, Mecklenburg=Strelitz, Oldenburg, Lübeck, Bremen und Hamburg. Diese Staaten repräsentiren mit der Bevölkerung der von Preußen in Verwaltung genommenen Länder eine Vereinigung von etwa dreißig Millionen Deutscher in einem vollkommen geschlossenen Territorialverbande, welche in ihren wichtigsten politischen und materiellen Interessen auf einander angewiesen und in ihrer Culturentwicklung wie in ihrem religiösen Bekenntniß überwiegend gleichartig sind. In vielen dieser Staaten sind die Einleitungen zur Berufung des gemeinschaftlichen Parlaments, welche die Zusammengehörigkeit derselben am besten darlegen wird, auf Grund des Reichswahlgesetzes von 1849 bereits getroffen.
- In der Ausdauer der preußischen Truppen in der Schlacht bei Königsgrätz hat selbst der König ein für das Lebensalter des Monarchen seltenes Beispiel gegeben. Um 12 Uhr in der Nacht geweckt, beschäftigte er sich bis zum Augenblick der Abfahrt von Gitschin (Morgens 5 Uhr) mit dem Absenden der Befehle an den Kronprinzen und den General v. Bittenfeld, von deren rechtzeitigem Eintreffen auf dem Schlachtfelde und Umfassen der beiden Flanken des Feindes die Entscheidung des Tages abhing, blieb in Berathung mit dem Chef des Generalstabes der Armee und fuhr um 5 Uhr nach Sadowa, wo gegen 8 Uhr das Pferd bestiegen wurde und blieb nun bis Abends 9 Uhr ununterbrochen zu Pferde, ohne auch nur einen Augenblick die gespannteste Aufmerksamkeit vom Gange des Gefechts abzuwenden. Selbst zum Essen ließ sich der königliche Feldherr nicht Zeit. Als gegen 1 Uhr die Schlacht stand und die Armee des Kronprinzen das Schlachtfeld noch nicht betreten hatte, entstand eine Pause, in welcher der König seine Umgebung fragte, ob Niemand etwas Essen bei sich habe. Ein Offizier gab ein Stückchen Wurst und ein Soldat etwas Brod, womit der König vollkommen zufrieden war. Erst nach der Rückkehr in das Hauptquartier des Prinzen Friedrich Carl spät Abends nahm er eine Tasse Thee zu sich.
[ => Original lesen: 1866 Nr. 57 Seite 2]Einmal war der König auch in Gefahr, von einer Abtheilung Österreichischer Kürassiere eingeschlossen und vielleicht mit fortgerissen zu werden. Er hatte sich aber nicht von der Stelle bewegt und den Vorgang kaum eines Seitenblicks gewürdigt, da seine ganze Aufmerksamkeit auf den Verlauf der Schlacht gerichtet war. Schon im Anfange des Kampfes hatte er eine das Schlachtfeld beherrschende Aufstellung am Fuße eines Hügels genommen und war daselbst dem feindlichen Granatfeuer ausgesetzt, das wahrscheinlich die sehr zahlreiche Begleitung auf sich gezogen hatte. Niemand wagte, den König zu bitten, sich nicht persönlich dem Feuer auszusetzen, die Suite blieb aber sofort möglichst zurück, um die Aufmerksamkeit der österreichischen Artillerie auf eine so große Gruppe und von dem Könige abzulenken. Als aber später beim Dorfe Lipa der König selbst das Vorgehen der Cavallerie befahl und dabei abermals ins Granatfeuer kam, erlaubte sich der in der Uniform des 7. Schweren Landwehr=Reiter=Regiments beim König anwesende Minister=Präsident Graf Bismarck die Bitte, der König möge sich dem so wohlgezielten österreichischen Artilleriefeuer nicht so rücksichtslos aussetzen. Die ununterbrochene Anstrengung und Erregung der Truppen, welche der König selbst theilte, war die Veranlassung, daß die Verfolgung vor der Festung Königsgrätz anhielt. Dagegen wurde die Verfolgung in südlicher Richtung bis Parduwitz fortgesetzt und hier war es vorzüglich, wo die große Zahl von Gefangenen den Preußen in die Hände gefallen ist.
