[ => Original lesen: 1893 Nr. 86 Seite 1] - Der Herzog von Coburg=Gotha ist am Sonnabend zum Besuch des Kaisers in Potsdam eingetroffen. Zum Empfang hatten sich der Kaiser, Prinz Friedrich Leopold, Prinz Johann Albrecht von Mecklenburg, sämmtliche in Potsdam in Garnison stehenden Prinzen, und das Kaiserliche Hauptquartier am Bahnhofe der Wildparkstation eingefunden. Die Ehrenkompanie wurde von der Leibkompanie des ersten Garderegiments z. F. gestellt. In der Front derselben standen der Kronprinz Prinz Eitel Friedrich und der Erbprinz von Sachsen=Coburg=Gotha. Bei der Einfahrt des Zuges spielte das Musikkorps die preußische Nationalhymne. Der Kaiser ging dem Herzog entgegen und begrüßte denselben auf das herzlichste mit wiederholtem Kusse. Der Kaiser trug die Uniform des Seebataillons, der Herzog große Generalsuniform. Nachdem die Front der Ehrenkompanie abgeschritten war, defilierte dieselbe den Parademarsch. Sodann bestieg der Kaiser mit seinem Gaste einen offenen Vierspänner, um nach dem Neuen Palais zu fahren. Vor und hinter dem Wagen ritt je ein Zug Garde du Corps als Ehreneskorte. Vor dem Neuen Palais auf der Gartenseite war eine Kompagnie des ersten Seebataillons mit Musik und Fahne aufgestellt. Beim Herannahen des Zuges wurde die Nationalhymne intoniert. Der Kaiser und der Herzog verließen den Wagen, schritten die Front ab und nahmen dann mit dem ganzen Gefolge auf der Rampe Aufstellung, um die Ehrenkompagnie und die Ehreneskorte im Parademarsch defilieren zu lassen. Am Eingang des Palais wurde der Herzog dann von der Kaiserin begrüßt. - Sonnabend abend fand zu Ehren des Herzogs von Coburg in der Speiseanstalt des ersten Garderegiments z. F. ein Festessen statt, wozu auch der Kaiser erschien. Sonntag abend fand im Neuen Palais eine Festtafel zu Ehren des Herzogs statt. - Herzog Alfred, dessen Sohn bekanntlich im 1. Garde=Regiment steht, ist vom Kaiser à la suite gestellt worden.
- Zu Ehren des Herzogs von Coburg=Gotha fand Sonntag abend im Palais zu Potsdam eine große Festtafel statt, an der außer dem Kaiserpaar, den Prinzen Friedrich Leopold und Joachim Albrecht, dem Erbprinzen von Coburg=Gotha und dem Herzog Albrecht von Mecklenburg=Schwerin sowie die preußischen Minister theilnahmen. - Bei der Festtafel trank der Kaiser auf das Wohl seines Gastes, worauf dieser mit einem Hoch auf das Kaiserpaar und dem Dank für die gute Aufnahme erwiderte. - Der Besuch des Herzogs von Sachsen=Coburg=Gotha am Berliner Hofe hatte mehr einen persönlich verwandschaftlichen Charakter als einen streng offiziellen. Demgemäß gestaltete sich, wie man sich dort erzählt, der Verkehr des Herzogs mit der Kaiserlichen Familie. - In seinem Aeußern, namentlich in Gang und Bewegung erinnert Se. Königl. Hoheit sehr an den verstorbenen Herzog Ernst, während das frische, von dunkelbraunem Vollbart eingerahmte Gesicht große Aehnlichkeit mit dem seines Bruders des Prinzen von Wales zeigt, in welchem ja auch wieder die coburgische Familienähnlichkeit sich spiegelt.
- Daß der Kaiser ein vortrefflicher Schütze ist, dafür sind schon häufiger Thatsachen berichtet worden. Ein neuer Beitrag hierzu wird von einem Augenzeugen mitgeteilt, der Se. Majestät beim Schießen in der Gewehrprüfungs=Kommission unlängst beobachtet hat. Durch eine Vorrichtung wurden Thonkugeln in die Luft geschleudert, nach denen der Kaiser, das Gewehr nur mit dem rechten Arm haltend, schoß. Se. Majestät fehlte von 30 Kugeln nicht eine einzige. Die Treffsicherheit des Kaisers, in welcher demselben keiner der in genanntem Institut beschäftigten Offiziere auch nur annähernd gleichkam, erregte Erstaunen.
- Die Eröffnung der neuen Reichstagssession, voraussichtlich durch den Kaiser selbst, wird am 16. November mittags 12 Uhr im Weißen Saale des Berliner Schlosses erfolgen.
- Dem Reichskanzler Grafen von Caprivi ist im Auftrage des Kaisers am Sonnabend vormittag durch das Oberhofmarschallamt ein prachtvolles, nach Parlaghy gemaltes Porträt, welches den Kaiser in Halbfigur in der Uniform seines Regiments der Garde du Corps darstellt, übersendet worden. Das in frischen Farben vom Maler Reinke sehr sorgfältig ausgeführte Bild, zur Ausschmückung des sogenannten Dreikaiser=Saales im Reichskanzler=Palais bestimmt, ist in einem kostbaren, mit der Kaiserkrone verzierten Goldrahmen gefaßt.
