No. 41
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 23. Mai
1866
sechsunddreißigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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[ => Original lesen: 1866 Nr. 41 Seite 1]

- Noch sind die Reizen und Slowaken, die Panduren und die "lieben Croaten", die Italiener, Czechen, Magyaren etc. nicht auf Deutschland losgelassen, und schon mehren sich die Stimmen aus Süddeutschland, welche den preußenfeindlichen Bundesregierungen ein gar verständliches Halt zurufen. Denn in Bamberg waren die Minister der Mittelstaaten versammelt und haben sich über eine bewaffnete Neutralität verständigt, welche der Bund aussprechen soll. Es ist dies als ein Zeichen anzusehen, daß die Mittelstaaten, obgleich sie Preußen nicht lieben, Oesterreich aber auch nicht trauen.
- Die Lage, wie sie sich jetzt darstellt, ist in wenige Worte zusammenzufassen: Es ist ein Augenblick von Windstille vor dem herannahenden Sturm; und dieser Augenblick wird von den Diplomaten dazu benutzt, der Form und des zu beruhigenden Gewissens wegen, zur Eintracht zu mahnen und einem europäischen Congreß das Wort zu reden. Man versichert freilich von mancher Seite, daß die Hoffnung auf Erhaltung des Friedens zunehme, doch wird im Allgemeinen diesen Nachrichten wenig Glauben geschenkt, so sehr man ihre Bestätigung selbst am Berliner Hofe wünscht.
- Hören wir auch den König von Preußen selber. Als er vor acht Tagen die in Berlin versammelten Consistorialpräsidenten und Generalsuperintendenten des Landes sich vorstellen ließ, sagte er zu ihnen gleichsam wie zu seinen Beichtvätern: Der Augenblick sei sehr ernst und entscheidend, die nächste Zukunft noch ungewiß und trübe. Mit schwerem Herzen, aber mit ruhigem Gewissen und festem Vertrauen auf Gott habe Er, von den Umständen gedrängt, Befehle zur Kriegsbereitschaft ertheilt. Er und seine Regierung wünschten den Krieg nicht und hätten Alles gethan, um die Gefahren und Uebel eines solchen von dem Volke abzuwenden und den Frieden zu erhalten, soweit es sich mit seinem guten Rechte und mit der Ehre des Landes vertrüge. Leider sei es ohne seine Schuld dahin gekommen, daß sein Verbündeter, der vor zwei Jahren mit uns für die Ehre Deutschlands aufgetreten sei und gemeinschaftliche Siege errungen habe, fast als Feind Ihm und dem Lande gegenüberstehe. Die beiden deutschen Großmächte seien darauf angewiesen, mit einander das Wohl Deutschlands zu fördern und wie hätte man damals, als sie in Waffen=Gemeinschaft siegreich kämpften und deutsches Land frei machten, annehmen können, daß jenen freudigen Ereignissen so bald und heftig ein Zwiespalt folgen werde, der, wie es scheine, nur durch Kampf erledigt werden könne. Sein Ziel ist lediglich, das