No. 63
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 12. August
1892
Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1892 Nr. 63 Seite 1]

Kaiser Wilhelm traf am Dienstag vormittag aus England wieder im Marmorpalais bei Potsdam ein, wo auch die Kaiserin zur Zeit wohnt. Auf der Heimreise begrüßte der Kaiser seine drei ältesten Söhne bei der Vorüberfahrt vor Norderney, wo die Prinzen sich jetzt aufhalten. Ein Torpedoboot brachte die Knaben an Bord der Yacht "Kaiseradler" Ein dicht mit Menschen besetzter Vergnügungsdampfer kreuzte den Kurs des "Kaiseradlers", wobei dem Monarchen laute Kundgebungen dargebracht wurden. Montag nacht erfolgte die Ankunft in Wilhelmshaven, woran sich sofort die Weiterreise nach Potsdam anschloß.
Der Kaiser gedenkt in den ersten Tagen des September, einer Einladung des Königs Oskar entsprechend, sich nach Schweden zu begeben, um dort auf Elenthiere zu jagen. Das Absteigequartier werden beide Majestäten in Gothenburg nehmen; die Dauer der Jagd ist auf zwei Tage bemessen.
Das freudige Ereignis in der kaiserlichen Familie wird, wie aus Hofkreisen verlautet, in der zweiten Hälfte dieses Monats erwartet.
Der Kriegsminister bringt zur Kenntniß der Armee, daß der Kaiser dem Leibhusaren=Regiment schwarze Lanzenflaggen mit weißem Todtenkopf verliehen hat.
Durch Cabinetsordre von 27. Juni ist ein neues Exercier=Reglement für die Feld=Artillerie genehmigt worden.
Das Projekt einer Riesengürtelbahn um Berlin ist dem Kaiser vorgelegt und von diesem im militärischen Interesse lebhaft befürwortet worden. In letzter Zeit haben mehrfach diesbez. Versammlungen der betheiligten Kreise stattgefunden, in welchen der Stadtbaurath Hobrecht den Vorsitz führte. Es wurde festgestellt, daß die Bahn von Königs=Wusterhausen mit Berührung von Potsdam, Nauen, Fürstenwalde bis zurück zum Ausgangspunkt gesichert sei. Dem Kaiser liegt besonders viel an einer direkten Verbindung zwischen Trebbin und Jüterbog, da dieselbe für die Militärverwaltung die größten Vortheile bietet. Die Länge der Bahn wurde auf 80 km berechnet, und die Kosten mit 50-60 000 M. per km normirt.
Wie aus Hamburg berichtet wird, dürfte Graf Waldersee gleich nach der Rückkehr des Kaisers zum persönlichen Vortrage empfangen werden.
Die Ankündigung von der Einleitung von Handelsvertragsverhandlungen zwischen Rußland und dem deutschen Reiche hat auf die meist deutschfeindlichen russischen Journale wie ein Wassersturz gewirkt. Sie suchen sich um das Vorgehen ihrer Regierung mit der Bemerkung herumzudrücken, daß die politische Lage doch unverändert bleibt. Die Pariser Zeitungen, die stets als wohlgethan betrachten, was der Czar thut, sind erst recht einsilbig. Denn Rußlands Anerbieten an Deutschland, wieder in einen regeren wirthschaftlichen Verkehr einzutreten, ist das beste Geständnis, das Rußland heute unfähig ist, Krieg zu führen, und daß die französische Freundschaft ihm praktisch nichts geholfen hat.
Mit begreiflicher Spannung beobachtet man die am Montag im Reichsamt des Innern in Berlin begonnenen kommissarischen Berathungen Behufs Zollverhandlungen mit Rußland. Vertreten ist der Reichskanzler, das Reichsschatzamt, das preußische Handels=, Finanz= und Landwirthschaftsministerium. Miquel führt nicht den Vorsitz. Rußland verlangt bekanntlich in dem erwähnten Dankschreiben, daß Deutschland die Differentialzölle fallen lasse, was ja Deutschland ohne Schaden thun kann und was prinzipiell von Anfang an bei entsprechenden Gegenkonzessionen in Aussicht genommen war, und hat Deutschland aufgefordert, seinerseits anzugeben, für welche deutschen Waren und in welchem Umfange die Erniedrigung der Zölle Seitens Rußland erwünscht sei. Nach Lage der Sache glaubhaft ist eine Berliner Meldung, wonach Rußlands Zugeständnisse in erster Linie sich auf dem Gebiet der Eisen=, Kohlen= und Textilindustriezölle zu bewegen haben werden. Daß man trotz allem auf das Resultat der bevorstehenden Verhandlungen und eventuell Abmachungen besonders auf politischem Gebiet keine zuweitgehenden Erwartungen setzen soll, ist nicht außer Acht zu lassen.
Ueber den Plan der neuen Militärreform=Vorlagen erfährt die "Post" weiter, daß, um den ferneren Bestand des Heeres bei der zweijährigen Dienstzeit zu sichern, zugleich auch für die geplanten Neubildungen den Mannschaftsbestand herbeizuschaffen, sehr tief in die Ersatzreserve und den Landsturm I hineingegriffen werden muß. Soweit sich der organisatorische Theil der kommenden Neuerungen bis jetzt übersehen läßt, gewährt derselbe für die Verhandlungen mit dem Reichstag einen weiten Spielraum, der ohnehin nöthig ist, insofern man selbst an maßgebender Stelle den Ertrag der künftigen Aushebungen heute noch nicht mit Bestimmtheit übersehen kann. Von besonderer Wichtigkeit bleibt es, daß das Gefüge des Heeres, wie es bis jetzt ist, gewahrt wird und die Neubildungen, insbesondere die Kadre=Bataillone der Infanterie, deren Spitzen in den dreizehnten Hauptleuten bereits vorhanden sind, sich organisch in die bisherigen höheren Einheiten eingliedern. - Als Einführungstermin für die Neuorganisation des Heeres wird der 1. April 1893 bezeichnet, und, falls dieselbe noch einen Aufschub erleiden sollte, als späteste Termin der 1. Okt. nächsten Jahres genannt.
Wie die N. Allg. Ztg. anscheinend von dem Finanzminister Miquel erfahren haben will, sollen sich die Kosten der im Reichstage zu erwartenden Militärvorlagen über 60 Mill. Mark pro Jahr belaufen. Aufgebracht soll die Summe angeblich durch eine Höherbelastung des Tabaks werden.
Zur österreichischen Thronerbschaft, die dem Erzherzog Karl Ludwig zusteht, hatte sich seit längerer Zeit die Frage erhoben, warum ihm nicht der Titel eines Kronprinzen verliehen werde. Nun wird in einer offiziösen Auslassung des "Pester Lloyd" ausgeführt, es brauche nicht Wunder zu nehmen, daß Erzherzog Karl Ludwig nicht den Titel eines Thronerben führt, weil diesen Titel nur der in gerader Linie abstammende Erzherzog zu führen pflegt. Die Frage der Thronerbschaft sei weder aktuell noch ungeregelt, gebe somit auch zu keinem Bedenken Anlaß. Der Artikel schließt: Wie immer

