[ => Original lesen: 1866 Nr. 56 Seite 1] - Das wichtigste und jedenfalls folgenreichste Ereigniß dieser Tage ist das Eingreifen Napoleons in die deutschen Handel. Es ist von Oesterreich herbeigeführt worden. Kaiser Franz Joseph hat (unter Bedingungen) Venetien an Frankreich abgetreten, wie 1859 die Lombardei und dafür seine Vermittelung zur Herbeiführung eines Waffenstillstandes und ev. eines Friedens erlangt.
- Damit ist aber noch gar nicht gesagt, daß Preußen zum Frieden sich durch Napoleon drängen läßt; lassen sich doch jetzt schon im Norden wie im Süden Deutschlands Tausende von Stimmen hören, welche die Vermittelung Napoleons als einen Verrath Oesterreichs gegen Deutschland ansehen. Es kann leicht kommen, daß der siegreiche Napoleon und das geschlagene Oesterreich die Ueberzeugung gewinnen, sie hätten sich beide verrechnet, in Deutschland wie in Italien. Hier rücken die Italiener in Venetien ein, daß von den nach dem Norden abgezogenen Oesterreichern verlassen ist; - dort setzt Preußen seinen Vormarsch auf Wien und auf Frankfurt fort, als wenn Venetien noch Oesterreich gehörte, als wenn Napoleon niemals einen Waffenstillstand in dem preußischen Hauptquartier vorgeschlagen hätte. Gleichzeitig fordert der Süden Deutschlands, daß nicht unnützes Blut vergossen, daß dies Blut geschont werde für den Tag, wo der gemeinsame Feind deutscher Ehre und Selbstständigkeit zu bekämpfen sein wird. Napoleons Friedensworte haben seit der Annahme Venetiens eine Deutung erfahren, auf welche der Kaiser selbst nicht gerechnet haben mag. Man sieht in ihm den Verbündeten Oesterreichs, nicht mehr um Preußen niederzuwerfen, sondern um die Bundesreform, aus welcher ein starkes Deutschland hervorgehen könnte, zu verhindern.
- In Paris wird von glaubwürdiger Seite versichert, die von Preußen für den Abschluß eines Waffenstillstandes gestellten Bedingungen verlangten, daß die wichtigsten Festungen Böhmens seinen Händen übergeben würden und den vollständigen Besitz der Nordeisenbahn, welche Böhmen über Königsgrätz und Josephstadt durchschneidet. Unter diesen Bedingungen werde die preußische Regierung in einen einmonatlichen Waffenstillstand einwilligen. Die italienische Regierung werde ihrerseits, wie man sagt, dem vorgeschlagenen Waffenstillstand auch unter der Bedingung zustimmen, daß die österreichische Armee sofort Venedig räume und daß die Bewachung der zwei Festungen an seinen Grenzen den italienischen Truppen übergeben werde. Das sollen die Grundlagen sein, auf denen die Unterhandlungen in Bezug auf einen Waffenstillstand eröffnet würden. Diese Bedingungen sollen dem Wiener Hofe mitgetheilt sein, dessen Antwort man erwartet.
- Die französische Vermittelung zwischen Preußen und Oesterreich hat in den Regierungskreisen Englands keinen günstigen Eindruck hervorgerufen.
- Die preußische Avantgarde, welche von dem 5. Armeecorps unter dem General v. Steinmetz gebildet wird, hat bereits am 4. Wratzlaw überschritten. Die Elbbrücke bei Parduwitz ist abgebrannt worden; es sind dafür rechts und links zwei Schiffbrücken geschlagen. Das preußische Hauptquartier wird am 10. nach Hohenmauth und am 11. nach Zwittau verlegt. FML. Gablenz ist zum zweiten Male im Hauptquartier gewesen, um Waffenstillstandsvorschläge zu überbringen, die aber nicht eingehender waren, als die ersten, und daher abgewiesen wurden. Diese Nachricht wird auch amtlich bestätigt.