- Die Verluste der Oesterreicher betrugen in der Schlacht bei Königsgrätz an Todten, Verwundeten und Gefangenen circa 37,000 Mann sowie 123 Geschütze, mehrere Fahnen und Standarten. Die Preußen haben 5-6000 Mann, aber keine Geschütze, Trophäen etc. verloren.
- Die großherzoglich mecklenburgischen und oldenburgischen mobilen Contingente rücken, begleitet von den heißen Segenswünschen der Bevölkerung ihrer Heimath, auf den Kriegsschauplatz ab. Die hanseatischen Contingente haben die Mobilmachung bereits vollendet.
- Die Großherzogliche Mecklenburg=Schwerinsche Division rückt in's Feld mit 176 Offizieren, 5377 Mann und 1487 Pferden.
- Ein Arzt schreibt aus Parduwitz: Abgesehen von niedergebrannten Dörfern, vernichteten Fluren etc., stehen dem armen Lande Böhmen auch noch Pest und andere ansteckende Krankheiten in Aussicht. Denke man sich Tausende von Leichen und Hunderte von Pferden auf im Verhältniß sehr kleinen Flächen begraben oder nur mit Erde überworfen und dabei die warme Witterung! An den Besuch der Lazarethe muß man sich erst gewöhnen, an Ventilation ist in den Bauernhäusern nicht zu denken, gewöhnlich bricht nebenbei der Typhus aus; am wohlsten befinden sich noch die Verwundeten, welche in Scheunen, Schoppen etc. untergebracht sind. Dabei der Mangel an Aerzten, Medicamenten, Operations=Werkzeugen, Wärtern, Bettstücken, Erfrischungen etc. In Wzecka und Roznitz lagen circa 1000 Verwundete, genau 966 Oesterreicher und nur 39 Preußen, dazu waren fünf Aerzte, so daß also jeder von den Herren 200 Blessirte zu verbinden hatte, bei denen meistens Operationen und Secretionen nöthig waren. Wenn nur jeder Verwundete 15 Minuten Zeit in Anspruch nimmt, so gehören 50 Stunden dazu, um den ersten nothwendigen Verband anzulegen. Welcher Arzt hält dies aus und wie lange müssen die letzten ohne Hilfe, ohne Stroh, ja oft ohne Wasser in ihren Folterqualen ausharren. Wer die Noth und den Jammer gesehen und gehört hat und sein Herz blutet nicht dabei, der trägt bei Gott einen Stein in seinem Busen. Ich könnte viele Fälle von Aufopferung unserer Aerzte erzählen, erspare mir dies aber für spätere Zeiten. Am erbärmlichsten benehmen sich die Oesterreicher gegen ihre eigenen Landsleute; Lebensmittel und Krankenwärter müssen mit Gewalt requirirt werden. Hier hat man keine Idee von der großen Opferwilligkeit unserer braven Schlesier, die keinen Unterschied machen zwischen Freund und Feind, hier sieht man kein weibliches Wesen Hand anlegen zur Pflege oder Erquickungen reichen. Selbst Verbandzeug muß aus Preußen herbeigeschafft werden, die Menschen sind geflohen, die Städte und Dörfer stehen leer.
- Einige dänische Aerzte sind in Berlin eingetroffen und nach Böhmen weiter gereist, um in den Lazarethen zu wirken.
- Dieser Tage kamen in Reinerz 700 Oesterreicher vom Regiment Deutschmeister durch, welche bei Skalitz gefangen genommen wurden. Allgemeine Heiterkeit erregte die Behauptung einiger derselben, bei der preußischen Artillerie den Teufel in Gestalt eines Thieres mit langem Bart und Hörnern gesehen zu haben. Trotz aller Mühe, sie zu belehren, es sei der Ziegenbock der zweiten Artillerie=Brigade, welcher eben so berühmt sei, als ihr Neufundländer beim Musikcorps, waren die Leute von ihrem Glauben nicht abzubringen.
- In diesen Tagen sprach sich ein Preuße gegen einen österreichischen Gefangenen in Berlin dahin aus, daß Benedek sich mit seinen Vorhersagungen doch gründlich blamirt habe. Nicht doch, fiel der Oesterreicher ein; hat er uns doch zugerufen: "Kinder, in vierzehn Tagen seid ihr in Berlin!" und da sind wir.