[ => Original lesen: 1892 Nr. 63 Seite 2]

auch das Schicksal dereinst die Frage der Thronerbschaft lösen möge, wer immer auch der Nachfolger unseres ruhmreich regierenden Königs sein mag, darüber können wir beruhigt sein, daß der Geist der Regierung, welchen Franz Josef I. geschaffen hat, als Vermächtnis auf das ganze Haus Habsburg übergehen werde.
Furcht und Schrecken in der Bevölkerung zu erregen und die Behörden in Atem zu halten und mürbe zu machen, ist die Absicht der französischen Anarchisten. Am Montag fanden wieder 2 neue Dynamitdiebstähle statt. 10 Vollkisten Dynamit wurden in Lyon und Paris vermißt.


- Soldatische Pflichttreue. Man schreibt aus dem Elsaß: Nach Schluß der Gefechtsübungen, welche unter Zuziehung der Garnisonen von Kolmar, Neu=Breisach und Mühlhausen im Hochgebirge der Vogesen, zwischen dem Wesserlinger Thale und dem Münsterthale an drei Tagen der letzten Woche stattfanden, wurde einer der Mühlhauser 22er Dragoner vermißt. Ueber seinen Verbleib war ungeachtet aller Anstrengungen einstweilen nichts zu ermitteln. Endlich am Sonntag, drei Tage nach den Uebungen, meldete er seinem Schwadronschef, daß er leidend in Wesserling liege, das Pferd sei unversehrt. Die dorthin eilenden Offiziere erfuhren Folgendes: Nach einer Rekognoscirung in besonderem Auftrage ausgesendet, gerieth er am frühen Morgen bei dichtem Nebel an steilem Abhange in die Nothwendigkeit, der Gefahr wegen abzusitzen und sein Roß am Zügel zu führen. Abrollende Felsbrocken ließen das Pferd straucheln und abstürzen, mehr als 40 Meter tief, den Reiter mit sich reißend. Als dieser, vom Sturze betäubt, nach längerer Zeit zu sich kam, fand er sein Roß durch die zu seiner eigenen Befreiung gemachten Anstrengungen tief im Schlamme des Bodens eingesunken. Er bemühte sich nun, dem Thiere zu helfen und setzte die heldenhaftesten Bemühungen drei Tage lang fort. Für sein Roß schaffte er von dem wenigen Commisbrod und Wasser, sowie von Waldbeeren Nahrung. Auch versäumte er nicht, seine Lanze oben auf dem Abhange zu befestigen, um so möglicherweise Hülfe herbeizurufen. Allen Scharfsinn wendete er auf, um sein Roß zu befreien, denn es stand bei ihm fest, daß er dies entweder erreichen müßte, oder selbst dabei zu Grunde gehen. Am dritten Tage Abends, als er sowohl wie sein vierbeiniger Kamerad anfingen kraftlos zu werden, wurde sein flatterndes Fähnlein von einem Bauern bemerkt, der dann Hülfe herbeischaffte. Verletzt sind weder Roß noch Mann. Letzterer, im Quartier nach Wildenstein gebracht, war zunächst sprachlos und total erschöpft, erholte sich aber bald, so daß er seinen herbeieilenden Vorgesetzten, wenn auch schwach, Rede stehen konnte. Eine solche Aufopferungsfähigkeit bei unsern Reitern ist ja glücklicherweise nicht selten, immerhin aber doch erfreulich.
- Die Fliegen im Stalle. Daß uns Menschen die Fliegen sehr lästig werden, ist eine bekannte Sache, obwohl dieselben uns insofern willkommen sein müßten, als viele Fliegen nach dem bekannten Sprichworte "viele Stiegen" - für die Ernte des nächsten Jahres bedeuten sollen. Aber nicht bloß uns Menschen sind die Fliegen lästig, sondern in hohem Grade auch unseren Hausthieren, die sich ihrer in den heißen Sommertagen oft kaum erwehren können. Welchen bedeutenden Einfluß zahlreiche Fliegen im Stalle auf die Leistungsfähigkeit unserer Hausthiere haben, geht aus einem neuerdings angestellten Besuche in dem landwirthschaftlichen Institute der Universität Göttingen hervor. Der Vorsteher der Versuchsstation Göttingen, Professor Dr. Lehmann konstatierte, daß nach einem mit Hilfe des von Pettenkoffschen Respirationsapparates angestellten Versuche bei starker Beunruhigung der Tiere durch Fliegen ein Mehrverbrauch an Kraft pro Tag festgestellt wurde, der einem Pfund Hafer gleichkommt. Dies ist ein nicht unbedeutender Verlust bei einem großen Viehstande, und bei langanhaltender Wärme im Sommer. Schützen wir dagegen unsere Thiere gegen die Fliegen im Stalle, indem wir den Stall verdunkeln und Zugluft herstellen, außerdem beim Weißen der Ställe unter den Kalk etwas Alaun machen, da der Geruch von Alaunkalk den Fliegen nicht behagt. Endlich können wir auch große Massen von Fliegen beseitigen, indem wir unter der Stalldecke Bündel von Beifußpflanzen aufhängen, an denen die Fliegen sich sammeln, und von denen sie durch übergestreifte Beutel in großen Mengen gefangen werden können.
