[ => Original lesen: 1866 Nr. 53 Seite 1] - Der "Schles. Ztg." schreibt man über das Gefecht bei Nachod am 27. Juni: Nachdem am 25. bereits der Paß von Nachod ohne bedeutendere Gefechte genommen war (die Oesterreicher hatten nur wenige Truppen mit zwei Geschützen ins Feuer gebracht), schien es heute keines großen Kampfes zu bedürfen, um aus den Engpässen vorrücken zu können. Die Avantgarde unter General v. Löwenfeld fing an, auf der Straße von Neustadt vorzugehen, als sie plötzlich von überlegenen Kräften angegriffen und ihre zwei Schwadronen von zwei Kürassier=Regimentern zurückgeworfen wurden. In dem Augenblicke, als die beiden Schwadronen auf das Defile, aus dem gerade die Artillerie vorrückte, zurückeilten, hätten die Oesterreicher einen großen Erfolg erzielen können. Aber schon waren die Bataillone der Avantgarde zu beiden Seiten des Weges vorgegangen und hatten die an der Straße liegende Höhe, sowie ein Wäldchen besetzt, und wenn je, so zeigte sich heute, was das Zündnadelgewehr in der Hand ruhiger Leute vermag; überall, wo die wenigen preußischen Bataillone standen, sind die Oesterreicher zurückgewichen, aber die Uebermacht dehnte sich rechts und links aus und schon schien es unmöglich, gegen den überlegenen Feind die gefährliche Position zu halten, als die Infanterie des Gros am Westende der Stadt Nachod erschien. Der Kronprinz, der schon gleich beim Beginn des Gefechtes erschienen war, wurde von den frischen Truppen mit Jubel und Hurrahrufen begrüßt, die, bataillonsweise ins Gefecht eilend, die Höhen links des Neustädter Weges und die nahen Waldparcellen besetzten. In einem Augenblick warfen die preußischen Truppen den Feind aus allen seinen Positionen. Inzwischen war die preußische Cavallerie vorgerückt. Der Anprall war furchtbar, die berühmte österreichische Cavallerie stand seit hundert Jahren zum ersten Male preußischen Reitern gegenüber. Der Erfolg war ein glänzender; denn die Oesterreicher wurden zurückgeworfen und die preußische Cavallerie brachte unter dem Jubel der Infanterie zwei erbeutete Standarten zurück. Es waren drei schwere Stunden vergangen, seitdem die ersten Schüsse fielen; doch waren die preußischen Truppen jetzt, trotz der doppelten Ueberlegenheit des Feindes, im Vortheil. Bald erschien die preußische Reserve, das Grenadier=Regiment Sr. Maj. des Königs; dasselbe konnte nicht mehr ins Gefecht kommen, denn schon hatten die Oesterreicher nur noch Artillerie und Cavallerie im Gefecht. Vorzüglich schossen die Batterien und manche Preußen wurden ein Opfer der Granaten. Aber als das Defile frei geworden war, fanden auch die Batterien der Preußen Platz zur Aufstellung und den Gußstahl=Kanonen mußten bald die österreichischen Geschütze weichen. Noch ungünstiger ging es der Cavallerie; zwar sind es neue Regimenter von der Reserve=Cavallerie=Division des Prinzen von Schleswig=Holstein gewesen, die sie hier ins Gefecht brachten, aber schon hatten sich die preußischen Regimenter gesammelt und wie ein Sturmwind stürzten sie auf die feindlichen Schwadronen; der Erfolg war dem ersten gleich, die Österreichische Cavallerie verschwand vom Schlachtfelde und den nachstürmenden Uhlanen fielen noch zwei Kanonen in die Hände. Nun ging auch die preußische Infanterie mit dem Bajonnet unter Hurrahrufen vor, eine Fahne (vom Regiment Deutschmeister) und drei Geschütze wurden erobert. Um 3 Uhr wurde das Gefecht von den Oesterreichern nur noch durch eine Geschütz=Aufstellung geführt und unter dem Schutze der Batterien retirirten die decimirten Bataillone. Viele Gefangene wurden von ihnen eingebracht und zählt man bis jetzt außer den Verwundeten circa 2500 Mann. Viele Todte in weißer Uniform decken die Erde. Die Preußen haben, so viel wir erfahren, 2-300 Todte und Verwundete, die Oesterreicher etwa 2000. Von beiden Seiten befinden sich sehr viele Offiziere darunter. So waren bei der großen Attaque der preußischen Cavallerie der Führer, General v. Wnuck, beide Regiments=Commandeure und zwei Drittel der Offiziere verwundet. Der Major v. Ratzmer fiel an der Spitze seiner Escadron. Von der Infanterie ist der General v. Ollech schwer verwundet und mehrere Offiziere todt und verwundet. Der Kronprinz, der bis zu Ende des Gefechts zugegen war, wurde, als er das Schlachtfeld beritt und den braven Soldaten für ihre Tapferkeit im Namen des Königs dankte, überall mit einem Jubel begrüßt, der nicht enden wollte. Tags darauf, am Donnerstag d. 28. d. ging das 5. Armeecorps von Neuem gegen den Feind vor, schlug ihn aus Skalitz heraus und zwang ihn zum Rückzuge. Die Preußen machten wieder viele Gefangene.