Wohl seines Landes, das der befreiten Herzogthümer und die Ehre Deutschlands. Er habe nicht zum Kampf herausgefordert, sondern in Langmuth und Geduld alle Mittel erschöpft, um das Einvernehmen zu erhalten und wieder herzustellen. Es gebe aber Umstände und Verhältnisse, die es nicht gestatteten, über die gesteckten Grenzen hinaus den Frieden um jeden Preis zu wollen, und Er könne versichern, daß Er die Entscheidung dieser Frage nicht von seiner Willkür abhängen lasse. Er wäre sich vor Gott der schweren Verantwortung bewußt, die auf Ihm laste. Es sei merkwürdig, die Zeitungen sagten Ihm täglich, Er solle bedenken, was es heiße, Krieg führen, und wie es enden könne. Als ob Er der einzige Mann im Lande wäre, der das nicht bedächte, während Er gerade der Erste sei, der täglich mit seinem Gewissen vor seinem Herrn stände und alle Tragweiten tief und schwer erwägen müsse. Er habe redlich geprüft und gesucht und glaube, wer in seinem Gewissen Gottes Stimme hören und seinen Willen thun wolle, der dürfe auch getrost und freudig den Weg gehen, den Er führt. So ermahne Er die hier Anwesenden, das rechte Verständniß im Volke fördern zu helfen, und wie es recht eigentlich ihr Beruf sei, dahin zu wirken, daß die Treue im Lande wachse und ausharre. Es sei immer noch die Möglichkeit vorhanden, daß ein Weg zur Erhaltung des Friedens sich öffne, aber mit gläubigem Muth wollten wir der Zukunft entgegensehen. Zum Abschiede sagte Se. Majestät: "Ich hoffe, Meine Herren, daß wir uns in Frieden wiedersehen!"
- Die Umkehr des Welfenhauses zu Preußen ist sehr rasch vor sich gegangen. Hannover bleibt neutral und stellt Preußen eine Armee, wenn sich diese Neutralität nicht mehr halten läßt, was sehr schnell eintreten kann; dafür, heißt es, verbürgt ihm Preußen seinen Besitzstand.
- In Wismar herrscht große Freude, seit die Einwohner den ehemaligen Sergeanten Büsch wieder in ihren Mauern wissen. Büsch war ein großer Gauner und nach Amerika ausgewandert. Die Polizei überholte ihn aber unterwegs und nahm ihn in Amerika in Empfang, um ihn den sehnlichst seiner harrenden Wismeranern wieder zuzuführen. Der Jubel, wie er wieder in Wismar eintraf! Im Ganzen soll Büsch sich ca. 23,000 Thaler erschwindelt haben.
- Die Mobilmachung geht bis zu den Arabern. In Stettin gab eine Gesellschaft Araber gymnastische Vorstellungen; plötzlich wurde der Hauptaraber von seinem Vater in seine Heimath berufen, aber nicht in das glückliche Arabien, sondern nach Köln am Rhein, wo er in die Landwehr eintreten muß. Ein zweiter Araber drückte sich freiwillig ab; er ist ebenfalls ein Rheinländer.
- In Folge der preußischen Mobilmachung sind allein in der Provinz Posen 83 Kreisrichter, Assessoren und Referendare zur Armee einberufen worden.