- Dieser Tage verstieg sich am Pilatus ein deutscher Tourist. Er unternahm den Versuch, vom Klimsenhorn auf das Tomlishorn zu erklettern, gelangte jedoch etwa 30 Meter unterhalb des Gipfels auf einen kleinen Felsvorsprung, wo er weder vor = noch rückwärts konnte. Fast senkrecht fallen dort die Felswände etwa 300 Meter tief gegen die Kastelenalp hinunter. Ein Bahnwärter der Pilatusbahn wurde von zwei Gefährten am Seil hinuntergelassen und fand den Touristen am Ende seiner Kräfte und von dem zweistündigen krampfhaften Anklammern zum Tode erschöpft. Es gelang, ihn am Rettungsgürtel zu befestigen, und nach harter Mühe konnten beide auf den Kamm heraufgezogen werden.
- Unser Sonnensystem auf dem Marsch. Mit welcher Schnelligkeit durcheilt unser Sonnensystem den Weltraum? Herschel war der Erste, welcher die Entdeckung machte, daß unsere Sonne mit ihren Planeten, den Kometen, und sämtlichen kleinen sie umkreisenden Weltkörpern sich auf einer ungeheuren Reise durch die Unendlichkeit des Raumes befindet. Er bestimmte nicht nur dies, sondern auch die Richtung dieser Weltreise, sowie die Schnelligkeit, mit welcher sie sich vollzieht. Er hat nachgewiesen, daß unser Sonnensystem sich zur Zeit mit erstaunlicher Schnelligkeit auf einen gewissen Punkt im Sternbild des Herkules zu bewege. Von zwei zu zwei Tagen legt es eine Entfernung von ca. 250 000 geogr. Meilen auf seiner Flucht zurück. Man könnte nun annehmen, da wir mit dieser rasenden Geschwindigkeit den Weltraum durchfliegen, daß wir so den Herkules allmählich erreichten; doch befindet sich dieses Sternbild in einer so ungeheuren Entfernung von uns, daß wir unter denselben Schnelligkeitsverhältnissen wohl noch mehr als 1 Mill. Jahre zu reisen haben, ehe wir den unermeßlichen Abgrund des Weltraumes überflogen haben werden, der sich jetzt zwischen unserm Sonnensystem und den äußersten Grenzen der Herkuleskonstellation ausdehnt.
- Zwischen Leben und Tod. Der Förster Haas in Scheiterboden bei Mürzsteg erstattete am Donnerstag die Anzeige, daß von der Schusterwaldmauer nächst dem "Toten Weib" fortwährend Hilferufe ertönen. Eine kleine Expedition brach Freitag um halb vier Uhr morgens auf und fand den Unglücklichen, der in einer tiefen Schlucht, der sog. "Lamäuer", unter einer Felswand wie angemauert stand. Der Holzknecht Holzer, der mutigste der erschienenen Retter, ließ sich mittelst eines Seiles über eine Felswand hinab, nahm an einer Fichte Halt und ließ von hier ein zweites 35 Meter langes Seil dem Manne unter der Felsmauer hinab. Nach anderthalbstündiger Arbeit gelang es, den auf Rettung so lange Harrenden in die Höhe zu bringen, und nur den unsäglichen Anstrengungen der wackeren Holzknechte ist es zuzuschreiben, daß der unvorsichtige Edelweißpflücker, ein Arbeiter aus Neuberg, gerettet werden konnte.
- Dem Hamb. Frdbl. zufolge ist die Gefahr einer gänzlichen Hafensperre in Hamburg durch Bildung einer neuen Sandbank unterhalb Altonas eingetreten und zwar bei dem Wrack Athabaxa. In einem Tage sind elf große Seeschiffe bei der Unfallstelle festgerathen.
- In Weiden in Bayern scheint man der Sonntagsruhe "kühl bis ins Herz hinein" gegenüberzustehen. Aus dem genannten Städtchen wird gemeldet, daß sämtliche Läden und Comptoire an Sonntagen dort, am Sitz eines königl. bayrischen Land= und Amtsgerichts und Oberbahnamts=Direktion u. s. w. nach wie vor von 7 Uhr früh bis abends 9 Uhr bezw. 7 1/2 bis 3 1/2 Uhr geöffnet sind.
- Schätze unter den Ruinen von St.=Cloud. Anläßlich der Abtragung der Schloßruinen von Saint=Cloud versichern alte Wächter des Schlosses, daß von der Kaiserin herrührende Werthobjekte unter den Trümmern begraben liegen müßten. In Voraussicht derartigem Funde hat sich der Staat aus=