- In dem kaiserlichen Residenzschloß Urville in Elsaß=Lothringen wird, wie die "Post" von gut unterrichteter Seite erfährt, alljährlich wenigstens ein Mal ein Hoflager aufgeschlagen werden.
- Wie ein anscheinend den wohlhabenden Volkskreisen angehöriger "wissender" Correspondent der "Hamburger Nachrichten" mittheilt, ist nicht bloß Hannover der Ort, wo das Hasardspiel gepflegt wird, sondern auch Berlin. Er schreibt: "Ich kann mich der Empfindung nicht entschlagen, daß man hier in Berlin allen Grund hat, mit diesen sehr berechtigten Schamempfindungen zugleich auch mit sich selbst ernster ins Gericht zu gehen! Jeder Kundige kann Ihnen die Clubs nennen, in denen Abend für Abend Zehntausende - im Poker hier, im Baccarat dort - gewonnen und verloren werden und er kann Ihnen weiter auch die durchaus angesehenen Herren namhaft machen, die Stammgäste des grünen Tisches sind, bis der unvermeidbare Ruin über sie hereinbrechen muß." - Der Correspondent versichert sodann, daß Se. Majestät der Kaiser eine strenge "Säuberung" unter den Offizieren vornehmen werde: "Man wird außerdem besondere Maßregeln ergreifen, um die jungen Herren schon auf der Kriegsschule über die Machinationen der Wucherei und die Gefahren des Spieles aufzuklären. Das meiste müssen freilich durch ihren erziehlichen und überwachenden Einfluß die Regimentscommandeure thun, die für die Gesammthaltung des Officiercorps in erster Linie verantwortlich sind."
- Bekanntlich begründen die Kostgänger der Börse ihren Widerstand gegen die geplante Erhöhung der Börsensteuer damit, daß sie sagen, durch eine solche würden die angeblich schon jetzt sehr dar=
[ => Original lesen: 1893 Nr. 86 Seite 2]niederliegenden Geschäfte an der Börse noch weiter beschränkt und damit würde jede Aussicht auf einen nennenswerthen Ertrag der Steuer abgeschnitten werden. Daß aber der Umsatz an den Börsen sich gleichwohl erweitert, zeigen einige Zahlen, welche Börsenblätter, also in diesem Falle unverdächtige Zeugen, über die Erträgnisse der Effecten=Umsatzsteuer in Oesterreich veröffentlichen. Für die ersten acht Monate dieses Jahres stellte sich nämlich das finanzielle Ergebniß der Steuer in Wien auf rund 380 000 Fl.; fügt man das Resultat des Monats September hinzu, so gelangt man für die ersten neun Monate zu einem Gesammterträgnisse von rund 410 000 Fl. Die Regierung hatte jedoch im vorjährigen Budget für dieses ganze Jahr und das gesammte Reich ein Steuer=Erträgniß von nur 400 000 Fl. veranschlagt. Dieses Erträgniß wurde also allein auf dem Wiener Platze schon während der ersten neun Monate überschritten! Was für Oesterreich gilt, dürfte für Deutschland nicht minder eintreffen. Die Regierung würde jedenfalls eine große Unterlassungssünde begehen, wollte sie in der Heranziehung der Börse zu den Steuern etwa zaghaft sein.
- Im Reichshaushaltsetat für 1893/94 wird unter den Einnahmen der Ueberschuß des Jahres 1892/93 in Höhe von 1 100 000 M. eingestellt werden. Bei der vierjährigen Etatsberatung war auf ein Defizit von 6 Millionen M. gerechnet. Dasselbe ist indessen durch die nachträgliche Erhöhung der Matrikularbeiträge zur Deckung der Mehrkosten des Materialienbedarfs der Heeresverwaltung ausgeglichen worden. Die Erhöhung der Matrikularbeiträge fand für die Einzelstaaten ihre Deckung in den Mehreinnahmen, welche den Einzelstaaten gegen den Etat aus den Zöllen und Verbrauchssteuern des Reiches zuflossen.
- Die Entwürfe der neuen Reichssteuern sollen in etwa 8 bis 10 Tagen vorgelegt werden, worauf sofort der Bundesrath zusammentritt. Unter den Entwürfen wird sich auch der über die Weinsteuer befinden, der indes nicht auf eine Vereinbarung der sämmtlichen in Betracht kommenden Staaten beruhen, sondern im Wesentlichen den preußischen Standpunkt enthalten soll.
- Zum russischen Handelsvertrag wird dem "Hamb. Korr." geschrieben. "Zur Zeit läßt sich nur das mit einiger Sicherheit voraussehen, daß die Verhandlungen langwierig sein werden und bei den verschiedenen Faktoren und Fragen, die dabei mitsprechen und zu erledigen sind, auf Monate berechnet werden müssen. Deshalb äußern sich maßgebende Kreise in Berlin über den Erfolg der Bemühungen zunächst noch mit großer Zurückhaltung."
- Die Reichsstempelgesetz=Novelle soll die bisherigen Börsensteuersätze verdoppeln, die Steuer auf das Geschäft in den ausländischen Schuldverschreibungen und Actien verdreifachen und den Stempel für Lotterieloose und Totalisator=Tickets um 60 Procent erhöhen.
