No. 58
Die Anzeigen erscheinen wöchentlich zweimal.
Dienstags und Freitags

Schönberg, den 23. Juli
1889
neunundfünfzigster Jahrgang
Preis vierteljährlich 20 Schilling (Mecklenburg) jährlich 1Mark (Lübeck) 32Schilling (Mecklenburg).
Jahrgang
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Am Montag Nachmittag erfolgte die Abfahrt Kaiser Wilhelms von Drontheim; Nachts um 11 1/2 Uhr, bei Tageshelle, fand eine Begegnung mit einem vom Nordkap kommenden Dampfer statt, der zwei Salutschüsse löste. Der Kaiser war bei bestem Wohlsein auf Deck und dankte für die Hurrahrufe. Am Dienstag Morgens 10 Uhr wurde bei spiegelglatter See und unvergleichlich schönem Wetter (14 1/2 Grad Reaumur) der Polarkreis passiert. Die Ankunft in Brodoe erfolgte gegen 3 Uhr; nach einstündigem Aufenthalt fuhr man die Lofoten entlang weiter nach Tromsoe, wo die Ankunft Mittag erfolgte. Die Stadt liegt bereits im Gebiet der Mitternachtssonne. Die "Hohenzollern" begegnete wiederholt Vergnügungsdampfern, deren Passagiere dem Kaiser laute Huldigungen darbrachten. Das Befinden des Monarchen ist ausgezeichnet. Die Fahrt nach dem Nordkap wird fortgesetzt.
An Einzelheiten von der Reise des Kaisers ist noch zu erwähnen: Am Sonntag hatte der Kaiser sein Gefolge mit einer Bowle überrascht, zu welcher er die Erdbeeren bei einem Ausfluge auf dem Lande persönlich von einem am Wege stehenden Manne gekauft hatte. Um die heimatlichen Anklänge der Bowle zu erhöhen, hatte Hofmarschall von Lyncker den Herren zum Mittagessen Sauerkraut mit Schweinsrippchen vorgesetzt.
In Drontheim spendete der Kaiser für den dortigen Dombau 1000 Kronen.
In Bergen erwartete den hohen Reisenden ein belebtes Bild. Als die "Hohenzollern" in den Kriegshafen einfuhr, sah man vor sich die Stadt, die hart an das hohe Gebirge gebaut ist. Im Hafen fiel zunächst das dort vor Anker liegende englische Geschwader, bestehend aus vier großen Panzern und einem Aviso, auf. Außerdem lag noch ein halbes Dutzend eleganter englischer Privatyachten im Hafen und zahlreiche Vergnügungsdampfer und Boote aller Art kreuzten auf der Wasserfläche, dicht mit Menschen besetzt, die, ebenso wie die gedrängte Volksmenge am Ufer, die Nachricht von der bevorstehenden Ankunft des Kaisers angelockt hatte. Kaum war der Anker der "Hohenzollern" gefallen, als der englische Admiral einen Offizier an Bord sandte, um zu fragen, ob er Se. Majestät begrüßen dürfe. Der Kaiser ließ aber danken, um das stricte Incognito zu wahren. Wenn das Berger Publikum erwartet hatte, den Kaiser an Land zu sehen, so hatte es nicht mit dem Feldjäger gerechnet, der kurz nach der Ankunft der "Hohenzollern" an Bord gekommen war. Er war später erwartet worden und der Monarch hatte deshalb anfangs die Absicht gehabt, selbst ans Land zu gehen. Diese Absicht wurde aber beim Erscheinen des Kouriers sofort aufgegeben. Se. Majestät las zunächst die angekommenen Familienbriefe und die wichtigsten der Staatsdepeschen, um die eiligen Verfügungen zu treffen. Später wurden auf der "Hohenzollern" Kohlen eingenommen. Das ganze Schiff war zum Schutz gegen den Kohlenstaub mit Segeltüchern bedeckt, auf Deck wimmelte es von geschäftigen Matrosen und ringsherum lagen die großen schweren Kähne mit dem Kohlenvorrath. Bis 4 Uhr Morgens arbeiteten rüstig und unverdrossen die Mannschaften; als aber beim Morgensonnenschein die "Hohenzollern" wieder in See ging, da sah sie auch schon wieder so schmuck und blank aus, daß selbst das strenge Auge des ersten Offiziers nichts auszusetzen fand. - In Molde war an einzelnen Stellen des Viehes wegen der Weg durch Holzgatter versperrt. Hier standen die Kinder der nächsten Gehöfte und öffneten die Gatterthür. Der Kaiser, seinen Begleitern voranschreitend, schenkte den Kleinen sein Bildniß auf einem Goldstück. Es war ein nettes Bild, als dann die Kinder der Reihe nach an den Kaiser herantraten, um ihm nach norwegischer Sitte zum Dank die Hand zu reichen. Freundlich nahm der Kaiser die Hand der Kleinen und streichelte diese auch über ihre blonden Flachsköpfchen.
S. M. der Kaiser soll nach einem Telegramm, welches die "Lübecker Zeitung" am Freitag aus Bergen erhalten hat, den beabsichtigten Besuch der Lofoten auf der Rückreise aufgegeben haben.
Der Kaiser wird, sobald er am Nachmittag des 2. August mit dem deutschen Geschwader auf der Höhe von Portsmouth eintrifft, nach den nunmehr ergangenen Anordnungen vom Prinzen von Wales an Bord der Yacht "Hohenzollern" begrüßt werden. Die kaiserliche Yacht und das deutsche Geschwader segeln sodann durch die in Reihen aufgestellten britischen Kriegsschiffe, die Flaggenschmuck anlegen, die deutsche Reichsflagge auf Halbmast hissen und Salutsalven abgeben, nach Osborne=Bay.
Die Zusammenkunft des Kaisers Franz Josef mit unserem Kaiser wird, wie nunmehr endgiltig feststeht, am 11. August in Berlin stattfinden. Am 10. August Abends begiebt sich der Kaiser von Oesterreich mit großem Gefolge von Wien nach Dresden, wo er den König von Sachsen besucht und um 2 Uhr Nachmittags die Fahrt nach Berlin fortsetzt. Die Ankunft daselbst erfolgt um 4 Uhr. Kaiser Franz Josef wird vier Tage in Berlin verweilen und alsdann über Passau nach Ischl zurückkehren.
Kaiser Wilhelm hat dem Czaren als Ausdruck seiner freundschaftlichen Gesinnungen sein lebensgroßes Porträt gesandt. Das vorzüglich gelungene Oelbild ist in einem besonderen Waggon, der dem Petersburger fahrplanmäßigen Kurierzuge angehängt war, am Dienstag abend nach Gatschina abgegangen.
In gut unterrichteten Berliner Kreisen wird nunmehr angenommen, daß es zu einer Kündigung des deutsch=schweizerischen Niederlassungsvertrages nicht kommen wird, sondern daß die diplomatische Aktion, vorausgesetzt daß nicht neue Zwischenfälle sich ereignen, als abgeschlossen gelten kann. Man wird in Berlin abwarten, ob die Schweiz durch strengere Handhabung der Fremdenpolizei den Wünschen der deutschen Regierung entgegenkommt.
"Die "Neue Züricher Zeitung" ist der Ansicht, daß der deutsch=schweizerische Conflikt, dessen tieferen Grund man in der gegenwärtigen europäischen Lage zu suchen habe, eine Annäherung der Schweiz an Rußland und England zur natürlichen Folge haben

