No. 63
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 16. August
1887
siebenundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1887 Nr. 63 Seite 1]

              In Veranlassung der bevorstehenden diesjährigen Truppen=Uebungen im hiesigen Fürstenthume werden die Ortsvorstände unter Bezugnahme auf §. 11 des Naturalleistungsgesetzes vom 13. Februar 1875 hiedurch angewiesen, dafür Sorge zu tragen, daß die Besitzer und Pächter von Grundstücken in den von den Truppen=Uebungen berührten Gegenden zur möglichsten Verhütung von Flurbeschädigungen bestellte Felder, Schonungen pp. rechtzeitig und deutlich mit Strohwiepen bezeichnen.
              Schönberg, den 8. August 1887.

Großherzoglich Mecklenb. Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
F. Graf Eyben.


              AAlle durch die diesjährigen im hiesigen Fürstenthume stattfindenden Truppenübungen veranlaßt werdenden Flurschäden sind von den Beschädigten bei den betreffenden Ortsvorständen sofort anzumelden, von letzteren Behufs Vorbereitung und Feststellung der Vergütungen zusammenzustellen und die Zusammenstellung unverzüglich bei der Registratur der Großherzoglichen Landvogtei einzureichen.
              Schönberg, den 10. August 1887.

Der Civil=Commissarius für die Abschätzung der Flurschäden im Fürstenthum Ratzeburg.
I. V.
H. Spieckermann.


Der Kaiser weilt seit Freitag Vormittag nun wieder auf Schloß Babelsberg und auch wir wollen ihn wieder im Vaterland heute herzlich willkommen heißen. Alle die Tausend und Abertausend Wünsche, welche den greisen Kaiser begleitet haben, als er am 5. Juli die Fahrt nach Ems antrat, sind im reichsten Maß in Erfüllung gegangen, gekräftigt und neugestärkt ist der Kaiser in die Heimath zurückgekehrt. Ueberall, wohin er gekommen, ist er von seinem Volk mit Jubel und Verehrung empfangen worden, möge es dem hochbetagten Kaiser vergönnt sein, sich gesund an Geist und Körper auch ferner noch seines Lebensabends zu erfreuen!
Fürst Bismarck ist am 13. d. M. zum Kurgebrauche nach Kissingen abgereist nachdem derselbe Tags zuvor Nachmittags eine längere Conferenz mit dem Kaiser gehabt hatte.
Toujours en vedette! So überschreibt die Berliner "Post" ihren Sonnabend=Leitartikel und meint, ganz Europa wundere sich nicht wenig, daß Lord Salisbury in England auf einmal verkünde, wir lebten im tiefsten Frieden. Er wolle damit wahrscheinlich nur die Engländer über den Ausfall der dortigen Flottenmanöver beruhigen! Die thatsächlichen Verhältnisse in der großen Politik hätten sich in keiner Weise geändert und für Deutschland gelte nach Innen so gut wie nach Außen noch immer das Wort: toujours en vedette! Das Echo zu den Aeußerungen Lord Salisbury's aus St. Petersburg lautet in den dortigen offiziösen Blättern: die guten und friedlichen Worte des englischen Premierministers werden ohne Zweifel überall mit Genugthuung aufgenommen; wir wollen hoffen, daß diese Friedensversicherungen durch die Ereignisse gerechtfertigt werden mögen.
Die Gerüchte von einer bevorstehenden Einberufung des Reichstags werden von Berlin aus für falsch erklärt; als frühster Zeitpunkt für die Berufung ist die erste Novemberwoche in Aussicht genommen. Das Wiederzusammentreten des Bundesraths ist für die 2te Hälfte des September zu erwarten. Daß dann eine Vorlage betreffend die Erhöhung der Getreidezölle den Reichstag beschäftigen werde, erscheint wohl möglich, offiziös wird geschrieben:
"Soviel aber ist sicher, daß die Landwirthschaft, von deren Bedeutung als des wichtigsten Zweiges des nationalen Erwerbslebens, die verbündeten Regierungen so fest überzeugt sind und deren Förderung sie sich durch Maßregeln allgemeiner Natur so sorgsam und wirksam angelegen sein lassen, in dieser besonderen Frage wie im Allgemeinen nach wie vor auf die besondere Fürsorge der Regierung zu rechnen hat und daß, wie dies in der letzten Session im preußischen Landtage ausdrücklich erklärt worden ist, das Bedürfniß eines vermehrten Schutzes derselben ausdrücklich anerkannt ist und dieser Ueberzeugung ohne Zweifel demnächst praktischer Ausdruck gegeben werden wird."
Bei dem diesjährigen Kaisermanöver in Ostpreußen werden alle Einrichtungen der Neuzeit in Bezug auf die Verpflegung der Truppen auf dem Manöverterrain selbst in Anwendung kommen, namentlich Koch= und Backöfen und Feld=Schlächtereien. Ebenso werden Versuche mit Konserven im umfassendsten Maße gemacht werden.
An den Befestigungen von Köln ist in letzter Zeit lebhaft gearbeitet worden. Die neuen äußeren Forts sind mit den gegen die Sprengwirkung der neuen Wurfgeschosse erforderlichen Vorkehrungen ver=