- Weitere Siegesnachrichten von der preußischen Armee werden aus Reichenberg, Sonntag den 1. Juli, Morgens, gemeldet. Die preußische Armee in Böhmen ist im siegreichen Fortschreiten begriffen. Am 29. v. M. nahmen die 5. und 3. Division Gitschin mit Sturm. Unsere Verluste sind nicht unerheblich, da die Stellung des Feindes eine sehr starke war. Der Verlust der Oesterreicher wird auf 4000 Mann geschätzt. Noch immer treffen Züge von Gefangenen ein.
- Die Freude in Berlin über die Siege der Preußen! Ganz Berlin war in Alarm - die Häuser mit preußischen Fahnen bedeckt, die Straßen von einem Menschengewühl angefüllt, überall freudige Gesichter - die freudigen Begrüßungen Unbekannter, die sich einer dem andern die glorreichen Nachrichten erzählten.
Die hannover'sche Armee hat sich am 28. Juni Morgens dem preußischen Commandirenden ergeben. Der König und der Kronprinz von Hannover haben ihr Ehrenwort verpfändet, in diesem Kriege nicht gegen Preußen zu kämpfen, ebenso die
[ => Original lesen: 1866 Nr. 53 Seite 2]hannover'schen Offiziere, welche die Seitengewehre behalten; die Mannschaften sind entwaffnet und sollen in die Heimath entlassen werden. Kriegsmaterial und Munition werden den Preußen übergeben.
- Vom Gefecht bei Trautenau und von der Wirkung der Zündnadelgewehre erzählt ein dortiger Verwundeter Folgendes: "Wir gaben auf 800 Schritt Feuer auf die österreichische Colonne, das eine verheerende Wirkung auf dieselbe ausübte, der Boden war weiß besäet von österreichischen Uniformen. Die Oesterreicher rangirten sich und griffen zu dem ihnen von Benedek so warm an's Herz gelegten Bajonnet=Angriff. Wir ließen sie auf 150 Schritt herankommen und gaben, dem Reglement zuwider, statt mit 2 Gliedern mit dreien Feuer, indem das erste Glied, wie zur Zeit Friedrichs des Großen, sich auf's Knie warf. Es war nichts mit dem viel gepriesenen Bajonnet=Angriff! Die Oesterreicher zerstoben vor unserm Feuer, und was nicht gefallen war, ging schleunigst zurück. Wir lagerten zum Tode ermüdet im Korn und Alles gab sich mit Ausnahme der Vorposten dem Schlafe hin. Da sprengten Cavaleristen der Vorposten heran, und meldeten, daß der Feind mit vieler Artillerie wieder vorrücke. Kaum hatten wir uns erhoben, unsre Gewehre ergriffen und uns rangirt, als uns ein mörderischer Kartätschenhagel begrüßte, mich niederwarf und verwundete. Mein treuer Bursche warf sich über mich, konnte aber nicht verhindern, daß die Feinde, die uns auf den Leib gekommen waren, mich ausplünderten. Die Freude der Oesterreicher dauerte jedoch nicht lange, die Unsrigen gingen rasch vor, warfen den Feind zurück, und ich wurde aufgenommen und verbunden."