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drücklich das Eigenthum aller Werthobjekte reservirt, welche bei der Niederreißung zum Vorschein kommen sollten.
- In Tulce (Kr. Schroda) ist dieser Tage ein Telephonanschluß an das Telegraphennetz errichtet worden. Darauf ging von dort eine Drahtbotschaft an den Staatssekretär Dr. v. Stephan ab, die folgenden originellen Wortlaut hatte:
            "Du hast ein Telephon errichtet
            In der Gemeinde Tulce
            Und mich zu großem Dank verpflichtet.
                                                Des Dorfes Schulze."
Prompt kam als launige Erwiderung:
    "Es bringe frohe Botschaft oft nach Tulcen,
    Das Telephon für die Gemeinde und den Schulzen.
                                                von Stephan."
- Der Kaiserin ist bekanntlich von der Schloßfreiheit=Lotterie ein größerer Ueberschuß zur Verfügung gestellt worden. Hiervon hat die hohe Frau dem Magistrat die Summe von 100 000 Mk. mit der Bestimmung angeboten, daß die Zinsen davon zur besseren Pflege verheiratheter Wöchnerinnen verwendet werden sollen.
- Fürst Bismarck beschwert sich bitter darüber, daß während seiner Reise auf verschiedenen Stationen falsche Gerüchte über die Zeit seiner Ankunft verbreitet wurden. Es scheine, als ob auch mit solchen Mitteln gearbeitet worden sei, alles in der wunderlichen Tendenz, die Bevölkerung von der Begrüßung zurück zu halten.
- Die Aufzeichnungen, welche Emin Pascha in Bezug auf seine Erlebnisse in Afrika im letzten Jahre an seine deutschen Verwandten gesandt hat, werden noch in diesem Herbst in "Westermann's Monatsheften" erscheinen.
- Ein Riesenkind weilt augenblicklich in Berlin, ein Mädchen von neun Monaten, welches ein Gewicht von 40 Pfund hat. Dasselbe stammt aus Preußisch=Friedland; der Vater ist Maurer. Die Mutter ist mit dem Kinde nach Berlin gekommen, um es den medizinischen Autoritäten vorzustellen, Professor Virchow erklärte das Kind für eine wirklich phänomenale Erscheinung.
- In Gandersheim im Braunschweigischen erfolgte die Verhaftung einer Zigeunerbande, die einen Mord zwischen Wasserleben und Halle an der Saale verübt hat.
- Ein Alpenklubist aus Chaux de Fonds bestieg von der Konkordiahütte auf dem Aletschgletscher aus mit zwei Führern an einem Tag die Jungfrau (4166 Meter) und Mönch (4105 Meter). Der gleiche Klubist bestieg einige Tage später das 4275 Meter hohe Finsteraarhorn.
- Schweineknochen für Hühner. Ein gutes und billiges Futter für Hühner zur Schalenbildung der Eier sind Schweineknochen; dieselben werden fein zerklopft und den Hühnern vorgelegt, welche sie begierig verzehren. Ein Landmann füttert jetzt über zwei Jahre Schweineknochen und erzielt dadurch einen höheren Eierertrag, sowie Eier mit vollständiger Schalenbildung.


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Anzeigen.

Die Großherzogliche Hauptkasse hieselbst ist bis zum 5. k. Mts. geschlossen.
      Schönberg, d. 8. August 1892.

                                                    G. Grapow.


Bekanntmachung.

Auf Grund §§ 23, 24 des Genossenschaftsstatuts und der bezüglichen Wahlergebnisse aus der Genossenschaftsversammlung vom 1. Juni d. J. macht der Vorstand bekannt:

1. Das bisherige Mitglied des Vorstandes, Herr Gutsbesitzer von Michael auf Gantzkow, und dessen Ersatzmann, Herr Graf von Schwerin auf Mildenitz, deren Amtszeit mit dem 31. Dec. d. J. abläuft, sind für eine weitere fünfjährige Periode in ihre Aemter wiedergewählt.
2. Für die Zeit vom 1. Januar 1893 bis 31. December 1896 werden fungiren als zweiter genossenschaftlicher Beisitzer im Schiedsgericht Herr Gutsbesitzer von Warburg auf Stolpe (für den ausscheidenden Herrn Gutsbesitzer von Lücken auf Godenswege) und als Stellvertreter des Erstgenannten: (erster) Herr Oberförster Hahn in Neustrelitz - (zweiter) Herr Domänenpächter Wendland in Usadel.
Neubrandenburg, den 30. Juli 1892.

Der Vorstand der Mecklenburg=Strelitz'schen Landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft.
A. Pries.


Oeffentliche Versteigerung.