- Wir entnehmen dem "Nürnberger Correspondenten" folgende Correspondenz; aus Prag vom 4. Juli, die gewiß, da sie von einem Oesterreicher an ein österreichisch gesinntes Blatt geschrieben wurde, unverdächtig ist: "Der Sieg der Preußen ist eine vollendete Thatsache. Die Armee Benedek's hat den Rückzug gegen Olmütz angetreten, nachdem sie gestern bei Königsgrätz überflügelt und geschlagen worden. Die starke Stellung bei Josephstadt, wo die Oesterreicher doch die Kanonen vernagelten, und Königsgrätz mußten aufgegeben werden trotz des Heldenmuthes der tapferen Armee. Die großen Militär=Magazine bei Parduwitz, die man gestern, nachdem die Schlacht verloren war, bereits anzünden wollte, um sie nicht den Preußen zu überlassen, schafft man nach Iglau, wo auch der König von Sachsen ist. (Derselbe ist übrigens unterdessen in Wien eingetroffen.) Jungbunzlau ist wieder besetzt. In Benatek stehen 35,000 Preußen mit der Bestimmung nach Prag. Viele Tausende von Gefangenen sind in den Händen der Preußen, eine Menge Geschütze, Fahnen etc. wurden verloren. Das erste Armeecorps des Grafen Clam=Gallas ist in den Kämpfen seit dem 27. bis auf 8000 Mann aufgerieben, versprengt oder gefangen worden. Das Armeecorps Ramming und Erzherzog Leopold, sowie das sächsische, haben furchtbar gelitten. Bei Josephstadt wurde eine Brigade vom Corps Clam=Gallas in die Sümpfe getrieben und niedergeschossen oder gefangen. Clam=Gallas selbst langte am 1. Juli flüchtig in Königsgrätz an, seine ganze Begleitung bestand in dem Obersten Lützenhofer. Die Berichte, die von allen Seiten einlaufen, sind zum Theil ganz unglaublich. Die Oesterreicher, welche bei Neubidschow gegen den Feind kämpfen sollten und wie gewöhnlich von ihm zurückgetrieben wurden, hatten seit Tagen nichts gegessen und sind nach Bidschow in einem bejammernswerthen Zustande gekommen, von Hunger und Durst geplagt, so daß viele vor Schwäche niederstürzten. Leider konnte die mitleidige Bevölkerung wenig bieten, da Nordböhmen vollständig ausgesogen ist. Alles klagt über die in vielen Fällen schlechte Führung der Soldaten, z. B. daß, während die Preußen die Höhen und Waldungen bei Gitschin besetzt hielten, die Oesterreicher (Clam=Gallas) recht zum Ziele
[ => Original lesen: 1866 Nr. 56 Seite 2]der Feinde im Thale aufgestellt waren u. A. mehr. Prag hat ein sehr bedenkliches Aussehen. Auf den Straßen bilden sich Pöbelgruppen. Die Bürgergarde ist aufgeboten, wird aber, da sie zu gering an Zahl ist, wenig ausrichten können, wenn es dem Pöbel gefällt, Scandal zu machen. Die Vermöglichen und Reichen haben sich geflüchtet, am letzten Sonntag allein gegen 13,000 mit der Westbahn. Die meisten sind nach Pilsen, wo eine furchtbare Theuerung herrscht. Man ist auf einen Aufstand gefaßt, der sich über ganz Böhmen verbreitet." - Nachschrift: Bereits sind einige Pöbel=Excesse bekannt. Man wünscht jetzt die Preußen herbei, um Schutz gegen den Pöbel zu haben.
- Nach einem Berichte aus dem preußischen Hauptquartier Horzitz befand sich Se. K.. Hoh. der Großherzog von Mecklenburg=Schwerin während der Schlacht bei Königgrätz in der Begleitung des Königs von Preußen. Se. K. Hoheit erschien mit dem Könige etc. gegen 8 Uhr auf dem platze vor dem Dorfe Sadowa, um dessen, sowie um des naheliegenden Gehölzes Besitz sich der Kampf bis gegen Mittag drehte.
- Vom nördlichen Kriegsschauplatz wird der "Allg. Ztg." aus österreichischer Feder geschrieben: Wer aus Erfahrung weiß, was es zu bedeuten hat, wenn eine Armee von einer Panique ergriffen wird, dürfte zu beurtheilen vermögen, weshalb man auch vor Königsgrätz nicht gesiegt. Und diese Panique - sagen wir es nur offen heraus - hat seit den schweren Niederlagen an der sächsischen und schlesischen Grenze unter unseren Soldaten leider Platz gegriffen. "Gegen die Zündnadelgewehre ist jeder Muth vergeblich; wir können uns nicht wie das Vieh schlachten lassen" - diese und ähnliche Aeußerungen hört man von allen Verwundeten, welche in langen Zügen in wahrhaft herzzerreißendem Zustand ankommen. Und wie sieht es auf der Prag=Wiener Bahn aus? Dieses grauenhafte Durcheinander, diese entsetzten Gesichter der zahllosen Flüchtlinge jeden Standes und Alters, die Haufen blutbefleckter Soldaten, dazwischen Gepäck, Kanonen, Kriegsmaterial, Pferde, Hornvieh und tausenderlei Dinge in unbeschreiblicher Verwirrung - dies Alles gewährt ein Schauerbild, welches uns mit eisiger Hand die Haare sträubt. Glauben Sie mir, in dieser Weise kann es nicht acht Tage mehr fortgehen - eine Katastrophe - ich weiß nicht welche - ist vor der Thür. Um das Maß voll zu machen, erhielten wir heute auch von dem äußersten rechten Flügel der Nordarmee bei Krakau schlimme Nachrichten. Bei Chrzanow, einer Bahnstation zwischen Oswiecim und Krakau, ward die Brigade des Generals Trentinaglia, wie die officielle Depesche selbst sagt, von den Preußen "überfallen" und mußte sich fechtend nach Krakau zurückziehen.