- Im neuen preußischen Staatshaushalt, so läßt Finanzminister Miquel verkünden, werden eine fast eben so große Anzahl neuer Richterstellen wie im vorigen (87) geschaffen werden.
- Recht eigentümlich in Anbetracht der Russenfeste in Frankreich klingt es, daß am 22. Oktober in Moskau der Gedenktag des Abzuges der Franzosen im Jahre 1812 durch eine feierliche Kirchenprozession im Beisein aller geistlichen und weltlichen Behörden begangen worden ist.
- Zweiundzwanzigtausend russische Juden wurden am 3. Okt. d. J. durch einen eigenhändig vom Kaiser unterzeichneten Ukas aus dem russischen Reiche verbannt. Einige tausend von ihnen haben beschlossen, nach Amerika auszuwandern und die Küsten des Pacifiv=Oceans zu kolonisieren. Der neueste kaiserliche Ukas trifft nicht so sehr die Juden der ärmeren Klassen, sondern gerade die wohlhabenden und reichen. Viele von den Vertriebenen sind Millionäre. Ein aus Irkutsk vertriebener Israelit wird ein Vermögen von 10 Millionen Dollars nach Kalifornien bringen.
- Präsident Carnot traf in der Nacht zum Sonntag in Paris wieder ein. Er drückte telegraphisch dem Zaren seinen Dank für die Depesche des letzteren aus und sprach seine lebhafte Genugthuung darüber aus, daß er durch den Besuch der schönen Escrade die russische Flagge in französischen Gewässern habe grüßen können. "Die herzliche und spontane Aufnahme, die Ihre braven Seeleute in Frankreich gefunden haben, kräftigt abermals in eklatanter Weise die aufrichtigen Sympathien, die beide Länder vereinen: er zeigt zugleich den tiefen Glauben und den wohlthätigen Einfluß, den zwei der Sache des Friedens ergebene Nationen gemeinsam ausüben können.
- Der englische Flottenbesuch in italienischen Häfen hat an diesem Sonntag sein Ende erreicht. Am Sonntag nachmittag verließ das englische Geschwader den Hafen von Spezia und dampfte nach Gibraltar ab. Bei der Abfahrt wurde es von der Menge herzlich begrüßt. - Die Königin Viktoria drückte dem König Humbert ihren lebhaften Dank für den dem englischen Geschwader in Italien bereiteten Empfang sowie für die Beweise warmer Freundschaft aus, welche seitens der königlichen Familie, seitens der italienischen Regierung und des italienischen Volkes anläßlich des Todes des englischen Botschafters, Lord Vivian, geboten wurden. Eine ähnliche Dankeskundgebung wurde seitens der englischen Regierung an die italienische gerichtet. - Die englische Gesandtschaft in Rom ist davon benachrichtigt worden, daß die Königin Viktoria im nächsten Frühjahr zu längerem Aufenthalte nach Florenz kommen werde.
- Wie der "Posener Zeitung" aus Schneidemühl gemeldet wird, sind die Quellen des artesischen Brunnens an der Ecke der kleinen und großen Quistraße wieder aufgebrochen. Ein starker Wasserstrahl führt Schlamm= und Sandmassen mit sich. Der Brnnnentechniker Bayer aus Berlin ist telegraphisch berufen worden.
- Im Spieler= und Wuchererprozeß in Hannover wurden verurtheilt: von Meyerink, Fährle, Abter je zu 4 Jahren, Samuel Seemann und Heß zu 2 Jahren Gefängniß, diese alle je zu 5 Jahren Ehrverlust, Sußmann zu 1000 M., Julius Rosenberg zu 750 M. Geldstrafe. Max Rosenberg ist freigesprochen.
- Auf der Pariser Münzkonferenz, die in einigen Tagen geschlossen werden wird, ist man im Wesentlichen zu einer Einigung gelangt. Die lateinische Münz=Union wird weiter fortbestehen; eine einzige Bestimmung ist dem Wunsch Italiens gemäß abgeändert worden. Darnach sollen die italienischen Scheidemünzen von 2 Francs, 1 Franc und 1/2 Fr. in den Vertragsstaaten keinen Cours mehr haben und werden nach Maßgabe ihrer Einzahlung durch das Publikum bei den öffentlichen Kassen Italien überwiesen werden, welches die jeweiligen Beträge den betreffenden Staaten innerhalb 10 Tage in Gold erstatten wird.