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werde. Deshalb habe man in Bern den Mangel an diplomatischen Agenten in Petersburg und London nie Stärker empfunden und es wäre von großem Werth, wenn in den beiden Staaten bald ständige diplomatische Vertretungen der Eidegnossenschaft geschaffen würden.
Immer mehr wird auf eine Annäherung der Türkei an den Dreibund hingedeutet. Der "Kreuzzeitung" ist sogar unterm 16. d. M. gemeldet worden, es sei dort die Meinung verbreitet, daß der Anschluß der Türkei an den Dreibund eine vollendete Thatsache sei, und daß alle Versuche von russischer Seite, denselben zu durchkreuzen, erfolglos geblieben seien. Es wäre sehr zu wünschen, daß sich diese Nachricht bestätigte, denn die Aussichten auf Erhaltung des Friedens würden noch weit besser sein, wenn wirklich die verbündeten Mächte auf die Unterstützung der Türkei zu rechnen hätte.
Die Meldungen über die Erkrankung des Erbgroßherzogs von Baden lauten leider wenig günstig. Das starke Fieber dauert an und giebt zu Besorgnissen Anlaß. Die Kaiserin Augusta hat angeordnet, daß ihr täglich mehrere male über den Stand der Krankheit nach Koblenz berichtet werde.
In Amsterdam geht das Gerücht, im Befinden des Königs sei eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten. Auch aus Luxemburg werden diese Gerüchte bestätigt. Seit längerer Zeit bleiben wieder Staatsakte wegen der mangelnden großherzoglichen Unterschrift unerledigt.
Der Sozialistenkongreß stimmte dem Antrag Liebknechts auf Einführung eines achtstündigen Normalarbeitstages, gänzliches Verbot der industriellen Kinderarbeit, Ausdehnung der Fabrik=Inspektion auf Hausindustrie, eine Statistik der Arbeiterverhältnisse u. s. w. zu. Durchaus zutreffend schreibt die "Magdeb. Ztg." über diese Sozialistenversammlung: "Dem Pariser Arbeitercongreß wird offenbar nur in Deutschland eine besondere Wichtigkeit beigelegt. Während bei uns sozialistische Blätter prahlend von einem Arbeiterparlament reden, wie die Welt noch keins gesehen habe, nehmen Pariser Blätter kaum Notiz von der Zusammenkunft, und aus anderen Ländern ist der Besuch von Abordneten so gering, daß daraus hervorgeht, wie wenig Werth man auf die ganze Veranstaltung legt. Allem Anschein nach wird die Bedeutung dieser Versammlung nicht größer sein, als die von zahlreichen ähnlichen früher stattgehabten, die ohne jeden nennenswerthen Erfolg geblieben sind. Und dafür müssen die deutschen Arbeiter die gewaltig großen Kosten für eine gewaltige Schar von "Delegierten" tragen!"
In Folge des neuen Militairgesetzes werden in diesem Jahre zum letzten Male Einjährig=Freiwillige in die französische Armee aufgenommen, da diese Einrichtung für Frankreich aufhört.
Die Boulangisten wollen Boulanger bei den nahe bevorstehenden Generalrathswahlen an möglichst vielen Orten aufstellen, um eine Art Hauptprobe der Volksabstimmung zu veranstalten. Die Anklageschrift wird nahezu von der ganzen Presse als ungünstig beurtheilt. Gleichzeitig mit dem Senatsgericht wird ein Kriegsgericht einberufen werden zur Aburtheilung Boulanger wegen seiner angeblichen Veruntreuung von Kriegsgeldern. Die Regierung will vor den Kammerwahlen alle Beamten absetzen, deren bloßstellende Zuschriften an Boulanger bei der Beschlagnahme seiner Papiere aufgefunden wurden.
An Boulanger und seine Paladine Dillon und Rochefort ist am Dienstag die Ladung ergangen, vor dem Staatsgerichtshof zu erscheinen. Letzterer hat, wie das "Journal des Débats" erfährt, in seiner Anklage den General des Hochverraths, der Verschwörung und der Veruntreuung von 243 000 Fr. beschuldigt. Graf Dillon und Rochefort werden bezüglich der ersten zwei Vergehen für mitschuldig erachtet. Außerdem überläßt es die Anklagekammer der Staatsanwaltschaft, Boulanger vor dem kompetenten Gericht wegen anderer Fälle von Unterschlagung und Bestechung zu belangen. Oberst Vincent, der frühere Chef des Nachrichten= oder richtiger Spionage=Bureaus, der ebenfalls in die Boulanger=Händel verwickelt ist, hat vom Kriegsminister 30 Tage Arrest zudiktiert erhalten, weil er, um sich zu rechtfertigen, in verschiedenen Blättern Nachrichten veröffentlicht hat.
An Rußland ausgeliefert worden ist ein Hörer der technischen Hochschule in Berlin, Wildermann. Derselbe war nach dem Mißlingen des bekannten Bombenkomplotts aus Zürich dorthin gekommen. Andere russische Studierende, welche durch die Haussuchungen sehr blosgestellt sein sollen, haben jetzt Ausweisungsbefehle erhalten. Wie streng in Berlin die Ueberwachung jener Nihilisten war, soll sich daraus ergeben, daß die Polizei von allen Versammlungen Kenntniß hatte, die in der Wohnung eines Technikers stattgefunden haben sollen.
Die russische Sprache soll nunmehr auch in allen deutschen Privat Lehranstalten der baltischen Provinzen als Unterrichtssprache eingeführt werden, nachdem bekanntlich die vom Staat, den Städten und den Ständen unterhaltenen Schulen bereits der Russifizierung verfallen sind. Ferner untersagt ein in diesen Tagen erlassenes Rundschreiben des Ministers des Innern der evangelisch=lutherischen Kirche Rußlands jede Art von Missionsthätigkeit. Diese zweite Verordnung erstreckt sich auf kirchliches Gebiet und ist geeignet, überall das größte Aufsehen hervorzurufen und auf's Neue den Beweis dafür zu liefere, daß der unduldsame Gouverneur Pobedonoszew noch immer einen Alles beherrschenden Einfluß ausübt. Der neue Verkehrsminister, Hübbenet, ist auch bestrebt, zur Bekämpfung des Deutschthums nach besten Kräften beizutragen, und hat daher die Einführung der russischen Sprache für das Personal der in Riga mündenden Bahnen, die noch im Herbst vorigen Jahres mit Rücksicht auf die sich im Verkehr darbietenden Schwierigkeiten auf 2 Jahre hinausgeschoben worden war, endgültig angeordnet.
Auf den Kaiser von Brasilien ist am Dienstag ein Attentat verübt worden. Als der Kaiser im Begriff war, das Theater zu verlassen, ist ein Revolverschuß auf ihn abgegeben worden, der ihn jedoch glücklicher Weise nicht verletzt hat. Der Thäter soll ein Portugiese sein.
Aus Ostafrika wird über die Einnahme von Tanga berichtet, daß dieselbe am 10. Juli erfolgte. Deutscherseits wurde ein Matrose der "Möwe" schwer verwundet. Die gut erhaltene Stadt ist von der Marine besetzt, die Bewohner des Bezirkes bitten um Frieden. Mit Einnahme von Tanga und Pangani ist nun der erste Theil der Aufgabe des Hauptmanns Wißmann erfolgreich gelöst. Jetzt wird es sich darum handeln, die wiedergewonnenen nördlichen Häfen und ihr Hinterland vor neuen Wirren und Unruhen zu bewahren und Handel und Verkehr von neuem zu beleben und zu fördern. Erst nachdem diese Aufgabe erfüllt ist, wird der Reichskommissar zur Wiedergewinnung der südlichen Häfen des deutschen Schutzgebietes schreiten. - Die "Möwe", von deren Mannschaft ein Theil am Fieber erkrankte, hat Ordre nach Capstadt erhalten.