[ => Original lesen: 1887 Nr. 63 Seite 2]

sehen und die älteren Befestigungen entsprechend verändert worden. Die Festung Köln ist somit wieder zu einem Waffenplatz ersten Ranges gestaltet, der jedem Angriff einer feindlichen Armee gewachsen ist. Die in den Außenforts dienstlich eingeführten Velozipeds werden von den Feldwebeln und Ordonnanzen zum Transport, zum Paroleempfang und Ordonnanzdienst, von den Offizieren zum Verkehr nach der circa eine Stunde entfernten Stadt benutzt und haben sich als praktisch erwiesen.
Siebzig neue Fahnen für das Heer, darunter mehrere für das braunschweigische Kontingent bestimmt, sind in neun Berliner Ateliers so weit fertiggestellt worden, daß ihre Ablieferung am 18. August wird erfolgen können.
In Dänemark lenkt man ein, wenigstens scheinbar. Die dortigen Blätter verkünden, daß der Kriegsminister Bahnson nicht von einem Angriffskrieg gesprochen, sondern nur darauf hingewiesen habe, daß Kopenhagen für alle Fälle gut befestigt werden müßte. Dänemarks Augenmerk sei darauf gerichtet, eine unparteiische Neutralität zu wahren. Wollen's hoffen!
Wenn die Befestigungs=Arbeiten der dänischen Hauptstadt noch eine Zeit lang im selben Tempo fortgesetzt werden, wird Kopenhagen bald zu einer Festung ersten Ranges mit detachierten und mit Kanonen größten Kalibers armierten Panzerforts umgestaltet sein, der es aber unbedingt an der für ihre Vertheidigung erforderlichen Besatzung fehlen wird, die daher nur in den Händen einer fremden Macht (Rußland) eine nicht zu unterschätzende Bedeutung haben kann.
Lord Salisbury, der englische Premierminister, hat in einer Banketrede, die er am Mittwoch Abend in Mansionhaus in London gehalten hat, seine Ueberzeugung dahin ausgesprochen, daß die Gefahren für den Frieden Europa's jetzt völlig verschwunden seien und er die Aufrechterhaltung eines tiefen Friedens bestimmt erwarte.
Der Kriegsminister Ferron, Boulanger's Nachfolger in Paris, bläst jetzt auch die Friedensschalmei. Er hat bei einem Besuch in der Artillerieschule zu Fontainbleau den Zöglingen der Anstalt eine Gesetzesvorlage über Verbesserungen der Artillerie und Geniewesens versprochen, "um die Vertheidigungskräfte Frankreichs zur höchsten Vollendung zu bringen." Das werde, sagte er, die beste Garantie für den Frieden sein!
Im Ministerium des Auswärtigen in Paris wurden in der Nacht zum Freitag große Summen in Gold und wichtige Papiere gestohlen.
Das russische Kaiserpaar wird Anfang nächster Woche sich zu längerem Aufenthalte nach Kopenhagen begeben. Die Kaiserin ist bekanntlich eine dänische Prinzessin und ihr Gemahl weilt sehr gern auf den stillen Landsitzen bei Kopenhagen, wo Nihilisten nicht zu fürchten sind.
- Eine originelle, aber echt russische Aeußerung liegt in einer soeben erlassenen offiziellen Bekanntmachung des russischen Finanzministers Wyschnegradsky, bezüglich der am 19. August d. J. stattfindenden Sonnenfinsternis vor. Es heißt u. a. in derselben: "Die Sonnenfinsternis gehe Rußland eigentlich nichts an, und mit Rücksicht auf die russische Finanzlage sei der Minister daher auch nicht in der Lage, Mittel für die Beobachtung derselben zur Verfügung zu stellen." Selbstverständlich hat diese offizielle Bekanntmachung des sehr sparsamen Finanzministers mehr Heiterkeit als Erstaunen in Rußland selbst hervorgerufen.
Prinz Ferdinand von Coburg ist zur Uebernahme seiner Fürstenwürde von Wien nach Bulgarien abgereist. Damit beginnt ein neues Kapitel in der bulgarischen Frage, von dem sich auch nicht entfernt das Ende absehen läßt. Vielleicht hat der Prinz Glück, vielleicht aber besinnt er sich auch schneller zur Rückreise, als er sich zur Hinreise besonnen hat.
Als eigentliche Urheberin des Entschlusses des Prinzen Ferdinand von Coburg, nach Bulgarien zu gehen, wird in Berlin die Prinzessin Klementine die Mutter des Prinzen, eine geborene Prinzessin von Orleans, bezeichnet. Dieselbe soll am Petersburger Hof seit längerer Zeit schon Versuche gemacht haben, den Zaren zu bewegen, mit den Schritten des Prinzen Ferdinand sich schließlich einverstanden zu erklären; ob diese Versuche von Erfolg waren, ist fraglich, jedenfalls nimmt man an, daß Rußland vor der Hand aus seiner abwartenden Haltung in der bulgarischen Frage nicht heraustreten werde.