- Ein gefangener österreichischer Offizier erzählt, daß die Oesterreicher namentlich bedeutende Verluste dadurch erlitten haben, daß bei dem Gedränge über die Isarbrücke eine Unmasse von Soldaten in den Fluß gestürzt und ertrunken seien. Was den Kampf selbst betrifft, so müsse er der Bravour seiner Landsleute volle Gerechtigkeit widerfahren lassen; es sei aber unmöglich, dem preußischen Zündnadelgewehr im offenen Felde zu widerstehen. Er habe sich im dänischen Kriege davon überzeugt, daß wenn die österreichischen Truppen Feuer geben, dies meistens wirkunglos geblieben sei, wogegen vor den Zündnadelgewehren die Feinde reihenweise gestürzt sind. Die polnischen und galizischen Regimenter hätten vor der Waffe eine solche Scheu, daß sie nur schwer in den Kampf zu bringen seien. Der Offizier glaubt, daß von seinem 18. Jägerbataillon nicht 60 Mann unversehrt davon gekommen seien.
-In Schlesien laufen die schauererregendsten Nachrichten von dem Vandalismus der Bewohner Trautenaus gegen die preußischen Truppen um. Als diese die preußische Fahne auf dem Thurme entfalten wollten, wurde von oben herab heißes Wasser gegossen und Steine geworfen; auf dem Thurme befand sich unter anderen der Bürgermeister von Trautenau, welcher diese Heldenthaten leitete. Ebenso ist aus den Straßenhäusern kochendes Wasser und Pech auf die preußischen Truppen gegossen und auf dieselben geschossen worden; der Bürgermeister und viele hervorragende Persönlichkeiten, welche an diesen Gräueln sich betheiligten, wurden gefangen genommen, gebunden und nach Preußen geschickt; der gerechten Strafe werden sie sicher nicht entgehen.
- "Dresden werden wir bis auf den letzten Mann vertheidigen, um es nicht wieder aus unsern Händen zu lassen." Diese trostreichen Worte soll in diesen Tagen Hr. v. Mülbe geäußert haben, als man sich bei ihm über die Verheerungen beklagte, welche theilweise durch das Aufwerfen der Schanzen herbeigeführt werden.
- Bei allem Kriegslärm, von dem Deutschland erfüllt ist, tauchen auf das Hartnäckigste immer wieder Friedensgerüchte auf. Wollen wir die Lage der Dinge gewissenhaft aufzeichnen, so muß auch ihrer gedacht werden. Namentlich sind es die neutralen Staaten Rußland und Frankreich, Welche unausgesetzt bemüht sind, die kriegführenden Mächte in möglichst kurzer Frist zur Versöhnung zu bringen. Besonders ist Frankreich bestrebt, sich der Mitwirkung Rußlands zu versichern, und sollen in diesem Augenblicke erfreuliche Unterhandlungen zwischen beiden Mächten stattfinden, welche die Wiederherstellung des Friedens unter Berücksichtigung der von den Kämpfenden auf den Schlachtfeldern erzielten oder noch zu erzielenden Resultate zum Zwecke haben. Diese Unterhandlungen seien, heißt es aus Paris, so weit vorgerückt, daß eine Zusammenkunft der beiden Kaiser für wahrscheinlich gehalten wird.
- In England hat eine Ministerkrisis stattgefunden, von der man sich in Berlin für Preußen nicht viel Gutes verspricht. Man befürchtet, daß England nun aus seiner Neutralität heraustreten werde und bringt damit die Annäherung zwischen Dänemark und Schweden in Verbindung.
- Vor seiner Abreise zur Armee am 30. Juni hat der König von Preußen noch einen Amnestie=Erlaß für politische und Preßvergehen unterzeichnet.
- Dieser Tage trafen in Deutz bei Köln 14 sehr schöne Reitpferde ein, angeblich von Harburg kommend und nach der Schweiz bestimmt. Da der Transport telegraphisch als wahrscheinlich aus dem königlich hannover'schen Marstall stammend angemeldet war, so wurde dem sich für einen Schweizer ausgebenden Führer die Weiterreise gestattet, die Pferde aber einstweilen zurückbehalten.
- Es werden in nächster Zeit sehr ausgedehnte Ausprägungen von Goldmünzen in der Münze zu Berlin vorgenommen werden. Man bezeichnet es sogar als wahrscheinlich, daß ein Uebergang zur Goldwährung in nicht ferner Zeit in Preußen eintreten werde.