- Schönberg. Am 19. Juli wurde von dem hiesigen Amtsgerichte das Grundstück der Schmied Hundt'schen Erben öffentlich meistbietend in dem Zustande verkauft, in welchem es sich seit dem Brande, bei welchem es total eingeäschert wurde, befindet. Es sind dafür 7450 M. von dem Zimmermeister Egert geboten, der das Grundstück zur Erweiterung seines nebenan belegenen Etablissements erworben hat. Käufer erhalt auch die Versicherungssumme von 5000 M. ausbezahlt, mit welcher die Gebäude versichert waren.
- Nach den nunmehr zum Abschluß gelangten Berechnungen stellt sich der auf Preußen entfallende Gesammtbetrag aus den Getreide und Viehzöllen für das letzte Etatsjahr auf rund 45 Millionen Mark. Nach dem Verwendungsgesetz verbleiben davon der Staatskasse 15 Millionen, sodaß also rund 30 Millionen zur Vertheilung an die Gemeindeverbände gelangen würden.
- Gegenwärtig arbeitet die Reichsdruckerei an der Herstellung neuer Postwerthzeichen, welche am 1. Oktober d. J. zur Ausgabe gelangen. Für die zwei verschiedenen Gattungen von Briefmarken unter und über 10 Pfennigen ist nur je eine Zeichnung angefertigt und, nach Ausführung geringfügiger, auf die Form des Reichsadlers und der Kaiserkrone bezüglicher Aenderungen, dem Schnitte der Stempel zu Grunde gelegt worden.
- Die Kurgäste in Ems haben, wie alljährlich,