- Das deutsche Parlament wird höchst wahrscheinlich unmittelbar nach dem Schlusse des preußischen Landtags in Berlin zusammentreten. Die Wahlen sollen Mitte August stattfinden, so daß die Eröffnung des Parlaments entweder zu Ende August oder zu Anfang September erfolgen kann.
- General Klapka, der berühmte Vertheidiger von Komorn, ist mit andern Ungarn in Berlin angekommen. - Die Ungarn wollen die bedrängte Lage Oesterreichs benutzen, sich von ihm frei zu machen und ihren selbständigen Thron wieder aufzurichten.
- Die Zeitungen in Wien verlangen Oeffentlichkeit der Verhandlungen des Kriegsgerichts über die Generale Clam=Gallas, Henikstein (Chef des Generalstabes) und Krismanic, um zu erfahren, ob diese Männer nicht bloß unglücklich, sondern auch schuldig sind. "Oeffentlich soll die Verhandlung sein, nicht zwischen vier Mauern, vor ganz Europa soll es entschieden werden, wer die Schuld trägt, daß die größte Armee, die Oesterreich jemals hatte, vernichtet ist."
- Als sehr braven Soldaten hat sich der Fahnenträger Kopanie im Regiment Giulay gezeigt. Bei Gitschin gerieth sein Bataillon in ein sumpfiges Gewässer, viele ertranken; Kopanic steckte bis tief in die Nacht bis an die Brust im Wasser, trennte die Fahne vom Stocke, wickelte sie sich um den Leib und suchte zu entkommen. Von den Preußen im Korn gefangen entkam er wieder, vertauschte unterwegs seine Uniform mit einem Bauernkittel, marschirte Tag und Nacht, schlich sich auf Händen und Füßen kriechend bei Jungbunzlau durch die preußischen Vorposten und langte endlich mit der geretteten Fahne in Prag an. Der Statthalter telegraphirte dem Kaiser die brave That und dieser antwortete zurück, er wolle den Mann selbst sehen und ihm danken.
- Die verwundeten und gefangenen sächsischen Offiziere und Mannschaften sollen unter dem eidlichen Gelöbniß, daß sie nie wieder gegen Preußen Krieg führen wollen, in ihre Heimath entlassen worden sein.
- In Preußen sind höchst umfassende Aufträge zur Anfertigung von Waffen, Munition und Uniformen etc. gegeben und in der Ausführung begriffen. So werden z. B. täglich 1000 Zündnadel=Gewehre gefertigt und an die Depots abgeliefert.
- Nach Ausweis der Bücher der Staatskasse hat der König von Hannover nicht bloß sein eigenes Vermögen, sondern auch 1,200,000 Thlr. Staatsgelder nach London in Sicherheit gebracht.
- Bis zum 7. Juli sind in Bremen für die verwundeten Krieger beim Hülfsverein 24,096 Thlr. eingegangen. Es befinden sich unter der Summe Posten von 1000 Thalern. Täglich werden ganze
[ => Original lesen: 1866 Nr. 57 Seite 3]Eisenbahnwagen voll mit Erfrischungen und Lazarethgegenständen nach Erfurt gesandt.
- Der telegraphische Privatverkehr ist auf der Station Hannover geschlossen worden.
- Die Kaiserin von Oesterreich ist am 9. d. in Pesth angekommen und von der Bevölkerung mit Jubel empfangen worden.
- Wie ausgedehnt die Lieferungen für die preußische Armee im Felde sind, erhellt aus der Thatsache, daß an dieselbe allein an Speck seit dem Beginn der Kriegsoperationen ein Quantum zum Betrage von zwei Millionen Thalern geliefert worden ist.
- Von einem preußischen Streifcorps wurden in Pegau über 8000 Scheffel Hafer aufgefunden, welche ursprünglich für die sächsische Armee bestimmt waren. Dieselben sind nach Leipzig geschafft und von da mittelst Extrazuges an die verschiedenen preußischen Proviantämter weiter befördert worden.