[ => Original lesen: 1866 Nr. 41 Seite 2]

- In vielen Städten Baierns ist von den Behörden die Wiedereinführung der Biertaxe beantragt worden, da sich die Brauer in der Taxfreiheit allzusehr berauscht haben. Sie stellten unter einander die Bierpreise fest.
- Vor 10-12 Jahren braute man in Deutschland Bier=Aktien en gros, jetzt braut man Bier aus Aktien. Beide, die Aktien=Anstalten und die Aktien=Biere haben zwar nicht ganz gehalten, was sie im Anfang versprochen, nämlich nicht die ganze Welt auf einmal reich, durstig und glücklich gemacht, aber im Ganzen sind's doch hübsche und liquide, d. h. flüssige Geschäfte. Im Königreich Sachsen allein giebt's 7 große Aktien=Bier=Brauereien mit 1,800,000 Thlr. Capital. Diese Sieben haben im Jahr 1865 165,000 Thlr. Dividende gezahlt d. h. im Gesammtdurchschnitt etwas über 9 1/2 Pc. Gebraut haben sie zusammen 276,647 Eimer, davon das Dresdener Waldschlößchen 71,000, der Felsenkeller 56,000, das Feldschlößchen 50,000 Eimer.
- Bei einem Meeting in London sprach kürzlich ein Gentleman von einflußreicher Stellung von den ungerechten Vorurtheilen gegen die Schwarzen und versicherte, daß er seine innigste Freundschaft jedem braven Manne, gleichviel von welcher Farbe, geben würde. Ein Neger, der gerade anwesend war, applaudirte wie alle Andern, nur fragte er, ob diese Aeußerungen aus dem Herzen, nicht nur von den Lippen kämen. "Gewiß", antwortete der Herr. "Nun gut," fuhr jener fort, "ich will Sie auf die Probe stellen; würden Sie, wenn Sie Ihren vornehmen Freunden eine Mahlzeit geben mich wohl einladen?" "Gewiß", wenn ich die Gelegenheit dazu haben sollte." "Würden Sie mir auch wohl einen längeren Aufenthalt in Ihrem Hause gestatten?" "Ohne Zweifel." "Aber wenn meine Einkünfte den Ihrigen gleich sein sollten und ich Ihre Tochter liebte, würden Sie mir, wenn Sie selbst damit zufrieden wäre, ihre Hand geben?" Das war eine unangenehme Frage; der Herr hat mehrere Töchter, er glaubte eine Falle darin zu sehen, etwa ein schon bestehendes Einvernehmen und rief wüthend aus: "Nein, bei Gott, ich würde es nicht thun!" Ein schallende Gelächter der Anwesenden begrüßte diese Antwort und der Neger setzte sich mit betrübter Miene auf seinen Platz. "Ihre Worte, mein Herr, strafen Ihre Gefühle Lügen!"
- Charlotte, das Mädchen für Alles einer wohlhabenden Beamten=Familie in der großen Friedrichsstraße, wurde am Sonnabend von ihrer Madame nach dem Dönhofsplatz geschickt, um auf dem dortigen Markt die Lebensbedürfnisse für einige Tage einzukaufen. Als sie sich, schwer beladen, in der Leipzigerstraße auf dem Heimwege befand, ward sie von einem jungen Herrn angesprochen, der ihr nach kurzer Unterhaltung ein Viergroschenstück in die Hand drückte und sie bat, ein kleines Billet an ihr ältestes Fräulein, der schönen schwarzäugigen Marie, abzugeben. Charlotte kannte aus eigener Erfahrung das - Hangen und Bangen in schwebender Pein - eines liebenden Herzens, hatte sie selbst doch erst vor wenigen Tagen einen rührenden Abschied von ihrem schmucken Garde=Artilleristen nehmen müssen; sie nahm also Geld und Brief, und versprach den Auftrag bestens auszurichten. Zu Hause angelangt, fand sie aber nicht sofort Gelegenheit den Brief abzugeben, die Madame war in der Küche und drängte, daß vor allen Dingen die Vorbereitungen zu dem Mittagessen getroffen wurden. Kaum war sie hinausgegangen, Charlotte hatte den mitgebrachten Spinat verlesen und gewaschen, da kam die holde Maria nach der Küche, jetzt ward der Brief hervorgelangt und sollte eben mit einer feierlichen Anrede, der nichts ahnenden Marie übergeben werden, da öffnete sich die Thüre und die Madame trat wieder ein. In ihrer Angst verbarg Charlotte den Brief zwischen dem Spinat, und ward nun von der Frau mit einem Auftrage fortgeschickt, und während sie mit schwerem Herzen ging, setzte die Madame Spinat und Brief zugleich auf das Feuer. Wie in der Regel in solchen Fällen, war es beim Mittagessen der Hausherr, welchem von seiner Frau, mit dem ersten Löffel Spinat, auch der fremde Gegenstand auf den Teller gelegt wurde. Erstaunt sah die ganze Familie diese ungewöhnliche Erscheinung; obgleich arg zerkocht, war der Inhalt des Briefes doch noch zu entziffern; Charlotte ward gerufen und mußte nun, wohl oder übel, beichten; von den jüngeren Brüdern wollte aber keiner Spinat mit Seufzern essen, und so ward der unterbrochene Mittagstisch aufgehoben.