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am 13. Juli den denkwürdigen Stein, der sich an der Stelle befindet, wo Kaiser Wilhelm I. dem französischen Botschafter Benedetti die entscheidende Antwort gegeben hat, mit Blumen und Guirlanden geschmückt. Die Blumenspenden sind dann am folgenden Tag in einem Blumenkorb vereinigt und durch eine Deputation der Kaiserin Augusta nach Koblenz überbracht worden, die von dieser sinnigen Ovation sehr gerühmt gewesen sein soll.
- Für die Wißmannsche Expedition sind neuerdings wieder verschiedene Schiffskapitäne und Maschinisten angeworben worden. Dieselben haben sich sofort von Hamburg aus eingeschifft und befinden sich bereits unterwegs nach Ostafrika. Man muß daraus schließen, daß Hauptmann Wißmann selbst seine Aufgabe noch keineswegs als erfüllt betrachtet.
- Von den Unteroffizierschulen. Da sich nach amtlichen Ermittelungen für die Herbsteinstellungen von Schülern in die Unteroffizierschulen ein großer Mangel an Freiwilligen bemerkbar macht, so sei darauf hingewiesen, daß junge Leute, die die untere militärische Laufbahn einschlagen wollen, in den Unterofficierschulen zu Potsdam, Marienwerder und Bieberich zum 5. October d. J. noch Aufnahme finden. Die einschlägigen Bestimmungen sind auf den Bezirkskommandos einzusehen, durch die auch die Meldung bewirkt wird.
- Beim Schützenfest zu Wiesbaden wurden in der Festhalle im ganzen 18 439 Flaschen Wein und Champagner verabreicht. An Münchener Löwenbräu wurden ca. 200 Hektoliter vertilgt.
- Ein Act bestialischer Roheit wurde in Husberg (Schleswig=Holstein) verübt. In einer Nacht wurden vier auf der Weide befindliche, dem Ortsvorsteher gehörige Kühe durch Messerstiche, Herausschneiden ganzer Stücke Fleisch aus dem Körper der lebenden Thiere etc. in der schauerlichsten Weise verstümmelt. Eine ganz kurz vor dem Kalben stehende Kuh war an allen vier Beinen zusammengeschnürt, und in diesem Zustande an der Einfriedigung aufgehängt worden. Morgens, als die Mädchen zum Melken kamen, entdeckten sie den grauenvollen Frevel. Zwei der mißhandelten Thiere werden voraussichtlich den Verletzungen erliegen. Von den Thätern fehlt jede Spur.
- Der Polizeidirektor von Kassel hat folgende, von den dortigen Biertrinkern mit großer Freude begrüßte Bekanntmachung erlassen: "Die Berechtigung der laut gewordenen Klage, daß in vielen hiesigen Bierwirthschaften die Gäste dadurch benachtheiligt werden, daß ihnen beim Bierverkauf das Biergefäß bis zum Füllstriche nicht mit Bier, sondern zu einem großen Theile mit Bierschaum gefüllt wird, hat sich durch die gemachten Feststellungen bestätigt. Es erhält also der Gast zum größten Theile nicht das Bierquantum, welches er bezahlt. Nachdem nun sämmtliche Wirthe unter Hinweis auf § 263 des Strafgesetzbuches verwarnt worden sind, fordere ich das Publikum auf, weitere Benachtheiligungen dieser Art der Polizeibehörde oder deren Beamten zur Anzeige zu bringen, behufs strafrechtlicher Verfolgung der betreffenden Wirthe."
- Ein recht trauriger Vorfall trug sich in dem etwa eine Meile von Ratibor entfernten Rudnik am Sonnabend zu. Um einen Rehbockbraten für eine am nächsten Tage stattfindende Geburtstagsfesttafel zu schießen, begab sich in der zehnten Abendstunde Reg.=Assessor Erich von Selchow, Sohn des Reg.=Rathes v. Selchow, auf den Anstand. In der Annahme, das gesuchte Wild vor sich zu haben, drückte der Jäger, als er in der Schußlinie in dem niedrigen Gesträuch sich etwas bewegen sah, sein Gewehr ab, erschrak aber nicht wenig, als dem Schusse ein wilder Aufschrei folgte. Beim Hinzueilen sah der unglückliche Schütze statt des vermeintlichen Wildes eine Frau im Blute vor sich liegen, welche vom tötlichen Blei getroffen, nach wenigen Augenblicken verschied. Die Erschossene, die Bauersfrau Schrammowski, Mutter von 5 Kindern, aus dem benachbarten Dorfe E., hatte im Walde zu so später Stunde mit ihrer Tochter Gras geschnitten, obwohl das Betreten von 7 Uhr abends ab, mehrfach untersagt worden ist.
- Das Kind einer Familie in Geiselhöring (Bayern) erwachte in dem Augenblicke zum Leben, als der Schreiner zu dem Sarge für die vermeintliche kleine Leiche das Maß nehmen wollte. Man kann sich den freudigen Schreck der Eltern denken.
- Auf dem Schlachtfelde von Wörth wird am 6. August die Errichtung eines großen Denkmals für die gefallenen Bayern erfolgen.
- Der viel genannte Lottogewinner Farkas ist, wie wir schon meldeten, auf Grund des Beschlusses des Temesvarer Gerichts verhaftet worden; auch die von demselben in der Sparkasse eingelegten 200 000 fl. sind jetzt mit Beschlag belegt. Man nimmt an, daß der eingeschmuggelte Knabe der Sohn des Farkas gewesen ist. Der Frau, welche den Knaben gebracht hat, ist man auf der Spur. Es ist alle Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß Farkas auch zwei frühere Lotterie=Gewinnste auf betrügerische Weise erzielt hat.
- Unter den 70 internationalen Kongressen, die während der Weltausstellung in Paris der Reihe nach tagen, ist neben dem Friedenskongreß und dem der Frauenrechtlerinnen wohl der interessanteste der Sozialistenkongreß, der am Montag eröffnet worden ist. Die Delegirtenliste weist genau ebensoviele französische, als ausländische Vertreter, je 188, auf. Unter den ausländischen sind 82 deutsche, darunter die dem Reichstag angehörigen Sozialisten. Liebknecht war einer der ersten Redner. Er sagte u. A., die Arbeiterschaft Deutschlands und Frankreichs habe sich in diesem Kongreß vereinigt, der nicht ein Kongreß der Ideologen sei, sondern vielmehr einen Allianzpakt bilde, der Wirkung haben werde in der ganzen Welt. Die Deutschen haben sich wegen ihres zahlreichen Erscheinens, dem natürlich in diesen Kreisen eine hohe politische Bedeutung beigelegt wird, besonderer Auszeichnung zu erfreuen.