- Neustrelitz, 11. August. Aus Homburg v. d. H. wird berichtet, daß Se. Königl. Hoheit der Großherzog Ihrer Majestät der Deutschen Kaiserin am 9. daselbst einen Besuch abgestattet habe.
- Der Bau des "Reichstags=Hauses" in Berlin soll in diesem Jahre bis zur Aufführung des Obergeschosses in seiner ganzen Höhe gefördert werden, so daß vor Jahresschluß das Gebäude bis auf die Kuppel im Rohbau vollendet sein wird.
- Auf den Strecken der Berliner Vorortzüge sind nunmehr die Eisenstangen vor den Fenstern der Eisenbahnwaggons dritter Klasse verschwunden. Statt dessen prangt oberhalb der Wagenfenster auf weißen Blechschildern die deutsche Inschrift: "Nicht hinaussehen!" Am untern Rande der Fensterrahmen sind halbrunde Holztische angebracht, welche am unmäßigen Hinauslehnen verhindern.
- In Hamburg erregten in den letzten Tagen der Kosaken=Kommandeur Graf Uraksk und dessen Adjutant v. Korpowitz, sowie der Adjutant des Kaisers von Rußland, Graf Podwyski in der Uniform der Uralkosaken großes Aufsehen. Die Offiziere reisen über Helgoland, Föhr und Sylt nach Kopenhagen, um dort während der Anwesenheit des Zaren Dienste zu thun. Die Dienerschaft verschmähte während des dortigen Aufenthalts der Offiziere in den Gasthöfen die Betten und schlief auf der Diele vor den Zimmern ihrer Herrschaften.
- In Göttingen fand am Mittwoch die Universitäts=Jubelfeier mit einer Nachmittags in Mariaspring und mit einer am Abend im Burhenneschen Garten veranstalteten Festlichkeit ihren Abschluß. Ein Glanzpunkt bildete der Kommers am Dienstag Abend, bei welchem der Prinz Albrecht das Hoch auf den Kaiser ausbrachte. Es folgten noch Toaste auf den Prinzen, das deutsche Reich, die Provinz Hannover, die Universität Göttingen, den Fürsten Bismarck u. s. w.
- In Tübingen ist am Mittwoch ein Denkmal für Ottilie Wildermuth enthüllt worden. Dasselbe hat seine Aufstellung in dem sogenannten "Seufzerwäldchen" erhalten. In den Aufbau des Sockels, welcher die einfachen Worte "Ottilie Wildermuth, gewidmet von deutschen Frauen 1887" trägt, ist aus Bronzeguß ein Medaillonbild der Schriftstellerin eingelassen. Modelliert ist dasselbe von dem schwäbischen Bildhauer Rösch.
- Die beiden auf der Werft des "Vulkan" in Stettin erbauten neuen chinesischen Kriegsschiffe sind vom chinesischen Gesandten am Donnerstag übernommen worden und können demnach nach China abgehen. Die letzte Rate der Gesammtkosten im Betrag von 8 Millionen Mark ist in Berlin bereits ausgezahlt werden. In Stettin wird man sich freuen, die chinesischen Gäste loszuwerden, sie sollen in letzter Zeit etwas üppig geworden sein.
- Die lang andauernde Hitze in England, verbunden mit fast gänzlichem Regenmangel, hat in vielen Gegenden des Landes eine förmliche Wassernoth hervorgerufen, von der selbst die Umgebung Londons nicht verschont blieb, da in voriger Woche das vorstädtische, 185 000 Einwohner zählende West Ham 20 Stunden lang gänzlich ohne Wasser blieb und auch jetzt nur noch sehr spärlich mit Wasser versehen wird.
- In Irland geht's toll her. In Elton im Kreis Limerick sollte am vorigen Dienstag ein Pächter ausgetrieben werden, weil er nicht zahlte. Als die Polizei kam, ward sie mit kochendem Wasser begossen und mußte von der blanken Waffe Gebrauch machen. Schließlich vermochte nur der Pfarrer die Leute zur Nachgiebigkeit zu bringen.
- Königin Christine von Spanien hat dem Prinzen von Wales einen silbernen mit Gold beschlagenen Helm, wie ihn die spanische Leibgarde trägt, zum Geschenk gemacht.
- In dem russischen Gouvernements Taurien und Cherson ist die sogenannte sibirische Pest ausgebrochen.
- Das Feuer im Hertogenwald ist zwar noch nicht gelöscht, hat sich jedoch seit Freitag auch nicht weiter ausgebreitet, vielmehr an der Seite nach

[ => Original lesen: 1887 Nr. 63 Seite 3]