- Unlängst kam ein Bauer aus dem preußischen Henneberg in eine benachbarte sächsische Stadt. Er kehrte in einem Wirthshause ein und mußte da allerlei Stichelreden auf die Preußen hören. Diesmal, sagte einer der Vorlautesten, werdet ihr Preußen tüchtige Schläge kriegen, wenn es zum Kriege kommt. Das kann sein, entgegnete der Preuße, aber für Euch wäre es nicht gut; denn dann würde es nicht lange dauern, so würdet ihr alle den Rosenkranz tragen, d. h. katholisch sein.
- Einer Frau in München gelang es, am 5. d. M. Abends, einen der gewandtesten Taschendiebe zu überlisten und der Gerechtigkeit zu überliefern. Derselben war vor einigen Tagen in der Herzogspitalkirche während der Segenertheilung die Geldbörse aus der Tasche entwendet worden, wie sie muthmaßte von einem Burschen, der ihr seinem Aeußeren nach schwerlich des Gebetes halber zur Maiandacht gekommen zu sein schien. Bei dem Mangel an Beweismitteln hielt es die Frau jedoch für gerathener, sich Verlust und Verdacht nicht merken zu lassen und dem Diebe eine Falle damit zu legen, daß sie zum Kirchenbesuche am 5. ihre Börse mit Glasscherben füllte und dieselbe an der Tasche annähte. Der Kalkül bewährte sich. Im Momente, als sie sich bei der Segenspendung auf die Kniee niederließ, spürte die aufmerksame Frau eine Hand in ihrer Tasche, griff mit dem Rufe: "Hab i di" schnell zu und hatte denselben Gauner gefangen, der schon einmal ihre Tasche geleert hatte.
- An der Table d'hôte in Carlsbad, wo auch viele österreichische Officiere speis'ten, befand sich unter andern Badegästen ein älterer Berliner Kaufmann. Letzterer wurde in übermüthiger Weise von den Officieren gefragt: "Mein Herr, da Sie aus Berlin sind, so werden Sie uns wohl sagen können, wo und wie man sich dort am besten amüsirt; wir sind ja bald Alle dort." Der Gefragte erwiderte ganz ruhig darauf: "Nun meine Herren, es dürfte Ihnen für Berlin vielleicht wenig Zeit übrig bleiben, da Preußen seine Kriegsgefangenen sofort nach Spandau schickt.
- Am Himmelfahrtstage wurde in Berlin der Student Hugo H. aus Mecklenburg durch die Polizei auf der Straße verhaftet, nach dem Polizeibureau gebracht und dort bis auf's Hemd ausgekleidet und nach Revolver, Pistolen und Dolchen auf's Genauste untersucht, mit denen er den Grafen Bismark hatte ermorden wollen. Man fand nichts von alledem. Der Betheuerung seiner Unschuld folgte nur die um so directere Aufforderung, zu bekennen, da der Graf Bismarck selbst auf ihn die Polizei aufmerksam gemacht und mitgetheilt habe, daß er das Ministerhotel stets zur Zeit des Ausfahrens des Ministers umschleiche. Unterdessen waren auch nach der Wohnung des jungen Mannes Schutzleute beordert und hatten hier Alles durchgestöbert und durchsucht, aber nichts Verdächtiges gefunden als - einen Brief, aus welchem den Beamten der Name des Grafen Bismark entgegenleuchtete. Glücklicher Fund, - aber als man genauer zusah, fand sich, daß der Brief von dem Superintendenten O., einem Oheim des Verdächtigen, herrührte, welcher in demselben seinen Neffen wegen seiner Preußenfreundlichkeit und seiner Schwärmerei für den Grafen Bismarck gehörig aufzieht. - Mit vielen Entschuldigungen wurde darauf unser Student nach diesem Resultat entlassen.
- Viele Jahre lang haben die Trinker deutschen Schaumwein für theuern französischen Champagner bezahlt. Den Gutschmeckern den Rauchern ergeht's nicht viel besser; sie bilden sich etwas auf Havanna=Cigarre ein, welche die Havanna niemals