- Bei den Kämpfen um das Dorf Chlum in der großen Schlacht bei Königsgrätz gelang es den Oesterreichern, als sie mit großen Massen gegen dieses Dorf vordrangen und die heftig ringenden Bataillone der Füsilier Brigade des Garde=Corps zurückgedrängt hatten, einzelne Mannschaften in den Gehöften gefangen zu nehmen; es waren im Ganzen 72. Die Gefangenen wurden umringt und Offiziere und Mannschaften forderten von ihnen, zu bekennen, daß in den Reihen der Preußen französische Offiziere und Soldaten verkleidet gedämpft hätten. Sie wurden mit sofortigem Erschießen bedroht, wenn sie es nicht gestehen wollten! Welche Höhe der Intelligenz! Uebrigens wurden die Gefangenen gut behandelt, wurden, als die preußische Avantgarde vorging und im ersten Anlauf das Dorf den Oesterreichern wieder nahm, zurückgebracht und mußten die bald eintretende Flucht mitmachen. Sie schilderten den Rückzug der österreichischen Armee mit grellen Farben. Alle Waffengattungen im wirresten Durcheinander, keine Truppe war mehr geordnet. Die Thore der Festung Königsgrätz waren zu eng, um die Massen der Flüchtigen aufzunehmen; so ging es denn durch die Wassergräben, wo ihnen das Wasser bis an den Hals ging und mancher Oesterreicher ein feuchtes Grab fand. Am andern Morgen entließ sie Benedek mit einigen freundlichen Worten. Einem leicht verwundeten Unteroffizier klopfte ein Major auf die Schulter und sagte ihm: "Mein Freund, Sie werden jetzt wohl keinen Schuß mehr gegen die Oesterreicher thun; denn eine schwerere Niederlage, als der Himmel gestern über uns verhängte, hat das Haus Oesterreich noch nicht erlebt." Er konnte es wohl eingestehen, denn der Unteroffizier war ja Augenzeuge ihrer Flucht gewesen.
- Die Zahl der in der Schlacht bei Königsgrätz und in Folge derselben genommenen Geschütze beträgt jetzt schon 180. In den jüngsten Tagen ist noch eine Colonne von 400 gefüllten Munitionswagen eingebracht.
- Die Stadt Frankfurt a. M. hat vollständig den Kopf verloren; die Preußen, heißt es, können jede Stunde eintreffen. Bald sollen sie schon in Niederwöllstadt (drei Stunden von Frankfurt auf der Straße nach Friedberg), bald dicht hinter Hanau sein. Daß sie aber kommen, ist für Alle so gut als gewiß. Wer irgend kann, ist flüchtig geworden; fast schon ein Drittel der Einwohner hat die Stadt verlassen. Die Polizei kann nicht Hände genug aufbringen, um Pässe auszufertigen. Auch die Herren Gesandten sollen schon gepackt haben; ihre Familien sind zum größten Theile schon fort. Die Bundesversammlung soll nach Regensburg kommen.