Spaa hin abgenommen. Bis zum völligen Erlöschen des Feuers dürften noch mehrere Tage vergehen, da jetzt die Torfmoore den Hauptfeuerherd bilden. Von deutscher Seite haben die Bauern so kräftig und wirksam dagegen gearbeitet, daß die Tannenwälder erhalten geblieben sind.
- Auf der Festung Baxholm in Schweden sind am Donnerstag Nachmittag durch die Explosion einer Granate 19 Soldaten getödtet worden. Viele andere, darunter 3 Offiziere, sind schwer verletzt.
- Ueber das furchtbare Eisenbahnunglück auf der Toledo=Peoria= und Western=Eisenbahn bei der Station Bloomington in Illinois wird aus New=York noch gemeldet: Der Zug bestand aus 2 Lokomotiven und 15 Wagen, worin sich 960 Vergnügungsreisende nach dem Niagara befanden. Die meisten Passagiere waren aus Peoria. Die Brücke führte über einen Graben, der 10 Fuß tief und 15 Fuß breit ist. Man nimmt an, daß die Brücke in Folge der Trockenheit durch Funken aus der Lokomotive des vorausgegangenen Zuges Feuer gefangen hat. Der Lokomotivführer des Vergnügungszuges bemerkte, daß die Brücke brannte, aber er konnte den Zug nicht mehr zum Stehen bringen. Die Brücke brach mit dem Zug zusammen und die meisten Wagen wurden zertrümmert. Ueber 100 Personen sind getödtet, etwa 400 verwundet. Die Todten und Verwundeten sind in den Nachbardörfern untergebracht.
- Ob das Mehl gut oder schlecht ist, kann man folgendermaßen erfahren: angenommen, man hat aus verschiedenen Bezugsquellen die Mehlsorten zu prüfen, so nehme man von jeder Sorte 20 Gramm, thue dies in eine Porzellantasse, gebe auf jedes 10 Gramm reines Wasser und vermenge das Mehl mit dem Wasser zu einem Teig. Wenn man die verschiedenen Teige befühlt, so kann man annehmen, daß zu dem festesten Teig das beste, zu dem weichsten das schlechteste Mehl verwendet wurde.
- Unsere künftigen Hausfrauen. Die beiden ersten Klassen einer höheren Töchterschule in Berlin machten vor kurzem eine Sommerpartie. Gegen mittag rollten zwei mit jugendlichen Mädchengestalten besetzte Omnibusse zum Brandenburger Thore hinaus. Jede der jungen Damen war wohl bewaffnet mit Tüchern und Regenmänteln, daneben aber mit einem geheimnißvollen Päckchen. Fröhliche Gesänge und heiteres Geplauder verkürzten die Fahrt, während welcher gewiß jede der Theilnehmerinnen sich den Moment der freudigen Ueberraschung ausmalte, die durch die Enthüllung des Inhalts ihres Päckchens bei den Schülerinnen unfehlbar hervorgerufen werden mußte. Hungrig und durstig am Ziele angekommen, beginnen die "höheren Töchter" nach allgemeiner Lagerung unter grünen Eichen und Buchen mit dem Aktus der Auswickelung ihrer Päckchen und der Zusammenstellung des "Büffets." Unter großem Jubel und allgemeiner Zustimmung enthüllt Clärchen sechs Stück des herrlichsten Kaiserkuchens, während Lenchen eine große gefüllte Bonbonnière präsentiert, deren Inhalt wahrhaft herzerquickend sein muß. In rascher Aufeinanderfolge deponieren nun die Schülerinnen ihre Beiträge - allein das Gesicht des Direktors wird länger und immer länger, das Freudengeschrei der lustigen Mädchenschaar dämpft sich mehr und mehr herab, denn siehe, ein Stoß Kuchen gesellt sich zu dem anderen, Zuckerbretzeln vereinen sich mit Mandel= und Pflaumentörtchen, kandierte Früchte bilden eine süße Nachbarschaft von Büchsen mit Ananas und Pfirsichen, Chokolade erscheint in allen Formen, von "Krümel"= bis zu den feinsten Tafeln, und Pralinés und gebrannte Mandeln füllen die noch vorhandenen Lücken aus. Dagegen späht das Auge vergebens nach einem Scheibchen Brod, nach einem kalten Hühnchen, nach Ei oder Schinken - jede unserer "künftigen Hausfrauen" hatte ihrer Mitschülerin die Zufuhr derartiger prosaischer Dinge überlassen, und so waren nur Süßigkeiten und wieder Süßigkeiten zur Stelle gebracht. Dieses "Büffet" verfehlte seine Wirkung nicht. Dem verblüfften Direktor blieb nichts weiter übrig, als darüber zu wachen, daß der Konsum all' der mitgebrachten Herrlichkeiten mit äußerster Vorsicht bewerkstelligt würde, damit den jungen Damen der Ausflug nicht gar zu schlecht bekäme!


Anzeigen.

Auctionsanzeige.

Am Sonnabend, den 20. August d. J. Vormittags 9 1/2 Uhr sollen in Thandorf auf der Hofstelle des Hauswirths Oldörp

4 Milchkühe, 2 Kälber, 1 Pferd, (anglich 18 Jahre alt) 1 Faselschwein, 2 Pferdesielen, 2 Bauwagen, 2 Pflüge, 1 Reißer, 1 großer Backtrog, 1 Stuhlwagen und anderes mehr
öffentlich meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden.
Schönberg, den 13. August 1887.

                                                    C. Staffeldt, Gerichtsvollzieher.


Atelier für Zahnleidende.
Zahnoperationen schmerzlos, mittelst Betäubung des Zahnfleisches oder unter Anwendung von Lachgas.

Sprechstunden:
von 9-5 Uhr,
für Unbemittelte: von 8-9 Uhr
Morgens.
      Carl Reibeholz,
Dentist,
Neustrelitz, Seestraße 9,
ehemalig. Schüler des berühmten
Zahnarztes Herrn Dr. Fuchs
in Berlin.