[ => Original lesen: 1866 Nr. 41 Seite 3]

gesehen hat. Grade mit den Cigarren, welche als Havanna=Cigarren gangbar sind, kommen die größten Täuschungen vor. "Mit dem Tabak der Insel St. Domingo werden in Deutschland die Cigarren verfertigt, welche man in Deutschland als Erzeugnisse von Cuba verkauft und die in so hohem Grade dem Geschmack der Raucher schmeicheln. Besonders haben die Städte Hamburg und Bremen, welche den größeren Theil der Exportwaaren empfangen, diesen eigenthümlichen Erwerbszweig ausgebildet. Die geübten Cigarrenarbeiter bedecken mit einem schönen Blatte von St. Domingo die mittelmäßigen Tabake aus Deutschland und den Vereinigten Staaten von Nordamerika, um ihnen das völlige Aussehen von Havanna zu verleihen. Sie geben ihren Fabrikaten alle bei den Rauchern beliebten Formen. Um noch mehr zu täuschen, werden aus der Havanna die Cedernbretter bezogen, aus welchen dort die Kisten gemacht werden, das Papier, womit man sie inwendig ausfüttert, die Bänder, um die Packete Zusammenzubinden, bis auf die kleinen Nägel, welche die Deckel der Kisten befestigen. Man ordnet die Cigarren auf gleiche Weise, wie Havanna, man bringt auf die Deckel die berühmtesten Namen, Gravuren und Marken. Sobald sich ein Schiff aus der Havanna auf der Rhede von Bremen oder Hamburg blicken läßt, tragen die Kaufleute Sorge, diese Tausende mit so vieler Sorgfalt gearbeiteten Cigarrenkisten an Bord des Schiffes zu bringen, bevor es in den Hafen einläuft. Auf dem Steueramt werden diese Kisten dann als Havanna=Cigarren deklarirt und als solche deponirt. Aus diesen Depots kommt die Mehrzahl der fälschlich für Havanna ausgegebenen Cigarren her, mit denen Europa überschwemmt ist. Diesen Erwähnungen muß noch folgende wichtige Bemerkung hinzugefügt werden. Es werden jährlich aus der Havanna nicht mehr als gegen 270 Millionen Cigarren exportirt. Diese Menge die auf den ersten Blick beträchtlich klingt, erscheint bedeutend geringer, wenn man weiß, daß sie sich auf sämmtliche Raucher des Erdkreises vertheilt. Dann ist es wohl ersichtlich, daß diese Fabrikation kaum für den allgemeinen Bedarf genügt.


Wie viel Wörter hat die deutsche Sprache?