- Die Beute, welche Preußen bisher der österreichischen und hannoverschen Armee gegenüber gemacht, beträgt: an Gefangenen 50,000, Pferden 8000, Geschützen 220, brauchbaren Gewehren 40000, Seitengewehren (hannoverschen) 20000. Von den Geschützen sind 200 neu und gezogen, die Gewehre, solchen Feinden gegenüber, die keine Zündnadelgewehre besitzen, ausgezeichnet, die Pferde vorzüglich. Die zahlreiche, ebenfalls erbeutele Munition ist hierbei ganz außer Anschlag geblieben.
- Der Consul der Vereinigten Staaten von Nordamerika in Hamburg hat dem preuß. Kriegsministerium 50 Tonnen Eis zur Verfügung gestellt.
- Aus Rußland kommen für die preuß. Armee große Massen von Rindvieh an; zum Theil von einer Race, die in Deutschland bisher nicht bekannt war.
- Die Aachen=Münchener Feuerversicherungs=Gesellschaft hat dem preuß. Verein zur Pflege der im Felde verwundeten und erkrankten Krieger die Summe von 20,000 Thlrn. übersandt.
Die Gattin des Kurfürsten von Hessen, die Fürstin von Hanau, ist mit ihren Schätzen von Hanau nach der Schweiz gereist.
- In der Schlacht bei Sadowa hat sich der Gefreite Wurfschmidt von der ersten Schwadron des 10. preußischen Husaren=Regiments besonders hervorgethan. Demselben ist es gelungen, die Fahne des ungarischen Infanterie=Regiments Nr. 51 (Karl Ferdinand) mit ungeheurer Bravour zu erobern. Dieser kühne junge Mann ist ein Schlossergeselle aus Göttnitz bei Stumsdorf in der Provinz Sachsen, der längere Zeit in Berliner Werkstätten und Fabriken gearbeitet hat und bei seiner Einberufung in der Reparatur=Werkstatt der Magdeburg=Halle=Leipziger Eisenbahn zu Köthen beschäftigt gewesen ist. Nach einem von ihm aus Horsitz abgeschickten Briefe hat seine Kühnheit die Aufmerksamkeit des Königs und des Prinzen Friedrich Karl auf sich gezogen. Der König ließ ihn nach beendeter Schlacht vor sich kommen, drückte ihm die Hand und reichte ihm ein Geschenk; ebenso der Prinz Friedrich Karl, der den erschöpften Helden aus seinen Vorräthen reichlich bewirthen ließ. Seinem Briefe hat Wurfschmidt ein Stück von dem Tuche der erbeuteten Fahne beigelegt. Seine Escadron hat bei Sadowa 600 Gefangene gemacht.
- Muthige Frauen. Den ganzen englisch=spanischen Feldzug gegen Napoleon I. machte eine englische Frau mit, Gräfin Waldegrave, und war bei den Reitergefechten ihres Gemahls unzähligen Gefahren ausgesetzt. Einmal wurde sie beinahe gefangen genommen, aber als sie dem französischen Offizier der sie bedrohte, die Pistole auf die Brust setzte, senkte er den Degen und ließ sie entkommen. Sie war nicht bloß jung, sondern auch schön und that es im Reiten jedem Mann gleich. Sie war nichts weniger als ein Mannweib und zeichnete sich durch ein anmuthiges Wesen und eine sanfte Stimme aus. - Graf Chatauvillard hatte um 20000 Frcs. gewettet, daß er ein Pferd reiten wolle, das Niemand zu besteigen wagte. Das heimtückische Thier stand seit Monaten im Stall und war von Niemand berührt worden. Durch ein Loch in der Mauer gab man ihm sein Futter, Wasser und Streu. Die Gräfin erfuhr von der Wette, erkannte die Gefahr ihres Mannes, bewaffnete sich mit zwei Pistolen, trat in den Stall und schoß das Pferd durch den Kopf. Gott sei Dank, rief sie aus, ich habe meine Reicht gethan!