R. Jatzow, Augenart Lübeck, verreist am 20. August auf etwa 6 Wochen.


Gesucht zu Michaelis                                                    
ein Mädchen
bei gutem Lohn.                                                    J. H. Freitag.


Sedanfeier 1887
zu Ratzeburg.
Die diesjährige Feier wird am 2. und 3. September d. J.
in großartiger Weise
abgehalten.                                                    
Programm wird in den nächsten Tagen diesem Blatte beigegeben.
                                                    Das Fest-Comité.


[ => Original lesen: 1887 Nr. 63 Seite 4]

Vielfach Prämiirt.                                                                               Vielfach Prämiirt.

Pulverfabrik Rottweil-Hamburg in Hamburg

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A. Greve in Neubrandenburg.
H. Dettmann Nachfl. in Güstrow.
       A. Schmidt in Malchin.
J. H. Seemann in Stavenhagen.
Aug. Schmidt in Bützow.
A. Wilken in Waren.
A. Thiemann in Röbel.
Herrn. Bringe in Tessin.
A. Pelzer in Grevesmühlen.
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Die Hauptvertretung ist für hiesige Stadt und Umgegend zu vergeben.
                                                    Die Versandt-Direction des
                                                    Heisteiner Mineralbrunnens
                                                    Max Ritter Coblenz.


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In Schönberg auf dem Baubrink.

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klein Hamburg Casperle=Theaters

Entree im Kreise: Erster Platz 30 Pfennig, zweiter Platz 20 Pfennig, außerhalb des Kreises 10 Pfennig, Kinder zahlen auf allen Plätzen die Hälfte.
Anfang 8 1/2 Uhr Abends.
Wer hie kickt un lacht, de nimmt
sin Taschen woll in Acht,
worüm? dorüm.

Um zahlreichen Zuspruch bittet ergebenst
                                                    Franz Strauschild.


In Folge vielseitiger Aufforderung bin ich geneigt 4schaarige Pflüge auch zu vermiethen und berechne dafür pro Tag 2 Mark Miethe. Schönberg i/M.

                                                    Hochachtungsvoll
                                                    J. Oldenburg.

Epilepsie (Fallsucht.) Krampf, Nervenleidende etc. etc. heilt selbst in den veraltesten Fällen, gewöhnlich in 3 Tagen, brieflich. 25jährige Erfahrung.

                                                    D. Mahler, Hannover.


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                                                    Hochachtungsvoll
                                                    Fr. Menz.

Palingen, den 9. August 1887.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage.


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1887 Nr. 63 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 63 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 16. August 1887.


Zur Sonnenfinsterniß am 19. August.