- Ein Correspondent der "Schles. Ztg." berichtet aus Dresden vom 6. Juli: Die Schanzarbeiter aus Berlin sind gar unliebsame Gäste für die hiesige Stadt. Freilich hat die sächsische Arbeiterbevölkerung sich selbst diese Concurrenz auf den Hals geladen, aber nun sie da ist, wird weidlich geschimpft. Die Schanzen sind überhaupt eine böse Sache für Dresden. Die Stadt muß die Beust'sche Politik theuer büßen. Nicht genug, daß die schönsten Anlagen, insbesondere der allen Reisenden wohlbekannte "Große Garten", der Lieblings=Park der Dresdener, vor der Anlage der Schanzen zurückweichen müssen, hat die Stadt auch noch den Arbeitslohn für das verhaßte Werk zu zahlen, täglich etwa 5000 Thlr. (d. h. 1 Thlr. pro Tag auf den Arbeiter), und diese nur zum geringsten Theile an einheimische Arbeiter, deren jetzt so viele feiern. Aber dazu kommen noch die Ausgaben für die zur Armirung der Schanzen nöthigen Gegenstände, für deren Ankauf die "Commission zur Beschaffung der von den königlich preußischen Truppen requirirten Ausrüstungs=Gegenstände" unausgesetzt thätig ist. Die Bretter, aus denen im vorigen Jahre die große Sängerbude aufgeschlagen wurde, sind ebenfalls nach den Schanzen gewandert. Seltsame Wandlung der Dinge! Als ich gestern vom Omnibus, welcher mich nach dem klassischen Blasewitz führte, meine Augen links wandte, begriff ich den Schmerz der Mitfahrenden, die preußische Pionniere emsig beschäftigt sahen, einen schönen Wald zu rasiren und hinter demselben eine jener reizenden Villas, welche die Umgegend von Dresden zieren, sowie einige Hundert Schritt davon die Wirthschafts=Gebäude eines Gutsbesitzers einzureißen, aus denen eben das verkaufte Vieh getrieben wurde. Dresden hat natürlich die Eigenthümer zu entschädigen, den Besitzer der Villa mit 18,000, den Gutsbesitzer mit 15,000 Thlr. Bis zum 12. Juli muß die Stadt in Folge Aufforderung des preußischen Civil=Commissariats die Summe von 60,000 Thlrn. abliefern. Rechnet man dazu die Einquartierungslast, welcher in den nächsten Tagen noch eine große Vermehrung bevorsteht, da die hiesige Garnison noch zwei Bataillone Zuwachs erhält, so muß man sich wirklich wundern, daß trotzdem sich die Erbitterung nicht gegen den Urheber alles Uebels, den Hrn. v. Beust, richtet. Das Land zwar haßt ihn, und zumal jetzt nach der Niederlage bei Königsgrätz, die auch so manchem Sachsen das Leben gekostet hat. Aber die Hauptstadt ist nichts als der Complex einer fanatisirten Beamtenwelt, in der auch der abwesende Staatsmann sich noch präsent erhält.
[ => Original lesen: 1866 Nr. 56 Seite 3]- Die österreichische Regierung hat eine neue Ausgabe von Staats=Banknoten verfügt. Auf der Börse vom 9. Juli wurde diese Nachricht ungünstig aufgenommen und eröffnete sehr matt.
- Im Laufe der letzten drei Tage sind mit der anhaltischen Bahn in Berlin 7000 Ctr. Blei und 1300 Centner silberhaltiges Blei (ungefähr den 10. Theil reines Silber enthaltend), welche von den preußischen Truppen in Freiberg in Sachsen noch aufgefunden sind, hier angekommen. Theils wegen des in Rede stehenden Silbergehaltes, theils wegen des so gewonnenen Materials für neue Kugeln ist dieser Fund einer der werthvollsten, der bisher im Laufe des jetzigen Krieges gemacht worden ist.
- Nach amtlichen Berichten aus Pardubitz ist den Truppen der Elb=Armee auf dem Marsche zwischen Pardubitz und Prag in einer kaiserlichen Tabacksfabrik das Quantum von 38,000 Ctr. Taback und 27 Millionen Cigarren in die Hände gefallen. Unsere Colonnen sind in stetigem Vorrücken.
- Aus dem Gefecht von Gitschin berichtet ein Offizier folgende Episode: Ein preußisches Bataillon, welches in Compagnie=Colonne formirt stand, sah ein sächsisches Cavallerie=Regiment von reitender Artillerie begleitet bei sich in größter Entfernung vorüberziehen, wahrscheinlich um ihm in die Flanke zu fallen. Eine Abtheilung desselben näherte sich dabei den Preußen bis auf circa 300 Schritt. Diese gaben Feuer und der Kugelregen war von so vernichtender Wirkung, daß die sächsische Abtheilung gegen ein Drittel ihrer Leute verlor. Ein eiliger Rückzug war die Folge. Alsbald aber kommt ein sächsischer Musikmeister querfeldein auf den preußischen Brigadegeneral losgeritten, salutirt und fragt mit echt sächsischer Höflichkeit: "Entschuldigen der Herr General, wo finde ich wohl meine Batterie?" Der höfliche Sachse wurde zu seinem Erstaunen als Gefangener hinter die Fronte geschickt.
- Acht Schüsse und doch gesund. in Erfurt geht ein Soldat aus dem Gefecht von Langensalza herum, der acht Schüsse hat, von denen er nicht verletzt ist. Er hat 3 im Rockschoß, die eine Achselklappe ab, die Mütze durch, die Hose durchlöchert und ein Stückchen Nagel ab.
- Am 3. Juli ereignete sich auf dem Wege von Ragatz nach dem Bade Pfäffers in der Schweiz ein entsetzliches Unglück. Drei in einer Chaise sitzende englische Damen wurden durch das Scheuwerden des Pferdes an einer gefährlichen Stelle in die wildströmende Tamina geschleudert und fanden darin ihren Tod. Kutscher, Pferd und Chaise sind am Straßenrand hängen geblieben.