- Die letzten Ereignisse in Marokko haben die spanische Regierung zu energischen Vorbereitungen zum Krieg gegen die Kabylen veranlaßt. Am Sonntag abend sind weitere drei Regimenter nach Melilla abgegangen. Vor dem Abmarsch der Truppen besuchte die Königin mit dem jungen König die Kasernen und kündigte persönlich den Soldaten den bevorstehenden Feldzug gegen die Kabylen an. In Madrid wird angenommen, daß General Margallo, der ohne höheren Befehl vorgegangen ist, den Tod im Kampf gesucht habe. Der General erhielt einen Schuß durch den Hals, einen anderen durch die Backe und einen dritten durch die Schläfen. Sein Adjutant, Prinz Ferdinand von Bourbon, Neffe des ehemaligen Königs von Neapel, ist verschwunden; es ist noch nicht festgestellt, ob er verwundet worden oder in Gefangenschaft gerathen ist. Ein Oberst und 10 Offiziere sind verwundet worden. Amtliche Mittheilungen aus Malaga besagen, daß sich die Verluste der Spanier bei dem Kampf von Melilla nur auf 5 Tote und 30 Verwundete belaufen. Nach den Angaben Madrider Blätter beziffern sich die Verluste weit höher, nämlich auf 70 getötete und 122 verwundete Soldaten. Die Kabylen sollen sehr starke Verluste erlitten haben, sie zeigen sich aber doch sehr ermutigt und erhalten seit Sonnabend ein ununterbrochenes Feuer. Bis zur Ankunft von Verstärkungen hat der an Margallos Stelle kommandirende General Ortega die Civilbevölkerung Melillas bewaffnet.
- Zu dem Hotel=Einsturz in Gleiwitz wird Folgendes berichtet: Der Bau war bereits unter
[ => Original lesen: 1893 Nr. 86 Seite 3]Dach und im Innern eine größere Anzahl Maurer beschäftigt, als plötzlich am vorigen Sonnabend Mittag vor 12 Uhr unter furchtbarem Getöse der Mittelbau des südlichen Theils in sich zusammenfiel. Vier Arbeiter, von denen 2 inzwischen gestorben sind, erlitten schwere Verletzungen. Wie es heißt, war der Untergrund sehr sumpfig, so daß auf Beton hätte gebaut werden müssen.
Anzeigen.
Zur öffentlich meistbietenden Verpachtung von 12 auf der sog. Landreiterkoppel gelegenen Ackerparcelen von je ca. 130 [] Rth. und einer Wiese von Michaelis d. J. an bis auf Weiteres mit Vorbehalt der dem Großherzoglichen Domainenamt wie jedem Contrahenten freizulassenden einhalbjährigen Kündigung, welche Ostern auf Michaelis auszusprechen ist, steht Termin an auf
Dienstag, den 7. d. Mts.,
Vormittags 10 Uhr
im Sitzungszimmer der Großherzoglichen Landvogtei. Die Bedingungen sind in der Registratur einzusehen, werden auch im Termine verlesen werden. Die einzelnen Parcelen werden jetzt schon Pachtliebhabern gezeigt, welche sich dieserthalb melden wollen.
Schönberg, den 30. October 1893.
Großherzoglich Mecklb. Domainenamt.
Cl. v. Oertzen.
Zur öffentlich meistbietenden Wiederverpachtung der Lagerplätze am hiesigen Hafen steht ein Termin auf
Dienstag, den 7. November d. J.
Vormittags 10 Uhr
vor dem unterzeichneten Domainen=Amte an, wozu Pachtliebhaber hierdurch mit dem Bemerken geladen werden, daß die Verpachtungsbedingungen im Termine bekannt gemacht werden.
Schönberg, den 30. Oktober 1893.
Großherzoglich Mecklb. Domainen=Amt.
Cl. v. Oertzen.
Holz=Auction Nr. 1.
Am Donnerstag den 9. Novbr. Morg. 10 Uhr sollen in den Hohemeiler Tannen
40 Stück tannen Kiepenhölzer
meistbietend an Ort und Stelle verkauft werden. Käufer wollen sich beim Forsthofe Hohemeile sammeln.
Schönberg, den 2. Novbr. 1893.
Der Oberförster
C. Hottelet.
Auktionsanzeige.
Donnerstag, den 9. November d. J.
Vormittags 9 Uhr
beginnend, sollen die noch vorhandenen Nachlaßsachen des Herrn Ober=Steuerrath Grapow hierselbst an Ort und Stelle meistbietend gegen Baarzahlung verkauft werden, als namentlich:
Schränke, Komoden, Tische, Stühle, Spiegel, Bettstellen mit und ohne Matratzen, Waschtische, 1 großer Ausziehtisch, Lampen u. vieles mehr.
Schönberg, den 2. November 1893.
C. Staffeldt.
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[ => Original lesen: 1893 Nr. 86 Seite 4]Vom Einkauf aus Süddeutschland u. Oesterreich zurückgekehrt, habe jetzt
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Kampf= genossen= |
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Verein 1870/71. |
Schönberg. |
Am Sonntag, den 5. November d. J. Nachmittags 2 Uhr, ordentliche
Versammlung
im Vereinslokale.
Tagesordnung:
1) Berathung, betr. die Gedenkfeier am 3. Dezember d. Js.,
2) Verschiedene Vereinsangelegenheiten.
Der Vorstand.
Gewerbe-Verein
Hauptversammlung
am Freitag, den 3. November Abends 8 Uhr
im Boye'schen Saale.
Vortrag des Herrn Quade-Schwerin über
"die Weltausstellung in Chicago."
Eintritt für Nichtmitglieder 20 Pf.
Schützenhaus.
Am Sonntag, den 5. November cr.
Letztes Tanzkränzchen
in dieser Saison.
Anfang Abends 7 1/2 Uhr.
Entree für Herrn 25 Pf.
Damen frei.
Hierzu ladet ergebenst ein
W. Hagen, Schützenwirth.
Sonnabend, den 4. Novbr. von 7 Uhr abends an
Gulasch
wozu freundlichst einladet.