Wenngleich es allgemein bekannt ist, daß eine Mondfinsterniß entsteht, wenn die Erde sich zwischen Sonne und Mond befindet und der Erdschatten auf den Mond fällt, und eine Sonnenfinsterniß, wenn der Mond zwischen Sonne und Erde tritt und seinen Schatten auf die Erde wirft, so hält man sich doch nicht immer den Grund lebendig vor Augen, warum nicht bei jedem Vollmond eine Mondfinsterniß und bei jedem Neumond eine Sonnenfinsterniß eintritt. Dies wäre der Fall, wenn der Mond seine Bahn in derselben Zeit, wie die Erde vollzöge. Die Ebene der Mondbahn besitzt aber eine kleine Neigung (von 5°9') zur Erdbahn, eine Thatsache, die in gewöhnlichen Darstellungen der Bewegungen von Erde und Mond im Sonnensystem auch im Schulunterricht oft übergangen und nur ganz nebenbei berührt wird. Dieselbe macht es klar, daß nur dann eine Finsterniß vor sich gehen kann, wenn der Mond zur Zeit des Voll= oder Neumondes den Schnittpunkten seiner Bahn mit der Erdbahn (oder den Knoten seiner Bahn) nahe ist, so daß die Verbindungslinie zwischen Sonne, Erde und Mond nicht allzu stark von der Geraden abweicht. Die Mondfinsternisse werden in totale und partiale unterschieden, je nachdem es zu einer vollständigen oder nur theilweisen Bedeckung des Mondes durch den Erdschatten kommt. Ebenso giebt es totale und partiale Sonnenfinsternisse; daneben müssen wir aber noch eine dritte Art der Sonnenfinsternisse unterscheiden. Da nähmlich der Kernschatten des Mondes wegen der Kleinheit dieses Himmelskörpers nicht immer bis zur Erde reicht, so wird die Sonne nicht immer vollständig bedeckt. Dies geschieht vielmehr nur, wenn der Mond, wie am 19. August, sich in Erdnähe (im Perigäum seiner elliptischen Bahn) befindet und die Spitze seines kegelförmigen Schattens die Erde berührt. Ereignet sich die Sonnenfinsterniß zu anderer Zeit, so bleibt ein ringförmiges, leuchtendes Stück der Sonnenscheibe sichtbar; wir haben eine ringförmige Sonnenfinsterniß. Ringförmige und totale Sonnenfinsternisse werden gemeinsam als centrale Sonnenfinsternisse bezeichnet. Beim Mond ist jede centrale Finsterniß auch eine totale. An denjenigen Orten der Erdoberfläche, welche nur im Halbschatten des Mondes liegen, ist die Sonnenfinsterniß eine partiale. Bei einer Mondfinsterniß ist der Eintritt des Mondes in den Halbschatten der Erde für das unbewaffnete Auge eines Beobachters nicht zu unterscheiden; nur der Eintritt in den Kernschatten macht sich als besonderes Ereigniß bemerkbar. Wie grundverschieden Mond= und Sonnenfinsterniß von einander sind, zeigt sich recht klar in dem Umstand, daß erstere in dem ganzen Gebiet der Sichtbarkeit den gleichen Anblick gewährt. Es fällt eben von der Erde aus ein Schatten auf das Objekt der Verfinsterung selbst. Bei dem Phänomen der Sonnenfinsterniß zieht dagegen zwischen dem Beobachter und dem Objekt der Mond vorüber und verdeckt für die verschiedenen Beobachtungsstandpunkte das leuchtende Gestirn in verschiedener Weise; der verdunkelnde Schatten fällt nicht auf das Objekt, sondern auf den Ort der Beobachtung: die Erde. Das Vorrücken der Verfinsterung ist beim Monde und bei der Sonne entgegengesetzt gerichtet. Sehen wir von der scheinbaren Bewegung von Ost nach West ab, welche dem Mond wie allen Himmelskörpern in Folge der Achsendrehung der Erde zukommt, so besitzt der Mond eine Bewegung von West nach Ost mit einer Geschwindigkeit von 28,1' in der Stunde; in gleicher Richtung schreitet auch der Erdschatten vor, aber mit einer viel geringeren Geschwindigkeit: 2,25' in der Stunde. Wir können daher, weil es sich bei dem Verlauf einer Mondfinsterniß nur um die relative Bewegung des Mondes und des Erdschattens handelt, annehmen, daß der Erdschatten still stände und der Mond sich um die Differenz beider Geschwindigkeiten = 25,85' von West nach Ost durch den Erdschatten hindurchbewegte. Es wird daher, wie es die neulich stattgehabte Mondfindterniß gezeigt hat, zuerst der Ostrand des Mondes verfinstert, und die Verfinsterung schreitet nach Westen zu über die Mondfläche fort. Anders bei der Sonnenfinsterniß. Hier können wir die Erde als stillstehend beobachten und der Mondschatten zieht von West nach Ost vor uns vorbei, so daß er die Westseite der Sonnenscheibe zuerst verdeckt und dann nach Osten vorrückt. Während der Erdschatten auf dem Mond nie vollkommen scharf begrenzt ist, weil der Uebergang aus dem Kernschatten in den Halbschatten ein allmählicher ist, hebt sich bei Sonnenfinsternissen die Grenze der Verfinsterung durchaus scharf ab, weil sie durch den (scheinbaren) Eintritt des Mondes in die Sonnenscheibe gebildet wird. Bei der neulichen Mondfinsterniß konnte übrigens am Erdschatten noch die Beobachtung gemacht werden, daß derselbe am Mondrand heller ist, als an der oberen Grenze gegen den hellen Theil der Mondfläche. Der Grund dafür liegt darin, daß an letzterer Grenze das schwache Licht des beschatteten Theils von der hellen, sonnenbeschienenen Mondfläche überstrahlt wird, während es sich gegen den dunklen Nachthimmel wirksam abzuheben vermag.

Die Sonne geht am 19. August bereits theilweise verfinstert auf. Der Aufgang würde sich ohne die Verfinsterung zwischen 4 Uhr 48 Min. und 4 Uhr 52 Min. vollziehen. Diese Zeit von 4 Minuten verstreicht, bis die Sonnenscheibe sich völlig über den Horizont erhoben hat. Da aber ein westliches Stück bereits verdunkelt ist, so wird das obere (östliche) Horn der Sonnensichel zuerst etwas nach 4 Uhr 48 Minuten sichtbar. Dann steigt die Sichel mehr und mehr in die Höhe bis sie um 4 Uhr 52 Minuten völlig sichtbar ist. Die Verfinsterung schreitet vor, und um 5 Uhr eine Minute beginnt die Totalität: die zwei Minuten währende völlige Verdeckung der Sonne durch den Mond. Beim Eintritt dieser Totalität wird sich die eigenthümliche Erscheinung der sogenannten Perlschnurbildung zeigen, auf die noch besonders aufmerksam gemacht sei. Wenn nämlich die Sonnensichel eben vollständig zu verschwinden im Begriff ist, wird sie durch die über den Mondrand hervorragenden Mondberge stellenweise bereits etwas früher verhüllt, so daß sie sich in einzelne Perlartige Lichtpunkte auflöst. Während der danach erfolgenden Totalität ist von der Sonne, wie wir sie zu sehen gewohnt sind, nichts mehr zu erblicken. Ein schwarzer Schatten, der Mondschatten, hat sich über die Erde gelegt, nachdem er zuerst am Himmel über uns erkennbar war, als er in den Luftkreis der Erde eindrang. Aber den durch den Mond gebildeten dunklen Kreis umgiebt ein Gebilde, von dem wir sonst nichts wahrnehmen: der sanft leuchtende, milchweiße Strahlenkranz oder die Korona der Sonne, die sich bis in eine Entfernung von 300,000 Meilen, also von etwa 1 1/2 Sonnendurchmessern vom eigentlichen Sonnenkörper in den Weltraum ausdehnt. Wahrscheinlich besteht sie aus stark verdünnten Gasen, die hauptsächlich reflektirtes weißes Sonnenlicht, nicht eigenes Licht wie die Protuberanzen zu uns senden. Die letzteren Gebilde, die gleichfalls hinter dem Mondrand hervorragen, sind rothglühende Wasserstoffmassen, die durch Explosionen aus dem Sonnenkörper hervorbrechen und bis zu 30 000 Meilen emporgeschleudert werden. Die Protuberanzen können täglich am Sonnenrand beobachtet werden, nicht so die Korona. Daher ist die Sonnenfinsterniß von der größten Bedeutung für deren Studium. Eine andere Klasse von Erscheinungen, die bisher noch niemals bei Sonnenfinsternissen beobachtet wurden, bieten die Unterbrechungen und Aenderungen, welche im Verlauf der Dämmerung zu erwarten sind und die in den Gebieten westlich