- Die Pariserinnen suchen noch immer mehr den Gegenstand zu verkleinern, den sie auf dem Kopfe tragen und den man "Hut" zu nennen übereingekommen scheint. Die neueste Erfindung besteht in zwei Strohhalmen, die auf dem Scheitel durch ein Stückchen blaues Band zusammengebunden werden und an jedem Ende einige rothe Knöpfchen tragen. Ein anderer "Hut" besteht aus einem ziemlich breiten, um den Kopf gebundenen Band, an dem man einen Schleier befestigt, und das ist Alles.
- Neustrelitz, d. 9. Juli. Ein Extrablatt zur gestrigen Nummer der "Neustrl. Zt." enthält die nachstehende Aufforderung: "I. K. H. die Großherzogin, I. K. H. die Großherzogin=Mutter und I. H. die Herzogin Caroline fordern alle mildthätigen Einwohner, insbesondere die Frauen und Jungfrauen des hiesigen Landes auf, hülfebringend für die Leiden der verwundeten Krieger einzutreten. - Alle Gaben, als Charpie jeder Art, Binden und Bandagen, alte und neue Leinwand, Hemden, Bettlaken, Handtücher, Socken und auch Geld etc. werden von den Hofdamen Fräulein v. Oertzen, Fräulein v. Bülow und Fräulein v. Hochstetter, sowie von der Frau Oberjägermeister v. Voß, Kammerherrin v. Jagow und Oberforstmeisterin v. Nordenflycht mit innigem Danke entgegengenommen. Gott wird die Gaben segnen."
- Kaum hat das Comité zur Empfangnahme von Liebesgaben für die verwundeten Krieger behufs ihrer Weiterbeförderung an das Central=Comité in Berlin sich an die Mildthätigkeit der Ratzeburger gewandt, so erhalte ich schon wieder eine Aufforderung von Fritz Reuter zur Linderung der Noth in Eisenach und Leipzig. Liebe, brave Ratzeburger! es ergeht darum an Alle noch ein Mal die freundliche herzliche Bitte um Hülfe. Tragen wir ein Jeder nach seinen Kräften bei zur Linderung des namenlosen Elends! Bethätigen wir durch rasche und freudige Gaben unsern Dank gegen Gott, daß er uns und unser Land bisher bewahrt hat vor den Schrecknissen und Drangsalen des Krieges!
Ich gedenke meiner doppelten Aufgabe in der Art nachzukommen, daß ich die nach Bekanntwerden des nachfolgenden Aufrufs an mich gelangenden Liebesgaben zur Hälfte an das Comité und zur Hälfte nach Eisenach an Fritz Reuter abliefere. Besonders werden Geld und alte und neue Leinwand erbeten.
Schönberg den 12. Juli 1866.
Dr. Marung.
Min leiwen Landslüd, un gauden Frün'n.
Ji hewwt mi oftmals seggt, dat Ji Spaß an min Schriweri hatt hewwt; ditmal kam ik nich mit Spaß an Jug heran, ditmal is dat de allerbitterste Jrnst, de mi tau Jug driwwt.
De Noth is grot hir tau Lan'n. Blaud is hir flaten, vel Blaud un dütsches Blaud. In Langensalza liggen Preußen un Hannoveraner an de 1500 up ehren Smerzenlager; in Dermbach un Salzungen liggen Preußen un Bayern an de 600, in Eisenach 100. Dermbach un Wiesenthall, wo dat letzte Gefecht tüschen Preußen un Bayern föll, is de armste Gegend in den armen Thüringer Wald, de Lüd' dor herüm hewwen nicks, kein Fleisch un kein Brod, kein Solt un kein Smolt - wi hewwen von Eisenach all Solt henschicken müßt, de Kranken liden Noth an 't Nothwendigste.
In Leipzig is't nich anners. So'n Elend as in Thüringen is't twors nich, de armen Verwundten finden hir gaude Upnam un Pleg; äwer hir kamen 's ümmer frisch von'n Slachtfeld ut Böhmen an, Preußen, Oesterreicher un Sachsen dörchenanner, alle Dag' frischen Nahschub - un wi känen's nu all nah Dusenden tellen. Hir möt noch vel, sihr vel hulpen warden.
So'n Jammer gegenäwer is nich de Red' von Partei un Partei, nich von Fründ und Find, dütsche Landslüd' sünd't allerwegen. Un so hewwen wi twei Meckelnbörger so dacht, wi wullen unsere leiwen Landslüd' up dit Elend henwisen un wullen in alle Gaudheit un Bescheidenheit sei bidden, dat sei ehre millgäwerne Hän'n updeden un uns Giwwt un Gawen inschickten, en Jeder nah sin Kräften. - Süll de Ein oder de Anner von de Herren, an de wi dit Schriwen richten, nich in'n Stan'n dortan sin, 'ne Sammlung tau veranstalten, so bidden wi fründlichst, sei dörch annere brave Lüd' in den Swung tau setten.