N. Nehls.
Sonntag, den 5. November cr.
Gänseverkegeln
wozu freundlichst einladet
H. Schreep.
Am Sonntag, den 5. Novbr. cr.
Erntebier
wozu ich freundlichst einlade.
Gastwirth Wienck=Sülsdorf.
Sonntag d. 5. Novbr.
Tanzmusik
für die Nacht.
J. Boye.
Gartenbauverein.
Versammlung Montag d. 6. Nov. abends 8 Uhr bei Herrn Kaufmann Maaß.
Bericht über das Kartoffelversuchsfeld und sofortiger Verkauf oder anderweitige Bestimmung über den dem Verein vorbehaltenen Anteil am Ertrag.
Der Vorstand.
Lavatus.
Am Donnerstag voriger Woche nachmittags hat mein Kutscher auf der Rottensdorfer Chaussee das hintere Sitzkissen von meinem Jagdwagen verloren. Wiederbringer erhält Belohnung.
Schönberg, den 1. Novbr. 1893.
C. Hottelet,
Oberförster.
Danksagung.
Allen Freunden und Bekannten, welche uns zu unserer goldenen Hochzeit in so herzlicher Weise ihre Glückwünsche dargebracht haben, insbesondere aber unserm Herrn Pastor Horn für die gehaltene Traurede, sagen wir hiermit unsern besten Dank.
Fr. Saager und Frau.
Selmsdorf, den 31. Oktober 1893.
Marie Lenschow.
Wilhelm Ohls.
Verlobte.
Schönberg, den 1. November 1893.
Statt jeder besonderen Meldung:
Bertha Janssen,
Fritz Grevsmühl.
Schönberg i. M. Retelsdorf.
Kirchliche Nachrichten.
Sonntag, 5. November.
Vormittagskirche: Consistorialrath Kaempffer.
Abendkirche (6 Uhr): Pastor Krüger.
Amtswoche: Consistorialrath Kaempffer.
Getreide=Preise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Marktpreise in Lübeck. [Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]
Hierzu eine Beilage und Illustrirtes Beiblatt Nr. 44.
Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.
[ => Original lesen: 1893 Nr. 86 Seite 5]Beilage
zu Nr. 86 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 3. November 1893.
Jäger Thiel, Mörder des Grafen von Blücher und Selbstmörder.
Zur Ermordung des Grafen Blücher durch seinen Jäger wird der Jagdzeitung "St. Hubertus" geschrieben:
Seit der Ermordung der Fürstin Sulkowsky in Oberschlesien, welche vor beinahe einem halben Jahrhundert vom Park ihres Schlosses aus gegen Abend durchs hell erleuchtete Fenster erschossen wurde, hat kaum ein zweites Ereigniß so viel Aufsehen erregt, als der jüngste Mord in Wietzow am Grafen Blücher. Während die mörderische Hand, welche der Fürstin Sulkowsky das tödtliche Blei zusandte, nie entdeckt wurde und dem irdischen Richter entzogen blieb, legte der Mörder des Grafen Blücher Hand an sich selbst und entzog so sein Haupt der irdischen Gerechtigkeit wie dem Scharfrichter Reindel, dem es unbedingt verfallen gewesen wäre. Den Zeitungsberichten nach soll Thiel, dies ist der Name des Mörders, ein gewaltthätiger Mensch von unmoralischem Lebenswandel gewesen sein, und wird sein Charakter in einem Lichte geschildert, das ihn sehr wohl zur Ausübung einer so verbrecherischen That für befähigt hielt. Von hohem psychologischen Interesse dürfte es nun sein, das Vorleben des Mannes, der so unsägliches Unheil anrichtete, kennen zu lernen und sein Auftreten mit kurzen Worten zu schildern, wie dasselbe vor seiner dienstlichen Stellung in Wietzow sich der Mitwelt präsentirte. In der Zeit von etwa 1888 bis 1890 war Thiel in Graditz bei Torgau in der Eigenschaft eines Jägers beim Landstallmeister Grafen Lehndorff. Sein ausnehmend bescheidenes anspruchsloses und gefälliges Wesen wurde Veranlassung, ihn auch im Hause zu beschäftigen. Sowohl die Frau Gräfin Lehndorff, sowie auch die Comtessen Töchter beauftragten ihn mit Ausklopfen und Reinigen der Teppiche, wie anderen häuslichen Arbeiten, für die er weder engagirt war, noch die in das Ressort eines Jägers fallen, denen er sich aber willig unterzog. Beinahe Temperenzler ein Mann ohne jede Leidenschaft, zuvorkommend gegen Jedermann war er gewissermaßen Liebling der englischen Trainers und Jockeys geworden, die im Königl. Hauptgestüt Graditz stationiert, täglich mit Thiel in Berührung kamen und ihn auch des öfteren zur Jagd begleiteten. Dieser Protection nun hatte er es zu danken, daß ihm eine pecuniär einträglichere Thätigkeit übertragen und er aus Graditz vom Fabrikbesitzer Julius Mehlich übernommen wurde, der als Sportsmann und berühmter Hundezüchter ja weit über die Grenzen Deutschlands hinaus eines wohlverdienten Rufes sich erfreute. Das Bleiben Thiels in der neuen Stellung, die er 1890 im Frühjahr etwa antrat, war indessen nur von kurzer Dauer, weil er - gewiß psychologisch interessant - seinem jetzigen Herrn zu energielos, zu wenig, wie man zu sagen pflegt, schneidig erschien. Schon seine äußere Erscheinung war wenig Respekt, geschweige denn Furcht einflößend, lang aufgeschossen, mit