[ => Original lesen: 1887 Nr. 63 Seite 6]

von der Totalitätzone in besonderer Eigenart bemerkbar sein müssen, wo der Zeitpunkt der Totalität vor Sonnenaufgang, also in die Zeit der Dämmerung fällt. Man hofft daselbst nähere Beziehungen auffinden zu können zwischen dem während der Dämmerung als rothe Scheibe schnell hinter dem Horizont auftauchenden Purpurlicht und dem Bishopschen Sonnenring, der sich während der großartigen Dämmerungserscheinungen im Winter 1883 bis 1884 als braunrother Ring um die Sonne zeigte, ungefähr denselben äußeren Durchmesser hatte, wie das Purpurlicht und während der Dämmerung in letzteres überging. Dr. K. F. J. in der "Post".


Koloradokäfer und Reblaus.

Der deutsche "Reichsanzeiger" enthält folgende Mittheilung: Die angestellten amtlichen Ermittelungen über das Auftreten des Koloradokäfers haben bisher nur an zwei Orten, nämlich in Dommitzsch, Kreis Torgau, auf einer Fläche von etwa 3 Ha. und im Hochmoor im Kreis Meppen auf einer Fläche von etwa 20 a, das Vorhandensein desselben ergeben. An beiden Stellen sind sofort die nöthigen Maßregeln getroffen worden, um die infizirten Flächen streng abzusperren und gründlich zu desinfiziren, so daß eine Weiterverbreitung und Verschleppung des Uebels ausgeschlossen sein dürfte. An beiden Orten hat über die Entstehung und Einschleppung des Kartoffelkäfers nichts Bestimmtes ermittelt werden können. In Dommitzsch war er auf den seit Jahren meist zum Kartoffelbau benutzten Flächen in solchen Mengen vorhanden, daß die Invasion nach Meinung der mit der Leitung und Ueberwachung der Desinfektionsarbeiten betrauten Sachverständigen schon 2 bis 3 Jahre alt sein dürfte. Die Infektion im Kreis Meppen ist darum von viel geringerer Bedeutung, weil sie nur einen ganz kleinen Umfang von noch nicht ganz einem Morgen hat und die betroffene Fläche isolirt im Moor gelegen ist. Wenn somit keinerlei Anlaß vorliegt, alarmirende Nachrichten über den Umfang der Invasion des Koloradokäfers zu verbreiten, so ist doch die Aufmerksamkeit der kartoffelbautreibenden Bevölkerung darauf hinzulenken, sorgsam die betreffenden Grundstücke zu beobachten und etwa auftretende verdächtige Erscheinungen sofort zur Kenntniß der Ortspolizeibehörde zu bringen, welche in der Lage ist, schnell feststellen zu können, ob es sich um ein Auftreten des gefährlichen Koloradokäfers oder um unschädliche Insekten handelt. Tafeln mit treuen Abbildungen in vergrößertem Maßstab und mit genauen Beschreibungen dürften sich überall finden oder sind wenigstens durch die Polizeibehörden und landwirthschaftlichen Vereine leicht zu beziehen. Was den Stand der Verbreitung der Reblaus betrifft, so haben die in den letzten Wochen stattgehabten Untersuchungen durch die in Preußen überall orgarnisirten Lokal=Kommissionen nur geringe Spuren davon gefunden, einmal in der Nachbarschaft der alten Herde bei Linz und in einigen kleinen Hausgärten bei Bieberich am Rhein. In allen Fällen sind sofort die nöthigen erprobten Maßregeln zur Sperre und Desinfektion angeordnet bezw. vollzogen worden. Der Ursprung ist in Linz wie Biebrich mit annähernder Gewißheit auf die Zufuhr von amerikanischen Reben zurückzuführen, welche bei Linz Anfang der 60er Jahre, in Biebrich vor 10-12 Jahren als Zierpflanzen verwendet worden sind.