- Eine Anzahl Damen aus den höheren Ständen nimmt seit einiger Zeit in der chirurgischen Klinik des Allerheiligen=Hospitals in Breslau an dem vom Medicinalrath Professor Dr. Middeldorf geleiteten Cursus "über Krankenpflege und Bandagenlehre" Theil, um später in den Militär=Hospitälern und Lazarethen die erforderliche Hülfe leisten zu können. Einstweilen werden von der Hand dieser Damen die im Hospital befindlichen Verwundeten verbunden und verpflegt.
- Die letzten Tage der vorigen Woche brachten unserem Fürstenthum täglich Gewitter mit den heftigsten Regengüssen und leider auch zwei Feuersbrünste. Am Donnerstag zündete der Blitz auf dem Hofe zu Menzendorf eine Scheune, am Freitag zu Gr. Siemz, wo auf dem Schulzengehöfte das Viehhaus abbrannte. Bei dem Gewitter am Freitage wurde leider auch ein junger Arbeiter, beim Nachhausegehen von seiner Arbeit auf dem Bauhoffelde, vom Blitz erschlagen. Derselbe hinterläßt eine Frau, mit der er noch kein Jahr verheirathet war.
- In Grevesmühlen brannten in den Nächten zum 23. und 24. Juni zehn vor dem Thore gelegene Scheunen ab. Da allem Anscheine nach Brandstiftungen vorliegen, so hat der Magistrat 100 Thaler Belohnung auf die Entdeckung der Thäter gesetzt.
- Ein ehemaliger Handlungs=Commis Namens Böhme, ein geborner Berliner, war vor fünf Jahren, nachdem er bei den Jägern seiner Militärpflicht genügt hatte, nach Amerika ausgewandert, hatte später bei der Unions=Armee sich anwerben lassen und den Krieg gegen die Südstaaten mitgemacht. Dabei hatte er sich durch Tapferkeit dermaßen ausgezeichnet, daß er vom Gemeinen bis zum Lieutenant avancirte und, als der Krieg beendigt war, mit Ehrenzeichen geschmückt in seine bürgerliche Stellung zurückkehrte. Er hatte in einem großen Handlungshause in New=York die Stelle eines Buchhalters bekleidet. Durch die Zeitungen hatte er jetzt erfahren, daß zwischen Preußen und Oesterreich der Krieg ausgebrochen sei und daß in seiner alten Heimath Alles zu den Waffen einberufen werde. Da erwachte in ihm zugleich mit der Liebe zum Vaterland auch die frühere Kriegslust und er hatte nun keine Ruhe mehr im Comtoir;
[ => Original lesen: 1866 Nr. 53 Seite 3]es trieb ihn zurück in die Heimath, um theilzunehmen an dem Kampfe gegen die Feinde seines Vaterlandes. Sein Entschluß war kurz gefaßt und zu Anfang voriger Woche traf er in Berlin ein. Nachdem er sich bei seinen in der Oranienburgerstraße wohnenden Verwandten einen Tag aufgehalten, reiste er ab nach Glogau, um bei seinem früheren Bataillon als Gemeiner wieder einzutreten. Der Commandeur soll den kriegslustigen Patrioten mit großer Freude aufgenommen und seinem Verlangen sofort gewillfahrt haben; gegenwärtig befindet er sich bereits auf dem Marsche gegen Prag.
- Der Kaiser von Rußland hat den König von Preußen zu den neuesten preußischen Waffenthaten auf telegraphischem Wege beglückwünscht.
- In Antwerpen ist am 25. Juni ein chinesischer Prinz, Pin=ta=Chun, mit seinem Sohne Quang=Ying, und einem zahlreichen Gefolge, das einen großen Luxus entfaltet, angekommen. Dieselben wollen Europa bereisen, sich nach Petersburg, Constantinopel, Berlin, Lübeck, Hamburg und Paris begeben, und sich dann wieder über Antwerpen und London nach ihrem Vaterlande hin einschiffen.
- Da nach Herkommen gemäß ein französischer Souverän ein Handwerk lernen muß, so hat sich der Sohn Napoleons für die edle Buchdruckerkunst entschieden.
- In Schwerin kam es am 27. d. vor einem Bäckerladen zu tumultuarischen Auftritten, die erst durch das Dazwischentreten des Militärs beseitigt werden konnten. In gedachtes Haus hatte sich am 26. Abends der zum Militärdienst einberufene Bräutigam des Hausmädchens zu einem späten Besuche eingefunden. Da seine Ankunft im Hause, dessen Besitzer abwesend war, bemerkt und er nun verfolgt wurde, hatte er das Unglück, aus einem drei Stock hoch belegenen Fenster herabzustürzen und dabei den Arm zu brechen. Es verbreitete sich alsbald das Gerücht von einer gewaltsamen Herabstürzung, die von den Gesellen im Hause ausgeführt sein sollte. Dieß Gerücht bewirkte große Aufregung in der Stadt und gab Veranlassung zu lärmenden Zusammenrottungen vor dem Hause, wobei Fenster eingeschlagen wurden.