In der Konkurssache über das Vermögen des Kaufmanns Johann Buschow zu Bäk werde ich am Montag den 15. August d. J., Mittags 12 Uhr beginnend, verschiedene Gegenstände als namentlich:

Schränke, Stühle, Tische, Koffer, 1 Bett, Decimalwage, ca. 4 Meter Brennholz, Koffer Wanduhr, Küchengeräth, Pferdedecken, Hücksellade, Schiebkarren, Säcke, Tonnen, Fässer Tafelwage, auch die vorhandenen Waarenbestände, etwas Futter, Kartoffeln und Hafer im Felde, 1 Ziege und vieles mehr
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkaufen lassen.
Bäk, den 9. August 1892.

                                                    Der Konkursverwalter
                                                    G. Greve.


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[ => Original lesen: 1892 Nr. 63 Seite 4]
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Ziehung am 6. u. 7. September 1892.

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                                                    Max C. Sass.


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Lübeck, Jonnisstraße Nr. 70.
zurückgekehrt.


Sonntag, den 14. August                          
TANZMUSIK,
bei                                                    J. Boye.


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                                                    J. L. D. Petersen.


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von der Parfümerie Union, Berlin
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                                                    C. Schwedt.


Pikanten
Limburger-Käse
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                                                    Max C. Saß.


Ende dieses Monats habe ich                          
Harbker Brikets

an der Bahn und erbitte geschätzte Aufträge, welche ich billigst ausführen werde.

                                                    A. Zander.


Familienfestes halber ist die Wirthschaft im Schützenhause am Donnerstag, d. 11. u. Freitag, den 12. August geschlossen.

                                                    Wilh. Hagen, Schützenwirth.


Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, den 14. August.

Frühkirche: fällt aus.
Vormittagskirche: Pastor Krüger.
      Amtswoche: Pastor Krüger.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg
nach Lübeck:
9,49 Vorm. 11,59 Mitt. 3,10 Nachm. 7,11 Abends. 11,55 Nachts.
nach Kleinen:
7,32 Morg. 10,13 Vorm. 12,50 Nachm. 5,26 Nachm. 8,39 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Viehmarkt in Hamburg.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage
und Illustrirtes Beiblatt Nr. 33.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1892 Nr. 63 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 63 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstenthum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 12. August 1892.