schlichtem, hellblondem Haar, zeigte das blasse Gesicht auch nicht den leisesten Zug von Männlichkeit. Der selige Mehlich, den wir im letzten Lenz auf dem Friedhofe der Liesenstraße zur ewigen Ruhe betteten, kennzeichnete seinen Jäger mit dem Ausdruck - Waschlappen erster Güte - und trachtete sehr bald darnach, sich einen passenderen Ersatz zu schaffen. Als langjähriger Jagdfreund des verstorbenen Mehlichs kam Schreiber dieses im Herbst 1890 in fortwährende Berührung mit Thiel und fand die Kritik seines Brodherrn, streng genommen, zu herb. Mir hat der spätere Mörder und Selbstmörder einen nur soliden Eindruck gemacht, dessen ruhiges, stets nüchternes Wesen auf Jedermann sympathisch wirkte. Das Gruseln könnte mich aber heute überkommen, wenn ich eine furchtsame Natur wäre, in Rückerinnerung einer kleinen nächtlichen Episode, die mich mit dem Mörder allein in des Waldes tiefsten Gründen zusammenführte. Thiel war vorhergehend im Revier Klein Wulkow bei Genthien stationirt, um im Auftrage Julius Mehlichs daselbst Schwarzwild abzuschießen. Von dort aus schrieb er mir, daß eines der besten Jagdreviere im Jerichower Kreise unter der Hand für 2500 M. zu pachten sei, wenn schnell gehandelt würde und ich schleunigst mit genannter Summe nach Genthin käme, auch wechsele überdies im Wulkower Revier ein sehr starker Keiler, den ich schießen könne. Anderen Tages bereits erhielt Thiel Depesche von mir, mich auf Bahnhof Genthin mit Wulkower Fuhrwerk abzuholen. Da guter Mondschein war und ich zum Abendanstand just zurecht kam, stiegen wir unterwegs aus, ich nahm vor Thiels Augen mein Portefeuille aus der Reisetasche, von dem er wußte, welche Geldsumme sich darin befand, den Kutscher nebst Reisegepäck schickten wir in's Dorf und begaben uns beide unter vier Augen nach einem einsam entlegenen Walddistrikt. Hier blieb jeder auf seinem Posten, bis kurz vor Mitternacht der Mond unterging und Rabenfinsterniß eintrat. Thiel kam, leise hustend, zu meinem Stand geschlichen und flüsterte, er habe den Keiler gesehen, der sicher am frühen Morgen zurückwechseln würde, wir wollten daher am liebsten die Nacht gleich im Walde zubringen. Topp - einverstanden! Ein Waldstreuhaufen, auf dem ich mir meinen Sitz hergerichtet hatte, ward auseinander gebreitet, so daß er gerade für zwei Personen den nöthigen Platz zur Lagerstatt abgab, der Rucksack diente als Kopfkissen, und wenige Minuten später schlief ich dos-à-dos mit dem Mörder den Schlaf des Gerechten. Statt des ersehnten Keilers brachte der Morgen einen gründlichen Platzregen, und die Jagdpacht fiel gleichfalls ins Wasser weil Thiel als Vermittler sich buchstäblich wie ein unschuldiger Schuljunge benahm, der in seiner gutmüthigen Dummheit den pfiffigen Bauern gegenüber den ganzen Kram verdarb. Mehlich entließ ihn, weil er ihm zu "harmlos" war, und kurze Zeit darauf finden wir Thiel zu Anfang des Jahres 1891 als Fasanenjäger beim Grafen Blücher in Wietzow wieder, von wo er ganz glückseelig schreibt, nie einen besseren Principal und nie eine bessere Stellung gehabt zu haben. Die Legende, welche den Mörder mit dem Nimbus eines Rinaldini umgiebt, erzählt, Thiel sei ein so unfehlbarer Schütze gewesen, daß er jeden Sperling per Kugel aus der Luft herabgeholt habe. In Wulkow pflegte der Schrotschuß aus seiner Flinte selten das Wild, dagegen meist nur Löcher in die Natur zu schießen. Große Passion für seinen schönen Beruf zeigte er nie. Und dieser so zugeschnittene eher furchtsame Mensch gab sich soeben als Mordbube der entsetzlichsten Art der schaudernden Welt zu erkennen! Sollte hier nicht in Folge verschmähter Liebe oder sonst welcher tief in's Herz und Gemüth einschneidender Seelenschmerz eine plötzliche Umnachtung des Geistes eingetreten sein, die den Unglücklichen in ganz oder halb unzurechnungsfähigem Zustande zu Mord und Selbstmord trieb? - Die Leiche des Mörders und Selbstmörders ist inzwischen zu gerichtsärztlicher Sektion nach Greifswald gesandt worden, da allgemein ein plötzlicher Wahnsinnsanfall für wahrscheinlich gehalten wird. - In kynologischen Kreisen dürfte es noch besonders Aufsehen erregen, daß Jäger Thiel derselbe war, welcher im Herbst 1890 zu Canzow "Erra I Hoppenrade" vorführte. Hegewald hebt die gänzliche Unschuld des Thiel auch in Gebrauchshundangelegenheiten im Bericht ausdrücklich hervor. Thiel erschien mit einer kurzen Strippe, woran er das Würgehalsband der Hündin befestigt hatte. Führer wie Hündin stellten sich gleich ungeschickt an bei der Nachsuche auf Schweiß, und "Erra" wurde erst später, das was sie heute ist und 1892 bei der Gebrauchssuche in Sonnenwalde zeigte.