- Die Cholera ist wieder im Anzuge. Hoffentlich wird man in Deutschland nicht vergessen, daß sie in Kriegszeiten und namentlich in Festungen eine furchtbare Geißel wird, wenn sie wie einst in Polen und Rußland ihren Umgang hält. Vorsicht bei Zeiten ist mehr denn je geboten. Der Nordd. C. bringt darüber folgendes Eingesandt:
Von Stettin hat die Cholera sich über Berlin verbreitet und je größer die Ausdehnung wird, die sie gewinnt, um so geringer wird die Wahrscheinlichkeit, daß Schwerin davon verschont bleibt. Nach dem Anspruch der Wissenschaft und nach der Erfahrung wird sie verbreitet durch die Ausdünstung der Ausleerungen von Cholerakranken, besonders wenn dieselben mit anderen faulenden Stoffen menschlichen oder thierischen Ursprungs in Fäulniß übergehen; sie entwickelt sich zu besonderer Heftigkeit auf feuchten, von faulenden Stoffen durchtränkten Boden, in feuchten, dumpfen und überfüllten Wohnungen; doch wird durch gehörige Desinfektion und Reinigung der etwa vorhandene Cholerastoff zerstört und der Entwicklung und Verbreitung der Krankheit der Boden entzogen. In solchen Zeiten ist es Pflicht eines Jeden, nicht bloß an einer einfachen und mäßigen Lebensweise sich genügen zu lassen, sondern auch auf die allergrößte Reinlichkeit in seiner Umgebung zu halten. Faulende Abfälle, stinkende Pfützen auf den Höfen, Düngerhaufen u. s. w. sind sofort zu entfernen. Besonderes Augenmerk ist auf die Rinnsteine zu richten, und sind darin stehende, unreine, faulige Flüssigkeiten durch Ausspülen mit Wasser zu entfernen, auch darf keine Jauche, ebensowenig Küchenabfall in dieselben geschüttet werden. Hauptsächlich müssen wegen ihrer gefährlichen Ausdünstungen die Abtritte wöchentlich mehrere Male desinficirt werden, was am besten mit in Wasser aufgelöstem Eisenvitriol geschieht. Wünschenswerth wäre es, wenn von Polizeiwegen die häufige Abfuhr der Dunggruben und Abtritte, sowie die häufige Desinfection der letzteren angeordnet und strenge durchgeführt würde. Die geringen Opfer, die dadurch dem Einzelnen aufgelegt werden würden, stehen in keinem Verhältniß zu dem Elend, welches eine Epedemie dem Ganzen und dem Einzelnen zuzufügen im Stande ist.
Für die verwundeten Krieger sind bei dem Unterzeichneten bis heute an Geld eingegangen: 18 Thlr. aus Schönberg, 6 Thlr. 32 Schill. aus Boitin=Resdorf, 3 Thlr. aus Rieps, 17 Thlr. aus Gr. Mist, 2 Thlr. aus Kleinfeld. Davon sind abgeliefert an das Central=Comite in Berlin 31 Thlr. 40 Sch. und an Fritz Reuter für die Verwundeten in Thüringen 14 Thlr. 40 Sch. Außerdem wurden von den freundlichen Gebern für Letzteren zur speciellen Verwendung bestimmt: 2 Thlr. aus Schönberg und 2 Thlr. aus Stove. Sonstige Gaben: 1 Beutel mit Wäsche, 3 Handtücher, 2 Bettüberzüge und Charpie, 5 Hemden, 2 Jacken, Binden und Charpie, 11 Flaschen mit eingemachten Früchten und eine Kiste mit Rheinwein aus Schönberg, 1 Laken, 2 Hemden und Charpie aus Rieps. -
Schönberg, den 13. Juli.
Dr. Marung.
Für die verwundeten preußischen Krieger sind vom 13. bis 15. Juni eingegangen: von Herrn Maschinenbauer Kleinfeldt 1 Thlr., von Hrn. Tischlermeister Kiel 1 Thlr., von einer Ungenannten 1 Thlr., von einer Ungenannten 5 Thlr., von zwei Dienstmädchen aus Malzow 8 Schill., von einer Ungenannten 2 Thlr., Summa 10 Thlr. 8 Schill. - Außerdem an Materialien: von Frau Gerichtsräthin Reinhold zwei Bettlaken nebst Binden und Charpie. Kaempffer.