- Mirow, 8. August. Ueber die Mordthat, die am Donnerstag an den Schuhmacher Träger'schen Eheleuten und deren 4 Kindern verübt worden ist, werden noch folgende Einzelheiten bekannt: Die Trägerschen Eheleute wollten nach Verabredung mit dem Fuhrmann H. am Freitag Morgen früh ihren Roggen auf der Tenne desselben dreschen und sollte Träger sich vorher den Scheunenschlüssel von H. abholen. Da T. aber am Freitag Morgen bei H. nicht erschien, so kam H. gegen 7 Uhr Morgens in die Träger'sche Wohnung, deren Thüren er verschlossen fand. Weil ihm auf sein Pochen und Rufen weder geöffnet noch geantwortet wurde, und er auf dem oberen Flur verdächtige Blutspuren wahrnahm, machte er die Mitbewohner aufmerksam. Diese benachrichtigten die hier wohnenden Angehörigen der Frau Träger und die Polizei, welche durch einen Schlosser die Thür gewaltsam öffnen ließ. Den in die Wohnung Eindringenden bot sich ein jeder Beschreibung spottender Anblick dar. Nur die erste, die sogenannte gute Stube, war von der That unberührt geblieben. Ueber die vier übrigen Räume der Wohnung: Kammer, Werkstatt, Küche und Schlafstube zerstreut lagen, theilweise von großen Blutlachen umgeben, die Leichen der entsetzlich zugerichteten Ermordeten. Durch klaffende Schnittwunden sowie durch Hieb= und Stichwunden bis zur Unkenntlichkeit entstellt, lag in der Kammer neben der Schlafstube die sechsjährige Tochter Elsa. In der daranstoßenden Werkstube lagen der 39jährige Schuhmacher Träger zwischen Arbeitsschemel und Leistenschrank mit zertrümmertem Schädel, zertrümmertem Nasenbein und zersplittertem Arm, ferner unter dem Schusterschemel die 4jährige Tochter Anna, und neben dem Ausgange nach der Küche zu die älteste 7-8 jährige Tochter. In der Küche lag, über einen Holzblock gelehnt, die 32 jährige Ehefrau Träger. In der Schlafstube endlich fand man, mit dem Gesichte nach unten über's Bett geworfen, den 3jährigen Sohn Karl, der noch Lebenszeichen von sich gab und auf Befragen den Gesellen Draube als den Thäter bezeichnete. Als Mordwerkzeuge wurden neben den Leichen aufgefunden ein Beil, zwei Schusterhämmer und eine dreizinkige Kartoffelhacke. In den letzten Nachmittagsstunden, in denen der Mord ausgeführt sein muß, ist Draube noch von verschiedenen Personen gesehen worden. So hat er bei den Nachbarsleuten eingesehen und gesagt, daß er am Abend "fremd machen" wolle. An einer Stelle hat er auch ausgesprochen, daß er, falls er von Träger kein Geld erhielte, diesen noch ordentlich verhauen würde. Zwischen 7 und 8 Uhr Abends hat Draube außerhalb des Ortes beim Armenhause einen Jungen gefragt, ob er Frau Träger nicht aus dem Felde habe kommen sehen. Danach ist er wieder in die Wohnung zurückgekehrt. Frau Träger ist dann nach 8 Uhr zu Hause an die verschlossene Thür gekommen. In der Meinung, daß ihr Mann ausgegangen sei, ist sie auf den Hof gegangen und hat mehrmals den Gesellen Draube gerufen. Eine Antwort ist nicht gehört worden. Als die Frau darauf wieder nach oben gestiegen ist, will man kurz hinter ihr einen Männerschritt auf der Treppe gehört haben. Man muß vermuthen, daß Draube nun die Frau in die Küche eingelassen und sie dann ebenfalls überfallen hat. Etwa um 3/4 9 Uhr sind zwei Knechte mit Schuhwerk an die Träger'sche Wohnung gekommen. In diesem Augenblicke ist Draube aus der Küche hervorgeschlüpft, die Thür hinter sich schließend und die Hände auf dem Rücken haltend, und hat, indem er vorgegeben, der Meister sei nicht zu Hause, die Schuhe angenommen und die Küche wieder eilig hinter sich geschlossen. Gegen 9 Uhr ist der Mörder sodann auf den Hof heruntergekommen, hat den 12jährigen Sohn des unten im Hause wohnenden Böttchers Sch. herbeigerufen und demselben, wie er früher versprochen, seine Kaninchen geschenkt. Endlich hat er von der Marktpumpe eine Tracht Wasser geholt und die Trägerschen Schweine gefüttert. Auch ist er in den unten im Hause befindlichen Bäckerladen gekommen, um Gebäck zu kaufen. Man nimmt nämlich an, daß der Unhold Angesichts der Ermordeten noch eine Mahlzeit gehalten hat, denn in der auf dem Heerde stehenden Pfanne waren 8 Spiegeleier bereitet, wovon vier verzehrt sind. Träger's hatten nachweislich noch nicht zu Abend gespeist. Gegen 10 Uhr noch haben die unten im Hause Wohnenden oben noch gehen hören, auch ist in den vorderen Zimmern um diese Zeit noch Licht gesehen. Wahrscheinlich hat der Mörder noch die Behälter in der Wohnstube durchwühlt, sich seiner von der Untersuchungs=Commission vorgefundenen blutigen Kleidungsstücken entledigt und sich mit dem Träger'schen schwarzen Rock und Hut, die vermißt werden, bekleidet. Als dann Alles im Hause zur Ruhe gegangen war, hat er unter dem Schutze der Nacht die Flucht angetreten.
Unter allgemeiner Betheiligung der Bewohner Mirows und der hier eingepfarrten Dörfer wurde gestern gegen Abend die durch Mörderhand so jäh der Zeitlichkeit entrissene Trägersche Familie zur letzten Ruhestätte gebracht. Vom Seminarsaale aus, wo die Verstorbenen aufgebahrt waren, setzte sich der Leichenkondukt, von weit über tausend Leidtragenden begleitet, in Bewegung. Als der Trauerzug sich in Bewegung setzte, erstrahlte am Himmel ein Regenbogen von seltener Schönheit. Den Leichenzug eröffneten zwei vierspännige Leichenwagen. Der erste Wagen, dem das Schuhmachergewerk zur Seite schritt, enthielt die Leiche des Ehemannes Träger; in dem zweiten Wagen befand sich der Sarg der Frau Träger. Dann folgten die drei Kindersärge, von je vier jungen Leuten getragen. Auf dem Friedhofe, wo Pastor Krüger eine zu Herzen gehende Leichenrede hielt, wurden die fünf Leichen in eine gemeinsame Gruft versenkt. - Ein Schwager des Mörders, der in Rostock Kaufmann ist, hat an dem Begräbnisse der Familie Träger theilgenommen, die Begräbniskosten bezahlt und für die Pflege des noch lebenden, im Karolinenstift untergebrachten Kindes bei der Anstalt 100 M. hinterlegt.
- Schönberg. Der bisherige Inhaber der Pachtung Hof Lockwisch mit Westerbeck, Domänenpächter Dierking, hat diese Pachtung für 84 000 M. an einen Oekonomen Albrandt aus Wismar abgestanden. Die vorbehaltene Genehmigung des Großherzoglichen Kammer= und Forst=Collegii zu Neustrelitz steht noch aus.
- In dem Franzosengrunde bei Ludwigslust ist am 10. August Morgens zwischen 6 und 7 Uhr durch zwei sich kreuzende Güterzüge der Berlin=Hamburger Eisenbahn dem Vorarbeiter Warncke aus Techentin, D.=A. Grabow, der Kopf und ein Arm abgefahren.
- Es ist dem genialen Entdecker des Aluminium, Georg Wegner in Berlin, gelungen, das Aluminium, das bisher seiner fettigen Bestandtheile wegen allen Galvanisirungsversuchen widerstand, zu galvanisiren, d. h. ihm durch Vernickeln, Verkupfern, Versilbern, Vergolden jede gewünschte Färbung zu geben, wodurch es zu Konsumartikeln aller Art verwandt werden kann. Fächer, Bijouteriewaaren, Spazierstöcke, Regenschirme, Beschläge, Küchengeschirre, Hausgeräthe, überhaupt alles nur erdenkliche, was bisher aus Holz, anderem Metall oder aus gebräunter Thonerde hergestellt wurde, kann man nunmehr aus Aluminium in beliebiger Färbung fabriziren, und es steht kein Hinderniß mehr im Wege, auch das Mobiliar aus Aluminium anzufertigen. Lassen wir den Blick der eilenden Zeit vorausschweifen, so taucht vor unserem Auge das Zukunftsbild einer modernen Wohnungseinrichtung auf. Nicht das blendende Einerlei des silberweißen Metalls tritt uns entgegen; es ist scheinbar alles beim Alten geblieben und doch erscheinen die Möbel viel zierlicher und kunstvoller; sie sind eben aus gefärbtem Aluminiummetall. Und wie freudig wer=