- Das neue atlantische Telegraphenkabel ist fertig und wird der Great Eastern mit demselben und dem Reste des alten Kabels an Bord am letzten Juni von Sherneß auslaufen, unterwegs Kohlen einnehmen und gegen Mitte Juli Valentia erreichen, wo dann die Legung sofort beginnen soll. Zunächst wird der Great Eastern das neue Kabel von der irischen Küste nach Trinity Bai (Neufundland) legen und wenn dieß gelungen und die telegraphische Verbindung hergestellt sein wird, nach der Mitte des atlantischen Oceans zurückkehren und versuchen, das Rißende des vorigen Sommer gelegten Kabels aufzunehmen, um damit das an Bord befindliche Stück desselben alten Kabels zu verknüpfen und von Neuem die Fahrt nach Trinity Bai zu machen, so daß, wenn alles gut geht, auf diese Weise eine doppelte Linie hergestellt würde. Das neue Kabel mit dem Reste des alten, welches der Great Eastern zugleich an Bord nimmt, bildet eine Länge von 2730 englischen Meilen.
- In Löbau in Curland lebte die Wittwe des Predigers Herold sehr dürftig in einem kleinen Häuschen. In einer stürmischen Winternacht - es war 1812 - klopft's an das Fenster, draußen steht ein russischer Offizier und bittet um Einlaß. Er sei am Erfrieren, nirgends eine Herberge, kein warmer Trunk zu haben. Nur eine Tasse Thee, bat er, und ein warmes Stübchen für eine Stunde. Die Wittwe öffnete, bald stand heißer Thee auf dem Tisch, der Offizier trank, wärmte sich, stand auf und nahm Abschied. Ich muß weiter! sagte er und legte ein Goldstück auf den Tisch. - Ich nehme nichts, Sie beleidigen mich! - So nehmen Sie dieß Loos zum Andenken! - Er legte es auf den Tisch; es war ein Loos zur Ausspielung einer Uhr, die ein Kunstwerk war und auf 80,000 Rubel geschätzt wurde. Fort war er. Die Wittwe legte keinen Werth auf das Loos, die Kinder spielten mit ihm und klebten es auf ein Bild. Es war vergessen. Lange nachher kommt der Postmeister zum Besuch, sieht das Loos und sagt der Wittwe: Sie haben die Uhr gewonnen. so war's. Kaiser Alexander kaufte dieselbe für 20,000 Rubel und 1000 Rubel jährlicher Rente. Sie steht heute noch im Winterpalast in Petersburg. Ueber den Offizier hat die Wittwe nie etwas erfahren können.
Anzeigen.
In Sachen, betreffend das Debitwesen des hieselbst verstorbenen Hauseigenthümers Carsten Gothknecht wird in Folge eines zu Protocoll am 22. Juni c. eingelegten Rechtsmittels der durch Verfügung d. 5. Juni c. auf Freitag den 20. Juli c. zum Verkauf der zur Masse gehörenden Grundstücke anberaumte Ueberbots=Termin hiedurch bis auf Weiteres abgekündigt.
Schönberg, den 22. Juni 1866.
Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg
C. L. v. Oertzen.
(L.S.) A. Dufft.
Vermischte Anzeigen.
Die diesjährige General=Impfung der Schutzblattern findet in folgender Ordnung statt:
I. Im Schönberger Kirchspiel
1) für die in der Stadt Schönberg gebornen Kinder am Sonnabend, den 7. Juli, Morgens 10 Uhr, im Hause der Frau Gastwirthin Boye;
2) für die in den zur Schönberger Gemeinde gehörenden Dorfschaften gebornen Kinder ebendaselbst am Sonnabend, den 14. Juli, Morgens 10 Uhr.
II. Im Selmsdorfer Kirchspiel am Sonnabend, den 21. Juli, Nachmittags 4 Uhr, im Hause des Herrn Gastwirths Michaelsen.
III. In den nach Mummendorf, Lübsee und Rehna eingepfarrten Ortschaften am Sonnabend, den 14. Juli, Morgens 10 Uhr, im Hause der Frau Gastwirthin Boye zu Schönberg.