Wi dachten uns, dat de ein Hälfte von de Gawen in Eisenach, de anner Hälft in Leipzig verwendt warden süll. - Tägert nich tau lang', leiwen Landslüd'. Wenn Ji dit Elend segt, würd Jug noch wat anners in de Ogen blänkern as blotes Mitled. - Gott mag 't Jug lohnen!
Eisenach und Leipzig den 10. Juli. 1866.
Fritz Reuter. Erhard Quandt.
Für die verwundeten preußischen Krieger
sind vom 8.-12. Juli eingegangen:
Vom Herrn Lehrer Wesemann 2 , Frau Pastorin Marggraf 1 , Frau Steuerräthin Wentzel 1 , Herr Chirurg Leichert 1 , Herr Tischlermst. W. Stüve 1 , Herr Schmiedemeister Draeger 1 , aus der Lade der Schmiedgesellen 1 , Herr Rector Groth 1 , Herr und Frau Rector Schröder 2 , Ungenannt 3 . Summa 16 .
Außerdem an Materialien:
Von Frau B. in Schönberg 2 Hemden, Frau Pastorin Wolf 3 Hemden, 4 Bettlaken nebst alter Leinwand.
Schönberg.
Kaempffer.
[ => Original lesen: 1866 Nr. 56 Seite 4]Anzeigen.
Edictal=Ladung.
Alle Diejenigen, welche Forderungen oder Ansprüche an die unter der Rechtswohlthat des Gesetzes und Inventars angetretene, Hinterlassenschaft der verstorbenen Zollverwalterin Penicke, Wilhelmine geborne Hancke, zu haben vermeinen, sind zur Anmeldung und Bescheinigung derselben, bei Vermeidung der Präclusion, auf den 26. k. M. zu Rathhause hieselbst verabladet.
Ratzeburg, 13. Juni 1866.
Königlich, Herzoglicher Stadtcommissarius, Bürgermeister und Rath.
(L.S.) In fidem Richter, Stadtsecretair.
Verkaufsanzeigen.
Der Schornsteinfegermeister Lenschow hieselbst ist Willens, seine gegenwärtig auf seinen Ackerflächen wachsenden Feldfrüchte auf dem Stamme öffentlich meistbietend gegen gleich baare Bezahlung zu verkaufen, als:
1) den auf einer Ackerfläche von 3 1/2 Scheffel Aussaat Größe wachsenden Hafer,
2) den auf einer Parcelle von 1 Scheffel Aussaat Größe stehenden Hafer,
3) die auf einer Flache von 1 Scheffel Aussaat befindliche Gerste,
4) den auf einer Ackerfläche von pr. pr. drei Scheffel Aussaat Größe wachsenden Roggen und Hafer,
5) den auf einer Fläche von 1 Scheffel Aussaat Größe stehenden Hafer und
6) den auf einer Ackerfläche von 1 1/2 Scheffel Aussaat Größe befindlichen Roggen.
Der etc. Lenschow hat mich mit dem Verkaufe der eben specificirten Kornarten beauftragt und werden Kaufliebhaber hiemit ersucht, am Sonnabend den 21. d. M., Nachmittags 4 Uhr, in der sog. Moorstrasse beim neuen Kirchhofe sich einzufinden.
Bemerkt wird, daß am bezeichneten Tage und zur festgesetzten Stunde gleichzeitig drei Einspänner=Fuder Wiesen=Heu und ein Einspänner=Fuder Klee=Heu, welches in diesem Sommer gewonnen und bei trockener Witterung eingefahren ist, auf den Bot gebracht werden soll. Kaufliebhaber wollen sich wegen Besichtigung dieses Futters beim Schornsteinfegermeister Lenschow hieselbst melden.
Schönberg den 12. Juli 1866.
A. Dufft, Registrator.
Vermischte Anzeigen.
Die diesjährige General=Impfung der Schutzblattern findet in folgender Ordnung statt:
I. Im Schönberger Kirchspiel
1) für die in der Stadt Schönberg gebornen Kinder am Sonnabend, den 7. Juli, Morgens 10 Uhr, im Hause der Frau Gastwirthin Boye;
2) für die in den zur Schönberger Gemeinde gehörenden Dorfschaften gebornen Kinder ebendaselbst am Sonnabend, den 14. Juli, Morgens 10 Uhr.
II. Im Selmsdorfer Kirchspiel am Sonnabend, den 21. Juli, Nachmittags 4 Uhr, im Hause des Herrn Gastwirths Michaelsen.
III. In den nach Mummendorf, Lübsee und Rehna eingepfarrten Ortschaften am Sonnabend, den 14. Juli, Morgens 10 Uhr, im Hause der Frau Gastwirthin Boye zu Schönberg.