[ => Original lesen: 1892 Nr. 63 Seite 6]

den unsere Hausfrauen die leichten Kochgeschirre begrüßen, die unseren modernen Küchen späterhin zur Zierde gereichen werden. - Wir befinden uns schon mitten im Zeitalter des Aluminiums.
- Siebzehn Tage unter der Erde. Die nach 17 Tagen glücklich geretteten drei Bergleute der "Emeran=Zeche" bei Bilin verbrachten, wie der "N. Fr. Pr." aus Preschen berichtet wird, die Nacht zum 23. v. M. sehr gut. Ihr Zustand ist, abgesehen von einer begreiflichen Schwäche, verhältnißmäßig günstig; die Nahrungsaufnahme erfolgt anstandslos, und es ist nicht das geringste besorgnißerregende Symptom wahrnehmbar, so daß die vollständige Gesundung der Geretteten in nächster Zeit zu gewärtigen ist. - Einem Briefe aus Brüx entnimmt die "N. Fr. Pr.": Die seit dem 4. Juli, Abends 7 Uhr, durch einbrechende Schwemmsandmassen verschüttet gewesenen Bergleute heißen Jacob Sotka, Franz Makelik und Heinr. Horak. Seit vielen Tagen hatte man alle Hoffnung, die verunglückten Arbeiter noch dem Tode zu entreißen, aufgegeben. Nichtsdestoweniger ließ die Leitung des Werkes der Rettungsarbeiten unverdrossen fortsetzen. Diese Bemühungen wurden herrlich belohnt. Welche Ueberraschung bereitete es nicht, als man Donnerstag Abend gegen 1/2 9 Uhr aus dem abgesperrten Stollen schwache Hülferufe hörte. Alsbald verbreitete sich die Freudenkunde: "Sie leben! Sie leben!" Und mit verdoppelter Kraft, mit fast unmenschlichen Anstrengungen wurde an der Wegräumung des Schwemmsandes gearbeitet, und um 1/2 11 Uhr war man bei den Todtgeglaubten. Alle drei waren bei vollem Bewußtsein. Ihre einzige Nahrung während der langen schrecklichen Zeit war bekanntlich Grubenwasser. Doch auch die Wirkung dieses Nahrungsmittels schien versagen zu wollen; denn zwei von den Verunglückten waren bereits so geschwächt und erschöpft, daß sie sich nicht mehr vom Platze schleppen konnten, um zu dem Wasser zu gelangen. Nur einem ward es möglich, unter der äußersten Aufbietung aller moralischen Kraft dem Hunger erfolgreichen Widerstand zu leisten, daß er für sich und seine Leidensgefährten das an den Wänden herabsickernde Wasser sammeln konnte. Donnerstag Abends ging er wieder nach Wasser. Er fühlte sich dabei gleichfalls schon so erschöpft, daß er glaubte, daß dies sein letzter Gang sei. Doch siehe da! Während er nochmals seine Blicke um sich sendete, als sollte in letzter Stunde noch Hülfe kommen, drang plötzlich ein Lichtschimmer zu ihm. Der Schwemmsand in der Strecke hatte sich nämlich am First des Stollens etwas gesetzt, und durch die so entstandene Oeffnung drang das Licht der Grubenlampen der bei den Rettungsarbeiten beschäftigten Bergleute zu ihm. Dies veranlaßte ihn, Hülferufe auszustoßen. Als man die drei zu Gerippen abgemagertem Geretteten zu Tage brachte, verloren sie das Bewußtsein. Sie befinden sich nun in sorgfältigster ärztlicher Behandlung.
- Zur Beseitigung der Mäuseplage. Nicht nur der Landwirth, der bisher fast rath= und machtlos den sauren Fleiß seiner Feldarbeit der räuberischen Verheerung einer Mäuseplage preisgegeben sah, wird es auf das höchste interessieren, daß es der bakteriologischen Forschung gelungen ist, einen Organismus zu entdecken, welcher künftig jede Mäuseplage verhindern wird, sondern auch der Laie, der einmal den häßlichen, betrübenden Anblick eines von Mäusen zerwühlten und unmiternirten Saatlandes gehabt hat oder gar in der eigenen Vorräthekammer zu spüren bekam, wird mit gleicher Freude von dem neuen Mäusevertilger hören, denn es hat sich ergeben, daß er mit derselben tödlichen Wirkung seine Macht auch an der Hausmaus übt, wie an dem gefährlichen Feldnager, dessen Unersättlichkeit bisher schon so manche verheißungsvolle Ernte zum Opfer fallen mußte. Das letztere wird nun fortan nicht mehr möglich sein, wofern eben alle Interessenten ihre Aufmerksamkeit der neuen Entdeckung des Greifswalder Bakteriologen Prof. J. Löffler zuwenden und das von ihm erfundene Mittel, den bacillus typhi murium, bei der Bekämpfung einer etwa wiederkehrenden Mäuseplage fleißig anwenden wollten. Die Erfolge, welche Professor Löffler im Frühjahr dieses Jahres in der von Myriaden von Feldmäusen heimgesuchten Thessalischen Ebene mit seinem Mittel erzielt hat, sind nach den Attesten der griechischen leitenden