fragte neulich ein Gelehrter der A. A. Z. und fuhr fort: Die Antwort liegt wieder in einer Frage: wieviel Gestirne hat der Himmel? wie viele Spezies die europäische Flora oder Fauna? Wenn wir unsern Landsleuten sagen, daß 10 Wörter auf die Spalte gerechnet, das Wort "fromm" im Grimm'schen Wörterbuch das 57,440. ist, und daß nach einer ziemlich zuverlässigen Rechnung mit dem Worte "fromm" etwa das erste Viertheil unseres Wortschatzes abschließt, daß also das bescheidene Wort "Zwusel" bei Grimm das 229760. Sein wird, - so wird auch der unermüdliche Maulheld sich für dieses Leben versorgt wissen, und wird auch die beredteste Streiterin den Trost haben, daß ihr immer noch ein "letztes Wort" zur Verfügung stehe. Auch in der Sprache bewährt sich der Satz, daß der Mensch im Grunde viel weniger bedarf als er besitzt. Die schweigsamen Engländer schätzen ihren Vorrath auf etwa 100,000 Stück, aber ihrem größten Dichter (Shakespeare) haben 15,000 genügt, um den Kreis des Lebens zu umspannen und auf seiner Bahn "vom Himmel durch die Welt zur Hölle" überall das rechte Losungswort abzugeben. Das Buch, auf dessen Grund die halbe Welt sich aufgebaut, das alte Testament, umfaßt kaum 6000 Wörter. Ein Geistlicher auf einem friesischen Eilande versichert, daß ein Taglöhner in seinem Kirchsprengel sein Leben lang nicht über 300 Wörter verbrauche. So dürfen wir als gewiß annehmen, daß der Durchschnittsmensch sich von der Schulbank bis zum Grab mit wenigen 1000 Wörtern durchschlägt; er kann noch Dummheiten genug damit sagen.
Ein Gedächtnißriese, der Böhme Scherzel, der dreißig und einige Sprachen fertig liest und spricht, beantwortete neulich die Frage, ob das Gedächtniß dem Menschen angeboren sei. Er sagt, wenn man ein gutes Gedächtniß haben wolle, so müsse man es eben so gut lernen, wie man schreiben lerne. Was die Schwierigkeiten der Erlernung fremder Sprachen betreffe, so beständen dieselben weniger in der Unzulänglichkeit des Gedächtnisses als in der Unlust. Die eine Sprache wolle man nicht lernen, weil sie zu leicht, die andere nicht, weil sie zu schwer sei. Aber man täusche sich. Grade die "zu leichten" Sprachen, d. h. die mit der Muttersprache verwandten, seien die Schwierigsten, wenn man vollkommen richtig sprechen wolle. Man könne mit Lust und Liebe eine fremde Sprache erstaunlich bald erlernen, wenn man außer den wichtigsten Regeln nur die nothwendigsten Worte sich merke. Deren seien in jeder Sprache nur 2-3000, selbst in denen, welche 30-40,000 Worte zählen. Mit diesen 2-3000 Worten reiche man zum sprechen im gewöhnlichen Leben vollkommen aus, die andern seien für das Gedächtniß vollkommen Ballast.


Anzeigen.

Vorladung.

Auf Instanz der Erben des zu Herrnburg verstorbenen Productenhändlers Lanschow ist der öffentlich meistbietende Verkauf der dem Käthner Starck gehörenden, zu Herrnburg belegenen Käthnerstelle c. pert. verfügt worden und der Verkaufstermin auf Dienstag, den 29. Mai d. J., Morgens 11 Uhr, der Ueberbotstermin auf Dienstag, den 26. Juni d. J., Morgens 11 Uhr, vor dem Großherzoglichen Justiz=Amte angesetzt, wozu Kaufliebhaber hiedurch geladen werden. Dem Käthner Starck, sowie dessen Gläubigern wird freigelassen, in dem Verkaufstermin zur Regulirung der Verkaufsbedingungen bei Strafe anzunehmender Zustimmung zu erscheinen.
Gleichzeitig ist zur Anmeldung aller dinglichen Ansprüche an die vorgedachte Starck'sche Käthnerstelle c. p., zur Vorlegung der Originalien und sonstigen schriftlichen Beweismittel und zur etwaigen Prioritäts=Ausführung Termin auf Dienstag, den 29. Mai d. J., Morgens 10 Uhr, anberaumt, wozu die etc. Starck'schen Gläubiger, soweit sie nicht gesetzlich von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind, unter dem Nachtheil der Abweisung und des Ausschlusses hiedurch vorgeladen werden.
Schönberg, den 26. Februar 1866.
Großherz. Justiz=Amt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg.
C. L. v. Oertzen.
(L.S.) A. Dufft.


Auf Antrag der hiesigen Armenbehörde werden alle Diejenigen, welche an den insolventen Nachlaß des Knechts Peter Hellmann aus Rabensdorf aus irgend einem erdenklichen Rechtsgrunde Forderungen und Ansprüche zu haben vermeinen, hiedurch peremtorisch, auch für den Fall einer sich ergebenden Insufficienz des Nachlasses zur vollen Wirkung eines Concurs=Proclams, geladen, solche ihre Ansprüche in dem auf Dienstag den 29. Mai d. J., Morgens 11 Uhr, vor Gericht allhier anberaumten Liquidations=Termine gehörig anzumelden und sofort zu rechtfertigen, unter dem hiedurch angedroheten Nachtheile, daß alle nicht angemeldeten Ansprüche an den Nachlaß qu. für immer präcludirt und abgewiesen werden sollen.
Schönberg, den 10. März 1866.
Großherzogl. Justizamt der Landvogtei des Fürstenthums Ratzeburg
C. L. v. Oertzen.
(L.S.) A. Dufft.