Für die verwundeten Krieger sind an Geld=Beiträgen bei mir eingegangen: Schönberg 62 Thlr. 8 Sch., Stove, 10 Thlr., Mentzendorf 14 Thlr. 40 Sch., Rabensdorf 8 Sch., Rubensdorf 3 Thlr., Sabow 1 Thlr., Demern 5 Thlr., Carlow 16 Sch., Sahmkow 16 Sch., Lockwisch 6 Thlr., Palingen 5 Thlr., Rodenberg 6 Thlr., Rottensdorf 2 Thlr. Summa 115 Thlr. 40 Sch.
August Spehr.
Anzeigen.
Präclusiv=Bescheid.
In Sachen, betreffend die Niederlegung von Hypothekenbüchern über die in der Ladung vom 6. April c. näher bezeichneten Grundstücke
1) des Uhrmachers Heinrich Meyer zu Schönberg,
2) des Webermeisters Hans Heinrich Kähler zu Schönberg,
3) des Arbeitsmanns Johann Joachim Asmus Möller zu Schönberg,
4) der Ehefrau des Töpfermeisters Weinrebe zu Schönberg, Hulda, geb. Breme,
5) des Uhrmachers Johann Friedrich Hagemeister zu Schönberg
[ => Original lesen: 1866 Nr. 57 Seite 4]giebt das Großherzogl. Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg reproductis ad acta proclamatibus cum documentis aff- et refixionis nec non insertionis, auf die am 3. d. M. abgehaltenen Terminsprotocolle hierdurch den
Bescheid:
daß alle weder in den Liquidationsterminen, noch bis jetzt angemeldeten und von der Anmeldungspflicht nicht ausgenommenen Realrechte an den proclamirten Grundstücken sowohl gegen die jetzigen, als künftigen Besitzer derselben erloschen sein sollen.
Von Rechts Wegen!
Schönberg, den 9. Juli 1866.
C. L. v. Oertzen.
(L.S.) O. Reinhardt.
Verkaufsanzeigen.
Der Schornsteinfegermeister Lenschow hieselbst ist Willens, seine gegenwärtig auf seinen Ackerflächen wachsenden Feldfrüchte auf dem Stamme öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlung zu verkaufen, als:
1) den auf einer Ackerfläche von 3 1/2 Scheffel Aussaat Größe wachsenden Hafer,
2) den auf einer Parcelle von 1 Scheffel Aussaat Größe stehenden Hafer,
3) die auf einer Flache von 1 Scheffel Aussaat befindliche Gerste,
4) den auf einer Ackerfläche von pr. pr. drei Scheffel Aussaat Größe wachsenden Roggen und Hafer,
5) den auf einer Fläche von 1 Scheffel Aussaat Größe stehenden Hafer und
6) den auf einer Ackerfläche von 1 1/2 Scheffel Aussaat Größe befindlichen Roggen.
Der etc. Lenschow hat mich mit dem Verkaufe der eben specificirten Kornarten beauftragt und werden Kaufliebhaber hiemit ersucht, am Sonnabend den 21. d. M., Nachmittags 4 Uhr, in der sog. Moorstrasse beim neuen Kirchhofe sich einzufinden.
Bemerkt wird, daß am bezeichneten Tage und zur festgesetzten Stunde gleichzeitig drei Einspänner=Fuder Wiesen=Heu und ein Einspänner=Fuder Klee=Heu, welches in diesem Sommer gewonnen und bei trockener Witterung eingefahren ist, auf den Bot gebracht werden soll. Kaufliebhaber wollen sich wegen Besichtigung dieses Futters beim Schornsteinfegermeister Lenschow hieselbst melden.
Schönberg den 12. Juli 1866.
A. Dufft, Registrator.
Auftragsmäßig werde ich den zur Nachlaßmasse des verstorbenen Hauseigenthümers Carsten Gothknecht gehörigen Hafer 1) ca. 3 Scheffel Aussaat auf dem Osterfelde u.
2) ca. 8 Schfl. Aussaat auf dem Schlauencamp öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlung auf dem Stamm verkaufen.
Kaufliebhaber ersuche ich sich am Montag den 23. d. M., Nachmittags 5 Uhr,
im Hause des Ackerbürgers H. Spehr hieselbst einzufinden.
Schönberg den 16. Juli 1866.