[ => Original lesen: 1893 Nr. 86 Seite 6]- Neustrelitz. Am Sonntag wurde unser Landsmann, der Afrikareisende Oscar Borchert, von JJ. KK. HH. dem Großherzog und der Großherzogin in Audienz empfangen und am Montag zur Tafel geladen. Abends besuchte Herr Borchert das Theater. S. K. H. der Großherzog befahl ihn in seine Loge, in welcher der Afrikareisende bis zum Schluß der Vorstellung verblieb. Gegeben wurde "Cavalleria rusticana" und danach das Lustspiel "Recept gegen Schwiegermütter". Beide Stücke wurden recht brav gegeben. Die Hauptacteurs ernteten reichen Beifall.
- Neustrelitz. Bekanntlich ist S. K. H. der Erbgroßherzog nicht nur ein großer Schütze, sondern auch ein großer Jagdliebhaber, denn er hat schon manches edle Wild zur Strecke gebracht. So erlegte er am Freitag in der Zechower Forst einen capitalen 14=Ender. Von dort begab sich der hohe Herr zu Herrn v. Dewitz auf Miltzow zur Jagd, die zwei Tage dauerte. Es wurden 145 Fasanen und, wenn ich recht gehört habe, 123 Hasen zur Strecke gebracht. Montag früh begab sich S. K. H. der Erbgroßherzog nach Krumbeck, um mit Herrn von Dewitz, dem Besitzer des Gutes, und einigen anderen Herren eine Jagd auf niederes Wild abzuhalten.
- Schönberg. Zu der Notiz aus Selmsdorf die goldene Hochzeit der Sagerschen Eheleute betreffend, ist erweiternd hinzuzufügen, daß S. K. H. der Großherzog von Mecklenburg=Strelitz durch den Pastor Horn mit seinen Glückwünschen ein namhaftes Geldgeschenk überreichen ließ, welchen Auftrag der Pastor nach Ansprache und Einsegnung ausführte. Auch außerdem kamen viele Gratulanten und wurden mancherlei Geschenke dem Jubelpaare überbracht.
- Das Befinden der Gräfin Blücher ist fortwährend in der Besserung begriffen. Nach einer in Treptow an der Tollensee eingegangenen Nachricht soll sich bei der auf der Universität in Greifswald erfolgten Obduction der Leiche des Jägers Thiel herausgestellt haben, daß Thiel vom Irrsinn befallen war.
- Ein Negerknabe, der sich am Montag in den Straßen von Wismar sehen ließ, veranlaßte durch sein Erscheinen und namentlich durch seine orientalische Kleidung einen Auflauf der Schuljugend. Derselbe ist 12 Jahre alt und durch Forstassessor v. Plüschow von einer Orientreise mitgebracht. Eine besondere Eigenthümlichkeit in der Lebensweise des Jungen ist, daß er keine Fleischspeisen genießt.
- Im Schuljahre 1892 waren in Mecklenburg=Schwerin 84 832 Volksschüler vorhanden, auf 486 Einwohner kam eine Volksschule, 14,67 Volksschüler auf 100 Einwohner und 41 Volksschüler auf 1 Lehrkraft. In Meckl.=Strelitz waren vorhanden 15,309 Volksschüler, auf 419 Einwohner kam eine Volksschule. 15,62 Volksschüler auf 100 Einwohner und 43 Volksschüler auf 1 Lehrkraft.
- Den Veteranen Ahrens, der in Dabel bei Sternberg lebt, und von dessen 100jährigem Geburtstag wir unseren Lesern im August erzählten, haben kürzlich zwei Herren aufgesucht, um von dem alten Krieger Mittheilungen über seine Feldzugs=Erlebnisse zu hören. Aber diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Sie fanden den Alten, als sie gegen Abend bei ihm anlangten, im Bett. Der Sohn theilte ihnen mit, daß er schon den ganzen Tag gelegen habe, und sich überhaupt im Bett am wohlsten fühle. Das bestätigten seine eigenen Aeußerungen. Gefragt, ob er nicht aufstehen möge, antwortete er: "Ne, dat's mi väl tau kolt!" und fügte hinzu: "Ick kann nich mihr ut de Fedderhorst rut!" Daß er über die Tageszeit nicht recht im Klaren war, bewies die Frage an seinen Sohn: "Wist Du hüt gor nich up Arbeit?" und sein Ausruf: "So lang' hew ick lägen!" als er hörte, es sei Abend. Aber über die Jahreszeit hatte er noch richtige Begriffe, denn als man ihn auf seine Klage: "Ick kann nicks mihr vörnehmen, mit mi is't all" auf wärmere Tage vertröstete, sagte er: "Wie hew't man noch gor nich Wihnachten hatt!" Alles, was er über seine Betheiligung am Kriege äußerte, war: "Ick hew teihn Johr dat Gewehr dragen", und "As min Vadder stürw, bün ick trüg kamen". Sein Erinnerungs=Vermögen ist eben, wie überhaupt seine geistigen Kräfte, nur noch schwach. Mit den Worten: "In minen Kopp wat in, wat dar nich rin hört" drückt er das selbe rührend genug aus. Auch sein Appetit ist im Schwinden.