[ => Original lesen: 1866 Nr. 41 Seite 4]

Verkaufsanzeigen.

Am Mittwoch den 23. Mai, Morgens von 9 Uhr an, soll im Hause der Ackerbürgerwittwe Boye gegen gleich baare Bezahlung in öffentlicher Auction verkauft werden:

10 Mahagoni Stühle, Mahagoni Tische, Mahagoni Sopha, Mahagoni Komode, Mahagoni Eßschrank, einige Spiegeln, eine Violine, mehrere Bilder, ein eschen Ausziehtisch, tannen Tische, mehrere Borte, ein Küchenschrank mit Aufsatz, einige Bettstellen, Rohrstühle, 2 Stubenuhren und eine Schwarzwälderuhr, 3 große Kleiderschränke, Lehnstühle, Rohrstühle, 1 runder Sophatisch mit Ansetzer, ein Schreibsecretair, eine Doppelflinte. Ferner: 6 aufgemachte Betten, mehrere Kessel, verschiedene Flaschen Wein, 7 Tischtücher mit 100 Servietten, Bettlaken, Handtücher, Bettbezüge, Kleidungsstücke, diverses Küchengeräthe, Gold= und Silbersachen und was sich sonst noch vorfindet.
Seegert, Landreiter.


Vermischte Anzeigen.

Alle Sorten Kohlpflanzen sind zu haben bei Oldenburg, Bäckermeister.


Bekanntmachung.

Bekanntmachung.
Alle Diejenigen, welche gewilligt sind, ihre bei der Hagel=Versicherungs=Gesellschaft für das Fürstenthum Ratzeburg zu versichern, werden hiemittelst ersucht, sich mit ihren desfallsigen Meldungen für das bereits angetretene Versicherungsjahr vom 1sten März 1866 bis dahin 1867 an den Director dieser Anstalt, Herrn Kaufmann Boye hieselbst, wo auch die Statuten dieser Gesellschaft eingesehen werden können, - wenden zu wollen.
Schönberg, den 10. April 1866.
Die Direction der Hagel=Versicherungs=Gesellschaft für das Fürstenthum Ratzeburg.


Arbeiten in Portland=Cement.
Grabdenkmäler verschiedener Art, sowie Pferde= und Kuhkrippen, Schweine= und Börmtröge à lfd. Fuß 24 bis 32 Schilling (Mecklenburg). Thürschwellen, Sohlbänke, Wasserröhren, Abwaschen und sonstige Cement=Arbeiten sind theils vorräthig und werden auf Bestellungen in aller Länge und Größe angefertigt von J. Lenschow Maurer.
Grieben.


Dr. Pattison's Gichtwatte lindert sofort und heilt schnell Gicht und Rheumatismen aller Art, als Gesichts=, Brust=, Hals= und Zahnschmerzen, Kopf=, Hand= und Kniegicht, Magen= und Unterleibsschmerz etc.
In Paketen zu 12 Schilling und zu 7 Sch. sammt Gebrauchsanweisung allein ächt bei Wilh. Heincke.


Hiedurch die ergebene Anzeige, daß ich von Herren Kollmann & Schetelich die Niederlage von:
Pflugbeschlag erhalten habe, womit ich mich zum Fabrikpreise bestens empfohlen halte.
Heinrich Pless, Lübeck, Große Burgstraße Nr. 606.