Persönlichkeiten geradezu glänzend. Es ist zum ersten Male gelungen, eine schädliche Thierspecies baktereologisch mit Erfolg zu bekämpfen. Alle bisherigen Mittel hatten erstlich den Nachtheil, daß sie als giftige Substanzen anderen nützlichen Thierspezies, vor allen den Hausthieren todtbringend wurden, daß sie zweitens den mit unglaublicher Fruchtbarkeit sich mehrenden Mäusen nicht den für eine gründliche Beseitigung nöthigen Massenmord brachten, und daß drittens die von den Giftmitteln bedrohten Mäuse regelmäßig ihre Verstecke aufsuchten, um dort zu sterben und durch ihre Fäulniß die Luft zu verpesten. Das neue Mittel, der Bazillus, treibt die Mäuse aus ihrem Verstecke heraus, wie allenthalben die Beobachtungen ergaben. Es ist, als ob die Thiere gerade nach der Infektion des Bazillus das Bedürfniß hätten, in der frischen Luft zu sein. Dieser Umstand hat den Vortheil, daß man die Cadaver stets schnell und rechtzeitig beseitigen kann, und daß zum andern die frei auf den Feldern herumstreichenden kranken Mäuse um so leichter ein Raub ihrer natürlichen Feinde, der Raubvögel u. s. w. werden. Ferner aber hat das neue Verfahren den großen Vorzug vor allen anderen Mitteln voraus, daß es sich als völlig unschädlich für sämmtliche Hausthiere, als Tauben, Hühner und anderes Geflügel, Schafe, Schweine, Katzen, Hunde, Pferde, Rindvieh, Kaninchen u. s. w. erwiesen hat, und auch bei den Feld= und Waldthieren, welche den erkrankten Mäusen nachstellen, keine weiteren nachtheiligen Folgen zeigte. - Das Verfahren Prof. Löfflers ist nun das Folgende: Fingergliedgroße Stücke weißen Brodes werden in einem Behälter mit der präparirten Culturflüssigkeit des Bacillus durchweicht und je ein Stück in ein Mauseloch gelegt die davon fressenden Mäuse erkranken alsbald am Mäusetyphus und erliegen diesem unrettbar in 8 bis 18 Tagen. Schon nach wenigen Tagen sah man die tödtlich erkrankten Thiere sich schaarenweise mühsam auf den Feldern herumschleppen oder auf den Kornböden langsam herumschleichen. Die Oeffnung der todten Thiere zeigte an der Leber und Milz in Menge die charakteristischen Bacillen. Auch diejenigen Mäuse, welche an dem Brot, das schon von vielen ihrer Leidensgenossen abgenagt war, fraßen, verfielen dem Typhus und starben nach derselben Frist. Merkwürdig war auch die Beobachtung, daß die Mäuse der thessalischen Ebene von den in ihre Löcher gelegten Brotwürfeln fraßen, zu einer Zeit, wo das saftigste Grün der Felder ihre Vorliebe aller Vermuthung nach auf das letztere hätte konzentriren können. Doch empfiehlt trotzdem Prof. Löffler Herbst und Frühjahr als die geignetste Zeit zur schnellsten und radikalsten Vertilgung der Mäuse, weil gerade dann die Natur die Darreichung von Futterstoffen spärlicher und karger gestaltet, und die Nager, vom Hunger getrieben, um so gieriger über das Brot herfallen werden. - Die Hoffnung, welche sich an die Auffindung des Bacillus knüpften, hätten sich somit glänzend erfüllt, wenn anders diese Darstellung, die wir dem "Volk" entnehmen, richtig ist. Die Sache bedarf indeß wohl noch weiterer Prüfung. In dem Mäusebacillus wäre ein Mikroorganismus entdeckt, welcher die alljährlich in vielen Staaten Europas Millionen von Ernteschäden anrichtenden Mäuse tödten würde, ohne dabei irgend einem nützlichen Thiere Schaden zuzufügen. Prof. Löffler hat aus Anlaß vieler Anfragen und Aufträge, welche die Bekanntmachung seiner Entdeckung ihm eintrug, den Versandt der Bacillus=Reinkulturen der Firma J. F. Schwarzlose Söhne, Königl. Hoflieferanten, Berlin SW, Markgrafenstraße 29, übertragen.
- Einen seltenen Fund machte vor einigen Tagen ein Knabe aus Emmerich am Rhein. Unterhalb der Stadt bei der zweiten Kribbe fand er nämlich ein Portefeuille vom Wasser ans Ufer geschwemmt liegen, dessen Inhalt, wie sich später ergab, aus Aktien und Coupons von Werthdokumenten im Betrag von zusammen 50 000 Mk. bestand. Die Namen in den Dokumenten geben genaue Adressen in Berlin an; die dortige Behörde hat den Fund dem Polizeipräsidium in Berlin angemeldet.
- Der Ausbruch des Aetna hat jetzt wieder etwas an Stärke verloren. Die gegen Westen abfließenden Lavaströme bedecken allmählich die Lavaschichten vom Jahre 1886, die übrigen Lava=Abflüsse haben aufgehört.


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