Anzeigen.

Auf den Antrag des Bauunternehmers Carl Kroeger zu Lüdersdorf soll über die daselbst sub Nr. 25 belegene Büdnerei c. p. seines noch minorennen Sohnes Carl Kroeger ein Hypothekenbuch niedergelegt werden, und werden daher alle diejenigen, welche Realrechte an diesem Grundstücke zu haben vermeinen und deren Eintragung in das niederzulegende Hypothekenbuch verlangen, zu deren Anmeldung auf

Dienstag, den 30. Juli d. J.,
Vormittags 10 Uhr,

peremtorisch und unter dem Nachtheil hiemit aufgefordert, daß alle nicht angemeldeten und von der Anmeldungspflicht gesetzlich nicht ausgenommenen Realrechte an dem proclamirten Grundstücke sowohl gegen den jetzigen als auch die zukünftigen Besitzer desselben erloschen sein sollen.
Schönberg, den 10. Mai 1889.

Großherzogliches Amtsgericht.
G. Horn.

A. Dufft.       


Bekanntmachung.

Die unterzeichnete Commission macht hiedurch auf die Bestimmungen in den §§. 89 und 91 der Wehr=Ordnung vom 22. November 1888, betreffend die Nachsuchung der Berechtigung zum einjährig=freiwilligen Militairdienste und den Nachweis der dazu erforderlichen wissenschaftlichen Befähigung, mit dem Bemerken aufmerksam, daß die Herbstprüfungen in der zweiten Hälfte des Monats September stattfinden werden, und daß Gesuche um Zulassung zu dieser Prüfung bis zum 1. August d. J. angebracht werden müssen.
Schwerin, 15. Juli 1889.

Großherzoglich Mecklenb. Prüfungs=Commission für Einjährig=Freiwillige.


Torf=Auction
im Vitenser Forste,
auf dem Woitendorfer Moore
am Freitag, den 26. Juli cr. unter den an Ort und Stelle zu verlesenden Verkaufsbedingungen über:                          
1000 Ruthen Baggertorf.
Versammlung Morgens 9 Uhr bei der Hütte.
Vitense, den 17. Juli 1889.                          
                                                    L. Wiegandt,
                                                    Großherzoglicher Revierförster.


[ => Original lesen: 1889 Nr. 58 Seite 4]

Travemünder Rennen
den 2. und 4. August.
Anfang 3 1/2 Uhr Nachmittags.


Gesangsverein "Teutonia".
Am Sonntag, den 11. August d. J.:
Gesang-Fest
der Vereine:

Zwölfter Verein-Grevesmühlen,
Liedertafel-Rehna,
Männergesangver.-Gadebusch.
Teutonia-Schönberg,

im Boye'schen Garten hier.
Bei ungünstiger Witterung im Saale.


Am Sonntag, den 28. d. M.:
II. Abonnements-Concert
im Boye'schen Garten, wozu ergebenst einladen
                                                    die Vereinsmusiker
Anfang Nachmittags 4 Uhr.
Entree für Nicht=Abonnenten 30 Pfg.
Schönberg, den 22. Juli 1889.                          


Kriegerverein
für das Fürstent. Ratzeburg.
Allgemeine Versammlung
am Sonntag, den 28. Juli d. J.,
Nachmittags 4 Uhr im Vereinslocale.
Tagesordnung.

1. Bericht über den Delegirtentag und das Landeskriegerfest in Neustrelitz.
2. Berathung über die Feier des diesjährigen Sedanfestes.
3. Sonstige Vereinsangelegenheiten.

                                                    Der Vorstand.


Die sich bewährte amerikanische Patent-Waschmaschine wird zur gefl. Benutzung ausgeliehen und kostet der Gebrauch für einen ganzen Tag 50 Pf., für einen halben Tag 30 Pf.

                                                    Hochachtungsvoll
                                                    J. Ludw. D. Petersen.


Häfen
in Glas und Steingut zum Einmachen empfiehlt                          
                                                    C. Schwedt.


Das größte Glück auf Erden

ist nicht der Reichtum an Geld und Gut, sondern die Gesundheit. Viele Kranken erkennen ihre wahren Leiden nicht und lassen sich als Magenkranke, Blutarme, Bleich= und Schwindsüchtige behandeln. Betrachte man nun bei den meisten Kranken die sich zeigenden Symptome genauer, so wird man finden, daß Wurmkrankheit die Hauptrolle spielt; so manche Medizin wird gegen obenstehende Leiden eingenommen, wäre aber besser ersetzt durch ein Wurmmittel des bekannten Spezialisten Theodor Konetzky in Stein bei Säckingen. Die sichersten Symptome eines an Bandwurm=, Spuhl= oder Madenwürmer Leidenden sind: Abgang nudel= oder kürbisähnlicher Glieder und sonstiger Würmer, sowie Blässe des Gesichts, matter Blick, blaue Ringe um die Augen, Abmagerung, Verschleimung, stets belegte Zunge, Verdauungsschwäche, Appetitlosigkeit, abwechselnd mit Heißhunger, Uebelkeiten, Aufstoßen eines Knäuels bis zum Halse, stärkeres Zusammenfließen des Speichels im Munde, Magensäure, Sodbrennen, häufiges Aufstoßen, Schwindel, öfter Kopfschmerz, unregelmäßiger Stuhlgang, Koliken, Kollern und wellenförmige Bewegungen, dann stechende, saugende Schmerzen in den Gedärmen, Herzklopfen - Zahlreiche Atteste aus allen Kantonen beweisen die Vorzüglichkeit der Methode. - Dauer der Kur 30 bis 60 Minuten, ganz ohne Berufsstörung. Bei Bestellung ist Alter und Geschlecht des Patienten anzugeben. Die meisten Kranken, welche solche Mixtur versuchsweise nahmen, waren von Würmern geplagt, während andere damit die dem Körper sehr dienliche Entfernung aller Unreinigkeiten zu ihrer Zufriedenheit erzielten. Die Kur ist unter Garantie der Gesundheit vollständig unschädlich.


Ernte=Handschuhe
sind stets zu haben bei                                                     
                                                                        Emil Jannicke,
Schönberg.                                                       Handschuhmacher.


Wichtig
für Inhaber alter Briefe!