Wegen Dämmung der Dorfstraße ist dieselbe für Fuhrwerk, das von Carlow und Kuhlrade kommt, für die Zeit von Freitag d. 25. Mai bis zum 15. Juni nicht zu passiren, worauf wir die Interessenten hiedurch aufmerksam machen.
Die Dorfschaft Klocksdorf.


Theerseife, wirksamstes Mittel gegen alle Arten Hautunreinigkeiten, empfiehlt à Stück 8 Schilling (Mecklenburg) J. F. Eckmann.


Ein Haus in Lübeck, worin seit Jahren die Höckerei und Schenkwirthschaft mit Nutzen betrieben wurde, soll wegen Geschäftsveränderung unter der Hand verkauft werden. Kaufpreis 7500 Mark (Lübeck), mit 3000 Mark (Lübeck) Anzahlung. Näheres beim Handelsmann Törber vor Schönberg.


Seit Ende vorigen Jahres wird ein kleines Ratzeburger Gesangbuch mit Goldschnitt und auf dem vordem Deckel mit Namen der Eigenthümerin in Gold bezeichnet, vermißt. Der jetzige Inhaber oder wer darüber Auskunft geben kann, wird dringend ersucht sich in der Expedition d. B. zu melden.


Mit Allerhöchster Approbation.
Stollwerk'sche Brust-Bonbons
nach der Composition des Kgl: Medicinal=Colegiums unter Vorsitz des Kgl. Geh. Hofrathes u. Professors Dr. Harleß, sind echt zu haben per Packet 6 1/2 Schilling (Mecklenburg) mit Gebrauchsanweisung in Schönberg bei Carl Bade, in Grevesmühlen bei J. C. Schultze.


Bergmann's Eispomade rühmlichst bekannt, die Haare zu kräuseln, zu stärken, und vor dem Ergrauen zu schützen, empfiehlt à Flac. 8, 12 u. 16 Schilling (Mecklenburg) J. F. Eckmann.


Backtafel für die Stadt Schönberg
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Schönberg, den 20. Mai 1866.
Bürgermeister und Rath.


Meteorologische Beobachtungen.
1866
Mai
Barometer   Wärme   Wind Stärke  
Paris. Lin.
300 +
niedrigste
°R.
höchste
°R.
       
19.
20.
21.
22.
39.96
42.11
43.23
40.96
2.8
3.3
2.0
2.2
12.0
10.0
8.6
10.5
NO
N
ONO
NO
0
2
2
1
zieml. heit.
heit.
-
zieml. heit.


Markt=Preise in Lübeck.
Butter, Meckl. d. Pfund12 - 13 Schilling (Mecklenburg).
Holst. d. Pfund13 1/2 Schilling (Mecklenburg).
Enten, d. St.16 - 20 Schilling (Mecklenburg).
Hühner, d. St.12 - 16 Schilling (Mecklenburg).
Tauben, d. St.4 Schilling (Mecklenburg).
Schinken, d. Pfund7 1/2 - 8 Schilling (Mecklenburg).
Schweinskopf, d. Pf.4 1/2 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Wurst d. Pfund8 - 10 Schilling (Mecklenburg).
Eier 9 St. für4 Schilling (Mecklenburg).
Häringe 4-6 St. für2 Schilling (Mecklenburg).
Kartoffeln, d. Faß.4 - 5 Schilling (Mecklenburg).
Karpfen d. Pfund8 - 10 Schilling (Mecklenburg).


Getreide=Preise in Lübeck.
(per Sack in Lüb. Crt.)
Weitzen17 - 19Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Roggen13 - 14Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Gerste12 - 13Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Hafer11 - 11 Mark (Lübeck)4Schilling (Mecklenburg)
Erbsen15 - 17Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Wicken16Mark (Lübeck)18Schilling (Mecklenburg)
Buchweizen12 - 13Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Winter=Rapsaat-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Rübsen.-Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)
Schlagleinsaat20 - 21Mark (Lübeck)-Schilling (Mecklenburg)


Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Buchdruckerei von L. Bicker in Schönberg.


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