- Bei Mietssteigerungen sind manche Hausbesitzer um Gründe nie verlegen. Völlig neu dürfte folgender Grund sein, den ein Hausbesitzer in Berlin jüngst bei einer Steigerung gebrauchte. Er ist Vater von vier Töchtern, deren älteste sich kürzlich verlobte. Um nun die demnächst in Aussicht stehende Aussteuer zu beschaffen, erklärte er, sehe er sich genötigt, sämmtliche Mieter "zu schrauben." Arme Mieter, betet, daß die andern drei Töchter ewig jungfräuliche Wesen bleiben!
- Die Entlassung des Procuristen des Hauses Rothschild in Wien, Morpurgo, ist am Freitag erfolgt, weil er in gewagten Spekulationen 400 000 Gulden verspielte, die er nicht zahlen konnte.
- Ein neuer Unfall wird aus der Schweiz gemeldet: Zwei junge Leute aus Genf bestiegen den Gipfel Buet. Beim Abstieg schlug der 20jährige Seßly einen andern kürzeren Weg ein und wurde von seinem Kameraden nicht mehr gesehen. Nach langem suchen wurde Seßly zerschmettert aufgefunden.
- In Raffadali (Girgenti) auf Sizilien entführten Räuber einen reichen Gutsbesitzer. Sie verlangen 40 000 Lire Lösegeld.
- Den Londoner Zeitungen ist angesichts der russisch=französischen Verbrüderungen und der Thatsache, daß das Geschwader des Admirals Avellan im Mittelmeere dauernd verbleiben soll, doch recht unbehaglich zumute. Sie sehen ein, daß Englands Seemacht im Mittelmeer für die Dauer nicht ausreicht. So bekennt die "Times" am Schlusse einer Betrachtung über die Russenfeste in Frankreich die Notwendigkeit einer bedeutenden Vermehrung der britischen Marine, deren Ueberlegenheit allen etwa vereinigten feindlichen Flotten gegenüber erhalten bleiben müsse.
- Der Russentrubel in Frankreich ist nun endlich vorüber. Das russische Geschwader hat unter nicht enden wollenden Huldigungen den Hafen von Toulon verlassen und dampfte nach dem Pyräus dem Hafen von Athen. Offiziere wie Mannschaften waren aber auch von den 2wöchentlichen Feststrapazen derartig mitgenommen, daß sie total fertig waren und sich kaum noch stramm zu halten vermochten.
- Einen Geschäftsbrief mit einer Fülle unfreiwilligen Humors sandte kürzlich ein biederer ostpreußischer Viehzüchter an einen Königsberger Fleischermeister. Das Schreiben lautet mit Beibehaltung aller orthographischen stilistischen Lezenzen nach der Mittheilung der "Kön. A. Z." wörtlich folgendermaßen: "Da Sie Lieber Freund ein Schlechter sind, so habe ich mich einen Ochsen für Sie angekauft, auf den wir woll handeln. Da ich nicht interessant bin und Sie so feines Gefühl haben, daß er so gut bei Leibe ist gesund wie meine übrige Familie die bestens grüßen läßt. Unter 70 Thalern kann ich mich aber von dem Vieh nicht trennen und sollen Sie für den Preis auf Michaeli noch zwei Ochsen in einem Briefe erhalten. Es giebt zwar noch andere Ochsen genug, die wohlfeiler sind aber die sind keinen Schuß Pulver werth. Kürzlich sind auch Kälber fertig geworden. Meine fetten Hammel sind dieses Jahr etwas mager, weil es in die große Trockenheit nicht geregnet hat. Noch bitte ich, ob ich in der Wurstzeit nicht eine Parthie von Ihren Gedärmen bekommen kann, denn ich gebe mich hier nicht mehr mit Schweinen ab. Schreiben Sie mir nur, ob die Ochsen noch früher kommen sollen als Michaeli kommt, dann mache ich mich mit Ihnen auf den Weg, sonst bleiben Sie so lange bei mir auf ein ehrliches Gewissen in Fütterung, denn was ich nur so im Kopfe habe, sind an die 10 Fuder Haberstroh und ich habe mich auch anders tüchtig Dreschen lassen. Bis auf weitere Verantwortung verbleibe ich bis auf meine Ochsen der Ihrige." - Zu so vielen Mißdeutungen der Brief infolge der vielen "termini technici" Anlaß geben könnte, so hat der dortige Schlächter seinen Freund doch sehr wohl verstanden.
- Ein findiger Wirt. "Sie, Herr Nachbar, wenn ich ihre Katze noch einmal in meinem Hause erwische, dann giebts am anderen Tag für meine Gäste Hasenbraten!
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