Alte Briefmarken und Couverte mit eingeprägten Marken der alten deutschen Bundesstaaten, wie z. B. Mecklenburg, Lübeck, Braunschweig, Hannover, Oldenburg etc. kauft stets zu den höchsten Preisen

Schwerin                                                     i. M. Ed. Lüllemann.


Zu Michaelis d. J. werden zu Neuhof bei Ratzeburg mehrere

Tagelöhner-Wohnungen

frei.


Gesucht wird zum 24. October d. J.                          
eine Arbeiterfamilie
bei freier Wohnung und gutem Lohn.                          
                                                    A. Russwurm, Lockwisch.


Gesucht zu Michaelis d. Js. oder früher ein
junger Knecht,
und zum 1. August oder Michaelis ein Mädchen
Schlutup.                                                     J. H. Pump.


Gesucht zu Gr. Molzahn bei hohem Lohn zum 24. October d. J. ein zweiter

Schäferknecht.


Gesucht
zum 1. August event. später ein fleißiges                          
kräftiges Mädchen

Gute Empfehlungen Bedingung. Kosten, wenn engagirt, werden ersetzt.

                                                    Frau Otto Reinhardt.
                                                    Lübeck. Holstenstraße 5.


Abgang der Eisenbahnzüge von Schönberg.
nach Lübeck.
9,30 Vorm. 2,58 Nachm. 5,35 Nachm. 10,56 Nachts.
Nach Kleinen:
7,27 Morg. 10,13 Vorm. 12,46 Nachm. 8,30 Abends.


Getreide=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Markt=Preise in Lübeck.
[Tabelle siehe im Abbild der Originalseite]


Hierzu eine Beilage


Redigirt, gedruckt und verlegt von L. Bicker in Schönberg.


[ => Original lesen: 1889 Nr. 58 Seite 5]

Beilage
zu Nr. 58 der Wöchentlichen Anzeigen für das Fürstentum Ratzeburg.
(Schönberger Anzeigen.)
Schönberg, den 23. Juli 1889.


Die Unbestellbarkeit vieler Postsendungen.