IV. Im Herrnburger Kirchspiel am Sonnabend, den 14. Juli, Nachmittags 4 Uhr, im Schulhause.
V. Im Carlower Kirchspiel am Sonnabend, den 14. Juli, Nachmittags 4 Uhr, im Hause des Herrn Gastwirths Robrahn.
VI. Im Schlagsdorfer Kirchspiel am Sonnabend, den 28. Juli, Nachmittags 4 Uhr, im Hause des Herrn Gastwirths Siebenmark.
VII. Im Demern'schen Kirchspiel am Sonnabend, den 21. Juli, Nachmittags 4 Uhr, im Schulhause zu Demern.
VIII. Im Ziethener Kirchspiel mit Einschluß des Dorfes Lankow, in der Domgemeinde und in der Vogtei Manhagen nach Bestimmung des Herrn Dr. Arndt zu Ratzeburg.
Schönberg, den 1. Juli 1866.
Dr. Marung. Dr. Liebenow.
Zur Deckung der in letzter Zeit vorgekommenen Brandschäden und zur Unterhaltung und Anschaffung von Spritzen etc. vernothwendigt sich eine Hebung von acht Schilling pro Hundert der Versicherungs=Summe.
Die Zahlungstage werden den einzelnen Ortschaften besonders angesagt werden.
Direktion der Feuerversicherungs=Societät für das Fürstenthum Ratzeburg.
H. Boy. J. P. Bade.
Nachdem es gelungen , den Landkasten in Rostock dazu zu bestimmen, mir für Einzahlungen aus hiesigem Fürstenthume, statt seiner früheren 3 1/2 pCt., jetzt vier pro Cent zu bewilligen, bin ich soeben bevollmächtigt worden, auch nach Ablauf des jetzigen Johannis=Termins Gelder für den Landkasten in Empfang zu nehmen und dieselben vom Tage der Einzahlung an mit vier pCt. zu verzinsen. Da nun gesetzlich jeder Mecklenburg=Schwerinsche Gutsbesitzer, sowie die Großherzoglichen Domainen und städtischen Besitzungen für Zahlung der Zinsen und Rückzahlung des zu Landeshülfen, für Chaussee=, Canal= und Eisenbahnbauten verwendeten Capitals nach halbjähriger Kündigung mit ihrem gesammten Besitz zur ersten Hypothek haften; so gewähren diese Landkasten=Obligationen die allergrößte Sicherheit und werden deshalb auch vorzugsweise von hiesigen Kirchen, Vormundschaften und selbst auswärtigen Sparcassen benutzt. Landkasten=Obligationen liegen bei mir zur Ansicht bereit und Kosten sind mit den Belegungen, Zinszahlungen und Rückzahlungen überall nicht verbunden, weshalb ich jetzigen Einzahlungen oder auch nur Anmeldungen zu späteren Einzahlungen entgegensehe.
Schönberg, den 28. Juni 1866.
Kindler, Advokat.
Apotheker Bergmann's Theerseife, wirksames Mittel gegen alle Arten Hautunreinigkeiten, empfiehlt à Stück 8 J. F. Eckmann.
Neue Tapeten u. Borden=Proben, sowie 30 Sorten billige Tapeten von 4 an pr. Stück u. gute Auswahl billiger Borden auf Lager.
Bunte braune graue Landschafts= und gestreifte Rouleaux auf Lager bei C. Schwedt.
(Hiezu eine Beilage.)
Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1866 Nr. 56 Seite 5]Beilage
zu den Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
Schönberg, den 13. Juli 1866.
Gleiche Wirkung!
Herr Oberhofgerichts=Kanzleirath Dr. Loew in Mannheim bezeugt mit vielem Vergnügen, daß er durch den G. A. W. Mayer'schen weisen Brust=Syrup von einem hartnäckigen Husten, welcher ihn mehrere Wochen geplagt, in ganz kurzer Zeit vollkommen befreit worden ist.
Herr Pfarrer Behrend in Radawnitz bei Flatow in Westpreußen wurde von Heiserkeit und Brustverschleimung durch den Mayer'schen Brust=Syrup befreit.
Die Gattin des Majors Freiherrn v. Seckendorf in Ansbach in Bayern gebrauchte den Brust=Syrup, laut ihrer Zuschrift an Hrn. G. A. Mayer in Breslau, mit dem besten Erfolge.