IV. Im Herrnburger Kirchspiel am Sonnabend, den 14. Juli, Nachmittags 4 Uhr, im Schulhause.
V. Im Carlower Kirchspiel am Sonnabend, den 14. Juli, Nachmittags 4 Uhr, im Hause des Herrn Gastwirths Robrahn.
VI. Im Schlagsdorfer Kirchspiel am Sonnabend, den 28. Juli, Nachmittags 4 Uhr, im Hause des Herrn Gastwirths Siebenmark.
VII. Im Demern'schen Kirchspiel am Sonnabend, den 21. Juli, Nachmittags 4 Uhr, im Schulhause zu Demern.
VIII. Im Ziethener Kirchspiel mit Einschluß des Dorfes Lankow, in der Domgemeinde und in der Vogtei Manhagen nach Bestimmung des Herrn Dr. Arndt zu Ratzeburg.
Schönberg, den 1. Juli 1866.
Dr. Marung. Dr. Liebenow.
Bekanntmachung.
Unser diesjähriges Missionsfest wird zum Andenken an den h. Ansverus, der vor 800 Jahren, am 15. Juli 1066, auf dem St. Georgsberge bei Ratzeburg den Märtyrertodt erduldet hat, am Mittwoch, den 11. Juli, zu Ratzeburg gefeiert werden und zwar gemeinschaftlich mit den Gemeinden des Herzogthums Lauenburg, Vormittags in der Stadtkirche zu Ratzeburg, Nachmittags in der Domkirche. Der Gottesdienst beginnt Vormittags um 11 Uhr, Nachmittags um 3 Uhr.
In der Zwischenzeit wird für sämmtliche Fest=
[ => Original lesen: 1866 Nr. 53 Seite 4]genossen auf dem "Großen Keller" in Ratzeburg ein einfaches Mittagsessen (à Person 12 ßl.) bereitet sein.
Der Vorstand des Missionsvereins im Fürstenthum Ratzeburg.
Nachdem es gelungen , den Landkasten in Rostock dazu zu bestimmen, mir für Einzahlungen aus hiesigem Fürstenthume, statt seiner früheren 3 1/2 pCt., jetzt vier pro Cent zu bewilligen, bin ich soeben bevollmächtigt worden, auch nach Ablauf des jetzigen Johannis=Termins Gelder für den Landkasten in Empfang zu nehmen und dieselben vom Tage der Einzahlung an mit vier pCt. zu verzinsen. Da nun gesetzlich jeder Mecklenburg=Schwerinsche Gutsbesitzer, sowie die Großherzoglichen Domainen und städtischen Besitzungen für Zahlung der Zinsen und Rückzahlung des zu Landeshülfen, für Chaussee=, Canal= und Eisenbahnbauten verwendeten Capitals nach halbjähriger Kündigung mit ihrem gesammten Besitz zur ersten Hypothek haften; so gewähren diese Landkasten=Obligationen die allergrößte Sicherheit und werden deshalb auch vorzugsweise von hiesigen Kirchen, Vormundschaften und selbst auswärtigen Sparcassen benutzt. Landkasten=Obligationen liegen bei mir zur Ansicht bereit und Kosten sind mit den Belegungen, Zinszahlungen und Rückzahlungen überall nicht verbunden, weshalb ich jetzigen Einzahlungen oder auch nur Anmeldungen zu späteren Einzahlungen entgegensehe.
Die bis Sonnabend nächste Woche, den 7. Juli, erfolgenden Einzahlungen erhalten übrigens im nächsten Antoni=Termine noch ihre vollen halbjährigen Zinsen.
Schönberg, den 28. Juni 1866.
Kindler, Advokat.
Großes=Volksfest zu Grevesmühlen am Sonntag, den 15. Juli 1866.
Wir laden auswärtiges und hiesiges Publicum dazu freundlichst ein und bemerken, daß nicht nur die gewöhnlichen Belustigungen, als Stangenklettern, Sacklaufen, Feuerwerk, Illumination und Musik zur Unterhaltung beschafft sind, sondern daß auch freie Tanzmusik im Grünen veranstaltet ist.
Grevesmühlen, den 1. Juli 1866.
Das Comite.