Ein großes Kreuz für die Postverwaltung bildet die Unbestellbarkeit vieler Postsendungen. Was die Werth= und Packetsendungen betrifft, so ist es allerdings, nachdem die Portopflichtigkeit der postamtlicherseits zur Feststellung des Namens des Empfängers zu erfassenden Anfragen bei den Bestimmungs=Postanstalten eingeführt worden ist, wenigstens einigermaßen besser geworden, viel wird aber auch in dieser Beziehung zu wünschen übrig bleiben, so lange man noch die Namensunterschriften bei Bestellung von Waaren u. s. w., vielleicht in der Meinung, daß eine undeutliche Unterschrift dem Schreiber den Anstrich der Gelehrsamkeit giebt, in nicht lesbarer Weise anbringt. Bei Weitem schlechter aber ist es noch hinsichtlich der Unanbringbarkeit gewöhnlicher Briefe insofern bestellt, als selbst im Falle ihrer, auch für den Absender nicht einmal angenehmen amtlichen Eröffnung die Person des Letzteren deshalb nicht festzustellen ist, weil die betr. Briefe vielfach der Namensunterschrift ganz und gar, oder doch wenigstens der Angabe des Zunamens entbehren. Vorzugsweise sind es Angehörige des weiblichen Geschlechts, die ihre Briefe nur mit dem Vornamen zu unterzeichnen pflegen, ja vielfach in Folge überaus großer Flüchtigkeit oder Vergeßlichkeit auf ihren Briefen und Postkarten nicht einmal den Namen des Empfängers oder des Wohnorts angeben. Sind nun solche Schriftstücke nur mit "Deine Kunigunde" unterzeichnet, so wird es trotz der großen Rührigkeit der betheiligten Postanstalten meist unmöglich sein, denjenigen "Eduard" ausfindig zumachen, für welchen die unbestellbaren, ihrem Inhalt nach gewiß oft recht liebevollen Zeilen bestimmt gewesen sind. Und wie übel ergeht es in solche Fällen den Postanstalten? Kunigunde erhält von Eduard die erwartete Antwort nicht, oder der Letztere hofft sehnsüchtig aber umsonst auf ein Lebenszeichen der von ihm Angebeteten, und so wird denn im Kaffeekränzchen wie im Freundeskreis dem Unwillen der Betheiligten Luft gemacht, die Postverwaltung als unzuverlässig bezeichnet, ja wohl einzelnen Postbeamten der Vorwurf der Unredlichkeit gemacht, nicht zu gedenken der Mißhelligkeiten, welche zwischen den ersteren selbst hervorgerufen werden können. Sicher ließen sich derartige Unannehmlichkeiten vielfach vermeiden, wenn die Briefschreiber sich vor der Absendung ihrer schriftlichen Mittheilungen stets davon überzeugen wollten, daß auf der Aufschriftsseite der Briefumschläge des Empfängers Name und Wohnort richtig angegeben und der Brief selbst mit dem Vor= und Zunamen des Absenders unterzeichnet ist. Es ist, wenn man dies verlangt, gewiß nicht zu viel, und das Geforderte entspricht ja zumeist dem Interesse des Publikums. Will man nun noch erreichen, daß verschlossene Briefe, welche trotz der empfohlenen Vorsicht, sei es infolge des Ablebens oder des Wegzugs der als Empfänger bezeichneten Personen, oder aus sonst einem andern Grunde als unbestellbar erscheinen, dem Absender bei ihrer Rückkunft am Absendungsorte, ohne daß es der postamtlichen Eröffnung bedarf, alsbald zurückgegeben werden, so empfiehlt es sich noch, auf der Rückseite der betr. Briesumschläge den Namen und den Wohnort der Absender zu verzeichnen, ein Verfahren, das hier und da schon Anwendung findet und dem eine immer größere Verbreitung im Interesse der Briefschreiber wie der Postanstalten selbst zu wünschen ist.