Der k. k. Bezirks=Ingenieur Herr Anton Stroh in Niemes in Böhmen schreibt wörtlich: "Ew. Wohlgeboren beehre ich mich hiermit, Ihnen öffentlich meinen Dank zu versichern, indem Sie mich durch Ihren, hier allgemein beliebten Mayer'schen Brust=Syrup von meinem Leiden, einem hartnäckigen Katarrh=Husten, gänzlich und staunend schnell befreiten, indem eine halbe Flasche dieses vorzüglichen Mittels genügte, mein Uebel gründlich zu heilen."
Vor Nachahmungen und Fälschungen wird gewarnt
und wiederholt darauf aufmerksam gemacht, daß sich die alleinige Niederlage des ächten Mayer'schen Brust=Syrups für Schönberg beim Buchbinder C. Sievers befindet.
Germania
Lebens=Versicherungs=Actien=Gesellschaft in Stettin.
Unter Autorisation und Oberaufsicht der Königl. Preuß. Regierung.
Grundkapital:
3 Millionen Thlr. Pr. Crt.
Obige Gesellschaft schließt Lebens=, Aussteuer=, Renten, Begräbnißgeld=Versicherungen unter den liberalsten Bedingungen. Antragbogen und Prospecte, sowie jede nähere Auskunft, werden von dem Unterzeichneten bereitwilligst ertheilt.
Schönberg, den 1. December 1865.
Wilh. Heincke, Special=Agent der Germania für das Fürstenthum Ratzeburg.
Erntehandschuhe sind stets zu haben bei Emil Jannicke, Handschuhmacher.
Schönberg.
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ein untrügliches Haarwuchsmittel, nach dessen zwei= bis dreiwöchentlichem Gebrauche das Haar nicht mehr ausfällt und der neue Wachsthum der Haare selbst an kahlen Stellen unbedingt erfolgt, à Flasche 15 Sgr, bei J. F. Eckmann.
Frischer Gothl. Kalk empfiehlt zum billigen Preis A. Wigger.
Tivoli-Theater in Schönberg.
Im Garten der Frau Wittwe Boye.
Sonntag den 15. Juli. Letzte große Vorstellung: Up ewig ungedehlt. Politischer Schwank mit Gesang in 1 Akt von Jacobson. -Vorher auf vieles Verlangen: Müller und Miller, oder: Der erste Liebesunterricht im 34. Jahre. Lustspiel in 3 Akten von Elz. - Zum Schluß: Die Faßbinder=Familie. Komische italienische Pantomime mit Tanz in 1 Akt.
H. L. Schaeffer Wittwe.
Im vorigen Jahre zwischen Michaelis und Neujahr hat sich bei mir ein Schaaf eingefunden, dessen Eigenthümer bisher nicht von mir ermittelt werden konnte. Ich fordere daher Denjenigen auf, der sich als Eigenthümer desselben ausweisen kann, sich bei mir zu melden.
Tischler Beckmann in Kronskamp.
Kirchliche Nachrichten. Schönberger Gemeinde.
Sonntag, den 15. Juli.
Frühkirche: Pastor Kämpffer.
Vormittagskirche: Pastor Fischer.
Amtswoche: Pastor Fischer.
Meteorologische Beobachtungen. |
1866 Juli |
Barometer |
|
Wärme |
|
Wind |
Stärke |
|
Paris. Lin. 300 + |
niedrigste °R. |
höchste °R. |
|
|
|
|
10. 11. 12. |
37.95 40.05 39.01 |
11.5 7.9 11.8 |
16.1 16.4 18.4 |
NW W W |
1 1 1 |
wolkig. heiter. wolkig. |
Markt=Preise in Lübeck. |
Butter, Meckl. d. | 12 1/2 - 13 . |
Holst. d. | 13 - 14 . |
Enten, d. St. | 16 - 20 . |
Hühner, d. St. | 12 - 16 . |
Küken d. St. | 6 - 8 . |
Tauben, d. St. | 4 - 5 . |
Schinken, d. | 7 1/2 - 8 . |
Schweinskopf, d. | 4 1/2 - 5 . |
Wurst d. | 9 - 10 . |
Eier 8 St. für | 4 . |
Kartoffeln, d. Faß | 7 - 8 . |
Hambg. Blumenkohl d. Kopf | 5 - 6 . |
Hambg. Kirschen d. | 2 - 3 . |
Geräuch. Stöhr, d. Pf. | 8 . |
Getreide=Preise in Lübeck. (per Sack in Lüb. Crt.) |
Weitzen | 18 - 19 | | 4 | |
Roggen | 13 - 13 | | 8 | |
Gerste | 11 - 12 | | - | |
Hafer | 10 - 11 | | 4 | |
Erbsen | 14 - 16 | | - | |
Wicken | - | | - | |
Buchweizen | 11 - 12 | | - | |
Winter=Rapsaat | - | | - | |
Rübsen. | - | | - | |
Schlagleinsaat | 18 - 20 | | - | |
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