J. P. H. Spehr.
Zufolge gerichtlichen Auftrags werde ich die zur Concursmasse des hiesigen Erbmüllers Carl Lampe gehörigen Gegenstände, als
Sophas, Tische, Stühle, Commoden, Schränke, Spiegel, Bettstellen und Betten, Leinenzeug, Kleidungsstücke, Gold= und Silbersachen, Haus= und Küchengeräth, 2 Kühe, 15 Hühner und 1 Hahn, ca. 250 fast neue Säcke, 1 Pungenwagen, 2 Decimalwaagen mit vollständigen Gewichten, englische und rheinische Bicken, Mühlenkämme, diverse Mehlkisten u. a. m.
am Donnerstag den 26. d. M. und event. am folgenden Tage jedesmal von Morgens 9 Uhr an im Lampe'schen Wohnhause öffentlich meistbietend gegen sofortige Baarzahlung verkaufen, wozu ich Kaufliebhaber einlade.
Rehna den 9. Juli 1866.
D. Bruse, Gerichts=Actuar.
Die Mineralwasser-Anstalt vom Apotheker Th. Schultz in Rehna
empfiehlt sich mit Selters= und Sodawasser, Brause=Limonade und medicinischen Brunnen so angelegentlich als ergebenst.
Selters, große Fl. 4 . Dutz. 45 . 100 St. 7 1/2 .
do. kleine Fl. 3 . Dutz. 33 100 St. 5 1/3
Brauselimonade Fl. 4 . Dutz. 45 . 100 St. 7 1/2 .
Soda wie Selters.
Medicinische Brunnen Fl. 8 .
Große Flaschen werden zu 1 1/2 ., kleine zu 1 . zurückgenommen.
Zum Rehnaer Königsschuß, den 23. und 24. Juli, empfehle ich mein reichhaltig sortirtes Tuch= und Manufactur=Waaren=Geschäft allen geehrten Bewohnern des Fürstenthums, welche uns zu diesem Feste beehren.
Achtungsvoll J. Burchard.
Gußstahl=Sensen in ganz vorzüglicher Güte bei J. F. Eckmann.
Am Freitag d. 20. d. M. soll zum Besten der in Eisenach und Leipzig verwundeten und erkrankten Krieger eine große Harmonie-Musik im Boye'schen Garten stattfinden.
Anfang 7 Uhr. Entree nach Belieben.
Um recht zahlreichen Besuch bitten die Vereins=Musiker.
Bei ungünstiger Witterung Abends im Saale.
Meteorologische Beobachtungen. |
1866 Juli |
Barometer |
|
Wärme |
|
Wind |
Stärke |
|
Paris. Lin. 300 + |
niedrigste °R. |
höchste °R. |
|
|
|
|
13. 14. 15. 16. |
38.50 38.66 37.98 37.57 |
10.7 10.8 11.8 12.3 |
19.7 20.8 20.8 17.2 |
W N N NW |
1 1 1 1 |
heiter. wolkig. - - |
Markt=Preise in Lübeck. |
Butter, Meckl. d. | 12 1/2 - 13 . |
Holst. d. | 13 - 14 . |
Enten, d. St. | 16 - 20 . |
Hühner, d. St. | 12 - 16 . |
Küken d. St. | 6 - 8 . |
Tauben, d. St. | 4 - 5 . |
Schinken, d. | 7 1/2 - 8 . |
Schweinskopf, d. | 4 1/2 - 5 . |
Wurst d. | 9 - 10 . |
Eier 8 St. für | 4 . |
Kartoffeln, d. Faß | 7 - 8 . |
Hambg. Blumenkohl d. Kopf | 4 - 6 . |
Hambg. Kirschen d. | 2 - 3 . |
Getreide=Preise in Lübeck. (per Sack in Lüb. Crt.) |
Weitzen | 18 - 19 | | 4 | |
Roggen | 13 - 13 | | 8 | |
Gerste | 11 - 12 | | - | |
Hafer | 10 - 11 | | 4 | |
Erbsen | 14 - 16 | | - | |
Wicken | - | | - | |
Buchweizen | 11 - 12 | | - | |
Winter=Rapsaat | - | | - | |
Rübsen. | - | | - | |
Schlagleinsaat | 18 - 20 | | - | |
Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.
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