- Auf der Fahrt von Drontheim nach den Lofoten pflegen alle Dampfer die kleine Stadt Bodö im Saltenfjord anzulaufen zur Kohleneinnahme. Die Fahrgäste versäumen während dessen nicht, die nordöstlich von dem Städtchen liegende Höhe Löbpasen aufzusuchen. Von dort aus erblickt man westlich die Lofoten, östlich die Schneeberge am Sulitjelma, südöstlich die Börsvatestinder und südlich Sandhornet nebst Bartisen. Eine gute Viertelstunde südwärts von Bodö liegt die dazu gehörige alte Kirche und der Pfarrhof, in welchem Ludwig Philipp als Flüchtling unter dem Namen Müller auf seiner Reise nach dem Nordkap (1796) sich aufgehalten hat. Obgleich die Stadt Bodö nur einige hundert Einwohner zählt, so besitzt sie doch eine eigene Zeitung, ist auch der Sitz des Amtmanns und erfreut sich eines starken Aufschwungs. Sonderbar wirkt der Wechsel großer moderner Gebäude und alter Hütten mit Rasendächern. Von Bodö aus wird gewöhnlich der Ausflug nach den Lofoten und Westeraalen gemacht, jene durch ihre Fischerei berühmten Inselgruppen. Durch die Sunde und Inseln geht die Fahrt dann weiter nach Norden bei der Stadt Tromsö vorbei und von dort, immer durch Sunde, bei den großen Inseln Stjärnö, Sejland, und Sorö vorüber, quer durch die Mündung des Altenfjords und über die Meerenge Varysund nach Hammerfest, der nördlichsten Stadt der Erde, im westlichen Finnmarken, an einer Bucht der Westseite der Insel Kvale. Hammerfest ist einer der Hauptorte für den Walfisch= und Robbenfang und wird deshalb viel von Schiffen fremder Nationen besucht. Bemerkenswerth ist die Säule von Fuglenäs, von der aus im Jahre 1810 die große Messung der Länge des Meridianbogens begonnen wurde. Hammerfest besitzt einen geschützten Hafen, der des Golfstromes wegen niemals zufriert. Die Stadt ist eng gebaut und dauernd von einem starken Thrangeruch erfüllt, der von den Thransiedereien ausgeht, in denen aus den Dorschlebern Leberthran bereitet wird. Die Umgebung des Städtchens ist unsäglich öde und unfruchtbar; wohin das Auge blickt, nichts anderes sieht es, als finstere nackte Felsen, düstere Einsamkeit. Vom 13. Mai bis 29. Juli bleibt die Sonne ununterbrochen über dem Horizont sichtbar, vom 24. November bis 21. Januar erscheint sie niemals darüber. Nur um die Mittagszeit nimmt man dann eine schwache Dämmerung wahr, sonst herrscht Nacht, lange Nacht, ab und zu erhellt durch den Schein des Nordlichts, des Flammenzeichens kommenden Sturmes.
- Rache auf dem Todtenbette. Die "New=Yorker H.=Z." berichtet: "William J. Hilton, ein wohlhabender Kaufmann in Franklin, Ky., raffte, als er in letzter Woche auf dem Todtenbette lag und sein Ende herannahen fühlte, seine letzten Kräfte zusammen und kroch nach einem Winkel in seinem Materialwaarenladen, woselbst er eine alte, mit Eisenabfällen angefüllte Kiste stehen hatte. Unter den Abfällen versteckt, befanden sich Papiergeld und Regierungsbonds im Gesammtbetrage von circa 40 000 Dollars. Dieses Geld ergriff der Sterbende und warf dasselbe in den Ofen, in welchem er vorher ein Holzfeuer angezündet hatte. Als der letzte Rest seines Vermögens in Asche verwandelt war, legte sich der alte Mann zum Sterben nieder. Hilton soll die besondere Prozedur aus Haß gegen seine Frau und gegen sein einziges Kind, einen ungerathenen Sohn, vorgenommen haben.


Angela.
Roman aus den vergangenen Tagen.
                          (Nachdruck verboten.)
Fortsetzung.

[ => Original lesen: 1889 Nr. 58 Seite 6]

Angela.
[Fortsetzung.]


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