- Der vom Kriegsministerium in Berlin ausgeworfene Preis von 5000 Mark für den besten Vorschlag zur Umänderung der Patronentaschen des bisherigen Modells in vordere Patronentaschen für Mannschaften M/87 hat nicht zuerkannt werden können, weil keiner der eingegangenen Vorschläge den Anforderungen völlig entsprochen hat. Indessen sind drei Vorschläge, welche in sich nahezu übereinstimmen, den Anforderungen am nächsten gekommen, und es ist infolgedessen der obige Betrag unter die Einsender dieser Vorschläge: Theodor Stumpe in Frankfurt a. O., H. Harbs in Hamburg und C. Kuppe in Breslau gleichmäßig vertheilt worden.
- Versuche mit neuen Schlafstellen für die Truppen. Während der gegenwärtigen Festungsmanöver in Mainz werden bei den Truppentheilen, welche in Forts oder Kasematten untergebracht sind, Versuche mit neuen Schlafstellen gemacht. Die Mannschaften schlafen statt auf Pritschen in Hängematten, welche mit einer Matratze belegt sind. Diese Hängematten sind an der Decke befestigt. Vor dem Schlafengehen werden sie heruntergelassen, die Soldaten besteigen dieselben und ziehen alsdann die Hängematten durch eine Art Flaschenzug in die Höhe. Die Hängematten sind nicht theurer, als die Pritschen, sollen aber für die Mannschaften gesünder sein, da sie mit dem fast immer feuchten Boden solcher Kasernements nicht in Berührung stehen. Auch in den Biwaks der Pioniere bei Gonsenheim kommen diese neuen Schlafstätten in Anwendung, daselbst sind die Hängematten im Wald zwischen den Bäumen befestigt.
- Bei einem Gefechtsschießen des 39. Infanterie=Regiments in der Nähe von Düsseldorf hat die neue Repetierwaffe die glänzendsten Resultate erzielt. Einwendungen sogar von Fachkreisen, welche die Präzision der Waffe in Frage stellen, wurden durch geradezu verblüffende Erfolge während des Schießens widerlegt. Die erste Kompagnie schoß z. B. auf eine Distanz von 200 Meter nach einer 1,20 Meter hohen Scheibe in drei Serien. In der ersten Serie fehlten auf 100 Schuß nur 5, in der zweiten nur drei, in der dritten Serie saßen die Schüsse sämmtlich ohne Ausnahme. Aehnlich schossen noch die 2., 3. und 4. Kompanie. Besonders hervorzuheben ist noch die vorzügliche Feuerdisziplin, welche die Truppen während dieser Uebung bewahrt haben.
- Am Säntis fiel sich am Sonnabend ein Bergreisender aus Neßlau unterhalb der Klubhütte zu Tode.
- Endlich ist nun ein eigenhändiger Brief Stanleys über seinen Vormarsch am Aruwini=Fluß, welcher vom 24. Juni datiert ist, nach Banana gelangt. Damit ist fortan jeder Zweifel an dem bisherigen glücklichen Verlauf der Expedition ausgeschlossen.
- Ein Muster=Theater ist das neue Vlämische Theater in Brüssel. Dasselbe ist im Niederländischen Renaissancestil von Jean Baes erbaut, faßt 1500 Personen und besitzt außer großen Balkons in allen Stockwerken 100 Thüren, so daß auf je 15 Personen eine Thür kommt. Die Haupttreppe ist 2,60 Meter breit, außerdem sind aber noch 8 Steintreppen vorhanden.
- Wilford Woodruff, so heißt der neue Präsident der Mormonenapostel; er hat ein Manifest erlassen, welches erklärt, daß die Apostel die Leitung der Kirche übernommen haben. Woodruff ist 80 Jahre alt, ein nur mittelmäßiger Kopf und, seitdem er der Vielweiberei angeklagt ist, flüchtig.


            Abendgedanken eines Landmannes.
        Still und ruhig liegt die Erde,
        Der liebe Mond beleucht die Flur;
        Im Freien schlafen Hirt und Heerde
        Im Schooß der friedlichen Natur.

            Die heißen schwülen Erntetage
        Bald werden sie vollendet sein;
        Ein jeder Tag bracht Müh und Plage,
        Doch auch viel Freuden sollten sein.

            Wenn dann nach schweren Arbeitstagen
        Wir eingeheimst des Segens viel;
        Dann können mit mir viele sagen
        Erreichet ist ein schönes Ziel.

            Gott, unser Gott, dich woll'n wir loben
        Für alles uns gegebene Gut;
        Und unser Geist er sei durchwoben
        Von Liebe Dank und frohem Muth.

            Du hast uns ja noch nie vergessen
        Nahmst stets Dich unser liebreich an;
        Ja Vater ohne Dein Ermessen,
        Nicht wandeln könnten wir die Bahn.

            O sei auch fernerhin uns günstig,
        Behüte uns und unser Reich;
        Wir wollen danken Dir inbrünstig,
        Als Deutsche woll'n wir fühl'n uns reich.

            Laß wandeln uns auf Friedenswegen
        Im lieben deutschen Vaterland;
        Wir nehmen dankend Deinen Segen
        Aus Deiner lieben Vaterhand.


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