Dr. Pattison's Gichtwatte lindert sofort und heilt schnell Gicht und Rheumatismen aller Art, als Gesichts=, Brust=, Hals= und Zahnschmerzen, Kopf=, Hand= und Kniegicht, Magen= und Unterleibsschmerz etc.
In Paketen zu 12 Schilling und zu 7 Sch. sammt Gebrauchsanweisung allein ächt bei Wilh. Heincke.
Am 23. und 24. k. M. Juli feiert die hiesige Schützenzunft ihren diesjährigen Königschuß, wozu wir alle auswärtigen Mitglieder und sonstigen Freunde unserer Zunft hiedurch ergebenst einladen.
Rehna, den 28. Juni 1866.
Die Aelterleute der Schützenzunft.
Erntehandschuhe sind stets zu haben bei Emil Jannicke, Handschuhmacher.
Schönberg.
Auf dem Wege von Sabow nach Rabensdorf ist am Sonntag den 1. Juli ein graues Umschlagtuch mit lila Kante verloren worden. Der ehrliche Finder wird dringend ersucht, dasselbe in die Expedition d. Bl. zurückzugeben.
Bergmann's Barterzeugungstinctur unstreitig sicherstes Mittel, binnen kürzester Zeit bei selbst noch jungen Leuten einen starken und kräftigen Bartwuchs hervorzurufen, empfiehlt à Flc. 16 u. 32 J. F. Eckmann.
Anilin-Schreib- und Copir-Tinte
aus der K. S. priv. chem. Fabrik von Carl Haselhorst in Dresden empfiehlt in Originalflaschen zu 16, 10, 5 und 3 1/2 .
Schönberg.
J. P. Bade.
Bergmann's Eispomade rühmlichst bekannt, die Haare zu kräuseln, zu stärken, und vor dem Ergrauen zu schützen, empfiehlt à Flac. 8, 12 u. 16 J. F. Eckmann.
Von Donnerstag den 28. Juni an sind wieder Drainröhren in allen Weiten auf meiner Ziegelei zu haben; dies den zahlreichen Bestellern hiedurch zur Nachricht.
Zieglermeister Tretow vor Schönberg.
W. Kolls, Juwelen-, Gold- und Silber-Waaren-Handlung
Lübeck, Sandstrasse 1006.
Reparaturen werden prompt und billig ausgeführt.
Bei meiner Niederlassung hieselbst als Malermeister empfehle ich mich allen geehrten Herrschaften in Schönberg sowohl, wie denen auf dem Lande zur Ausführung aller in mein Fach gehörenden Arbeiten, die ich prompt ausführen werde.
Heinrich Stein.
Meteorologische Beobachtungen. |
1866 Juni |
Barometer |
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Wärme |
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Wind |
Stärke |
|
Paris. Lin. 300 + |
niedrigste °R. |
höchste °R. |
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|
|
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29. 30. 1. 2. |
36.13 34.65 31.91 31.10 |
14.0 14.2 12.4 10.4 |
23.0 21.0 18.7 14.5 |
SO SW SW SW |
0 1 1 2 |
heiter. wolkig. trübe. wolkig. |
Täglich Gewitter und Regen: 46, 30, 78 und 114 Cubikzoll auf 1 Quadratfuß.
Markt=Preise in Lübeck. |
Butter, Meckl. d. | 12 1/2 - 13 . |
Holst. d. | 13 - 14 . |
Enten, d. St. | 16 - 20 . |
Hühner, d. St. | 12 - 16 . |
Tauben, d. St. | 4 . |
Schinken, d. | 7 1/2 - 8 . |
Wurst d. | 9 - 10 . |
Eier 8 St. für | 4 . |
Kartoffeln, d. Faß | 8 . |
Küken d. St. | 6 - 8 . |
Hambg. Blumenkohl d. Kopf | 6 - 7 . |
Geräuch. Stöhr, d. Pf. | 8 . |
Getreide=Preise in Lübeck. (per Sack in Lüb. Crt.) |
Weitzen | 18 - 19 | | 8 | |
Roggen | 13 - 13 | | 8 | |
Gerste | 12 - 12 | | 4 | |
Hafer | 10 - 11 | | 4 | |
Erbsen | 14 - 16 | | 8 | |
Wicken | - | | - | |
Buchweizen | 11 - 12 | | - | |
Winter=Rapsaat | - | | - | |
Rübsen. | - | | - | |
Schlagleinsaat | 18 - 20 | | - | |
Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.
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